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Arteriovenöse Shunts als Gefäßzugang

Verfasst von: Gerhard Krönung
Die Durchführung der chronischen Hämodialysetherapie erfordert bei den betroffenen Patienten idealerweise einen sogenannten permanenten Gefäßzugang. Einen solchen hat die Evolution nicht entwickelt. Der chronische Dialysepatient braucht daher als neue Körperstruktur ein „Gefäßzugangs Organ“. Ein solches kann der Körper als autologe Variante (arterialisierte maturierte Shuntvene) induktiv selbst entwickeln. Bei der alloplastischen Variante wird dem Körper eine technisch fertige Lösung (e-PTFE Graft) mit arteriovenösem Anschluss implantiert. Beide Verfahren werden dargestellt und sind in der Anwendung alltäglich. Wie die Darstellung und die allgemeine Erfahrung belegen, liegt das größere und attraktivere Funktions-und Entwicklungspotenzial eindeutig bei den autologen Varianten.

Historische Entwicklung

Für die ersten kontinuierlichen Hämodialysen Mitte der 1940er-Jahre wurden Katheter (Glas, Kunststoff) vor (nach) jeder Dialysebehandlung operativ in eine periphere Arterie und Vene eingelegt (entfernt). Zwei unterschiedliche Strategien sollten die Katheter funktionstüchtig in situ erhalten.
Extrakorporale Kunststoffshunts
Die erste Strategie nutzte einen extrakorporalen Kurzschluss des arteriellen und venösen Katheters, um diese im Dialyseintervall offen zu halten. Die permanente transkutane und intravasale Katheterlage in kleinkalibrigen Gefäßen führte dann aber bei allen Modifikationen (Scribner, Buselmeier etc.), auch späteren ohne Gefäßkatheterisierung (Allen-Brown, Thomas, Hemasite, Bentley), zu einer unakzeptabel hohen Komplikationsrate, so dass dieser Weg heute als gescheitert gilt und klinisch keine Rolle mehr spielt.
Zentralvenöse Katheter
Die zweite Strategie verzichtete auf die Benutzung kleinkalibriger Gefäße, später auch auf ein arterielles Spendergefäß und eine operative Kathetereinlage. Es resultierte die veno-venöse Platzierung spezieller ein- oder zweilumiger Dialysekatheter in stammnahen großkalibrigen Venen (V. femoralis, V. subclavia, V. jugularis interna) mit der Seldinger-Technik, erstmals 1961 angewandt durch Shaldon. Wegen entsprechender Komplikationen werden die V. femoralis und V. subclavia heute nur noch in Ausnahmefällen katheterisiert. Routinemäßig bleibt daher heute nur der Jugulariskatheter ohne (Shaldon mit Modifikationen) oder mit (Demers mit Modifikationen) subkutaner Tunnelierung. Wegen seiner unverändert hohen Komplikationsrate nur als vorübergehender und in wenigen Ausnahmefällen als permanenter Gefäßzugang. Technische Weiterentwicklungen dauerhafter intravenöser Katheter z. B. in Kombination mit einem Port-System sind alle klinisch gescheitert.
Einfache Punktion arterialisierter Venen
Für einen dadurch notwendigen dritten Weg blieb damit als Technik bis heute nur die einfache periphere intermittierende Gefäßpunktion. Voraussetzung hierfür war ein oberflächliches, leicht wiederholt zu punktierendes Gefäß mit einer Förder- und Aufnahmekapazität von 250–400 ml/min, möglichst im Niederdruckkompartment. Über ein solches Gefäß verfügt der Mensch nicht.
Ziel der Shuntchirurgie war (ist) damit nicht wie in der übrigen Chirurgie die Reparatur oder der Ersatz einer vorher vorhandenen Körperstruktur, sondern die Neuschaffung einer bis dahin nicht vorhandenen Körperstruktur. Damit steht die Shuntchirurgie als induktive Prozesschirurgie der übrigen reparativen Ereignischirurgie gegenüber.
Die oberflächlichen Extremitätenvenen sind gut wiederholt punktierbar, liefern aber nicht genügend Blut, bei den Extremitätenarterien ist es umgekehrt. Die notwendige Kombination erreicht die Arterialisierung einer oberflächlichen Armene (um den Preis von Remodeling und „hämodynamischer Katastrophe“) (Abschn. 6 und 7) oder die Vorverlagerung einer Arterie. Beides wurde erfolgreich realisiert.
1966 gaben Brescia, Cimino et al. die Arterialisierung der Unterarm-Cephalica an und bezeichneten diese arterio-venöse Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen A. radialis und V.cephalica unglücklicherweise (Abschn. 2) als „fistula“. Seither sind arterialisierte oberflächliche Armvenen, die über eine einfache Punktion genügend Blut liefern, der Gefäßzugang der ersten Wahl für die Hämodialyse. 1976 wurde die Vorverlagerung einer Extremitätenarterie (Brittinger und Twittenhoff 2005) angegeben. Wegen der nachgeschalteten Kapillarpassage, eines kleineren Gefäßpools (nur zwei Arteriae femorales) mit oft eingeschränkter Verwendbarkeit (Arteriosklerose) hat sich dieses Verfahren nicht allgemein durchgesetzt, ist aber bis heute in Ausnahmesituationen, z. B. bei fehlender anatomischer Möglichkeit oder fehlender hämodynamischer Toleranz eines arteriovenösen Gefäßzugangs, indiziert.
Mit der Entwicklung von Gefäßersatzmaterialien (autolog, homolog, heterolog und alloplastisch) wurden diese nach Verbrauch geeigneter körpereigener Venen arterialisiert in oberflächlicher subkutaner Position, heute fast ausschließlich als alloplastischer (ePTFE) Gefäßersatz, eingesetzt.
Weitere Indikationen neben der intermittierenden Hämodialyse für diese Formen des Gefäßzugangs waren z. B. die extrakorporale Blutbestrahlung und sind bis heute die Plasmapherese und die intermittierend notwendige parenterale Substitution z. B. beim Kurzdarmsyndrom oder C1-Esterase-Inhibitormangel bei ungeeigneten peripheren Venen.

Nomenklatur und Klassifikation

Die Terminologie ist historisch spontan, regional unterschiedlich, nie übereinstimmend geregelt – eine Mischung aus Eigennamen und morphologisch/funktioneller Deskription. So wird Cimino-Fistel(-Shunt) oder Brescia-Cimino-Fistel(-Shunt) nur für die (heute unübliche) Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen A. radialis und V. cephalica loco typico historisch korrekt benutzt, meist auch für die heute übliche End-zu-Seit-Anastomose, oder auch für alle autologen Shunts (z. B. Cimino-Shunt linke Ellenbeuge). Die äußeren Gefäßzugänge hießen eher „Shunts“, die arterialisierten Venen sowohl Shunts, mehrheitlich (in Anlehnung an die bereits erwähnte Erstveröffentlichung) „Fisteln“. In zusammengesetzten Wörtern wie Shuntoperation oder Shuntchirurgie überwiegt das Wort „Shunt“. Nach dem Wegfall der äußeren Kunststoffshunts ging die Bezeichnung Shunt dann mehr oder weniger konsequent auf die Prothesenshunts über.
Die Unterscheidung in Shunt und Fistel ist formal unsinnig (funktionelle versus morphologische Kategorie) und inhaltlich falsch. Kurzschlüsse sind sie alle und die autologen Shunts mit einem kontinuierlichen Endothelkontakt der AV-Anastomose definitionsgemäß keine Fistel. Kein Gefäßchirurg macht eine Fistel, wie sie als traumatische AV-Fistel ohne Endothelkontakt über einen Fistelgang (Fistula lat.: Röhrchen) nach Stich- oder Schussverletzung entstehen kann, sondern legt eine korrekte AV-Anastomose mit kontinuierlichem Endothelkontakt an.
Die Shunt-Terminologie muss alltagstauglich, kurz, informativ und eindeutig sein.
Hierzu genügt bei autologen Shunts die Angabe der arterialisierten und punktierten Vene und die Region, bei Prothesenshunts die Konfiguration und die Region:
Autolog
  • Cephalica-Shunt linker Unterarm
  • Basilica-Shunt rechter Oberarm
Alloplastisch
  • Loop-Shunt linker Oberarm
  • Straight-Shunt linker Oberarm
Auf die falsche Bezeichnung „Fistel“ oder auf Eigennamen sollte ganz verzichtet werden. Genauere Material und Lokalisation beschreibende Zusätze kann jeder beliebig machen, wenn allgemein verständlich:
Autolog
  • Hoher Cephalica-Shunt linker Unterarm
  • Saphena-Loop-Shunt rechter Unterarm
Alloplastisch
  • ePTFE-Loop-Shunt linker Oberarm
  • Polyurethan-Loop-Shunt linker Oberarm

Grundsätzliche Shuntvarianten und Shuntregionen

Shuntvarianten

Eine erfolgreiche Shuntanlage braucht einen ausreichenden Blutzufluss über ein geeignetes Spendergefäß, regelhaft die benachbarte Arterie, in Ausnahmefällen über ein Gefäßinterponat von proximal (Abschn. 11 und 11.2), ein punktionsgeeignetes oberflächliches Gefäßsegment (Vene, Prothese, selten vorverlagerte Arterie) und eine ausreichende periphere und/oder zentrale Dränage über eine oder mehrere geeignete Dränagevenen sowie eine punktionsgeeignete Shuntlokalisation.
Arterieller Zufluss
Als Zuflussgefäße sind alle ausreichend kollateralisierten Extremitätenarterien ohne hämodynamisch relevante Veränderungen geeignet.
Punktionsgefäß
Steht als Punktionsgefäß keine geeignete V. cephalica am Unterarm (mehr) zur Verfügung, gibt es folgende Eskalationsmöglichkeiten:
  • andere oberflächliche Vene: V. basilica (UA)
  • andere Region: Oberarm (V. cephalica), Oberschenkel
  • tiefe Venen: V. basilica (OA), V. saphena
  • andere tiefe Venen: V. brachialis, V. femoralis superficialis
  • anderes Substrat: (homologer, heterologer) alloplastischer Gefäßersatz
Alle zu tief liegenden Venen müssen vor der Punktion vorverlagert (V. basilica Oberarm, V. brachialis, Vena femoralis superficialis), transponiert (V.-saphena-Loop Oberschenkel) oder transplantiert (V.-saphena-Loop Unterarm) werden.
Punktionsgefäße der ersten Wahl sind die oberflächlichen Leitvenen (V. cephalica und V. basilica) an beiden Unter- und Oberarmen, selten kräftig ausgebildete Zuflüsse oder Seitenäste oder eine V. brachialis, V. saphena magna oder gar Vena femoralis superficialis (Tordoir et al. 2006). Als zweite Wahl kommen Gefäßersatzshunts, überwiegend aus aufgeschäumtem Teflon (e-PTFE), regelhaft als arterio-venöses Interponat, in Einzelfällen auch shuntlos arterio-arteriell (Zanow et al. 2006a) zum Einsatz.
Venöse Dränage
Dränagevenen (spontan direkt, über Kollateral- und Perforansvenen oder iatrogen über Transposition und Interposition) sind alle aufgezählten Punktionsvenen proximal eines Punktionssegmentes. Ausschließliche Dränagevenen, auch zum intraoperativen Anschluss für Transposition, Bypass und Interposition, sind die tiefen Armvenen, die V. subclavia, V. jugularis interna und V. femoralis, in seltenen Fällen auch weiter zentral Truncus brachiocephalicus, V. cava superior, rechtes Atrium und V. iliaca (Chemla et al. 2006; Haug und Frizen 1998).

Shuntregionen

Häufigste Regionen für autologe und alloplastische Gefäßzugänge sind beide Unter- und Oberarme. Weniger häufig sind Prothesenloopshunts am Oberschenkel (selten auch als Saphena-Loop-Shunt). Ebenfalls selten sind die Vorverlagerung der Arteria femoralis superficialis oder ein punktierbarer, subkutan platzierter arterio-arterieller femoro-femoraler Prothesenbypass (Brittinger und Twittenhoff 2005). Als exotisch gelten arterio-venöse oder arterio-arterielle subklavial und oder iliakal (atrial) angeschlossene Prothesenshunts (Collier-, Loop- oder Straight-Konfiguration) am Körperstamm kranial, kranio-kaudal und kaudal (Brittinger und Twittenhoff 2005; Chemla et al. 2006; Haug und Frizen 1998; Zanow et al. 2006a).

Limitierter Venenpool

Punktionsvenen
Regelmäßig als Shuntvene benutzt werden (wenn geeignet) die beiden oberflächlichen Leitvenen V. cephalica und V. basilica am Unter- und Oberarm, d. h. es gibt pro Patient maximal 8 typische potenzielle Punktionssegmente. Nimmt man die eher selten benutzten zwei Vv. brachiales, Vv. saphenae und Vv. femorales superficiales dazu, würde sich die Zahl auf maximal 16 erhöhen. Bei den meisten Patienten ist die Zahl geeigneter Venensegmente deutlich kleiner, nicht selten nur 3, 2 oder gar keins.
Dränagevenen
Die Zahl implantierbarer Gefäßprothesen ist limitiert durch die Zahl geeigneter Dränagevenen und wie lange ihre Dränagefunktion durch entsprechende Operationstechnik (Anastomosenlokalisation und -konfiguration) bei Shuntanlage und Shuntrevision und durch Vermeidung von zentralvenösen Kathetern, z. B. in der V. subclavia, erhalten werden kann.
Venenvernetzung
Seitenäste, Perforansvenen und Kollateralen sind prospektiv wichtig als Patch- oder Interponatmaterial, als alternative oder additive Dränage, evtl. druckinduzierte zusätzliche Punktionsstrecke und wichtiger Teil des individuellen Venenpools.
Venenverbrauch
Der bei jedem Patient bei Dialysebeginn individuell unterschiedlich vorhandene, nicht vermehrbare Venenpool an geeigneten Punktions- und Dränagevenen einschließlich der beschriebenen Vernetzung kann ohne Beeinträchtigung der Körperfunktion und muss sukzessiv retrograd möglichst langsam für Dialysezugänge verbraucht werden.

Gefäßmapping

Arterienmapping

Arterielle Varianten als Anomalie (Aplasie, Hypoplasie, wechselnde Höhe der Bifurkation der A. brachialis von der Axilla bis zur Unterarmmitte und persistierende segmentale subkutane Verläufe), Krankheitsfolge (Arteriosklerose, Mediasklerose) und iatrogener Schaden (Punktion, Entnahme zum aortokoronaren Bypass) können durch gezielte präoperative Untersuchung (Anamnese, Pulsstatus, kapilläre Wiederauffüllzeit Nagelbett, Allen-Test, Duplexsonografie) abgeklärt werden und brauchen nur gelegentlich ein zusätzliches regional flächendeckendes „Mapping“ (Angiografie).

Venenmapping

Das Venensystem mit einem oberflächlichen und tiefen Anteil ist umfangreicher, vernetzter, deutlich variabler und dient nicht nur dem Bluttransport, sondern stellt auch die notwendige Punktionsstrecke. Unabhängig von einer gezielten präoperativen Untersuchung/Suche eines shuntgeeigneten Venensegments (Anamnese, klinischer Befund, Duplex) ist daher eine dokumentierbare, regional komplette „Landkarte“ des Venennetzes mit Punktionsvenen, Seitenästen, Perforansvenen, tiefen Venen, Kollateralen und zentraler Dränage für eine nachhaltige Shuntplanung erforderlich. Ideal hierfür geeignet ist eine standardisierte (Unterarm in Supination, Oberarm mit Ellenbeuge, zentralvenöse Dränage) CO2-Phlebographie beider Arme (Krönung et al. 2007), eine Landkarte, die, evtl. ergänzt durch spätere CO2-Shuntographien, lebenslang Grundlage der weiteren Shuntplanung bleibt.
Bei jedem Dialysepatienten sollte der zur Verfügung stehende Venenpool vor der ersten Shuntoperation bekannt und als „Landkarte“ (CO2-Phlebographie) dokumentiert sein.

Hämodynamische Shuntfolgen

Jeder arteriovenöse Kurzschluss, unabhängig von seiner Genese (angeboren, traumatisch, iatrogen) ist, bezogen auf die Körperfunktion, pathologisch und führt (abhängig von Größe und Lokalisation) zu unphysiologischen peripheren und zentralen Kreislaufveränderungen, die klinisch auf einer Skala von harmlos bis katastrophal liegen können. Erstere Varianten sind möglich, weil der Körper über Kompensations- und Korrekturmöglichkeiten verfügt. Kompensatorisch kann die periphere Sauerstoffversorgung trotz verminderten Perfusionsdruckes über eine periphere Widerstandssenkung (Gefäßerweiterung) und/oder erhöhte Sauerstoffausschöpfung des Blutes (AVDO2↑) erhalten werden. Eine Erhöhung des Herzminutenvolumens über Schlagvolumen und/oder Pulsfrequenz kompensiert bei entsprechender kardialer Leistungsreserve den zusätzlichen Shuntfluss. Korrekturmechanismen, unabhängig davon, ob zufällig, induziert oder angelegt, sind gelegentlich vor-, meist nachgeschaltete Stenosen. Je weniger die Kompensationen greifen (Diabetes, Herzinsuffizienz, Anämie), desto wichtiger kann die Korrektur durch eine Stenose sein, die peripher ein Steal-Syndrom oder zentral kardial ein „high output failure“ (HOF) verhindert. Shuntstenosen sind daher nicht a priori ein (zu korrigierender) pathologischer Befund, sondern oft eine intelligente Korrekturstruktur des Körpers für den pathologischen Befund AV-Shunt. Im Übrigen hängt diese Bewertung davon ab, ob sie sich auf die Shuntfunktion oder die Körperfunktion bezieht, und spiegelt das grundsätzliche Dilemma wider, dass beide Funktionen gegeneinander gerichtet sind und meist gegenteilige Konsequenzen erfordern.
Stenosen sind, wie die AV-Anastomose, Punktions-, Dränage- und Kollateralsegmente, Bauelemente des Shunts. Für den pragmatischen klinischen Umgang bewährt sich die polarisierende Unterteilung in:
  • Stabil/progredient
  • Asymptomatisch/symptomatisch
  • Protektiv/dysfunktionell
Morphologie (Grad, Länge, Abknickung), Topografie (distal, proximal), Funktion (Flussgeschwindigkeit), Vernetzung (Kollateralen, andere Stenosen), Anamnese und dokumentierter Verlauf (alt, stabil, progredient), Klinik (Rezirkulation, venöse Stauung, parietale Thrombose) und Erfahrung mit dem Substrat Shunt bedingen (mit Schwerpunkt auf Verlauf und Klinik) die Zuordnung.
Die entscheidende klinische Leistung ist weniger das Auffinden und Beschreiben (Durchmesser, Flussgeschwindigkeit etc.) einer Shuntvenenstenose, sondern klinische Bewertung im Kontext einer dynamischen lokalen und systemischen Hämodynamik (Verlauf!) im Hinblick auf Körper- und Shuntfunktion.

Morphologische Shuntfolgen (Remodeling)

Belastungsänderungen durch den AV-Shunt führen zu typischen, meist gut sichtbaren Strukturveränderungen der beteiligten Gefäße, die unter dem Begriff „Remodeling“ subsumiert werden (Abb. 1).

Remodeling Arterie

Die reduzierte Druckarbeit in der zuführenden Arterie führt über eine Mediahypotrophie nicht selten zu einer langstreckigen Arterienerweiterung, manchmal auf das Zwei- bis Mehrfache des ursprünglichen Durchmessers und hat die gleiche Genese wie die postanastomotische Arteriendilatation. Diese wandatrophen Arterien können extrem vulnerabel sein und erfordern dann intraoperativ ein spezielles atraumatisches Handling.

Remodeling Vene

Armvenen transportieren das Blut lebenslang ohne sichtbare degenerative Veränderungen. Shuntvenen zeigen über kurz oder lang mehr oder weniger ausgeprägte morphologische Veränderungen (Stenosierung/Sklerosierung, Dilatation/Aneurysma, Elongation/Kinking), die daher nur Folge der vier geänderten Belastungsbedingungen sein können (Krönung 2016):
  • Segmentale Devaskularisation
  • Erhöhter Blutfluss
  • Intraluminale Druckerhöhung
  • Vielfachpunktion

Segmentale Devaskularisation

Die venöse Freipräparation zerstört die Gewebeaufhängung und die nutritiven Vasa vasorum und führt zu einem traumatischen Spasmus der dünnen nativen Vene (Abb. 1a), der nach Freigabe der Anastomose durch den Bernoulli-Effekt perpetuiert und durch den narbigen Umbau der devaskularisierten Vene sklerotisch fixiert wird (Abb. 2b). Der Bernoulli-Effekt beschreibt das Phänomen, dass in einem durchströmten Rohr der intraluminale Druck in einer Kaliberverengung (nicht wie erwartet steigt, sondern) sinkt, weil die kinetische Energie (Flussgeschwindigkeit) auf Kosten der potenziellen Energie (intraluminaler Druck) steigt. Die durch Engstellung und Turbulenz erhöhte Scherbelastung induziert über die weiter unten beschriebene (sub)intimale Hyperplasie eine weitere, evtl. progrediente Einengung (Abb. 2c). Die fatale Konstellation dieser aufgezählten Komponenten im Niederdruckkompartment macht das nativ freipräparierte postanastomotische Venensegment beim autologen und alloplastischen Shunt zu der Region mit der höchsten Stenose- und Revisionsinzidenz.
Fehlt nur eine dieser Komponenten, kann dieser Circulus vitiosus gemindert oder durchbrochen werden. So ist der einzige konstellative Unterschied zum freien autologen, immer noch erfolgreichsten kleinkalibrigen Gefäßersatz in der rekonstruktiven Arterienchirurgie nur der nachgeschaltete Kapillarwiderstand (Hochdruckkompartment) und die dadurch bedingte intraluminale Druckerhöhung und Flussverlangsamung. Die devaskularisierte Vene sklerosiert hier genauso wie in der Shuntchirurgie, aber in maximaler Weitstellung. Der Bernoulli-Effekt fehlt dadurch ebenso wie die erhöhte Scherbelastung durch Engstellung und turbulenten Flow. Eine ähnliche oder gleiche Konstellation entsteht in der Shuntchirurgie (nach Primäranlage) bei spontaner (z. B. V. subclavia) oder iatrogener (Shunttraining, proximales Shuntvenenbanding) nachgeschalteter Stenose, auf die im Weiteren als „protektive Stenose“ wiederholt Bezug genommen wird.
Ebenfalls durchbrochen oder gemindert wird dieser Circulus vitiosus bei Verwendung einer bereits arterialisierten wandverdickten Vene, z. B. bei einer Anastomosenneuanlage weiter proximal (Abb. 2, 5). Die stabilere Venenwand zeigt regelhaft eine geringere oder fehlende Neigung zur Engstellung und progredienten Stenosierung. Dies ist der Grund für die höhere Erfolgsrate der proximalen Neuanastomosierung und für zweizeitige Operationsverfahren (z. B. bei der Basilica-Vorverlagerung) in der Shuntchirurgie.

Erhöhter Blutfluss

Die erhöhte Blutflussgeschwindigkeit und der turbulente Blutfluss erhöhen den Scherstress der Intima der Shuntvene, die darauf mit einer (sub)intimalen Verdickung reagiert (Abb. 1b), eine zunächst physiologische Reaktion, die schon bei embryonalen Gefäßen an Arterienaufzweigungen mit turbulenten Flussmustern nachweisbar ist. Die Gefäße mit der höchsten Flussgeschwindigkeit (Kranzarterien) haben die dickste Intima. Individuelle Disposition, Höhe der Scherbelastung und der Ausgangsdurchmesser der Vene bestimmen, ob es beim Shunt zum Lumen-erhaltenden steady state oder einem Verschluss kommt.
Die klinische Erfahrung zeigt, dass periphere anastomosennahe Stenosen häufiger korrekturpflichtig werden oder zum Verschluss führen als proximale anastomosenferne Stenosen.

Erhöhter Druck

Bei einer mittleren Druckerhöhung über 50 (80) mmHg in den oberflächlichen Armvenen kommt es nach über 8 Wochen in 80 (>95) % zu einer hypertrophen Dilatation mit Zunahme von Venendurchmesser und Wandstärke (Abb. 1c) i. S. einer sekundären Varikose (Krönung 2016). Diesem Untersuchungsergebnis entspricht die klinische Erfahrung, dass alle dilatierten Shuntvenen einen mehr oder minder deutlichen Stenosepuls aufweisen (Hinweis auf eine nachgeschaltete Stenose) mit einer Ausnahme: nach längerer Kortisonmedikation (primär chronische Polyarthritis, Lupus erythematodes, Nierentransplantation) kommt es nicht selten zu ausgeprägten, langstreckigen Dilatationen der Shuntvene ohne jeden Stenosepuls. Diese dilatierten Shunts zeigen auskultatorisch ein Maschinengeräusch mit einem kräftigen Diastolikum und messtechnisch hohe Flussraten und scheinen kortisoninduziert analog zur Schwangerschaftsvarikose. Sieht man von der kleinen Zahl dieser kortisoninduzierten Shuntvenendilatationen ab, sind alle anderen Shuntvenendilatationen (Abb. 2, 3) ausnahmslos druckinduziert. Sie kommen regelhaft nach ca. 2–4 Monaten zum Stillstand und sind dann oft jahrelang stabil.

Vielfachpunktion

Nach Entfernen der Punktionskanüle wird der Stichkanal durch einen Thrombus verschlossen. Die bindegewebige Organisation dieses Thrombus führt zu einer minimalen (Narben-)Gewebezunahme. Die Addition dieser Gewebezunahmen führt schließlich zu sichtbaren Erweiterungen des Punktionsareals. Dabei gibt es drei Möglichkeiten der Punktions(narben)verteilung (Krönung 2004):
Bei der Strickleiterpunktion werden die einzelnen Punktionen und damit die Gewebezunahme gleichmäßig über die ganze Länge der Shuntvene verteilt. Man beobachtet daher nur eine geringe, aber langstreckige Dilatation (Abb. 1d).
Bei der Arealpunktion ist der umschrieben dilatierende Effekt umso größer, je kleiner die Punktionsareale gewählt werden (Abb. 1e).
Bei der Knopflochpunktion wird exakt an der gleichen Stelle, in gleicher Richtung, mit gleichem Winkel punktiert. Hierdurch wird der organisierte Thrombus immer wieder verdrängt. Es entsteht schließlich ein Narbenzylinder, der die Kanüle führt. Bei der Knopflochpunktion findet daher keine wesentliche plastische Verformung der Shuntvene statt (Abb. 1f).
Man kann den beschriebenen dilatierenden Effekt der Arealpunktion nutzen, um stenotische Venensegmente wieder zu erweitern. Hierzu muss die Punktion über längere Zeit exakt in der stenotischen Region platziert werden, um diese durch die beschriebene Gewebezunahme wieder zu erweitern. Zusammenfassend kann man die Vielfachpunktion mit den beschriebenen drei Techniken als Gefäßoperation in Raten bezeichnen, die es gestattet, eine kräftigkalibrige Shuntvene zu erhalten (Knopflochpunktion, Strickleiterpunktion), eine zartkalibrige Vene zu erweitern (Arealpunktion mit Übergang zur Strickleiterpunktion) und eine Stenose zu erweitern (wiederholte exakte Punktion im Stenosebereich).
Kenntnis, Beachtung (Vermeidung, Induktion, Steuerung) und weitere Erforschung der verschiedenen Remodelingformen ist der entscheidende Schlüssel zu einer erfolgreichen Shuntchirurgie und ihrer Weiterentwicklung!

Klinische Wertigkeit des venösen Remodeling

Die 5 Wandqualitäten der Shuntvene

Die beschriebenen Remodelingprozesse führen (einschließlich der nativen Venenwand) zu 5 verschiedenen Wandqualitäten der Shuntvene mit deutlich unterschiedlichen biologisch/klinischen Wertigkeiten (Abb. 2). Besonders wichtig ist der Unterschied zwischen der biologisch minderwertigen stenosierenden Sklerose eines zuvor nativ freipräparierten Venensegmentes (Abb. 2, 2 und 4a) und der biologisch hochwertigen meist druckinduzierten hypertrophen Dilatation eines in situ arterialisierten Venensegmentes (Abb. 2, 3 und 4b).

Plus- und Minusentgleisung der Shuntvene

Grundsätzlich vereinfachend sind daher für die Shuntfunktion die dilatierenden Veränderungen (durch intraluminale Druckerhöhung und Vielfachpunktion) klinisch als gut und die stenosierenden (durch Scherbelastung und Devaskularisation) klinisch als schlecht zu bewerten. Dies nicht nur, weil die dilatierenden Veränderungen meist nach einer mehrmonatigen Dilatationsphase zum Stillstand kommen, während (besonders die anastomosennahen) Stenosen progredient zum Verschluss führen können. Wichtiger ist bei den hypertroph dilatierenden Veränderungen (Abb. 3b) der autologe Materialüberschuss, der als „Plusentgleisung“ praktisch immer eine orthotope autologe Korrektur ermöglicht, während die „Minusentgleisung“ einer stenosierenden Gefäßsklerose (Abb. 3a) in diesem Bereich einen orthotopen autologen Shunterhalt nicht gestattet.

Problem- und Zielstruktur in der Shuntchirurgie

Das nativ freipräparierte und devaskularisierte Venensegment im Niederdruckkompartment ohne postoperative intraluminale Druckschienung mit seiner Neigung, eine sklerosierende Stenose zu entwickeln, ist damit die Problemstruktur (Abb. 2, 2) in der Shuntchirurgie und führt u. a. in Form der postanastomotischen Stenose zur häufigsten Stenose in der Shuntchirurgie. Umgekehrt ist das druckinduzierte langstreckig hypertroph dilatierte punktionsfreundliche Shuntvenensegment die Zielstruktur (Abb. 2, 3) in der Shuntchirurgie, die es zu induzieren und dann zu erhalten gilt.

Topographische Trennung von hämodynamischer „Katastrophe“ und „Korrektur“

Abb. 4a zeigt eine in Relation zu den beteiligten Gefäßen großkalibrige AV-Anastomose z. B. zwischen A.radialis und V.cephalica, die zu messbaren lokoregionären hämodynamischen Veränderungen führt: Druckabfall und Flusssteigerung in der Arterie vor und nach (Flussumkehr!) der AV-Anastomose, letztere auch in der dränierenden Vene. Sind diese therapiepflichtig symptomatisch (Steal-Syndrom), ist der Versuch sinnvoll, den Durchmesser der AV-Anastomose soweit einzuengen (Abb. 4b), dass die Shunt(dialyse)funktion erhalten bleibt und die Symptome des Körperkompartments koupiert oder wenigstens alltagserträglich reduziert werden. Dass dies grundsätzlich möglich ist, zeigt die Mehrzahl der Dialyseshunts, die ohne Steal-Symptomatik funktionieren. Ohne weiter auf quantitative Erwägungen wie Durchmesserrelationen etc. einzugehen, geht es hier nur um das Gedankenexperiment eine bezüglich Shunt- und Körperfunktion asymptomatische AV-Anastomose(ngröße) als steady state zwischen zu großer AV-Anastomose (hämodynamische Katastrophe) und deren Einengung (hämodynamische Korrektur) polarisierend darzustellen.
Der entscheidende shuntchirurgische Ansatz ist nun die topografische Trennung von hämodynamischer Katastrophe und korrigierender Einengung, letztere also nicht im Bereich der AV-Anastomose selbst, sondern als nachgeschaltete venöse Stenose (Abb. 4c). Die systemische und lokoregionäre hämodynamische Situation ist ohne und mit Trennung (Abb. 4b, c) exakt gleich! Der entscheidende anatomische Unterschied ist das bei gleichem Flussvolumen druckbelastete Venensegment 1–2 in Abb. 4c. Diese segmentale „Fehlbelastung“ des „Niederdruckschlauchs Vene“ durch die intraluminale Druckerhöhung liefert genau den „evolutionären Impuls“, um das für die Dialyse benötigte oberflächlich leicht zu punktierende kräftigkalibrige Blutgefäß zu induzieren, das die Evolution physiologisch nicht zur Verfügung stellt (Abschn. 1).
Auf den guten Erfolg des freien Saphenatransplantates in der rekonstruktiven Arterienchirurgie wegen der obligaten intraluminalen Druckschienung (Hochdruckkompartment) im Gegensatz zum weniger erfolgreichen Einsatz in der Shuntchirurgie (Niederdruckkompartment) ohne intraluminale Druckschienung wurde bereits hingewiesen (Abschn. 7.2). Die hier beschriebene nachgeschaltete venöse Stenose imitiert sozusagen für das betroffene Shuntvenensegment 1–2 (Abb. 4c) die Belastungssituation (und den Erfolg) des autologen Venenbypass in der rekonstruktiven Arterienchirurgie.

Shunt-Venentraining

Die beschriebene, zur Induktion einer hyperplastischen Dilatation notwendige Venendruckerhöhung erreicht man in den oberflächlichen Armvenen (vor und besonders) nach der Shuntanlage mit einer proximal am Oberarm angelegten venösen Staubinde und gleichzeitigem rhythmischen Faustschluss oder einer anderen manuellen Tätigkeit. Die manchmal empfohlene alleinige Muskeltätigkeit ohne Staubinde ist wirkungslos. Die Patienten sollten daher ca. 2 Monate vor und nach der Shuntoperation (postoperativer Beginn zur Vermeidung eines Spasmusrezidivs der Shuntvene im Operationsbereich am Operationstag!) ihre Venen 10- bis 20-mal pro Tag für ca. 10–15 min „trainieren“. Wichtiger Nebeneffekt ist das Entstehen eines Venenbewusstseins beim Patienten und das Gefühl, aktiv bei der Dialysetherapie mitwirken zu können. Dieses Venenbewusstsein ist ein erster guter Schritt, den Patienten über das Funktionsprinzip seines Gefäßzuganges aufzuklären und ihn für wichtige Teilaspekte und Verhaltensweisen zu sensibilisieren:
  • Kenntnis und Bedeutung des eigenen limitierten Venenpools
  • Punktion shuntgeeigneter Venen vor einer Shuntanlage vermeiden
  • Zu große Gewichtsschwankungen vermeiden (Shuntthrombose durch Volumenmangel)
  • Selbstkontrolle der Shuntfunktion (u. a. Änderung der „Shuntmelodie“)
  • Häufig Vorteil der Strickleiterpunktion (obwohl evtl. schmerzhafter) (gegenüber der Arealpunktion)

Shunt- und Körperkompartment

Extremitätenarterien und zentrale Dränagevenen erfüllen grundsätzlich eine unverzichtbare Körperfunktion, unabhängig davon ob im Einzelfall eine Kollateralisierung einen segmentalen Funktionsverlust überbrücken kann. Im Gegensatz hierzu sind die oberflächlichen Armvenen für eine ungestörte Extremitätenfunktion verzichtbar. Sie können und müssen retrograd sparsam zur Anlage metachroner Gefäßzugänge verbraucht werden.
Es ist daher strategisch wichtig, in der Shuntchirurgie ein Körperkompartment (Arterien, zentrale Dränagevene) klar gegen ein Shuntkompartment (arterialisierte und punktierte oberflächliche Vene/Prothese) abzugrenzen und grundsätzlich Vorgehensweisen zu favorisieren, die beide Kompartments nicht vermischen, indem der Gefäßverbrauch auf das Shuntkompartment beschränkt wird und die Funktion des Körperkompartments auch nach Beendigung der Shuntfunktion erhalten bleibt.

Differenzialindikation

Der notwendige sparsame Venenverbrauch, der größere operative Aufwand bei Transposition, Vorverlagerung und Transplantation, die höhere Komplikationsrate beim Gefäßersatzshunt führen innerhalb der 6 Shuntregionen (zweimal Unterarm, zweimal Oberarm und zweimal Oberschenkel), und bedingt auch zwischen diesen, zu folgenden grundsätzlichen Präferenzen:
  • Distal vor proximal
  • Arterialisierte vor nativer Venenwand
  • Autolog vor alloplastisch
  • Oberflächliche Vene vor tiefer Vene
  • Stammvene vor Seitenastvene
Diese Reihung kann im Einzelfall abhängig von Alter, Krankheitsmustern, Lebenserwartung, Lebensführung (spezielle körperliche Tätigkeiten, geplante Selbstpunktion, etc.) variieren. Ein Shunt sollte möglichst keine spätere Shuntmöglichkeit verbauen, im Gegenteil so angelegt werden, dass die Shunt-geeigneten Venen der nachgeschalteten Region durch die Arterialisierung für eine evtl. spätere Shuntanlage weiter proximal optimiert werden. Non-dominant vor dominant spielt bei geplanter Selbstpunktion und evtl. bei erhöhter Stealgefahr (diabetische Angiopathie), aber nicht grundsätzlich eine Rolle.

Autologe Shuntneu-/-erstanlage

Präoperative Maßnahmen

Anamnese
Der erste Kontakt mit dem Patienten (und Angehörigen) ist regelhaft der Beginn einer jahrelangen Arzt-Patientenbeziehung. Zeitintensive persönliche Zuwendung ist für beide Seiten unerlässlich, vertrauensbildend und informativ. Frühere oder aktuelle Berufstätigkeit, (Vor)Information sowie Vorstellungen und Fragen des Patienten über seine Erkrankung(en) und die geplante Shuntanlage sind Hinweise auf das Verständnisniveau und Engagement des Patienten, auf die sich die Erläuterung der geplanten Vorgehensweise, mögliche Komplikationen oder Spätfolgen (z. B. Steal) und mögliche Mitarbeit des Patienten (Venentraining, Venenschonung, Selbstpunktion) beziehen müssen.
Eine allgemeine medizinische Anamnese mit Shunt-spezifischem Schwerpunkt (frühere ZVK, ein- oder beidseitige kalte Hände, Thrombosen, Blutungsneigung, Diabetes mellitus, schwere Herzinsuffizienz, AVK und weitere Risikofaktoren, Krampfadern und Zustand nach Venenstripping, gerinnungsverändernde Medikamente etc.) ergänzen das nephrologische Diagnoseblatt, das immer vorliegen sollte.
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung beginnt mit Inspektion und Palpation: Trophik, Ödeme, Narben, Infektionen, Dicke und Konsistenz von Haut und Subkutis, sichtbare Venen (Durchmesser, Lage, Füllungszustand in verschiedenen Armpositionen). Bei der Palpation der gestauten Armvenen kann man gut das Venentraining, wenn es nicht schon vom Nephrologen vermittelt zuvor durchgeführt wurde, demonstrieren, erläutern und auf die Wichtigkeit hinweisen, es postoperativ konsequent für 2–3 Monate durchzuführen.
Shuntplanung
Klinische Untersuchung und „Venenlandkarte“ (CO2-Phlebographie) liefern die Daten für die notwendige Differenzialindikation (Abschn. 10) für eine nachhaltige Shuntplanung mit Nephrologen und Patienten.
Lokalisation
Die klassische Lokalisation für den Erstshunt ist die Seit-zu-End-Anastomose zwischen A. radialis und V. cephalica proximal vom Handgelenk. Beim Tabatière-Shunt liegt die AV-Anastomose noch weiter distal. In kleinen Serien war die Offenheitsrate bei Männern ähnlich wie beim distalen Unterarmshunt, bei Frauen deutlich schlechter. Theoretischer Vorteil ist die Möglichkeit einer Anastomoseneuanlage weiter proximal ohne Verlust von Punktionsstrecke, ähnlich wie bei erhaltener Handrückenvene (Krönung 2016). Der Tabatière-Shunt hat keine verbreitete Anwendung gefunden.
Anästhesieverfahren
Alle Shuntneuanlagen am Unter- und Oberarm können in Lokal- oder Plexusanästhesie durchgeführt werden. Die Plexusanästhesie hat neben der Gefäßweitstellung den Vorteil, eine Blutsperre anlegen zu können, wenn ein Gefäßclamping und die dafür notwendige Devaskularisation vermieden werden soll.

OperativeTechnik

Hautschnitt, Präparation

Der Hautschnitt erfolgt leicht bogenförmig von der Durchtrennungsstelle der Vene zur geplanten Anastomosenlage an der Arterie. Liegen die Gefäße weiter auseinander, sind zwei getrennte Hautschnitte über den beteiligten Gefäßen mit subkutanem Durchzug der Vene zur Arterie weniger traumatisierend als die breitflächige subkutane Freipräparation. Atraumatisches Handling der Gefäße und die Benutzung einer Lupenbrille sind obligat.

Anastomosentechnik

Die Anastomosierung erfolgt Seit-zu-End in fortlaufender Nahttechnik meist mit 7/0. Distal der Brachialisbifurkation ist die AV-Anastomose mit 4–6 mm Länge regelhaft größer als der Förderquerschnitt der anastomosierten Arteria radialis (ulnaris). Oberhalb der Brachialisbifurkation sollte der Durchmesser der AV-Anastomose den der anastomosierten A. brachialis zur Stealprophylaxe nicht überschreiten (Abschn. 15)
Trotz fortlaufender Naht ist eine Anastomosenerweiterung durch Streckung oder Bruch der primär spiralförmigen Naht, wie man sie bei Revisionen häufig beobachtet, grundsätzlich möglich. Typische Operationsfehler (Abb. 5, 5) müssen auch vom Erfahrenen bei jeder Operation neu aktiv vermieden werden. Operationsfehler können nach Freigabe der Anastomose durch Inspektion (Abb. 5, 5) und bimanuelle Palpation (Schwirren, Stenosepuls abhängig von proximaler Shuntvenenkompression), evtl. sterile (Stethoskop in sterilem Handschuh) Auskultation (Qualität des Diastolikums!) sicher ausgeschlossen werden. Eine Stenose durch Abknickung (Vene zu lang) oder Torsion erfordert eine Anastomosenneuanlage. Ein verbliebender Gefäßspasmus (Abb. 5a) muss beseitigt werden. Dies gelingt hydraulisch sicher und schonend nach Freigabe der Anastomose durch aufeinander zu bewegte Kompression der spastischen Segmente mit beiden Daumen (Abb. 6) – eine kurze und einfache für die weitere Shuntfunktion essenzielle oft unterlassene Maßnahme. Eine intraoperative Duplex-Flussmessung ist für spätere Vergleiche, z. B. den Beleg einer Shuntentwicklung, interessant, hat aber intraoperativ bei makroskopisch geeigneten Gefäßen und nach dem beschriebenen Ausschluss operationstechnischer Fehler geringe prognostische Relevanz, da sich die Entwicklungspotenz der Vene in der aktuellen Flussrate wenig ausdrückt.
Das intraoperative Belassen eines Gefäßspasmus (Arterie, Vene) in der Shuntchirurgie muss unbedingt vermieden werden!
Findet sich intraoperativ am Unterarm loco typico ein ungeeignetes sklerotisches Venen- oder Arteriensegment, kann mit einem dünnen (3er)-Fogarthykatheter vorsichtig ausgetastet werden, ab wo ein besseres Lumen vorliegt und ob eine höhere Anastomose sinnvoll scheint. Das einfache weitere Freilegen endet u. U. mit einem langen Schnitt ohne brauchbares Ergebnis. Diese Situation wird am besten durch eine aussagekräftige präoperative Diagnostik (Palpation, CO2-Phlebographie, Duplexsonografie) vermieden.
Sind V. cephalica und V. basilica am Oberarm beide shuntgeeignet, spricht die unnötige doppelte Punktionsstrecke, das erhöhte Flussvolumen (Stealgefahr) und der simultane statt metachrone Gefäßverbrauch gegen eine gemeinsame Arterialisierung über eine V. perforans (Gracz) oder V. mediana cubiti.
Grund und Vorteil der zweizeitigen Vorgehensweise bei langstreckiger Venenvorverlagerung wurden beschrieben (Abschn. 7 und 7.1). Die primäre Unterbindung von Zuflüssen und Seitenästen, um die Arterialisierung auf eine gewählte Leit-/Shuntvene zu „konzentrieren“, ist unvorteilhaft. Die kaliberstärkere Stammvene wird nach dem Prinzip vom kleinsten Zwang die Dränage im Wesentlichen leisten und entsprechend „reifen“. Eine dominante Dränage über einen Seitenast oder retrograd gegen die Klappenrichtung über einen Zufluss (z. B. die Handrückenvene) ist Hinweis auf ein Dränageproblem (Stenose, Verschluss) der Leitvene. Eine primäre Unterbindung der Handrückenvene beseitigt dieses nicht, nimmt aber die zwei folgenden Korrekturmöglichkeiten: Liegt die Dränagestörung vor dem Zufluss der Handrückenvene (Typ A), kann durch Transposition derselben die Anastomosenneuanlage ohne Verlust von Punktionsstrecke erfolgen. Liegt die Dränagestörung hinter dem Zufluss der Handrückenvene (Typ B) kann die V. basilica sich spontan oder operativ über die trans-ponierte Handrückenvene zur Shuntvene entwickeln. Alternativ kann eine hypertroph arterialisierte Handrückenvene wertvolles autologes Patch-/Interponatmaterial zur Korrektur des proximalen Strombahnhindernisses der Shuntvene liefern.
Die AV-Anastomose soll eine Venenregion arterialisieren ohne prädiktive Einengung auf eine einzelne „Shuntvene“. Qualität und Verlauf der vorhandenen Venen bestimmen nach dem Prinzip vom kleinsten Zwang die Form der sich entwickelnden Arterialisierung. Das Erzwingenwollen eines „idealen Shunts“ ist kontraproduktiv. Jeder erfahrene Nephrologe und Shuntchirurg kennt viele atypische Shuntformen, die u. U jahrelang den Gefäßzugang sicherstellen. In diesen Kontext gehören auch die sog. retrograden Shunts.

Retrograder Shunt

Retrograde Shunts, typischerweise über die V. cephalica (basilica) am Unterarm können sich nach funktioneller End-zu-Seit-Anastomose in der Ellenbeuge und zum Unterarm hin offen belassener V. cephalica/basilica spontan (Klappeninsuffizienz) oder iatrogen (Valvulotomie) entwickeln und bei fehlendem korrekturbedürftigen venösen Stauungssyndrom die Dialyse sicherstellen (umgekehrte Kanülenposition!). Operativ bietet sich dieses Verfahren für die nicht seltene Situation einer guten shuntgeeigneten V. cephalica (basilica) am Unterarm bei nicht verwendbarer Arterie an. Wegen des Risikos eines venösen Stauungssyndroms kann die folgende Vorgehensweise um den Preis, alloplastisches Material einsetzen zu müssen, alternativ bevorzugt werden.

Autologer Shunt mit primärem alloplastischen Interponat

Ein primäres ePTFE-Interponat kann bei zu großer Entfernung zwischen shuntgeeigneter Vene und Arterie indiziert sein, z. B. bei kräftig kalibriger Unterarm-Cephalica und ungeeigneter A. radialis. Man holt die Arterie mit einem 5 oder 6 mm Graft von der A. brachialis zur V. cephalica am distalen Unterarm (nicht zu verwechseln mit einem Unterarm-Straight Shunt, bei dem die arterielle Anastomose distal liegt!) und realisiert dabei hämodynamisch eine DAI/DRIL-Konstellation (Abschn. 15 und 15.1). Die Prothese kann, muss aber (und sollte bei ausreichender venöser Punktionsstrecke auch) nicht punktiert werden. Eine andere Konstellation findet sich gelegentlich in der Ellenbeuge. Eine gutkalibrige Oberarm-Cephalica ist distal in der Ellenbeuge sklerosierend stenosiert (z. B. nach früheren Blutentnahmen aus der V. mediana cephalica). Steht keine lateral vom Unterarm zufließende V. cephalica lateralis ausreichenden Kalibers zur Transposition zur Verfügung, ist ein kurzes ePTFE-Interponat einer autologen Anastomosierung weiter proximal, die zu viel Punktionsstrecke verbrauchen würde, vorzuziehen.

Alloplastische Shuntneu-/erstanlage

Die präoperative Untersuchung mit Anamnese, klinischer Untersuchung und Bildgebung unterscheidet sich nicht vom autologen Shunt.

Prothesenmaterial

Die immer wieder entwickelten Bioprothesen (gestrippte Venen, Nabelschnur, Kalbscarotis, Schafskollagen etc.) konnten sich langfristig nicht etablieren. Als Prothesenmaterial hat sich ePTFE durchgesetzt. Die seit einiger Zeit verfügbaren Polyurethanprothesen können früher (sofort) punktiert werden. Über die langfristige biologische Wertigkeit liegen noch keine Ergebnisse vor.

Lokalisation und Konfiguration

Grundsätzlich bieten sich die klassischen Shuntregionen Unterarm und Oberarm an, zusätzlich Oberschenkel und selten Varianten am Körperstamm wie axillo-axillär, axillo-femoral oder brachio/femoro-atrial (Chemla et al. 2006; Haug und Frizen 1998).
In den Regionen Unterarm- und Oberarm sollte nur dann ePTFE zum Einsatz kommen, wenn in der gewählten Region kein autologer Zugang mehr möglich ist, beim Unterarm mit der zusätzlichen Maßgabe, autologe Shuntmöglichkeiten am Oberarm nicht zu verbauen, sondern durch die Arterialisierung für eine spätere Shuntanlage eher zu optimieren. Am Oberschenkel gilt dieser Grundsatz nicht, da sich die V. saphena als Gefäßzugang (in situ, transponiert oder transplantiert) nicht etabliert hat.
Als Konfiguration ist grundsätzlich ein gerader („Straight-Shunt“) mit distaler arterieller Anastomose oder ein schleifenförmiger Prothesenverlauf (Loop-Shunt) mit beiden Anastomosen proximal möglich.
Ein Loop-Shunt verfügt gegenüber einem „Straight“-Shunt über eine längere Punktionsstrecke und eine stealvermeidende DAI/DRIL-Konstellation (Abschn. 15 und 15.1) und sollte daher grundsätzlich favorisiert werden.

Anästhesieverfahren

Prothesenshunts können grundsätzlich in Lokal-, Plexusanästhesie oder Vollnarkose durchgeführt werden; wir bevorzugen die infraklavikuläre Plexusanästhesie nach Kilka.

Operative Technik

Hautschnitt, Präparation

Bei dem von uns favorisierten Oberarm-Loop-Shunt erfolgt die Freilegung der A. brachialis und V. basilica/brachialis von einem gemeinsamen Längsschnitt im proximalen Sulcus bicipitalis. Nach zwei kleinen Hilfsinzisionen senkrecht zum geplanten Prothesenverlauf rechts und links vom Schleifenscheitel wird die Prothese mit dem dünnstmöglichen Tunneliergerät 3–5 mm tief schleifenförmig torsionsfrei unter der Haut platziert.

Anastomosentechnik

Die Vene wird so wenig wie möglich, auf keinen Fall zirkulär, freigelegt und mit einem weichen bogenförmigen Bulldog zusammen mit dem nicht abpräparierten Bindegewebe tangential ausgeklemmt. Noch atraumatischer ist das weiche Abdrücken der nicht frei präparierten Vene mit 2 feuchten Tupfern ober- und unterhalb der Venotomie durch den Assistenten während der Anastomose. Es erfolgt eine große End-zu-Seit-Anastomose, möglichst mit einer trichterförmig erweiterten Prothese mit einer fortlaufenden 6/0-Naht. Ein 1/1-Faden (Faden- und Nadeldurchmesser gleich) reduziert die Stichkanalblutung.
Die reduzierte Freipräparation und die trichterförmige Anastomose (Sorom et al. 2002) mindert oder verhindert die typische stenosierende Sklerose des postanastomotischen Venensegments (Abschn. 7 und 7.1). Die arterielle End-zu-Seit-Anastomose wird ebenfalls mit fortlaufender Naht angelegt und sollte den Durchmesser der anastomosierten Arterie nicht wesentlich überschreiten.

Revision von autologen Shunts

Frühkomplikationen

Eine postoperative chirurgische oder gerinnungsbedingte Blutung wird nach gefäßchirurgischen Kriterien konservativ/substitutiv behandelt oder revidiert. Das Gleiche gilt für den seltenen Frühinfekt. Muss der Operationssitus revidiert werden (Débridement, Lavage, evtl. Dränage), ist der Erhalt der AV-Anastomose anzustreben und regelhaft möglich. Ein postoperatives ausgeprägtes Steal-Syndrom (Taubheitsgefühl/Schmerzen) erfordert eine sofortige hämodynamische Korrektur (Banding, evtl. Ligatur), um einen irreversiblen Nervenschaden zu vermeiden.

Spätkomplikationen

Spätkomplikationen sollten möglichst noch in der Phase der funktionellen Dysregulation („failing shunt“) und nicht erst nach manifester Komplikation (Thrombose, massive Blutung, manifester Infekt) zur shuntchirurgischen Behandlung kommen.

Shuntvenenstenose

Progrediente Stenosen mit zu erwartender Komplikation (z. B. Thrombose) oder Stenosen mit manifester Dysfunktion (Rezirkulation, venöses Stauungssyndrom, Thrombose) werden durch (u. U. dosierte!) Dilatation, Resektion (Kinkingstenose), Patchplastik, Anastomosenneuanlage, Interponat oder Bypass korrigiert (Abschn. 6). Ein autologer Patch kann aus einem vorgeschalteten druckinduzierten Aneurysma gewonnen werden.

Aneurysma/Dilatation

Die eher seltenen falschen Shuntaneurysmen (Nahtlinie, nach Einzelpunktion) sollten grundsätzlich revidiert werden. Die aneurysmatisch erweiterten Punktionsareale, klinisch kurz Punktionsaneurysmen, sind die einzigen in der Medizin vorkommenden Mischaneurysmen: autochthone Venenwand ist durchsetzt mit zahlreichen Narbensträngen (Abschn. 7 und 7.2). Bei größeren Punktionsaneurysmen, insbesondere mit einer lumenausgleichenden parietalen Thrombose (Thrombenaspiration), kann eine Kaliberreduktionsplastik sinnvoll sein.
Alle anderen Shuntvenenerweiterungen sind druckinduziert (mit Ausnahme der wenigen kortisoninduzierten Aneurysmen, Abschn. 7 und 7.2) und werden, wenn sie kurzstreckig rund bis spindelförmig sind, als Shuntaneurysmen, bei langstreckigem Verlauf als Shunt(venen)dilatation bezeichnet. Diese Aneurysmen/Dilatationen sind oft lange stabil und funktionsfähig. Indikationen zur Revision/Kaliberreduktion sind Progredienz, parietale Thrombose, Punktionsprobleme bei intramuraler oder endoluminaler Verkalkung, kosmetische Belastung sowie Kombinationen von Elongation und Kinking.
Bei einer Kaliberreduktion erfolgt die Rekonstruktion des Venenrohres nach der Entfernung des überschüssigen Materials durch fortlaufende Naht unter Spannung über einem eingelegten kaliberdefinierenden (z. B. 10 mm) Hegarstift. Überschüssige Aneurysmawand kann als autologer Stenosepatch Verwendung finden, bei multiplen Aneurysmen mit stenotischen Zwischensegmenten z. B. auch in Form einer VY-Plastik. Endoluminale Verkalkungen können nicht selten mit dem scharfen Löffel oder der Luer-Zange entfernt werden, der Innenwand glatt aufsitzende Kalkplatten zerbrochen und als einzelne kleinere „Schollen“ entfernt werden.
Die verursachende nachgeschaltete, regelhaft stabile protektive Stenose wird bei fehlender Rezirkulation belassen. Protektiv, weil sie die leicht zu revidierende, langsame, oft über Jahre entstehende Plusentgleisung sicherstellt und Steal und HOF vermeidet (Abschn. 6 und 15).

Thrombose

Eine Shuntthrombose kann zu unterschiedlichen Anteilen blutdruck-, gerinnungs-, viskositäts- und/oder stenosebedingt sein. In der Kombination selektiert je nach Sichtweise der eine den (die) anderen Faktor(en). Die Therapie beseitigt neben der Thrombose auch deren Ursache(n).
Unbedingt zu unterscheiden ist mehr oder weniger frisches dunkelrotes Thrombenmaterial von den deutlich älteren, gelblich glasigen Abscheidungen (Fibrinpannus, Pseudointima), die der Venenwand unterschiedlich derb adhärent aufsitzen und durch die progrediente zelluläre Organisation meist nicht mehr klar gegen die verdickte Venenwand abzugrenzen sind. Da mit dieser Pseudointima oft auch Teile der verdickten Venenwand mit entfernt werden, nennen wir diese Maßnahme analog zur TEA klinisch kurz TEV (Thrombendvenektomie) im Gegensatz zur alleinigen TE (Thrombektomie). Halboffen (Abb. 7a, b) gelingt die TEV bei wenig Adhärenz mit einem Ringstripper, bei derber Adhärenz mit einer Gefäßkürette, beides mit manuellem Gegendruck von außen. Dabei wird die Vene(nwand) kräftig gegen den durchgezogenen und von der komprimierenden Gegenhand gespürten Ringstripper (Gefäßkürette) gedrückt, um den derb aufsitzenden Fibrinpannus abschaben zu können. Oft hilft nur kräftiger Druck und häufige Wiederholung des rüden Manövers.
Meist entscheidet sich erst intraoperativ, ob nur das rote Thrombenmaterial (TE) mit ausreichendem Restlumen, oder auch ein lumeneinengender Fibrinpannus mit entfernt werden muss (TEV), letzteres dann möglichst vollständig ohne belassene, frei flottierende Flaps mit Gefahr einer Rethrombose, evtl. offen in Kombination mit einer Kaliberreduktion. Offene TEV-Verfahren (Abb. 7c, d) gestatten eine bessere Erfolgskontrolle, sind aber kürzeren Venensegmenten vorbehalten.

Blutung

Gerinnungsstörungen, „ausgedünntes“ Punktionsareal, intraluminale Druckerhöhung und/oder zu steiler Punktionswinkel können unterschiedlich anteilig zur Blutungspersistenz nach Kanülenentfernung führen, die meist vor Ort durch einfache Umstechung mit einer Prolenenaht gestoppt werden kann. Das weitere Prozedere besteht in der jeweiligen Ursachenvermeidung/-behebung (andere Punktionslokalisation, anderer Punktionswinkel mit längerem Punktionskanal, evtl. von seitlich, weniger Heparin etc.).
Die zweizeitige Blutung aus einem Punktionskanal kann das Frühsymptom einer Infektion sein. Engmaschige klinische Beobachtung, evtl. mit früher En-bloc-Resektion ist erforderlich.

Infektion

Shuntspätinfekte sind Punktionsinfekte, die bei rechtzeitiger Indikationsstellung regelhaft funktionserhaltend durch En-bloc-Resektion des infizierten Punktionsareals mit Haut, Subkutis und Shuntvene (Blutsperre) saniert werden können. Großflächige infizierte Punktionsareale können u. U. mit Funktionserhalt durch extraanatomische Umgehung saniert werden.

Revision von Prothesenshunts

Frühkomplikationen

Eine postoperative chirurgische oder gerinnungsbedingte Blutung wird nach gefäßchirurgischen Kriterien konservativ/substitutiv behandelt oder revidiert. Frühthrombosen durch technische Fehler (Kinking, Torsion) werden korrigiert.
Ein postoperativer Frühinfekt gestattet keinen konservativen Therapieversuch (Antibiose), sondern erfordert die Aufgabe des Shunts mit Entfernung des gesamten Prothesenmaterials und autologem Verschluss des Arteriendefektes (Venenpatch) unter systemischer Antibiose.
Sicher gegen einen Frühinfekt (und umgekehrt) abgegrenzt werden muss eine Perigraftreaktion, die eine mehr inflammatorische (Rötung, geringe Schwellung) oder transsudative (periprothetisches Transsudat) Form zeigen kann. Traumatisches Handling der Prothese (Clamping, Stretching, Füllung mit NaCl-Heparinlösung unter Druck, Kontakt mit alkoholischen Desinfektionsmitteln oder der damit infizierten Haut) werden verantwortlich gemacht, oft bleibt die Genese bei Vermeidung all dieser Faktoren unklar. Abwarten und „Aussitzen“ ist das Vorgehen der Wahl, da die Mehrzahl spontan rückläufig ist.
Ein frühes ausgeprägtes Steal-Syndrom muss rasch korrigiert werden (Banding, 4-mm-Interponat, Shuntaufgabe), um irreversible Nervenschäden zu vermeiden.

Spätkomplikationen

Stenosen

Eine hämodynamisch wirksame Stenose an der arteriellen Anastomose kann chirurgisch durch Neuanastomose oder transluminale Entfernung der Intimahyperplasie korrigiert werden. Fibrinoide Ablagerung auf der Protheseninnenwand (Pseudointima) können zu Stenosen im Prothesenverlauf führen (Abb. 7a). Diese Pseudointima ist aufgrund der Porengröße der ePTFE-Prothese nicht bindegewebig organisiert, in Fläche, Dicke und Adhäsivität unterschiedlich ausgeprägt, aber regelhaft mit Ringstripper und Gefäßküretten halb offen entfernbar. Im Bereich von Punktionsläsionen und beiden Anastomosen kommt es zur bindegewebigen Organisation dieser Pseudointima, die dadurch so derb adhärent wird, dass sie nicht mehr entfernt werden kann, entsprechende Prothesenstenosen müssen reseziert und segmental ersetzt werden.
Die venöse Anastomosenstenose ist die häufigste und typische Stenose des Prothesenshunts. Segmentale Devaskularisation der Vene und turbulenzbedingter Scherstress der Intima werden als ursächlich angesehen. Ballondilatationen können die letztlich notwendige chirurgische Revision (offen mit Patch, prothesenverlängerndes Interponat) hinauszögern, aber nicht verhindern.

Falsche Aneurysmen

Nahtaneurysmen und Aneurysmen nach Einzelpunktion müssen, wenn sie nicht spontan thrombosieren, abgetragen werden. Etwas komplexer ist die Situation bei den aneurysmatischen Punktionsarealen, die letztlich ähnlich entstehen wie beim autologen Shunt. Statt der Venenwand wird die Prothesenwand von zahlreichen Narbensträngen durchzogen und erweitert. Diese Punktionsaneurysmen sind oft stabil, können über Monate/Jahre punktiert werden und kompensieren die aneurysmatische Lumenerweiterung durch die nicht entfernbare, bindegewebig organisierte Pseudointima. Die allgemein für den Prothesenshunt empfohlene Strickleiterpunktion führt zwar nicht zur Aneurysmabildung, dafür aber zur langstreckigen bindegewebigen Organisation der Pseudointima, die bei einer Revision nicht entfernbar ist und den kompletten Prothesenersatz erfordert. Bei der Arealpunktion müssen nur die Punktionsareale im Sinne eines segmentalen Modultausches ersetzt werden (Krönung 2016).

Prothesenthrombose

Auch die Thrombose eines Prothesenshunts ist in unterschiedlicher Anteiligkeit blutdruck-, gerinnungs-, viskositäts- und/oder stenosebedingt. Legt ein gutes Shuntmonitoring (kein Stenosenachweis in den letzten 3 Monaten) und ein bekannter Blutdruckabfall eine rein blutdruckbedingte Thrombose nahe, kann beim Loop-Shunt eine Thrombektomie vom Schleifenscheitel aus versucht werden. Meist fehlen diese Daten, dann empfiehlt sich beim Loop-Shunt die proximale Freilegung über die alte Operationsnarbe mit der Möglichkeit einer (meist) notwendigen venösen Anastomosenrevision einschl. Loop-Verlängerung nach weiter proximal. Bezüglich der Loop-Thrombektomie gelten die Ausführungen beim autologen Shunt analog. Bei dünner, wenig Lumen einengender Pseudointima kann die Maßnahme auf die Entfernung des roten Blutthrombus beschränkt werden (Fogarty-Katheter). Werden hierbei Teile der gelblich glasigen Pseudointima mit entfernt oder ist diese deutlich lumeneinengend (Abb. 7a), besteht die Indikation zur möglichst kompletten Entfernung mit Ringsonde und Gefäßküretten mit transkutanem manuellen Gegendruck. Analog zur beschriebenen TEV bezeichnen wir die komplette Thrombektomie von Blutthrombus und Pseudointima beim Prothesenshunt als TEP (Thrombendprothesektomie).

Blutung, Infektion

Bei ein- oder zweizeitiger Blutung aus einer Punktionsstelle nach Kanülenentfernung und bei Punktionsinfekten gelten die entsprechenden Ausführungen zum autologen Shunt analog. Nur streng lokalisierte Infekte ohne größeren perifokalen Befund sind einer lokalen En-bloc-Resektion und anschließend Rekonstruktion (direkte Anastomose, kleines Interponat) zugänglich. Größere, klar abgegrenzte Infektbereiche können mehrzeitig mit extraanatomischem Bypass saniert werden.

Hämodynamische Komplikationen

Jeder Shunt führt zu hämodynamischen Änderungen. Werden diese symptomatisch, sprechen wir zentral von einem „high output failure“ (HOF), peripher arteriell von einem Steal-Syndrom und venös von einem Stauungssyndrom.

High output failure

Großlumige AV-Shunts (meist Oberarm) ohne wesentliche Stenosen können Kurzschlussvolumen von 2–5 l/min haben. Letztlich entscheidet die vorhandene Herzleistung, ob ein Kurzschlussvolumen evtl. auch unter 1 l/min symptomatisch wird. Aber auch bei fehlender kardialer Symptomatik sollte ein exzessiv hohes Shuntvolumen begrenzt werden, um eine unnötige Herzbelastung zu vermeiden. Dies geschieht bei einer guten Shuntführung relativ früh, insbesondere, bevor sich eine reaktive Dilatation der zuführenden Arterie (Abschn. 7 und 7.1) entwickelt hat, in der es nach einer drastischen Flussreduktion zur wandständigen Thrombenbildung mit peripherer Embolisation kommen kann. Die Reduktion erfolgt relativ einfach mit einem flusskontrollierten distalen (weil eine weitere druckinduzierte Dilatation der Vene nicht erforderlich ist) postanastomotischen Banding auf 3–4 mm in Lokalanästhesie.

Steal-Syndrom

Ein Steal-Syndrom ist eine symptomatische (Kältegefühl, Taubheit, Schmerzen, trophische Störung) Minderdurchblutung einer dem Shunt nachgeschalteten Extremitätenregion (Unterarm, Hand). Ursache ist eine, lokal nicht kompensierbare (Gefäßweitstellung, AVDO2↑) shuntbedingte Absenkung des Perfusionsdrucks in der betroffenen Region. Dieser Druckabfall ergibt sich aus dem Verhältnis des kleinsten vorgeschalteten, hämodynamisch wirksamen Förderquerschnitts (Durchmesser der anastomosierten Arterie einschließlich aller vor- und nachgeschalteten arteriellen Stenosen und Kollateralen) zum kleinsten nachgeschalteten, hämodynamisch wirksamen Dränagequerschnitt (Durchmesser der dränierenden Vene einschließlich aller nachgeschalteten venösen Stenosen und Kollateralen). Unterstellt man den systemischen Blutdruck, die Blutviskosität und den notwendigen peripheren Perfusionsdruck als (austherapiert) gegeben, bestimmt die Relation zwischen Förderquerschnitt und Dränagequerschnitt über Vorhandensein und Ausmaß eines Steal-Syndroms. Um die elektrodynamischen Belege (Gradman und Pozrikidis 2004) hier aus Platzgründen nicht zu wiederholen, ein einfaches Denkexperiment. Ein Shunt mit einer 4 mm Vena hemiazygos vom Aortenbogen (20 mm Ø) zur Vena cava wird zu keiner wesentlichen Druckänderung in der Aorta führen. Ein Shunt zwischen einer 3 mm A. radialis und einer 4 mm V. cephalica wird zu einem drastischen Druckabfall in der Arteria radialis mit Flussumkehr distal der Anastomose führen. Hämodynamisch ist der einzige Unterschied das Durchmesserverhältnis der beteiligten Gefäße: 20/4 zu 3/4, also 5 zu 0,75. Die Therapie des Steal-Syndroms muss (und kann nur!) dies Verhältnis zugunsten des Förderquerschnittes verschieben, d. h. entweder den Förderquerschnitt vergrößern (Korrektur einer vorgeschalteten Stenose, Proximalisierung des arteriellen Lecks) oder den Dränagequerschnitt einengen (z. B. Banding der AV-Anastomose oder der nachgeschalteten Vene) oder beides.

Proximalisierung des arteriellen Lecks

Die Proximalisierung des arteriellen Inflows (PAI) vergrößert den hämodynamisch wirksamen Förderquerschnitt und wird operationstechnisch meist mit einer interponierten ePTFE-Prothese erreicht (Zanow et al. 2006b). Anastomosengröße, Prothesenquerschnitt und evtl. ein zusätzliches venöses Banding bestimmen die Verbesserung des beschriebenen Durchmesserverhältnisses.
Die klinische Erfahrung, dass Ellenbogenshunts eher zum Steal führen als periphere Unterarmshunts loco typico, wiederlegt dies nur scheinbar und trifft nur dann zu, wenn durch einen größeren Dränagequerschnitt (z. B. bei Arterialisierung von Vena cephalica und Vena basilica) und/oder einer größeren Anastomose der Vorteil des größeren Arteriendurchmessers aufgehoben wird. Grundsätzlich kann das Verhältnis von Förder- zu Dränagedurchmesser um so eher Steal-vermeidend günstig gestaltet werden, je größer der Förderdurchmesser ist, da die AV-Anastomose nicht beliebig klein (unter 3 mm) gewählt werden kann. Ein Ellenbogenshunt mit gleichem Dränagequerschnitt ist bezüglich einer Steal-Vermeidung immer hämodynamisch günstiger als ein peripher liegender Shunt.
Beim Low-flow-Shunt mit einem Steal-Syndrom ist die Proximalisierung die Methode der Wahl, da ein Banding (weitere Flussreduktion) kontraindiziert ist.
Die DRIL-Operation ist eine Proximalisierung des arteriellen Inflows (PAI). Wenn der distal revaskularisierende Bypass kaliberstärker ist als die präanastomotische Arterie, entspricht dies einer dem Shunt vorgeschalteten Stenose und verbessert zusätzlich das Verhältnis von Förder- zu Dränagedurchmesser. Dies erreicht man bei der PAI-Operation durch entsprechenden Anastomosen- bzw. Interponatdurchmesser und vermeidet dadurch die aufwändige DRIL-Operation mit der ungünstigen Vermischung von Shunt- und Körperkompartment (Abschn. 9).
Ähnliches gilt für andere exotische Verfahren. Die distale Durchtrennung der Arteria radialis z. B. und deren loopförmige Transposition auf eine zuvor von der Arteria brachialis abgehängte Oberarmshuntvene beim High-flow-Shunt ist hämodynamisch nichts anderes als eine Anastomosenverkleinerung auf den Durchmesser der distalen Arteria radialis. Der aufwändige Eingriff mit einer ausgedehnten Traumatisierung des Körperkompartments (Unterarm) kann durch ein einfaches postanastomotisches Venenbanding auf den gleichen Durchmesser in Lokalanästhesie erreicht werden.

Banding

Die einfachste Technik zur Einengung des Dränagequerschnitts ist das Banding. Dies geschieht kalibergenau durch die Ligatur der sparsam freigelegten, nicht eröffneten Shuntvene über einen zuvor auf die Vene gelegten (z. B. 2,5 mm Ø) Hegar-Stift. Nach Entfernung des Hegar-Stiftes unter der Ligatur verbleibt ein intravenöses Restlumen von exakt 2,5 mm Ø. Aufwändigere Verfahren (Manschettierungen, konisch plastische Kaliberreduktion etc.) sind weniger exakt und bei einer geänderten Remodelingsituation schwerer korrigierbar und daher nicht empfehlenswert.
Die Therapie des Steal-Syndroms sollte mit möglichst einfachen Mitteln das Verhältnis von Förderquerschnitt zu Dränagequerschnitt zu Gunsten des ersteren verbessern!

Venöses Stauungssyndrom

Beim venösen Stauungssyndrom muss genau umgekehrt wie beim Steal-Syndrom das Verhältnis von Förder- und Dränagekapazität zu Gunsten der letzteren verändert werden. Auf der Dränageseite stehen hierfür das Abwarten einer venösen Kollateralbildung, Intervention (Dilatation und Stent) und Operation (Patch, Interponat, Bypass), auf der Förderseite die Verminderung des Zuflusses (postanastomotisches Banding) einzeln und in Kombination zur Verfügung.

Die 5 Shuntmodule

Typische funktionelle, pathologische, diagnostische und therapeutische Befundmuster legen die Einteilung der nativen und der Gefäßersatzshunts in 5 Abschnitte, bei funktioneller Sichtweise besser Module nahe:
Modul 1: Zuführende Arterie(n)
Anatomische Varianten (hohe Aufteilung, Hypoplasie, etc.), Folge von Systemerkrankungen (Mediasklerose, Stenosen, Verschlüsse, etc.) und die Reaktion der Arterie (Remodeling) auf die AV-Anastomose mit Dilatation, Elongation und Kinking sind für dieses Modul typisch.
Modul 2: Arterielle Anastomosenregion
Die biologische Problematik des für die AV-Anastomose devaskularisierten Venensegments wurde ausführlich dargelegt (Abschn. 7 und 7.2). In diesem Modul sind daher über 70 % der Stenosen und Komplikationen beim autologen Shunt lokalisiert. Da dieses problematische Segment beim Prothesenshunt fehlt, sind Komplikationen an der arteriellen Anastomose beim Prothesenshunt die Ausnahme.
Modul 3: Punktionssegment
Typisch sind die erweiterten Punktionsareale, die sich nach längerer Anwendung der Arealpunktion bilden, evtl. mit begrenzenden Stenosen, besonders auch zwischen den beiden Punktionsarealen.
Modul 4: Venöse Anastomosenregion
Charakteristisch für das Modul 4 beim Prothesenshunt sind die stenosierenden Veränderungen des freipräparierten anastomosierten turbulenzbelasteten Venensegmentes analog zu Modul 2 beim autologen Shunt. Ca. 80 % der Komplikationen beim Prothesenshunt entstehen durch stenosierende Veränderungen in diesem Segment. Auch beim autologen Shunt finden sich in diesem Bereich (z. B. Ellenbogenregion beim Unterarmshunt) nicht selten Dränageprobleme (Venenaufzweigung, Perforansdränage, Compliancedifferenz zwischen Punktions- und Dränagevene etc.).
Modul 5: Zentral-venöse Dränage
Zentrale Dränagestörungen (Stenose/Verschluss) im Bereich der Mündung der Vena cephalica und der Vena subclavia, letztere insbesondere nach vorangegangenem zentral-venösen Katheterismus und Schrittmachersonden sind typische Komplikationen.
Die modulare Sichtweise mit ihren typischen Komplikations- und Revisionsmustern hat sich im shuntchirurgischen Alltag terminologisch (z. B. Modul-3-Transfer), im Dialog (welches Modul muss wie revidiert werden?), in der Planung (wie viele Module müssen revidiert werden?) angenehm bewährt.

Shuntmonitoring

Shuntmonitoring bedeutet Erheben (Anamnese, Inspektion, Palpation, Auskultation, Flussmessung, Duplexsonografie, Shuntografie) und Dokumentation von morphologischen und funktionellen Shuntdaten in bestimmten Intervallen routinemäßig oder bei Auftreten einer klinischen Dysfunktion (Rezirkulation, Förderinsuffizienz, Thrombenaspiration, HOF, Steal-Syndrom, venöses Stauungssyndrom, Infektion, Schmerzen). Ohne klinische Dysfunktion erhobene Befunde sind wichtig für die Dokumentation und das Verständnis des Remodeling. Korrigierende Maßnahmen (Intervention, Operation) sind gelegentlich erforderlich, z. B. bei nachgewiesener Progredienz einer Stenose (hier ist eine klare Abgrenzung gegen eine stabile, insbesondere protektive Stenose wichtig), um einer Shuntthrombose zuvor zu kommen oder bei hohen Flussraten beim High flow-Shunt, um einer Herzinsuffizienz vorzubeugen. Bei ausgeprägten Shuntvenendilatationen, insbesondere mit einer bereits vorliegenden (lumenkorrigierenden) parietalen Thrombose ist trotz fehlender klinischer Dysfunktion eine Kaliberreduktion empfehlenswert. Klinisch unabdingbar sind die zeitnahe Abklärung jeder Shunt-Dysfunktion und deren kausale Therapie.

Shuntdokumentation

Viele Beteiligte (Patient, Nephrologe, Pflegepersonal, Shuntchirurg, Radiologe, Anästhesist, Kardiologe, Krankenhaus- und Kostenträger), die Notwendigkeit von funktionellen und topografischen Informationen (z. B. für die Punktion oder bildgebende Untersuchungen), die Veränderungen der Shuntgefäße (Remodeling), die limitierte Shuntfunktionsdauer und die regelhaft wiederholte, letztlich lebenslange Behandlung durch den Shuntchirurgen und interventionellen Radiologen erfordern eine vollständige, alltagstauglich knappe, chronologisch geordnete, jederzeit rasch zugängliche Dokumentation aller Shunt-relevanten Daten.
Shunt-relevante Daten sind allgemeine Patientendaten, Diagnoseblatt, Shuntanamnese, Shuntphotos, Operationsskizzen, Operationsberichte, Operationsphotos, alle bildgebenden (Duplexsonografie, Phlebografie, Shuntografie) und funktionellen (Flussmessungen) Untersuchungen, Bemerkungen zu Ereignissen und Dysfunktion (Punktionshämatom, Thrombenaspiration, Förderinsuffizienz, erhöhter Rückflussdruck, HOF, Steal-Syndrom, Infektion).
Bei digitaler Speicherung mit Datumsangabe in amerikanischer Schreibweise (Jahr/Monat/Tag) und chronologischer Durchnummerierung der Shunts sind die Dateien chronologisch selbstordnend und stehen so bei minimalem Dokumentationsaufwand jederzeit geordnet zur Verfügung. Die Dokumentation beim Shuntchirurgen erfolgt anlässlich (Mitteilung, Untersuchung, Revision) und routinemäßig alle 6–9 Monate als telefonische Auskunft (Nephrologe, Patient) über die aktuelle Shuntfunktion und zwischenzeitliche relevante Ereignisse. Ein jeweils abschließendes, schriftlich fixiertes Statement zu wesentlichen Aspekten und der aktuellen Problematik dieses Shunts mit Hinweisen auf mögliche Entwicklungen (Komplikationen) erspart das sich immer wieder aufwändig neu in die jeweilige Shuntproblematik hineindenken zu müssen.
Eine chronologisch geordnete, vollständige, regelmäßig aktualisierte, problemlos zugängige Dokumentation aller, insbesondere bildgebender, shuntrelevanter Daten ist unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Shuntchirurgie.

Shuntregie

Die gleichen Gründe, die die beschriebene Shuntdokumentation erfordern, legen nahe, dass einer der Beteiligten die Regie der Shuntbetreuung übernimmt, idealerweise der Shuntchirurg, der die notwendige Substratkenntnis und Dokumentation besitzt und bei nicht möglicher oder erfolgloser Teilrevision (Intervention) letztinstanzlich wieder den (einen) Gefäßzugang durch operative (Mehretagen-)Revision oder Neuanlage sicherstellen muss.
Der Shuntterminologisch kultivierte Dialog mit allen Beteiligten mit dem regelmäßigen Transfer aller Shunt-relevanten Daten zum Shuntchirurgen schafft den notwendigen Datenpool für das immer wieder aktuell im Dialog festzulegende Prozedere. Eine Konkurrenz zwischen Intervention und Operation besteht nicht. Beide Methoden ergänzen sich ideal und führen bei regelmäßigem offenen Dialog der Beteiligten vor Ort mit Diskussion der Ergebnisse rasch zu einer patientenorientierten konsenten Indikationsstellung.

Zielsetzung

Ziel jeder Shuntchirurgie ist die lebenslange Sicherstellung eines Gefäßzuganges für jeden Patienten. Limitierter Gefäßpool, limitierte Shuntfunktionszeiten, längere Lebensdauer der Dialysepatienten und zunehmende vaskuläre Komorbiditäten machen ein differenziertes Shuntkonzept grundsätzlich und modifiziert für jeden Einzelnen vor Beginn (je)der Dialysetherapie erforderlich. Wesentliche Bausteine bei der Erstellung und Umsetzung dieses Konzeptes sind:
  • Kenntnis und Dokumentation des venösen und arteriellen Gefäßpools vor der ersten Shuntoperation
  • Beurteilung des Einzeleingriffes nach Erfolgswahrscheinlichkeit und Chancenverzicht im Kontext einer nachhaltigen Shuntplanung mit gefäßschonender Differenzialindikation
  • Induktion und möglichst langer Erhalt eines hypertroph dilatierten Punktionssegmentes durch Beachtung, Einsatz und Steuerung des Remodeling
  • Rechtzeitige Therapie des „failing shunt“
  • Shuntmonitoring
  • Vollständige, geplant und anlässlich aktualisierte, jederzeit einfach zugängliche Shuntdokumentation

Einsatz, Steuerung und Kontrolle des Remodeling

Die in Abschn. 7 beschriebene Formal- und Kausalpathogenese mit der qualitativen Zuordnung von geänderter Belastungsbedingung und morphologischer Antwort der Shuntvene (Abb. 1) zeigen quantitativ, also im jeweiligen Ausprägungsgrad erhebliche individuelle Unterschiede. Sieht man von den wenigen Kortikoid-induzierten Dilatationen ab, ist der entscheidende Auslöser für die hypertrophe Shuntvenendilatation die intraluminale Drucksteigerung über 50 mmHg. Dabei können im Einzelfall deutlich höhere Drücke nur zu einer mäßigen und umgekehrt nur leichte Druckerhöhungen zu einer deutlichen Dilatation führen. Diese individuelle Variabilität ändert aber nichts an der grundsätzlichen Konstellation, dass eine intraluminale Druckerhöhung durch die topografische Trennung von arteriovenösem Leck und nachgeschalteter Korrektur (Stenose) die entscheidende Voraussetzung zur Dilatation (Plusentgleisung) des betroffenen Shuntvenensegments darstellt. Die (Druck)Induktion dieser segmentalen hypertrophen Shuntvenendilatation (Plusentgleisung) und deren Erhalt ziehen sich wie ein roter Faden durch eine das Remodeling strategisch einsetzende Shuntchirurgie.
Im einfachsten Fall wäre dies das Erkennen und dann notabene Belassen einer protektiven Stenose, oder als nächste Eskalation die nur dosierte Dilatation einer symptomatischen Stenose, um sie dann als protektive Reststenose zu belassen. Das Venentraining mit proximaler intermittierend angelegter Staubinde vor und besonders nach der AV-Shuntanlage ist eine weitere wichtige Technik zur Optimierung der Shuntvene durch intraluminale Druckerhöhung. Vorteil dieser Methode ist ihre Unabhängigkeit von Seitenästen, da diese mitgestaut werden. Nachteil ist die Abhängigkeit von der Compliance des Patienten. Das nachgeschaltete druckinduzierende Banding funktioniert am besten bei fehlenden (großkalibrigen) Seitenästen und ist daher besonders bei Vorverlagerung, Transposition und Transplantation eines (dadurch notabene seitenastfreien) Shuntvenensegments wirksam.
In vielen Fällen ist eine spontane oder durch die Staubinde beim Venentraining intermittierende Druckerhöhung ausreichend. In geeigneten Fällen kann ein proximales Banding wie beschrieben in die strategische Shuntplanung einbezogen werden. Wie immer man mögliche Einzelmaßnahmen bewertet, wir halten die grundsätzliche Hinterlegung Shunt-chirurgischer Entscheidungen mit der beschriebenen Kausalpathogenese des Remodeling für entscheidend. Die Druckinduktion einer hypertrophen Dilatation ist dabei eine spontane oder in geeigneten Fällen iatrogene strategische Option. Eine weitere ist die Maxime, die Freipräparation von nativer Vene in allen Varianten (zur Transposition, als Interponat oder Patch) zu minimieren und, soweit möglich, arterialisierte Vene(nwand) hierfür zu bevorzugen. Weitere Techniken dieser Strategie wurden in den vorigen Kapiteln und früherer Literatur (Krönung 2016) beschrieben, die zu einer breiten Palette vorwiegend autologer Shunt-spezifischer Operationstechniken führt.
Die permanent wiederholte Forderung, autologe Verfahren alloplastischen so lange wie möglich vorzuziehen, macht nur Sinn, wenn eine entsprechend große Palette autologer Shunttechniken etabliert zur Verfügung steht. Genau diese breite Palette liefert der Ansatz, das Remodeling nicht als lästiges Übel, sondern als Chance anzusehen, einen optimalen Gefäßzugang induktiv zu realisieren. Eine diesbezüglich Shunt-spezifische Nomenklatur wäre Indiz und Voraussetzung für die notwendige Deskription der Substratbeurteilung, der Differenzialindikation induktiver und reparativer Maßnahmen und des Shuntmonitoring in der täglichen Anwendung und Kommunikation.

Erfolgswahrscheinlichkeit versus Chancenverzicht

Ein wesentlicher Parameter für jede Operation ist die Erfolgswahrscheinlichkeit. In der reparativen Ereignischirurgie beispielsweise einer Karotis- oder Leistenbruchoperation wird die Wiederherstellung einer bestimmten Struktur/Funktion angestrebt, wobei immer das Verfahren mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit zu wählen ist.
Im Gegensatz hierzu ist die Shuntchirurgie eine induktive Prozesschirurgie, die metachron dilatierte oberflächliche, gut punktierbare Venen(prothesen)segmente mit hohem Blutfluss induzieren (implantieren) und erhalten soll. Hierfür steht ein limitierter Venenpool zur Verfügung, der möglichst langsam retrograd verbraucht werden kann und muss. Im Gegensatz zur reparativen Ereignischirurgie ist die zu operierende Struktur nicht vorgegeben, es kann meist zwischen mehreren Venen gewählt werden. Damit verlagert sich, insbesondere beim Patienten mit wenig Shunt-geeigneten Venen, die Frage von der Erfolgswahrscheinlichkeit zum Chancenverzicht: Darf (soll) auf eine z. B. (nur) 50 %ige Chance, mit einer mäßig geeigneten Vene einen guten Shunt zu entwickeln, verzichtet werden? Diese Frage ist regelhaft mit nein zu beantworten. Daher ist in der Shuntchirurgie im Kontext einer langfristigen Planung mit retrogradem Gefäßverbrauch im Einzelfall auch eine niedrigere Erfolgswahrscheinlichkeit sinnvoll, um den gesamten Venenpool auszunutzen und in der Summe eine möglichst lange Gesamt-Shuntfunktionszeit zu erreichen.

Der ideale Shunt

Die ideale Shuntvene ist eine langstreckig kräftigkalibrige, kosmetisch unauffällige, gut zu punktierende arterialisierte Shuntvene mit ausreichender Förderkapazität ohne hämodynamische Komplikationen mit langer Funktionsdauer und ohne Revisionen, eine in dieser Kombination eher seltene Konstellation. Anatomische Varianten, Remodelingprozesse und verschiedene chirurgische Techniken führen im Einzelfall zu sehr variablen Shuntformen und -funktionen, die einer ebenfalls sehr variablen Bewertung durch die verschiedenen Beteiligten unterliegen. Im Einzelfall kann ein kurzes dilatiertes Shuntvenensegment jahrelang problemlos die Dialysetherapie gewährleisten und eine zunächst gut geeignet scheinende Shuntvene zu dauernden Komplikationen führen. Beim älteren Patienten mit einem Malignom und vorhersehbar kurzer Lebenserwartung mit mäßigem Venenstatus ist unter Umständen ein primärer Prothesenshunt optimal, der beim jüngeren Patienten kontraindiziert ist.
Es gibt ein Fließgleichgewicht zwischen einer „normalen Anatomie“ (mit mehreren shuntgeeigneten Venen) eher zu Beginn der Dialysetherapie bei Neuanlage und Revision auf der einen Seite und einer ungeeigneten Anatomie oder zunehmendem Gefäßverbrauch nach vielen Jahren Dialysetherapie auf der anderen Seite. Im ersten Fall lassen sich bei Neuanlage und Revision Standards, wenn auch im Einzelnen noch kontrovers diskutiert, formulieren. Je mehr man sich der anderen Seite nähert braucht es Flexibilität, Erfahrung, sich Einlassen auf Substrat- und Remodelingprozesse, das Bemerken spontaner, oft intelligenter Körperlösungen (protektive Stenose, Plusentgleisung), die oft besser gesteuert, unterstützt, oder dosiert korrigiert als bekämpft werden müssen. Der optimale Shunt gewährleistet mit dem geringsten möglichen Aufwand und Gefäßverbrauch die Dialysetherapie aktuell in der Vernetzung mit allen konkreten Einzelbedingungen aller Beteiligten und kann sich morphologisch in weiten Grenzen bewegen. Die intendierte Realisierung eines morphologisch wie auch immer imaginierten idealen Shunts im Einzelnen muss sich diesem Gesamtkonzept nachrangig unterordnen.

Aktuelle Entwicklung

Seit ca. 2 Jahren wird die interventionelle Anlage autologer Gefäßzugänge klinisch erprobt. Hierbei werden z. B. 2 Spezialkatheter per punktionem in einer Armarterie und einer benachbarten Vene exakt so gegenüber (beispielsweise mit Hilfe zweier eingebauter Magnete) platziert, dass ein auslösbar vorspringender heißer Draht ein Loch in beide Gefäße schneidet und diese durch die hitzeinduzierte Kolliquation so verschweißt, dass eine (regelhaft) stabile und dichte arteriovenöse Fistel zwischen beiden Gefäßen etabliert wird. Weitere Modifikationen werden von anderen Arbeitsgruppen entwickelt. Entscheidender biologischer Vorteil ist die fehlende segmentale Freilegung (Devaskularisation) der beteiligten Gefäße. Diese stellt seit Beginn der autologen Shuntchirurgie eine klassische Komplikationsursache dar, z. B. als postanastomotische Stenose durch den persistierenden Spasmus und die Sklerosierung des devaskularisierten Venensegments mit sekundärer Intimahyperplasie.
Welche Nachteile müssen bei diesem Prozedere in Kauf genommen werden? Es können nur anatomisch dicht benachbarte Gefäße, das heißt keine shunttypischen oberflächlichen Armvenen direkt anastomosiert und arterialisiert werden. Notwendig ist ein nicht unerhebliches Punktionstrauma von Arterien und tiefen Venen eventuell mit zusätzlich notwendigem Venencoiling zur Vermeidung einer unerwünschten venösen Drainage. Diese Vorgehensweise bedeutet eine nicht vermeidbare Vermischung von Shuntkreislauf und Körperkreislauf, die grundsätzlich nicht unproblematisch ist und von uns bisher strategisch immer bewusst vermieden wurde. Wie einfach und sicher kann präoperativ eine suffiziente Kollaterale detektiert werden, die mit welcher Wahrscheinlichkeit die Drainage in die gewünschte oberflächliche punktionsgeeignete Vene und damit deren Maturierung realisiert? Wer wendet dieses Verfahren an? Der rein technische Vorgang eröffnet dies Prozedere eigentlich jedem interventionell Tätigen (Gefäßchirurg, Radiologen, Kardiologen, Angiologen etc.) Dies führt weiter zu der Frage: Wie weit spielt bei der jeweiligen interventionellen Shuntanlage eine shuntspezifische Prozesserfahrung bezüglich Gefäßauswahl, Topographie und zu erwartender Remodeling Prozesse (noch) eine wesentliche Rolle? Dokumentierte Langzeitberichte mit Ausgangsmapping, angewandter Technik, Entwicklung, Qualität und Funktionszeiten punktionsgeeigneter Shuntvenensegmente, Komplikationstypen und notwendige Revisionsmuster sollten in Zukunft über Einsatz und Weiterentwicklung dieser Methode entscheiden.

Zukünftige Entwicklung

Alle Gefäßzugänge für die Hämodialyse (Shunts, Katheter, Ports) lassen sich bezüglich der benutzten Gefäße und der Zugangstechniken mit den 8 Gegensatzpaaren beschreiben, aus deren Kombinationen sich alle Möglichkeiten eines Gefäßzuganges ergeben (Krönung 2016):
  • Kleinkalibrig – großkalibrig
  • Oberflächlich – tief
  • Gefäß in situ – Gefäß transponiert/transplantiert
  • Körpereigenes Gefäß – Fremdgefäß
  • Intermittierende Hautperforation – permanente Hautperforation
  • Einfache Punktion – Seldinger-Punktion
  • Venöse Dränage – arterielle Dränage
  • Venöser Zufluss – arterieller Zufluss
Alle Kombinationen wurden bis heute meist mehrfach realisiert. Ein grundsätzlich neuer Lösungsansatz scheint nicht formulierbar.
Wesentlich für die witere Entwicklung sind ein besseres Verständnis und die Steuerung des Remodeling, wie beispielsweise die Induktion und der Erhalt einer hypertrophen Dilatation der Shuntvene. Die myointimale Hyperplasie beim Prothesenshunt ist weiter zu reduzieren, wie schon jetzt durch einen venösen Mündungstrichter auch durch Minimierung der venösen Devaskularisation oder die Entwicklung einer Prothese mit Querelastizität zum Abpuffern der Pulswelle (anstelle der zurzeit verfügbaren, biologisch wertlosen Längselastizität).
Der Aufwand zur Herstellung von Bioprothesen im Vergleich zur druckinduzierten, biologisch deutlich überlegenen hypertrophen Venendilatation legt die primäre Kultivierung der Letzteren nahe.
Geklonte Venen von ähnlicher Qualität wie die körpereigenen Venen würden die Limitierung des Venenpools aufheben und könnten einen großen Fortschritt bedeuten, zumindest bis zur Verfügbarkeit von geklonten Nieren.

Schlussbemerkung

Shuntchirurgie bedeutet die Induktion einer autologen oder die Implantation einer alloplastischen, in der Evolution nicht vorgesehenen Struktur: Ein oberflächlich verlaufendes, kräftigkalibriges, gut zu punktierendes Gefäß mit hohem Fluss möglichst im Niederdruckkompartment als neues „Gefäßzugangsorgan“. Wie ausführlich dargestellt, liegt das größere Funktions-und Entwicklungspotenzial eindeutig bei den autologen Varianten. Das Schlüsselkonzept für deren Induktion scheint die evolutionäre Fehlbelastung des „Niederdruckschlauchs“ Vene durch eine intraluminale Druckerhöhung, realisiert durch die topographische Trennung von arteriellem Leck und nachgeschalteter korrigierender Stenose. Als Substrat steht für beide Varianten ein bei jedem Patienten qualitativ und quantitativ unterschiedlich strukturierter, limitierter Pool an geeigneten Förderarterien, Punktions- und Drainagevenen sowie ein unbegrenzter Prothesenpool zur Verfügung. Viele zu berücksichtigende Einzelfaktoren, viele Beteiligte, komplexe morphologische und funktionelle Substratänderungen (Remodeling) einer induktiven Prozesschirurgie, zunehmender Gefäßverbrauch und grundsätzlicher Zeitdruck durch die intermittierend notwendige Dialyse machen die Shuntchirurgie innerhalb der Gefäßchirurgie zu einer eigenständigen, anspruchsvollen Disziplin mit großer indikatorischer und technischer Variationsbreite und schwieriger Standardisierbarkeit.
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