Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
S. Holdenrieder und P. Stieber
Publiziert am: 04.01.2018

Tumor-M2-Pyruvatkinase

Tumor-M2-Pyruvatkinase
Synonym(e)
TM2-PK; M2-PK
Englischer Begriff
tumor M2-pyruvate kinase
Definition
Die Tumor-M2-Pyruvatkinase (M2-PK) ist eine Isoform der Pyruvatkinase, eines glykolytischen Enzyms, das die Umwandlung von Phosphoenolpyruvat zu Pyruvat katalysiert.
Struktur
Es existieren mehrere gewebsspezifische Isoformen der Pyruvatkinase, wie die M1-PK in Muskel- und Hirngewebe, L-PK in Leber- und Nierengewebe sowie R-PK in Erythrozyten. Während der Entwicklung von malignen Prozessen wurde die Expression einer tumorspezifischen M2-PK beschrieben.
Die Pyruvatkinase kann in aktiver tetramerer oder weniger aktiver dimerer Form vorkommen.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Die Pyruvatkinase ist ein ubiquitär vorkommendes Enzym der Glykolyse. Die tumorspezifische Form der Tumor-M2-PK wird von Tumorzellen in vermehrtem Ausmaß produziert und liegt vorwiegend in der dimeren Form vor. Bei hohen Konzentrationen von Fruktose-1,6-biphosphat und Serin erfolgt eine verstärkte Assoziation zu tetrameren Formen, wodurch ein kataboler, energieproduzierender Zustand gefördert wird.
Funktion – Pathophysiologie
Die Pyruvatkinase katalysiert die Umwandlung von Phosphoenolpyruvat zu Pyruvat, wobei energiereiche Adenosintriphosphate oder Guanosintriphosphate gebildet werden. Dadurch werden die DNA-Synthese und die Zellproliferation stimuliert bzw. gefördert.
Während der Karzinogenese wird das Muster der Pyruvatkinasen-Isoformen charakteristisch verändert: Die gewebsspezifischen Pyruvatkinasen (M1-PK, L-PK, R-PK) werden in geringerem Ausmaß, die Tumor-M2-PK in größerem Ausmaß produziert.
Tumor-M2-PK ist im Serum erhöht bei verschiedenen malignen Karzinomen insbesondere im fortgeschrittenen Stadium, außerdem bei Infekten und Polytraumata.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Plasma, Stuhl.
Analytik
Konventionelle Einheit
kU/L.
Referenzbereich – Erwachsene
<17,5 kU/L (methodenabhängig).
Indikation
Allgemeiner Aktivitätsmarker bei malignen Tumoren.
Interpretation
Erhöhte Werte der Pyruvatkinase finden sich im Plasma beim Nierenzellkarzinom, Pankreaskarzinom, Bronchialkarzinom, Mammakarzinom und Kolonkarzinom insbesondere im metastasierten Stadium. Auch werden erhöhte Konzentrationen bei Infektionen und Polytraumata beschrieben. Ebenso wurden erhöhte Werte bei benignen gastrointestinalen, gynäkologischen, pulmonalen und urologischen Erkrankungen insbesondere bei Niereninsuffizienz beobachtet.
Aufgrund der fehlenden Organ- und Tumorspezifität bietet die Tumor-M2-PK gegenüber heute standardisiert eingesetzten Tumormarkern keinen Vorteil für die Diagnostik von Tumorerkrankungen. Ein Einsatz in der Verlaufskontrolle bei Patienten mit malignen Erkrankungen während und nach Therapie wurde beim Bronchial- und Mammakarzinom bereits an kleinen Patientengruppen gezeigt, jedoch noch nicht systematisch untersucht.
Als weitere mögliche Anwendung wurde die Detektion der Tumor-M2-PK im Stuhl als neue Screeningmethode für das Vorliegen eines kolorektalen Karzinoms angegeben. Allerdings zeigten umfangreiche Screening-Studien eine deutliche Unterlegenheit gegenüber dem immunologischen FOBT sowie nur eine unzureichende Sensitivität und Spezifität zur Erkennung von kolorektalen Adenomen. Somit hat die Tumor-M2-PK im Stuhl keinen Stellenwert zur Frühentdeckung von kolorektalen Karzinomen.
Diagnostische Wertigkeit
Allgemeiner Aktivitätsmarker bei malignen Tumoren.
Literatur
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