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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 13.04.2021

Frakturen der Mittelhandknochen beim Kind

Verfasst von: Georg Singer, Thomas Ebinger, Martin Mentzel, Simon Bauknecht, Annelie-Martina Weinberg und Barbara Schmidt
Frakturen der Metakarpalknochen I bis V machen etwa 3 % aller Frakturen und ein Drittel aller Frakturen des Handskeletts im Kindesalter aus, wobei der Mittelhandknochen des Daumens eine Sonderrolle einnimmt. Die Klassifikation erfolgt nach der anatomischen Lokalisation in Basis-, Schaft-, subkapitale und Köpfchenfrakturen. Der Großteil der Frakturen ist nicht disloziert und kann problemlos mit Immobilisation für 3–4 Wochen behandelt werden. Auch viele dislozierte Frakturen können nach geschlossener Reposition im Gips ausbehandelt werden. Eine sorgfältige klinische Untersuchung erlaubt es, den Anteil an Mittelhandfrakturen, die einer operativen Therapie bedürfen, zu erkennen. In diesem Kapitel werden Epidemiologie, Diagnostik und Behandlungsvorgehen für Mittelhandfrakturen im Kindes- und Jugendalter beleuchtet.

Allgemeines

Häufigkeit und Ursachen

Frakturen der Metakarpalknochen machen etwa 3 % aller Frakturen und ein Drittel aller Frakturen des Handskeletts im Kindesalter aus (Godfrey und Cornwall 2017; Schalamon et al. 2011). In beinahe der Hälfte der Fälle ist das Metakarpale V betroffen. Es handelt sich um typisch männliche Verletzungen, die häufig bei Kontaktsportarten, Stürzen auf die Hand, aber auch bei Unfällen im Rahmen anderer Sportarten oder Verkehrsunfällen beschrieben sind. Als „boxer’s fracture“ ist die subkapitale Fraktur, die am häufigsten am fünften Mittelhandknochen vorkommt, bekannt (Hastings und Simmons 1984). Brüche der Mittelhand können auch durch direkte Traumata, wie zum Beispiel herabfallende Gegenstände, verursacht werden.
Bei den Metakarpalia II bis V überwiegen die subkapitalen Frakturen, gefolgt von Schaft- und Basisfrakturen und den selten diagnostizierten Köpfchenfrakturen. Der am häufigsten betroffene Knochen ist das Metakarpale V (Lempesis et al. 2019).
Der erste Mittelhandknochen nimmt eine Sonderrolle ein. Es finden sich häufig proximale metaphysäre Stauchungsfrakturen, und an seiner basal liegenden Fuge kann es zu Epiphysenfugenlösungen mit metaphysärem Keil – im Sinne von Salter-Harris-II-Frakturen – kommen. Bennett-Frakturen kommen bei offenen Fugen relativ selten vor und finden sich erst in der Adoleszenz bei in Fugenschluss befindlichen Mittelhandknochen.

Entwicklung und Wachstum

Alle fünf Metakarpalknochen verfügen über jeweils eine Epiphysenfuge, die beim ersten Metakarpale proximal und bei allen anderen distal liegt. Diese sind von Pseudoepiphysenfugen zu unterscheiden, die häufig proximal am zweiten oder fünften Metakarpalknochen vorkommen und nicht signifikant zum Längenwachstum des Knochens beitragen (Limb und Loughenbury 2012). Diese sind eine Normvariante und sollten nicht mit Frakturen verwechselt werden (Abb. 1).
Die sekundären Ossifikationszentren in der Epiphyse treten zwischen 1,5–3 Jahren auf. Der Epiphysenschluss findet zwischen dem 15.–20. Lebensjahr statt (Haavikko 1974).

Wachstumsstörungen und Spontankorrektur

Die Korrekturkapazität einer Deformität wird grundsätzlich durch 3 Faktoren beeinflusst: Patientenalter, Frakturlokalisation sowie Ausmaß der Fehlstellung. Bei epiphysennahen Mittelhandfrakturen, bei Fehlstellungen in der Sagittalebene (Bewegungsebene) sowie bei Seit-zu-Seit-Verschiebungen ist eine Spontankorrektur bis zu 2 Jahre vor Abschluss des Längenwachstums möglich (Lumplesch et al. 1985). Eine Achsabweichung in der Sagittalebene bis zu 30° kann bis zum 10 Lebensjahr toleriert werden. Ab dem 10 Lebensjahr sollten nur mehr eine Fehlstellung von 10–15° in der Sagittalebene toleriert werden (Abb. 2) (Kozin und Waters 2010; Abdon et al. 1984).
Nicht zu erwarten sind jedoch signifikante Spontankorrekturen bei Fehlstellungen in der Frontalebene, bei Torsionsabweichungen sowie bei ausgeprägten Verkürzungen im Schaftbereich (Abdon et al. 1984; Fischer und McElfresh 1994). Verkürzungen von mehr als 5 mm sollten nicht akzeptiert werden, da gezeigt wurde, dass es pro 2 mm Verkürzung zu einer Abnahme der Griffkraft um 8 % und einer Einschränkung der Streckung von 7° kommt (Freeland und Lindley 2006).
Echte posttraumatische Wachstumsstörungen nach fugennahen bzw. fugenkreuzenden Frakturen sind zwar beschrieben, bleiben aber insgesamt eine seltene Komplikation. Während ein vollständiger frühzeitiger Fugenschluss zu einer Längenalteration führt, ist bei den noch selteneren partiellen Wachstumsstörungen mit konsekutiven Achsendeviationen zu rechnen (Light und Ogden 1987).

Klassifikation

Frakturen der Metakarpalia werden entsprechend ihrer Lokalisation in Basisfrakturen, Schaftfrakturen, subkapitale Frakturen und Köpfchenfrakturen eingeteilt (Abb. 3).

Diagnostik

Klinisch

Am Beginn steht die klinische Untersuchung, die Schmerz, Schwellung, Fehlstellungen und Bewegungseinschränkungen berücksichtigen sollte. Besonderes Augenmerk gilt möglichen Torsionsabweichungen, die in der Regel nur bei der Beugung der Finger offensichtlich werden (Abb. 4). Kann eine aktive Beugung der Finger aufgrund von Schmerzen nicht durchgeführt werden, kann durch den Tenodeseeffekt bei passiver Handgelenkstreckung die Fingerkaskade untersucht werden. Torsionsabweichungen sind auch an der Fingernagelebene zu erkennen. Schon eine Abweichung von 5–10° ist klinisch sichtbar und kann Probleme verursachen (Lindley und Rulewicz 2006). Palmare Abweichungen in der Sagittalebene fallen durch ein Tiefertreten des zweiten bis fünften Metakarpalköpfchens beim Faustschluss auf. Oft ist das Metakarpalköpfchen am betroffenen Strahl bei wesentlicher palmarer Abkippung deutlich prominent in der Hohlhand zu tasten. Dieses Tiefertreten verschwindet erst mit vollständiger Remodellierung.

Radiologie

Zur korrekten radiologischen Diagnostik sind meist Röntgenbilder in 2 Ebenen ausreichend. Bei massiver Schwellung ohne radiologischen Nachweis einer Fraktur kann eine Ruhigstellung für 7–10 Tage und – bei danach noch bestehender klinischer Symptomatik – eine erneute nativradiologische Zielaufnahme durchgeführt werden. In Fällen einer Gelenkbeteiligung, insbesondere der Karpometakarpalgelenke, ist eine weiterführende Diagnostik mittels Computertomografie (CT) zielführend.

Therapie

Frakturen der Metakarpalia II bis V

Frakturen des zweiten bis fünften Mittelhandknochens können bei Rotationskräften, Direkttraumata oder axialen Belastungen auftreten. Kontaktsportarten oder Faustschläge sind bei Jugendlichen – und hier vor allem Jungen – die häufigsten Unfallmechanismen. Erhebliche Dislokationen können im Weichteilmantel der Mittelhand verborgen bleiben.
Der Großteil der Metakarpalfrakturen im Kindesalter ist nicht disloziert und kann konservativ mittels Immobilisation für 3–4 Wochen erfolgreich therapiert werden (Abb. 5). Viele dislozierte Frakturen erlauben auch die geschlossene Reposition und anschließende Immobilisation.
Dislozierte intraartikuläre oder instabile Frakturen und Frakturen mit Torsionsabweichungen sollten operativ versorgt werden. Metakarpalfrakturen können, wie bereits oben beschrieben, in Basisfrakturen, Schaftfrakturen, subkapitale und Köpfchenfrakturen eingeteilt werden; sie werden im Folgenden gesondert dargestellt.

Basisfrakturen

Basisfrakturen der Metakarpalknochen II bis V sind nur für ca. 10–20 % aller Metakarpalfrakturen verantwortlich und betreffen am häufigsten den fünften Metakarpalknochen. In den meisten Fällen handelt es sich um stabile Stauchungsbrüche ohne wesentliche Dislokation oder Querfrakturen (Abb. 6).
Nach Immobilisation für 3 Wochen bevorzugt in „Intrinsic plus“-Stellung (Handgelenk in Streckung von 20–30°, Fingergrundgelenke in Beugung von 70–80° und Fingermittel- und Endgelenke in Beugung von 0–10°) kann – klinische Beschwerdefreiheit vorausgesetzt – mit frühfunktionellen Übungsbehandlungen begonnen werden. Dislozierte Basisfrakturen sollten nach Reposition in Sedierung immobilisiert werden. Bei sekundär dislozierten Frakturen, dislozierten Gelenksfrakturen, bei bestehendem Repositionshindernis und auch bei offenen Frakturen ist eine offene Rekonstruktion des Gelenks indiziert.
Im Kindesalter treten – zum Beispiel nach Hochrasanztraumata – äußerst selten karpometakarpale Dislokationen auf. Diese sind auf anteroposterioren und seitlichen Röntgenbildern teilweise schwierig zu diagnostizieren. Hierfür eignen sich für den vierten und fünften Strahl 30°-pronierte und für den zweiten und dritten Strahl 30°-supinierte Schrägaufnahmen (Bushnell et al. 2008).
Auch im Kindesalter gibt es an der Basis des fünften Metakarpale die „Reversed Bennett“- oder „Baby Bennett“-Fraktur. Durch den Zug der Sehne des M. extensor carpi ulnaris, die dorsoulnar an der Basis des fünften Metakarpale ansetzt, kann das Metakarpale nach dorsal, ulnar und proximal disloziert werden, während das palmar-radial liegende Fragment durch die starken Bandverbindungen in situ verbleibt (Diaz-Garcia und Waljee 2013). Sollte eben diese Dislokation stattfinden, ist eine Bohrdraht- oder Schraubenosteosynthese indiziert (Abb. 7).

Schaftfrakturen

Während quer oder schräg verlaufende Schaftfrakturen meist durch direkte Traumata verursacht werden, führen Torsionskräfte zu Spiralfrakturen. Eine weitere Frakturform in diesem Bereich sind die Biegungsfrakturen (Bowing- und Grünholzfrakturen), die auch an dieser Stelle vermehrt mit Refrakturen einhergehen.
Multiple Metakarpalfrakturen können zu einem Kompartmentsyndrom führen, das mit sofortiger Kompartmentspaltung zu behandeln ist (Kanj et al. 2013). Das Kompartmentsyndrom der Hand ist eine klinische Diagnose und sollte immer in Betracht gezogen werden, wenn die Schmerzen nicht im Verhältnis zur Verletzung stehen. Weitere klinische Zeichen eines Kompartmentsyndroms der Hand beinhalten starke Schwellung, Parästhesien (meist palmar) und Schmerzen beim passiven Strecken der Finger (Leversedge et al. 2011). Häufig findet sich auch eine Kraftminderung bei Opposition und Flexion des Daumens. Des Weiteren werden bei passiver Extension des Daumens und Kleinfingers häufig Schmerzen im Thenar respektive Hypothenar angegeben. Die Beugefähigkeit im Kleinfinger kann ebenfalls beeinträchtigt sein. Zur Differenzierung zwischen einem Kompartmentsyndrom am Unterarm oder an der Hand kann folgende klinische Untersuchung hilfreich sein: Beim Unterarmkompartmentsyndrom ist meist die passive Streckung der Finger schmerzhaft. Derweil liegen beim Kompartmentsyndrom der Hand Schmerzen im Bereich der Mittelhand bei isolierter Beugung der Interphalangealgelenke (PIP- und DIP-Gelenke) vor.
Prinzipiell müssen lediglich die von dem Trauma betroffenen Kompartimente gespalten werden. Der klinische Tastbefund ist hier richtungsweisend. Im Falle einer Spaltung sollte auf eine vollständige Spaltung aller betroffenen Kompartimente der Hand geachtet werden. Es finden sich insgesamt 10 Kompartimente an der Hand: 4 dorsale und 3 palmare Interossei-Kompartimente, 1 Thenar- und 1 Hypothenarkompartiment sowie 1 Kompartiment des M. adductor pollicis. Der Zugang erfolgt durch Inzisionen von dorsal über dem zweiten sowie über dem vierten Metakarpale zur Eröffnung der Kompartimente der M. interossei sowie des Kompartiments des M. adductor pollicis. Von palmar werden die Thenar- und Hypothenarkompartments und der Karpaltunnel eröffnet (Oak und Abrams 2016).
Nichtdislozierte und nur wenig dislozierte (maximale Verkürzung ohne Torsionsabweichung von bis zu 6 mm oder Seit-zu-Seit-Verschiebung von einem Drittel der Schaftbreite) können problemlos für 3–4 Wochen in der Gipsschiene konservativ behandelt werden (Abb. 8). Radiologische Verlaufskontrollen sind jedoch indiziert, um etwaige sekundäre Dislokationen zu erfassen.
Bei dislozierten oder verkürzten Schaftfrakturen sollte der Versuch einer geschlossenen Reposition und Immobilisation unternommen werden. In einer Studie bei Erwachsenen mit Mittelhandfrakturen wurde gezeigt, dass die Art der Ruhigstellung nach Reposition (Metakarpophalangeal-[MCP-]Gelenk in Flexion oder Extension und proximales Interphalangeal-[PIP-]Gelenk in Streckung oder Bewegungen erlaubt) keinen Einfluss auf das Ergebnis hat (Tavassoli et al. 2005). Entsprechende Daten im Kindesalter fehlen jedoch.
Zur geschlossenen Reposition hat sich die Fingerschiene nach Böhler bewährt. Nach üblicher Polsterung wird beugeseitig eine Fingerschiene angelegt. Dabei ist bei gebeugtem MCP- und PIP-Gelenk auf die Achsausrichtung der Finger in Richtung Kahnbein zu achten. Beim Anlegen des Gipses ist auch streng darauf zu achten, dass der Gips in der proximalen Hohlhandfurche endet. Ist der Gips angetrocknet, wird der Finger durch Pflasterstreifen in Streckstellung an die Schiene gefesselt und die Schiene mit dem Finger in der distalen Hohlhandfurche, das heißt im Grundgelenk, nach palmar umgebogen. Dadurch stellt sich die Fraktur achsengerecht ein, und die Verkürzung korrigiert sich durch den Extensionseffekt. Da bei Kindern weitaus seltener mit retentionsbedingten Bewegungseinschränkungen zu rechnen ist, sich auch die dorsale 4-Finger-Schiene in „Intrinsic plus“-Stellung bewährt, da hierdurch Torsionsabweichungen zuverlässig entgegengewirkt werden kann.
Erwähnenswert ist ebenfalls, dass die randständigen Metakarpalia II und V eher zu sekundärer Dislokation neigen, während Frakturen des dritten und vierten Strahls bei intakten intermetakarpalen Bandverbindungen relativ stabil sind (Bushnell et al. 2008).
Lange Schrägfrakturen, die zur Dislokation neigen, sowie sekundär dislozierte Frakturen und Frakturen mit Torsionsabweichungen sollten osteosynthetisch versorgt werden. Ebenso ist bei Achsabweichungen von mehr als 10–15° bei Kindern älter als 10 Jahre und Verkürzungen, die sich nicht durch Längszug reponieren lassen, die Stabilisierung sinnvoll. Ein gängiges Osteosyntheseverfahren im Kindes- und Jugendalter ist die intramedulläre Nagelung. Es stellt eine minimalinvasive, sichere und technisch gut durchführbare Option dar (Lieber et al. 2012). Zur Schonung der subkapitalen Wachstumsfugen am zweiten bis fünften Mittelhandknochen sollen diese möglichst von proximal platziert werden. In den meisten Fällen kann mit der Verwendung eines Drahtes ausreichende Stabilität erreicht werden (Abb. 9). Bei größeren Jugendlichen kann ein zweiter Draht verwendet werden, dies ist jedoch bei suffizienter Reposition nur äußerst selten notwendig (Eisenschenk et al. 2019).
Die Platten- und Schraubenosteosynthese (Abb. 10) wird analog zu den Kriterien der Erwachsenen angewendet. Der Zugang erfolgt dorsal längs oder als „lazy S“; bei der Versorgung mehrerer Frakturen wird zwischen den zu versorgenden benachbarten Brüchen inzidiert. Es folgt das Darstellen und die Schonung der Strecksehnen sowie der Hautnerven. Das Periost sollte inzidiert und mit den Mm. interossei abgeschoben werden. Nach Fixation mit Schrauben oder bei Jugendlichen evtl. mit Platten (Abb. 11) erfolgt die Refixation des Periosts und der Mm. interossei. In allen Fällen sollte auf eine korrekte Torsion geachtet werden.
Bei Weichteilproblemen oder Defektfrakturen stellt die Montage eines Minifixateur externe ebenfalls ein mögliches Verfahren dar (Schaefer und Siebert 2000).
Eine nicht selten auftretende postoperative Komplikation ist die Adhäsion der über der Fraktur liegenden Strecksehnen mit konsekutiver Einschränkung der Fingerbeweglichkeit, die intensiver Ergotherapie bedarf. Bei Nichtansprechen der Therapie kann eine operative Tenolyse durchgeführt werden. Um das Auftreten dieser Komplikation zu minimieren, sollte das Ziel jeder osteosynthetischen Versorgung von Mittelhandfrakturen sein, übungsstabile Verhältnisse zu schaffen, um eine möglichst frühe Mobilisation zu erlauben.

Subkapitale Frakturen

Subkapitale Metakarpalfrakturen sind die häufigsten Frakturen des zweiten bis fünften Mittelhandknochens. In den meisten Fällen ist der fünfte Mittelhandknochen nach axialer Belastung betroffen. Jugendliche ziehen sich die Fraktur häufig durch einen direkten Schlag der geballten Faust gegen eine harte Fläche analog zur „boxer’s fracture“ des Erwachsenen zu. Sollten mit diesen Frakturen Verletzungen der Haut vergesellschaftet sein, so ist – analog bei menschlichen Bissverletzungen – mit einem hohen Infektionsrisiko zu rechnen, da die Hautverletzung mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Zähne des Gegners verursacht wurde („acute fight bite“) (Shoji et al. 2013). Auch (Teil-)Verletzungen der Strecksehnen können vorliegen. Daher sollte diese Art der Verletzung äußerst großzügig revidiert, debridiert, gespült und mit oraler Antibiose behandelt und engmaschig kontrolliert werden.
Der typische Frakturverlauf ist transvers mit Dislokation nach palmar. In jüngeren Patienten sind auch einfache nichtdislozierte Wulstfrakturen der palmaren Kortikalis zu finden, die mit kurzer Immobilisation von 2–3 Wochen erfolgreich therapiert werden können. Während die Frakturen in der nativradiologischen anteroposterioren Aufnahme oft nur wenig bis nicht sichtbar sind, eignen sich Lateral- oder Schrägaufnahmen am besten zur Erfassung der Dislokation. Akzeptable palmare Dislokationen sind 10° für den zweiten, 20° für den dritten, 30° für den vierten und 40° für den fünften Mittelhandknochen. Torsionsabweichungen können jedoch nicht akzeptiert werden. Nichtsdestotrotz empfehlen wir die Reposition frischer dislozierter Verletzungen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Hier hat sich das Jahss-Manöver bewährt (Abb. 12) (Jahss 1938).
Die 4-wöchige Ruhigstellung nach Reposition sollte mit gebeugtem MCP- und gestrecktem PIP-Gelenk erfolgen, wobei über eine dorsale Gipsanlage sanfter Druck gegen den Mittelhandschaft und über eine palmare Gipsanlage gegen das reponierte Mittelhandköpfchen ausgeübt werden sollte (Abb. 13).
Sekundäre Dislokation oder inakzeptable Restdislokation nach frustranem Repositionsversuch sowie sämtliche Torsionsabweichungen sind Indikationen für eine osteosynthetische Versorgung. Auch hier bietet die intramedulläre Schienung eine minimalinvasive Methode (Abb. 14).
Zur Reposition kann ein hockeyschlägerartig vorgebogener (stumpfer) intramedullärer Kirschner-Draht verwendet werden. Dieser wird zur Reposition über die subkapitale Fraktur von proximal eingebracht und anschließend unter Halten der Reposition (Jahss-Manöver) um 180° umgewendet und unter Hautniveau gekürzt. Der intramedulläre Draht kann nach Konsolidierung in der Regel nach 6–12 Wochen entfernt werden.

Köpfchenfrakturen

Echte Köpfchenfrakturen der Metakarpalia sind im Kindesalter selten. Das Ausmaß der Gelenksbeteiligung und die Dislokation lassen sich in einer CT-Untersuchung gut darstellen. Unverschobene stabile Frakturen werden konservativ behandelt. Bei dislozierten intraartikulären Frakturen ist die offene Reposition mit anschließender Fixation indiziert. Dabei erfolgt in der Regel der Zugang dorsal über eine Längsinzision. Meist werden bei Kindern Kirschner-Drähte oder bei größeren Fragmenten Minischrauben verwendet. Eine anatomische Rekonstruktion der Gelenksverhältnisse ist das Therapieziel.
Dislokationen der MCP-Gelenke treten typischerweise nach Hyperextensionstraumata auf, und im Großteil der Fälle handelt es sich um dorsale Dislokationen (Abb. 15). Einfache Dislokationen ohne im Gelenk interponierte Strukturen können durch nach palmar gerichtetem Druck auf die Basis der proximalen Phalanx bei gebeugtem Handgelenk geschlossen reponiert werden. Es sollte kein longitudinaler Zug ausgeübt werden, da hierdurch die palmare Platte in das Gelenk gezogen werden kann und die einfache Dislokation damit zu einer komplexen Dislokation wird, die eine geschlossene Reposition nicht mehr möglich macht. Nach erfolgreicher Reposition einer dorsalen MCP-Gelenkdislokation sollte zeitnah mit dynamischer Nachbehandlung aus einer dorsalen Schiene heraus begonnen werden. Komplexe Dislokationen sind definiert durch ein im Gelenk interponiertes Repositionshindernis; in vielen Fällen handelt es sich um die palmare Platte (Bohart et al. 1982). Diese – auch Kaplan-Läsion genannte – Verletzung tritt häufig am Zeigefinger auf und bedarf einer offenen Reposition über einen dorsalen oder palmaren Zugang (Bohart et al. 1982; Durakbasa und Guneri 2009).

Frakturen des Metakarpale I

Da der Daumen sowohl anatomisch als auch biomechanisch eine Sonderrolle einnimmt, werden seine Frakturen getrennt von den übrigen Metakarpalknochen behandelt. Im Kindes- und Jugendalter betreffen 15 % der Metakarpalfrakturen den Daumenstrahl (Lempesis et al. 2019). Es werden Köpfchen-, subkapitale, Schaft- und Basisfrakturen unterschieden. Während die ersten drei analog zu den Metakarpalknochen II bis V behandelt werden, erfordern Basisfrakturen des ersten Metakarpalknochens besondere Aufmerksamkeit. Im Unterschied zu den Metakarpalknochen der Langfinger findet sich der Großteil der Frakturen an der Basis. Diese können je nach Beteiligung der Wachstumsfuge und der Epiphyse anatomisch unterschieden werden (Kozin 2006).
Sogenannte Winterstein-Frakturen finden sich extraartikulär distal der Wachstumsfuge am Übergang vom proximalem zum mittleren Drittel des ersten Mittelhandknochens. Die Frakturlinie verläuft meist gerade bis leicht schräg. Durch den Sehnenzug des M. abductor pollicis longus und des M. interosseus dorsalis I neigen diese Frakturen zur Dislokation (Abb. 16), können aber meist mittels geschlossener Reposition durch Längszug und 3- bis 4-wöchiger Ruhigstellung im Gips erfolgreich therapiert werden. Es empfehlen sich jedoch engmaschige radiologische Kontrollen, um sekundäre Dislokationen auszuschließen. Während Achsabweichungen in der Frontalebene nicht toleriert werden sollten, können bei Kindern mit noch offenen Fugen Fehlstellungen in der Sagittalebene bis 30° aufgrund des großen Remodellierungspotenziales und des Bewegungsumfanges des Daumenkarpometakarpalgelenkes (Daumensattelgelenk) akzeptiert werden.
Instabile Frakturen oder nicht reponierbare Frakturen bedürfen einer operativen Stabilisierung mit Bohrdrähten, wobei diese von distal oder von proximal eingebracht werden und das Gelenk gegebenenfalls im Os trapezium transfixiert werden kann (Abb. 17 und 18).
Weitere typische Frakturen der Basis des ersten Mittelhandknochens im Wachstumsalter sind Salter-Harris-II-Frakturen mit radialem oder ulnarem metaphysären Keil. Der häufigste Mechanismus ist die kraftvolle Abduktion des Daumens; daher liegt der metaphysäre Keil meist ulnarseitig. Aufgrund der Mobilität der Metakarpalbasis und des umgebenden Weichteilmantels kann es schwierig sein, das Repositionsergebnis im Falle von dislozierten Frakturen zu halten. Bei sekundären Dislokationen oder Instabilität sollten die Frakturen mittels geschlossener Reposition und Bohrdrahtosteosynthese versorgt werden (Abb. 19). In seltenen Fällen ist eine offene Reposition nötig.
Die häufigsten intraartikulären Frakturen der Daumenmetakarpalbasis bei Patienten mit noch offenen Wachstumsfugen sind Salter-Harris-III- und -IV-Frakturen, wenngleich diese im Kindes- und Jugendalter nur selten vorkommen. Das Behandlungsziel ist hier die Wiederherstellung der Gelenkfläche (Smit und Hooper 2006).
Erst im Jugendalter mit zunehmender Verknöcherung der Wachstumsfuge treten Frakturen auf, die der Bennett-Fraktur des Erwachsenenalters ähnlich sind. Das kleinere palmar-ulnar liegende Fragment wird durch Bandverbindungen an das Os trapezium fixiert, während durch den Zug des M. abductor pollicis longus das erste Metakarpale nach proximal und radial disloziert wird (Bennett 1883). Diese Verletzungen müssen mittels geschlossener oder offener Reposition anatomisch rekonstruiert werden (Abb. 20), um posttraumatische degenerative Arthrosen zu vermeiden (Mahmoud et al. 2014). Die Reposition der Fraktur gelingt häufig mit Längszug, Pronation des Daumens und Adduktion des Metakarpale. Um das Repositionsergebnis zu halten, können die Bohrdrähte entweder im Os trapezium oder den benachbarten Metakarpalia verankert werden (Diaz-Garcia und Waljee 2013).

Komplikationen

Zu den häufigsten Komplikationen von Metakarpalfrakturen zählen besonders Torsionsabweichungen, die mit einer Funktionseinschränkung verbunden sind. Diese sollten mittels Korrekturosteotomie behandelt werden, durch die sehr gute Ergebnisse erzielt werden können. In äußerst seltenen Fällen können avaskuläre Nekrosen des Metakarpalkopfes auftreten.
Bei allen offenen Frakturen kann es zur Verklebung der Strecksehnen kommen. Diese sollten intensiv physio- bzw. ergotherapeutisch behandelt werden, ggf. kann auch eine operative Tenolyse notwendig sein.
Posttraumatische Wachstumsstörungen sind bei Metakarpalfrakturen nicht zu erwarten. Auch Pseudoarthrosen treten im Kindesalter nur äußerst selten auf.
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