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Operative und interventionelle Gefäßmedizin
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Verfasst von:
Thomas Bürger und E. Sebastian Debus
Publiziert am: 31.08.2016

Thoracic-outlet-Syndrom

Die Bezeichnung Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) wird undifferenziert für alle Beschwerdebilder verwendet, bei denen im Bereich der oberen Thoraxapertur nervale oder vaskuläre Strukturen durch Druck geschädigt bzw. beeinträchtigt werden. Es subsumiert das Halsrippen-, Scalenus-anterior-, Pectoralis-minor-, kostoklavikuläre und Hyperabduktionssyndrom. Falls eine isolierte venöse Kompression im Vordergrund steht, ist als eigenständiger Begriff das Thoracic-inlet-Syndrom (TIS) etabliert.

Terminologie und Klassifikation

Die Bezeichnung Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) wird undifferenziert für alle Beschwerdebilder verwendet, bei denen im Bereich der oberen Thoraxapertur nervale oder vaskuläre Strukturen durch Druck geschädigt bzw. beeinträchtigt werden. Es subsumiert das Halsrippen-, Scalenus-anterior-, Pectoralis-minor-, kostoklavikuläre und Hyperabduktionssyndrom. Falls eine isolierte venöse Kompression im Vordergrund steht, ist als eigenständiger Begriff das Thoracic-inlet-Syndrom (TIS) etabliert.
Ursache für das TOS ist zumeist eine anlagebedingte Enge an dieser Stelle. Zusätzliche Faktoren wie Haltungsschäden der Wirbelsäule, ausgeprägte Muskelbildung durch Bodybuilding oder Kraftsport, Vorhandensein einer Halsrippe oder zusätzliche Bänder können zu einer Verstärkung dieser Enge beitragen. Manchmal kann die Symptomatik durch eine Schwangerschaft (Körperhaltung/große Brüste) oder ein adäquates Unfallereignis (Schleudertrauma der HWS) ausgelöst werden. Etwa 2/3 der Patienten geben ein adäquates Trauma in der Vorgeschichte an, das zu Gewebseinrissen, narbigem Umbau des perivasalen und -neuralen Gewebes und überschießender Kallusbildung nach Klavikulafrakturen führt. Der Plexus brachialis ist praktisch immer betroffen, eine arterielle Beteiligung findet sich bei ¼ der Patienten, etwas häufiger ist eine venöse Kompression.
Entsprechend ihrer klinischen Symptomatik werden folgende drei Klassifikationstypen unterschieden.
1.
Neurologischer Typ: 70–90 %
 
2.
Venöser Typ: 5–7 %
 
3.
Arterieller Typ: 1–5 %
 
Eine überlagerte klinische Symptomatik findet sich (Mischform) in ca. 15–20 % (Rochlin et al. 2012; Molina et al. 2007).
Roos (1989) unterscheidet in Abhängigkeit von den betroffenen Nervenwurzeln zwei neurologische Beschwerdebilder: den oberen Plexus Typ C5–C7 (selten) und den unteren Plexus Typ C8–Th1.

Epidemiologie

Das TOS ist insgesamt ein seltenes Krankheitsbild. Verlässliche Angaben zur Inzidenz liegen nicht vor. Eine wesentliche Ursache dafür ist seine jahrelang verzögerte und oft verkannte Diagnosestellung. Betroffen sind überwiegend 20- bis 50-jährige Patienten mit einem Altersgipfel zwischen 30–40 Jahren. Das weibliche Geschlecht ist im Verhältnis 3:2 häufiger betroffen. Die Ursache hierfür ist unklar, liegt aber möglicherweise darin, dass 70 % der Patienten mit einer Halsrippe Frauen sind. Betroffene Frauen haben häufig einen leptosomen Körperbau, Männer dagegen sind häufiger aktive Sportler mit muskulösem Körperbau (Bodybuilder). Die vorliegenden Angaben zur Prävalenz schwanken zwischen 0,1 pro Million und 1 %. Bei Patienten im Alter unter 40 Jahren wird das TOS als die häufigste Ursache eines akuten arteriellen Gefäßverschlusses angegeben. Halsrippen kommen bei bei 0,3–1 % der Bevölkerung vor. In 40–45 % der Fälle sind sie bilateral angelegt. Nur in ca. 10 % werden sie symptomatisch (Bürger 2007; Sanders und Hammond 2002).
Im Zusammenhang mit dem TOS sind drei anatomische Regionen von Bedeutung: das Skalenusdreieck, der kostoklavikuläre Raum und der Pectoralis-minor-Ausgang (Abb. 1). Das Skalenusdreieck ist am häufigsten Ursache einer Kompression des Plexus brachialis (C5–Th1, neurogenes TOS), während der kostoklavikuläre Raum alle drei Strukturen (Plexus brachialis, A. und V. subclavia) beherbergt und alle diese Strukturen komprimieren kann. Der M. pectoralis minor kann ebenfalls alle drei Strukturen zwischen Rippen und Muskel komprimieren und liegt streng genommen bereits außerhalb der Thoraxapertur. Da hier schon die Axillaregion beginnt, sollte treffender vom Axilla-outlet-Syndrom gesprochen werden.
Für das Entstehen eines neurogenen TOS werden eine Kombination prädisponierender anatomischer Veränderungen mit vorangegangenen Traumata (Hals, Schulter, Arm) als häufige Ursache angesehen. Es liegt meist eine begleitende Engstellung der Skalenuslücken vor. Durch (repetitive) Traumata kommt es hier zu einer zusätzlichen Fibrosierung der Muskelansätze. Dadurch können neurogene Beschwerden unterhalten werden. So kann beispielsweise nach einem Schleudertrauma ein initial bestehender typischer Nackenschmerz durch eine Einblutung und Ödembildung im Bereich der Skalenusmuskeln aggraviert werden, die wiederum zu persistierenden Par- und Dysästhesien der oberen Extremitäten führen kann. Ödem und posttraumatische Schwellung sind regredient, die Fibrosierung aber ist persistierend und kann somit zu dauerhaften Missempfindungen des Armes führen (Smith und Valentine 1906).
Das venöse TOS dagegen hat seine Ursache primär in einer kostoklavikulären Enge. Auch hier spielen sich wiederholende Belastungen des Armes (Werfen, Schwimmen, Überkopfarbeiten) oft eine auslösende Rolle. Es betrifft daher meist den dominanten Arm. Morphologisch entwickeln sich in der Venenwand fokale Fibrosierungen, die zu Lumenreduktionen bis auf wenige Millimeter führen können. Eine sekundäre Thrombosierung führt zum Verschluss mit den typischen Symptomen einer akuten tiefen Armvenenthrombose. Entschließt man sich zur operativen Revision, ist aufgrund der zugrunde liegenden Pathologie die alleinige Thrombektomie nicht ausreichend. Vielmehr muss eine Beseitigung der Engstellung durch Rippenresektion und eine Erweiterungsplastik des stenosierten Venensegmentes erfolgen.
Das arterielle TOS wiederum ist in der Regel mit einer Halsrippe oder auch mit einem anormalen Skalenusansatz vergesellschaftet. Die häufigste Gefäßpathologie ist eine Subclavia-Stenose mit poststenotischer Dilatation oder Aneurysmabildung. Auch eine assoziierte Thrombusformation bleibt häufig so lange klinisch asymptomatisch, bis eine periphere Embolisierung eintritt.

Diagnostik

Klinische Diagnostik

„Der erste und wichtigste Schritt in der Diagnostik eines T.O.S. besteht darin, dass man überhaupt an das Vorliegen eines derartigen Syndroms denkt“ (Wilhelm und Wilhelm 1985). Dabei sind 3 Punkte entscheidend:
1.
Hinweise in der Anamnese,
 
2.
richtungsweisende körperliche und apparative
Untersuchungen,
 
3.
der Ausschluss alternativer Ursachen.
 
Das Beschwerdebild ist abwechslungsreich und oft unspezifisch. Vielfältige Symptome, Funktionseinschränkungen, Thrombosen, und Gefäßveränderungen sind möglich, da die Kompression überwiegend das Nervengeflecht und/oder vaskuläre Strukturen betreffen kann.
Klinische Kardinalsymptome sind Brachiozephalgie n mit ausstrahlenden Schmerzen, gehäuft ulnar betonte Parästhesien, Sensibilitätsstörungen und Paresen. Weiterhin hinweisend können Muskelatrophien der Hand (Thenarbereich) sein. Die vaskuläre Manifestation zeigt sich häufig durch eine Belastungsischämie des Armes (Blässe) oder durch akrale Nekrosen bei peripherer Embolisation.
Arm- und Schulterschmerz mit Schwellung und Zyanose sind typische Symptome einer Armvenenthrombose (Paget-von-Schrötter-Syndrom). Oftmals sind die subkutanen Venen durch die Abflusstörung im Seitenvergleich prominent. Ein Schweregefühl und Kollateralvenen im oberen Thoraxbereich und sind zusätzlich hinweisend. Jahrelange Schmerzzustände führen nicht selten zu Depressionen (Machanic und Sanders 2008; Thomas und Zierler 2005).
Typisch für ein Thoracic-outlet-Syndrom sind Schmerzen in der Rückseite der Schulter und in der Achselhöhle mit Ausstrahlung zur Innenseite des Arms, des Ellenbogens bis zu den Fingern 4 und 5. Die Beschwerden können durch Anheben oder Schlenkern des Arms ausgelöst und verstärkt werden. Auch Drehbewegungen des Kopfes oder Rückwärtsbewegungen durch Zug am Arm können auslösend sein. Bekannt sind häufige nächtliche Missempfindungen mit „Einschlafen der Hand“, begleitet von vermehrtem Schwitzen. Auch werden Kältegefühle beschrieben. Erst relativ spät wird eine Atrophie der kleinen Handmuskeln bemerkt. Bleibende Lähmungserscheinungen treten jedoch nur sehr selten auf. Der knöcherne Druck auf die unteren Nervenanteile bewirkt zunächst Schmerzen, Missempfindungen, Muskelschwäche und Störungen der Feinmotorik. Mikroblutungen in die Nervenhüllen führen zu bindegewebiger Narbenbildung mit Schrumpfungstendenz und können dadurch eine persistierende Schädigung der Nervenfasern verursachen. Die hierdurch hervorgerufenen neurologischen Symptome sind in diesen Fällen nicht mehr rückläufig.
Steht die arterielle Kompression im Vordergrund, können rasche Ermüdbarkeit, Schmerzen bei Überkopfarbeiten, Blässe und Kälte der Hand zu den Leitsymptomen werden. Ein chronischer Schaden der arteriellen Gefäßwand begünstigt die Entwicklung einer orthotopen Thrombenbildung (Abb. 2). Nicht selten ist dieser Prozess auslösend für periphere, meist akrale Embolisationen. Schließlich unterstützen der permanente knöcherne Druck auf das Gefäß und Strömungsturbulenzen die Entwicklung von Aneurysmen. Hier kann das Erstsymptom eine akute oder chronische Ischämiesymptomatik sein. Aneurysmarupturen sind jedoch selten.
Arterielle Komplikationen durch Kompression der A. subclavia repräsentieren zwar die seltenste Entität des TOS, jedoch stellen diese die strengste Indikation für eine invasive Behandlung dar. Arterielle Komplikationen sind in der Regel progredient und typischerweise primär mit knöchernen Anomalien der Thoraxapertur vergesellschaftet. In der Regel liegt eine Halsrippe vor, die die Arterie nach ventral verlegt und diese dadurch zwischen erster Rippe, vorderem Skalenus-Muskel und Klavikula komprimiert (Tab. 1).
Tab. 1
Häufigkeiten knöcherner Anomalien bei arteriellem TOS (nach Smith und Valentine 1906)
Anomalie
Häufigkeit
Halsripppe
63
Anomalie 1. Rippe
22
Fibrokartilaginäres Ligament
10
Klavikulafraktur
4
Hypertropher Processus transversalis C7
1
Die häufigste Komplikation ist hier eine oft mehrzeitige, sich langsam entwickelnde periphere Ischämie. Ein Aneurysma kann nur sehr selten supra- oder infraklavikulär getastet werden. Eine Halsrippe lässt sich dagegen leichter palpieren. Ein sich bei Armelevation verstärkendes pathologisches Schwirren findet sich in dieser Region auskultatorisch häufiger. Zur klinischen Untersuchung gehört eine seitenvergleichende Blutdruckmessung in Neutralhaltung und in Funktionsstellung. Anders als bei dem neurogenen TOS ist ein Rezidiv nach operativer Korrektur eines arteriellen TOS sehr selten. Die Offenheitsraten nach arteriellen Rekonstruktionen liegen, abhängig von der Ausstromsituation, im Langzeitverlauf zwischen 90 und 100 %. Eine Major-Amputation sollte vermeidbar sein, jedoch ist die Amputation einzelner Finger bei fortgeschrittener Embolisierung nicht selten (Smith und Valentine 1906).
Bei überwiegend venöser Kompression klagen die Patienten über ein Schwere- und Spannungsgefühl. Häufig sind Hand und Arm morgens angeschwollen und zyanotisch verfärbt. Bei Überkopfarbeiten treten hier die Venen an Hand, Arm und Schulter prall hervor. Da es sich um einen zentripetal gerichteten Stau handelt, spricht man besser von einem Thoracic-inlet-Syndrom (TIS). Eine Armvenenthrombose ist die wichtigste Komplikation des TIS. Sie wird nach ihren Erstbeschreibern auch Paget-von-Schroetter-Syndrom genannt wird. Paget beschrieb 1875 erstmals eine durch Venospasmus hervorgerufene akute, schmerzhafte Armschwellung, während von Schroetter 9 Jahre später der Erste war, der ursächlich für diese Symptome eine Thrombose der V. subclavia nachwies. Die Therapie des Paget-von-Schroetter-Syndroms ist ausführlich in Kap. Venen, Venenthrombosen obere Extremitäten beschrieben.
Die chronische Kompression der Vene (V. subclavia) kann eine weißlich derbe Veränderung der Venenwand mit Schrumpfung hervorrufen. Kardinalsyndrome sind hier der Arm- und Schulterschmerz mit Schwellung und Zyanose. Ausgangspunkt tödlicher Lungenembolien ist die akute Armvenenthrombose jedoch nur in 1–2 % (Sajid et al. 2007; Luther 2006; Thomas und Zierler 2005). Obwohl unter Provokationstests eine signifikante Einengung in bis zu 80 % beidseits nachweisbar ist, tritt eine bilaterale Thrombose nur in 2–15 % auf. Männer sind häufiger betroffen, das mittlere Lebensalter liegt bei 32 Jahren. Es ist fast immer der dominante Arm betroffen.

Klinische Untersuchung

Die Anamnese erfasst die Beschwerdesymptomatik (Intensität der Symptome, Auslösemechanismen, belastungs- und haltungsabhängig). Hierzu zählt das Erfragen von Traumata, Begleiterkrankungen und möglicherweise bereits stattgehabten Untersuchungen (Neurologie, Orthopädie, Neurochirurgie) und Behandlungen. Tägliche spezifische Belastungssituationen im Alltag und Beruf können ein wegweisender Hinweis sein.
Klinische Kardinalsymptome sind Brachiozephalgien mit ausstrahlenden Schmerzen, gehäuft ulnar betonte Parästhesien, Sensibilitätsstörungen und Paresen.
Das Beschwerdebild ist abwechslungsreich und oft unspezifisch mit vielfältigen Symptomen. Die klinische Untersuchung umfasst neben der Inspektion (Haltungsanomalien, Asymmetrien, Hautfarbe und -temperatur, Schwellungen, vermehrte Venenzeichnung, Hautläsionen) und Auskultation eine palpatorische Untersuchung (Halsrippe, Kallus/Exostosen, Myogelosen, druckschmerzhaftes neurovaskuläres Bündel, Motorik und Sensibilität). Nach Erfassen des Pulsstatus und seitenvergleichendem Messen der Blutdrucke (auch in beschwerdeauslösenden Funktionsstellungen) werden ergänzend Provokationstests durchgeführt:
Abduktions-Elevantions-Rotations (AER)- bzw. Roos-Test
Beide Arme des Patienten werden im Ellenbogengelenk gebeugt und rechtwinklig vom Körper abduziert bzw. eleviert. Die Handflächen werden nach außen rotiert und Faustschlussübungen durchgeführt. Pathologische Erscheinungen können sein: Abblassen oder Blauverfärbung der Extremität, Schmerzen, Schwäche und Kribbelparästhesien (Abb. 3).
Adson-Test
Seitliches Anheben des gestreckten Armes und Kopfdrehung zur Gegenseite oder Dorsalflexion des Kopfes bzw. Kopfdrehung zur kranken Seite bei tiefer Inspiration. Pathologisch ist eine Abschwächung oder ein Verschwinden des Radialispulses, unter Umständen kombiniert mit neurologischen Ausfällen.
Faustschlussprobe/Ratschow-Test/„Elevated-Arm-Stress-Test“
Hebung der im Ellenbogengelenk gestreckten Arme über den Kopf und Faustschlussübungen. Anschließendes Herabhängenlassen beider Arme. Pathologische Erscheinungen können sein: Abblassen der Hand und verzögerte Venenfüllung der Hand-/Unterarmvenen im Seitenvergleich (Erfassung von Kompressionen der A. subclavia oder axillaris bzw. der V. subclavia).
Modifizierter Test nach Elvey (Upper-Limb-Tension-Test, ULTT)
Neurodynamischer Test, der in Abhängigkeit der betroffenen Anteile des peripheren Nervensystems ursprünglich aus 4 Basisvarianten besteht. Hierbei werden beide Arme gestreckt in Schulterhöhe abduziert und die Handflächen dorsal flektiert. Als weiteres sensibilisierendes Manöver erfolgt die Lateralflexion der HWS zur Gegenseite (Abb. 4).
Das Verwenden ausschließlich klinischer Untersuchungen und Testverfahren ist zur sicheren Diagnosestellung nicht ausreichend. Die größte klinische Bedeutung der Funktionsuntersuchungen besitzt der AER-Test, wogegen der oft beschriebene Adson-Test als wenig aussagekräftig eingeschätzt wird. Speziell zur Beurteilung einer neurologischen Komponente wird zunehmend der modifizierte Elvey-Test herangezogen. Ein Seitenvergleich ist bei allen Beurteilungen unerlässlich.
Im Gegensatz zum arteriellen und venösen TOS wird die Existenz des neurogenen TOS häufig in Frage gestellt, weil dieses durch klinische Untersuchungen schwer objektivierbar ist. Eine elektromyographisch nachweisbare Neuropathie des N. ulnaris mit Atrophie der Thenarmuskulatur ist zwar eine objektivierbare Folge von Patienten mit neurogenem TOS und anomaler ersten Rippe oder Halsrippe, diese ist jedoch nicht immer nachweisbar. Ein Skalenusblock kann in diesen Fällen richtungsweisend sein. Die Entscheidung zur operativen Behandlung eines neurogenen TOS ist daher schwer und sollte immer auf den Nachweis mehrerer klinischer Symptome fußen. Ursache für rezidivierende Beschwerden nach operativer Dekompression sind nicht selten und dann häufig durch Kompression durch den M. pectoralis minor (M.-pectoralis-minor-Syndrom, Abschn. 3.5) verursacht.
Meist ist das klinische Bild bei Thoracic-outlet-Syndrom durch mehrere Symptome überlagert; es wird dann erst bei einer manifesten neurovaskulären Komplikation diagnostiziert. Ein Seitenvergleich ist bei allen klinischen Beurteilungen unerlässlich.

Apparative Diagnostik

Zur Diagnosesicherung sind ergänzende apparative Untersuchungen nötig. Hierzu gehören neben der sonographischen Gefäßdiagnostik (farbkodierte Duplexsonographie, FKDS), konventionelle Röntgenaufnahmen (Panoramaaufnahme des Thorax a.p., HWS in 4 Ebenen, obere Thoraxapertur), Elektroneurographie (N. ulnaris, N. medianus) sowie die arterielle und venöse Angiographie der Schulter- und Armgefäße in Normalposition sowie bei Elevation und Abduktion in aufrechter Körperhaltung (Tab. 2, Abb. 5). Bei Hinweisen für periphere Ischämien (Klinik, Doppler- und Duplexsonographie, Oszillographie) ist die Darstellung bis zu den Fingerarterien zu fordern.
Tab. 2
Apparative Diagnostik des Thoracic-outlet-Syndroms
Diagnostisches Verfahren
Aussagekraft
Konventionelles Röntgenbild des Thorax, der HWS und der oberen Thoraxapertur
Beurteilung ossäre oder degenerative Genese (pulmonale Erkrankungen und Tumoren, Rippenanomalien, Deformitäten der Klavikula, Einengungen der Neuroforamina)
Oszillographie
Orientierende Untersuchung der arteriellen Perfusion des Arms und der akralen Endstrombahn (in Funktionsstellungen und im Seitenvergleich, ggf. Kontrolle nach Vasodilatantiengabe)
Doppler-bzw. Duplex-Sonographie (FKDS) der Arterien und Venen
Bildgebender differenzierter Nachweis von Pathologien der Gefäßstrombahnen, ggf. ergänzend durch Vasodilatantiengabe
Angiographie der Arterien und Venen (DSA-Technik)
Erfolgt in Normalposition und in Provokations-/Belastungsstellungen (Abduktion, AER-Stellung), hiermit sind sowohl eine statische und als auch eine dynamische Beurteilung der Gefäßmorphologien möglich
Computertomographie (CT)/Magnetresonanztomographie (MRT)
Mitbeurteilung/Ausschluss anderer Begleiterkrankungen/Tumoren, Darstellung der Weichteilstrukturen und des Gefäß-Nerven-Bündels
Elektroneuronographie (ENG) mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und somatosensorisch evozierter Potenziale (SEP)
Kontrollen der der motorischen und/oder sensiblen NLG (F-Wellen-Latenz-Messungen, zentraler N. ulnaris, Nervus cutaneus antebrachii medialis/MAC-Test) erlaubt eine Differenzierung gegenüber weiter distal gelegenen Drucksymptomen, auch SEP-Messungen nach Stimulation des N. unaris erlauben die Beurteilung der peripheren und zentralen somatosensiblen Bahnen
Anomale Halsrippe n und rudimentäre Rippen werden in Röntgenübersichtsmaßnahmen häufig übersehen. Anomale Rippen kommen bei Männern und Frauen gleich häufig vor, die Inzidenz liegt bei unter 1 %. Dagegen ist eine Halsrippe bei Frauen im Verhältnis von 7:3 deutlich häufiger. Etwa 30 % der Halsrippen fusionieren über ein Gelenk oder über Bandstrukturen mit der ersten Rippe, die übrigen 70 % haben keinen Kontakt zur ersten Rippe.
Bei nicht eindeutigem Befund sind zur Abgrenzung einer degenerativen Erkrankung oder zum Ausschluss eines Tumorleidens ein CT oder ein MRT indiziert. Insbesondere zum Nachweis von fibrösen Bandstrukturen und muskulären Kompressionen kann eine MRT in Kombination mit einer MR-Angiographie hilfreich sein. Da jedoch sowohl CT als auch MRT am entspannten, liegenden Patienten durchgeführt werden, ist der Anteil falsch-negativer Untersuchungen sehr hoch.
Weitere elektromyographische oder thermographische Untersuchungen können in der Differenzialdiagnostik ebenso wie serologische Untersuchungen (Borrellia burgdorferi, Bindegewebs- und Rheumaerkrankungen, Hormone u. a.) hilfreich sein (Bürger 2007). Liegt eine hochgradig verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit des N. ulnaris oder N. medianus vor, spricht dies für eine Schädigung des Plexus brachialis mit ungünstiger Prognose.

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch kommen Beschwerden bei zervikalen Bandscheibenaffektionen und Spondylitis, Karpaltunnelsyndrom, Ulnartunnelsyndrom (Loge du Guyon), Periarthritis humeroscapularis, Tendinosen, Myositiden, Infiltrationen in den Plexus brachialis durch Pleura- und Lungentumoren (Pancoast-Tumor) aber auch eine multiple Sklerose, ein Morbus Raynaud und nicht zuletzt die koronare Herzkrankheit am häufigsten in Frage. Die Vielfalt der Differenzialdiagnosen variiert in Abhängigkeit von der primär betroffenen Struktur. So hat das arterielle TOS seine ganz spezifischen Differenzialdiagnosen, deren Abklärung wichtig sind.
Differenzialdiagnose des arteriellen TOS

Pectoralis-minor-Syndrom

Dieses auch als Hyperabduktionssyndrom und Subkorakoid-Kompressionssyndrom bezeichnete klinische Bild wird fast immer durch ein Trauma oder exzessive Übungen der Schultergürtelmuskulatur verursacht. Der Zug des M. pectoralis minor verursacht eine Kompression von Nerven, A. und V. axillaris mit Druck auf den Rippenbogen. Auch diese Patienten leiden meist unter neurogenen Beschwerden mit Nacken-, Schulter- und Armschmerzen sowie Parästhesien der Hand und einer Armschwäche. Diagnostisch ist der Pectoralis-minor-Muskelblock durch Lokalanästhetika sehr hilfreich. Er führt nach einer subkorakiodalen Blockade zu einer Relaxation des Muskels und damit zur Abnahme der Beschwerden. Die Kombination mit einer Enge im Skalenus-Dreieck oder kostoklavikulärem Raum ist möglich.
Ist eine operative Dekompression erforderlich, erfolgt diese über einen 5–7 cm langen transaxillären Zugang. Der M. pectoralis minor wird direkt am Korakoid abgesetzt und zur Vermeidung von einengenden Narbenbildungen um 2–3 cm reseziert. Die Präparation der Nerven mit Entfernen auffälliger fibröser Bandstrukturen zählen als essenzieller Bestandteil zu diesem Eingriff. Die Resektion des M.-pectoralis-minor-Ansatzes ist nicht mit einer Einschränkung der Schulterfunktion verbunden.

Therapie

Therapieziel und Therapieindikationen

Das Ziel aller Behandlungsverfahren ist eine Kontrolle der Schmerzsymptomatik mit Vermeiden von vaskulären und neurogenen Komplikationen. Die Indikationsstellung und die Wahl des therapeutischen Vorgehens muss in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik und den morphologischen Veränderungen individuell gestellt werden. Prospektiv randomisierte Studien zum Nachweis der Wirksamkeit der Therapieverfahren existieren nicht.

Konservative Therapie

Sie gilt bei geringen Beschwerden mit fehlenden manifesten neurogenen und/oder vaskulären Komplikationen als die erste Therapieoption und therapeutischer Standard. Etwa 2/3 der Patienten sprechen sehr gut auf konservative Behandlungsmaßnahmen an. Zu den wichtigsten Maßnahmen der konservativen Therapie zählt:
  • das Vermeiden von Überkopf-Arbeiten,
  • die vorsichtige Dehnungsbehandlung der Schultergürtelmuskulatur, evtl. kombiniert mit lokaler Wärmeanwendung und Massage und
  • die medikamentöse Therapie mit Muskelrelaxanzien.
Die konservative Basistherapie kombiniert gezielte physikalische und ergotherapeutische Therapien. Dabei hat die Beseitigung von Haltungsfehlern mit der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Nacken- und Schultergürtelmuskulatur eine zentrale Bedeutung. Asthenische Patienten benötigen einen gezielten Aufbau der Schultergürtelmuskulatur.
Die konservative Therapie kann schwierig sein und ist auch deswegen von speziell geschultem Personal differenziert anzuwenden. Rigorose Dehnungsübungen und manualtherapeutische Verfahren können die Beschwerden auch verschlimmern. Auch die medikamentöse Behandlung der oft komplexen Schmerzgenese kann sehr diffizil sein.
Die klinische Symptomatik sollte sich binnen 3–6 Monaten zurückbilden.

Operative Therapie

Die invasive Behandlung des TOS zielt auf die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache. Auch wenn lokalisierte Stenosen oder Verschlüsse prinzipiell einer endovaskulären, kathetergesteuerten Behandlung zugänglich sind, haben sie in der Behandlung des TOS keinen Stellenwert. Lediglich die akute Thrombose der V. subclavia wird heute nicht mehr durch eine operative Thrombektomie, sondern mittels lokaler Lyse behandelt. Die Indikationsstellung hierzu erfolgt individuell und ist strengen Indikationsgrenzen unterworfen. Zu den Kriterien, die für eine lokale Lyse sprechen, zählen aufgrund ihrer fehlenden Kollateralisierungsmöglichkeit ein zentraler Sitz des Thrombus mit zentripetalem Wachstum, insbesondere wenn die Vv. jugularis in die Thrombose einbezogen sind. In diesen Fällen ist mit einem ungünstigen Langzeitverlauf zu rechnen, so dass die Beseitigung des Thrombus anzustreben ist. Die Thrombose sollte allerdings nicht älter als 8–10 Tage sein. In die Indikationsstellung zur lokalen Lyse fließen auch die beruflichen Ansprüche des betroffenen Patienten ein: bei einem Musiker (Streicher, Pianist) oder einem Handwerker ist die Indikation großzügiger zu stellen.
Die lediglich mit Heparin (niedermolekulares oder unfraktioniertes Heparin) behandelte Subclavia-Thrombose führt nur in 13 % aller Fälle zu klinisch relevanten Folgeproblemen im Sinne eines postthrombotischen Syndroms der oberen Extremität. Eine Kompressionsbehandlung des Armes ist im akuten Stadium der Thrombose anzustreben.
Nach erfolgter Lyse erfolgt eine abschließende bildgebende Untersuchung der thrombolysierten Vene: Gelingt der Nachweis einer ursächlichen Kompression der Vene, so ist ein offenes operatives Vorgehen angezeigt. Eine endovaskuläre, stentgestützte Therapie sowohl einer durch Kompression von außen hervorgerufenen venösen wie auch arteriellen Stenose ist nicht indiziert, da mit Stentbrüchen gerechnet werden muss. Liegt eine morphologisch fixierte Stenose der Vene bzw. Arterie vor, kann ein operativer Eingriff mit Längseröffnung des Gefäßes und Patchplastik folgen. Der operative Zugang erfolgt transaxillär, seltener auf einem supra- oder infraklavikulären Weg.
Die Indikation zur Operation ist auch dann gegeben, wenn therapierefraktäre Beschwerden unter konservativer Therapie oder drohende Komplikationen vorliegen. Insbesondere bei morphologischen Veränderungen der Gefäßwand (Stenosen, Verschlüsse, Thromben, Aneurysmabildung, Embolisationen) oder bei einer Plexusirritation ist ein invasives Vorgehen indiziert. Auch bei einem postthrombotischen Syndrom kann eine filiforme Einengung oder Kompression des kollateralen Abflusses im Einzelfall eine Operation rechtfertigen.
Bei Patienten mit speziellen Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Armes (Sportler, Musiker, Handwerker, Computernutzer) ist die ansonsten enge Indikationsstellung großzügiger zu stellen.
Das Operationsziel kann in Abhängigkeit von der individuellen Befundsituation durch gefäßrekonstruktive und lumeneröffnende Verfahren in Kombination mit einer Dekompression des Gefäß-Nerven-Bündels erreicht werden. Bei peripheren arteriellen Verschlüssen kann zusätzlich eine thorakale Sympathektomie sinnvoll sein. Zur Beseitigung der komprimierenden Strukturen werden resezierende Operationsverfahren eingesetzt. Bei gesicherter kostoklavikulärer Enge ist die vollständige Resektion der ersten Rippe/Halsrippe und aller fibromuskulärer Bänder erforderlich.
Eine vollständige Resektion der 1. Rippe und ggf. einer Halsrippe therapiert mit Ausnahme des M.-pectoralis-minor-Syndroms alle Kompressionssyndrome der oberen Thoraxapertur.
Der gängigste primäre Zugangsweg ist die transaxilläre Freilegung nach Atkins. Bei dieser auf Roos zurückgehenden Technik befindet sich der Patient in Halbseitenlagerung, die betroffene Schulter ist 45 % hochgelagert. Der Arm ist frei beweglich und steril eingepackt und wird von dem 2. Assistenten abduziert und gebeugt gehalten. Die Präparation der Rippen kann durch Zug an dem Arm erleichtert werden, jedoch ist der Dauerzug des Armes durch die Gefahr einer Plexusüberdehnung unbedingt zu vermeiden. Über eine bogenförmige Hautinzision an der unteren Achselhaargrenze (Smiley-Schnitt) erfolgt die Freilegung der Regio axillaris, wobei die vordere und die hintere Axillarlinie nicht überschritten werden sollten (Abb. 6). Das axilläre Fett- und Lymphknotengewebe wird nach kranial abgedrängt und dabei der N. intercostobrachialis freigelegt.
Die weitere Präparation legt die erste Rippe frei, an deren Oberrand die Ansätze des M. subclavius, M. scalenus anterior und medius dargestellt werden. Die Faszikel des Plexus brachialis, A. und V. subclavia werden vorsichtig mit einem breiten Haken nach kranial gehalten, während, die Ansätze der genannten Muskeln und die Interkostalmuskulatur der ersten Rippe durchtrennt werden (Abb. 6a). Dabei ist sorgfältig auf die Pleurakuppel zu achten, die bei der Lösung von dem Hinterrand der ersten Rippe leicht verletzt werden kann. Dieser Pleuradefekt sollte keinesfalls wieder verschlossen sondern zum Vermeiden einer örtlichen Hämatoms eher erweitert und mit einer Bülau-Drainage versorgt werden. Bei der Resektion der gesamten ersten Rippe (zusammen mit einer evtl. vorliegenden Halsrippe) wird eine Exartikulation im jeweiligen Kostovertebralgelenk angestrebt (Abb. 6b).
Ventral wird die Rippe im knorpeligen Ansatz des Manubrium sterni abgesetzt. Die erste Rippe sollte primär immer möglichst vollständig reseziert werden, um narbige Verschwielungen von Plexusfasern an verbliebenen Rippenresten zu vermeiden. Eine erneute Neurolyse und Nachresektion sind mit einem deutlich erhöhten operativen Risiko verbunden.
Dieser Zugang erlaubt nach den Resektionen der ersten Rippe/Halsrippe auch eine übersichtliche Rekonstruktion der A. subclavia peripher des 2./3. Segmentes sowie die Darstellung der proximalen A. axillaris.
Die Dissektion der Axilla kann neben einer Darstellung des Plexus brachialis zu einer Präparation und auch zu einer Läsion weiterer Nerven führen: N. phrenicus, N. thoracicus longus, N. dorsalis scapulae und des sympathischen Grenzstranges.
Der Plexus brachialis wird aus den Nervenfasern von Th5 bis C1 gebildet. Im Skalenusdreieck werden diese zu drei Trunci. Der aus C4 stammende N. phrenicus enthält Anteile aus C3 und C5 und verläuft als einzelner Nerv, kann jedoch ebenso in zwei oder sogar drei Faszikeln verlaufen. Er ist für etwa 20 % der Atmungskapazität verantwortlich und darf daher nicht verletzt werden. Der Grenzstrang verläuft in der Regel nicht durch das Operationsfeld, liegt jedoch direkt auf den Querfortsätzen der Wirbelkörper. Bei elektrischer Kauterisierung kann der Grenzstrang durch fortgeleiteten Strom verletzt werden, oder aber im Rahmen der Rippenexartikulation Schaden nehmen. In beiden Fällen resultiert ein Horner-Syndrom. Man sollte daher von monopolarem Strom nur zurückhaltend Gebrauch machen.
Alternative Zugangswege (parakapsulär, transklavikulär, supra- und infraklavikulär, dorsal) und operative Verfahren (Skalenotomie, Neurolyse, Rippenteilresektionen, Kathetertherapien) haben in Ausnahmefällen (Rezidiveingriffe, Komplikationen) ihre Berechtigung (Kreienberg et al. 2001; Sanders 2008; Sheth und Campbell 2005; van Dongen und Barwegen 1987). Die größte Bedeutung hat der supraklavikuläre Zugang. Dieser Zugang ermöglicht das Durchtrennen der Mm. scaleni und bietet sich für eine Neurolyse des Plexus brachialis an. Ein vollständiges Resezieren der ventralen Anteile der 1. Rippe ist über diesen Zugang allerdings kaum möglich (Abb. 7).
Diese Operationen sind aufwändig, technisch herausfordernd und sollten erfahrenen Fachabteilungen vorbehalten bleiben.

Komplikationen

Das Operationsrisiko ist in spezialisierten Abteilungen gering. In einer Zusammenfassung von über 2000 operierten Patienten zeigten sich 0,6 % Plexusläsionen und 1,7 % vaskuläre Läsionen (Chang et al. 2007).
Ein Durchtrennen des N. intercostobrachialis (Sensibilitätsstörungen subaxillär) kann ebenso wie das Eröffnen des Pleuraraumes mit Hämato- und Serothoraxbildung operationsbedingt (Zugang, Verwachsungen) nicht immer vermieden werden, so dass der Patient darüber aufgeklärt werden muss.
Weitere seltenere eingriffsbedingte Komplikationsmöglichkeiten können Lymphfisteln und Lymphödeme, Verletzungen des Ganglion stellatum (Horner-Syndrom) oder des N. thoracicus longus (Scapula alata) sowie Läsionen des N. phrenicus sein. Eine Dysfunktion des N. phrenicus kommt durch direkten Zug oder Druck mit 10 % insbesondere nach supraklavikulärem Zugang relativ häufig vor; die resultierende Paralyse des Diaphragma wird jedoch von dem Patienten nur selten bemerkt und ist fast immer temporär. In der Regel bilden sich alle diese Komplikationen spontan zurück (Degeorges et al. 2004; van Dongen und Barwegen 1987).
Zur Vermeidung postoperativer Narbenbildungen sollten krankengymnastische Übungen in den ersten 6 postoperativen Wochen nicht erfolgen. Der betroffene Arm sollte in dieser Zeit geschont werden. Nicht selten ist auch eine einige Tage andauernde Lymphsekretion, die durch Dissektion kleinster Lymphkanäle in der Axillaregion und supraklavikulär trotz Ligatur des Ductus thoracicus auftreten kann. Sie sistiert fast immer spontan, eine chirurgische Revision ist äußerst selten erforderlich.
Persistierende Beschwerden nach operativer Therapie können aufgrund eines dauerhaften Nervenschadens auftreten, resultieren jedoch nicht selten aus anderen, vom TOS unabhängigen Ursachen. Eine vollständige Reevaluation ist dann erforderlich. Sind andere Ursachen ausgeschlossen und wird eine erneute operative Therapie ins Auge gefasst, sollte ein anderer Zugang gewählt werden: persistierende neurogene Symptome nach transaxillärer Rippenresektion werden häufig am effektivsten durch einen supraklavikulären Zugang behandelt.
Rezidive kommen äußerst selten vor und treten in der Regel frühestens 2 Jahre nach initialer Therapie auf. Die Symptome ähneln denen bei Erstvorstellung der Patienten, die Therapie sollte sich an der durchgeführten Erstbehandlung orientieren: ist zuvor eine transaxilläre Rippenresektion erfolgt, sollte nun ein supraklavikulärer Zugang mit Skalenusresektion erwogen werden – und umgekehrt. Immer sollte zusätzlich eine Revision des Plexus brachialis erfolgen. Nicht selten liegt die Ursache auch in einem belassenen dorsalen oder ventralen Rippenstumpf, der dann vollständig reseziert werden muss.
Re-Operationen sind mit einer deutlich höheren Komplikationsrate verbunden, so dass die Entscheidung zu einem Wiederholungseingriff sorgfältig getroffen werden muss. Der Eingriff sollte von einem Operateur mit ausgewiesener Expertise in dieser Therapie durchgeführt werden.

Verlauf, Prognose und Nachsorge

Die Ergebnisse der Therapieverfahren sind wesentlich von Dauer und Schwere des Krankheitsbildes abhängig. Bei indikationsgerechter Behandlung ist mit einer völligen Beschwerdefreiheit oder zumindest einer deutlichen Verbesserung der klinischen Symptomatik in 30–90 % nach konservativen Behandlungen und in 80 % nach chirurgischen Therapien zu rechnen (Aligne und Barral 1992; Kenny et al. 1993; Novak et al. 1995; Wilbourn 1990; Degeorges et al. 2004; Kreienberg et al. 2001).
Zum Vermeiden von sekundären Verwachsungen und bindegewebigen Narbenzügen ist neben einer absoluten Bluttrockenheit im Operationsgebiet eine mehrwöchige Schonung des Armes postoperativ erforderlich. Auch eine individuell angepasste Schmerztherapie ist in Einzelfällen über mehrere Monate nötig (Bürger 2007). Rezidive können durch ungünstige Narbenbildung, aber auch Rippenregenerate oder nicht vollständig resezierte Rippen entstehen. Ist ein erneuter Eingriff erforderlich, sind die Ergebnisse deutlich schlechter: Nur etwa 50 % der Patienten werden beschwerdefrei.
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