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Retinol-bindendes Protein

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Retinol-bindendes Protein
Synonym(e)
RBP
Englischer Begriff
retinol-binding protein
Definition
Serumglykoprotein, das mit Präalbumin (Transthyretin) einen 1:1-Komplex bildet und in dieser Form das einzige Transportprotein für all-trans-Retinol (Vitamin-A-Alkohol) ist.
Molmasse
21 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Das in den Hepatozyten Zink-abhängig synthetisierte, gemeinsam mit α1-saurem Glykoprotein (Glykoprotein, α1-saures) und α1-Mikroglobulin (α1-Mikroglobulin im Urin) zur Lipocalinfamilie gehörende Glykoprotein (Molmasse 21 kDa; Glykoproteine) der α2-Globulinfraktion bildet im Plasma einen 1:1-Komplex mit dem Thyroxin-bindenden Präalbumin (Transthyretin) und bindet dann spezifisch im 1:1-molaren Verhältnis all-trans-Retinol (Vitamin-A-Alkohol; Vitamin A). Nicht komplexiertes RBP kann kein Retinol binden. Normalerweise sind 75 % der Retinolbindungskapazität von RBP ausgeschöpft. Nach Abgabe des Retinols an der Zielzelle dissoziiert der Komplex, und RBP wird über die Niere eliminiert. Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt für RBP im Komplex 11 Stunden, für das nicht komplexierte, Retinol-freie Apo-RBP 3,5 Stunden. Die Komplexbildung verhindert die glomeruläre Filtration (Filtration, glomeruläre) des RBP, das im freien Zustand glomerulär filtriert, komplett proximal tubulär reabsorbiert und katabolisiert wird.
Funktion – Pathophysiologie
Aufgrund der kurzen Halbwertszeit und ausschließlichen Synthese in Hepatozyten reagiert die Serumkonzentration sensitiv auf Synthesestörungen in der Leber im Rahmen schwerer akuter und chronischer Lebererkrankungen und Proteinmangelernährungen. Verhält sich sehr ähnlich dem Präalbumin (Transthyretin). Im Urin tritt RBP vermehrt auf, wenn eine Schädigung des proximalen Tubulus vorliegt. Einschränkungen der glomerulären Filtrationsrate führen zur Retention und somit zur Konzentrationserhöhung im Blut.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, EDTA-, Heparin-, Citrat-Plasma.
Probenstabilität
Analytstabilität bei 4 °C bis zu 3 Tage, bei –20 °C 6 Monate, bei –70 °C unbeschränkt.
Präanalytik
Lipämie- und Hämolyse-freies Serum oder Plasma.
Referenzbereich – Frauen
0,022–0,060 g/L (22–60 mg/L).
Referenzbereich – Männer
0,034–0,077 g/L (34–77 mg/L).
Referenzbereich – Kinder
Kinder und Jugendliche: 0,022–0,045 g/L (22–45 mg/L).
Indikation
Serum: Kontrolle des Ernährungsstatus bei langzeitiger parenteraler Ernährung und Überwachung der Leberzell(protein)-Syntheseleistung.
Urin: Nachweis einer proximalen Tubulusfunktionsstörung (Tubulopathie).
Interpretation
Serumkonzentration und klinische Aussage von RBP-Veränderungen entsprechen denen von Präalbumin (Transthyretin) (s. Tabelle).
RBP-Konzentrationsveränderungen im Serum:
Erniedrigung
Erhöhung
Proteinmangelernährung
- Malnutrition (Kwashiorkor)
- Kachexie
- Fasten
Leberzellinsuffizienz
- Akute und chronische Lebererkrankung
Vitamin-A-Mangel
Zinkmangel
Massive Proteinurie
Chronische Niereninsuffizienz (verminderte Filtration des RBP)
Schwermetallvergiftung (z. B. Cadmium)
Durch seine kurze Halbwertszeit zeigt RBP eine Syntheseinsuffizienz der Leber aufgrund schwerer akuter und chronischer Lebererkrankungen oder Proteinmangelernährung wesentlich empfindlicher (zeitnaher) als Albumin mit einer Halbwertszeit von 20 Tagen an. Zink-Mangel führt ebenso zu einer Verminderung von RBP. Erhöhungen treten bei chronischer Niereninsuffizienz (Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate) und einigen Schwermetallvergiftungen auf.
Diagnostische Wertigkeit
Im Vergleich zu Präalbumin (Transthyretin), das in 4- bis 5-fach höherer Konzentration in der Zirkulation vorliegt, hat RBP eine geringere diagnostische Bedeutung und kann durch Präalbumin ersetzt werden.
Literatur
Napoli JL (2017) Cellular retinoid binding proteins, CRBP, CRABP, FABP5: effects on retinoid metabolism, function and related diseases. Pharmacol Ther 01.004. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​pharmthera.​2017.​01.​004. Epub vor Druck
Wolf G (2007) Serum retinoid binding protein: a link between obesity, insulin resistance, and type 2 diabetes. Nutr Rev 65(5):251–256CrossRefPubMed