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Pädiatrie
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Publiziert am: 02.04.2019

Ekzematöse Dermatosen bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Regina Fölster-Holst, Thomas Bieber und Astrid Steen
Ekzemkrankheiten sind primär epidermale oder dermale entzündliche Reaktionen auf einen äußeren oder hämatogenen Reizfaktor.

Allergisches Kontaktekzem

Definition, Ätiologie und Pathogenese
Das allergische Kontaktekzem (Abb. 1) kommt häufig vor, das gilt auch für das Kindesalter. Es ist die klinische Manifestation der T-Zell-vermittelten Typ-IV-Sensibilisierung, bei der ein oder mehrere Allergene bzw. Haptene als Auslöser in Betracht kommen können. Beim ersten Eindringen des Antigens durch die Epidermis wird es von antigenpräsentierenden Zellen (Langerhans-Zellen) aufgenommen, prozessiert und in den regionalen Lymphknoten naiven T-Zellen vorgestellt. Diese Sensibilisierungsphase dauert in der Regel zwischen 10 und 14 Tagen und ist klinisch stumm. Bei Wiedereindringen des Antigens in die Haut wird es erneut von antigenpräsentierenden Zellen erfasst und den jetzt bereits sensibilisierten antigenspezifischen T-Zellen vorgestellt. Dieser zweite Kontakt führt dann zu einer epidermalen und dermalen Entzündungsreaktion. Diese benötigt nur noch 24–48 Stunden, bis sie klinisch fassbar wird. In der Regel entsteht die Ekzemreaktion an dem Ort, an dem der Kontakt mit dem Antigen stattgefunden hat.
Die häufigsten Kontaktallergene sind Nickelsulfat, Duftstoffe, Perubalsam, Kobaltsulfat sowie andere Allergene, die in die sog. Standardreihen aufgenommen wurden. Entgegen früherer Auffassung neigen Kinder mit einer atopischen Diathese ebenso zur Entwicklung von Kontaktsensibilisierungen wie andere Kinder. Die häufigsten Kontaktallergene bei Kindern sind Nickelsulfat, Konservierungs- und Duftstoffe. Deshalb sollten die für Kinder vorgesehenen Pflegepräparate (insbesondere bei Atopikern) möglichst wenig Konservierungs- und keine Duftstoffe enthalten.
Klinische Symptome
Man unterscheidet in der Regel eine akute, eine subakute und eine chronische Form des Kontaktekzems. Am Ort des Kontaktgeschehens entwickeln sich gegebenenfalls auf einer massiven ödematösen Reaktion kleine, stark juckende Bläschen, die später austrocknen und in Schuppen bzw. Krusten übergehen. Bei Kindern ist jedoch die chronische Phase selten zu beobachten. Der Manifestationsort ermöglicht häufig Rückschlüsse auf die auslösende Ursache (z. B. Hals, Handgelenk und Finger: nickelhaltiger Schmuck).
Diagnose
Die Epikutantestung stellt nach wie vor das unabdingbare diagnostische Instrument für die Abklärung einer Kontaktsensibilisierung dar. Für Kinder existiert ein spezieller Standard-Epikutantest nach den Empfehlungen der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG).
Therapie
Die Therapie sollte phasengerecht erfolgen und basiert in der Regel auf der Anwendung glukokortikoidhaltiger Präparate. Im Vordergrund steht jedoch das Meiden der verantwortlichen Antigene.

Atopisches Ekzem

Definition
Das atopische Ekzem (Neurodermitis, atopische Dermatitis, endogenes Ekzem; Abb. 2) ist eine sehr häufige Erkrankung (ca. 15–25 % bei Säuglingen und 5 % bei Erwachsenen) und bildet mit dem allergischen Asthma und der allergischen Rhinokonjunktivitis die klinische Trias der atopischen Diathese.
Ätiologie und Pathogenese
Das atopische Ekzem ist wie das allergische Kontaktekzem eine zellulär vermittelte immunallergische Reaktion, bei der sowohl antigenpräsentierende Zellen als auch T-Lymphozyten eine entscheidende Rolle spielen. Nach neueren epidemiologische Untersuchungen beginnt das atopische Ekzem als „nicht-IgE-assoziierte“ Form und setzt sich in der mit der Bildung einer IgE-Sensibilisierung (IgE-assoziierte Form) fort. Bei über 50 % der Kinder findet eine Remission vor der Pubertät statt. Bei einem hohen Anteil (30 %) kann diese Remission jedoch mit der Entwicklung einer allergischen Rhinitis oder eines Asthmas einhergehen. Man spricht von einem „atopischen Marsch“. Nur bei 20–30 % der Kinder entwickelt sich keine IgE-Sensibilisierung.
Neuere genetische Assoziationsuntersuchungen haben die Komplexität des genetischen Hintergrundes dieser Erkrankungen und die Rolle der epidermalen Barrierefunktion verdeutlicht. Hier scheinen Mutationen des für das Filaggrin kodierende Gen (FLG) bei ca. 30 % der Patienten eine wichtige Rolle zu spielen. Neben genetischen Faktoren und immunologischen Mechanismen spielen Umweltfaktoren, Infektionen und Stresssituationen eine wichtige Rolle bei der Pathophysiologie dieser chronischen Krankheit.
Klinische Symptome und Verlauf
Im Gegensatz zur seborrhoischen Säuglingsdermatitis manifestiert sich das atopische Ekzem meist erst nach dem 2. Lebensmonat. Während bei Säuglingen das Gesicht und die Kopfhaut die wesentlichen Prädilektionsstellen sind, findet man die ekzematoiden Läsionen bei älteren Kindern eher in den Ellenbeugen und Kniekehlen sowie an Hand- und Fußgelenken. Bedingt durch die Immundeviation sowie durch die lokale Schwäche des angeborenen Immunsystems (Defensine) bei der atopischen Diathese ist die Haut der Patienten mit atopischem Ekzem in der Regel sehr stark mit Staphylococcus aureus besiedelt. Deshalb kommt es insbesondere bei Kindern sehr häufig zu einer Impetiginisierung des Ekzems. Darüber hinaus stellt das Eczema herpeticum eine ernst zu nehmende Komplikation dar, bei der es zur Ausbreitung einer Herpesinfektion, meist im Gesichtsbereich, kommen kann.
Bei Minimalvarianten des atopischen Ekzems, wie z. B. bei Lippenekzem, Ohrläppchenekzem oder der Pulpitis sicca, ist es häufig sehr sinnvoll, auch die Atopiestigmata zu berücksichtigen. Diese sind im Wesentlichen die Hyperlinearität der Handinnenflächen („I-Hände“), eine sehr trockene Haut (Xerosis), eine Wolleunverträglichkeit, halonierte periorbitale Regionen, eine doppelte Unterlidfalte (Dennie-Morgan-Zeichen) und das Fehlen der lateralen Augenbrauen (Hertoghe-Zeichen).
Therapie
Die Behandlung des atopischen Ekzems beruht im Wesentlichen auf 3 Pfeilern, die als Ziel haben, die chronische Entzündung zu kontrollieren.
1.
Sekundäre Prävention: Bei klinischer Relevanz sollten Vermeidungsstrategien gegenüber den Auslösern wie Allergenen (Nahrungsmittel, Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare) durchgeführt werden.
 
2.
Konsequente Hautpflege: Zu achten ist auf eine konsequente Hautpflege (sog. Basistherapie) mit möglichst konservierungs- und duftstofffreien Dermatika, um die Haut vor Austrocknung zu schützen und die gestörte Barrierefunktion zu kompensieren.
 
3.
Medikamententherapie: Die Behandlung des Ekzems erfolgte bisher durch den topischen Einsatz glukokortikosteroidhaltiger Präparate (Klasse I oder II) mit hohem therapeutischem Index. Diese sollten phasengerecht und nur für wenige Tage eingesetzt werden. Zunehmend setzt sich die proaktive Therapie als Behandlungsstrategie durch, mit Einsatz von entweder Steroiden oder topischen Kalzineurininhibitoren (Tacrolimus und Pimecrolimus), die zunächst reaktiv bis zum Abklingen der Ekzeme täglich und anschließend proaktiv (1- bis 2-mal/Woche) über mehrere Wochen eingesetzt werden. Auf diese Weise werden bereits minimale Entzündungsreaktionen unterbunden, und das volle Aufblühen des Ekzems kann in den meisten Fällen verhindert werden.
Potente systemische Immunsuppressiva wie Ciclosporin sollten Ausnahmefällen vorbehalten bleiben.
 
4.
Primärprävention: Als Primärprävention werden folgende Maßnahmen empfohlen:
  • Neugeborene sollten 4 Monate ausschließlich gestillt werden.
  • Beikost ab dem 5. Monat, wobei auch Fisch protektiv sein soll. Keine Meidung von Nahrungsmitteln, sondern dem Immunsystem des Darmes diese anbieten, diese Maßnahme soll eine Toleranz fördern.
  • Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten keine Katzen anschaffen. (Allerdings wurde in Studien sogar ein protektiver Effekt durch Katzenhaltung hinsichtlich der Entwicklung eines Asthmas festgestellt. Dies gilt jedoch bisher nicht für die Primärprävention eines atopischen Ekzems.)
  • Meiden von Tabakrauch generell, auch schon während der Schwangerschaft.
  • Die von der STIKO empfohlenen Impfungen durchführen.
 
Die bei Erwachsenen eingesetzten UV-Therapien sollten bei Kindern nur mit größter Zurückhaltung erwogen werden. Gegebenenfalls sollte eine unterstützende psychosomatische Betreuung der Patienten bzw. der Eltern erfolgen. Schulungsmaßnahmen für die Eltern und Kinder bringen Vorteile in der Langzeitbetreuung.
Weiterführende Literatur
Gaffin JM, Spergel JM, Boguniewicz M (2012) etal. Effect of cat and daycare exposures on the risk of asthma in children with atopic dermatitis. Allergy Asthma Proc 33(3):282–288CrossRef
Plewig G, Ruzicka T, Kaufmann R, Hertl M (2018) Braun-Falco´s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Springer, BerlinCrossRef
Schaefer T, Bauer CT, Beyer K et al (2014) S3-Guideline on allergy prevention: 2014 update. Guideline of the German Society for Allergology and Clinical Immunology (DGAKI) and the German Society for Pediatric and Adolescent Medicine (DGKJ). Allergo J Int 23:186–199CrossRef
Werfel et al (2015) AWMF S2k [Leitlinie Neurodermitis [atopisches Ekzem; atopische Dermatitis]
Worm M, Aberer W, Agathos M, Becker D, Brasch J, Fuchs T, Hillen U, Höger P, Mahler V, Schnuch A, Szliska C (2007) German Contact Dermatitis Research Group (DKG). Patch testing in children-recommendations of the German Contact Dermatitis Research Group (DKG. J Dtsch Dermatol Ges 5:107–109CrossRef