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Gefäßmedizin bei Kindern und Heranwachsenden

Verfasst von: George Hamilton und Eike Sebastian Debus
Gefäßerkrankungen können Frühgeborene, Säuglinge, Neugeborene, Kinder und Jugendliche betreffen. Mit der sehr seltenen Ausnahme der juvenilen Arteriosklerose, u. a. bei familiärer Hyperlipidämie und Progerie, sind die Ursachen von Gefäßerkrankungen im Kindesalter kongenital oder entwicklungsbedingt, direkt oder iatrogen traumatisch, entzündlich und infektiös oder aber mit vaskulären Malformationen oder Tumoren assoziiert. Diese Erkrankungen sind auch bei Kindern vergleichsweise selten. Sie stellen immer eine Herausforderung dar, da der Umgang mit den schmalen Gefäßkalibern besondere Sorgfalt und Expertise für den Gefäßspezialisten erfordert. Gefäßerkrankungen bei Kindern und deren Therapie werden in diesem Kapitel beschrieben.

Einleitung

Gefäßerkrankungen können Frühgeborene, Säuglinge, Neugeborene, Kinder und Jugendliche betreffen. Mit der sehr seltenen Ausnahme der juvenilen Arteriosklerose, u. a. bei familiärer Hyperlipidämie und Progerie, sind die Ursachen von Gefäßerkrankungen im Kindesalter kongenital oder entwicklungsbedingt, direkt oder iatrogen traumatisch, entzündlich und infektiös oder aber mit vaskulären Malformationen oder Tumoren assoziiert. Diese Erkrankungen sind auch bei Kindern vergleichsweise selten. Sie stellen immer eine Herausforderung dar, da der Umgang mit den schmalen Gefäßkalibern besondere Sorgfalt und Expertise für den Gefäßspezialisten erfordert. Gefäßerkrankungen bei Kindern und deren Therapie werden in diesem Kapitel beschrieben.

Spezielle Aspekte bei Kindern

Anatomische Besonderheiten der Arterien und Venen

Die größte Herausforderung für die Behandlung von Gefäßerkrankungen der Kinder ist der schmale Durchmesser der Gefäße, insbesondere bei Frühgeborenen und Säuglingen. Der durchschnittliche Durchmesser der Arterien von Frühgeborenen bis hin zu Jugendlichen, die am häufigsten einer operativen Behandlung bedürfen, kann bei der Femoralarterie <1–7,5 mm bei 18 Jahren betragen (Tab. 1).
Tab. 1
Durchschnittliche Arteriendurchmesser in Abhängigkeit zum Alter. (Aus Sarkola et al. 2012)
Arterie
Durchmesser bei Geburt
Durchmesser mit 18 Jahren
Arteria Carotis communis
2 mm
5 mm
Arteria brachialis
1 mm
3 mm
Arteria radialis
0,7 mm
1,8 mm
Arteria femoralis
1,5 mm
7,5 mm
Arteria tibialis posterior
0,7 mm
1,8 mm
Gefäßspezialisten verfügen heute über ein sehr ausgefeiltes Armamentarium, um Katheter-basierte Eingriffe bis hin zu offen chirurgischen Eingriffen durchzuführen. Dennoch besteht ein Mangel an Materialien für schmale Durchmesser, die bei Neugeborenen oder kleinen Kindern angewandt werden können. Generell stellen Arterien mit einem Durchmesser von <2 mm die größten Herausforderungen sowohl für Katheter-basierte als auch für offene chirurgische Eingriffe dar. Wenn solche Eingriffe in Betracht gezogen werden müssen, ist die Kenntnis des vermutlichen Durchmessers der zu behandelnden Arterie und des äußeren Durchmessers der Vorrichtungen wichtig. Die Maßeinheit orientiert sich an der französischen Charriere-Skala (Abb. 1).

Anastomotische Faktoren

Anastomose n bei Gefäßdurchmessern von <2 mm sind Herausforderung für nicht-spezialisierte Gefäßchirurgen, ausgenommen diejenigen, die sich einem mikrovaskulären Operationstraining unterzogen haben. Bei Gefäßanastomosen – sowohl arteriell zu arteriell als auch venös zu arteriell – wird das Gefäß mit dem Kind wachsen. Daher ist eine Einzelnahttechnik erforderlich, die typischerweise mit feinem Nahtmaterial (7/0 und höher) durchgeführt wird. Im Allgemeinen sind die Nähte nicht absorbierbar; sie bestehen meist aus Polypropylen (Prolene). Eine Alternative besteht jedoch in der Anwendung von Polydioxanon oder absorbierbarem PDS zur Anwendung in solchen autologen Anastomosen in fortlaufender oder Einzelknopfnahttechnik. Angeschrägte End-zu-End-Anastomosen bieten eine optimale Möglichkeit, um nachfolgende Stenosen durch intimale Hyperplasie zu minimieren und so den Blutfluss zu optimieren. Für diese schmalen Gefäßanastomosen ist eine Lupenvergrößerung oder die Zuhilfenahme eines Operationsmikroskops notwendig, um die Ergebnisse zu verbessern.

Die Wahl des Conduits für den Bypass

Rekonstruktive Bypassoperationen bei Kindern, besonders Säuglingen, stellen ein spezielles Problem hinsichtlich der Wahl des Conduits dar. Wann immer möglich, sollten autologe Conduits verwendet werden, zum Beispiel die Vena saphena magna (VSM) für die iliakale und femorale Bypassrekonstruktion, oder die Arteria Iliaca interna für die segmentale Rekonstruktion der Nierenarterien. In bestimmten Situationen (s. u.), gibt es keine andere Option als die Anwendung eines prothetischen Conduits wie Dacron oder ePTFE. Prothetische Grafts besitzen einen minimalen Durchmesser, meist 3 mm und mehr und sind haltbar. Solche Grafts funktionieren langfristig zuverlässig bei älteren Kindern von 10 bis 12 Jahren, insbesondere bei rekonstruktiven Eingriffen von Gefäßen großen Durchmessers wie Aorta oder die iliakalen Arterien. Die Anwendung prothetischer Grafts bei jüngeren Kindern kann jedoch bei Jugendlichen potenziell mit dem Risiko von Revisionseingriffen verbunden sein, wenn das Kind aus dem Graft herauswächst. Die VSM ist dagegen ein autologes Conduit und aufgrund seiner guten Längen- und Durchmesserkongruenz in jedem Alter ein ideales Conduit zum Beispiel für renale oder mesenteriale Bypässe. Leider besteht im abdominellen Bereich über die Jahre ein signifikantes Risiko einer Dilatation, was nach Verwendung der VSM mit einem bis zu 10 %-igen Risiko der aneurysmatischen Degeneration und der Notwendigkeit einer späteren Rekonstruktion verbunden ist. Wo es die klinische Situation erlaubt, gibt es den interessanten (aber wenig erforschten) Ansatz, eine VSM durch Anastomosierung mit den Femoralarterien zunächst in-Situ zu arterialisieren und somit eine stromabwärts gerichtete arteriovenöse Fistel herzustellen. Nach einer Periode von 6–12 Wochen der arteriellen Reifung kann die VSM dann entfernt und für die Rekonstruktion speziell der iliakalen Arterien und möglicherweise auch der renalen und mesenterialen Gefäße verwendet werden (Professor Malcom Sims, Birmingham, persönliche Auskunft).
Aufgrund dieser und weiterer komplexer Gegebenheiten ist es äußerst wichtig, die Planung der Revaskularisierung von multidisziplinären Teams durchzuführen, die alle Optionen – auch endovaskulär – berücksichtigen, um das Ergebnis für jedes Kind individuell zu optimieren. Diese Erwägungen haben zu einer Strategie in der eigenen Klinik geführt, die eine endovaskuläre Behandlung als die erste Option bei Kindern unter 10 Jahren vorsieht, für die autologe Conduits nicht verfügbar sind. Das dann wahrscheinliche, künftige Erfordernis einer späteren endgültigen (und dann langlebigen) operativen arteriellen Rekonstruktion mit prothetischen Grafts, sobald das Kind älter als 12 Jahre ist, wird in Kauf genommen.

Evaluation und Untersuchung

Es gibt spezifische Besonderheiten in Bezug auf die klinische Versorgung im pädiatrischen und jugendlichen Setting. Sie beginnen damit, dass die Versorgung in einer familienzentrierten Einrichtung angeboten werden sollte. Es muss eine vertrauensvolle Partnerschaft zwischen den Spezialisten, der Institution und der Familie aufgebaut werden, um das allgemeine Wohlbefinden des Kindes während der Einschätzung, der Untersuchung, der Behandlung und Erholung sicherzustellen. Eine qualitätsbasierte Versorgung benötigt eine angemessene Infrastruktur und allgemeine pädiatrische Unterstützung, um die optimale Versorgung während der Einweisung, Untersuchung, Behandlung und Erholung bieten zu können (Baskin et al. 2011; Heran et al. 2010).
Nach vollständiger klinischer Beurteilung durch speziell erfahrene Gefäßmediziner sollten nicht-invasive vaskuläre Untersuchungen folgen. Ambulanzen mit modernem ultraschallbasierten non-invasivem Equipment werden in Gefäßzentren regelmäßig vorgehalten. Die besten und akkuratesten Befunde werden generiert, wenn die Untersucher in non-invasiver arterieller und venöser Diagnostik erfahren und trainiert sind. Offensichtlich liegt eine solche Expertise überwiegend für die erwachsene Bevölkerung vor, da pädiatrische Gefäßerkrankungen auch in Gefäßzentren eine Rarität darstellen. Eine optimale Diagnostik und klinische Einschätzung ist jedoch Voraussetzung für die Einleitung einer Therapie und sollte daher in speziellen pädiatrisch-gefäßchirurgischen Einrichtungen zentralisiert erfolgen.
In den meisten Situationen ist eine einfache, non-invasive Einschätzung ausreichend. Wenn jedoch ein Eingriff in Betracht gezogen wird, sind detailliertere bildgebende Untersuchungen wie CT oder MRT-Scans erforderlich. Nur selten ist eine Katheter-gestützte Angiografie oder Venografie erforderlich.
Aufgrund der erforderlichen Compliance und des Patientenkomforts speziell bei Säuglingen, Neugeborenen und jüngeren Kindern muss eine tiefe Sedierung oder Allgemeinanästhesie für derartige invasive Untersuchungen in Betracht gezogen werden. Auch hier ist eine angemessene Expertise von Gefäßspezialisten, interventionellen Radiologen und Anästhesisten erforderlich. Für diese weiterführenden Untersuchungen haben sich das MRT und die Gadolinium-basierte MR-Angiografie zur Untersuchung der Wahl bei Kindern entwickelt. Die Fortschritte der Bildgebungsprotokolle liefern qualitativ sehr hochwertige Bilder der meisten Gefäße, die mit der CT-basierten Angiografie vergleichbar sind. Insbesondere die Darstellung von Gefäßen schmaleren Durchmessers wie die Einschätzung der segmentalen Nierenzirkulation ist noch immer eine Domäne der MR-Angiografie. Die CT-Angiografie bietet dagegen eine exzellente Darstellung sowohl der großen als auch der mittleren Blutgefäße mit dem weiteren Vorteil der Möglichkeit der 3D-Angiografie. Sofern feinere Details von Gefäßen mittleren bis kleinen Kalibers dargestellt werden müssen, bleiben die Katheter-basierte Angiografie und Venografie die Untersuchungen der Wahl. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine endovaskuläre Behandlung indiziert ist.
Ein perkutaner vaskulärer Zugang ist anspruchsvoll, speziell bei Neugeborenen und Säuglingen, Daher sollte die Punktion Ultraschall-gesteuert erfolgen. Um das Risiko einer retroperitonealen Blutung zu minimieren, ist eine Punktion unterhalb des Leistenbandes wichtig. Eine Mikropunktion mithilfe eines sehr feinen Nitinoldrahts mit flexibler Spitze ist Standard, und die dünnste Nadel und das feinste Kathetersystem sollten Verwendung finden. Flexible Plastikkanülen sind mit einem geringeren Risiko intimaler Verletzungen verbunden, obwohl deren Handling technisch schwieriger ist. Der routinemäßige Gebrauch von Schleusen wird empfohlen, speziell wenn Katheterwechsel bei interventionellen Eingriffen erforderlich sind. Der kleinstmögliche Katheterdurchmesser sollte – idealerweise vorgeformt – verwendet werden, wobei Ch-3-Katheter für Kinder <10 kg und Ch-4-Katheter für Kinder >10 kg Verwendung finden. All diese Prozeduren werden durch systemische Heparinisierung unterstützt.

Iatrogene Gefäßverletzung

Die am häufigsten betroffenen Gefäße sind die femoralen und iliakalen Arterien. Nach tiefen Leistenpunktionen können Verletzungen der tiefen Gefäße auftreten und es besteht ein erhöhtes Risiko arteriovenöser Fisteln. Die Komplikationsraten für pädiatrische Gefäßeingriffe sind generell niedrig, jedoch ist die Gefahr bei kleineren Kindern erhöht, speziell bei Kindern unter 15 kg. Während das Gesamtrisiko der Zugangskomplikationen bei Erwachsenen <1 % liegt, wird bei pädiatrischen Kollektiven über ein Risiko von 7–10 % berichtet, speziell bei Säuglingen und Neugeborenen. Komplikationen entstehen durch die Punktion des Gefäßes, was lokale Verletzungen, Hämatome, Thrombosen und/oder Okklusionen, Dissektionen, Pseudoaneurysmen und, wie vorher berichtet, die Bildung von arteriovenösen Fisteln beinhalten kann. Komplikationen unter Ausbildung intimaler Traumata, Dissektionen oder Wandperforationen können außerdem von der Punktionsstelle entfernt durch Katheter- und Drahtmanipulation auftreten.
In einer großen Serie von 1674 Katheterisierungen an 1431 Kindern analysierten Lin et al. (2001) 36 Eingriffe, die aufgrund vaskulärer Komplikationen nötig waren. Sie stellten fest, dass das Risiko für das Auftreten von AV-Fisteln und Pseudoaneurysmen mit 0,3 % insgesamt zwar niedrig war, jedoch bei Kindern unter 3 Jahren mit erhöhtem Risiko verbunden war, speziell wenn Schleusen größer als 6 French angewendet wurden und bei einer erhöhten Anzahl an Eingriffen. Sie stellten ebenfalls fest, dass die meisten Komplikationen asymptomatisch waren und dass bis zu 80 % dieser Komplikationen spontan innerhalb von 3 Monaten abheilten. Von den 36 Eingriffen waren fast alle offene Interventionen. Die häufigste Indikation war eine akute Ischämie der unteren Extremitäten. Eine chronische Ischämie trat bei 7 der 36 Patienten auf und erforderte eine Bypassanlage, entweder iliofemoral, femoral-femoral oder eine Patchangioplastie. Pseudoaneurysmen (n = 4), arteriovenöse Fisteln (n = 5) und Leistenhämatome (n = 5) erforderten ebenfalls eine Operation. (Lin et al. 2001).
Eine weitere wichtige Beobachtung ist, dass das Thromboserisiko in der pädiatrischen Population mit 8–10 % höher ist. Dieses Risiko steigt bei kleineren Kindern auf 16 % an und wird in bis zu 39 % berichtet, wenn größere Schleusen verwendet werden. Eine signifikante Komponente stellen Vasospasmen dar, die jedoch durch Vasodilatoren – typischerweise Nitroglycerin in einer Dosis von 1–3 ug/kg i.v. – rasch gelöst werden können. Dieses Prozedere wie auch die systemische Heparinisierung in einer Dosis von 75–100 IU/kg während des Eingriffs sind Routine in den meisten Zentren (Heran et al. 2010).

Akuter arterieller Verschluss

Ein akuter arterieller Verschluss kann unmittelbar während eines Eingriffes erkannt werden, kann sich aber auch erst innerhalb einiger Stunden nach Rückkehr des Kindes auf die Station zeigen. Der Schlüssel im Management ist die sofortige intravenöse Antikoagulation, anfänglich mit unfraktioniertem Heparin. Jeder Katheter muss umgehend entfernt werden, unter Vermeidung von unangemessenen Druck an der Punktionsstelle. Die betroffene Gliedmaße sollte warmgehalten werden, eine systemische Behandlung zur Vermeidung jeglicher Dehydration oder Behandlung pro-thrombotischer Situationen wie Polyzythämie sollte prompt angeordnet werden. Eine wiederholte und sorgfältige klinische Untersuchung eines möglichen Wiederauftretens der arteriellen Perfusionsstörung sollte erfolgen. Falls nach einer Periode von 4–6 h nach der Heparinisierung keine signifikante Verbesserung mit Persistenz der kritischen Ischämie eintritt, sollte eine fibrinolytische Behandlung in Erwägung gezogen werden. Dies kann mithilfe von gewebespezifischen Plasminogenaktivator (tPA) oder Urokinase, beides von äquivalenter Wirkung, erreicht werden. Eine systemische Fibrinolyse bei Frühgeborenen birgt ein signifikantes Risiko zerebraler Blutungen, deshalb sind die Selektion und das Monitoring von großer Wichtigkeit. Sollte das Risiko einer ausgedehnten systemischen Blutung bestehen, ist die Katheter-gestützte low-dose-Thrombolyse eine weitere Option, mit dieser niedrigen Dosierung (0,01–0,05 mg kg/h tPA oder 1000–3000 kg/h Urokinase) das Risiko einer systemischen Proteolyse und Blutung signifikant zu senken. Es ist wichtig, sich über den mangelhaften Koagulationszustand des Neugeborenen im Klaren zu sein. Dieser ist durch eine unreife Antikoagulationsreaktion mit einem Mangel an Antithrombin III, Protein C und Protein S charakterisiert. Deshalb birgt jedes Neugeborene ein spezifisches Thromboserisiko bis diese Abnormitäten gemessen und ausgereift sind. Die wichtige Konsequenz ist, dass das Management der fibrinolytischen Therapie bei Neugeborenen und jungen Kindern multidisziplinär sein sollte, unter Einbeziehung eines Neonatologen oder erfahrenen Pädiaters und der Hämatologie. Das sorgfältige Monitoring von Fibrinogen während der Behandlung, ggf. mit dessen Ersatz, ist ebenfalls wichtig, siehe nachfolgende.
Kontraindikationen der Thrombolyse, die in Abhängigkeit von der klinischen Situation als absolut oder relativ gelten
  • Eine große Operation oder Blutung innerhalb von 7 Tagen vor der Therapie
  • Ein invasiver Eingriff innerhalb von 3 Tagen vor der Therapie
  • Krampfanfälle innerhalb von 48 h vor der Therapie
  • Frühgeburten vor Ende der 32 Schwangerschaftswoche
  • Septikämie
  • Aktive Blutungen
  • Thrombozyten <50 – 100.000 / Mikroliter
  • Fibrinogen <1 g/l
Innerhalb pädiatrischer Zentren steigt die Erfahrung mit systemischen und Katheter-basierten lokalen fibrinolytischen Therapien. In der Literatur sind dazu nur wenige Ergebnisse zu finden. In einem Bericht wurde jedoch bei 7 von 10 Frühgeborenen eine erfolgreiche Revaskularisierung bei Neugeborenen erreicht, ein Kind verlor einen Finger, eine Unterschenkelamputation und eine Kniegelenkexartikulation waren erforderlich (Ade-Ajayi et al. 2008). Ein weiteres Review, das Ergebnisse aus den letzten zwei Dekaden zusammenfasst, berichtet über Ergebnisse in einem recht großen Patientenkollektiv, das von Neugeborenen bis Jugendlichen reicht (Williams 2009). Eine vollständige und partielle Lyse wurde hier in 50 % bis zu über 80 % erreicht.
Kinder und speziell Neugeborene weisen ein wesentlich höheres Potenzial auf als Erwachsene, rasch eine Kollateralzirkulation zu entwickeln. Neugeborene mit akuter arterieller Okklusion einer Iliakalarterie können so effektiv eine Kollateralisierung entwickeln, dass sie asymptomatisch sind. Nur bei einer Minderheit ist eine weitere Intervention notwendig, wenn eine persistente akute Ischämie noch nach 24 h nachweisbar ist. Wo jedoch eine adäquate Perfusion wiederhergestellt ist, ist ein konservatives Management unter Einsatz eines limitierten Antikoagulationszeitraums gerechtfertigt. Wenige Kinder, etwa 10 %, bilden im Verlauf der Entwicklung eine Beinlängendifferenz aus oder leiden an einer Claudicatio. Die Mehrheit jedoch wird aufgrund des beeindruckenden Potenzials der Kollateralisierung keine Funktionseinschränkungen aufweisen (Nehler et al. 1998). Im Ergebnis dieser zwei möglichen Resultate gehen die Meinungen hinsichtlich der Behandlung des akuten Verlustes des Femoralispulses nach einer Katheterisierung auseinander: die frühe operativen Korrektur steht einer sorgfältigen nicht-operativen Beobachtung entgegen. In der überwiegenden Mehrzahl wird jedoch eine konservative Behandlung empfohlen, vorausgesetzt, es liegt keine kritische Ischämie vor. Die konservative Behandlung ist insbesondere bei Frühgeborenen, Neugeborenen und Säuglingen angezeigt, wo die sehr schmalen Gefäßdurchmesser eine technische Herausforderung für den Operateur darstellen und mit einem signifikanten Risiko mangelhafter Langzeitergebnisse nach Bypassversorgung verbunden sein können. Aufgrund des hohen Potenzials für die Ausbildung einer suffizienten Kollateralisierung kann auch im Rahmen einer sorgfältigen Nachbeobachtung eine spätere arterielle Rekonstruktion erfolgen, wenn Beinlängendifferenzen zu befürchten sind oder im weiteren Verlauf eine Claudicatio auftritt.
Bei akuten arteriellen Verletzungen distal der Femoralarterie ist – außer bei einer arteriovenösen Fistel – eine zeitlich limitierte Antikoagulation in den meisten Fällen ausreichend. Falls jedoch eine persistierende arterielle Minderdurchblutung auftritt, kann eine notfallmäßige Exploration der Femoralgefäße mit vorsichtiger Ballon-Thrombektomie und der Reparatur eines Intimaschadens erforderlich sein. Sofern der Intimaschaden Fluß-limitierend bleibt oder eine schwerwiegendere Gefäßverletzung vorliegt, kann eine VSM-Rekonstruktion notwendig sein. Alternativ kann eine venöse Patchplastik zum Arteriotomieverschluss erforderlich sein. Thrombektomien (Embolien sind bei Kindern selten, außer bei Neugeborenen mit Down-Syndrom, die zu Septaldefekten und einem erhöhten Hämatokrit neigen) haben größeren Erfolg bei älteren Kindern mit größeren Arterien. Kinder unter einem Alter von 2 Jahren weisen dagegen schlechtere Resultate auf. Bei Neugeborenen oder Frühgeborenen, bei denen eine kritische Ischämie mit einem Verschluss der Iliakal- oder Femoralarterie persistiert, sollte jedoch eine Revaskularisierung mithilfe eines VSM-Grafts in Betracht gezogen werden. In dieser Altersgruppe haben die Arterien einen Durchmesser zwischen 1 und 2 mm, und eine mikrovaskuläre Expertise ist wichtig. Falls eine solche Expertise bei den Gefäßspezialisten einer Institution nicht verfügbar ist, kann sie alternativ durch rekonstruktive plastische Chirurgen erstellt werden. Wie bei allen erfolgreichen Revaskularisierungen bei akuter arterieller Ischämie ist eine Fasziotomie erforderlich, idealerweise unter Einsatz einer lockeren subkutanen Naht in Antizipation des späteren Wundverschlusses, um eine zweite Narkose für ein Meshgraft zu vermeiden.

Chronischer arterieller Verschluss

Nach akuter perinataler arterieller Verletzung, entwickeln durchschnittlich eines von drei Kindern <5 Jahren eine signifikante Stenose oder einen Gefäßverschluss. Diese Kinder sollten von einem Gefäßspezialisten sorgfältig nachkontrolliert und regelmäßig untersucht werden. Eine Claudicatio, speziell bei jüngeren Kindern, sollte im Allgemeinen nicht toleriert werden – insbesondere, wenn das betroffene Kind von seinen Eltern als „lauf-faul“ beschrieben wird und dass es nicht gewillt sei, sich an Rennsportarten zu beteiligen. Eine weitere signifikante Komplikation ist eine Beinlängendifferenz von >2 cm. Am häufigsten betrifft der Verschluss die Arteria iliaca externa, zu einem geringeren Anteil auch die Arteria iliaca communis. In diesen Situationen wird eine Revaskularisierung mithilfe einer Bypassanlage empfohlen. Wichtig ist die Wahl des Conduits: Bei Kindern >10 Jahren werden prothetische Grafts akzeptable Resultate erzielen. Bei jüngeren Kindern jedoch ist die Verwendung der VSM, wie oben beschrieben, die zu bevorzugende Option.

Vaskuläres Trauma bei Kindern

Bei älteren Kindern und Jugendlichen kann der Mechanismus eines Gefäßtraumas sowohl stumpf als auch penetrierend sein. Bei Neugeborenen und Säuglingen ist ein vaskuläres Trauma meist iatrogen bedingt. Sowohl stumpfe als auch penetrierende Verletzungen werden häufig bei Verkehrsunfällen beobachtet.
Generell sind pädiatrische Gefäßverletzungen, die einer Intervention bedürfen, selten. Daher ist sogar in Traumazentren die vaskuläre Expertise häufig limitiert. Das Swedisch Vascular Registry (SwedVasc) berichtet in den Jahren 1987–1997 bei einer Bevölkerung von 9,5 Mio. Einwohnern von nur 34 pädiatrischen Gefäßverletzungen (Bergqvist et al. 1998).
Eines der größten Traumazentren in Hannover berichtet für einen Zeitraum von 1971–2006 von seinen Erfahrungen mit traumatischen arteriellen Verletzungen von nur 44 Kindern in einem Alter von 2–14 Jahren (Mommsen et al. 2010). In dieser Serie waren fast 98 % direkte Verletzungen der Blutgefäße dokumentiert, von denen 68 % ein stumpfes Trauma und 32 % ein penetrierendes Trauma aufwiesen. Die unteren Extremitäten waren am häufigsten betroffen, wobei penetrierende Traumata an den oberen und unteren Extremitäten in gleicher Häufigkeit vorkamen. 68 % der Rekonstruktionen beinhalteten eine direkte arterielle Reparatur. Graftinterpositionen, Patchplastiken mit Ligaturen und Bypass-Operationen wurden mit 9 % weniger häufig durchgeführt. Die primäre Amputationsrate lag bei 6,8 %, die sekundäre Amputationsrate war mit 15 % deutlich höher, wobei diese ausschließlich bei Kindern mit extensivem Weichgewebe- und Nervenschaden erforderlich wurden. Liegen extensive Weichgewebe- und Nervenschäden vor, sollte eine primäre Amputation schon vor dem Beginn einer arteriellen Reparatur in Betracht gezogen werden. Berichte über pädiatrische vaskuläre Traumata aus den Vereinigten Staaten beinhalten eine hohe Rate an Schuss- und penetrierenden Gefäßverletzungen, verglichen mit Daten aus Europa. Fatale Resultate sind bei diesen Kindern dementsprechend höher. Aufgrund der derzeitigen terroristischen Gefahren werden europäische Gefäßspezialisten in Zukunft häufiger mit derartigen Traumata konfrontiert werden. Die Einschätzung solcher schweren pädiatrischen Traumata muss durch ein erfahrenes Team unter Nutzung der klinischen Expertise, unterstützt durch Dopplersonografie und Notfall-CT-Angiografie durchgeführt werden.

Verletzungen der Extremitäten

Die meisten pädiatrischen Extremitätenverletzungen mit vaskulärer Beteiligung entstehen bei Frakturen mit Angulationen oder Gefäßkompression im Bruchspalt. Sie sind mit Vasospasmen verbunden. Eine frühzeitige Einbeziehung eines Gefäßspezialisten ist in diesen Fällen wichtig. Das vorrangige Prinzip besteht in der Reposition der Fraktur. Dann ist eine klinische Einschätzung der arteriellen Perfusion durch den erfahrenen Gefäßspezialisten erforderlich, um das Ausmaß der Gefäßverletzung zu beschreiben und zu definieren, wo noch ein Puls tastbar ist. Dies erfolgt unter zu Hilfenahme der Dopplersonografie, seltener auch der CT-Angiografie. Die alleinige Beschreibung eines Vasospasmus als einzigem Grund für eine Ischämie einer Extremität ist keine ausreichende Diagnose: eine objektive Beschreibung der arteriellen Integrität ist essenziell. Suprakondyläre Frakturen sind der häufigste Grund für eine Gefäßverletzung bei Kindern. Sie entsteht durch Kompression im Bruchspalt, durch Gefäßangulation oder direkte Lazeration durch gezackte, scharfe Knochenkanten. Bis zu 15 % dieser Frakturen sind durch begleitende Gefäßverletzungen kompliziert. In den meisten Fällen wird eine Reposition der Fraktur die Perfusion mit einem normalen Radialpuls sofort wiederherstellen. Ein häufiges Phänomen ist die Wiederkehr einer warmen, rosafarbenen und durchbluteten Hand, jedoch ohne fühlbaren Puls (Abb. 2). Dies führt typischerweise zu einer Gefäßkonsultation. Mit der Bestätigung einer angemessenen arteriellen Perfusion durch einen Gefäßspezialisten, ist ein „watch and wait“ Ansatz mit regelmäßigen Einschätzungen sicher. Es gibt wenig Evidenz für die Effizienz systemischer Antikoagulation, jedoch empfehlen dies viele Gefäßspezialisten für einen limitierten Zeitrahmen. Nur bei der Minderheit der Patienten, bei denen eine eindeutige und persistente Ischämie mit einer weißen, kalten Hand und Pulslosigkeit noch 2–4 h nach Frakturreposition besteht, ist eine chirurgische Exploration und Rekonstruktion notwendig. Verschiedene Autoren empfehlen ein engmaschiges Monitoring durch Dopplerbildgebung und Puls-Oxymetrie der betroffenen Hand. Ein kürzlich erschienenes Review von 404 Kindern mit der schwersten Form suprakondylärer Humerusfrakturen (Typ III) beinhaltete 68 Patienten mit akuter Gefäßverletzung. Nach Reduktion der Fraktur und Stabilisation, wiesen 63 eine rosa, pulslose Hand auf. Nur die restlichen fünf Kinder mit andauernder kritischer Ischämie unterzogen sich einer chirurgischen Exploration. Eine Wiederherstellung des Blutflusses mit einem tastbaren Radialpuls wurde so bei allen Patienten mit einem durchschnittlichen Follow-up von 8,5 Jahren festgestellt. Diese große Erfahrung untermauert die Strategie sorgfältiger vaskulärer Einschätzung nach geschlossener Reposition der Fraktur, eine engmaschige Untersuchung und Monitoring. Eine chirurgische Intervention erfolgt nur bei Vorliegen einer andauernden kritischen Ischämie (Louahem und Cottalorda 2016). Eine sorgfältige Beurteilung eines beginnenden Kompartmentsyndroms und ggf. Fasziotomie sind erforderlich – Letzteres ist jedoch nur selten notwendig.

Aneurysmatische Erkrankungen

Aneurysmatische Erkrankungen sind bei Kindern selten, können jedoch den ganzen Gefäßbaum betreffen (intrakraniale Aneurysmen werden in diesem Kapitel nicht besprochen). Die Aneurysmen folgen der allgemeinen Klassifikation (Sarkar et al. 1991):
Etwa ein Drittel der aortalen Aneurysmen, die bei Kindern vorkommen, stellen Komplikationen einer Katheterisierung der Umbilikalarterie dar. Diese zeigen sich meist innerhalb der ersten beiden Lebensjahre. Sie werden verursacht entweder durch eine Bakteriämie einer durch einen Katheter geschädigten Aorta (typischerweise auf pädiatrischen Intensivstationen) oder sekundär infolge eines superinfizierten Thrombus, was in einer Gefäßwanddestruktion und der Ausbildung eines Aneurysmas resultiert. Staphylokokkus aureus oder Staphylokokkus albus sind die häufigsten Keime, deren aortale Superinfektion typischerweise in der Ausbildung von sakkulären Aneurysmen enden kann, die ein erhöhtes Rupturrisiko bergen.
Mykotische Aneurysmen können die Komplikation einer infektiösen Endokarditis oder seltener einer Septikämie darstellen. In den Entwicklungsländern können tuberkulöse Aneurysmen (typischerweise sakkulär) bei Kindern auftreten. Zwar sind diese selten, sind dann aber meist entweder mit einer Vergrößerung von para-aortalen Lymphknoten oder hämatogener Verbreitung verbunden. In Entwicklungsländern werden Aneurysmen vermehrt als Komplikationen von Viruserkrankungen bei Immunkompromittierten Kindern und seltener bei Aspergillose beschrieben. Die Behandlung von mykotischen Aneurysmen bei Kindern unter 10 Jahren ist schwierig hinsichtlich der Wahl des Conduits. Eine einfache Ligatur kann oftmals bei Gefäßen kleinen oder mittleren Durchmessers angewandt werden, bei größeren Gefäßen jedoch, besonders der Aorta, erfolgen rekonstruktive Eingriffe mit Kunststoffprothesen oder Homografts. Parallel mit der Reparatur ist häufig eine prolongierte antibakterielle oder antituberkulöse Prophylaxe, alternativ eine gezielte antibiotische Therapie erforderlich. Langzeitergebnisse dieses Ansatzes sind kaum publiziert und basieren auf einer limitierten Anzahl an Fallberichten (Cox et al. 2013).

Aortenaneurysma

Die Hauptursache für eine aortale Aneurysmaerkrankung bei Kindern sind genetische Bindegewebserkrankungen wie das Marfan-Syndrom, Ehlers–Danlos- und das Loeys-Dietz-Syndrom. In der letzten Dekade wurden diese kongenitalen bzw. familiären Syndrome sehr stark erforscht. Neben vielen Erkenntnissen wurden auch die nicht-syndromalen Formen aortaler Erkrankungen entdeckt (Andelfinger et al. 2016). Sie betreffen meist die thorakale Aorta und werden häufig in der Kindheit oder Jugend erkannt. Die zugrunde liegende Genetik wird heute besser verstanden, insbesondere die Veränderungen in der Signaltransduktion zwischen vaskulären glatten Muskelzellen und dem Transforming Growth Faktor β (TGF-β). Drei wesentliche pathologische Mechanismen wurden identifiziert: die Störung der Kontraktilität der vaskulären glatten Muskelzellen, die Störung des TGF-β Signalwegs und die Beeinträchtigung der Synthese der extrazellulären Matrix. Die Tatsache, dass Proteine der extrazellulären Matrix und der glatten Muskelzellen direkt den TGF-β-Signalweg beeinflussen, stellt eine wichtige Schlüsselkomponente in der Entwicklung von thorakalen Aortenaneurysmen dar.
Die Details und Komplexität der Mechanismen die hier involviert sind, können an dieser Stelle nicht im Einzelnen beschrieben werden. Das frühere Verständnis des Marfan-Syndroms als eine Schwäche der extrazellulären Matrix durch einen veränderten Anteil elastischer Fasern, verbunden mit medialer Degradation durch ein defektes Gen-Fibrillin-1 erklärt diese Erkrankung nicht mehr ausreichend. Es gibt heute ein erweitertes Verständnis der TGF-β Signalkaskade und der Interaktionen mit Fibrillin-1-Mikrofibrillen. Zwei verschiedene Kaskaden (kanonisch und nicht-kanonisch) waren im Fokus vieler Studien, wie in Abb. 3 beschrieben.
Bei Kindern und jungen Erwachsenen ermöglicht die frühe Identifizierung einer syndromalen und kongenitalen Aortopathie sowohl eine präventive Behandlung, die in Veränderungen der Lebensweise, wie dem Meiden von schwerem Heben, Kontaktsportarten etc. besteht, als auch eine medizinische Behandlung. Die initiale Behandlung, die auf Betablockern fokussiert, bleibt die First-Line-Therapie. Basierend auf den Erkenntnissen der Wichtigkeit des TGF-β-Signalwegs in Mausmodellen, zeigte sich Losartan (Angiotensin II Typ I Rezeptor Antagonist) in der Lage, dem degenerativen aortalen Prozess vorzubeugen, wenn die Einnahme vor der Fragmentierung der elastischen Fasern begonnen wird. In einer großen, prospektiven randomisierten Studie zum Vergleich von Losartan versus Atenolol bei 608 pädiatrischen Patienten und jungen Erwachsenen mit Marfan-Syndrom zeigten sich nach einer Beobachtungszeit von 3 Jahren keine Unterschiede in der Aortenwurzeldilatation in beiden Gruppen (Lacro et al. 2014). Weitere Untersuchungen dauern an und werden sicherlich über den Wert von Angiotensin-Rezeptorblockern in naher Zukunft aufklären. Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Studien ist die Bestätigung, dass TGF-β ein potenzieller Biomarker für Marfan-Syndrom sein könnte und die Aneurysmaprogression mit erhöhten TGF-ß-Leveln assoziiert ist sowie mit schnellerer Dilatation der Aortenwurzel. Diese erheblichen Forschungsaktivitäten versprechen weitere wesentliche Einsichten in die Pathologie und potenzielle zukünftige Behandlungsmöglichkeiten, nicht nur für diese syndromalen, sondern auch die nicht syndromalen Aortopathien.

Vaskuläres Ehlers-Danlos-Syndrom (vEDS)

Das vEDS ist ein Syndrom, das klinisch durch dünne, durchsichtige Haut, eine auffällige Tendenz zu Hämatombildung und Fragilität der arteriellen und intestinalen Strukturen und des Uterus gekennzeichnet ist. Diese Fragilität resultiert in der Entwicklung einer Aneurysmabildung – typischerweise von mittelgroßen Gefäßen wie der Arteria subclavia oder der iliakalen Arterien – und Dissektionen der großen und mittelgroßen Gefäße. Solche vaskulären oder intestinalen Komplikationen entwickeln sich bei einem Viertel der Patienten in der späten Jugend. Sie haben eine durchschnittliche Überlebensdauer von 50 Jahren. Die zugrunde liegende genetische Abnormität ist eine heterozygote Variante im COL3A1-Gen. Kollagenanalysen von gezüchteten Fibroblasten betroffener Patienten zeigen Alterationen der Typ-III-Prokollagenproduktion und eine veränderte Mobilität der Zellen. Die derzeitige Behandlung fokussiert auf die Diagnose, Vorbeugemaßnahmen und Lebensstilveränderungen, die Vermeidung potenzieller Traumata, schweren Hebens und von Kontaktsportarten. Eine strikte Kontrolle des Blutdrucks wird ebenfalls als vorteilhaft angesehen. Es gibt eine kleine prospektive randomisierte Studie, in der die Vorteile der Behandlung mit Celiprolol, einem cardio-selektiven Betablocker mit Beta-2-Agonist-vasodilatorischen Eigenschaften, festgestellt werden konnten. Es zeigte sich eine verringerte Anzahl arterieller Ereignisse in der Behandlungsgruppe. Die Studie wurde leider nicht wiederholt, sodass dies leider bis heute der einzige Nachweis für die Effizienz von Celiprolol ist (Ong et al. 2010). Zusätzlich zu den vorher beschriebenen klinischen Eigenschaften resultiert die hohe Mortalität innerhalb der ersten beiden Lebensdekaden in der großen Mehrheit der Fälle aus spontanen Rupturen und/oder Dissektionen der großen Arterien – eine große Serie dokumentiert 60 % dieser Rupturen, die die Aorta betreffen und verantwortlich für alle Todesfälle bei jungen Männern sind (Pepin et al. 2015).

Marfan-Syndrom

Das Marfan-Syndrom ist eine erbliche Erkrankung, die autosomal dominant mit einer Häufigkeit von 1 zu 3000–10.000 vorkommt. 75 % der Erkrankten haben ein betroffenes Elternteil. Kardiovaskuläre Abnormitäten betreffen meist die Aorta ascendens, den Aortenbogen und die Aorta descendens. Die Arteria pulmonalis kann ebenfalls dilatieren, und ein Prolaps der Mitralklappe oder der Trikuspidalklappe sind typisch. Diese Abnormitäten entwickeln sich während der Kindheit, werden jedoch normalerweise erst im Erwachsenenalter klinisch manifest. Eine Untergruppe des Marfan-Syndroms – auch bekannt als neonatales Marfan-Syndrom (nMFS) – birgt eine sehr hohe Mortalität im ersten Lebensjahr von 50 %, möglicherweise sogar bis 95 %. Diese Kinder leben ohne Ersatz der Herzklappen und der Aortenwurzel nicht länger als 4 Jahre (Strigl et al. 2007).
Der pädiatrische Fokus in der Behandlung des Marfan-Syndroms liegt deshalb primär auf dem neonatalen MFS bei Neugeborenen und Säuglingen. Ein Ziel ist die frühzeitige Identifizierung der Kinder mit Marfan-Syndrom und ihre angemessene Behandlung, um die Progression der Krankheit zu mindern und so das Erwachsenenalter zu erreichen. Losartan bestätigte in einer prospektiven nicht-randomisierten Monotherapiestudie bei 20 Kindern im Alter von 12 Monaten bis 22 Jahren mit Marfan-Syndrom einen statistisch signifikanten Rückgang des Durchmessers der Aortenwurzel über 33 Monate. Dies bedeutet auch eine signifikante Reduktion der aortalen Dilatation. Diese Studie beweist ebenfalls einen direkten Zusammenhang zwischen dem jüngeren Alter bei Beginn der Losartanbehandlung und einem Rückgang zu normalisierten aortalen Wurzeldurchmessern (Pes et al. 2013). Eine weitere nicht-randomisierte retrospektive klinische Beobachtungsstudie zeigte unter Losartan vergleichbare Verbesserungen bei 18 pädiatrischen Marfan-Patienten (Alter 14 Monate bis 16 Jahre) in einem Follow-up von einem Jahr (Brook et al. 2008). Somit besteht eine Evidenz – wenn auch nicht Level I – dass Losartan, vermutlich in Kombination mit einem Betablocker wie Atenolol, einen signifikant hemmenden Effekt auf die aortale Wurzeldilation hat und einen besonders großen Effekt hat, wenn es schon im frühen Alter verabreicht werden kann. Auch wenn Resultate weiterer prospektiver randomisierter Studien abzuwarten sind, stellt dies einen Meilenstein in der Behandlung des Marfan-Syndroms bei Kindern dar (Ekhomu und Naheed 2015).

Nicht-aortale Aneurysmen bei Kindern

Obwohl diese Aneurysmen sehr selten sind, scheint sich ihr Vorkommen in pädiatrischen vaskulären Einrichtungen zu erhöhen. Häufig sind mehrere Aneurysmen, die verschiedene Bereiche des Gefäßbaums betreffen. Ein Teil dieser Aneurysmen kann sekundär im Rahmen von Infektionen, anderen kongenitalen Aortopathien und entzündlichen Erkrankungen wie dem Takayasu- und Kawasaki-Syndrom auftreten. Jedoch bleibt eine Untergruppe, in der keine zugrunde liegenden Pathologien identifiziert werden können. Solche Aneurysmen werden idiopathisch genannt.

Aneurysmen der Arteria renalis

Nierenarterienaneurysmen sind die häufigsten Aneurysmen außerhalb der Aorta und meist mit einer zugrunde liegenden kongenitalen Vaskulopathie, speziell fibromuskuläre Dysplasie oder anderen Bindegewebserkrankungen (i. e. Polyarteriitis nodosa) assoziiert. Typischerweise kommen diese in segmentalen arteriellen Verzweigungen vor, sind meist sakkulär geformt und werden zufällig entdeckt. Sie können auch ohne stenotische Läsionen einen renovaskulären Bluthochdruck erzeugen und zusätzlich die Ursache für Embolien oder renale Funktionseinschränkungen sein. Eine Reparatur wird für Aneurysmen empfohlen, die nicht die intra-parenchymale Zirkulation betreffen. Allerdings besteht eine Indikation bei Vorliegen eines renalen Hypertonus und – hier besteht generell Konsens – wenn das Aneurysma größer als 1 cm im Durchmesser ist. Einschränkend muss jedoch festgehalten werden, dass die Evidenz für diese Größenindikation schwach ist. Endovaskuläre Optionen, wie Coiling oder Alkoholablationen segmentaler Aneurysmen sind selten möglich. Um das renale Parenchym zu erhalten, und weil Kinder eine lange Lebenserwartung haben, wird in der Regel eine offene chirurgische Reparatur empfohlen, meist mittels ex-situ-Rekonstruktion des renalen Arterienbaums und Autotransplantation.

Aneurysmen der viszeralen Arterien

Diese sind sehr selten bei Kindern, werden jedoch häufig im Rahmen der Entwicklung von idiopathischen multiplen Aneurysmen gefunden. Darüber hinaus liegt oft eine assoziierte stenotische Komponente vor, die gewöhnlich am Abgang der koeliakalen und superioren Mesenterialarterien lokalisiert ist. Diese Aneurysmen sind selten symptomatisch und üblicherweise eher ein Zufallsbefund. Eine Intervention wird nur empfohlen, wenn ein Hinweis auf Wachstum vorliegt, mit einer Schwelle von >1 cm für Kinder unter 8–10 Jahren und 2 cm für Jugendliche.

Periphere arterielle Aneurysmen

Diese sind ebenfalls sehr selten bei Kindern und entstehen meist sekundär nach penetrierenden oder stumpfen Traumata, Pseudoaneurysmen nach arteriellen Punkturen in der Leiste oder sekundär im Rahmen von Vaskulopathien wie dem Kawasaki-Syndrom oder Ehlers-Danlos-Syndrom. Solche Aneurysmen bergen neben dem Rupturrisiko ein hohes Risiko distaler Thromboembolien. Eine operative Behandlung erfolgt entweder mittels Ligatur, bei der die Extremität nicht gefährdet wird (i. e. isoliertes radiales oder ulnares Aneurysma) oder mit einer vaskulären Rekonstruktion (Abb. 4). Bei Kindern mit Aneurysmen des Ehlers-Danlos-Typ IV muss die vererbte erhebliche Fragilität der arteriellen Wand bei der Planung der Behandlung beachtet werden. Die sichersten Optionen sind hier entweder die Ligatur, wo immer möglich, oder ein endovaskuläres Stenting.
Alle Kinder mit derartigen aneurysmatischen Erkrankungen sollten lebenslang nachuntersucht werden, da eine deutliche Tendenz zu späteren aneurysmatischen Degenerationen in anderen Teilen des Gefäßbaums besteht (Davis et al. 2016).

Arterielle Verschlusserkrankungen

Aorta

Iatrogene Verletzungen wie oben diskutiert, besonders die Verletzung nach Katheterisierung der Nabelarterie bei Frühgeborenen und Neugeborenen, ist der häufigste prädisponierende Faktor. Eine aortale Thrombose kommt in bis zu 20 % nach einer Katheterisierung der Nabelarterie bei Frühgeborenen vor; bis zu 90 % der Neugeborenen, die einen arteriellen Dauerkatheter als Teil der Intensivversorgung benötigten, entwickeln eine aortale Thrombose. Im Gegensatz zu der relativ gutartigen und klinisch oftmals asymptomatischen Klinik von Thrombosen der Arteria Iliaca birgt ein aortaler Verschluss bei Neugeborenen eine hohe Morbidität und eine Mortalität von etwa 20 %. Zusätzlich zu den klinischen Symptomen fehlender Pulse an den unteren Gliedmaßen, kann eine prompte Diagnose mithilfe von Duplexuntersuchungen gestellt werden. Die Behandlungsgrundsätze wurden oben dargestellt und beinhalten insbesondere die umgehende Entfernung des störenden Katheters und eine vollständige Antikoagulation mit systemisch appliziertem Heparin. Eine Aspirationsthrombektomie durch einen Katheter kann hilfreich sein, der auch eine Katheter-gestützte Thrombolyse ermöglicht.
Bei älteren Kindern ist die häufigste Ursache für eine akute aortale Thrombose ein stumpfes Trauma, das intimale Flaps und Dissektionen verursachen kann. Eine offene Reparatur war die Hauptstütze der Therapie, jedoch bietet mit den neueren endovaskulären Fortschritten das Stenting bei älteren Kindern eine attraktive Alternative, speziell wenn eine traumatische intestinale Perforation mit dem Risiko einer Graftkontamination und Langzeitinfektion vorliegt.

Renovaskuläre Erkrankung

Eine Erkrankung der Arteria renalis ist nach einer thorakalen Aortenisthmusstenose und einer intrinsischen Nierenerkrankung der dritthäufigste Grund für eine Hypertonie bei Kindern. Die Hypertonie wird bekanntermaßen durch eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems initiiert. Die pädiatrische renovaskuläre Hypertonie ist typischerweise schwerwiegend und resultiert unbehandelt in einem frühen Tod durch hämorrhagischen Schlaganfall, einer hypertonen Enzephalopathie, einer beeinträchtigten mentalen Entwicklung, einer Hypertrophie des linken Ventrikels und diastolischer Dysfunktion. Etwa 10 % der hypertonen Kinder leiden an einer fibromuskulären Dysplasie, einer Neurofibromatose Typ I oder an aortalen Stenosen. Es gibt eine signifikante Assoziation eines renalen „Mid Aortic Syndroms“ und intrakranialen arteriellen Erkrankungen. Dies sollte durch eine zerebrale MRT-Angiographie zu Beginn der Behandlung ausgeschlossen werden.
Die derzeitige Behandlung erfolgt zu Beginn medizinisch durch pädiatrische Nephrologen, womit sich etwa 50 % der Kinder unter Kontrolle halten lassen. Bei den übrigen, bei denen eine alleinige medizinische Therapie fehlgeschlagen oder nicht ausreichend war, ist eine Angioplastie der Eingriff der Wahl, der jedoch einen Wiederholungseingriff erfordern kann, wenn sich eine Restenose entwickelt. Eine kleine Kohorte von Kindern wird nicht auf eine Angioplastie ansprechen und muss dann entweder einer Nephrektomie (wenn die betroffene Niere atrophisch ist) oder einer chirurgischen Revaskularisierung unterzogen werden.

Mid Aortic Syndrom

Das Mid Aortic Syndrom ist durch eine schwere Verengung der distalen thorakalen und/oder abdominellen Aorta charakterisiert, typischerweise mit Involvierung der renalen und viszeralen Arterien. Bei den meisten Kindern ist eine renovaskuläre Hypertonie das Leitsymptom (Abb. 5; Tab. 2).
Tab. 2
Ätiologie des mittelaortischen Syndroms bei Kindern. (Nach Sethna et al. 2008)
Ätiologie
n = 247
idiopathisch
61 %
26 %
Atherosklerose
5 %
Neurokutanes Syndrom
5 %
Williams Syndrom
2 %
Andere
1 %
Unsere Gruppe am Great Ormond Street Hospital berichtete 2009 von 36 Kindern mit Mid Aortic Syndrom und hebt die klinischen Besonderheiten und Behandlungsergebnisse hervor. In allen Fällen war eine Hypertonie die führende Eigenschaft, verbunden mit einem Herzversagen in 25 %, einer hypertonen Enzephalopathie in 17 % und wesentlich seltener einer Claudicatio und Wachstumsstörung. Eine Hypertrophie des linken Ventrikels war bei 80 % der untersuchten Kinder nachweisbar, eine hypertone Retinopathie bei 21 %. Eine sekundär zu einer oft beeindruckenden Kollateralisierung entstehende renale Ischämie ist extrem selten.
Die beste Behandlung dieser Kinder erfolgt multidisziplinär unter Einbeziehung eines pädiatrischen Nephrologen, interventionellen Radiologen und Gefäßchirurgen mit pädiatrischer Expertise, die in einer angemessenen pädiatrischen Infrastruktur arbeiten. Bis zu 50 % der Kinder können bis zum Erwachsenenalter allein mit konservativ-medizinischer Behandlung erfolgreich behandelt werden (Nasser et al. 2012). Nur wenn der Hypertonus schwer kontrollierbar ist (i. e. mehr als 3 Antihypertensiva erforderlich sind), wenn Komplikationen der antihypertensiven Therapie auftreten und wenn die nicht-invasive Bildgebung eine behandelbare Läsion aufweist, wird man einen Eingriff in Betracht ziehen.
Während der letzten 15 Jahre hat unsere multidisziplinäre Gruppe an einem klinischen Protokoll der primären Angioplastie, ggf. Stent-Angioplastie, als First-Line-Prozedur bei Kindern unter 12 Jahren gearbeitet. Nur bei einer Minderheit der Kinder wird ein nachhaltiges Resultat hinsichtlich der Kontrolle des renovaskulären Hypertonus erreicht. Die Mehrheit dieser Kinder wird sich daher einer chirurgischen Gefäßrekonstruktion der Aorta und renalen Arterien unterziehen müssen, sobald sie älter als 10 bis 12 Jahre sind. Das Wachstum des Körperrumpfes in diesem Alter bietet eine realistische Möglichkeit, mit einer einzigen definitiven Prozedur mithilfe prothetischer Grafts mit der Aussicht auf lebenslange Haltbarkeit auszukommen.
Wir haben kürzlich die Resultate unseres Behandlungspfades für die Angioplastie bei der Behandlung renovaskulärer Hypertonie am Great Ormond Street Hospital an einer Kohorte von 78 Kindern ausgewertet (Kari et al. 2015). Von 78 Kindern wurden 42 durch eine primäre Angioplastie geheilt oder gebessert, 22 benötigten eine zweite Angioplastie und 8 eine dritte. Es wurden 14 primäre und 3 sekundäre technische Fehler dokumentiert. Bei diesen Kindern war offen chirurgische Rekonstruktion erforderlich. Eine wichtige und signifikante Erkenntnis war eine renale Restenoserate von etwa 50 %. Die Analyse der Langzeitresultate unserer Gruppe bietet eine Rechtfertigung für unseren stufenweisen Ansatz ohne chirurgische Mortalität und einer Heilung oder Verbesserung der renovaskulären Erkrankung bei der Mehrheit der Kinder (Tummolo et al. 2009) (Abb. 6).
Die Gruppe von Professor Stanley am Ann Arbor Hospital, Michigan, folgte der Strategie der primär offenen Gefäßrekonstruktion (Stanley et al. 2006). Diese Autoren berichteten von exzellenten Resultaten mit diesem Behandlungsansatz über 5 Jahrzehnte, mit einer hohen Heilungsrate von 70 % und einer Verbesserungsrate von 27 %. Der Nachteil ist die hohe Anzahl von 30 aus 97 (29 %) sekundären Prozeduren. In dieser Zeit erfolgte eine Vielzahl unterschiedlicher Eingriffsarten, wobei sich die Zahl der Revisionseingriffe an der VSM und auch von prothetischen Grafts reduzierte. Insgesamt benötigten 9 Kinder eine Nephrektomie. Wir bedauern diese unakzeptabel hohe Rate an großen arteriellen Interventionen. Unser Protokoll der endovaskulären Behandlung kleinerer Kinder, welches ein ungestörtes trunkales Wachstum ermöglicht mit später möglicher definitiver offen-chirurgischer Rekonstruktion, bietet in unseren Augen vergleichbare Langzeitresultate mit einer einzigen Intervention und einer reduzierten Morbidität. Der Erfolg unseres Ansatzes ist jedoch sehr abhängig von einer hervorragenden pädiatrischen endovaskulär-interventionellen Expertise. Wo diese nicht vorhanden ist, erzielt die Strategie einer primär offenen Rekonstruktion bessere Resultate.
Morphometrische Studien bei Kindern bestätigen, dass der Thorax (und Abdomen) im Alter von 12 Jahren zu der Größe eines Erwachsenen heranwachsen, was unsere Strategie der definitiven Rekonstruktion mit unvermeidbarer Anwendung prothetischer Conduits nach Erreichen diesen Alters unterstützt (Abb. 7) (Bastir et al. 2013).
Zukünftige Entwicklungen, speziell mit absorbierbaren Stents, könnten sich als sehr hilfreich für die Behandlung sowohl von aortalen als auch renalen Stenosen bei Kindern herausstellen. Wir gehen davon aus, dass der Einsatz von autologen Grafts, die durch Tissue engineering hergestellt werden, zunehmen wird, da sie mit dem Kind parallel wachsen und so eine definitive einphasige Reparatur sogar bei jüngeren Kindern ermöglichen. Stenosen des mittleren Aortenabschnitts mit Beteiligung unterschiedlicher Gefäße erfordern die sorgfältige Fokussierung auf eine allfällige Nierenbeteiligung mit renovaskulärem Hypertonus. Die Messung des Druckgradienten mithilfe eines Durchzugsdruckkatheters oder -Drahtes ist wichtig. Ist der Gradient unter 10 mmHg, kann die endovaskuläre Behandlung in der Regel ausschließlich auf die renale Stenose fokussiert werden. Höhere Gradienten erfordern dagegen die zusätzliche Korrektur der aortalen Stenose, entweder durch Stenting oder chirurgische Rekonstruktion, um den Hypertonus effektiv zu behandeln. Eine aortale Korrektur ist ebenfalls dann indiziert, wenn die unteren Extremitäten nicht angemessen wachsen – eine Komplikation, die sehr selten ist. Häufiger tritt eine Claudicatio auf, eine Symptomatik, über die Kinder selten von sich aus berichten. Typischerweise geben die Eltern dagegen an ihr Kind sei „lauf-faul“, ermüde auf Familienspaziergängen schnell oder weigere sich, an körperlichen Aktivitäten in der Schule teilzunehmen, Fußball zu spielen, etc. Die Beurteilung in einem Gefäßlabor durch Belastungstests ist in diesen Fällen wichtig, mit zusätzlichen Gradientenmessungen. Das aortale Stenting ist unsere bevorzugte Intervention, mit der Option einer Redilatation bei Rezidivstenosen oder Adaptierung einer über die Jahre gewachsenen Aorta.
Offene chirurgische Verfahren werden auf die individuelle Ausprägung der Stenosen adaptiert. Bei schweren und symptomatischen aortalen Stenosen ist dann der erste operative Schritt ein aorto-aortaler Bypass von der distalen thorakalen Aorta zur aortalen Gabelung oder einer adäquaten Arteria iliaca communis. Eine renale Revaskularisierung wird entweder durch die Interposition eines prothetischen Grafts von einem gesunden Aortenabschnitt oder durch eine ex-situ-Rekonstruktion mit Autotransplantation an eine Iliakalarterie durchgeführt. Es entspricht nicht unserer Strategie, die VSM zu verwenden, da ein etwa 10%iges Risiko einer aneurysmatischen Dilatation besteht, das auch in der Literatur bestätigt wurde. In dem seltenen Fall einer mesenterialen Ischämie wird ein prothetischer Jump-Graft auf die A. mesenterica superior bevorzugt, der distal zur Stenose anastomosiert wird. Diese Rekonstruktionen sind mit einer signifikanten Morbidität verbunden, die parallel mit einer steigenden operativen Komplexität ansteigen. In unseren Serien haben wir keine Todesfälle nach offenen chirurgischen Rekonstruktionen zu verzeichnen.

Akute Dissektion und Thrombose der Renalarterien

Diese Verletzung – insbesondere die Dissektion – entsteht bei Kindern oder Jugendlichen am häufigsten nach Dezelerationstrauma. Es ist wichtig sich vor Augen zu halten, dass bei akuten Verschlüssen der Nierenarterie innerhalb von 60–90 Minuten ein irreversibler Parenchymverlust entsteht. Hier tickt deshalb die Uhr und eine endoluminale Revaskularisierung kann die schnellste und realistischste Option zur Rettung des Gewebeschadens darstellen, sofern eine pädiatrische interventionelle Expertise verfügbar ist. Aufgrund dieses kurzen Zeitfensters ist eine offene chirurgische Rekonstruktion bei vollständigen arteriellen Verschlüssen nach Traumata selten möglich oder erfolgreich. Im Gegensatz dazu können sich bei Kindern mit subtotalen Verschlüssen schnell eindrucksvolle Kollateralen ausbilden (Abb. 8), die einen ausreichenden Fluss zum Nierenparenchym wiederherstellen, so dass dann eine definitive Revaskularisierung eine Niere, die andernfalls chronisch atrophieren würde, erhalten kann.
Eine Nephrektomie muss in Betracht gezogen werden, wenn ein Funktionsverlust eingetreten ist, bei einem Neugeborenen ein Nierenarteriendurchmesser von unter 2 mm resultiert oder die verbliebene Niere atrophiert ist und signifikant zu einem renovaskulären Hypertonus beiträgt. Wir bevorzugen hierzu die laparoskopische Nephrektomie.

Interventionelle und chirurgische Behandlungsoptionen

Bei fibromuskulärer Dysplasie ist eine alleinige Angioplastie ohne Stenting die für Kinder bevorzugte Option. Diese kann wiederholt werden, falls erforderlich. Bei Erkrankungen wie dem Mid Aortic Syndrom und der Takayasu-Arteritis ist eine Restenose nicht ungewöhnlich; daher ist unserer Erfahrung nach das Einsetzen eines Stens in der Mehrheit der Fälle erforderlich. Es ist äußerst wichtig, den Stent auf den proximalen Nierenarterienabschnitt zu beschränken, um eine subsequente renale Revaskularisierung durch einen operativen Eingriff nicht zu beeinträchtigen. Bei aortalem Stenting sollten offene Ballon-expandierbare Stents angewandt werden, die nachdilatierbar sind, falls sich später eine Restenose entwickelt.
Ein aorto-renaler Bypass ist die einfachste chirurgische Option, welche jedoch nur dann durchgeführt werden kann, wenn die Aorta unauffällig ist. Bei gleichzeitig bestehender aortaler Pathologie wie dem Mid Aortic Syndrom sind die Rekonstruktionen komplexer – die chirurgische Strategie muss das zukünftige Wachstum des Kindes, ebenso die Haltbarkeit des prothetischen Graftes und nicht zuletzt die steigende Morbidität mit der Eingriffskomplexität berücksichtigen. Wir bevorzugten daher zunehmend eine renale ex-situ-Rekonstruktion mit Autotransplantation, die in unseren Augen eine warme Ischämie absolut verringert und exzellente Langzeitresultate erzielt. Unser derzeitiger Behandlungsalgorithmus empfiehlt jedoch nach wie vor eine endovaskuläre Intervention vor einer chirurgischen Revaskularisierung bei jüngeren Kindern. Falls eine chirurgische Rekonstruktion benötigt wird, kann diese durchgeführt werden, wenn das Kind über 12 Jahre ist; dann ist eine erfolgreiche einphasige Revaskularisierung realistisch.

Vaskulitiden

Die Takayasu-Arteritis ist die häufigste Form einer aortalen und arteriellen Vaskulitis. Sie involviert häufig den Abgang der großen Gefäße aus dem Aortenbogen, der Aorta, oft der deszendierenden und intestinalen Aorta, sowie die Ursprünge der renalen und mesenterialen Gefäße. Die Polyarteritis Nodosa betrifft typischerweise die mittelgroßen Gefäße, gewöhnlich die Nierenarterien und weniger häufig die peripheren Arterien. Eine signifikante aneurysmatische Dilatation wird weniger häufig mit den Vaskulitiden in Verbindung gebracht. Das Kawasaki-Syndrom involviert am häufigsten die koronare Zirkulation und betrifft daher primär die Kardiologie und die Herz-Thorax-Chirurgie.
Das vorrangige Behandlungsprinzip der aktiven Vaskulitis ist konservativ. Dies benötigt das Einbeziehen von erfahrenen pädiatrischen Rheumatologen, die eine immunsuppressive Behandlung durchführen. Solange keine akute lebensbedrohliche Ischämie vorliegt, sollte jegliche Form einer Intervention in der akuten Phase vermieden werden. Die Ergebnisse der Interventionen in der akuten Phase – auch die endovaskulären Eingriffe – sind schlecht und mit einem hohen Mortalitätsrisiko verbunden. In der nicht-aktiven oder „ausgebrannten“ Phase kann eine Revaskularisierung in Betracht gezogen werden. Der endovaskuläre Ansatz einer Angioplastie, mit oder ohne Stents, hat sich als sicher und verlässlich herausgestellt, und das gefürchtete Risiko einer arteriellen Ruptur hat sich als niedrig erwiesen. Liegt ein ausgedehnter Befall insbesondere mit Involvierung der Aorta vor, ist in der Regel eine offene vaskuläre Rekonstruktion – meist unter Nutzung prothetischer Conduits – erforderlich. Solche Interventionen sind, wenn sie in einer nicht-aktiven Phase durchgeführt werden, mit guten Langzeitresultaten verbunden.

Gefäßanomalien

Die Mehrheit vaskulärer Anomalien wird bei der Geburt oder in den ersten Lebensjahren festgestellt. Die klinische Symptomatik und die Pathophysiologie sind sehr variabel, was sich in unterschiedlichen biologischen Klassifikationssystemen widerspiegelt. Die erste international anerkannte Klassifikation wurde 1996 durch die International Society for the Study of Vascular Anomalies konsentiert und hat sich als sehr nützlich hinsichtlich des Verständnisses der Entstehung und der Behandlung dieser komplexen Reihe an Manifestationen herausgestellt (Kap. „Gefäßmalformationen“).
Bei Kindern gibt es einen wichtigen primären Unterschied zwischen vaskulären Tumoren, die durch eine aktive endotheliale Hyperplasie charakterisiert sind und vaskulären Malformationen, die aus einer vaskulärer Dysmorphogenese entstehen, durch normale endotheliane Zellteilung. Vaskuläre Tumoren sind bei Kindern meist gutartig, jedoch oft entstellend. Viele der großen vaskulären Tumoren – speziell kongenitale Hämangiome – sind selbst-rückbildend und lösen sich innerhalb der ersten 3–4 Jahre auf. Weniger häufig sind lokal aggressive oder Borderline-Tumoren wie das kaposiforme Hämangioendotheliom und glücklicherweise sind maligne vaskuläre Tumoren wie das Angiosarkom und das epitheloide Hämangioendotheliom selten (Kap. „Tumorerkrankungen des Gefäßsystems: Diagnostik, Therapie und Nachsorge“; s. nachfolgende Übersicht).
Klassifikation der vaskulären Tumoren. Nach Wassef et al. 2015
Das muss alles übersetzt werden:
Benigne Gefäßtumoren
  • infantiles Haemangiom
  • Kongenitales Haemangiom
    • schnell rückbildend
    • nicht rückbildend
    • partiell rückbildend
  • tufted Angiom
  • Spindelzellhämangiom
  • Epitheloides Haemangiom
  • Pyogenes Granulom (i.e. lobulär kapilläres Haemangiom) andere
Lokal agressive oder Borderline Gefäßtumoren
  • kapisoformes Haemangioendotheliom
  • retiformes Haemangioendotheliom
  • papilläres intralymphatisches Angioendotheliom
  • Kaposiformes Sarkom
  • andere
Maligne Gefäßtumoren
  • Angiosarkom
  • epitheloides Haemangioendotheliom
  • andere
Das wiederkehrende Prinzip eines multidisziplinären Therapieansatzes ist bei Kindern von essenzieller Wichtigkeit. Ein vollständig integriertes Team, bestehend aus einem erfahrenen Pädiater mit selektiver Einbeziehung anderer Disziplinen – speziell Gefäß-, plastischer und orthopädischer Chirurgie – benötigt zusätzlich diagnostische Unterstützung. Die zugrunde liegende Prämisse in der Behandlung von Kindern ist es, den Progress der Erkrankung zu minimieren, Symptome wie Schmerz, Hautnekrose und Blutungen zu behandeln und die psychologischen Aspekte der Pflege der Eltern und des Kindes zu berücksichtigen.
Zusätzlich zur klinischen Untersuchung ist die non-invasive Bildgebung das wichtigste Werkzeug, um das Ausmaß der Läsion und ihre Gefäßbeteiligung zu beurteilen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen high- und low-flow-vaskulären Malformationen. Zusätzlich können Gewebeentnahmen, genetische Analysen und andere Untersuchungen vonnöten sein. Ein MRT, gewöhnlich mit Kontrast (STIR mit T1- und T2-Wichtung), ist sehr nützlich. High-flow-Läsionen erfordern weitere Untersuchungen. Durch den technischen Fortschritt der MRT-Angiographie können sehr hochwertige Echtzeitbilder der arteriellen und venösen Zirkulation generiert werden. Maligne vaskuläre Tumoren benötigen eine Behandlung durch spezialisierte pädiatrisch-onkologische Teams.
Die Art der Therapie ist abhängig von der gestellten Diagnose. Die Entscheidung über die Therapiewahl sollte interdisziplinär mit Beteiligung der Eltern getroffen werden. Indikationen zur Therapie bei Malformationen sind wiederkehrende Blutungen, persistenter Schmerz, funktionelle Beeinträchtigungen und bei älteren Kindern psychische Beeinträchtigung durch beeinträchtigende Ästhetik. Eine Schlüsselkomponente der Behandlung, speziell bei extensiven Malformationen, ist das Management der Erwartungen an den Therapeuten. Die Eltern und ältere Kinder müssen verstehen, dass es selten möglich ist, eine normale Ästhetik und permanente Heilung zu erzielen. Verschiedene Behandlungsoptionen werden derzeit untersucht, u. a. der Einsatz von Sirolimus bei extensiven High-flow-Malformationen.

Endovaskuläre Behandlung

Dies ist mittlerweile die Behandlung der Wahl für die meisten vaskulären Malformationen. Bei Low-Flow-Malformationen sind wiederholte Behandlungen erforderlich, in den meisten Fällen mit Injektionen von Verödungsschaum. Gegen resistentere und aggressivere Malformationen kann absolutes Ethanol angewandt werden (Kap. „Gefäßmalformationen“). Bei vaskulären High-Flow Malformationen werden Coils und Kleber eingesetzt, und auch Onyx hat sich als nützlich erwiesen. Die Injektion von absolutem Ethanol ist hocheffizient, speziell um den Nidus der High-Flow Malformation zu veröden. Der Nidus ist die Stelle, an der eine direkte Kommunikation zwischen den arteriellen und venösen Anteilen der vaskulären High-Flow-Malformationen stattfindet. Die Technik der Embolo-Sklerotherapie hat sich in unserer Abteilung als erfolgreich erwiesen. Unter Vollnarkose wird ein arterieller Katheter kurz proximal vor dem Ursprung der Malformation der arteriovenösen Malformation platziert. Mithilfe angiographischer Darstellung kann eine venöse Punktur auf der venösen Seite direkt auf den identifizierten Nidus gerichtet werden, entweder an einer einzelnen oder an mehreren Stellen. Das Agens, entweder Polidocanolschaum oder absoluter Alkohol, typischerweise in einer 50 % Präparation, kann direkt in diese Stelle injiziert werden. Die Erfolgsrate hinsichtlich der Verödung des Nidus und so auch der arteriovenösen Malformation ist recht hoch. Andere Gruppen berichten von großem Erfolg mit der Anwendung von Onyx bei diesem Ansatz. Die Rolle des Anästhesisten bei Gebrauch von absolutem Alkohol ist existenziell. Ein maximales Volumen von 0,14 ml Ethanol je Kilogramm Körpergewicht pro 10 Minuten ist nach unserer Ansicht das obere Limit einer sicheren Behandlung, in Abhängigkeit von Größe und Gewicht des Patienten. Häufig wird das Ethanol zu 50 % in non-ionischem Kontrastmedium aufgelöst. Die gefürchtete Komplikation einer fatalen pulmonalen Hypertonie, kann bei Anwendung dieses Protokolls unserer Erfahrung nach vermieden werden (Kap. „Gefäßmalformationen“).
Mithilfe von Nd-YAG-Laser kann eine Fotokoagulation der dermatologischen Komponente der Malformation erreicht werden. Diese Behandlung wird gewöhnlich von Kindern gut toleriert und normalerweise von Dermatologen durchgeführt.

Chirurgische Behandlung

Die chirurgische Resektion war historisch die einzige Möglichkeit der Behandlung von Gefäßmalformationen, sie war jedoch mit einem hohen Blutungsrisiko, dem Wiederauftreten und schlechten kosmetischen Resultaten mit extensiver Narbenbildung verbunden. Die Chirurgie hat immer noch eine wichtige, jedoch kleinere Rolle, die auf eine Exzisionschirurgie beschränkt ist und nötigenfalls zusammen mit plastischen Chirurgen durchgeführt wird. Diese Behandlung ist beschränkt auf große und entstellende Läsionen des Rumpfes, Gesichts oder Nackens nach präoperativer Embolisierung, zur Reduktion intraoperativer Blutungen. Es ist wichtig, dass die Operation innerhalb von 24–48 h nach der Embolisierung stattfindet. Die plastische Chirurgie kann insbesondere bei der Behandlung entstellender Malformationen des Gesichtes oder des Nackens sehr wertvoll sein.

Klippel-Trenaunay-Syndrom und klinisch überlappende Syndrome

Klippel-Trenaunay-Syndrom (KTS)

Das KTS ist eine kapillare – lymphatische – venöse Malformation, die meist schon bei der Geburt diagnostiziert wird durch eine in Länge und Umfang vergrößerte Gliedmaße, typischerweise mit kapillaren Malformationen, lymphatischen Vesikeln und lateralen Varizenknoten. Unter- und Oberschenkel sind variabel involviert, jedoch liegt bei bis zu einem Viertel der Patienten eine Beteiligung des Beckens, des Gesäßes oder des Abdomens vor. Das KTS tritt an den oberen Extremitäten nur selten auf. Das Spektrum der Erkrankungsschwere reicht von kutaner Verfärbung und milder Überwucherung von Gewebe bis zu einer erheblichen Hypertrophie der unteren Gliedmaße und groben Varixknoten. Lymphatische Vesikel und Malformationen können sich häufig auch im Gesäß, Becken und Perineum entwickeln.
Die persistierende Lateralvene, die typisch für das KTS ist, ist ein Überbleibsel der Servellevene und kann sehr prominent in Bezug auf Größe und Symptomatologie sein. Häufig entwickeln sich venöse „Reservoirs“, die eine wichtige Ursache für Thrombose oder stehendes Blut und mögliche Lungenembolien sein können. Es ist zu berücksichtigen, dass auch das tiefe Venensystem betroffen sein kann, entweder durch Ektasie oder weniger häufig durch Hypoplasie oder Agenesie von tiefen Venen, die speziell das Poplitealsegment betreffen (Abb. 9). Nicht selten können sich venöse Malformationen in das Becken und die Blasenregion ausdehnen, auch das Rektum und andere Beckenorgane betreffen, was dann durch Hämaturie und/oder rektale Blutungen klinisch manifest werden kann. Das größte Risiko ist jedoch eine pulmonale Embolie, die in bis zu 25 % der Fälle auftreten kann.
Die primäre Behandlung der Kinder ist konservativ und symptomorientiert. Kompressionsstrümpfe sind von vordringlicher Wichtigkeit zur Symptomlinderung und Senkung der venösen Hypertonie. Die Sklerotherapie kann sehr nützlich bei der Behandlung von lymphatischen Vesikeln und auch venösen Malformationen sein, die symptomatisch oder kosmetisch unterstützen. Jegliche venöse „Reservoirs“ sollten chirurgisch entfernt werden, um das Risiko einer pulmonalen Embolie zu beseitigen.
Erfahrene orthopädische Chirurgen und Kompressionstherapeuten sollten die Beinlänge und Fußvergrößerungen regelmäßig im Auge behalten. Eine Beinlängendifferenz von 0,5–2 cm kann durch Absätze ausgeglichen werden, sobald der Unterschied jedoch 2 cm übersteigt, wird eine Epiphyseodese erforderlich. Diese erfolgt an den distalen femoralen und proximalen tibialen Wachstumsfugen vor dem Wachstumsschub, um eine Asymmetrie der Beine zu vermeiden. Die Standard-Behandlungsprinzipien von Krampfadern gelten, wenn indiziert, für die Behandlung von Varixknoten, speziell die endovenöse Ablation und Sklerotherapie mit Schauminjektionen findet Verwendung. Bei einer Minderheit, die eine erhebliche Gewebewucherung aufweist, können chirurgische Debulking-Prozeduren erforderlich sein, die dann meist mit plastischer Rekonstruktion kombiniert werden. Liposuktionen stellen eine wichtige Säule dieser Behandlung dar – die Eingriffe sollten jedoch aufgrund der häufigen großen Varixknoten zusammen mit Gefäßchirurgen durchgeführt werden.

Parkes-Weber-Syndrom

Dieses Syndrom wird häufig mit KTS verwechselt. Obwohl es Gemeinsamkeiten gibt, ist der primäre Unterschied, dass das Parkes-Weber-Syndrom durch multiple kapilläre-arteriovenöse Malformationen und mikro-arteriovenöse Fisteln mit konfluierenden und fleckigen kutanen kapillaren Malformationen charakterisiert ist. Klassische klinische Symptome sind eine erhöhte Temperatur der betroffenen Gliedmaße, tastbares arterielles Schwirren über den Fisteln und Hypertrophie des Weichgewebes und der Knochen, die in Beinlängendifferenzen resultieren. Diese Patienten weisen eine genetische RASA-I-assoziierte Mutation auf, die mit aneurysmatischen Malformationen der Galenvene assoziiert sind und neigen zur Entwicklung von Tumoren, die den Tumoren bei Neurofibromatose gleichen. Die Bildgebung bestätigt das Vorhandensein diffuser Mikrofisteln. Bis zu ein Drittel dieser Patienten entwickelt durch das Shuntvolumen der Fisteln eine Herzvolumenüberlastung mit Linksherzinsuffizienz. Eine reguläre Untersuchung, wie bei KTS, und falls nötig Intervention ist in der Nachsorge dieser Patienten erforderlich. Bei Anzeichen von Überlastung des linken Ventrikels, muss die Behandlung auf den Verschluss der arteriovenösen Fisteln gerichtet werden, was aufgrund des oft extensiven und multilokulären Vorkommens dieser Läsionen eine schwierige Herausforderung sein kann.

Medizinische Behandlung extensiver vaskulärer Low-flow- und High-flow-Malformationen

Das Spektrum der medizinischen Behandlungsoptionen erweitert sich derzeit mit den Erkenntnissen aus genetischen Analyse dieser Patienten. Die Definition dieser genetischen Abnormitäten übersteigt den Fokus dieses Kapitels. Es gibt anekdotische Hinweise, dass Thalidomid durch das Herunterregulieren der Überexpression vaskulärer Wachstumsfaktoren wie VGF einen Effekt hat. Kürzlich wurden Ergebnisse zur Effektivität von Sirolimus veröffentlicht (Lackner et al. 2015). Sirolimus zielt auf Rampamycin ab, das eine Schlüsselrolle in den Signalwegen der Angiogenese und auch in der Entwicklung vaskulärer Anomalien spielt. Gute Ergebnisse wurden bei Kindern mit lymphatischen Malformationen, kaposiformen Hämangioendotheliomen, lymphatisch-venösen Malformationen, pulmonalen Lymphangiektasien und orbitalen lymphatischen Malformationen berichtet. Die Resultate weiterer klinischer Studien müssen abgewartet werden, jedoch kann ein Versuch mit Sirolimus bei vaskulären Malformationen, bei denen keine andere Behandlungsoption besteht, auf einer empirischen Basis individuell gerechtfertigt sein.

Schlussfolgerung

Pädiatrische Gefäßerkrankungen sind relativ selten und kommen in den meisten vaskulären Ausbildungsprogrammen nicht oder nur selten vor. Deshalb verfügen nur wenige Zentren und Gefäßchirurgen über eine ausreichende Expertise in der Behandlung von Kindern mit vaskulären Pathologien. Mit der Zentralisierung der Behandlung und Versorgung von Gefäßerkrankungen entsteht jedoch ein wachsender Bedarf an der Entwicklung einer pädiatrisch-vaskulären Subspezialisierung. Diese Kinder haben viele Bedürfnisse und benötigen offensichtlich eine Behandlung durch ein multidisziplinäres Team in einer kinderfreundlichen Umgebung, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Diese Konditionen bestehen ein Leben lang; daher ist es wichtig, dass vaskuläre Teams ihren Patienten eine andauernde Versorgung zur Verfügung stellen, sobald sie von der pädiatrischen zur erwachsenen Versorgung übergehen. Die pädiatrische Gefäßchirurgie ist ein anspruchsvolles und faszinierendes Gebiet. Wo immer möglich, wird die Zuweisung zu sachkundigen und erfahrenen pädiatrischen Gefäßzentren die Behandlungsergebnisse optimieren.
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