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Infrainguinale Aneurysmen

Verfasst von: Peter Stierli
Echte Aneurysmen (Aneurysma verum) der A. femoralis communis (AFC) sind von Pseudoaneurysmen zu unterscheiden, die in dieser Lokalisation sehr viel häufiger vorkommen. Anastomosen-Aneurysmen nach früherer aortobifemoraler Rekonstruktion sind häufig, gelegentlich mit einem Low-grade-Infekt vergesellschaftet.

Aneurysmen der A. femoralis communis und der A. femoralis superficialis

Epidemiologie und Pathogenese

Echte Aneurysmen (Aneurysma verum) der A. femoralis communis (AFC) sind von Pseudoaneurysmen zu unterscheiden, die in dieser Lokalisation sehr viel häufiger vorkommen. Anastomosen-Aneurysmen nach früherer aortobifemoraler Rekonstruktion sind häufig, gelegentlich mit einem Low-grade-Infekt vergesellschaftet.
Der normale Durchmesser der A. femoralis communis liegt bei Frauen zwischen 0,78 und 0,85 cm, bei Männern zwischen 0,78 und 1,12 cm. Der Durchmesser der A. femoralis communis korreliert mit Gewicht, Größe und Geschlecht und nimmt im Laufe des Alters zu (Sandgren et al. 1999). Gemäß Standardnomenklatur spricht man von einem Aneurysma, wenn der Gefäßdurchmesser den Durchmesser des Normalgefäßes um 50 % übersteigt.
Aneurysmen der A. femoralis communis (AFS) sind selten, bilden aber die zweithäufigste Manifestation von Aneurysmen unterhalb des Leistenbandes nach dem Poplitealaneurysma. Sie werden fast nur bei Männern beobachtet, bei Frauen sind sie äußerst selten. Bei der Hälfte der Patienten finden sich bilaterale Manifestationen. Eine Assoziation mit dem Bauchaortenaneurysma ist gegeben, ist allerdings für das popliteale Aneurysma sehr viel besser dokumentiert. Für die Therapie ist es wichtig, die genaue Lokalisation des Aneurysmas in Bezug auf die Femoralisgabel zu beurteilen.
Aneurysmen der A. femoralis superficialis sind häufig mit poplitealen Aneurysmen (femoropopliteales Aneurysma) vergesellschaftet. Isolierte, echte degenerative Aneurysmen der A. femoralis superficialis sind äußerst selten. Auch hier ist die Arteriosklerose die häufigste Ursache zur Entwicklung eines Aneurysma verum. Die Superficialis-Aneurysmen sind häufig kombiniert mit stenosierenden Läsionen. Gelegentlich sind femorale Aneurysmen auch mit einem Morbus aneurysmaticus oder einer diffusen Vergrößerung der Stammarterien kombiniert.
Die genaue Pathogenese von femoralen Aneurysmen ist unbekannt. Traditionell werden diese Aneurysmen als degenerativ oder arteriosklerotisch beschrieben. Die Forschung der Entwicklung von Bauchaortenaneurysmen zeigt, dass offensichtlich eine proteolytische Degeneration der Gefäßwand eine Rolle spielt. Dies könnte die Tatsache erklären, dass die Aneurysmaerkrankung häufig multilokulär auftritt.
Andere Ursachen für femorale Aneurysmen sind Pseudoaneurysmen im Bereiche von Anastomosen oder Gefäßpunktionen für kathetertechnische Interventionen. Differenzialdiagnostisch sind auch mykotische Aneurysmen (infizierte Aneurysmen), Aneurysmen durch inflammatorische Arteriitiden (Morbus Behçet), Dysplasie und idiopathische primäre Aneurysmen zu berücksichtigen. Lang dauernde arteriovenöse Fisteln oder arteriovenöse Missbildungen führen zu degenerativen Veränderungen der zuführenden Arterie mit Entwicklung von Aneurysmen.

Klinisches Bild

In der Regel sind Aneurysmen der AFC und der AFS asymptomatisch. Große Aneurysmen, die wegen des Leistenbandes keine Ausweichmöglichkeit haben, können zu venöser Kompression (Ödem) oder zu Nervenkompression (Schmerz und Parästhesie) führen. Potenzielle Komplikationen sind die akute und chronische Thrombose des Aneurysmas, gelegentlich begleitet von distaler Embolisierung. Diese Komplikation ist bei Poplitealaneurysmen, möglicherweise bedingt durch Aneurysmakompression bei Knieflexion, deutlich häufiger. Gemäß Levi und Schroeder besteht nur ein kleines Rupturrisiko bei Aneurysmen, die >5 cm im Durchmesser messen (Levi und Schroeder 1999; Abb. 1).
Die akute Thrombose ist ebenfalls abhängig vom Durchmesser des Aneurysmas und kann sowohl bei falschen wie auch bei echten Aneurysmen vorkommen. Ist die ganze Femoralisgabel durch die Thrombose verschlossen, ist das Ausmaß der Ischämie erheblich. Die distale Embolisation kann zum „Blue-toe-Syndrom“ führen.

Diagnostik

Die klinische Untersuchung führt bei großen Aneurysmen zur Diagnosestellung. Das erste diagnostische Hilfsmittel ist die Duplexsonografie, welche das Aneurysma mit Sicherheit diagnostiziert. Auch die genaue anatomische Lokalisation sowie Details der Aneurysmageometrie und des Thrombusmantels lassen sich feststellen. Wenn ein Aneurysma der AFC oder AFS diagnostiziert wird, muss eine Duplexuntersuchung der Aorta und der Poplitealarterien verordnet werden. Computertomografie (CT) und Magnetresonanz-Angiografie (MRA) haben einen sehr hohen diagnostischen Wert und können zusätzliche Detailinformationen liefern. Zur Beurteilung des Ausflusstraktes eignen sich die digitale Subtraktionsangiographie als invasive Methode sowie die MR- und die CT-Angiografie.

Therapie

Die Indikation zur invasiven Therapie richtet sich nach dem Aneurysmadurchmesser, ist aber nicht evidenzbasiert. So können sowohl große als auch kleinere Aneurysmen (2 cm) zu thrombotischen oder embolischen Komplikationen führen (Levi und Schroeder 1999). Viele Chirurgen empfehlen bei femoralen echten Aneurysmen, die Therapie bei einem Durchmesser von 2,5–3 cm einzuleiten. Für ältere Patienten mit hohem Operationsrisiko ist diese Grenze aber höher anzusetzen. Entschließt man sich zur konservativen Therapie, sind serielle Duplexuntersuchungen in Abständen von 6–12 Monaten zu empfehlen. Rasches Wachstum, größere Thrombenmassen und distale Embolisation sind Gründe zur invasiven Therapie.
Die konservative Therapie entspricht der seriellen Duplex-Nachkontrolle. Die beim Poplitealaneurysma empfohlene perorale Antikoagulation lässt sich nicht auf femorale Aneurysmen übertragen, wird jedoch bei Patienten, die nicht operiert werden, empfohlen. Allerdings fehlt die Evidenz zu dieser Therapie. Die operative Therapie hat das Ziel, mögliche Komplikationen der Femoralisaneurysmen zu verhindern. Üblicherweise wird der aneurysmatisch erweiterte Abschnitt der Arterie durch Kunststoff oder autologes Material ersetzt. Die chirurgische Technik ist den anatomischen Gegebenheiten individuell anzupassen.
Echte Aneurysmen der A. femoralis communis werden durch eine Kunststoffprothese (Dacron oder PTFE) ersetzt. Lässt sich das Aneurysma wegen des Leistenbandes von infrainguinal nicht kontrollieren, ist eventuell eine suprainguinale Inzision zusätzlich notwendig. Jedenfalls sollte die Anastomose nicht in aneurysmatisch verändertem Gewebe durchgeführt werden, da sonst mit Anastomosenaneurysmen zu rechnen ist. Die Anastomosen werden End-zu-End, Stoß-auf Stoß, in fortlaufender Nahttechnik gefertigt. Aneurysmen, welche die Femoralisgabel involvieren, sind bezüglich Rekonstruktion komplexer. Wir empfehlen als Variante 1 die Interpositionsprothese von der A. femoralis communis zur A. femoralis superficialis, wobei die A. profunda femoris vor der Anastomosierung zur A. femoralis superficialis fortlaufend dorsal in die Prothese replantiert wird, gegebenenfalls nach der Inlay-Technik. Diese Methode ist technisch anspruchsvoll und eignet sich nicht, wenn sich die A. profunda femoris rasch in verschiedene Äste verzweigt. Auch eignet sie sich nicht bei aneurysmatischer Mitbeteiligung des Abganges der A. profunda femoris. Als Variante 2 wird die Interpositionsprothese von der A. femoralis communis End-zu-End angeschrägt auf die A. femoris profunda genäht, jeweils mit fortlaufender Naht. Ein zweites Stück Prothese oder Vene wird anschließend seitlich in die bereits eingenähte Interpositionsprothese anastomosiert und End-zu-End mit der A. femoralis superficialis verbunden (Abb. 2).
Bei einem Gefäßdurchmesser <8 mm und der Verwendung von Vene empfehlen wir bei der Anastomose die Einzelknopftechnik.
Aneurysmen der A. femoralis superficialis werden nach dem gleichen Prinzip mittels Interpositionsprothese behandelt. Bei kleineren Gefäßdurchmessern empfehlen wir die Einzelknopfanastomose. Multiple Aneurysmen der A. femoralis superficialis, respektive die typische Kombination aus Aneurysma und Stenose wird mittels femoropoplitealem Bypass saniert. Es empfiehlt sich, große Aneurysmen nicht nur mittels Bypass zu überbrücken, sondern diese zu eröffnen, um rückblutende Äste im Aneurysmasack zu umstechen. Werden große Aneurysmen in diesem Bereich belassen, können die rückblutenden Seitenäste das Aneurysma im Sinne eines Endoleak Typ II weiter perfundieren und mit der Zeit zu einer Größenprogredienz führen (Abschn. 3).
Anastomosenaneurysmen im Femoralisgabelbereich werden ebenfalls nach den gleichen Prinzipien behandelt, natürlich unter Berücksichtigung einer allfälligen Infektsituation. Die operative Behandlung von Anastomosenaneurysmen kann technisch anspruchsvoll sein, insbesondere die Blutungskontrolle der A. femoris profunda in hochgradig vernarbtem Gewebe. Bei aneurysmatisch ausgeweiteter Profunda femoris eignet sich die oben erwähnte Technik der Inlay-Anastomose der Profunda in die Rückwand des Interpositionsgraftes nach Fogarty-Ballonkatheter-Okkludierung des Rückflusses. Bei Anastomosenaneurysmen ist unbedingt die Beckendurchblutung durch präoperative bildgebende Verfahren abzuklären, um zu beurteilen, ob ein allfälliger Rückfluss über die A. iliaca externa zur A. iliaca interna von Bedeutung ist. In solchen Situationen ist der Rückfluss durch eine geeignete Revaskularisationstechnik zu gewährleisten. Nur so können Komplikationen wie Gesäßclaudicatio, Gesäßnekrose und Rektosigmoidischämie verhindert werden.
Das Aneurysma nach kathetertechnischer Intervention oder bei Drogenabusus ist ein Aneurysma spurium (Pseudoaneurysma, falsches Aneurysma) mit oder ohne Infekt. Liegt ein Infekt vor oder ist dieser wahrscheinlich (Drogenabusus), sind die Kriterien der septischen Gefäßchirurgie anzuwenden (Kap. „Diabetischer Fuß“). Das unkomplizierte Aneurysma spurium sollte durch eine Direktnaht behandelt werden. In seltenen Fällen ist die Läsion in der Arterie mittels Venenpatch zu sanieren.
Neben der ultraschallkontrollierten Kompression und der Thrombininjektion beim Aneurysma spurium nach Katheterintervention bilden kathetertechnische Eingriffe bei Femoralisaneurysmen vorläufig eine untergeordnete Rolle. Beschichtete Stentgrafts können für isolierte Superficialisaneurysmen, ähnlich wie beim Poplitealaneurysma diskutiert werden. Sie stellen die absolute Ausnahme dar.

Verlauf, Prognose, Nachsorge

Der postoperative Verlauf nach einer Versorgung mit Kunststoffinterpositionsprothese in der Leiste ist eher unkompliziert. Allerdings können Lymphkollektionen sehr hartnäckig sein und bedürfen bei Persistenz der operativen Revision. Besonders gefährlich sind Lymphfisteln, die Wegbereiter für einen Wund- respektive Graftinfekt sein können. Die Offenheitsraten der Rekonstruktionen im Bereich der Femoralisgabel sind hoch. Sapienza berichtet über eine 5-Jahres-Patency von 80 % (Sapienza et al. 1996). Die Belastung des Eingriffs für den Patienten ist klein, entsprechend niedrig sind die Mortalitätsraten. Werden im femoralen Bereich Venen verwendet, richtet sich die Nachsorge nach den Empfehlungen der infrainguinalen Rekonstruktion mit Vene.

Aneurysmen der A. femoris profunda

Epidemiologie und Pathogenese

Isolierte Aneurysmen der A. femoris profunda (AFP) sind extrem selten. Noch seltener sind Aneurysmen der AFP, welche sich distal des Profundaabgangs entwickeln.
Bei den wenigen beschriebenen Fällen handelt es sich um arteriosklerotische echte Aneurysmen oder um traumatische Pseudoaneurysmen (z. B. nach kathetertechnischer Intervention oder orthopädischen Eingriffen). Weitere seltene Gründe sind Autoimmun- und Kollagenerkrankungen.
Wegen der Seltenheit dieser Erkrankung existieren keine Behandlungsrichtlinien. Damit richtet sich die Therapie nach den Erkenntnissen in der Behandlung des Aneurysmas der A. femoralis communis und superficialis. Profundaaneurysmen sind in 45–81 % der Fälle von anderen Aneurysmen begleitet (Levi und Schroeder 1997).

Klinisches Bild

Profundaaneurysmen werden in der Literatur häufig mit Ruptur in Verbindung gebracht. Dies resultiert in Notfalleingriffen mit erheblichen Mortalitätsraten. Es ist anzunehmen, dass Profundaaneurysmen erst in einer Größe mit Rupturgefährdung diagnostiziert werden. Jedenfalls lassen sie sich wegen ihrer tiefen Lage am Oberschenkel klinisch später diagnostizieren als oberflächliche Aneurysmen. Neben der Ruptur werden Komplikationen wie akute Aneurysmaexpansion mit Neuropathie des Nervus femoralis oder venöser Okklusion beschrieben. Ebenfalls bekannt sind die akute Beinischämie nach Thrombose oder Embolisierung (Johnson et al. 2002). Die signifikante Morbidität, die mit Notfalleingriffen vergesellschaftet ist, führt zur Empfehlung, asymptomatische Profundaaneurysmen elektiv zu behandeln.

Diagnostik

Die Diagnostik des Profundaaneurysmas ist Domäne der Duplexsonografie. Andere bildgebende Verfahren dienen dazu, den Ausstrom, respektive die Profundaäste zu dokumentieren. Das CT erlaubt die präzise Lokalisationsdiagnostik.

Therapie

Das Therapieziel ist das Ausschalten des Aneurysmas mit Wiederherstellung der Gefäßkontinuität. Dazu eignen sich die Kunststoffprothese oder das autologe Veneninterponat. Das Aneurysma wird durch Aneurysmorrhaphie ausgeschaltet, wobei möglichst viele Äste der Profunda femoris erhalten werden sollten. Bei sehr großen Aneurysmen und in der Notfallsituation kann dieses Unterfangen unmöglich sein, so dass dann der Einstrom und der Rückstrom durch Umstechungen im Aneurysmasack verschlossen werden. Der Verschluss der Profunda femoris ist nur zulässig, wenn die Durchblutung der Extremität durch eine offene A. femoralis superficialis oder einen Bypass sichergestellt ist. Wenn immer möglich, sollte die A. profunda femoris als „Königin der Oberschenkelarterien“ erhalten werden!
In der Literatur (Johnson et al. 2002) wird bei allen asymptomatischen Aneurysmen der A. femoris profunda die Operation empfohlen. Höchstens bei kleinen Profunda-Aneurysmen ist die konservative Strategie mit Nachfolge-Duplexuntersuchungen zu diskutieren. Grenzwerte für die Größe sind nicht zu finden.
Die interventionelle Therapie spielt eine untergeordnete Rolle und bleibt Ausnahmeindikationen vorbehalten.

Verlauf, Prognose, Nachsorge

Verlauf, Prognose und Nachsorge richten sich nach den Vorschlägen im Abschn. 1. Vorsicht ist geboten bei Patienten, bei denen die Profunda femoris nicht rekonstruiert wurde. Jede untere Extremität ohne A. femoris profunda ist mittel- bis langfristig amputationsgefährdet!

Popliteale Aneurysmen

Epidemiologie und Pathogenese

Poplitealaneurysmen sind nicht häufig, trotzdem ist die A. poplitea (PA) die Hauptlokalisation für periphere Aneurysmen (>70 %). Die Prävalenz und Inzidenz der Erkrankung sind nicht genau bekannt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Prävalenz von Poplitealaneurysmen bei Patienten mit Bauchaortenaneurysma offensichtlich erhöht ist (7,5–10 %; Dent et al. 1972; Sandgren et al. 2001), man fand jedoch bei Patienten mit Bauchaortenaneurysmen nur eine Prävalenz von 3 % für Poplitealaneurysmen. Allerdings zeigen Dawson et al. (1997), dass 36 % der Patienten mit einem Poplitealaneurysma gleichzeitig auch an einem Aortenaneurysma leiden. In der Hälfte der Fälle findet sich die Erkrankung bilateral. Aus genannten Gründen ist das Poplitealaneurysma ein Marker für ein erhöhtes Risiko „Bein oder Leben“ zu verlieren.
Das Durchschnittsalter der Patienten mit Poplitealaneurysma liegt bei ca. 65 Jahren, wobei zu über 90 % Männer betroffen sind.
Die meisten Poplitealaneurysmen sind wahre Aneurysmen und entstehen durch degenerative arteriosklerotische Veränderungen. Wie im Kapitel der femoralen Aneurysmen erwähnt, spielen genetische Defekte und die erhöhte lokale Produktion von Kollagen- und Elastin-degradierenden Proteinen eine Rolle. Häufig finden sich in der Wand von Poplitealaneurysmen auch inflammatorische Infiltrate mit erhöhter Apoptose und Degradation von extrazellulärer Matrix.
Poplitealaneurysmen entstehen auch als Folge eines poplitealen Entrapment-Syndroms (Kap. „Akutes Kompartmentsyndrom der Extremitäten“). Als Mechanismus kommen mechanische Traumen und auch prä- und poststenotische Turbulenzen mit Scherkräften infrage. Vor allem bei jüngeren Patienten und bei Patienten ohne andere arteriosklerotische oder aneurysmatische Arterienveränderungen ist an diesen Pathomechanismus zu denken (Abb. 3)!
Pseudoaneurysmen der A. poplitea sind selten und werden durch chronisch repetitive Traumen ausgelöst z. B. durch distale Femurexostosen (Matsushita et al. 2000). Falsche Aneurysmen können auch durch penetrierende Traumen und kathetertechnische Manöver entstehen. Weitere iatrogene Traumen können anlässlich von chirurgischen Eingriffen am Knie wie Einsatz von Knieprothesen oder Arthroskopie entstehen. Pseudoaneurysmen wurden auch nach stumpfem Trauma und nach femoropoplitealem Graft, insbesondere nach Verwendung von Kunststoff, beobachtet.
Der normale Durchmesser der A. poplitea liegt bei 0,9±0,2 cm. Definitionsgemäß spricht man von einem Poplitealaneurysma, sobald der Durchmesser der Arteria poplitea >1,5 cm beträgt. Dabei ist der Durchmesser der zuführenden und abführenden Arterie zu berücksichtigen.

Klinisches Bild

Poplitealaneurysmen neigen wegen ihrer anatomischen Lage in der Fossa poplitea zu Komplikationen. Die Aneurysmen zeigen häufig schon bei kleinen Durchmessern (2 cm) thrombotische Auflagerungen, die durch die extremen Bewegungsmöglichkeiten im Kniegelenk repetitiv traumatisiert werden.
Das klinische Hauptproblem des Poplitealaneurysmas ist die akute Ischämie auf dem Boden der Thrombosierung des Aneurysmas und/oder gleichzeitiger Embolisierung. Auch eine chronische, klinisch vorerst stumme Embolisierung ist möglich, sie führt zu einer zunehmenden Verschlechterung der Ausstrombahn.
Das systematische Literaturreview zwischen 1980 und 1995 mit Daten von 2445 Aneurysmen ergab ca. ein Drittel der Fälle mit asymptomatischen Aneurysmen. Bei den restlichen \( {2}\!\left/ \!{3}\right. \) handelte es sich um symptomatische Fälle (Dawson et al. 1997). In diesem Review war die Extremitätenischämie das Leitsymptom in 55 %, die lokale Kompression in 6,5 % und die Ruptur in 1,4 % der Fälle.
Offensichtlich ist das Auftreten von Symptomen abhängig vom Aneurysmadurchmesser. Aneurysmen mit einem Durchmesser von <2 cm führen selten zu Symptomen, bei zunehmendem Durchmesser treten Komplikationen häufig auf. Der Thrombengehalt des Aneurysmas spielt dabei eine wichtige Rolle (Varga et al. 1994). In einer kleinen prospektiven Studie von 36 Patienten mit 46 Poplitealarterienaneurysmen, welche nicht chirurgisch behandelt wurden, konnten Stiegler et al. (2002) zeigen, dass bei 14,2 % der Poplitealarterien >2 cm eine Komplikation auftrat. Alle Komplikationen ereigneten sich in teilthrombosierten Poplitealaneurysmen bei Patienten, die nicht mit Marcumar, sondern nur mit einem Thrombozytenaggregationshemmer behandelt wurden. Die Komplikationsrate bei Aneurysmen <2 cm lag bei 3,1 %.
Aktuell sind ca. \( {1}\!\left/ \!{3}\right. \) der Patienten mit Poplitealaneurysma bei der Diagnosestellung asymptomatisch. Bei asymptomatischen Aneurysmen fehlen fast in der Hälfte der Fälle einer oder beide Fußpulse, was für die oben beschriebene, häufig klinisch stumme Embolisierung spricht. Solche Extremitäten sind speziell gefährdet. Das Risiko für eine Komplikation wie akute Thrombose, chronische Thromboembolisierung und Schmerz durch Kompression liegt bei 36 % nach 3 Jahren für Patienten mit normalen pedalen Pulsen, während die Komplikationsrate bei fehlenden Fußpulsen bei 86 % liegt (Dawson et al. 1994).
Die Ruptur eines Poplitealaneurysmas ist eine seltene Komplikation.

Diagnostik

Aufgrund der häufigen Komplikationen ist die Diagnose des Poplitealaneurysmas im asymptomatischen Stadium sehr wichtig. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer Therapie, bevor irreversible Schäden die Extremität gefährden. Hoher Verdacht besteht bei Patienten mit Aorten- oder Femoralisaneurysmen. Bei all diesen Patienten sollte zuerst die klinische, dann die apparativ technische Untersuchung erfolgen. Üblich in der klinischen Untersuchung ist der gut palpable Popliteapuls. Dabei ist zu beachten, dass auch ein bereits verschlossenes Poplitealaneurysma durch fortgeleitete Pulsationen palpabel sein kann. Typisch ist die Situation der einseitigen akuten oder chronischen Ischämie bei gut palpablem Popliteapuls auf der Gegenseite. Hier muss differenzialdiagnostisch an ein thrombosiertes Poplitealaneurysma gedacht werden. Bei jeder akuten oder subakuten Ischämie der unteren Extremität ist an das Poplitealaneurysma zu denken!
Die Untersuchungsmethode der Wahl ist die Duplexsonografie. Sie gibt zusätzlich wichtige Informationen in Bezug auf Aneurysmagröße, Lokalisation und Thrombusgehalt. Auch die Ausstromsituation lässt sich damit beurteilen. Im Hinblick auf die Therapie gewinnt man zusätzliche Information durch Arteriografie, CT und MRI (Abb. 4).
Diese Untersuchungen ermöglichen eine noch präzisere Lokalisation und liefern wichtige Informationen bezüglich des Ein- und Ausstroms. Auch häufige anatomische Varianten wie hoher Abgang der A. tibialis anterior oder der A. tibialis posterior werden erkannt.

Therapie

Poplitealaneurysmen wurden bereits vor mehr als 1400 Jahren beschrieben (in Galland 2008). 1953 wurde das erste Mal ein popliteales Aneurysma als Überbringer einer Katastrophe, nämlich einer akuten Ischämie, beschrieben. Keyslère beschrieb bereits 1744 die proximale und distale Ligatur, meist in einer Katastrophe endend. Später wurde die Kompressionstherapie direkt auf das Aneurysma oder indirekt auf die A. femoralis superficialis beschrieben. Danach beschrieb ein Schweizer Chirurg die indirekte Kompression des Aneurysmas mit hoffentlich konsekutiver Thrombose durch maximale Flexion des Kniegelenks. Bessere Resultate wurden von Sir Walter Reid 1875 mit Anlegen einer Esmarch-Binde berichtet. Damit erzielte er bei 27 von 47 Patienten ein erfolgreiches Resultat. Eher schauerliche Kompressionsgeräte, die einen indirekten Druck auf das Aneurysma ausüben sollten, wurden erwähnt. Die Endoaneurysmorrhaphie wurde 1888 von Rudolf Matas beschrieben. Hierbei wurde erstmals die Methode des Verschlusses von Seitenästen innerhalb des Aneurysmas beschrieben. Die heute noch aktuelle Therapie mit autologer Veneninterposition durch einen dorsalen Zugang wurde von Erich Lexer ca. 1912 das erste Mal durchgeführt. Crawford beschrieb das gleiche Vorgehen unter Verwendung eines Kunststoffgrafts. Proximale und distale Ligatur, gefolgt von einem autologen Venenbypass durch einen medialen Zugang wurde durch Edwards 1969 publiziert. Es handelt sich dabei um die heute noch am häufigsten verwendete Technik. Die Möglichkeit des endovaskulären Stentings von Poplitealaneurysmen wurde 1994 initiiert (ausführliche Beschreibung der Geschichte des Poplitealaneurysmas durch Galland 2008).
Die Indikation zur operativen Therapie hängt von Patientenrisiken und der Aneurysmagröße sowie allfälligem Thrombengehalt des Aneurysmas ab. Dabei sind die Risiken der konservativen Therapie mit denjenigen der operativen oder interventionellen Therapie zu vergleichen. Heute gilt die Empfehlung, dass asysmptomatische Aneurysmen in Good-risk-Patienten ab einem Durchmesser von 2,0 cm und größer operativ behandelt werden sollen. Bei steigendem Operationsrisiko wird die Indikation für den Eingriff zurückhaltender gestellt und hängt bei asymptomatischem Aneurysma davon ab, ob bereits stumme Embolien aufgetreten sind (fehlende periphere Pulse).
Ein computerisiertes Markow-Modell zur Entscheidungsanalyse hat gezeigt, dass die frühe elektive Behandlung einem Follow-up vorzuziehen ist, obschon das Risiko für Komplikationen bei asymptomatischen Aneurysmen <10 % pro Jahr liegt (Michaels und Galland 1993). Trotzdem gibt es verschiedene Autoren, die bei kleinen asymptomatischen Aneurysmen der konservativen Therapie, zum Teil mit zum Teil ohne perorale Antikoagulation den Vorzug geben. Sie argumentieren hauptsächlich mit Folgeproblemen nach der Operation wie Graftverschluss, Graftdilatation und Expansion des verbleibenden Aneurysmasacks. Das konservative Vorgehen basiert auf der Vorstellung, dass im Falle von thromboembolischen Komplikationen eine Thrombolyse und Rekonstruktion immer noch erfolgreich durchgeführt werden kann. Dem ist die Erfahrung vieler Chirurgen entgegenzuhalten, dass das Resultat der operativen Behandlung von Poplitealaneurysmen in elektiven Fällen besser ist als bei symptomatischen Fällen (Mahmood et al. 2003). Selbstverständlich können mit prä- oder intraoperativer Thrombolyse und Bypasschirurgie auch bei symptomatischen Poplitealaneurysmen gute Resultate erzielt werden, allerdings unter Inkaufnahme komplexer Rekonstruktionen (Aulivola et al. 2004). Das Therapieziel ist die Verhinderung von thromboembolischen Komplikationen, die bei Poplitealaneurysmen wegen ihrer anatomischen Lage relativ häufig sind. Dieses Ziel kann letztlich nur durch die Behandlung von asymptomatischen Aneurysmen erreicht werden. Wir empfehlen deshalb die operative Therapie bei allen Poplitealaneurysmen mit Thrombussaum und einem Durchmesser von ≥2,0 cm. Kleinere Aneurysmen werden mit Duplexsonografie regelmäßig beobachtet und bei relevantem Thrombensaum eventuell peroral antikoaguliert.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie stellt beim Poplitealaneurysma die Ausnahmeindikation dar. Asymptomatische Aneurysmen mit einem Durchmesser von <2 cm werden in der Regel konservativ behandelt, bedürfen aber eines regelmäßigen Follow-up mit Duplexsonografie.
Größere asymptomatische Aneurysmen werden operativ behandelt, allerdings in Abhängigkeit vom individuellen Risikoprofil des Patienten. Entscheidet man sich in Anbetracht der Gesamtsituation für eine konservative Therapie, stellt sich die Frage nach einer peroralen Antikoagulation. Die Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten kann die Inzidenz der thromboembolischen Komplikationen des Poplitealaneurysmas reduzieren. In diesem Fall sind Vor- und Nachteile der konservativen, respektive operativen Therapie sorgfältig abzuwägen. Es besteht keine gestützte Evidenz für die Antikoagulation p.o.

Operative Therapie

Das Prinzip besteht in der Ausschaltung des Aneurysmas und der Wiederherstellung der Unterschenkeldurchblutung mittels Bypass oder Interponat. Prinzipiell gibt es dazu zwei Möglichkeiten:
  • Proximale und distale Ligatur des Aneurysmas und Bypassrekonstruktion zur Wiederherstellung der Strombahn
  • Eröffnen des Aneurysmasackes und Durchstechungsligatur der rückblutenden Seitenäste von innen (Endoaneurysmorrhaphie), gegebenenfalls partielle Resektion des Aneurysmas und Wiederherstellung der Strombahn mittels Interponat
In den letzten Jahren setzt sich zunehmend die Endoaneurysmorrhaphie gegenüber der Ligatur und dem Bypass durch. Der Grund dafür liegt im Langzeitverhalten des exkludierten Aneurysmasacks. Ebough et al. (2003) konnten in einer Serie von 57 exkludierten Poplitealaneurysmen zeigen, dass der Durchmesser des Aneurysmasacks bei einem Drittel der Patienten über einen Zeitraum von einigen Jahre zunahm. Auch Jones et al. (2003) berichteten über eine nicht zu unterschätzende Tendenz für eine Durchmesserzunahme, insbesondere bei zunehmendem Abstand der beiden Ligaturen. In einigen Fällen wurden die Aneurysmen durch Kompression symptomatisch. Der Mechanismus, der zum Wachstum des ausgeschalteten Aneurysmasacks führt, wird von den Autoren mit dem Endoleak Typ II bei endoprothetisch versorgtem Aortenaneurysma verglichen. Je größer die Anzahl der aus dem Aneurysma abgehenden Seitenäste (genikuläre Arterien), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Aneurysmasack nicht thrombosiert und wächst.
Während prinzipiell zwei verschiedene chirurgische Techniken möglich sind, existieren für die elektive Operation auch zwei verschiedene Zugangsmöglichkeiten.
  • Medialer Zugang: Der Patient befindet sich in Rückenlage. Je nach genauer anatomatischer Lokalisation des Aneurysmas erfolgt ein supragenikulärer Zugang zur A. poplitea pars I und ein Zugang durch eine zweite Inzision zur infragenikulären A. poplitea pars III. Falls das Aneurysma sich weiter nach proximal in den Adduktorenkanal fortsetzt, erfolgt die Freilegung der A. femoralis superficialis, welche unterhalb des Musculus sartorius liegt.
    Nach systemischer Heparinisierung mit 3000–5000 IE Liquemin wird die A. poplitea pars I, respektive A. femoralis superficialis oberhalb des Aneurysmas und die A. poplitea pars III unterhalb des Aneurysmas ligiert oder besser durchtrennt und umstochen. Cave: Ligaturen verschließen verkalkte oder relativ großkalibrige Gefäße nicht vollständig! Die Strombahn wird durch einen Bypass oder Interponat, der orthotop durch die Fossa poplitea geführt wird, wieder hergestellt. Je nach Kaliberdifferenz kann proximal eine End-zu-Seit- oder eine End-zu-End-Anastomose gefertigt werden. Bei der End-zu-Seit-Anastomose muss die Arterie distal der Anastomose verschlossen werden (funktionelle End-zu-End-Anastomose). Distal erfolgt eine End-zu-End-Anastomose. Zu beachten ist die streng orthotope, d. h. anatomische Lage des Bypass zwischen den Gastrocnemiusköpfen. Das Durchziehen des Grafts kann insbesondere bei großen Poplitealaneurysmen Schwierigkeiten bereiten.
    Als Bypassmaterial eignet sich im Bereich des Kniegelenks autologes Venenmaterial, das allerdings in geeigneter Qualität vorhanden sein muss. Ein präoperatives Duplexmapping der Venen erlaubt die gezielte Entnahme des qualitativ besten Venenmaterials. Kunststoffprothesen zeigen in dieser Lokalisation deutlich schlechtere Offenheitsraten. Wie bei allen infrainguinalen Rekonstruktionen empfehlen wir zum Abschluss eine „On-table-Angiografie“ in Streckstellung, die ein mögliches Bypass-Entrapment bei nicht korrektem Durchzug durch die Fossa poplitea entlarvt. Damit können auch die Anastomosen und der Outflow beurteilt werden.
    Gelegentlich sind Poplitealaneurysmen mit erheblich arteriosklerotisch veränderten Arterien vergesellschaftet. Eine multipel und hochgradig stenosierte A. femoralis superficialis wird am besten durch einen längeren Bypass gleichzeitig überbrückt. Trotzdem ist darauf zu achten, die A. femoralis superficialis möglichst knapp oberhalb des Aneurysmas zu ligieren und nicht nur im Bereich der oberen Anastomose. Manchmal gibt es Schwierigkeiten bei harten Verkalkungen am poplitealen Anschluss. In diesen Fällen erfolgt die Präparation des Truncus tibiofibularis und eventuell des Abgangs der A. fibularis, respektive tibialis posterior. In dieser Lokalisation sollte keine lokale Endarterektomie durchgeführt werden. Bei manchen Fällen muss eine langstreckige End-zu-End-Anastomose zwischen dem Venenbypass und der A. poplitea pars III, respektive Truncus tibiofibularis und eventuell A. fibularis durchgeführt werden.
  • Dorsaler Zugang: Wir bevorzugen den dorsalen Zugang, sofern das Poplitealaneurysma im Bereich des Kniegelenkspalts lokalisiert ist. Im Angiogramm sollte sich das Aneurysma nach proximal nicht weiter ausdehnen als zum Patellaoberrand. Distal sollte das Aneurysma ca. 1 cm oberhalb des Abganges der A. tibialis anterior enden. Weiter reichende Freilegungen durch den dorsalen Zugang sind mühsam und können zu Problemen mit motorischen Ästen des Nervus tibialis oder Peronaeus führen. Wir verwenden bei Aneurysmen, die sich über diese Grenzwerte ausdehnen, den medialen Zugang.
    Der Patient befindet sich in Bauchlage. In der Kniekehle erfolgt eine S-förmige Hautinzision, beginnend medial kranial, endend lateral kaudal mit Zentrierung auf den Kniegelenkspalt. Nach Durchtrennen der Subkutis wird die Faszie inzidiert. Cave: der Nervus peronaeus liegt im lateralen Wundbereich direkt unter der Faszie und kann bei unsorgfältiger Faszieninzision bereits verletzt werden. Jetzt wird ein kranialer und kaudaler Hautfaszienlappen präpariert, dann die Inzision zwischen den beiden Köpfen des Musculus gastrocnemius vertieft. Nach Identifikation des Nervus tibialis erfolgt die sorgfältige Freipräparation des Aneurysmas, respektive Gefäßhinterwand, wobei einige quer verlaufende Venenverbindungen durchtrennt werden müssen. Nervenäste, die zu den Gastrocnemiusmuskeln ziehen, sind wenn möglich zu schonen. Proximal und distal wird soweit präpariert, bis nicht aneurysmatische Arterienwand dargestellt ist (Abb. 5).
    Nach systemischer Heparinisierung mit 3000–5000 IE Liquemin wird das Aneurysma proximal und distal ausgeklemmt, dann längs eröffnet. Es folgen das Ausräumen der Thrombenmassen und die Durchstechungsligaturen von rückblutenden, genikulären Seitenästen. Die nächsten Schritte sind die Resektion der Aneurysmaseitenwand, soweit dies ohne Verletzung von Begleitstrukturen möglich ist und dann proximale und distale End-zu-End-Anastomose zwischen der Arterie und dem Interponat, das bei diesem Zugang naturgemäß korrekt anatomisch zu liegen kommt. Bei technisch schwierigen Anastomosen und unklarem Ausfluss empfiehlt sich die intraoperative On-table-Angiografie. Redon-Drainage, Faszienverschluss und Hautnaht oder Klammern folgen.
    Als Interponatmaterial eignet sich selbstverständlich die autologe Vene am besten. Auch hier ist präoperativ das beste Venenmaterial durch Duplexmapping zu bestimmen. Falls die V. saphena magna im medialen Kniegelenksbereich eine gute Qualität und ein gutes Kaliber zeigt, kann sie in der Bauchlage problemlos entfernt werden. Wir haben keine Erfahrung mit Verwendung der V. saphena parva, die sich bei dem gewählten Zugang zwar anbieten würde, in der Regel aber einen zu kleinen Durchmesser aufweist. Fast immer ist das Poplitealaneurysma mit einem relativ großkalibrigen, zuführenden Gefäß vergesellschaftet. Soll nun eine End-zu-End-Anastomose mit einem schmalkalibrigen Veneninterponat erfolgen, kann dies zu technischen Schwierigkeiten führen. Wir entnehmen deshalb häufig die V. saphena magna vom proximalen Oberschenkel, wobei wir den Patienten für die Entnahme zu Beginn der Operation in Rückenlage lagern und nach Venenentnahme umlagern, um neu zu desinfizieren und abzudecken.

Interventionelle Therapie

Seit vielen Jahren wird auch über die Verwendung von Endoprothesen bei der Versorgung des Poplitealaneurysmas berichtet. Es handelt sich dabei um perkutan applizierte Stent-Grafts. Weiterhin sind die Stent-Resultate für den femoropoplitealen Bereich weniger gut als die Resultate der offenen Rekonstruktion. Ein wesentliches Problem ist, dass der Stent-Graft das Kniegelenk überbrücken muss und somit die Bewegungen der A. poplitea beim Gehen auf den Stent übertragen werden. Gerasimidis et al. (2003) berichteten über ihre Erfahrung mit PTFE-beschichteten Nitinolstents. Die primäre Offenheitsrate lag nach 14 Monaten bei 47 %. Vorläufig sind die Resultate mit diesen Stent-Grafts weniger gut im Vergleich zur offenen Operation, insbesondere bei Verwendung von autologem Venenmaterial. Damit kann die endovaskuläre Therapie höchstens Patienten empfohlen werden, die ein hohes Operationsrisiko haben und eine günstige Anatomie zeigen. Randomisierte Studien fehlen.

Notfalltherapie

Ein wesentliches Problem kann die notfallmäßige Therapie des symptomatischen Poplitealaneurysmas bereiten. Im einfachsten Falle handelt es sich um ein frisch thrombosiertes Poplitealaneurysma, einem Poplitealarterienverschluss, welcher bereits so gut kollateralisiert ist, dass der Patient keine Zeichen der kritischen Ischämie zeigt. In diesen Fällen sind angiografisch die Anschlussgefäße problemlos sichtbar und die operative Therapie lässt sich genau planen. Wirkliche Probleme bereiten Patienten, die sich mit akuter Ischämie bei thromboembolischer Komplikation präsentieren (Abb. 6).
Es ist bei jeder akuten unteren Extremitätenischämie das Vorliegen eines Poplitealaneurysmas duplexsonografisch auszuschließen! Ist die Diagnose gestellt, stellt sich die Frage nach den Ausstromverhältnissen. Dabei entsteht die Crux zwischen intraoperativer Thromboembolektomie und Thrombolyse oder nach präoperativer kathetergeführter Lyse. Verschiedene Autoren haben Daten zur präoperativen Lyse publiziert, allerdings liegen keine prospektiv randomisierten Studien vor (Dorigo et al. 2002). Im Falle der akuten Thrombose, respektive massiven distalen Embolisation finden sich in der präoperativen Angiografie gelegentlich keine Anschlussgefäße. In diesen Fällen scheint das chirurgische Resultat weniger gut zu sein als nach elektiver Behandlung, da die distalen Arterien mit der präoperativen, aber auch intraoperativen Thrombolyse nicht immer vollständig rekanalisiert werden können. Die Thrombolyse ist fast immer inkomplett und die Zeit für Reperfusion dauert mehrere Stunden. Damit kann die präoperative Lyse bei der akuten Ischämie zu einem Zeitverlust führen.
Bei der kathetergeführen Thrombolyse wird der Plasminogenaktivator direkt in den Thrombus hinein appliziert. Damit können auch ältere thrombotische Anteile aufgelöst werden. So kann die Zeitdauer der Thrombolyse reduziert werden.
Zusätzlich ist eine adäquate Heparinisierung notwendig, um eine Thrombose um den Katheter zu verhindern. Gelegentlich kann die präoperative Lyse zu einer distalen Embolisierung und damit Verschlechterung der Situation führen. Aus diesem Grund und wegen des Zeitverlusts steht die präoperative Thrombolyse weiterhin zur kontradiktorischen Debatte.
Wir bevorzugen auch bei Patienten, bei denen die Ausflusssituation unklar bleibt, die möglichst rasche Freilegung der infragenikulären A. poplitea und führen dann vorerst ein sorgfältiges Fogarty-Manöver „over the wire“ durch. Damit können erhebliche Thrombenmassen rasch und effektiv entfernt werden. Die intraoperative Angiografie zeigt dann die Ausflusssituation und ermöglicht die gezielte und selektive intraoperative Thrombolyse von allen drei Unterschenkelarterien. Auch hier ist es wichtig, die Spitze des Katheters in den Thrombus zu führen, um das Thrombolytikum in den Thrombus zu applizieren. Zusätzlich kann über den liegenden Katheter der Ausflusstrakt angiografisch immer wieder beurteilt werden.
Je nach Ausstromsituation erfolgt dann die Revaskularisation mittels Bypass, wobei wir nicht zurückschrecken, auch isolierte distale Unterschenkelarterien als Anschlussgefäß zu verwenden. Mit dieser Strategie haben auch andere Autoren bei der Behandlung des akut symptomatischen Poplitealaneurysmas gute bis sehr gute Resultate erzielt (Aulivola et al. 2004). Die eigentliche Behandlung des Aneurysmas erfolgt nach oben genannten Richtlinien fast immer durch einen medialen Zugang.

Verlauf, Prognose und Nachsorge

Die Prognose der Rekonstruktion ist abhängig vom Graftmaterial und vom Ausflusstrakt. Die Nachsorge entspricht im Wesentlichen der Überwachung der Rekonstruktion, entsprechend dem Nachsorgeschema nach peripherer Bypassoperation. Das Follow-up erfolgt mit regelmäßigen Duplexsonografien einerseits des Grafts, andererseits der Anschlussstellen. Wurde anlässlich der Initialdiagnostik ein noch nicht sanierungsbedürftiges Aortenaneurysma oder eine Ektasie der kontralateralen A. poplitea festgestellt, werden diese Pathologien gleichzeitig mit überwacht. Wie oben erwähnt kann sich der ausgeschaltete Aneurysmasack durch Überdruck aus rückblutenden Seitenästen ausdehnen. Dieser Sack muss ebenfalls regelmäßig duplexsonografisch kontrolliert werden. Gelegentlich muss der Aneurysmasack bei störenden Symptomen operativ eröffnet und durch Endoaneurysmorrhaphie versorgt werden.
Die Offenheitsrate für autologes Venenmaterial als Interpositionsgraft oder Bypass zur Überbrückung von Poplitealaneurysmen ist hervorragend und scheint besser zu sein als die Resultate, die bei Patienten mit chronisch arterieller Verschlusskrankheit erreicht werden. Die sekundären Offenheitsraten nach 5–10 Jahren liegen bei 80–90 % (Davies et al. 2007; Duffy et al. 1998). Upchurch et al. (1999) führen die überlegenen Offenheitsraten beim Aneurysma auf einen generell größeren Durchmesser der verwendeten Venen und auf ein verändertes Remodelling dieser Grafts im Laufe der Zeit zurück. Allerdings zeigen unsere eigene Erfahrung und auch die Erfahrung von Jones et al. (2003), dass autologe Venengrafts, die bei der Aneurysmaerkrankung eingesetzt werden, häufiger dilatieren und sich selbst wieder im Laufe der Jahre zu Rezidivaneurysmen entwickeln. Solche Rezidivaneurysmen müssen erfasst werden, da sie ein Verhalten zeigen, welches dem genuinen arteriellen Aneurysma in dieser Position entspricht (Thromboembolie). Aus diesem Grund empfehlen wir eine lebenslange Nachsorge!

Krurale Aneurysmen

Aneurysmen von kruralen Arterien sind selten und treten meist als posttraumatische Pseudoaneurysmen oder gelegentlich als infizierte Aneurysmen nach systemischen Infekten auf (mykotisches Aneurysma). Die häufigsten traumatischen Pseudoaneurysmen treten nach kathetertechnischen Interventionen, respektive blinden, d. h. nicht drahtgeführten Ballonkathetermanövern auf. Schon aus diesem Grund empfehlen wir, Ballonkathetermanöver am Unterschenkel mit Drahtführung unter angiografischer Sicht durchzuführen. Andere traumatische Ursachen sind Frakturen, Osteosynthesen und externe Fixationen. Auch Exostosen können durch chronische Arrosion Pseudoaneurysmen generieren.

Klinisches Bild und Diagnostik

Kleine Aneurysmen sind in der Regel asymptomatisch und können klinisch nicht erfasst werden. Größere Aneurysmen führen zu Schwellung und werden mit Duplexsonografie und anderen bildgebenden Verfahren wie Arteriografie, Angio-CT und/oder MR-Angiografie weiter abgeklärt.

Therapie

Die Therapie richtet sich nach der Lage der Läsion und besteht in der Aneurysmaligatur und gegebenenfalls Überbrückung mit Bypass oder Interponat. Geeignete Fälle können auch kathetertechnisch mit Coilembolisation oder Thrombininjektion behandelt werden. Die kathetertechnische Therapie empfiehlt sich nur bei Aneurysmen, die einen Hals haben, der die Aneurysmathrombose ermöglicht, ohne Thromboembolisierungsrisiko der zu- und abführenden kruralen Arterie. Eine allfällige gewollte Thrombosierung der zu- respektive abführenden Arterie kann diskutiert werden, wenn die anderen kruralen Arterien offen sind und keine relevante Durchblutungsstörung zu erwarten ist.
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