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Präalbumin

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Präalbumin
Synonym(e)
PÄ; Transthyretin; Tryptophanreiches Präalbumin
Englischer Begriff
prealbumin; thyroxine-binding prealbumin; TBPA
Definition
Aus 4 Untereinheiten bestehendes, Tri- und Tetraiodthyronin-(Thyroxin-)bindendes und mit Retinol-bindendem Protein (Retinol-bindendes Protein) komplexiertes Serumprotein mit kurzer Halbwertszeit und klinischer Bedeutung für die Evaluation des (Protein-)Ernährungszustands.
Molmasse
55 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Kohlenhydratfreies, aus 4 identischen Untereinheiten (Homotetramer) zusammengesetztes, tryptophanreiches, in den Hepatozyten gebildetes Serumprotein (Molmasse 55 kDa) mit Halbwertszeit von etwa 2 Tagen. Seine Bezeichnung leitet sich von der gegenüber Albumin größeren anodischen Wanderungsgeschwindigkeit in der Elektrophorese bei pH 8,6 ab, sodass dieses Protein im Elektropherogramm vor dem Albumin positioniert ist und einem relativen Proteinanteil von <2,5 % entspricht. Das tetramere Molekül bindet 1 Molekül Retinol-Bindungs-Protein (RBP) und bis zu 2 Moleküle Thyroxin (Thyroxin, freies) oder Triiodthyronin (Triiodthyronin, freies) an jeweils differenten, voneinander unabhängigen Bindungsstellen. Bis zu 50 % des zirkulierenden PÄ sind an Retinol-Bindungs-Protein gebunden. PÄ bindet etwa 10–25 % von T4 und weniger als 10 % von T3 mit relativ niedriger Affinität. Nur die tetramere Form ist zur Ligandenbildung fähig.
Funktionelle Bedeutung:
  • Bindung und Transport von Tri- und Tetraiodthyronin (T3, T4): Affinität ist geringer als die des Thyroxin-Bindungs-Globulins (TBG) aber höher als die des Albumins. Weniger als 1 % des PÄ hat Thyroxin gebunden.
  • Bindung und Transport des niedermolekularen (Molmasse 21 kDa) Retinol-bindenden Proteins: dadurch Verhinderung der glomerulären Filtration von RBP. Damit kommt PÄ indirekt eine Funktion im Vitamin-A-Transport über RBP-Bindung zu.
Halbwertszeit
Ca. 2 Tage.
Funktion – Pathophysiologie
Aufgrund der kurzen Plasmahalbwertszeit wirken sich hepatozellulär bedingte oder durch Unter- bzw. Fehlernährung hervorgerufene Synthesestörungen sehr rasch auf eine Verminderung der PÄ-Konzentration im Serum aus. Darüber hinaus ist PÄ ein sensitiver negativer Reaktant der Akute-Phase-Reaktion, dessen Konzentration um 20 % und mehr bei akuten Entzündungen fallen kann.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, EDTA-, Heparin-, Citrat-Plasma, Liquor.
Probenstabilität
Analytstabilität bei 4 °C etwa 3 Tage, bei −20 °C bis 6 Monate, bei −70 °C unbeschränkt.
Präanalytik
Lipämie- und Hämolyse-freies Serum.
Analytik.
Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie, Immundiffusion, radiale.
Referenzbereich – Erwachsene
Serum: 0,10–0,40 g/L.
Referenzbereich – Kinder
Kinder und Jugendliche: 0,12–0,33 g/L.
Indikation
  • Beurteilung des (Protein-)Ernährungszustandes, z. B. bei parenteraler Ernährung
  • Beurteilung der (Protein-)Syntheseleistung der Leber (anabole Leberzellfunktion)
Interpretation
Aufgrund der kurzen Halbwertszeit ist PÄ ein wesentlich sensitiverer Parameter der aktuellen Leberzellsyntheseleistung als Albumin und Transferrin. Neben der durch Leberzellinsuffizienz bedingten Synthesestörung sind Mangel- und Fehlernährungen, z. B. bei parenteraler Substitution Ursachen frühzeitiger PÄ-Erniedrigung (s. Tabelle). Deshalb wird PÄ eingesetzt als Kenngröße des (Protein-)Ernährungszustandes, wenn eine Akute-Phase-Reaktion als Ursache der Erniedrigung ausgeschlossen ist.
Ursachen abweichender Präalbuminkonzentrationen:
Erniedrigung
Erhöhung
(Protein-)Mangelernährung
• Kachexie
• Malignome
• Fasten
• Infektionen
Leberzellinsuffizienz
• Akute und chronische Hepatitis
• Zirrhose
Hyperthyreose, Thyreotoxikose
Zinkmangel
Kortikoidmedikation
Orale Kontrazeptiva
M. Hodgkin
Diagnostische Wertigkeit
Im Vergleich zu Retinol-bindendem Protein ist PÄ die zu bevorzugende Kenngröße des Ernährungszustands. Bei Lebererkrankungen korreliert die Abnahme mit dem Schweregrad der Leberzellschädigung und ist empfindlicher als Pseudocholinesterase mit einer Halbwertszeit von 10 Tagen.
Literatur
Hutchinson DR, Halliwell RP, Smith MG et al (1981) Serum „prealbumin“ as an index of liver function in human hepatobiliary disease. Clin Chim Acta 114:69–74CrossRefPubMed
Vieira M, Saraiva MJ (2014) Transthyretin: a multifaceted protein. Biomed Concept 5(1):45–54