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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 24.09.2019

Lappenplastik: Gastrocnemiuslappen

Verfasst von: Martin Siebeck, Marcus Lehnhardt und Björn Behr
Der M. gastrocnemius eignet sich zur Deckung größerer Defekte im Bereich des Kniegelenks bzw. des proximalen Drittels des Unterschenkels. Mit einem medialen und lateralen Anteil ist er der größte Wadenmuskel mit einer zuverlässigen Blutversorgung über 2 proximal gelegene Gefäßstiele. Der mediale Anteil des Muskels ist kräftiger als der laterale Anteil und kann daher größere, weiter distal des Kniegelenks gelegene Defekte bedecken. Bei jüngeren Patienten sollte der Hebedefekt bzw. das einhergehende Volumendefizit im proximalen Wadenbereich bedacht bzw. der Patient hierüber aufgeklärt werden.

Einleitung

Der Musculus gastrocnemius eignet sich zur Deckung größerer Defekte im Bereich des Kniegelenks bzw. des proximalen Drittels des Unterschenkels. Mit einem medialen und lateralen Anteil ist er der größte Wadenmuskel mit einer zuverlässigen Blutversorgung über 2 proximal gelegene Gefäßstiele. Der mediale Anteil des Muskels ist kräftiger als der laterale Anteil und kann daher größere, weiter distal des Kniegelenks gelegene Defekte bedecken. Bei jüngeren Patienten sollte der Hebedefekt bzw. das einhergehende Volumendefizit im proximalen Wadenbereich bedacht bzw. der Patient hierüber aufgeklärt werden.

Anatomie

Der M. gastrocnemius besitzt 2 Muskelköpfe, das Caput mediale und das Caput laterale. Das Caput mediale entspringt am Epicondylus medialis femoris, das Caput laterale am Epicondylus lateralis femoris. Beide Köpfe setzen in Form der Achillessehne am Tuber calcanei des Fersenbeins an.

Blutversorgung

Das Caput mediale und das Caput laterale werden unabhängig voneinander durch 2 dominante Gefäßstiele versorgt. Die Arteriae surales gehen in Form zweier Gefäßäste (medial und lateral) aus der A. poplitea hervor. Beide Äste der Aa. surales verlaufen parallel zu den Muskelfasern in die Muskelbäuche. Myokutane Perforatoren versorgen die darüberliegenden Hautschichten.

Innervation

Der Muskel wird vom N. tibialis (aus dem N. ischiadicus hervorgehend) innerviert.

Funktion

Eine Kontraktion der Muskelbäuche bewirkt neben einer Plantarflexion und Supination des Fußes eine Flexion im Kniegelenk.

Anwendungsmöglichkeiten

Caput mediale

Basierend auf der dominanten Blutversorgung durch die Aa. surales, die ca. 5 cm oberhalb der beugeseitigen Falte des Kniegelenks entspringen, kann der mediale Anteil des Muskels in Form eines Muskellappens über die ventrale Seite nach lateral transponiert werden, um so das Knie selbst oder das proximale Drittel des Unterschenkels zu bedecken.

Caput laterale

In gleicher Art und Weise kann der laterale Anteil des Muskels über die ventrale Seite in medialer Richtung transponiert werden.

Hebung des medialen Anteils des M. gastrocnemius

Lagerung des Patienten

Wir bevorzugen für die Deckung ventralseitig gelegener Defekte die Abduktion des Beins in der Hüfte und die gleichzeitige Flexion des Kniegelenks in Rückenlage (Froschposition). Durch diese Lagerung wird der operative Zugangsweg zum Caput mediale vereinfacht. Zusätzlich kann eine Blutsperre zur besseren intraoperativen Übersicht angelegt werden.

Operatives Prozedere

Der Hautschnitt wird medialseitig der Tibiakante unterhalb der Patella über 15–20 cm geführt. Der Muskelbauch wird identifiziert und vom M. soleus separiert. Die Plantarsehne verläuft unterhalb des Muskelbauchs des Caput mediale. Nun werden die Fasern des medialen Anteils von der Achillessehne separiert (Abb. 1).
Die furchenartige Verbindung zum Caput laterale wird dargestellt und von proximal nach distal durchtrennt. Im Anschluss wird der Muskellappen bis zum Condylus medialis tibialis gehoben und medialseitig transponiert (Abb. 2).
Sollte eine größere Defektstrecke zu überwinden sein, kann der Muskel an seinem Ursprung desinseriert werden. Auf eine allseitige Refixierung in der Defektzone ist zu achten, da ansonsten Scherkräfte auf den Gefäßstiel wirken können. Bei Desinsertion des Muskels sollte die einhergehende exponierte Lage der A. poplitea bedacht werden (Abb. 3).
Wir bevorzugen aufgrund des Größenunterschieds und der Gefahr der Verletzung des N. peroneus die Verwendung des medialen Muskelanteils in Form eines Muskellappens mit nachfolgender gemeshter Spalthautbedeckung, ohne diesen an seinem Ursprung zu desinserieren (Abb. 4).
Literatur
Corten K, Struelens B, Evans B, Graham E, Bourne RB, Macdonald SJ (2013) Gastrocnemius flap reconstruction of soft-tissue defects following infected total knee replacement. Bone Joint J 95-B(9):1217–1221. https://​doi.​org/​10.​1302/​0301-620x.​95b9.​31476CrossRefPubMed
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Walton Z, Armstrong M, Traven S, Leddy L (2017) Pedicled rotational medial and lateral gastrocnemius flaps. J Am Acad Orthop Surg 25(11):744–751. https://​doi.​org/​10.​5435/​jaaos-d-15-00722CrossRefPubMed