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Vitamin E

Verfasst von: H. Jomaa
Vitamin E
Synonym(e)
Tocopherol
Englischer Begriff
vitamin E
Definition
Vitamin E ist ein Oberbegriff für eine antioxidative Gruppe von Tocochromanolen, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren in den Zellmembranen gegen die Lipidperoxidation schützen.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Vitamin E wird nur von Pflanzen und anderen photosynthetischen Organismen produziert. Es umfasst 4 Tocopherole (α, β, γ, δ) und 4 Tocotrienole (α, β, γ, δ). Tocopherole bestehen aus einem Hydroxychromankern, an dem eine gesättigte Phytylkette aus 16 Kohlenstoffatomen fixiert ist. Die Tocopherole unterscheiden sich durch die Anzahl und die Position der am Hydroxychromankern gebundenen Methylgruppen. Da 3 Kohlenstoffe der Phytylkette asymmetrisch sind, gibt es jeweils 8 Stereoisomere eines Tocopherols. Die wichtigste und häufigste in der Natur vorkommende Form ist RRR-α-Tocopherol (Molmasse 430,71 g). In biologischen Tests zeigt RRR-α-Tocopherol die höchste „Vitamin-E-Wirkung“, β- und γ-Tocopherol eine geringere Vitaminaktivität (15–30 %), und δ-Tocopherol ist fast inaktiv. Die 4 Tocotrienole sind charakterisiert durch 3 in der Seitenkette vorhandene Doppelbindungen. Nur α- und β-Tocotrienol scheinen eine signifikante Vitaminaktivität aufzuweisen.
Vitamin E liegt in der Nahrung frei vor als Tocol und Tocotrienol oder verestert, z. B. mit Essigsäure. Vitamin E ist eine lipophile Verbindung, die leicht löslich ist in Fetten und Ölen sowie in organischen Lösungsmitteln und unlöslich in Wasser. Die Vitamin-E-Ester werden im Duodenum durch Pankreashydrolasen hydrolysiert.
Wie bei anderen lipophilen Verbindungen beinhaltet die Vitamin-E-Aufnahme im proximalen Dünndarm eine Emulgierung und Einbau in Mizellen. Eine effiziente Vitamin-E-Aufnahme erfordert die Anwesenheit von Fett in der Nahrung, Gallensäuren und Pankreasesterasen. Nach Transport durch die apikale Membran in die Enterozyten erfolgt der Einbau in Chylomikronen und die Abgabe in die Lymphe. Im extrahepatischen Gewebe wird ein Teil des Vitamin E aus den Chylomikronen aufgenommen; der verbliebene Rest wird in die Leber transportiert. Die Bioverfügbarkeit von Vitamin E aus der Nahrung beträgt etwa 75 %.
Derzeit wird nur RRR-α-Tocopherol als das physiologisch aktive Vitamin E angesehen.
90–99 % des Gesamt-Vitamin-E-Pools ist im Fettgewebe enthalten, wobei die Vitamin-E-Mobilisationsrate aus dem Fettgewebe sehr niedrig ist. Ein Teil des Vitamin E liegt an Afamin gebunden im Plasma vor.
Von den Vitamin-E-Derivaten erreicht RRR-α-Tocopherol die höchsten Konzentrationen im peripheren Gewebe. Grund hierfür ist die hohe Affinität des RRR-α-Tocopherol zum α-Tocopherol-Transferprotein in den Hepatozyten und damit der bevorzugte Einbau in VLDL. Vitamin-E-Derivate mit niedrigerer Affinität zum α-Tocopherol-Transferprotein, die nicht in die VLDL eingebaut werden, werden in den Leberzellen durch ω-Hydroxylierung, gefolgt von β-Oxidation und Konjugation abgebaut und in die Galle abgegeben. Es wurden verschiedene Metaboliten von Tocopherolen und Tocotrienolen identifiziert. α-Tocopherol wird abgebaut zu 2,5,7,8-Tetramethyl-2-(2′-carboxyethyl)-6-hydroxychroman (α-CEHC). Die Ausscheidung der Metaboliten erfolgt hauptsächlich fäkal.
In die Muttermilch werden 4–5 mg Vitamin E (α-Tocopherol) abgegeben.
Funktion – Pathophysiologie
Vitamin E ist ein wichtiger Bestandteil Teil des antioxidativen Netzwerks. Es verhindert als lipidlösliches, unspezifisches, kettenbrechendes Antioxidans die Ausbreitung von Reaktionen mit freien Radikalen. Das Vitamin ist ein Peroxylradikalfänger und schützt insbesondere mehrfach ungesättigte Fettsäuren in der Zellmembran. Werden Peroxylradikale gebildet, reagieren diese 1000-mal schneller mit α-Tocopherol als mit ungesättigten Fettsäuren. Durch den Schutz von ungesättigten Fettsäuren bewahrt α-Tocopherol die intrazelluläre und zelluläre Membranintegrität und -stabilität. Es spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung von Erythrozyten und der Leitfähigkeit in zentralen und peripheren Nerven. Entfällt dieser Schutz bei Mangel-Patienten, dann entstehen hämolytische Anämien und neurologische Störungen (Ataxie, periphere Neuropathie, Myopathie).
Es bestehen Wechselwirkungen zwischen den Antioxidanzien α-Tocopherol und Vitamin C; Vitamin C kann die oxidierte Form von α-Tocopherol reduzieren. Auch Selen und Niacin sind über die Glutathionperoxidaseaktivität an der Reduktion des Tocopheroxylradikals zurück zu Tocopherol beteiligt.
Die sichere Höchstmenge für die α-Tocopherolaufnahme wird für Erwachsene mit 300 mg/Tag angegeben. Dieser Wert gilt auch für schwangere und stillende Frauen.
Zwischen Tocopherolchinon und Phyllochinonhydrochinon wurde eine kompetitive Hemmung für die Vitamin-K-abhängige γ-Carboxylase beschrieben. Diese Carboxylase ist für die γ-Carboxylierung der Gerinnungsfaktoren Faktoren II, VII, IX und X und von Protein C und Protein S erforderlich. Daher wird angenommen, dass die Einnahme von Vitamin E in hohen Dosen zu Gerinnungsstörungen führen kann.
Ein Vitamin-E-Mangel bei Menschen ist selten. Patienten mit Mutationen im α-Tocopherol-Transferprotein-Gen haben sehr niedrige α-Tocopherolkonzentrationen und entwickeln neurologische Symptome einschließlich Ataxie.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Heparin-Plasma.
Präanalytik
Blutentnahme morgens nüchtern. Lichtgeschützt lagern. Längere Lagerung sollte bei −20 °C erfolgen.
Analytik
Der Vitamin-E-Haushalt wird über die Bestimmung der α-Tocopherolkonzentration untersucht. Hierfür stehen kolorimetrische Methoden und GC-, HPLC- und LC-MS-basierte Methoden zur Verfügung.
Referenzbereich – Erwachsene
5,5–18 mg/L.
Referenzbereich – Kinder
Frühgeborene 2,5–3,7 mg/L, Kinder (1–12 Jahre) 3–9 mg/L, Jugendliche (13–19 Jahre) 6–10 mg/L.
Indikation
Hämolytische Anämie unklarer Genese insbesondere bei Früh- und Neugeborenen, Malabsorptionssyndrom.
Interpretation
Serum- oder Plasmakonzentrationen kleiner als 5 mg/L (11,6 μmol/L) bei Erwachsenen deuten auf eine Vitaminmangel hin.
Diagnostische Wertigkeit
Nüchtern-Plasma- oder Serum-α-Tocopherolkonzentrationen eignen sich, um den α-Tocopherolstatus zu bestimmen.
Literatur
EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies) (2015) Scientific opinion on dietary reference values for vitamin E as α-tocopherol. EFSA J 13(7):4149CrossRef
Rifai et al (2018) Tietz textbook of clinical chemistry and molecular diagnostics, 6. Aufl. Elsevier, St. Louis