Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
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Verfasst von:
W. Hubl
Publiziert am: 04.10.2017

Orexine

Orexine
Synonym(e)
Orexin A; Orexin B; Hypocretin-1 und -2; Hypocretin; Hypokretin; Hypothalamisches Incretin
Englischer Begriff
orexins; orexin A; orexin B; hypocretins; hcrt; hypocretin I; hypocretin II
Definition
Die Orexine A und B (Hypocretine) sind orexigene (Hunger auslösende) Neuropeptide, die an der zentralen Regulation metabolischer Prozesse beteiligt sind.
Beschreibung
Die Orexine A und B wurden im Jahr 1998 durch Sakurai et al. entdeckt und nach der griechischen Bezeichnung „orexis“ für Appetit bzw. Hunger benannt. Zur gleichen Zeit wurden von DeLecea et al. 2 Neuropeptide Hypocretin I und II (benannt nach dem gastroinestinalen Sekretin angesichts der Strukturhomologie) beschrieben, die identisch mit Orexin A und Orexin B sind.
Als orexigene Substanzen besitzen die Orexine allerdings eine schwächere Aktivität als das Neuropeptid Y.
Beide Orexine werden von einem gleichen Vorläuferpolypeptid aus den Neuronen des Hypothalamus gebildet. Aus diesem Präpro-Orexin entstehen über proteolytische Umwandlungen die Neuropeptide Orexin A und B. Die Expression des Präpro-Orexin-Gens wird analog zum Neuropeptid Y durch die Glukose-Konzentration und die Leptin-Konzentration beeinflusst. Absinkende Konzentrationen der Botenstoffe Leptin und Insulin, z. B. während einer Diät, führen zur verstärkten Ausschüttung der Orexine sowie des Neuropeptids Y.
Orexin A besteht aus 33 Aminosäuren und 2 Peptidketten mit einer Molmasse von 3,561 kDa, die über Disulfidbrücken verbunden sind. Orexin B setzt sich aus 28 Aminosäuren zusammen ohne Brückenbindung zwischen den Peptidketten und besitzt eine Molekularmasse von 3,899 kDa.
Orexin A beeinflusst die Nahrungsaufnahme, 100-mal stärker als Orexin B, und die Magensaftsekretion, während Orexin B im Wesentlichen den Energiehaushalt des Organismus beeinflusst und nicht die Magensaftsekretion. Neben den Energiehaushalt regulieren die Orexine den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Psychosomatik und Kognition. Orexinrezeptoren wurden neben dem ZNS auch in der Niere, den Nebennieren, in Pankreas, Gonaden, Lunge und Darm nachgewiesen.
Erniedrigte Orexin-A-(Hypocretin-1-)Konzentrationen im Liquor wurden bei Patienten mit Narkolepsie (Schlafzwang am Tage) mit zusätzlicher Kataplexie (Tonusverlust-Syndrom der Muskulatur) mit einer diagnostischen Sensitivität (Sensitivität, diagnostische) von 88,5 % bei einer diagnostischen Spezifität (Spezifität, diagnostische) von 99,1 % ermittelt. Die Orexin-A-Bestimmung könnte hierbei zur Frühdiagnostik der Narkolepsie zu Beginn der Erkrankung im Kindesalter oder während der Pubertät eingesetzt werden. Ebenfalls signifikant erniedrigte Orexin-A-Werte wurden im Zusammenhang mit entzündlichen Neuropathien, wie z. B. dem Guillain-Barré-Syndrom, beschrieben.
Angesichts des direkten Einflusses der Orexine auf den Energiehaushalt sind Aktivitäten in Form von Orexinantagonisten zur Behandlung von Essstörungen sowie der Adipositas in der Diskussion.
Literatur
Hirota K (2016) Sepsis and the orexin system. J Anesth 13(S):1–4. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00540-016-2246-6
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