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Neue Psychoaktive Substanzen (NPS)

Verfasst von: T. Arndt
Neue Psychoaktive Substanzen (NPS)
Synonym(e)
Neue Psychoaktive Stoffe; NPS; Designerdrogen; Legal Highs
Englischer Begriff
new psychoactive substances; NPS; legal highs
Definition
NPS bilden eine in ihrer chemischen Struktur zunächst sehr heterogene, in ihren verschiedenen Untergruppen jedoch oft auf jeweils eine gemeinsame Grundstruktur rückführbare Gruppe von psychoaktiven Verbindungen, die nicht selten in der Pharmaforschung erstbeschrieben und -untersucht wurden und in den letzten Jahren nach und nach von illegalen Drogenlabors hergestellt, ggf. strukturell modifiziert (designt – Designerdrogen) und von dort oft in erheblichen Mengen über internationale Wege in den Drogenhandel und die lokalen Drogenmärkte eingeschleust werden.
Beschreibung
Durch oft nur geringfüge Modifikation einer Grundstruktur, z. B. durch Austausch einer Methylgruppe durch eine Ethylgruppe oder eines Chloratoms durch ein Fluoratom, gelingt es, eine Vielzahl psychoaktiver Substanzen zu synthetisieren und damit immer wieder das auf dem Verbot von Einzelsubstanzen und nicht von Stoffgruppen basierende Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu umgehen. Dies führte zu dem Szenebegriff Legal Highs.
In der Folge sind seit etwa dem Jahr 2008, beginnend mit einer unter dem Handelsnamen „Spice“ (Inhaltsstoff JWH-018) vor allem über Internetshops (Headshops) vertriebenen Kräutermischung, mehrere Hundert psychoaktive Substanzen auf den Drogenmarkt gekommen, im Jahr 2015 allein 98. Nach dem jüngsten EMCDDA-Bericht 2016 beläuft sich die Zahl der beobachteten neuen Substanzen auf mehr als 560, von denen 380 in den letzten 5 Jahren entdeckt wurden. Mit Abstand am häufigsten wurden Cannabinoide (sog. synthetische Cannabinoide) gefolgt von Cathinonen und Phenethylaminen (beides sog. Designeramphetamine) registriert. Designerbenzodiazepine und Designeropioide gehören zu den jüngeren Neuentdeckungen.
Als besonders kritisch erweist sich, dass die Mehrzahl dieser Drogen sowohl in ihrer Hauptwirkung als auch in den, u. U. toxischen, Nebenwirkungen völlig unerforscht sind, nicht selten ein erheblich höheres pharmakologisches Potenzial als die seit Langem bekannten sog. klassischen Drogen besitzen und damit ein hohes und unkalkulierbares Gesundheitsrisiko für den Konsumenten darstellen.
Eine Herausforderung ist der Nachweis Neuer Psychoaktiver Substanzen in biologischen Körpermaterialien, weil oft die Struktur des eigentlichen Wirkstoffs einer Drogenmischung zunächst nicht bekannt ist, Referenzsubstanzen nicht verfügbar sind und der Metabolismus, d. h. die in einer bestimmten Matrix zu erwartenden Metabolite, eines bestimmten Wirkstoffs unbekannt sind. Damit entziehen sich NPS gewöhnlich dem Nachweis über immunologische Drogenscreenings. Aufbau und Unterhalt einer beweissicheren massenspektrometrischen Analytik erfordern einen erheblichen materiellen, instrumentellen und finanziellen Aufwand, der in Deutschland derzeit nur von wenigen, spezialisierten Laboratorien erfolgreich bewältigt werden kann.
Ungebremste Diversifizierung und Wachstum des NPS-Marktes sollen in Deutschland durch das jüngst verabschiedete Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) bekämpft werden. Darin werden, im Unterschied zum BtMG mit seiner Einzelsubstanz-Herangehensweise, Handel und Verkehr für 2 wichtige NPS-Gruppen („von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen“ und „Cannabimimetika/synthetische Cannabinoide“) verboten. Ob es gelingt, mit dem NpSG den NPS-Drogenmarkt effektiv zu unterbinden, bleibt offen, da z. B. NPS außerhalb dieser beiden Gruppen zunächst vom NpSG nicht erfasst werden.
Literatur
Arndt T (Hrsg) (2015) Proceedings of the XIX. GTFCh-symposium. New psychoactive substances – a challenge for modern toxicology. Toxichem Krimtech 82(Special issue):140–306
Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (2016) Europäischer Drogenbericht 2016: Trends und Entwicklungen. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg unter http://​www.​emcdda.​europa.​eu. Zugegriffen am 03.01.2017