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Myoglobin im Urin

Verfasst von: W. G. Guder
Myoglobin im Urin
Englischer Begriff
myoglobinuria
Definition
Vermehrte Ausscheidung von Myoglobin im Urin.
Funktion – Pathophysiologie
Myoglobin tritt aufgrund seiner niedrigen Molmasse immer dann im Urin vermehrt auf, wenn es wegen degenerativer oder akuter Rhabdomyolyse oder kardialer Muskelschäden (Herzinfarkt, Myokarditis) vermehrt ins Blut abgegeben wird. Frei filtriertes Myoglobin wird zu über 98 % proximal tubulär resorbiert. Dennoch kann wegen der Konzentrierung des glomerulären Filtrats im Sammelrohrsystem die Harnkonzentration des Myoglobins höher sein als die des Plasmas.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Mittelstrahlurin oder Sammelurin je nach Fragestellung. Gleichzeitig ist die Untersuchung von Serum/Plasma angezeigt. Myoglobin ist instabil in saurem Urin, bei pH >8 12 Stunden bei Raumtemperatur stabil.
Analytik.
Qualitative Erfassung mit dem Teststreifen für Blut (Hämoglobin und Myoglobin weisen beide eine Pseudoperoxidasereaktivität auf). Bei positivem Teststreifen-Ergebnis kann durch Messung der Kreatinkinase im Plasma/Serum und normalem Ergebnis eine Myoglobinurie nahezu ausgeschlossen werden. Die Analytik erfolgt quantitativ mit der Nephelometrie oder mit immunologischen Verfahren unter Verwendung spezifischer Antikörper (Myoglobin im Blut).
Referenzbereich – Frauen
Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden.
Referenzbereich – Männer
Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden.
Referenzbereich – Kinder
Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden.
Indikation
Die qualitative Testung auf Myoglobin erfolgt auch ohne Indikation beim Screening von Urin mit Teststreifen. Gezielte qualitative Tests bei akuten und chronischen Muskelerkrankungen und Verletzungen mit für die Niere gefährlichen Myolysen mit stark erhöhter Kreatinkinase im Plasma/Serum, die zum Crash-Syndrom führen können. Bei Herzinfarkt bringt die Bestimmung des Myoglobins im Urin keinen Vorteil gegenüber den spezifischen Kenngrößen im Plasma/Serum.
Interpretation
Bei Nachweis von vermehrtem Myoglobin im Urin durch Teststreifen ist eine Hämoglobinurie auszuschließen. Jede nachgewiesene Erhöhung von Myoglobin im Urin spricht für akute oder chronische Myolyse durch Verletzung, elektrische Stromschläge oder Verbrennungen, angeborene oder erworbene degenerative oder entzündliche Muskelerkrankungen sowie akuten Myokardinfarkt.
Diagnostische Wertigkeit
Mit der Einführung der Troponinbestimmungen hat die Bedeutung der Myoglobinbestimmung im Urin als Nachweismethode für in den letzten 24 Stunden abgelaufenen Herzinfarkt deutlich abgenommen. Im Rahmen des seltenen Crash-Syndroms und anderer akuter Muskelschädigungen sind ebenfalls Blutplasmabefunde des Myoglobins aussagekräftiger, da in Abhängigkeit von der Nierenfunktion die Urinkonzentration vermehrt (durch tubuläre Schäden) oder vermindert durch ausgeschiedene Proteinasen bei physiologisch saurem Urin wird. Daher ist eine quantitative Bestimmung als Minimalwert der renalen Ausscheidung während der vergangenen Urinproduktionszeit anzusehen.
Literatur
Fiedler H (2009) Myoglobin. In: Guder WG, Nolte J (Hrsg) Das Laborbuch in Klinik und Praxis, 2. Aufl. Elsevier/Urban und Fischer, München, S 942–943