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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 02.06.2020

Knochenwachstum

Verfasst von: Nicole Sommer und Romy Marek
Das Skelettsystem des Erwachsenen ist vorwiegend verknöchert, während es bei Kindern zu einem großen Anteil aus Knorpelgewebe besteht. Knochen haben verschiedenste Funktionen: Sie dienen als passiver Teil des Bewegungsapparats, schützen die inneren Organe und sind Ort der Blutbildung. Im Kindesalter besitzt das Skelett zusätzlich Wachstumseigenschaften und Korrekturpotenziale. Die Knochen können makroskopisch aufgrund von Form, Funktion und Bildungsart voneinander unterschieden und eingeteilt werden. Auf mikroskopischer Ebene finden sich Knochenzellen, die für das Knochenwachstum und die Knochenumbildung eine Schlüsselrolle spielen. Sowohl in der Entwicklung der Knochen als auch im Wachstum sind dieselben Knochenzellen zu finden. Um die biologischen Hintergründe von Knochenheilung und Pathogenese verstehen zu können, ist ein Grundverständnis des Knochenaufbaus und dessen Entwicklung von fundamentaler Bedeutung.

Einleitung

Das Skelettsystem des Erwachsenen ist vorwiegend verknöchert, während es bei Kindern zu einem großen Anteil aus Knorpelgewebe besteht. Knochen haben verschiedenste Funktionen: Sie dienen als passiver Teil des Bewegungsapparats, schützen die inneren Organe und sind Ort der Blutbildung. Im Kindesalter besitzt das Skelett zusätzlich Wachstumseigenschaften und Korrekturpotenziale. Die Knochen können makroskopisch aufgrund von Form, Funktion und Bildungsart voneinander unterschieden und eingeteilt werden. Auf mikroskopischer Ebene finden sich Knochenzellen, die für das Knochenwachstum und die Knochenumbildung eine Schlüsselrolle spielen. Sowohl in der Entwicklung der Knochen als auch im Wachstum sind dieselben Knochenzellen zu finden. Um die biologischen Hintergründe von Knochenheilung und Pathogenese verstehen zu können, ist ein Grundverständnis des Knochenaufbaus und dessen Entwicklung von fundamentaler Bedeutung.

Knochenwachstum

Allgemeine Grundlagen – makroskopisch und mikroskopisch

Knochentypen – der makroskopische Aspekt

Im Allgemeinen sind Knochen sehr gut durchblutete Organe, dessen mechanischen Eigenschaften vom Knochengewebe bestimmt werden. Die außen umgebende Fläche der Knochen wird Substantia corticalis (Kompakta) genannt. Die Ausnahme bildet der diaphysäre Anteil der Röhrenknochen, der als Substantia compacta bezeichnet wird. Das feine, schwammförmige Gerüst von Trabekeln (Substantia spongiosa) befindet sich innerhalb der Substantia corticalis. Außen ist die Kompakta von einer Bindegewebsschicht (Periost) umgeben, während sich zwischen Kompakta und Spongiosa die Knocheninnenhaut (Endost) befindet. Jedoch unterscheidet sich der Knochenaufbau je nach Knochentyp in vielerlei Hinsicht. Makroskopisch unterscheidet man zwischen flachen, kurzen und langen Knochen. Hierzu ein paar Beispiele:
  • Flache Knochen: Cranium (am Schädel), Scapula (Schulterblatt) oder Sternum (Brustbein)
  • Kurze Knochen: Handwurzelknochen
  • Lange Knochen (Röhrenknochen): Humerus (Oberarm), Femur (Oberschenkel) oder Tibia (Schienbein)
Die flachen Knochen finden sich vorwiegend im Schädel, wobei eine abweichende Nomenklatur für die makroskopischen Knochenanteile verwendet wird: die Kompakta wird als Lamina externa bzw. interna und die Spongiosa als Diploe bezeichnet. In kurzen Knochen findet man eine dünne Kompakta, während die Spongiosa sehr stark ausgeprägt ist.
In der Kindertraumatologie haben die langen Röhrenknochen eine besondere Bedeutung. Grob werden diese Knochen der oberen und unteren Extremitäten in Epi-, Meta- und Diaphyse unterteilt (Abb. 1). Der Knochen ist an den Gelenkflächen mit Knorpel überzogen. Die Cavitas medullaris (Knochenmarkhöhle) findet man in der Diaphyse der Röhrenknochen, die vom zarten Endost (Knocheninnenhaut) umschlossen wird. Innerhalb der Kompakta bildet das Foramen nutricium (Gefäßloch) eine Höhle für die eintretenden Blutgefäße. Für den Nährstoffaustausch steht die Knochenmarkhöhle in offener Verbindung mit den Markzellen der Spongiosa. Mit zunehmendem Alter wird das Knochenmark durch Fett ersetzt. Den zentralen Punkt im Knochengewebe (Osteon) bildet der Havers-Kanal, der von Knochenlamellen konzentrisch umschlossen ist. Zusammen mit nicht myelinisierten Nervenfasern befinden sich kleine Blutgefäße mit fenestriertem Endothel im Inneren des Havers-Kanal, wodurch dieser für die Reizübertragung und den Nährstofftransport zuständig ist. Über die Volkmann-Kanäle werden die benachbarten Havers-Kanäle miteinander verbunden.

Knochenzellen und ihre Funktionen – der mikroskopische Aspekt

Für die Knochenbildung und das Knochenwachstum sind Osteoblasten (Knochenbildungszellen) verantwortlich, die im ersten Schritt die unverkalkte Knochensubstanz (Osteoid) bilden, in die mit der Zeit Kalziumphosphat eingelagert wird. Klingt trivial, ist es aber nicht. Tatsächlich sind am Wachstums-, Umbildungs- und Heilungsprozess weitaus mehr Zelltypen beteiligt:
  • Mesenchymale Stammzellen
  • Osteoblasten
  • Osteozyten
Die mesenchymalen Stammzellen (MSCs) sind hoch proliferativ und können je nach Genexpressionsmuster des Gewebes zu Chondroblasten, Osteoblasten, Myozyten oder Adipozyten differenzieren (Abb. 2) (Han et al. 2019). Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Knochenheilung, wodurch sie für die Forschung im Bereich der regenerativen Medizin äußerst interessant sind (Andrzejewska et al. 2019). Nicht nur im Bereich des Knochens werden die pluripotenten MSCs verwendet, zusätzlich findet man sie auch im Bereich der Knorpel- und Bandscheibenforschung wieder (Wakitani et al. 1994; Kumar et al. 2017).
Die Hauptaufgabe der Osteoblasten ist die Synthese von Matrixproteinen (vorwiegend Typ-1-Kollagen), die für die Bildung von Knochengrundsubstanz (Osteoid) essenziell sind. Mit ihren langen Zellausläufern stehen sie mit dem benachbarten Gewebe in Kontakt. Sie besitzen einen ausgeprägten Golgi-Apparat, Mitochondrien, einen großen runden Zellkern und ein raues endoplasmatischen Retikulum im Zytoplasma.
Bei der Knochenbildung rücken die Osteoblasten weiter auseinander und verändern damit ihr Grundgerüst: die sogenannten Osteozyten entstehen. Diese sind nicht mehr teilungsfähig, aber lagern Kalzium ein und mineralisieren. Osteozyten stehen über die Canaliculi mit den Havers-Kanälen in Verbindung. Die Osteozyten verbleiben so lange im Osteoid, bis sie entweder durch Apoptose oder durch Osteoklasten abgebaut werden (Boyce et al. 1999).
Die mehrkernigen Osteoklasten werden als Gegenspieler der Osteoblasten bezeichnet, da sie für die Knochenresorption zuständig sind. Durch die Sekretion von Signalstoffen wird die Funktion der Osteoklasten von den Osteoblasten reguliert: der „receptor activator of NF-κB ligand“ (RANK-Ligand, RANKL) wird unter anderem von den Osteoblasten sezerniert und bindet den RANK-Rezeptor auf den Osteoklasten-Vorläuferzellen, wodurch sich Osteoklasten ausdifferenzieren. Durch die Sekretion von Osteoprotegerin, das ein Decoy-Rezeptor für RANKL ist, wird einer Überproduktion von Osteoklasten aus den Vorläuferzellen entgegengewirkt. Aufgrund dieses RANK/RANKL-Systems soll der Knochenauf und -abbau in einem ständigen Gleichgewicht gehalten werden (Boyce und Xing 2007).

Längen- und Dickenwachstum der Knochen

Beim Knochenwachstum sind verschiedene Prozesse beteiligt. Dabei ist die Balance aus Knochenauf und -abbau (Resorption und Formation) entscheidend. Beim Längenwachstum der Röhrenknochen spielt die Wachstumsfuge eine Schlüsselrolle. Bei der enchondralen Verknöcherung (Ossifikation) wachsen Blutgefäße in das Knorpelgewebe ein, bewirken somit die Einwanderung von MSCs, die zu Chondroklasten und Osteoblasten differenzieren, wodurch sich Knorpelgewebe ab- und Knochengewebe aufbaut. Erst wenn das Knorpelgewebe vollständig durch Knochengewebe ersetzt wurde, kommt es zum sogenannten endgültigen „Wachstumsstopp“, der bei Männern im 23. Lebensjahr und bei Frauen im 21. Lebensjahr zu erwarten ist.
Als perichondrale Ossifikation bezeichnet man das Dickenwachstum des Knochens. Hierbei sondern sich vom Periost Osteoblasten ab, lagern sich ringförmig um den Knorpel der Diaphyse an (appositionelle Anlagerung), sodass eine Manschette entsteht. Gleichzeitig wird Knochensubstanz an der Innenfläche resorbiert (Abb. 3).

Knochenzellentwicklung

Knochen bildet sich auf Grundlage verschiedener Zellen und deren Interaktionen. Im Abschn. 2 „Knochenwachstum“ wurden bereits die knochenbildenden Zellen kurz vorgestellt. Wie diese sich aber entwickeln, wird in dem folgenden Abschnitt abgehandelt.

Entwicklung der Chondrozyten

Chondrozyten gehen aus den Chondroblasten hervor und bilden zusammen mit der extrazellulären Matrix den Hauptbestandteil des Knorpels. Es wird zwischen hyalinem (z. B. Gelenk-, Nasen- oder Rippenknorpel), elastischem (z. B. Ohrknorpel) und faserigem (z. B. Kiefergelenk) Knorpel unterschieden. Der hyaline Knorpel, aus dem auch die Wachstumsfuge besteht, ist am weitesten verbreitet. Typ-II-Kollagenfasern trennen dabei die Knorpelhöhle von der Umgebung ab. Der hyaline Knorpel der Wachstumsfuge wird außerdem in weitere Subtypen unterteilt. Das Zentrum der Fuge (Reservezone) wird von rundlichen Chondrozyten bzw. ihren Vorläuferzellen charakterisiert. In der angrenzenden Proliferationszone sind die Chondrozyten aufgrund ihrer eng aneinander liegenden Positionierung abgeflacht und ordnen sich in Säulen an, was diesem Knorpelbereich den charakteristischen Namen, nämlich Säulenknorpel, gibt. Im distalen Bereich gehen sie schließlich zum Blasenknorpel über, wo sie durch Wasseraufnahme an Volumen gewinnen und damit maßgeblich zum Längenwachstum des Knochens beitragen. In der Eröffnungszone (auch Verknöcherungszone genannt) werden die hypertrophen Chondrozyten schließlich abgebaut. Dadurch entstehen Knorpelhöhlen, in welche die Blutkapillaren und Stammzellen einwachsen, die dann zu knochenbildenden Osteoblasten heranreifen.
Die Chondrozyten des elastischen Knorpels können entweder einzeln oder in Gruppen auftreten, und auch hier wird die Knorpelhöhle durch Typ-II-Kollagenfasern von der Umgebung abgegrenzt. Im faserigen Knorpel kommen die Chondrozyten meist einzeln vor, sind länglich und werden von Typ-I- und Typ-II-Kollagenfasern abgegrenzt.
Die Transkriptionsfaktoren SOX5, SOX6 und SOX9 sind Marker für die Chondrozytendifferenzierung (Abb. 2) sowie die Strukturproteine Kollagen Typ II, α1 und Aggrecan (Li und Dong 2016). Liu und Lefebvre konnten zeigen, dass die SOX-Proteine genomweit zusammenarbeiten, vorwiegend durch sogenannte Super-Enhancer (Whyte et al. 2013; Hnisz et al. 2013), um das Chondrozytendifferenzierungsprogramm in der Wachstumsfuge zu implementieren (Liu und Lefebvre 2015). Weiter hält SOX9 die Runx2-Expression und den β-Catenin-Transport in Schach, wodurch es den Progress zur Chondrozytenprähypertrophie hemmt (Dy et al. 2012). Die Chondrozytenprähypertrophie ist die nachfolgende Phase (Li und Dong 2016). Diese zeigt sich durch die Expression von Parathormon-1-Rezeptoren (PTH1R) und Indian Hedgehog (IHH). IHH bindet an den Rezeptor PTC, was die Expression des Transkriptionsfaktors GLI 1 zur Folge hat (Caruccio et al. 1999). Bereits in diesem Stadium findet eine Zell-Zell-Kommunikation statt. Zusätzlich konnte bereits gezeigt werden, dass der „fibroblast growth factor receptor 3“ (FGF-Rezeptor-3) die Expression von IHH negativ reguliert (Naski et al. 1998).
Im Verlauf der enchondralen Ossifikation in der Wachstumsfuge kommt es zu einer Hypertrophie der Chondrozyten, die in eine frühe und eine späte Hypertrophie unterschieden werden kann. Als ein Marker für die frühe Hypertrophie kann dabei das Typ-X-Kollagen betrachtet werden; Kollagen Typ II wird dagegen deutlich weniger gebildet. Im weiteren Verlauf wird IHH auch in diesen Zellen weiter exprimiert und scheint dabei eine Schlüsselrolle bei der Differenzierung und Proliferation der Chondrozyten einzunehmen. So wird das Parathormon-related Peptid (PTHrP) von IHH reguliert. PTHrP ist einer der wichtigsten Wachstumsfaktoren, der die Rate der hypertrophierenden Chondrozyten kontrolliert. Dabei kann eine aktivierende Mutation des PTHrP-Rezeptors im Menschen zur Ausbildung von Osteochondrodystrophia vom Typ Jansen führen. IHH- und Wnt-Transport werden ihrerseits unter anderem von IFT80 reguliert. Eine Studie hat gezeigt, dass die Stilllegung von IFT80 die IHH-Transportaktivität vermindert, während es die Wnt-Transportaktivität fördert, womit dieses auch essenziell für die Chondrozytendifferenzierung ist (Wang et al. 2013).
Die frühe Chondrozytenproliferation wird außerdem von Yap1 gefördert, während selbiges gleichzeitig die nachfolgende Chondrozytenmaturierung hemmt (Deng et al. 2016). Des Weiteren wurde gezeigt, dass die Hemmung von mTORC1 die Differenzierung der Chondrozyten fördert (Yan et al. 2016). Durch den Einsatz des mTORC1-spezifischen Hemmers Rapamycin wurde die Aktivität der Chondrozytendifferenzierung eingeschränkt, was auf eine essenzielle Rolle von mTORC1 in diesem Prozess hinweist.
In der späten Hypertrophie werden die vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren A (VEGFA), Matrixmetalloproteinase 13 (MMP13) und Osteopontin exprimiert (Li und Dong 2016). Song et al. demonstrierten, dass miR-181b sowohl die Chondrozytendifferenzierung wie auch die Knorpelintaktheit regulieren (Song et al. 2013). So hat der Gebrauch eines Imitators oder eines Hemmers, welche die miR-181b-Level in Chondroblasten und artikulären Chondrozyten regulieren, gezeigt, dass die Verminderung von miR-181b die MMP13-Expression reduziert, während sie die Kollagen-Typ-II-Expression induziert. Des Weiteren verursacht die Überexpression von Anti-miR-181b eine signifikante Reduktion der Knorpelzerstörung, die von einer operativen Destabilisierung des medialen Meniskus in Mäusen verursacht wurde. Daraus lässt sich ableiten, dass miR-181b ein Negativregulator für die Knorpelbildung ist und die Hemmung von miR-181b eine effektive therapeutische Strategie für knorpelbedingte Erkrankungen sein könnte.

Entwicklung der Osteoblasten

Osteoblasten sind von erheblicher Wichtigkeit in der Phase der initialen Knochenbildung, die Ossifikation des Knochens, aber auch für die Frakturheilung (Tosounidis et al. 2009). Osteoblasten sind bei der Reparatur der Mikrofrakturen involviert, die unter den alltäglichen Belastungen auftreten (Bielby et al. 2007). Kommt es in der Wachstumsfuge zur vaskulären Einsprossung aus dem Perichondrium, gehen die hypertrophierten Chondrozyten zugrunde und Osteoblasten wandern ein. Damit beginnt die Bildung des Osteoids, das zentripetal ossifiziert.
Wie bereits oben beschrieben, können sich MSCs in Myoblasten, Osteoblasten, Chondrozyten oder Adipozyten umwandeln. Je nach „Schlüsseltranskriptionsfaktoren“ differenziert sich die MSC in die eine oder andere Zellart. Bei der Osteoblastenlinie ist Runx2 der verantwortliche Faktor (Abb. 2) (Rutkovskiy et al. 2016). Sobald dieser aktiviert ist, ist die Zelle als Präosteoblast definiert. Daneben spielen noch viele weitere Faktoren eine Rolle darin, die Differenzierung von MSCs zu Osteoblasten zu fördern und zu regulieren, wie z. B. BMP, TGF-β, SDF-1, IGF-1, „histone demethylase“ JMJD3, CDK1, Fuciodan und TAZ (Garg et al. 2017). Beispielsweise sind knochenmorphogenetische Proteine (BMP) bei der Differenzierung von undifferenzierten MSCs zu Chondrozyten und Osteoblasten wie auch von Osteoprogenitorzellen zu Osteoblasten beteiligt (Garg et al. 2017). So wird die Runx2-Expression durch BMP-7 gesteigert induziert, während Calcitriol zu einer Reduktion der Runx2-Expression führt. Die vollständige Deletion des Runx2-Gens in Mäusen führt zur Ausbildung eines Knorpelskeletts ohne knöcherne Strukturen und wirkt somit letal. Dagegen hat sich aber gezeigt, dass heterozygote Mäuse überlebensfähig sind und ihr Phänotyp ähnliche Veränderungen aufweist wie Menschen mit Dysplasia cleidocranialis (Ducy und Karsenty 1998). Durch Differenzierungsexperimente mit BMP-2 wurde Osterix (Osx), ein Helix-Loop-Helix-Transkriptionsfaktor, entdeckt. Osx-knockout-Mäuse zeigten bei vorhandenem undifferenziertem Mesenchym das Ausbleiben von Osteoblasten. Obwohl die mesenchymalen Osteoprogenitorzellen Runx2 exprimierten, kam es zum Entwicklungsarrest. Dies lässt darauf schließen, dass beide Transkriptionsfaktoren für die Differenzierung der Osteoblasten und das normale Skelettwachstum notwendig sind (Nakashima et al. 2002).
Einen weiteren wichtigen Wachstumsfaktor beschrieben Xian et al., die zeigten, dass der durch die Knochenmatrix abgesonderte Wachstumsfaktor IGF-1 die osteoblastische Differenzierung aus MSCs stimulieren, indem er mTOR aktiviert (Xian et al. 2012). Eine beeinträchtigte IGF-1-Übermittlung in MSCs von Mäusen beeinträchtigt die Osteoblastendifferenzierung und reduziert die Formung von trabekulärem Knochen (Crane et al. 2013). „Histone demethylase“ JMJD3 ist ein weiterer Faktor, der die MSC-Differenzierung in Osteoblasten anregt. Dies geschieht sowohl in der intramembranen wie auch enchondralen Knochenformation (Garg et al. 2017). Homozygote Deletion von JMJD3 verzögerte die Osteoblastendifferenzierung und Knochenossifikation in Mäusen erheblich (Zhang et al. 2015; Ye et al. 2012).

Entwicklung der Osteoklasten

Osteoklasten sind mehrkernig und stammen von der Monozyten-Makrophagen-Linie ab. Bereits vor über 50 Jahren wird die Differenzierung von Knochenzellen intensiv untersucht (Kylmaoja et al. 2016). Obwohl Osteoklasten für die Knochenresorption entscheidend sind, sezernieren sie auch anabole Signale, um sowohl MSCs als auch Osteoblasten zum Modelling (Knochenformation einer nicht resorbierten Stelle) oder Remodelling (Knochenaufbau in Resorptionslücken) anzuregen. Störungen der Osteoklastenfunktion führen zu Knochenpathologien wie der Osteoporose (erhöhte Osteoklastenaktivität, verstärkter Knochenabbau) oder Osteopetrose (erblich bedingte Osteoklastenunterfunktion, Anhäufung von Knochengewebe). Charakteristische Merkmale der Osteoklastendifferenzierung sind beispielsweise die Versiegelungszone, um das Austreten von Säuren und Protonen zu verhindern (Miyamoto und Suda 2003).
Osteoblasten, Chondrozyten und ihre mineralisierten Matrices bilden zusammen mit Stroma- und Endothelzellen die Mikroumgebung für die Ansiedlung von Osteoklastenvorläuferzellen (Zhao 2007).
Der Transkriptionsfaktor PU.1 der Ets-Familie kontrolliert als einer der wichtigsten Faktoren zum frühesten Zeitpunkt die Osteoklastenentwicklung aus dem Pool der myeloiden Vorläuferzellen. So entwickeln PU.1-defiziente Mäuse nicht nur eine schwere Osteopetrose (vollständiges Fehlen der Osteoklasten und Makrophagen). Des Weiteren spielt Osteoprotegerin (OPG) eine Schlüsselrolle, dessen Expression in den Osteoblasten durch verschiedene Wachstumsfaktoren und Zytokine (Interleukin-1, -6, TNF, etc.) gesteuert wird. OPG antagonisiert den für die Osteoklastogenese essenzielle RANKL-Signalweg (Abb. 4) (Simonet et al. 1997; Yasuda et al. 1998). RANKL, ein zu den Tumornekrosefaktoren (TNF) gehörendes Protein, wird unter anderem von Osteoblasten exprimiert (Filvaroff und Derynck 1998) und bindet an den spezifischen Rezeptor RANK, der sich an der Oberfläche der Osteoklastenprogenitorzellen befindet. Folglich kommt es zur Induktion der Differenzierung, der Fusion und der Aktivierung der Osteoklasten. Die zusätzliche Aktivierung der Osteoklastenprogenitorzellen erfolgt durch die Ausschüttung von „macrophage colony-stimulating factor“ (M-CSF). M-CSF bindet an seinen Rezeptor, c-Fms, der auf Osteoklastenprogenitorzellen vorhanden ist. Dieser liefert die Signale für das Überleben und die Proliferation der Makrophagen (Zhao 2007).
Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass vor allem hypertrophe Chondrozyten wie auch Osteozyten (Nakashima et al. 2011; Xiong et al. 2011) eine wichtige Quelle von RANKL im Remodelling der Knochen darstellen. Xiong et al. zeigten, dass von Osteoblasten, oder dessen Progenitoren sezerniertes RANKL, nicht zum Remodelling beiträgt (Xiong et al. 2011). Ein weiteres wichtiges Protein ist TRAF6, das notwendig für die RANK-assoziierte Signalübertragung ist. Dieses wird durch die RANK-RANKL-Wechselwirkung aktiviert. Es ist für die RANK-induzierte NF-κB-Aktivierung und die In-vitro-Osteoklastogenese notwendig, und dessen Deletion führt, wie im Falle der zuvor erwähnten PU.1-Defizienz, zu Osteopetrose (Lomaga et al. 1999).
Der Polypeptidfaktor CSF-1 („colony-stimulating factor-1“) und RANKL induzieren zusammen die Expression von Genen, die für die Osteoklastenlinie typisch sind. Dazu gehören auch solche, welche die tartratresistente saure Phosphatase (TRAP), Cathepsin K (CATK), den Calcitoninrezeptor und das b3-Integrin kodieren, was zur Entwicklung von reifen Osteoklasten führt (Boyle et al. 2003).
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