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Pädiatrie
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Publiziert am: 02.05.2019

Gutartige Knochentumoren bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Stefan Bielack, Thekla von Kalle und Thomas Wirth
Gutartige Knochentumoren sind klinisch wie biologisch sehr diverse Läsionen. Sie werden nach der jeweils vorherrschenden Gewebematrix geordnet. Klinisch sind sie oft asymptomatisch; einige verursachen unspezifische, lediglich Osteoidosteome führen zu charakteristischen Beschwerden. Röntgenuntersuchungen in 2 Ebenen erlauben dem kinderradiologisch Erfahrenen zusammen mit Anamnese und klinischem Befund oft die korrekte Diagnosestellung oder sind für das weitere Vorgehen wegweisend. Die weitere Diagnostik und Therapie richtet sich nach der Art und Lage der Läsion und den von ihr verursachten Beschwerden: Während bei manchen Tumoren eine Do-not-touch-Strategie angezeigt ist, sollten andere kürettiert oder reseziert werden. Medikamentöse Therapien spielen, von wenigen Situationen abgesehen, eine untergeordnete Rolle. Bestrahlung sollte, wenn möglich, vermieden werden.
Definition/Epidemiologie
Primäre Knochentumoren – darunter gutartige häufiger als bösartige – werden oft schon im Kindes- oder Jugendalter manifest, meist in der 2. Lebensdekade. Benigne Knochentumoren sind biologisch wie klinisch sehr heterogene, meist langsam wachsende Knochenläsionen. Von intermediären und hochmalignen Tumoren unterscheiden sie sich durch geringere lokale Aggressivität, vor allem aber durch fehlendes Metastasierungspotenzial.
Knochenläsionen werden nach der jeweils vorherrschenden Matrixstruktur sortiert (chondrogen, osteogen, fibrogen, fibrohistiozytär etc.). Einige tumorähnliche Läsionen wie solitäre (juvenile) und aneurysmatische Knochenzysten und die fibröse Dysplasie werden gesondert erfasst. Neben benignen und malignen definiert die 4. WHO-Klassifikation auch sog. intermediär maligne Tumoren, die entweder lokal aggressiv wachsen oder selten doch einmal metastasieren können. Dieses Kapital befasst sich mit benignen oder intermediären Tumoren. Langerhanszell-Histiozytose und fibröse Dysplasie werden in anderen Kapiteln vorgestellt.
Ätiologie/Pathogenese/Pathophysiologie
Gutartige Knochentumoren unterscheiden sich in Ätiologie, Pathogenese und Pathophysiologie. Angesichts der zeitlichen Assoziation zum physiologischen Knochenwachstum ist anzunehmen, dass ihr Wachstum durch die gleichen Prozesse mit beeinflusst wird. Die meisten benignen Knochentumoren treten sporadisch auf, einige wenige auf dem Boden genetisch bedingter Prädispositionen (z. B. hereditäre multiple kartilaginäre Exostosen bei EXT1/EXT2-Keimbahnmutationen, Enchondromatosen assoziiert mit IDH-Mutationen). Mit Hilfe moderner molekularbiologischer Sequenzierungsmethoden wurden jüngst auch für immer mehr sporadische Läsionen spezifische genetische Aberrationen entdeckt (z. B. USP6-Rearrangements bei primären aneurysmatischen Knochenzysten, FOS oder FOSB-Rearrangements bei Osteomen/Osteoidosteomen, H3F3A G34W- oder H3F3A G34L-Mutationen bei Riesenzelltumoren, H3F3A K36M-Mutationen bei Chondroblastomen, GRM1-Rearrangements bei Chondromyxoidfibromen, Mutationen im MAPK-Signalweg bei nichtossifizierenden Fibromen).
Klinische Symptome/Verlauf
Oft sind gutartige Knochentumoren asymptomatische Zufallsbefunde, einige fallen aber über Schmerzen, Schwellungen oder lokale Wachstumsstörungen auf. So können z. B. juvenile Knochenzysten zu pathologischen Frakturen führen, Osteochondrome (kartilaginäre Exostosen) zu störenden Schwellungen, Fehlwachstum oder Bewegungseinschränkungen benachbarter Gelenke. Starke nächtliche Schmerzen, die prompt und eindrucksvoll auf nichtsteroidale Antiphlogistika ansprechen, sind charakteristisch für Osteoidosteome.
Der Verlauf der verschiedenen benignen Knochentumoren ist so variabel wie ihre Lokalisation und Biologie. Einige bleiben ohne Therapie asymptomatisch, andere müssen aufgrund lokaler Beschwerden oder Größenzunahme operiert werden. Das Wachstum intermediär maligner Knochentumoren ist ohne Therapie meist progressiv.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch müssen gutartige Knochentumoren von Osteomyelitiden, Traumafolgen, Knochennekrosen und Knochenstoffwechselstörungen (z. B. sog. braune Tumoren bei Hyperparathyreoidismus), aber auch von primär malignen Knochentumoren (insbesondere Osteo- und Ewing-Sarkom) und Knochenmetastasen (insbesondere Neuroblastom) abgegrenzt werden. Oft kann die Differenzialdiagnose unter Berücksichtigung klinischer Parameter (Art der Beschwerden, Anamnesedauer, Patientenalter) und der Darstellung in der Bildgebung (betroffener Knochen, exakte Lage im Knochen) erheblich eingeengt werden.
Bei der körperlichen Untersuchung sollten Lage und Größe der Läsion, eventuelle Schmerzen, Knochen- oder Gelenkschwellungen und -deformitäten, die Gelenkbeweglichkeit, neurologische oder Durchblutungsstörungen beachtet werden. Rötung, Überwärmung und Weichteilschwellung können ebenso wie eine regionäre Lymphadenopathie auf eine Osteomyelitis, aber auch auf ein Malignom hinweisen. Auf kutane Veränderungen wie Café-au-lait-Flecken oder Hämangiome sollte geachtet werden, um syndromale Erkrankungen erkennen zu können.
Röntgenbilder in 2 Ebenen sind die mit weitem Abstand wichtigste Bildgebung: In der Mehrzahl der Fälle kann ein Erfahrener die Diagnose allein aus Klinik und Röntgenbefund stellen. Eine gute interdisziplinäre Kommunikation hinsichtlich der erhobenen Befunde ist dabei essenziell. Besonders wichtig ist es, zufällig auf aus anderen Gründen angefertigten Röntgenbildern entdeckte gutartige und klinisch harmlose Läsionen richtig zuzuordnen, um unnötige zusätzliche Bildgebung, Biopsien und Operationen zu vermeiden.
Wichtige Kriterien zur Einordnung der Läsion sind ihre Lokalisation (kurze oder lange Röhrenknochen, flache Knochen; Epiphyse, Metaphyse oder Diaphyse; Markraum oder Kortikalis) und ihre Wachstumsgeschwindigkeit (Destruktionsmuster nach Lodwick). Die meisten gutartigen Knochentumoren sind relativ kleine, scharf begrenzte Läsionen mit einem gut definierten sklerotischen Randsaum. Sie respektieren natürliche Grenzen wie Wachstumsfugen, destruieren die Kortikalis nicht, können aber den Knochen auftreiben. Im Gegensatz dazu sind unscharfe Begrenzung, permeative oder mottenfraßähnliche Knochendestruktion, Periostreaktion mit Spiculae oder Codman-Dreieck oder Ausdehnung in die Weichteile Zeichen aggressiven Wachstums, die an Malignität denken lassen müssen.
Eine Schnittbildgebung ist nur nötig, wenn die Läsion im Röntgenbild schwer beurteilbar ist oder die Differenzierung gut- vs. bösartig im Röntgenbild nicht gelingt. Methode der Wahl ist dann die Magnetresonanztomografie (MRT), in der sich die Tumorausdehnung in Markraum und Weichteilen sowie eventuelle Infiltration umliegender Strukturen darstellen lassen. Eine Computertomografie ist nur selten notwendig und muss wegen der damit verbundenen Strahlenbelastung zurückhaltend indiziert werden. Da viele benigne Knochentumoren sowohl in der Knochenszintigrafie wie in der Positronen-Emmissions-Tomografie (PET) positive Befunde zeigen, eignen sich diese Methoden nur bedingt zur Abgrenzung von Malignomen. Ganzkörper-Bildgebung kann aber hilfreich sein, um solitäre von multifokalen Erkrankungen zu unterscheiden. Aus Gründen der Strahlenhygiene sollte auch hier die Ganzkörper-MRT bevorzugt werden.
Therapie/Prognose, ggf. Komplikationen
Einige asymptomatische Läsionen, wie inzidentiell bemerkte nicht ossifizierende Fibrome oder Osteochondrome, bedürfen keiner weiteren Diagnostik oder Therapie. Einige andere gutartige Knochentumoren können klinisch und radiologisch beobachtet werden. So können z. B. solitäre Knochenzysten nach einer Fraktur ohne spezifische Therapie ausheilen. Symptomatische oder lokal aggressiv wachsende Läsionen wie Osteoblastome, Chondroblastome oder aneurysmatische Knochenzysten werden meist entweder vollständig kürettiert und mit Knochenspänen aufgefüllt oder reseziert. Osteoidosteome werden oft bildgesteuert minimalinvasiv behandelt. Ziel jeder lokalen Behandlungsmaßnahme muss sein, den Tumor mit geringstmöglicher Verletzung umgebender Strukturen vollständig zu entfernen und die Knochenregeneration anzuregen, um eine funktionell und kosmetisch möglichst unbeeinträchtigte Langzeitsituation zu erreichen. Auch nach lege artis durchgeführter Lokaltherapie bleibt – abhängig von der Art der Läsion – ein meist geringes Rückfallsrisiko.
Systemische Therapien spielen nur selten eine Rolle. Denosumab, ein RANK-Liganden-Antagonist, der gezielt das Osteoklastenwachstum hemmt, kann bei ausgewählten, schlecht operablen Riesenzelltumoren und aneurysmatischen Knochenzysten zum Einsatz kommen. Da Denosumab das normale Knochenwachstum bei Kindern beeinträchtigt, ist es erst nach Schluss der Epiphysenfugen zugelassen. Weitere Risiken dieser Therapie sind aseptische Kiefernekrosen (besonders bei langer Anwendung oder schlechtem Zahnstatus) sowie Rebound-Hyperkalzämien nach Absetzen.

Besonderheiten ausgewählter gutartiger und intermediärer Knochentumoren

Chondrogene Tumoren

Osteochondrom (kartilaginäre Exostose)

Osteochondrome, die häufigsten „echten“ benignen Knochentumoren, sind mit einer Knorpelkappe überzogene Knochensporne, deren Kortex und Markraum in die des tumortragenden Knochens übergeht. Sie entstehen aus aberrantem Knorpel einer Epiphysenfuge. Typische Lokalisation sind daher die Oberflächen der Metaphysen langer Röhrenknochen. Distales Femur, proximale Tibia und proximaler Humerus sind Prädilektionsorte, aber auch der Rumpf kann betroffen sein. Sie manifestieren sich meist in der 2. Lebensdekade, bei Jungen häufiger als bei Mädchen. Während die weitaus häufigeren solitären Osteochondrome meist spontan, im Einzelfall nach Bestrahlung, entstehen, wird die hereditäre multiple Exostosenerkrankung (HME) durch autosomal-dominant vererbte Mutationen der Tumor-Suppressor Gene EXT1 oder EXT2 verursacht.
Osteochondrome werden meist als schmerzlose Schwellung in Gelenknähe oder am Rumpf oder als radiologischer Zufallsbefund auffällig, können aber bei entsprechender Lage und Größe Schmerzen, funktionelle Beschwerden oder Wachstumsstörungen bedingen. Sie wachsen nur bis zum Schluss der Wachstumsfugen. Größenzunahme oder Schmerzen nach Abschluss des Körperwachstums sowie eine Knorpelkappe von mehr als 2 cm sind Hinweise auf eine maligne Entartung. Das Entartungsrisiko zum Chondrosarkom, das fast nur Erwachsene betrifft, ist mit ca. 1 % insgesamt gering, jedoch höher bei der autosomal-dominant vererbten hereditären Form (ca. 5 %) und bei Lokalisation am Rumpf oder an den proximalen Extremitäten.
Osteochondrome, die weder funktionelle noch kosmetische Beschwerden verursachen, können beobachtet werden. Bei störender Symptomatik ist die komplette Entfernung Therapie der Wahl. Begleitende Wachstumsstörungen, wie Achsfehler, insbesondere ein Genu valgum, oder Verkürzungen der betroffenen Röhrenknochen, wie beispielsweise der Ulna, müssen ins Therapiekonzept Eingang finden. Vor Schluss der Epiphysenfugen besteht ein – wenn auch geringes – Rezidivrisiko. Der Verdacht auf eine Entartung erfordert eine Biopsie oder die En-bloc-Entfernung mit vollständiger histologischer Aufarbeitung des Präparates.

Enchondrom

Enchondrome, aus hyalinem Knorpel bestehende Läsionen, betreffen vor allem Röhrenknochen, besonders Metakarpalia und Phalangen. Sie sind die häufigsten Knochentumoren der Hand. Ihr Inzidenzgipfel liegt im jungen Erwachsenenalter, aber auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein. Sie sind asymptomatische Zufallsbefunde oder fallen durch Knochenauftreibung oder pathologische Frakturen auf. Radiologisch imponieren sie als rundliche, auch expansiv wachsende Aufhellungszonen mit kleinen Verkalkungen (komma- oder popcornartig). Asymptomatische Enchondrome können beobachtet werden. Bei drohender pathologischer Fraktur wird mit Kürettage und Spongiosaplastik behandelt.
Bei verschiedenen als Enchondromatosen bezeichneten Syndromen entstehen zahlreiche, vor allem metaphysär wachsende Enchondrome (Ollier-Syndrom: isoliert, meist nur eine Körperhälfte betroffen; Mafucci-Syndrom: mit Hämangiomatose; Metachondromatose: mit Osteochondromen und periartikulären Verkalkungen). Betroffene zeigen gehäuft Mutation in für Isocitrat-Dehydrogenasen kodierenden Genen (IDH1, IDH2). Enchondromatosen führen zu Achsfehlstellungen und Wachstumsstörungen mit signifikanten Verkürzungen. Achskorrekturen und Extremitätenverlängerungen gehören zum Therapiekonzept. Im Vergleich zu solitären und peripheren besteht bei multiplen und körperstammnahen Enchondromen ein erhöhtes Risiko des Übergangs in Chondrosarkome, dies allerdings in der Regel erst im höheren Erwachsenenalter.

Chondroblastom

Diese sehr seltenen, meist in Epiphysen langer Röhrenknochen anzutreffenden Tumoren werden laut WHO-Klassifikation den intermediären, selten metastasierenden Knochentumoren zugeordnet. Histologisch, molekular, klinisch und radiologisch ergeben sich Ähnlichkeiten zu Riesenzelltumoren. Anders als dort ist das Stroma aber chondroblastisch und sie manifestieren sich meist bei jüngeren, oft noch nicht ausgewachsenen Patienten (Hauptmanifestationsalter: 5–25 Jahre). Es finden sich hier wie da zwar fast immer H3F3-Mutationen, bei Chondroblastomen allerdings andere (p.K36) als bei Riesenzelltumoren (p.G34W oder p.G34L). Klinisch werden Chondroblastome meist über gelenkbezogene Dauerschmerzen, später auch Schwellungen, auffällig. Im Röntgenbild findet sich eine epiphysär gelegene Lyse, die sich bis in die Metaphyse ausdehnen kann. In der MRT ist ein perifokales Ödem typisch. Therapie der Wahl ist die Kürettage mit Auffüllung durch autologe Knochenspäne.

Chondromyxoidfibrom

Diese vorwiegend im Alter im 2. und 3. Lebensjahrzehnt auftretenden, aus chondroiden, myxoiden und fibrösen Anteilen bestehenden Tumoren sind sehr selten. Molekular sind Chondromyxoidfibrome durch Rekombinationen des Glutamatrezeptorgens (GRM1) mit 5’-Partnergenen charakterisiert, die als Promotoren fungieren. Aufgrund ihres lokal aggressiven Wachstums werden sie den intermediär malignen Tumoren zugeordnet. Hauptbefallsorte sind die kniegelenksnahen Metaphysen von Femur und Tibia. Klinisch auffällig werden sie meist über Schmerzen, manchmal auch begleitende Schwellungen oder Bewegungseinschränkungen. Im Röntgenbild findet sich eine exzentrische, manchmal septierte, ovaläre Osteolyse, deren lange Achse der des befallenen Knochens entspricht. Die Kortikalis kann völlig zerstört sein, der angrenzende Knochen sklerosiert. Therapie der Wahl ist die Operation, meist als Resektion oder als Kürettage, wobei nach letzterer ein erhebliches Rezidivrisiko besteht.

Osteogene Tumoren

Osteom

Osteome oder Knocheninseln sind benigne, runde, klinisch meist asymptomatische Läsionen, die in jedem Alter und jedem Knochen auftreten können, am häufigsten entlang der paranasalen Sinus, in der Mandibula oder der Kalotte. Sie sind meist Zufallsbefunde auf Röntgenbildern und bedürfen keiner weiteren Diagnostik. Falls in seltenen Fällen expansives Wachstum zu klinischen Problemen führt, kann ihre chirurgische Entfernung indiziert sein.

Osteoidosteom

Osteoidosteome sind kleine, meist kortikale Tumoren mit Inzidenzmaximum im 2. Lebensjahrzehnt. Molekular finden sich Rearrangements des AP-1-Transkriptionsfaktors FOS (Chromosom 14) oder seines Paralogs FOSB (Chromosom 19). Vorwiegend sind männliche Patienten betroffen. Hauptbefallsorte sind die Dia- und Metaphysen langer Röhrenknochen, besonders die Schenkelhälse, sowie die Wirbelanhangsgebilde. Osteoidosteome verursachen typischerweise sehr starke Schmerzen mit charakteristischer nächtlicher Exazerbation, die frappierend gut auf Acetylsalicylsäure oder andere Prostaglandinsynthesehemmer ansprechen. In Röntgenbild und CT zeigt sich typischerweise eine von einer perifokalen Sklerose umgebene zentrale Aufhellung, der Nidus. In Gelenknähe kann die Sklerose auch fehlen. Dann sind in der MRT das ausgeprägte perifokale Ödem und die sehr frühzeitige Anreicherung des Nidus in der dynamischen Kontrastmitteluntersuchung wegweisend. Therapie der Wahl war lange die operative Entfernung des Nidus. Aktuell stehen minimalinvasive Verfahren, wie die CT-(oder auch MRT-)gesteuerte Ablation im Vordergrund. Osteoidosteome können – z. B. bei ungünstiger Lokalisation – aber auch langfristig symptomatisch mit nichtsteroidalen Antiphlogistika behandelt werden, da sie oft nach mehreren Jahren ausheilen.

Osteoblastom

Osteoblastome werden laut WHO-Klassifikation den intermediären, lokal aggressiven Tumoren zugerechnet. Das Inzidenzmaximum ist im 2. Lebensjahrzehnt. Sie ähneln Osteoidosteomen und teilen mit diesen die gleichen molekularen (FOS-)Veränderungen, ihr Nidus ist jedoch größer (>2 cm). Hauptmanifestationsorte sind die Wirbelanhangsgebilde. Klinisch sind sie durch schwere chronische Schmerzen ohne das für Osteoidosteome charakteristische nächtliche Maximum charakterisiert, auch fehlt deren eindrucksvolles Ansprechen auf nichtsteroidale Antiphlogistika. Im Röntgenbild findet sich ein kortikal gelegener zentraler Nidus mit nur wenig perifokaler Sklerose. Therapie der Wahl ist in der Regel die Kürettage mit Defektauffüllung durch autologe Knochenspäne, aber auch eine komplette Resektion kann indiziert sein.

Fibrogene und fibrohistiocytäre Tumoren

Nichtossifizierendes Fibrom (NOF, fibröser Kortikalisdekekt)

Diese häufigsten benignen Knochenläsionen sind kortikale Ossifikationsstörungen mit Hauptmanifestationsalter in der 2. Lebensdekade. Aktuelle molekulare Untersuchungen zeigten für die Mehrzahl der Fälle Mutationen im MAP-Kinase-Signalweg (KRAS, FGFR1, NF1). Hauptlokalisationsorte sind die Metaphysen der Knieregion. Beim sehr seltenen Jaffe-Campanacci-Syndrom finden sich multiple NOF in Kombination mit Café-au-lait-Flecken und axillären Pigmentflecken. Klinisch sind NOF asymptomatisch. Fibröse Kortikalisdefekte, die kleinere Variante der NOF, sind häufige Zufallsbefunde auf Röntgenaufnahmen des wachsenden Skeletts. Auch das NOF ist eine typische Do-not-touch-Läsion: Ist die Diagnose, wie fast immer, bildgebend eindeutig, sollte auf jegliche weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen verzichtet werden. Im Röntgenbild zeigt sich eine lobulierte, kortikal gelegene Aufhellung mit Randsklerose. Nahezu alle Läsionen bilden sich nach abgeschlossenem Körperwachstum spontan zurück. In Einzelfällen kann bei großen NOF mit Frakturgefährdung die prophylaktische Ausräumung und Auffüllung angezeigt sein.

Osteoklastäre riesenzellreiche Tumoren

Riesenzelltumor

Hauptmanifestationsalter ist das 3. Lebensjahrzehnt. Typischer Röntgenbefund ist eine meta-epiphysär gelegene exzentrische Osteolyse ohne Sklerosesaum, meist in der Knieregion. Riesenzelltumoren sind bei Kindern mit offenen Wachstumsfugen äußerst selten und dann metaphysär lokalisiert. Die Diagnosesicherung muss histologisch und gegebenenfalls molekular erfolgen (charakteristische, Glycin 34 betreffende Mutationen des für Histon 3.3 kodierenden H3F3).

Tumoren undefinierter neoplastischer Natur

Juvenile (solitäre) Knochenzyste

Dem Namen „solitäre“ Knochenzyste entsprechend handelt es sich hier um einkammrige Zysten. Ihr Inzidenzmaximum findet sich im Alter von 5–15 Jahren, bei Jungen häufiger als bei Mädchen. Lokalisiert sind sie meist in den Metaphysen langer Röhrenknochen, besonders im proximalen Humerus oder proximalen Femur. Solange keine pathologische Fraktur auftritt, bleiben sie meist asymptomatisch. Im Röntgenbild zeigt sich eine scharf begrenzte Osteolyse mit zarter Randsklerose, die zentral in der Metaphyse liegt und diese auftreibt. Nach pathologischer Fraktur können in der Zyste liegende Kortikalisfragmente zum pathognomonischen „fallen fragment sign“ führen. In der MRT findet sich ein solitärer, flüssigkeitsgefüllter Hohlraum, der nach Fraktur auch septiert sein kann. Besteht keine Frakturgefahr, kann nach bioptischer Diagnosesicherung beobachtet werden. Größere oder frakturierte Zysten werden meist mit elastisch stabilen intramedullären Nägeln stabilisiert, wobei die Operation gleichzeitig einen Ausheilungsanreiz setzen soll. In geeigneten Fällen kann auch eine Aspiration des Zysteninhalts mit nachfolgender Kortikosteroid-Injektion zum Einsatz kommen.

Aneurysmatische Knochenzyste

Aneurysmatische Knochenzysten (AKZ), von der WHO den intermediären, lokal aggressiven Knochentumoren zugeordnet, sind septierte, blutgefüllte Hohlräume. Hauptmanifestationsorte sind die Metaphysen der langen Röhrenknochen, besonders Femur und Tibia, sowie die posterioren Abschnitte der Wirbelsäule mit Altersgipfel im 2. Lebensjahrzehnt. Sie können primär oder auch sekundär im Rahmen anderer gut- oder bösartiger Knochenprozesse entstehen. Der bei über 70 % mögliche Nachweis einer USP6-Translokation zeigt, dass es sich bei der primären AKZ um eine echte Neoplasie handelt. Kleinere Läsionen können klinisch asymptomatisch sein, größere lokal aggressive AKZs führen zu Schmerzen, Schwellungen und Wachstumsstörungen. Nicht selten ist eine pathologische Fraktur hinweisend. Im Röntgenbild zeigt sich eine exzentrisch gelegene lobulierte (seifenblasenartige) Osteolyse, die die Kortikalis stark ausdünnt und den Knochen auftreibt. Eine Randsklerose ist in Phasen langsamen Wachstums vorhanden. In der MRT findet sich eine expansiv wachsende, septierte Läsion mit zahlreichen Flüssigkeitsspiegeln, die besonders in T2-gewichteten oder STIR(short inversion time inversion-recovery)-Sequenzen deutlich werden. Daher kann die Abgrenzung zum teleangiektatischen Osteosarkom schwierig sein und muss radiologisch wie histologisch von erfahrenen Untersuchern sorgfältig geprüft werden. Auch muss bei jeder AKZ nach einer ursächlichen primären Knochenläsion gefahndet werden.
Eine komplette Resektion würde meist zu deutlichen funktionellen Komplikationen führen. Traditionell werden aneurysmatische Knochenzysten daher meist mit Kürettage in Kombination mit adjuvanten Maßnahmen wie Kryotherapie, Spongiosaplastik, Osteosynthese oder Lasereinsatz therapiert. In jüngerer Zeit hat aufgrund ähnlicher Erfolgsraten, aber möglicherweise geringerer Morbidität, die Sklerotherapie mit Polidocanol an Zuspruch gewonnen. Rezidive sind so oder so nicht selten. Einzelfallberichte legen nahe, dass aneurysmatische Knochenzysten gut auf eine Therapie mit Denosumab ansprechen können, Langzeitergebnisse hierzu liegen aber noch nicht vor.
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