Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
W. G. Guder
Publiziert am: 26.12.2017

Nitrit im Urin

Nitrit im Urin
Synonym(e)
Azoreaktion nach Griess-Ilosvay; Griess-Probe; Griess-Test
Englischer Begriff
nitrite reaction in urine; Griess’s examination
Definition
Nachweis von Kationen der untersalpetrigen Säure (Nitrite) mit Teststreifen auf der Basis der Griess-Reaktion (Griess-Test) mit Sulfanilamid zu einem Diazoniumion, das mit Tetrahydrobenzoliumquinolin (THBCH) zu einem roten Diazofarbstoff umschlägt.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Nitrit entsteht aus Nitrat durch Reduktion mit in vivo einem nur in pathogenen Mikroorganismen vorkommenden Enzym Formiat-Nitrat-Reduktase. Nitrit stellt das Endprodukt dieser Reaktion dar und wird im Urin ausgehäuft.
Funktion – Pathophysiologie
Nitrat wird üblicherweise mit der (pflanzlichen) Nahrung aufgenommen und zum kleineren Anteil im Stoffwechsel des Menschen gebildet, sodass es im Urin physiologischerweise in einer Konzentration von ca. 1–2 mmol/L vorhanden ist. Bei Besiedlung der ableitenden Harnwege mit nitratreduzierenden gramnegativen Bakterien (z. B. E. coli, Klebsiella/Enterobacter, Pseudomonas spp., Proteus/Morganella-Gruppe), nicht aber von grampositiven pathogenen Keimen (Enterococcus spp., Staphylococcus spp., Streptococcus spp.) wird Nitrit während der Inkubation in der Blase angehäuft.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Mittelstrahlurin nach 3–4 Stunden Speicherung in der Blase (optimal erster Morgenurin).
Analytik
Teststreifenmethode basiert auf der Griess-Reaktion, die in der Variante nach Griess-Ilosvay aus 0,3 % Sulfanilsäure in 5 mol/L Essigsäure und Lösung von α-Naphthylamin in 5 mol/L Essigsäure besteht, die vor Gebrauch zu gleichen Teilen gemischt werden. Dieses Gemisch wird zu gleichen Teilen einer Urinprobe zugesetzt. Bei positiver Reaktion entsteht in Sekunden eine charakteristische Rotfärbung. Beim Teststreifenverfahren wird bei positiver Reaktion das Testfeld je nach verwendetem Streifen rosa bis rotviolett. Diese Reaktion basiert auf der Diazoreaktion mit 1,2,3,4-Tetrahydrobenzoquinolin.
Referenzbereich – Erwachsene
Negativ.
Referenzbereich – Kinder
Negativ.
Indikation
Im Rahmen der Basisuntersuchung mit Teststreifen zum Ausschluss und zur Bestätigung eines klinischen Verdachts auf Infektion der ableitenden Harnwege.
Interpretation
Eine sofort auftretende Färbung deutet auf eine Besiedlung des Urins mit gramnegativen Keimen hin. Die diagnostische Spezifität (Spezifität, diagnostische) des positiven Befunds ist hoch (>90 %), während der negative Befund eine Infektion nicht ausschließt. Die Beurteilung kann nur gemeinsam mit klinischen Symptomen und dem gleichzeitig verwerteten Testfeld für Leukozyten eine Aussage über 80 %ige Sensitivität (Sensitivität, diagnostische) ergeben.
Diagnostische Wertigkeit
Der Test hat nur im positiven Fall eine diagnostische Bedeutung. Falsch positive Befunde entstehen bei grob verunreinigten Urinen und längerer Aufbewahrung des Urins bei Raumtemperatur (>6 Stunden).
Literatur
Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie, 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Kouri T, Fogazzi G, Gant V, Hallander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European urinalysis guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60(Suppl 231)
Nicholas DJD, Nason A (1957) Determination of nitrate and nitrite. In: Colowick SP, Kaplan NO (Hrsg) Methods in Enzymology, Bd III. Academic, New York, S 981–984