Skip to main content

Sandfliegen-Fieber-Viren

Verfasst von: W. Stöcker
Sandfliegen-Fieber-Viren
Englischer Begriff
sandfly fever virus
Beschreibung des Erregers
Familie: Bunyaviridae; Gattung: Phlebo-Virus; Art: Sandfliegen-Fieber-Virus; wichtige Serotypen: Sicilian (SFSV), Naples (SFNV), Toscana (TOSV), Cyprus (CYPV). Häufig findet man Doppelt- und Dreifachinfektionen. Minusstrang-RNA-Virus, behüllt, 80–120 nm Durchmesser.
Erkrankungen
Sandfliegen-Fieber (Pappataci-Fieber).
Verbreitung: Mittelmeerraum bis Südchina.
Vektor: Stechmücken (Sandfliegen; besser: Sandmücken, vor allem Phlebotomus papatasi).
Wirte: Nutztiere (vor allem Wiederkäuer), Nagetiere, Fledermäuse, Mensch.
Klinik: Die meisten Infektionen verlaufen subklinisch. Die Krankheit beginnt mit plötzlich auftretendem hohen Fieber und grippeähnlicher Symptomatik, bei TOSV meist und bei SFSV häufig zusätzlich aseptische Meningitis oder Meningoenzephalitis mit lymphozytärer Pleozytose und spezifischer intrathekaler Antikörperproduktion sowie neurologischen Störungen und wochen- bis monatelang persistierender Cephalgie. Selten Hämorrhagie.
Therapie und Prophylaxe: Bisher kann nur symptomatisch behandelt werden. Es gibt noch keinen Impfstoff. Prävention: Schutz vor Mückenstichen, Bekämpfung der Vektoren.
Analytik
Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert ein Laboratorium der Sicherheitsklasse 3.
Direktnachweis: RT-PCR (PCR (Polymerase-Kettenreaktion)) oder Virusanzucht in der Zellkultur.
Serologie: Bestimmung spezifischer Antikörper (IgG, IgM) durch indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte), ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent assay) oder Neutralisationstest.
Probenmaterial und -stabilität
Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Blutbestandteile, Liquor oder Biopsiematerial. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 Stunden durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 Stunden anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren.
Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, Liquor nur eine Woche, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.
Diagnostische Wertigkeit
Ein Direktnachweis des Erregers wird nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Die Vermehrung in Zellkultur und die sich anschließende positive spezifische Immunreaktion ebenso wie eine positive PCR beweisen die Anwesenheit der Viren. Im negativen Fall kann die Infektion aber nicht ausgeschlossen werden, insbesondere da der Organismus bereits innerhalb weniger Tage spezifische Antikörper bildet, die das Virus neutralisieren.
Serologie: Spezifische Antikörper (IgG, IgM) treten im Serum ab dem 5. Krankheitstag auf. Das IgG erreicht seine höchste Konzentration in der Phase der Rekonvaleszenz und persistiert über mehrere Jahre. Ein vierfacher Anstieg des spezifischen IgG-Titers innerhalb von 2–3 Wochen kann als eindeutiger Nachweis einer frischen Infektion gewertet werden. Aufgrund großer genetischer Unterschiede schützt die Immunität gegen einen bestimmten Serotyp nicht vor einer Infektion durch einen anderen. Es ist sinnvoll, für die indirekte Immunfluoreszenz Biochip-Mosaike mit den verschiedenen Serotypen einzusetzen und durch einen Vergleich der Reaktionsstärken den aktuellen Serotyp zu identifizieren.
Durch die Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz an die epidemische Lage (IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung), die am 01.05.2016 in Kraft getreten ist, wurde die Meldepflicht für Labore nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) auf den direkten oder indirekten Nachweis von Chikungunya-Viren, Dengue-Viren, West-Nil-Fieberviren, Zika-Viren und sonstige Arboviren ausgedehnt, soweit der Nachweis eine akute Infektion anzeigt. Darüber hinaus können allgemeine nicht erreger- oder krankheitsspezifische Meldepflichten bestehen.
Literatur
Brett-Major DM, Claborn DM (2009) Sandfly fever: what have we learned in one hundred years? Mil Med 174(4):426–431CrossRefPubMed
Dionisio D, Esperti F, Vivarelli A, Valassina M (2003) Epidemiological, clinical and laboratory aspects of sandfly fever. Curr Opin Infect Dis 16(5):383–388CrossRefPubMed
Robert Koch-Institut (2011) Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten. Robert Koch-Institut, Berlin