Skip to main content
Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
G. F. Hoffmann, C. -D. Langhans und A. Schulze
Publiziert am: 16.01.2018

Mukopolysaccharid-Elektrophorese

Mukopolysaccharid-Elektrophorese
Synonym(e)
MPS-Elektrophorese; Glykosaminoglykan-Elektrophorese; GAG-Elektrophorese
Englischer Begriff
separation of mucopolysaccharides by electrophoresis
Definition
Trennung der Mukopolysaccharide (MPS), wie Heparansulfat, Dermatansulfat, Chondroitinsulfat und Keratansulfat, aus Urin mittels diskontinuierlicher eindimensionaler Elektrophorese.
Physikalisch-chemisches Prinzip
Die Trennung der Mukopolysaccharide erfolgt mittels Elektrophorese auf einer Titan-III-Celluloseacetatplatte. Hierbei wird ein dreistufiges Elektrophoreseprogramm durchgeführt, wobei die Stromstärke und die Laufzeit variiert werden. Des Weiteren wird der Gehalt an Ethanol im Elektrophoresepuffer bei jeder weiteren Elektrophoresestufe erhöht. Die Mukopolysaccharide haben eine unterschiedliche Affinität zur Titan-III-Celluloseacetat-Beschichtung bzw. dem jeweiligen Elektrophorespuffer bei angelegtem elektrischen Feld. Dadurch kommt es zu unterschiedlichen Laufstrecken jedes einzelnen Mukopolysaccharids auf der Titan-III-Celluloseacetat-Beschichtung und somit zu deren Trennung (Abb. 1). Das benötigte Urinvolumen ist Kreatinin-abhängig.
Einsatzgebiet
Bei Verdacht auf Vorliegen einer lysosomalen Speichererkrankung, im Speziellen auf Mukopolysaccharidose. Nachweis spezifischer Mukopolysaccharide im Urin. Hinweis auf folgende Krankheiten: Mukopolysaccharidose I–VI.
Untersuchungsmaterial
Urin (24-Stunden-Sammelurin oder Morgenurin): 10 mL.
Instrumentierung
Kühlbare horizontale Elektrophoreseeinheit, pH-Meter, Zentrifuge.
Spezifität
Sehr gut bei Vorliegen einer Mukopolysaccharidose VI, gut bei Vorliegen einer Mukopolysaccharidose I, II, IIIA–D, IVA und VI, wobei Mukopolysaccharidose I und II sowie IIIA–D nicht voneinander unterschieden werden können.
Sensitivität
Gut bei Mukopolysaccharidose I, II, IIIA–D und IV, mäßig bei IVA und VI.
Fehlermöglichkeit
Spontanurine können zu einem falsch negativen Ergebnis führen. Heparin zeigt ein ähnliches Laufverhalten wie Dermatansulfat und kann somit leicht mit diesem verwechselt werden.
Folgende Medikationen können zu einer erhöhten Mukopolysacharid-Ausscheidung im Urin führen:
  • Penicillin
  • Phenobarbital
Folgende Erkrankungen können mit einer erhöhten Mukopolysaccharid-Ausscheidung einhergehen:
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Wird an 2 aufeinanderfolgenden halben Tagen durchgeführt. Eine Automatisierung erscheint nicht sinnvoll, da die Methode nicht nur aus reinen Pipettierschritten besteht, sondern auch bei einigen Schritten das menschliche Auge erfordert.
Die Kosten sind für diese Screeningmethode relativ hoch, da insbesondere die verwendeten Standardsubstanzen, wie z. B. Heparansulfat und Keratansulfat, recht teuer sind.
Bewertung – Methodenhierarchie (allg.)
Bei dringendem klinischen Verdacht auf das Vorliegen einer Mukopolysaccharidose sollte zuerst die Mukopolysaccharid-Elektrophorese durchgeführt werden, um die daran anzuschließende Enzymanalytik stärker einzugrenzen. Die Mukopolysaccharid-Elektrophorese allein reicht nicht zur Diagnosestellung aus.
Literatur
Hopwood JJ, Harrison JR (1982) High-resolution electrophoresis of urinary glycosaminoglycans: an improved screening test for the mucopolysaccharidoses. Anal Biochem 119:120–127CrossRefPubMed