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Pädiatrie
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Publiziert am: 04.04.2019

Fehlbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich

Verfasst von: Rudolf Reich
Unter den Fehlbildungen des Kiefer- und Gesichtsbereiches kann sich die Pierre Robin-Sequenz mit akuter Atemnot zeigen. Die heutige Therapie der Wahl versucht mit speziellen herausnehmbaren, intraoralen Gaumenplatten die Zungenhaltung zu stimulieren und so einen Wachstumsimpuls auf den hypoplastischen Unterkiefer zu geben; nur in seltenen Fällen ist Chirurgie nötig. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten stellen in ihren verschiedenen Ausprägungen das größte Kontingent der Fehlbildungen des Kiefer- und Gesichtsbereiches; ihre Therapie ist multidisziplinär. Die chirurgischen Maßnahmen werden in verschiedenen Schritten, je nach Ausprägung, bis ins frühe Erwachsenenalter durchgeführt. Ziel ist dabei die funktionelle und ästhetische Rehabilitation der Patienten. Daneben gibt es eine Vielzahl syndromaler Fehlbildungen in Kiefer- und Gesichtsbereich, die sequenzielle plastisch-rekonstruktive Chirurgie erfordern.

Diastema

Definition und klinische Symptome
Beim Diastema handelt es sich um eine Lückenbildung, meist zwischen den mittleren Schneidezähnen. Ätiologisch kommt am ehesten ein tief in den Alveolarfortsatz einstrahlendes Lippenbändchen in Frage.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch ist entweder eine Zungenfehlfunktion (Habit) oder in sehr seltenen Fällen auch ein langsam progredienter verdrängender Prozess im jugendlichen Alter, z. B. eine globulomaxilläre Zyste, zu erwägen.
Während der 2. Dentition kann eine Lückenbildung zwischen den Ober- und Unterkieferschneidezähnen auch ein physiologisches Phänomen kurz vor dem Zahndurchbruch sein.
Therapie
Die Therapie besteht in der Verlagerung oder Abtragung des Lippenbändchens im Alter von 3–4 Jahren. Durch die natürlichen Wachstums- und Dentitionsvorgänge kommt es dann regelmäßig zu einem Schluss des Diastemas. In späterem Alter kann eine kieferorthopädische Behandlung notwendig sein.

Lingua geographica (Exfoliatio areata linguae)

Definition und Ätiologie
Bei der Lingua geographica handelt es sich um eine Verhornungsanomalie der Papillen unbekannter Ätiologie. Sie bietet ein rasch wechselndes Bild von weißlichen Linien auf der Zunge, ähnlich einer Landkarte. Gelegentlich zeigen die Kinder eine besondere Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Fruchtsäuren.
Therapie
Für diese harmlose Veränderung ist keine Therapie erforderlich.

Ankyloglossie

Ein angewachsenes Zungenbändchen im Säuglingsalter ist nur in den sehr seltenen Fällen einer breiten Verbindung mit dem Mundboden eine Indikation zur operativen Lösung. Normalerweise verlängert sich das Zungenbändchen durch die Funktion bis zum Ende des 1. Lebensjahres spontan.

Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten

Definition und Ätiologie
Die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten gehören zu den dysontogenetischen Fehlbildungen. Sie werden durch Störungen in dem für die Entwicklung des Kopfes übergeordneten Hinter- und Vorderkopforganisator erklärt.
Einteilung
Von der Minimalvariante einer Lippenkerbe (Lippenkolobom), bei der lediglich der M. orbicularis oris teilweise gespalten ist, bis zur doppelseitigen durchgehenden Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte als Maximalvariante sind viele Übergangsformen bekannt. So gibt es isolierte, unvollständige oder vollständige, ein- oder beidseitige Lippenspalten, Lippen-Kiefer-Spalten oder Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten (Abb. 1).
Bei isolierten Gaumenspalten kann entweder der harte und der weiche Gaumen (stets ohne den zahntragenden Anteil des Kiefers) oder der weiche Gaumen allein gespalten sein.
Epidemiologie
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten machen mit 11–15 % einen wichtigen Anteil aller angeborenen Fehlbildungen aus, die Rate beträgt etwa 1:500 Lebendgeburten, mit zunehmender Tendenz und geringer Prävalenz des männlichen Geschlechts. Mindestens 30 % der Patienten weisen eine Vererbungskomponente auf. So besteht z. B. eine 4- bis 5-prozentige Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte bei einem Kind einer Familie, bei der ein Elternteil ebenfalls eine Form der Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte aufweist.
Ätiologie und Pathogenese
Neben den endogenen (genetischen) Faktoren sind bezüglich der Verursachung auch exogene Faktoren bekannt: Stoffwechselstörungen, Anoxämie, Plazentadysfunktion, Mangelernährung, Vitaminmangel, niedriges bzw. hohes Alter der Mutter, Einfluss von ionisierenden Strahlen oder Infektionen. Ihr genauer Einfluss lässt sich zurzeit noch nicht eingrenzen.
Die Lippenspalte entsteht zwischen dem 36. und 42., die Gaumenspalte zwischen dem 47. bis 56. Tag der Schwangerschaft.
Klinische Symptome
Bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten stehen ästhetische und funktionelle Symptome im Vordergrund.
Liegt eine Lippenspalte vor, ist stets auch in mehr oder minder ausgeprägter Form der knorpelige, evtl. auch der knöcherne Aufbau der Nase betroffen. Bei einer vollständigen Lippen-, Lippen-Kiefer- oder Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte ist der Nasenboden zum Teil oder völlig, ein- oder doppelseitig zum Gaumen offen. Dadurch ist kein Abschluss zwischen dem Nasen- und dem Rachenraum mehr vorhanden, was die Saugfunktion sehr stark erschwert (Abb. 1). Auch die Sprechfunktion ist dadurch beim Kleinkind mit dem offenen Näseln behindert. Durch die abnormen anatomischen Verhältnisse im hinteren Gaumenbereich kommt der Ventilmechanismus der Tuba auditiva Eustachii in der Rachenhinterwand nicht wie üblich beim Schlucken zum Tragen, sodass durch mangelnden Abfluss bei 60 % der Patienten, die eine Spalte des weichen Gaumens aufweisen, mit einem Mukotympanon zu rechnen ist. Die Folge kann eine Hörminderung sein.
Durch die offene Gaumenspalte werden unbewusst vom Kind Fehlfunktionen der Zunge ausgeübt. Wird z. B. die Zunge in den Spaltbereich eingerollt, wird die Spalte nicht selten breit offengehalten oder aufgeweitet. Das Therapiekonzept muss allen Fehlfunktionen Rechnung tragen.
Therapie
Die Behandlung von Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten wird heute als klassisches Beispiel einer interdisziplinären Aufgabe gesehen, die sich in Teilschritten vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter erstreckt. Dabei sind hauptsächlich Pädiater, Kieferorthopäde, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Zahnarzt und Logopäde beteiligt.
Mithilfe von modernen Saugern können Spaltkinder, sofern nicht noch zusätzliche, z. B. neurologische Störungen vorliegen, von Anfang an mit der Flasche ernährt werden. Die primäre Sondierung des Säuglings nach der Geburt kann sich als ungünstig erweisen, da die natürlichen Schluckreflexe später nur sehr schwer wieder erlernt werden können.
Möglichst bereits in der 1. Lebenswoche sollte eine individuelle Trinkplatte aus Kunststoff unter kieferorthopädischer Assistenz angefertigt werden. Diese Platte, die von den Kindern in aller Regel unproblematisch wie ein Schnuller akzeptiert wird, deckt den Oberkiefer und die Spalte ab. Dadurch normalisiert sich die Zungenlage; ein Kollaps der Kiefersegmente wird verhindert, und es ist zudem ein gewisser Abschluss zum Nasen-Rachen-Raum hergestellt, der das Trinken mit dem Sauger wesentlich erleichtert (Abb. 2).
Mit dieser Trinkplatte kann durch schrittweises Ausschleifen im Kieferbereich durch den Kieferorthopäden das Wachstum des Oberkiefers bis zur ersten operativen Maßnahme gesteuert werden. Dadurch können die anatomischen Bedingungen für die operative Therapie erheblich verbessert werden.
Die Lippenspaltplastik wird in aller Regel mit 5–6 Monaten durchgeführt. Es stehen dazu verschiedene Techniken zur Verfügung, die alle zum Ziel haben, einen harmonischen und ästhetischen Verlauf der Lippe mit Ausgleich der unterschiedlichen Höhe der verschiedenen Segmente zu bewerkstelligen. Dabei wird gleichzeitig der vordere Anteil des offenen Nasenbodens rekonstruiert. In diesem Zuge wird auch der im Spaltbereich abgespreizte Nasenflügel in seiner Stellung verbessert (Abb. 3).
Falls ein Mukotympanon vorliegt, kann im Zusammenhang mit der Lippenspaltplastik vom HNO-Arzt eine Parazentese des Trommelfells mit Einsetzen von Paukenröhrchen durchgeführt werden. Für die Hörbahnreifung ist die Herstellung der Schallleitung in den ersten 1,5 Lebensjahren essenziell. Kinder, die ein Mukotympanon aufweisen, bleiben daher solange in HNO-ärztlicher Mitbetreuung, bis kein Rezidiv mehr zu erwarten ist.
Der nächste operative Schritt ist der Verschluss des Gaumens. Je nach Konzept wird dieser ab der Mitte des 2. Lebensjahres durchgeführt, unter Umständen in Teilschritten, um einen möglichst langen und damit verschlusskompetenten Gaumen zu erreichen.
Bis zu diesem Zeitpunkt kann das Kind die vom Kieferorthopäden jeweils in mehrwöchigen Abständen angepasste Trinkplatte weiter tragen. Die Reihenfolge und Technik der operativen Therapie kann je nach Konzept variieren.
Ab dem Durchbruch der Milchzähne ist die Kariesprophylaxe und -behandlung besonders wichtig, da das Wachstum des Corpus mandibulae wesentlich davon bestimmt wird, dass sich die unter den Milchzähnen liegenden Keime der bleibenden Zähne ungestört entwickeln.
Vor der Einschulung können unter Umständen ästhetische Korrekturoperationen im Lippen- und Nasenbereich und auch eine Velopharyngoplastik erforderlich sein, um einerseits die soziale, andererseits die sprachliche Kommunikationsfähigkeit weiter zu verbessern. Eine logopädische Therapie ist bei ausgeprägten Formen der Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten fast stets erforderlich; sinnvoll ist die zunächst spielerische Betreuung dieser Patienten ab dem 3. Lebensjahr.
Um den Durchbruch und die Einordnung des für die Okklusion wichtigen Eckzahns im Spaltbereich zu ermöglichen, wird bei Kindern mit Lippen-Kiefer- oder Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten etwa im Alter von 9–11 Jahren eine sekundäre Osteoplastik des Kieferkamms empfohlen. Nach Abschluss der 2. Dentition nach dem 12. Lebensjahr ist dann eine reguläre kieferorthopädische Behandlung mit dem Ziel der Ausformung der Okklusion sinnvoll.
Nach Abschluss des Wachstums können weitere Korrektureingriffe, z. B. Umstellungsosteotomien des Ober- oder Unterkiefers oder aber eine Rhinoplastik erforderlich sein.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch bereiten die klassischen Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten keine Probleme. Es muss jedoch bedacht werden, dass sie Teilsymptom eines Dysmorphie-Syndroms sein können. Nicht selten sind sie auch mit anderen Fehlbildungen, etwa der Nieren, oder mit neurologischen Symptomatiken vergesellschaftet.
Sonderformen mit einem anderen Entwicklungsmodus sind mediane Lippenspalten. Die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten sind auch nicht zu verwechseln mit den queren oder schrägen Gesichtsspalten, die jeweils andere Ursachen und plastisch-rekonstruktive Erfordernisse haben.
Prophylaxe
Zur Prävention von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten ist aufgrund von kaum belastbaren Daten noch keine endgültige Aussage zu machen. Zielrichtung ist derzeit, Mangelzustände zu verhindern und das Sauerstoffangebot bzw. den Stoffwechsel der Plazenta zu verbessern. Daher wird verschiedentlich während der Schwangerschaft eine Substitution der Vitamine Folsäure, B2 und B12 empfohlen.

Pierre-Robin-Sequenz

Definition
Die Pierre-Robin-Sequenz ist durch eine kongenitale Unterkieferhypoplasie, eine Glossoptose und eine weite isolierte Spalte des harten und weichen Gaumens charakterisiert (Abb. 4).
Epidemiologie
Diese Sequenz ist bei etwa 22 % aller isolierten Gaumenspalten anzutreffen.
Klinische Symptome
Je nach Ausprägungsgrad können die Kinder, die äußerlich durch ein fliehendes Kinn auffallen, entweder in Rückenlage oder auch in Seitenlage einen Stridor und eine Zyanose zeigen.
Therapie
Therapeutisch sollte zunächst eine Seiten- oder Bauchlagerung versucht werden, das Vorziehen des Unterkiefers bewirkt fast immer eine rasche Verbesserung der Symptomatik. Reichen Lagerungsmaßnahmen nicht aus, steht eine Stufentherapie zur Verfügung.
Zur Therapie werden heute nach individueller Abformung durch den Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen oder den Kieferorthopäden angefertigte Gaumenplatten (Stimulationsplatten) empfohlen, die im vorderen Bereich mit einer Rauigkeit versehen werden, die das Kind zu einer Vorwärtsbewegung der Zunge stimulieren. Neuere Modifikationen wirken durch Vermeidung eines Berührungsreizes der hinteren Zunge. Dadurch wird ein Wachstumsimpuls auf den Unterkiefer gegeben und die Zunge tonisiert. Nur in extremen Fällen ist eine Glossopexie (Anheftung der Zunge an die Unterlippe) oder eine Unterkieferextension mit ca. 100 g Gewicht für 8–10 Tage in Seitenlage notwendig, um die notwendige anfängliche Stimulation für das Längenwachstum des Unterkiefers zu geben. Neuerdings wurde auch die Unterkieferverlängerung und damit die natürliche Anteriorverlagerung der Zunge durch Osteodistraktion beschrieben.
Mit diesem Therapiespektrum sollte es möglich sein, eine primäre Tracheotomie zu vermeiden. Die Therapie der Gaumenspalte folgt den in Abschn. 4 dargestellten Prinzipien.
Die Kinder weisen später oft eine dauerhafte Unterkieferhypoplasie mit Retrognathie auf, jedoch ohne weitere funktionelle Symptome. Verbleibende Störungen können im frühen Erwachsenenalter durch eine Umstellungsosteotomie des Unterkiefers beseitigt werden.

Franceschetti-Syndrom (Dysostosis mandibulofacialis, Treacher-Collins-Syndrom)

Definition und klinische Symptome
Das autosomal-dominant erbliche Franceschetti-Syndrom besteht aus einer Hypoplasie des Unterkiefers, die durch Mangelanlage oder Fehlen des Kiefergelenks verursacht wird. Hinzu kommen eine Hypoplasie des Oberkiefers und des Jochbogens, eine Ohrmuschelfehlbildung und ein Lidkolobom mit einer antimongoloid verlaufenden Lidspalte. Manchmal ist das Syndrom auch mit einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte vergesellschaftet. Häufig wird zusätzlich eine Schallleitungsschwerhörigkeit durch Fehlbildung des Mittelohrs gefunden (OMIM Nr.154500).
Pathogenese
Die Entität wird durch eine Fehlbildung des 1. Kiemenbogens und der 1. Kiemenfurche, die für die Ausbildung des Ober- und Unterkiefers verantwortlich sind, in der 4.–5. Embryonalwoche erklärt.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommt die mit Ohrfehlbildungen einhergehende hemifaziale Mikrosomie in Frage (Abb. 5). Hier fehlt einseitig das Wachstumszentrum im Kondyluskopf des Unterkiefers. Nicht selten sind dabei okuläre und vertebrale Fehlbildungen vorhanden: okulo-aurikulo-vertebrales Spektrum (Goldenhar).
Therapie
Da die plastisch-rekonstruktive Chirurgie des Gesichtsschädels im Wachstumsalter mit dem erheblichen Risiko der Beeinträchtigung seiner Entwicklung und der Unterkieferbeweglichkeit belastet ist, wird in Abwesenheit einer Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme oder einer Schlafapnoe heute tendenziell zunächst eine kieferorthopädische Therapie eingeleitet. Diese hat zum Ziel, bis zum Abschluss des natürlichen Wachstums die Kiefer und Zahnreihen so gut wie möglich auszuformen. Danach wird dann durch Umstellungsosteotomie des Ober- und Unterkiefers in Kombination mit weiteren plastisch-rekonstruktiven Maßnahmen die funktionelle und ästhetische Rehabilitation unter geringerer Risikobelastung durchgeführt.
Gelegentlich wird zur Nachentwicklung hypoplastischer Kieferanteile die Osteodistraktion angewandt. Im Kindesalter eingesetzt, vermag sie jedoch Wachtumsdefizite bis zum Abschluss der Wachstumsphase nicht sicher zu vermeiden.
Liegt gleichzeitig eine erhebliche Kieferklemme, z. B. durch Kiefergelenkankylose oder eine Schlafapnoe durch Verkürzung der Unterkieferspange vor, sind umfangreiche plastisch-rekonstruktive Maßnahmen, z. B. durch Osteodistraktion und/oder Kiefergelenk- und Unterkieferersatz durch kostochondrale Transplantate bereits in der Kindheit trotz der Langzeit-Risiken zu diskutieren.

Laterale Halsfisteln und -zysten

Definition und Ätiologie
Die Fisteln oder Zysten, die im seitlichen Halsbereich imponieren, bilden sich aus persistierenden Resten der 2. Kiemenfurche und der 2. Schlundtasche.
Klinische Symptome
Symptomatisch werden die Veränderungen meist erst im Jugendalter. Die Zysten sind nahezu stets vor dem Vorderrand des M. sternocleidomastoideus angesiedelt. Im Falle einer Fistel mündet diese im unteren Halsdreieck; dort entleeren sich ständig geringe Mengen Sekret. Sehr selten sind Mündungen nach intraoral.
Differenzialdiagnose
Am ehesten müssen diese Fehlbildungen gegen Dermoidzysten und -fisteln abgegrenzt werden. Diese dürften in dieser speziellen Lokalisation sehr selten sein. Letztlich wird in solchen Fällen trotz vorheriger Darstellung der Veränderung mithilfe der Magnetresonanztomografie erst die histologische Untersuchung nach Entfernung der Veränderung Aufschluss geben. Die Zysten und Fisteln des Ductus thyreoglossus liegen dagegen immer streng median im Bereich des Zungengrundes.
Therapie
Wegen der ausgeprägten Rezidivtendenz bei Belassen von Anteilen der Veränderungen ist besonderer Wert auf die vollständige chirurgische Entfernung zu legen.
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