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Mohn

Verfasst von: T. Arndt
Mohn
Synonym(e)
Papaver somniferum L.; Schlafmohn; Opium
Englischer Begriff
poppy; opium
Definition
Einjährige, bis 1,5 m hoch werdende, krautige Pflanze mit im Durchmesser bis zu 18 cm großen Blüten und kugeligen bis eiförmigen Fruchtkapseln mit einer Vielzahl von Alkaloiden, insbesondere Morphin als Hauptalkaloid (s. Abbildung).
Papaver somniferum L. (aus: Thomé 1885; Reproduktion mit freundlicher Genehmigung von www.biolib.de):
Beschreibung
Der Schlafmohn ist eine alte, vom Borstigen Mohn (Papaver setigerum) abgeleitete Kulturpflanze nicht sicher bestimmter Herkunft, die heute weltweit verbreitet ist. Hauptanbaugebiete sind die Länder des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens. Die Opiate sind im Saft der Fruchtkapsel, nicht jedoch im Samen selbst enthalten. Wichtigste Droge aus Papaver somniferum sind die Fructus Papaveris immaturi. Das sind die nach dem Abfallen der Blütenblätter gesammelten, vor dem Trocknen der Länge nach halbierten und von den Samen befreiten unreifen Früchte des Schlafmohns. Sie enthalten, abhängig vom Zeitpunkt der Kapselernte (Tageszeit und Reife), von klimatischen Bedingungen und genetischen Faktoren, ca. 0,12–0,89 % Morphin als Hauptalkaloid und ca. 0,035–0,23 % Nebenalkaloide.
Durch abendliches Anritzen der grünen Fruchtkapseln und Abkratzen des ausgetretenen, zunächst weißen, über Nacht ausgehärteten und durch Oxidationsprozesse braun verfärbten Milchsaftes wird das Rohopium erhalten. Die Ausbeute je Kapsel beträgt ca. 20–50 mg, d. h., ca. 20.000 Mohnkapseln liefern maximal ca. 1 kg Rohopium. Dieses enthält im Wesentlichen dieselben Alkaloide wie die Fruchtkapseln, nur in viel höherer Konzentration. Die zahlreichen Alkaloide machen 20–25 % der Rohopiummasse aus. Sie liegen nicht frei vor, sondern sind größtenteils an Mekon-, Fumar-, Milch- und Schwefelsäure gebunden. Es wurden ca. 40–50 Alkaloide beschrieben, von denen aber nur ca. 20 genuin sind und die anderen durch Oxidation, Hydrolyse und Racemisierung während des Trocknens entstehen sollen. Die Zusammensetzung des Handelsopiums hängt nicht nur von den o. g. Faktoren und dem Anbaugebiet ab, sondern auch von der Aufbereitung des Rohopiums. Der Morphingehalt schwankt regional zwischen ca. 9,0 % (China) und 18 % (Griechenland). In der Türkei legal hergestelltes Rohopium wird auf einen Morphinmindestgehalt von ca. 12 % eingestellt. Der Gehalt der Nebenalkaloide unterliegt denselben Einflüssen: Codein 0,2–3,0 % (Mittel 1,0 %), Thebain 0,2–1,0 % (Mittel 0,5 %), Noscapin (früher als Narcotin bezeichnet) 2,0–10 % (Mittel 5,0 %), Papaverin 0,5–3,0 % (Mittel 1,0 %), Narcein 0,1–0,7 % (Mittel 0,5 %).
Bei unvorsichtiger Bearbeitung der Kapsel für die Gewinnung von Mohnsamen für Nahrungsmittel (z. B. Backmohn) kann es zur Kontamination des Samens mit dem Fruchtsaft und dadurch zu einem hohen Opiatgehalt der Samenabfüllungen kommen. Der Samen wird deshalb mehrfach gewaschen, um evtl. aus der Kapsel ausgetretenen Fruchtsaft und darin enthaltene Alkaloide zu entfernen. Unabhängig hiervon sind Patienten in Drogenüberwachungsprogrammen angehalten, Produkte mit (z. B. Mohnkuchen) und aus (z. B. Mohnöl) Mohnsamen zu meiden, um ernährungsbedingte, positive Opiatanalysen auszuschließen.
Opium wirkt u. a. analgetisch, antitussiv, appetithemmend und antidiarrhoisch. Seine sedativ-hypnotische bis narkotische Wirkung ist von besonderem Interesse bei der Verwendung als illegale Droge. Hierzu wird aus Rohopium sog. Rauchopium hergestellt, das inhaliert (geraucht) wird. Opium kann aber auch in Alkohol gelöst getrunken, als Pulver gegessen oder als Tinktur mittels einer Spritze injiziert werden. Wichtig ist die Verwendung von Opium als Ausgangsstoff für die Synthese von Heroin (Diazetylmorphin, Morphin(derivate)) aus Morphin und Acetanhydrid.
Die körperlichen Folgen von Opiummissbrauch sind Appetitlosigkeit und dadurch Gewichtsverlust bis zur Abmagerung und völligen Entkräftung. Besonders kritisch sind das hohe Suchtpotenzial des Morphins sowie seine atemdepressorische Wirkung, die bei unbehandelter Überdosierung zu Atemstillstand und Tod führen kann.
Die natürlichen Inhaltsstoffe des Opiums werden Opiate bezeichnet, in der Wirkung ähnliche Substanzen Opioide.
Zu Wirkungen, Metabolismus sowie Nachweis/Bestimmung der Opioide s. dort.
Literatur
Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, Holzgrabe U, Keller K, Reichling J, Schulz V (Hrsg) (2007) Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen, Mot-Pap, Bd 11, 6. Aufl. Wiss Verlagsges Stuttgart, Springer, Heidelberg/Seiten, S 1030–1065
Thomé OW (1885) Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz – in Wort und Bild für Schule und Haus. Gera-Untermhaus. www.​biolib.​de