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Plasmalogene

Verfasst von: G. F. Hoffmann, C.-D. Langhans und A. Schulze
Plasmalogene
Englischer Begriff
plasmalogenes
Definition
Plasmalogene sind die Hauptendprodukte der Etherphospholipidbiosynthese. Sie gehören zu den Phospholipiden und sind chemisch durch ihre Vinylethergruppierung an sn1-Position des Glycerolgerüsts charakterisiert. An sn3-Position findet sich entweder Ethanolamin oder Cholin.
Struktur
Strukturformel Plasmenylethanolamin:
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Ausgangspunkt der Plasmalogenbiosynthese ist Dihydroxyacetonphosphat (DHAP). Zwei membranständige Enzyme, Dihydroxyacetonphosphat-Acyltransferase (DHAPAT) und Alkyldihydroxyacetonphosphat-Synthase (Alkyl-DHAP-Synthase), die ausschließlich in den Peroxisomen lokalisiert sind, katalysieren die ersten 2 Schritte der Plasmalogenbildung unter Bildung von Alkyldihydroxyacetonphosphat. Das dritte Enzym in der Kaskade, die Alkyl/Acyl-DHAP:NAD(P)H-Oxidoreduktase weist eine bimodale Verteilung zwischen Peroxisomen und endoplasmatischem Retikulum auf. Alle weiteren enzymatischen Reaktionen bis zur vollständigen Bildung der Plasmalogene laufen schließlich im endoplasmatischen Retikulum ab.
Die höchsten Gehalte an Plasmalogenen werden mit ca. 20 % des Phospholipidgehalts im Gehirn gefunden, gefolgt von Herz und Niere.
Funktion – Pathophysiologie
Obwohl Plasmalogene ubiquitäre Membranbestandteile sind, ist über ihre Funktion noch wenig bekannt. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass Plasmalogene an dynamischen Prozessen der Zellmembran und an Signalübertragungswegen beteiligt sind, wofür der hohe Gehalt an Arachidonsäure in der sn-2-Position spricht.
Darüber hinaus sind Plasmalogene durch die Vinylethergruppierung strukturell geeignet, als endogene Antioxidantien gegen reaktive Sauerstoffradikale (ROS) zu wirken.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Präanalytik
Zur Isolierung Buffy-Coat-freier Erythrozytensuspensionen wird das Plasma durch Zentrifugation des EDTA-Vollblutes abgetrennt und die Erythrozytensuspension durch Aufschlemmen in isotoner Kochsalzlösung, Zentrifugation und Absaugen des Überstandes in wiederholten Zyklen gewaschen.
Präanalytik
  • Durch Transmethylierung von Lipidextrakten oder direkt von gewaschenen Erythrozytensuspensionen mittels saurer Methanolyse. Die aus den Vinylether-gebundenen Komponenten des Plasmalogenmoleküls gebildeten Dimethylacetale werden gaschromatographisch getrennt und über FID oder Massenspektrometer detektiert.
  • HPLC
  • NMR-Spektroskopie
Konventionelle Einheit
Der relative Gehalt an Plasmalogenen spiegelt sich im Verhältnis der Dimethylacetale zu den korrespondierenden Fettsäuremethylestern. Zur Beurteilung verwendet werden die Ratios von C16:0-Dimethylacetal/C16:0-Methylester und C18:0-Dimethylacetal/C18:0-Methylester.
Referenzbereich – Kinder
Erythrozyten:
  • C16:0-Ratio: 6,9–11,9 %
  • C18:0-Ratio: 10,6–24,9 %
Pathologisch sind erniedrigte Ratios.
Indikation
Proximale Verkürzung der Extremitäten (Rhizomelie), Kleinwuchs, faziale Dysmorphien, Mikrozephalus, Spastik, mentale Retardierung, Katarakt.
Interpretation
Erniedrigte Plasmalogengehalte werden bei einer Reihe von peroxisomalen Erkrankungen gefunden.
Beim Zellweger-Syndrom (zerebrohepatorenales Syndrom) führt ein peroxisomaler Biogenesedefekt, verursacht durch die Mutation eines der PEX-Gene, zu einem kompletten Ausfall aller peroxisomalen Stoffwechselwege mit tödlichem Verlauf schon im Säuglingsalter. Weitere Erkrankungen, die auf peroxisomale Biogenesedefekte zurückzuführen sind, sind die neonatale Adrenoleukodystrophie (NALD) und der infantile Morbus Refsum (IRD), die einen weniger progressiven Verlauf zeigen.
Bei der rhizomelen Chondrodysplasia punctata (RCDP) resultiert der verminderte Plasmalogengehalt aus dem Defekt der peroxisomalen Enzyme DHAPAT und Alkyl-DHAP-Synthase. Neben dieser generalisierten RCDP (PEX7-Mangel, Typ 1), bei der auch Defekte der Phytansäure-Oxidase und der peroxisomalen Thiolase vorliegen, existieren auch variante Formen der RCDP mit isolierten Defekten der DHAPAT (Typ 2) oder der Alkyl-DHAP Synthase (Typ 3).
Diagnostische Wertigkeit
Erniedrigte Plasmalogengehalte sind ein deutlicher Hinweis auf eine peroxisomale Erkrankung. Differenzialdiagnostisch müssen Parameter wie die Analyse der überlangkettigen Fettsäure (VLCFA) oder die Bestimmung der Phytansäure im Serum zur weiteren Differenzierung herangezogen werden. Erhöhte VLCFA-Konzentrationen im Zusammenhang mit erniedrigten Plasmalogengehalten werden bei peroxisomalen Biogenesedefekten (Zellweger-Syndrom, neonatale Adrenoleukodystrophie [NALD] und infantiler Morbus Refsum [IRD]) gefunden, wohingegen die VLCFA-Gehalte bei der rhizomelen Chondrodysplasia punctata im Normalbereich liegen.
Die generalisierte RCDP vom Typ 1 wird durch die erhöhte Phytansäurekonzentration von den RCDPs mit isolierten Defekten der DHAPAT (Typ 2) oder der Alkyl-DHAP-Synthase (Typ 3) unterschieden, die normalwertige Phytansäuregehalte aufweisen. Letztere können dann noch enzymatisch oder molekularbiologisch differenziert werden.
Literatur
Blau N, Duran M, Gibson KM, Dionisi-Vici C (Hrsg) (2014) Physician’s guide to the diagnosis, treatment, and follow-up of inherited metabolic diseases. Springer, Berlin/Heidelberg