Kongenitale Mikrovillusatrophie
Intraktable Diarrhö mit persistierender Zottenatrophie in früher Kindheit
Kongenitale Tufting-Enteropathie
Im Jahre 1994 haben Reifen und Mitarbeiter eine Form der chronischen Diarrhö bei Neugeborenen beschrieben, die mit wässrigen Durchfällen, Erbrechen und Krampfanfällen einhergeht. Die Morphologie der intestinalen Mukosa hatte jeweils ein charakteristisches Aussehen mit einer mittelschweren Atrophie der Mukosa und kleinen Auswüchsen von mehrschichtigen Epithelzellen – den sog. Tufts. Die Ätiologie dieser pathognomonischen Veränderungen sind Mutationen im Gen für das epitheliale Zelladhäsionsmolekül epCAM. Eine Überlappung mit der in Kap. „Angeborene Krankheiten des Gastrointestinaltrakts“ dargestellten syndromalen Natriumdiarrhö wurde ebenfalls beschrieben.
Die Diagnose kann anhand der typischen Morphologie der Mukosa sowie der molekulargenetischen Analyse des epCAM- oder SPINT2-Gens gestellt werden.
Die Therapie ist rein symptomatisch mit parenteraler Ernährung. Die Prognose ist in Einzelfällen gut.
IPEX-Syndrom
Die X-chromosomal vererbte Autoimmunkrankheit mit Polyendokrinopathie und intraktabler Diarrhö geht mit schweren Symptomen in früher Säuglingszeit einher: insulinpflichtiger
Diabetes mellitus, ichtyosiforme Dermatitis,
Thyreoiditis, intraktable Diarrhö und hämolytische
Anämie. Mutationen im
FOXP3-Gen wurden als Ursache dieser Krankheit gefunden. Es kommt als Folge der Mutation zu einer ungebremsten Aktivierung von
T-Lymphozyten mit konsekutiven multiplen
Autoimmunkrankheiten. Entsprechend finden sich hohe
Antikörpertiter im Blut dieser Kinder gegen Blut, Schilddrüse und Pankreaszellen sowie gegen intestinale Zellen und Nierenepithelien. Die schlechte Prognose dieser Krankheit ist nur durch eine Stammzelltransplantation oder eine massive immunsuppressive Therapie zusammen mit einer totalen parenteralen Ernährung aufzuhalten. Im Langzeitverlauf zeigten Patienten mit IPEX-Syndrom nach Stammzelltransplantation eine bessere
Lebensqualität und Überleben als Patienten unter Immunsuppression.
Anendocrinosis
Die Krankheit ist gekennzeichnet durch schwere postpartale wässrige lebensgefährliche Durchfälle, die eine totale parenterale Ernährung erfordern, um ein normales Wachstum und Gedeihen zu gewährleisten. Die Durchfälle sistieren bei Nahrungskarenz und treten auch unter Zufuhr von oraler Glukoselösung wieder auf.
Die pathohistologische Untersuchung der Dünndarmbiopsie zeigt zwar eine normale Struktur. Bei Schnitten, die mit Anti-Chromogranin gefärbt wurden, zeigte sich dann aber ein Fehlen der neuroendokrinen Zellen im Dünn- und Dickdarm. Die Aktivität der
Disaccharidasen ist normal. Der molekulare Defekt konnte im Neurogenin-3 Gen gefunden werde. Die Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt. Die Therapie besteht in totaler parenteraler Ernährung und dem Versuch mit komplett hydrolysierten Nahrungen oder kohlenhydratfreien Nahrungen ein gewisses Maß an oraler Nahrung zuführen zu können. Die Prognose ist durch Komplikationen der langzeit-parenteralen Ernährung mit Hepatopathie gekennzeichnet. Alle Kinder entwickeln im frühen Schulalter einen
Diabetes I.
Tricho-Hepato-Enterisches Syndrom
Bei dieser autosomal-rezessiv vererbten Krankheit kommt es postpartal zu schwerer intraktabler Diarrhö. Die Kinder zeigen faziale Dysmorphien auf wie Hypertelorismus, einen breiten flachen Nasenrücken sowie eine prominente Stirn. Die Haare sind wie Wolle und nicht kämmbar. Sie weisen eine Trichorexis nodosa auf. Die Kinder haben eine
Immundefizienz mit erniedrigten
Immunglobulinen und fehlender Antwort auf Impfungen. Intrauterin besteht bereits eine Wachstumsverzögerung. Die Dünndarmmukosa zeigt histologisch eine Zottenatrophie. Die verantwortliche Mutation liegt bei 40 % der Patienten im
SKIV2L-Gen, einem zytoplasmatischen-exosomalen Kofaktor und bei 60 % im
TTC37-Gen, welches für das Protein Thespin kodiert, dessen Funktion aber bislang ungeklärt ist. Die einzig erfolgreiche Therapie besteht in totaler parenteraler Ernährung.