Die heute verfügbaren Glykopeptide sind
Vancomycin und
Teicoplanin. Sie greifen durch Hemmung der Peptidoglykanpolymerisation in die Zellwandsythese grampositiver
Bakterien ein. Sie treten anders als β-Laktam-Antibiotika nicht in Wechselwirkung mit
Enzymen der Zellwandsynthese, sondern mit Bausteinen der Zellwand selbst. Bakterizidie wird ebenso wie bei β-Laktam-Antibiotika nur bei proliferierenden Keimpopulationen erzielt. Vancomycin und Teicoplanin müssen parenteral appliziert werden. An Nebenwirkungen werden am häufigsten Thrombophlebitis und
Schmerzen während der Infusion beobachtet, daher muss Vancomycin insbesondere bei Kindern langsam (>30 min) und nicht zu hoch konzentriert verabreicht werden. Bei zu rascher Gabe können Schüttelfrost und
Fieber bis hin zum Blutdruckabfall und zum Herzstillstand auftreten. Das Auftreten von Hautrötung mit Juckreiz insbesondere an Oberkörper und Gesicht bis hin zum generalisierten Flush („red man syndrome“) wird ebenfalls nach zu rascher Gabe beobachtet. Vancomycin wird zu 80–90 % renal ausgeschieden. Die gefürchtete Nephro- und Ototoxizität tritt bei den neuen Vancomycinpräparationen sehr selten und nur bei sehr hohen Serumkonzentrationen, z. B. infolge
Niereninsuffizienz, auf. Daher sind unter Therapie die Nierenfunktion und Serumspiegel (Talspiegel) zu kontrollieren: Dies gilt insbesondere für Neugeborene und Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Teicoplanin wird im Allgemeinen gut vertragen, Serumspiegelbestimmungen sind daher aus Toxizitätsgründen nicht notwendig. Aufgrund der langen
Halbwertszeit kann es einmal am Tag appliziert werden. Die Gewebegängigkeit der Glykopeptide mit Ausnahme des Knochens ist gut. Vancomycin ist bei nichtentzündeten Meningen schlecht liquorgängig, nur bei
Meningitis können wirksame Spiegel erreicht werden. Teicoplanin ist nicht liquorgängig. Glykopeptide sind
in vitro gegenüber praktisch allen grampositiven Kokken und Stäbchen, auch gegenüber oxacillinresistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen und koagulase-negativen
Staphylokokken,
Enterokokken sowie Corynebacterium jeikeium wirksam. Sie haben aufgrund der wachsenden Zahl von fremdkörperassoziierten Krankenhausinfektionen durch multiresistente grampositive Bakterien erheblich an Bedeutung gewonnen. In den letzten Jahren sind infolge des häufigen Einsatzes jedoch vermehrt Infektionen durch glykopeptidresistente Enterokokken und glykopeptidresistente koagulase-negative Staphylokokken beobachtet worden. Bei schweren Staphylokokken-Infektionen scheint ein Synergismus mit Rifampicin zu bestehen, bei schweren Enterokokken- oder Streptococcus-viridans-Infektionen ein Synergismus mit
Gentamicin. Zwischen Vancomycin und Teicoplanin besteht eine inkomplette Kreuzresistenz, so können Enterokokken gegenüber Vancomycin resistent und gegenüber Teicoplanin empfindlich und koagulase-negative Staphylokokken gegenüber Teicoplanin resistent und gegenüber Vancomycin empfindlich sein. Aufgrund der zunehmenden Resistenzentwicklung und der Tatsache, dass bei Glykopeptidresistenz nur wenige neue, im Kindesalter kaum evaluierte
Antibiotika gegenüber grampositiven Erregern zur Verfügung stehen, ist die Indikation zur Anwendung der Glykopeptide streng zu stellen. Als Indikationen können nur nachgewiesene Infektionen durch entsprechend resistente Erreger gelten. Regelhaft sind Infektionen durch glykopeptidempfindliche Keime wenig foudroyant, sodass der Erregernachweis vor Beginn einer Therapie abgewartet werden kann; Ausnahmen sind onkologische Patienten in Neutropenie. Zur Behandlung der antibiotikainduzierten pseudomembranösen Enterokolitis kann Vancomyin oral eingesetzt werden.