Skip to main content
Pädiatrie
Info
Publiziert am: 04.06.2020

Krankheiten der Schilddrüse bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Markus Bettendorf und Joachim Pohlenz
Schilddrüsenhormone spielen nicht nur im Energiestoffwechsel eine zentrale Rolle. Sie sind vor allem für das normale Wachstum und die normale körperliche und geistige Entwicklung des Kindes unentbehrlich. Ihre Wirkung wird durch spezifische Schilddrüsenhormonrezeptoren vermittelt die sich im Zellkern befinden und die Transkription der vom Schilddrüsenhormon abhängigen Gene regulieren. Unter Kontrolle der hypothalamisch-hypophysären-thyreoidalen Achse besteht normalerweise eine euthyreote Stoffwechselsituation. Störungen dieses Regelkreises können die optimale Entwicklung des Kindes gefährden und sollten deswegen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Meist handelt es sich um eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, deren Ursache in der Schilddrüse selbst (periphere oder primäre Schilddrüsenerkrankung) oder im regulierenden Zentrum (zentrale oder sekundäre/tertiäre Schilddrüsenerkrankung) zu finden ist. Im folgenden Kapitel werden die für den klinischen Alltag wichtigen Störungen der Schilddrüse im Kindes- und Jugendalter besprochen.
Schilddrüsenhormone spielen nicht nur im Energiestoffwechsel eine zentrale Rolle. Sie sind vor allem für das normale Wachstum und die normale körperliche und geistige Entwicklung des Kindes unentbehrlich. Ihre Wirkung wird durch spezifische Schilddrüsenhormonrezeptoren vermittelt, die sich im Zellkern befinden und die Transkription der vom Schilddrüsenhormon abhängigen Gene regulieren. Unter Kontrolle der hypothalamisch-hypophysären-thyreoidalen Achse besteht normalerweise eine euthyreote Stoffwechselsituation. Störungen dieses Regelkreises können die optimale Entwicklung des Kindes gefährden und sollten deswegen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Meist handelt es sich um eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, deren Ursache in der Schilddrüse selbst (periphere oder primäre Schilddrüsenerkrankung) oder im regulierenden Zentrum (zentrale oder sekundäre/tertiäre Schilddrüsenerkrankung) zu finden ist. Im folgenden Kapitel werden die für den klinischen Alltag wichtigen Störungen der Schilddrüse im Kindes- und Jugendalter besprochen.

Hypothyreose

Definition
Hierunter versteht man eine Stoffwechselsituation, in der die Schilddrüse selbst nicht in der Lage ist, den Bedarf an Schilddrüsenhormon zu decken. Man unterscheidet eine angeborene von einer erworbenen Form. Abhängig von der Ursache kann eine Hypothyreose einen permanenten oder transienten Verlauf haben.

Angeborene primäre Hypothyreose

Epidemiologie
Die Inzidenz der angeborenen Hypothyreose beträgt 1:3500. In der Mehrzahl der Fälle (80 %) handelt es sich um Schilddrüsenanlagestörungen, d. h. die Schilddrüse ist nicht oder nur rudimentär, zu klein oder an falscher Stelle (z. B. am Zungengrund) angelegt. Nur 15–20 % der Patienten mit angeborener Hypothyreose haben einen Schilddrüsenhormonsynthesedefekt. Hier ist die Schilddrüse zwar angelegt, jedoch nicht in der Lage ausreichend Schilddrüsenhormon zu produzieren.
Genetik und Differenzialdiagnosen
Die Ursachen der angeborenen primären Hypothyreose sind größtenteils noch nicht identifiziert. Bei einzelnen Patienten mit Schilddrüsenanlagestörung gelang es aber, Mutationen in Genen nachzuweisen, die für Transkriptionsfaktoren kodieren, welche bei der Schilddrüsenanlage von Bedeutung sind (Tab. 1). Teilweise führen Mutationen in diesen Genen auch noch zu anderen Defekten oder Fehlbildungen in anderen Organen (z. B. Niere, Herz oder ZNS), was für die Diagnosestellung hilfreich sein kann. Auch Mutationen in Genen, denen bislang für die Schilddrüsenentwicklung keine Bedeutung beigemessen wurde, können zu einer Schilddrüsenanlagestörung führen. So wurde kürzlich erstmalig über Mutationen im Borealin-Gen und TUBB1-Gen berichtet, die jeweils eine Schilddrüsenanlagestörung verursachen können. Diese Mutationen führen durch eine beeinträchtigte Zellmigration (Borealin), bzw. durch einen Defekt im Mikrotubulus (TUBB1) zu einer fehlerhaften Schilddrüsenentwicklung. Grundsätzlich ist für die molekulare Diagnostik bei der Schilddrüsenanlagestörung erschwerend, dass es sich fast immer um neu auftretende, sporadische Mutationen handelt. Allerdings ist zu erwarten, dass der Einsatz neuer Techniken (wie z. B. die genomweite Sequenzierung) es ermöglichen wird, weitere Kandidatengene für die angeborene Hypothyreose zu identifizieren.
Tab. 1
Liste der genetischen Defekte, die eine Hypothyreose verursachen können mit Lokalisation und klinischen Merkmalen
Gen
Chromosomenlokalisation
Klinische Besonderheiten
Schilddrüsenanlagedefekt
TSHR
14q31
Keine typischen weiteren assoziierten Fehlbildungen
PAX8
2q12-14
Hinsichtlich der Schilddrüse ist der PAX8-Phänotyp sehr variabel und reicht von hochgradiger Hypoplasie bis hin zur normalen Schilddrüse. PAX8 wird außerdem in den Nieren exprimiert. Fehlbildungen der Nieren oder im Bereich der ableitenden Harnwege wurden beschrieben
NKX2.1
14q13
NKX2.1 wird im ZNS, in den Lungen und in der Schilddrüse exprimiert. Auffällig können respiratorische Probleme (vor allem) in der frühen Kindheit, eine komplexe neurologische Symptomatik (mit Ataxie und Choreoathetose) und eine unterschiedliche Form der Schilddrüsenanlagestörung sein
FOXE
19q22
Schilddrüsenanlagestörung mit: Gaumenspalte, Choanalatresie und struppig erscheinendem Haar, gespaltene Uvula
NKX2.5
5q34
Schilddrüsenanlagestörung, zusätzlich Fehlbildungen am Herzen
BOREALIN
1p34.3
Schilddrüsenanlagestörungen unterschiedlichster Form, die sehr diskret sein können
TUBB1
20q13.32
Schilddrüsenanlagestörung unterschiedlichster Form, zusätzlich Makrothrombozytopathie
GLISS3
9p24.3-p.23
Zusätzlich komplexes Krankheitsbild mit neonatalem Diabetes und weiteren (z. B. angeborenes Glaukom, Leberfibrose) schwerwiegenden Störungen
Schilddrüsenhormonsynthesedefekte
TPO
2p25
Häufigste Ursache für einen Schilddrüsenhormonsynthesedefekt in Europa
SLC26A4
7q31
Innenohrschwerhörigkeit, Schwindel, Fehlbildungen am Innenohr (Mondinimalformation, erweiterter vestibulärer Aquädukt)
NIS
19p13.2-p12
Fehlende Jodaufnahme im Radiojodtest
DUOX2
15q15.3
Sehr unterschiedliche Verläufe
DUOXA2
15q15.1
Kommt sehr selten vor, nur sehr wenig ausgeprägter Phänotyp
DEHAL1A
6q24-q25
Kommt sehr selten vor
TG
8q24.2-q24.3
Im Gegensatz zu den anderen Hormonsynthesedefekten ist das TG im Serum hier niedrig
Isolierte zentrale Hypothyreose
TSH beta
1p13
Häufigste Ursache einer isolierten zentralen Hypothyreose
TBL1X
Xp22.31-p22.2
Milde zentrale Hypothyreose, Hörstörungen
IRS4
Xq22.3
Milde zentrale Hypothyreose
TRHR
8q23
Sehr selten, Wachstumsstörung und Übergewichtigkeit wurden bei Patienten mit TRHR-Defekt beschrieben
(IGSF1)
Xq26.1
Verspäteter Testosteronanstieg in der Pubertät, Makroorchidie im Erwachsenenalter; HGH-Mangel und Hypokortisolismus wurde bei einigen Patienten beschrieben
Seltener sind Schilddrüsenhormonsynthesedefekte (15–20 %). Im Unterschied zu den Anlagedefekten ist die Schilddrüse regelrecht angelegt oder sogar vergrößert. Es wurden vereinzelt Fälle beschrieben, bei denen ein Schilddrüsenhormonsynthesedefekt bereits im Mutterleib zu einer erheblichen Struma führte. Die Schilddrüse ist nicht in der Lage, ausreichend Schilddrüsenhormon zu produzieren. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, da jeder einzelne Schritt der Schilddrüsenhormonsynthese betroffen sein kann. In Europa scheinen Defekte der Schilddrüsenperoxidase (TPO) am häufigsten zu sein, aber auch Defekte der Schilddrüsenoxidase 2 (DUOX2), der Schilddrüsenoxidase 2A (DUOX2A), des Pendrins (PDS), des Natriumjodidsymporters (NIS), der Dehalogenase (Dehal1) und des Thyreoglobulins (TG) wurden als Ursache einer Schilddrüsenhormonsynthesestörung beschrieben (Tab. 1). Schilddrüsenhormonsynthesedefekte folgen normalerweise einem autosomal-rezessiven Erbgang und es gelingt häufig, den molekularen Defekt zu identifizieren. Sie gehen mit einer normal angelegten, oft vergrößerten Schilddrüse einher. Assoziierte Fehlbildungen bestehen nicht. Eine Ausnahme machen Patienten mit einem Pendred-Syndrom, dem ein defektes Pendrin zu Grunde liegt. Hierbei handelt es sich um einen Anionentransporter, der in der apikalen Membran der Schilddrüsenzelle, im Innenohr und in den Nieren exprimiert wird. Patienten mit einem defekten Pendrin haben einen Schilddrüsenhormonsynthesedefekt, fallen aber hauptsächlich durch eine Innenohrschwerhörigkeit, die überwiegend die hohen Frequenzen betrifft, oder durch Gleichgewichtsstörungen auf. Darüber hinaus bestehen beim Pendred-Syndrom oft noch weitere Auffälligkeiten, die die Diagnosestellung erleichtern (Mondini-Malformation, erweiterter vestibulärer Aquädukt).
Symptome
Das Vollbild einer angeborenen primären Hypothyreose wird heutzutage fast nicht mehr gesehen, da diese Erkrankung normalerweise bevor Symptome auftreten in der 1. Lebenswoche im Neugeborenenscreening erfasst wird. Symptome, die auf eine Hypothyreose hindeuten können, sind altersabhängig. Neugeborene fallen durch ein typisches Aussehen (Makroglossie, Nabelhernie, ikterisches Hautkolorit, offene kleine Fontanelle), eine muskuläre Hypotonie, Trinkschwäche, Hypothermie, Bradykardie und/oder eine Obstipation auf. Bei älteren Kindern können eine Verzögerung der psychomotorischen Entwicklung, Schwerhörigkeit, Minderwuchs oder Antriebsarmut Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sein. Grundsätzlich sind alle physiologischen Reifungsprozesse (Dentition, Wachstum, Knochenreifung, Pubertät, ZNS-Reifung) verzögert. Besonders schwerwiegend ist die Verzögerung der psychomotorischen Entwicklung, die durch die Myelinisierungsverzögerung des zentralen Nervensystems in den ersten beiden Lebensjahren bedingt ist. Sie ist später nicht zu korrigieren und somit irreversibel.
Diagnostik
Laborchemisch sind die peripheren Schilddrüsenhormonspiegel niedrig und das TSH im Serum ist erhöht. Bei Bestimmung der gesamten Schilddrüsenhormone muss bedacht werden, dass Patienten mit einer Hypoproteinämie (z. B. nephrotisches Syndrom) oder einem Mangel an Thyroxin-bindendem Globulin (TBG) niedrige Gesamt T3- und T4-Werte haben, was fälschlicherweise auf eine hypothyreote Stoffwechsellage hindeuten kann. Auch eine fälschlicherweise zu hohe Konzentration der Gesamtschilddrüsenhormone kann durch einen Schilddrüsenhormonbindungsdefekt (TBG-Exzess, familiäre dysalbuminämische Hyperthyroxinämie) bedingt sein. Klärung ergibt sich durch die Messung der freien Schilddrüsenhormone und des TSH im Serum, die in diesen Fällen normale Werte anzeigt. Es sollten daher besser grundsätzlich zur Beurteilung des Schilddrüsenstoffwechsels die freien Schilddrüsenhormone in Kombination mit dem TSH bestimmt werden. Gelingt der Nachweis von Schilddrüsenantikörpern, muss differenzialdiagnostisch an eine Immunthyreopathie gedacht werden. Die Bestimmung des Thyreoglobulins im Serum kann zur Klärung der molekularen Ursache einer angeborenen primären Hypothyreose beitragen. Bei den Schilddrüsenhormonsynthesedefekten ist der Thyreoglobulinspiegel fast immer (außer bei den Thyreoglobulindefekten) erhöht. Wichtiger Bestandteil der initialen Diagnostik ist die Sonografieuntersuchung der Schilddrüse, die gerade bei sehr jungen Kindern gelegentlich in der Durchführung schwierig sein kann. Die erhobenen Befunde müssen mit einem altersentsprechenden Normalkollektiv verglichen werden. Bei der angeborenen Hypothyreose kann man mittels Sonografie zwischen einer Schilddrüsenanlagestörung und einem Schilddrüsenhormonsynthesedefekt unterscheiden. Bei Letzterem lässt sich sonografisch eine normal große (manchmal sogar vergrößerte) Schilddrüse nachweisen, die oft vermehrt durchblutet ist. Darüber hinaus können mittels Sonografie assoziierte Fehlbildungen der Niere, des Herzens oder des ZNS diagnostiziert werden. Die Szintigrafie der Schilddrüse ist zur Diagnose in der Regel nicht zwingend erforderlich. Sie kann aber für bestimmte Fragestellungen (z. B. bei ektoper Schilddrüse) zur Lokalisation des Schilddrüsengewebes von Bedeutung sein. Schließlich sollte bei jedem Patienten mit einer Hypothyreose das Hörvermögen sorgfältig bei Diagnosestellung und im Verlauf untersucht werden.
Besondere Bedeutung für die schnelle Diagnose einer angeborenen primären Hypothyreose hat das Neugeborenenscreening. Abhängig vom Screeningort (Bundesland) in Deutschland unterscheiden sich die untersuchten Parameter. Am häufigsten wird zur Diagnose einer angeborenen Hypothyreose nur das TSH im Fersenblut bestimmt. Durch eine frühzeitige Untersuchung am 3. Lebenstag (49.–72. Lebensstunde) gelingt es so, eine primäre Hypothyreose zu erkennen, bevor Symptome auftreten. Im Falle eines auffälligen Screenings und positiver Konfirmationsdiagnostik im Serum kann so innerhalb der ersten 2 Lebenswochen mit einer Schilddrüsenhormonbehandlung begonnen werden. Störfaktoren des Neugeborenenscreenings sind ein zu früher Abnahmezeitpunkt, ein junges Gestationsalter (<32. SSW), schwere Erkrankungen, Transfusionen und die Gabe von Medikamenten (Jod, Dopamin, Glukokortikoide). In diesen Fällen ist das Neugeborenenscreening zu wiederholen, sobald die Störfaktoren beseitigt sind.
Therapie
Therapie der Wahl ist die Behandlung mit L-Thyroxin. Abhängig vom Alter des Patienten sinkt der tägliche Schilddrüsenhormonbedarf pro kg KG (Tab. 2). Bei reifen Neugeborenen sollte die L-Thyroxindosis 10–15 μg/kg betragen. Ziel der Therapie ist es, dass die fT4- und TSH-Serumspiegel sich schnell normalisieren. Unter der Therapie sollen die fT4-Serumspiegel hochnormal sein, während das erhöhte Serum-TSH gelegentlich nur langsam in den Normbereich sinkt. Zur Sicherstellung einer optimalen Einstellung werden besonders in den ersten 2 Lebensjahren häufigere und regelmäßige Kontrollen (auch der psychomotorischen Entwicklung und des Wachstums) empfohlen.
Tab. 2
Täglicher Schilddrüsenhormonbedarf pro kg KG abhängig vom Alter
Alter
Dosis in μg/kg KG/Tag
0–3 Monate
10–15
4–24 Monate
8–10
2–10 Jahre
4–6
10–16 Jahre
3–4
>16 Jahre
2–3
Eine Besonderheit stellt die transiente Hypothyreose dar, die unterschiedliche Ursachen (Jodkontamination, blockierende TSHR-AK, thyreostatische Therapie der Mutter, bestimmte Genmutationen) haben kann. Hier ist die Schilddrüse sonografisch normal angelegt und diese Kinder benötigen im Verlauf nur niedrige Schilddrüsenhormondosen. Besteht der begründete Verdacht auf eine transiente Hypothyreose, kann unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen versucht werden, die L-Thyroxinbehandlung vorzeitig zu beenden. Normalerweise wird die Schilddrüsenhormonbehandlung hier bis zum 2. Geburtstag durchgeführt. Da man davon ausgeht, dass die kritische Phase der Hirnentwicklung zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist, kann mit Beginn des 3. Lebensjahres ein Auslassversuch unternommen werden. Hierbei unterbricht man die Schilddrüsenhormonbehandlung über 6 Wochen und überprüft die endogene Schilddrüsenfunktion. Abhängig vom Ergebnis wird entschieden, ob die Schilddrüsenhormonmedikation beendet werden kann oder lebenslang fortgesetzt werden muss.
Die Hypothyroxinämie des Frühgeborenen stellt keine Behandlungsindikation dar. Sie beruht auf einer Unreife der zentralen Schilddrüsenregulation. Eine Suppression der Schilddrüsenfunktion durch schwere Erkrankungen oder bei intensivpflichtigen Patienten kann eine nicht behandlungswürdige Adaptation des Organismus darstellen („euthyroid sick syndrome“) oder aber einer zentralen Hypothyreose entsprechen („non thyroidal illness syndrome“), die in der akuten Krankheitsphase mit Schilddrüsenhormon behandelt werden sollte.
Prognose und Verlauf
Unter früh begonnener und regelrecht durchgeführter Substitutionsbehandlung sind das Wachstum und die psychomotorische Entwicklung der Betroffenen im Verlauf normal. Bei Kindern mit sehr schwerer Hypothyreose zu Therapiebeginn, niedrig gewählter initialer Schilddrüsenhormondosis oder zusätzlichen Störungen können Defizite auftreten und zu einer Beeinträchtigung der psychomotorischen Entwicklung führen.

Autoimmunthyreoiditis

Von der angeborenen Hypothyreose abzugrenzen ist die erworbene primäre Hypothyreose. Im Kindes- und Jugendalter ist die häufigste Ursache hierfür eine Entzündung der Schilddrüse. Thyreoiditiden werden nach ihrem zeitlichen Verlauf in akute und chronische Formen eingeteilt. Sie können immunologisch oder infektiös (eitrig, granulomatös) bedingt sein. Die häufigsten Thyreoiditiden im Kindes- und Jugendalter sind die Hashimotothyreoiditis, der Morbus Basedow und die medikamentenassoziierten Formen.
Definition
Die Hashimotothyreoiditis ist die Folge einer Autoimmunerkrankung, bei der es durch zelluläre und humorale Mechanismen zu einer Infiltration des Schilddrüsengewebes kommt, die dann – manchmal nach vorübergehender Stimulation der Schilddrüsenfunktion – zum Funktionsverlust des Organs führen kann.
Epidemiologie
Die Prävalenz der Hashimotothyreoiditis beträgt in Regionen mit adäquater Jodversorgung 3 %. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf (30–40 %, Geschwister-Risiko >20 %), Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Die Übereinstimmung bei eineiigen Zwillingen wird mit 30–60 % angegeben. Ein Häufigkeitsgipfel besteht in der Adoleszenz. Bei 80–90 % der Betroffenen lassen sich Autoantikörper gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO-AK) und/oder Thyreoglobulin (TG-AK) nachweisen. Diese Antikörper können allerdings auch bei Gesunden auftreten und sind somit nicht beweisend für das Vorliegen einer Immunthyreopathie. Es besteht eine Assoziation zu anderen Autoimmunerkrankungen (Diabetes mellitus Typ 1) und pluriglandulären Autoimmun-Insuffizienzsyndromen (Typ 1–3). Selten geht eine Hashimotothyreoiditis als Ausdruck eines Kontinuums in der Pathogenese der Autoimmunthyreopathie in einen Morbus Basedow (4 %) über.
Pathophysiologie
Immunthyreopathien sind gekennzeichnet durch eine lymphozytäre Infiltration der Schilddrüse, einen durch zytotoxische T-Zellen vermittelten Verlust der Immuntoleranz und den Nachweis von zirkulierenden Autoantikörpern gegen endogene Schilddrüsenantigene, wie Schilddrüsenperoxidase (TPO), Thyreoglobulin (TG), TSH-Rezeptor (TSHR), Natrium-Jodid-Symporter (NIS), Pendrin.
Bei den Antikörpern handelt sich überwiegend um Immunglobuline der Klasse IgG1, seltener auch der Klasse IgG2–4 und im geringeren Ausmaß der Klassen IgA und IgM (TPO, TG). Eine transplazentare Übertragung der IgG-Antikörper ist während der Schwangerschaft auf den Feten möglich. Während die TSHR-Antikörper den endogenen TSHR sowohl stimulieren als auch inhibieren können, haben die anderen Schilddrüsenantikörper keinen intrinsischen Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion des Neugeborenen. Spezifische Immunoassays mit altersspezifischen Referenzen für das Kindes- und Jugendalter stehen für den diagnostischen Nachweis der Autoantikörper im Serum (TPO, TG) zur Verfügung. Eine Besonderheit stellen die TSHR-Antikörper dar, da diese sowohl stimulierend als auch blockierend sein können. Konventionelle Assays können dies nicht differenzieren, sodass für den spezifischen Nachweis stimulierender oder blockierender Antikörper der Einsatz von aufwendigen Bioassays erforderlich ist. Das histologische Bild einer Hashimotothyreoiditis entspricht dem einer chronischen, lymphozytären Autoimmunthyreoiditis mit einer Infiltration der Schilddrüse durch Plasmazellen und Lymphozyten, die bis hin zu einer Fibrose und potenziell zur Destruktion der Schilddrüsenfollikel mit resultierender Parenchymatrophie führen kann.
Gelegentlich kann die Anfangsphase einer Hashimotothyreoiditis auch von einer latent oder manifest hyperthyreoten Stoffwechsellage begleitet sein. Im Rahmen der Lymphozyteninfiltration der Schilddrüse, der Freisetzung von Zytokinen und Aktivierung von Komplement kommt es zur Apoptose und Nekrose der Schilddrüsenfollikel, die zu einer vermehrten Freisetzung von bereits synthetisiertem und gespeichertem T3 und T4 sowie der Proteolyse von Thyreoglobulin mit Abspaltung von T4 und T3 führt und so eine therapiebedürftige Hyperthyreose zur Folge hat. Diese Form der Schilddrüsenüberfunktion kann länger, bis hin zu 2 Jahren bestehen, bevor sie in einer Schilddrüsenunterfunktion endet. Die Diagnose einer Hashimotothyreoiditis lässt sich in diesem Fall erst durch den Verlauf der Erkrankung und die Kinetik der Schilddrüsenantikörpertiter stellen.
Die durch Medikamente induzierte, autoimmun assoziierte Thyreoiditis kommt auch im Kindes- und Jugendalter vor. Interferon α bedingt das de novo Auftreten von Schilddrüsenautoantikörpern ohne Schilddrüsendysfunktion (5–15 %) oder auch eine subakute oder chronische lymphozytäre Thyreoiditis und einen Morbus Basedow (5–10 %). Unter einer Behandlung mit Interleukin 2, Interferon α und Lithium werden schmerzlose Thyreoiditiden beobachtet. Eine destruktive Thyreoiditis kann im Kontext einer Behandlung mit Amiodaron, Kinase-Inhibitoren und Immun-Checkpoint-Inhibitoren auftreten. Die Kombinationstherapie von mehreren Immun-Checkpoint-Inhibitoren verursacht einen additiven Effekt auf die Schilddrüsendysfunktion. Im Rahmen der follikulären Destruktion und einer Proteolyse des Thyreoglobulins werden initial bereits synthetisierte Schilddrüsenhormone freigesetzt. Die hieraus resultierende hyperthyreote Phase kann Wochen und Monate anhalten, wird von einer eu- und hypothyreoten Phase gefolgt und mündet schließlich in eine vollständige Erholung nach Monaten. Differenzialdiagnostisch muss beachtet werden, dass keine Schilddrüsenautoantikörper im Serum nachweisbar sind, klassische Entzündungszeichen in der Schilddrüse sonografisch fehlen und die Radiojod-Aufnahme (als Ausdruck einer geringen Schilddrüsenhormonsynthese im Vergleich zur vermehrten Schilddrüsenhormonfreisetzung als Folge der follikulären Destruktion) niedrig ist. Amiodaron kann neben der Thyreoiditis mit einer inflammatorischen Destruktion (Typ 2), auch mit einer vermehrten intrathyreoidalen Hormonsynthese (Typ 1) verknüpft sein oder zu einer durch Jod induzierten Hypothyreose führen. Aus diesem Grund wird empfohlen, bei Patienten, die mit Amiodaron behandelt werden, regelmäßig die Schilddrüsenfunktionsparameter zu bestimmen.
Symptome
Die Symptome, die auf das Vorliegen einer Immunthyreopathie hinweisen, sind sehr unterschiedlich, oft unspezifisch und immer abhängig von der Schilddrüsenfunktion. So kann (je nach Stoffwechselsituation) unter anderem über Haarausfall, ein aufgequollen wirkendes Gesicht, eine heisere Stimme, eine raue oder trockene Haut, Blässe, Obstipation, Kälteempfinden, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Antriebsarmut, eine verminderte Leistungsfähigkeit, Appetitlosigkeit oder Gewichtszunahme berichtet werden. Klinisch kann bereits bei Diagnose eine Struma imponieren, aber auch eine progrediente Atrophie mit oder ohne Funktionsstörung (latente oder manifeste Hypothyreose, initial gelegentlich auch Hyperthyreose) bestehen. Wie auch bei der angeborenen primären Hypothyreose können das Wachstum, die Dentition und die pubertäre Entwicklung entsprechend der Krankheitsdauer verzögert sein.
Diagnostik
Der Nachweis von TPO-Antikörpern und/oder TG-Antikörpern in Zusammenhang mit dem typischen Ultraschallbefund sind beweisend für eine Hashimotothyreoiditis. Initial stellt sich die Schilddrüse sonografisch hyperechogen mit echoarmen Arealen und einer Mehrperfusion dar. Im Verlauf der Thyreoiditis verändert sich die Echogenität in der Sonografie zu hypoechogen mit Betonung der Peripherie und knotenförmigen, zentral hyperechogenen Bezirken. Die Hyperperfusion reflektiert die Entzündungsaktivität und nimmt mit dem bindegewebigen Umbau der Schilddrüse bei fortschreitender Erkrankung ab. Die Funktion der Schilddrüse spielt für die Diagnosestellung keine Rolle, sollte aber im Verlauf sorgfältig kontrolliert werden.
Therapie
Bei hypothyreoter Stoffwechsellage wird mit Schilddrüsenhormon behandelt. Die Dosis richtet sich nach dem Alter und dem Gewicht des Kindes. Mit zunehmendem Alter sinkt der Bedarf an Schilddrüsenhormon pro kg KG (Tab. 2). Außerdem muss bedacht werden, dass in vielen Fällen die Schilddrüse noch in der Lage ist, geringe Mengen an Schilddrüsenhormon zu synthetisieren. Eine normale Jodzufuhr ist unproblematisch, zusätzliche Jodgaben sollten aber bei bestehender Immunthyreopathie vermieden werden. Bisher gibt es keine Studien, die belegen, dass eine Selenbehandlung einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Immunthyreopathien bei pädiatrischen Patienten hat.
Verlauf und Prognose
Zuverlässige prognostische Marker für den Verlauf einer Immunthyreopathie gibt es nicht. Ein familiär gehäuftes Auftreten einer Thyreoiditis und genetische Faktoren begünstigen das Auftreten einer Schilddrüsendysfunktion. Möglicherweise deutet der Nachweis hoher TPO-AK-Titer im Serum bei Diagnosestellung auf einen eher ungünstigen Verlauf hin. Einige Systemerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus Typ 1) und Chromosomenanomalien (Ullrich-Turner-Syndrom, Klinefelter-Syndrom, Down-Syndrom) sind mit einem höheren Risiko für das Auftreten einer Thyreoiditis und einer manifesten oder latenten Schilddrüsenunterfunktion vergesellschaftet.
In den meisten Fällen befinden sich Patienten mit einer Immunthyreopathie bei Diagnosestellung in einer euthyreoten Stoffwechsellage. Diese kann aber auch latent hypothyreot, hypothyreot oder sogar hyperthyreot sein. Ungefähr ein Drittel der Patienten mit Immunthyreopathie, die bei Diagnosestellung latent hypothyreot sind, entwickeln im Verlauf von 5 Jahren eine echte Hypothyreose, während ein Viertel latent hypothyreot bleibt. Insgesamt bleibt aber ungefähr die Hälfte der Patienten mit Hashimotothyreoiditis langfristig euthyreot, sodass die Prognose für pädiatrische Patienten mit dieser Erkrankung eher günstig ist.

Zentrale Hypothyreose

Kommt es zu einer Schilddrüsenunterfunktion in Folge einer Funktionsstörung von Hypothalamus oder Hypophyse, so spricht man von einer zentralen Hypothyreose. Die Schilddrüsenfunktion ist in diesen Fällen nicht primär gestört, vielmehr resultiert die Unterfunktion aus einer nicht ausreichenden Stimulation von zentral (Hypothalamus und/oder Hypophyse). Man unterscheidet isolierte zentrale Hypothyreosen von kombinierten hypophysären Hormonmangelzuständen, bei denen zusätzlich noch weitere Achsen der hypophysären Hormone betroffen sind. Ursache sind entweder angeborene genetische Defekte (z. B. Mutationen im TSHß-Gen, IRS4-Gene, TBL1X-Gen, TRHR-Gen, IGSF1-Gen bei isolierter zentraler Hypothyreose oder z. B. Mutationen im PIT1-Gen, PROP1-Gen, HESX1-Gen, LHX3-Gen oder LHX4-Gen bei kombinierten hypophysären Defekten) oder erworbene Formen (zentrale Hypothyreose bei Behandlung mit Dopamin oder Glukokortikoiden, schwere Allgemeinerkrankungen, infiltrative Schädigung durch einen Tumor, traumatisch, entzündlich, postoperativ oder als Folge einer Bestrahlung). Da es sich um einen zentralen Defekt handelt, ist das Thyreotropin bei der zentralen Hypothyreose nicht erhöht, sodass diese Erkrankung nicht im Neugeborenenscreening entdeckt wird (Kap. „Krankheiten von Hypophyse und Hypothalamus bei Kindern und Jugendlichen“).

Hyperthyreose

Definition
Die Hyperthyreose ist durch eine gesteigerte Sekretion der Schilddrüsenhormone und deren Wirkung auf den Organismus charakterisiert. Die Überfunktion kann angeboren oder erworben sein. Sowohl transiente als auch permanente Verlaufsformen können vorkommen.
Epidemiologie
Lediglich 1–5 % aller Erkrankungen mit Hyperthyreose treten vor dem 16. Lebensjahr auf (Inzidenz 1:300.000). Eine positive Familienanamnese findet sich bei bis zu 60 % der Patienten mit Morbus Basedow, der bei Mädchen häufiger beobachtet wird als bei Jungen (4:1) und der sich in der Regel peripubertär manifestiert.
Ätiologie, Pathogenese und Differenzialdiagnose
Die Pathogenese des Morbus Basedow wird durch TSH-Rezeptor-Antikörper (stimulierend IgG1; blockierend IgG1–4) erklärt, die durch Bindung an die TSH-Rezeptoren eine stimulierende Wirkung auf die Schilddrüsenzellen ausüben, während gleichzeitig auch blockierende Antikörper nachweisbar sein können. Das Schilddrüsengewebe ist diffus hyperplastisch und fokal lympho-plasmazellulär infiltriert. Die Kolloidspeicherung der Schilddrüsenhormone ist vermindert.
Die Autoimmunhyperthyreose kann auch transient bei Neugeborenen von Müttern mit Morbus Basedow durch mütterliche TSH-Rezeptor-Antikörper, als erworbener, eigenständiger Morbus Basedow und in der frühen Phase der Hashimotothyreoiditis auftreten. Die transplazentare Übertragung von TSH-Rezeptor-Antikörpern wird bei 1–5 % der Kinder von Frauen mit Morbus Basedow beobachtet und ist unabhängig von der maternalen Schilddrüsenfunktion und der Existenz einer mütterlichen Schilddrüse. Dieser Antikörper-Transfer kommt also auch noch nach einer Thyreoidektomie der Mutter vor, da die maternalen Antikörper persistieren können. Das Auftreten einer konnatalen autoimmunen Hyperthyreose korreliert positiv mit der Höhe der mütterlichen Antikörpertiter. Sie wird von der mütterlichen Medikation und der Existenz von inhibierenden TSH-Rezeptor-Antikörpern beeinflusst. Die Erkrankungsdauer hängt von der Halbwertzeit der zirkulierenden TSH-Rezeptor-Antikörper ab und beträgt Wochen bis wenige Monate.
Aktivierende Mutationen im TSH-Rezeptorgen (14q31) verursachen eine Hyperthyreose mit unterschiedlichem Manifestationsalter, die auch schon im Neugeborenenalter manifest werden kann. Abhängig von der ursächlichen Mutation können die Verläufe sehr unterschiedlich sein.
Beim McCune-Albright-Syndrom (fibröse Dysplasie, Pseudopubertas praecox, Café-au-lait-Flecken), dem somatische, aktivierende Mutationen des Gs-alpha-Gens (GNAS1; α-Untereinheit des G-Proteins) zugrunde liegen, kann es zu einer nodulären Hyperplasie der Schilddrüse mit Hyperthyreose kommen.
Eine hyperthyreote Stoffwechsellage kann durch eine übermäßige Zufuhr von Schilddrüsenhormon (Hyperthyreosis factitia) bedingt sein. Auch durch die Kontamination mit Jod (Desinfektion, Kontrastmittel) oder mit jodhaltigen Medikamenten (z. B. Amiodaron) kann eine Überfunktion der Schilddrüse induziert werden.
Im Rahmen einer familiären Erhöhung des Thyroxin-bindenden Globulins (TBG), der familiären Dysalbuminämie oder nach Einnahme von Östrogenen („Pille“) werden im Plasma erhöhte Konzentrationen des Gesamt-Thyroxins und Gesamt-Trijodthyronins gemessen, während die Konzentrationen der freien Hormone im altersentsprechenden Referenzbereich liegen. Die Stoffwechsellage ist in diesen Fällen euthyreot.
Autonome Schilddrüsenadenome und TSH-sezernierende Hypophysenadenome mit konsekutiver Hyperthyreose sind im Kindes- und Jugendalter eine Rarität.
Symptome
Die typische Symptomatik der Hyperthyreose im Kindes- und Jugendalter beginnt eher schleichend und beinhaltet unspezifische Unruhe, Nervosität und Schlafstörung bei ausgeprägter Tachykardie. Häufig wird über nachlassende Schulleistungen, eine Konzentrationsschwäche und eine Veränderung des Schriftbildes berichtet. Die Leistungsfähigkeit wird durch eine Muskelschwäche mit Hyperreflexie eingeschränkt. Die Patienten schwitzen vermehrt und nässen nachts ein (sekundäre Enuresis in 4 % der Fälle). Es kommt zu einer Gewichtsabnahme bei gutem Appetit und dem Auftreten einer Diarrhö. Die Vergrößerung der Schilddrüse verursacht in der Regel keine Symptome, kann aber durch ein Globusgefühl bis zur Schluckstörung imponieren. Eine endokrine Ophthalmopathie tritt im Kindesalter nur sehr selten auf. Die klinischen Zeichen sind dann die weite Lidspalte (Graefe-Zeichen: Zurückbleiben des Oberlids bei Blicksenkung), der seltene Lidschlag (Stellwag-Zeichen), die Konvergenzschwäche (Moebius-Zeichen) und der Exophthalmus. Der klassische Symptomkomplex aus Struma, Exophthalmus und Tachykardie wird als Merseburger-Trias bezeichnet.
Diagnostik
Bei der körperlichen Untersuchung werden die klinischen Zeichen einer Hyperthyreose wie Tachykardie, Hyperreflexie oder Hyperthermie erfasst. Die auxologischen Messungen unter Einbeziehung von Vormessungen zeigen die Beschleunigung des Längenwachstums, die Gewichtsabnahme und möglicherweise die Stagnation des Kopfwachstums bei jungen Kindern mit prämaturer Nahtsynostose. Die Schilddrüse wird palpiert und auskultiert, sodass ihre Größe, Konsistenz, Schluckverschieblichkeit und das Strömungsgeräusch bei einer vermehrten Perfusion erkannt werden können.
Eine hyperthyreote Stoffwechsellage ist durch eine Erniedrigung oder Suppression des TSH und erhöhte Konzentrationen von T3, T4 und fT4 im Serum gekennzeichnet. Bei der sogenannten „T4-Hyperthyreose“ mit euthyreoter Stoffwechsellage werden hingegen normale Konzentrationen von TSH und fT4 bestimmt, während die Konzentrationen vom TBG und dem gesamten T4 und T3 erhöht sind. Der positive Nachweis von Schilddrüsenantikörpern (TRAK und TPO-AK) spricht für eine immunologisch bedingte Hyperthyreose. Beim Morbus Basedow werden TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) nachgewiesen. Diese sind für das Vorliegen eines Morbus Basedow aber nicht beweisend, da sie vor allem anfangs auch bei einer Hashimotothyreoiditis positiv sein können. Oft lässt sich die endgültige Diagnose erst im Verlauf stellen.
Durch eine Behandlung mit Biotin kann laborchemisch fälschlicherweise eine Immunhyperthyreose vorgetäuscht werden, da mehrere Immunoassays auf der Streptavidin-Biotin-Nachweismethode basieren und Biotin in hohen Dosen kompetitive Bindungsassays und „Sandwichassays“ stört. Hierdurch resultiert die klassische Laborkonstellation einer Immunhyperthyreose mit erhöhten TSHR-AK-, T3- und T4-Serumspiegeln bei gleichzeitig niedrigem TSH. Nach Absetzen des Biotins normalisieren sich die Laborwerte. Eine Biotinmedikation mit normaler Dosis (30–70 μg/Tag) stört den Assay normalerweise nicht. Bei höheren Biotindosen sollte das Biotin 3 Tage vor der Laborbestimmung abgesetzt werden, sofern dies mit der Grunderkrankung zu vereinbaren ist.
Für die Objektivierung und Quantifizierung des klinischen Untersuchungsbefundes ist die Sonografie der Schilddrüse von großer Bedeutung. Sie beinhaltet die Volumetrie, wobei populationsspezifische, altersabhängige Normalwerte entsprechend der Jodversorgung berücksichtigt werden sollten, die Beurteilung der Struktur und Echogenität der Schilddrüse, die bei der Thyreoiditis vermindert ist, und das Erfassen umschriebener Veränderungen (Knoten, Zysten) und der Perfusion mittels Doppler, die bei der Hyperthyreose vermehrt ist. Zusätzlich weist die Knochenalterbestimmung nach Greulich und Pyle häufig eine Akzeleration gegenüber dem chronologischen Alter bei der Hyperthyreose nach. Insbesondere bei Säuglingen werden die Schädelnähte bei stagnierendem Kopfwachstum radiologisch beurteilt, da prämature Nahtsynostosen auftreten können. Die kardiologische Untersuchung mit EKG und Echokardiografie ermittelt die tachykarde Herzfrequenz, den Rhythmus und die myokardiale Funktion. Die Beteiligung der Augen wird mittels Exophthalmometrie nach Hertel untersucht. Bei Diagnosestellung eines Morbus Basedow sollte eine Fotodokumentation des Augenbefundes erfolgen.
Therapie
Die Behandlung der Wahl bei Hyperthyreose ist die medikamentöse thyreostatische Therapie mit Carbimazol oder Thiamazol über mindestens 2–3 Jahre in einer Dosierung von anfangs 0,5–1 mg/kg p.o. in 1–2 ED. In der Regel wird erst nach 6–8 Wochen eine euthyreote Stoffwechsellage erreicht. Im weiteren Verlauf kann dann durch eine vorsichtige Dosisreduktion eine Euthyreose mit niedrigst möglicher thyreostatischer Dosis aufrechterhalten werden oder aber nach dem Auftreten einer Hyperthyreotropinämie oder Hypothyreose bei unveränderter Dosierung des Thyreostatikums zusätzlich L-Thyroxin verabreicht werden. Die Beibehaltung der höheren Dosis des Thyreostatikums in Kombination mit der Substitution von Thyroxin („block and replace“) hat sich bei Kindern und Jugendlichen bewährt, da eine stabilere, euthyreote Stoffwechsellage gewährleistet wird und die Kontrolltermine mit Blutentnahmen zur Überprüfung der Stoffwechsellage reduziert werden können. Allerdings wird mit diesem Behandlungskonzept nicht die geringstmögliche Dosierung des Thyreostatikums erreicht. Da die Nebenwirkungen dosisabhängig sind, wird dieses Vorgehen kontrovers diskutiert, zumal diese Kombinationsbehandlung keinen gesicherten Einfluss auf die Prognose der Erkrankung hat. Darüber hinaus kommt es durch die Kombinationsbehandlung von Thyreostatikum und L-Thyroxin zum Einsatz zweier Medikamente, was die Gefahr von Nebenwirkungen verdoppelt. Nebenwirkungen sind im Kindesalter eher selten und treten normalerweise in den ersten 3 Behandlungsmonaten auf. Vor allem eine Granulozytopenie und eine Hepatitis werden gefürchtet, sodass vor allem zu Beginn einer thyreostatischen Behandlung regelmäßige Kontrollen der Leberwerte und des Blutbildes durchgeführt werden müssen. Auch Arthritis, Neuritis oder Exantheme können auftreten. Die lange Behandlungsdauer im pubertären Alter bedingt in vielen Fällen eine problematische Compliance. Auf der anderen Seite können bei Auftreten eines Rezidivs und guter Therapieverträglichkeit mehrere Behandlungszyklen individuell erfolgen. Initial ist zur unmittelbaren Behandlung der sympathikotonen Symptome eine zusätzliche Therapie mit systemisch wirksamen Betablockern, z. B. Propranolol 1 mg/kg, über 6–8 Wochen bis zum Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage indiziert.
Prognose und Verlauf
Der Behandlungserfolg der konservativen Therapie wird durch die Compliance der Patienten, die gerade bei Jugendlichen problematisch sein kann, wesentlich beeinflusst. Weniger als ein Drittel der Patienten hat eine bleibende Remission 24 Monate nach Beendigung der thyreostatischen Therapie. Am häufigsten (in ca. 75 % der Fälle) tritt in den ersten 6 Monaten ein Rezidiv auf. Kommt es schnell zu einer Remission, scheint dies die Prognose zu verbessern. Ein junges Alter, höhere fT4-Serumkonzentrationen und hohe Titer des TSH-Rezeptor-Antikörpers bei Erkrankungsbeginn sowie eine thyreostatische Behandlungsdauer von weniger als 24 Monaten erhöhen das Rezidivrisiko. Im Falle eines Rezidivs kann versucht werden, die medikamentöse Behandlung wieder aufzunehmen. Allerdings wird über die Langzeitbehandlung von pädiatrischen Patienten mit Thyreostatika nur in kleineren Studien berichtet. Bei fehlender Compliance, ernsten Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie und therapierefraktären Rezidiven ist die definitive Therapie angezeigt. Hier kommen die Operation (totale Thyreoidektomie) oder alternativ auch die Radiojodtherapie in Frage. Ziel sollte es immer sein, das Schilddrüsengewebe vollständig zu entfernen, um Rezidiven oder (im Falle einer Radiojodbehandlung) Malignomen vorzubeugen. Die Operation hat eine Heilungsrate zwischen 60–90 %. Mögliche Nebenwirkungen hierbei sind die postoperative Hypothyreose, der Hypoparathyreoidismus und die Schädigung des Nervus recurrens. Auch nach der Radiojodtherapie kann eine Hypothyreose auftreten. Weitere mögliche Nebenwirkungen der Radiojodtherapie sind eine generelle Sialadenitis, eine Gastritis und das Langzeitrisiko eines Malignoms. Hierbei gilt es vor allem zu bedenken, dass die Schilddrüse ein sehr strahlensensibles Organ ist. In einer Metaanalyse von Ma Chao et al. aus dem Jahre 2009 der verschiedenen Therapien des Morbus Basedow im Kindes- und Jugendalter wurde gezeigt, dass signifikante Unterschiede hinsichtlich der Heilung, des Auftretens einer Hypothyreose oder eines Rezidivs und der Nebenwirkungen bestehen (Tab. 3). Grundsätzlich ist für die beiden definitiven Therapieverfahren Voraussetzung, dass eine genügende Erfahrung im Einsatz der jeweiligen Technik vorhanden ist. Abhängig von der Verfügbarkeit sollte dann im Einzelfall über das Vorgehen entschieden werden. Prinzipiell sollte bei jungen Kindern und bei großen Strumen (>80 ml) von einer Radiojodbehandlung abgesehen werden und die definitive Behandlung chirurgisch erfolgen. Liegt ein autonomes Adenom vor oder besteht eine angeborene Hyperthyreose infolge einer aktivierenden Mutation im TSH-Rezeptorgen ist ebenfalls die primäre Operation angezeigt.
Tab. 3
Ergebnisse der unterschiedlichen definitiven Therapien der Hyperthyreose (adaptiert nach Chao et al. 2009)
Therapieform/Anzahl der Patienten mit Basedow
Heilung bei
Hypothyreose bei
Rezidiv bei
Nebenwirkungen bei
Radiojod
n = 1874
50 %
38 %
6,3 %
1,6 %
Medikamentös (Thyreostatika)
n = 1279
47 %
0,7 %
48,5 %
9,4 %
OP
n = 1362
61 %
7 %
10 %
14 %
p
<0,001
<0,001
<0,001
<0,001
Eine Besonderheit stellt die thyreotoxische Krise dar. Sie ist eine lebensbedrohliche Notfallsituation und kommt im Kindesalter selten vor. Neben der thyreostatischen Behandlung stehen symptomatische Maßnahmen, die sich an dem klinischen Bild der Hyperthyreose orientieren, im Vordergrund. Die periphere Konversion von T4 zu T3 kann durch die Gabe von Glukokortikoiden (Dexamethason) und nichtkardioselektiven Betablockern (Propranolol), die gleichzeitig die Herzfrequenz senken, inhibiert werden. Ein hoher Flüssigkeitsbedarf ist im Rahmen der Hyperthermie und enteraler Verluste zu berücksichtigen. Die erhöhte Körpertemperatur muss durch physikalische Maßnahmen, wie Eisbeutelpackungen, gesenkt werden. In lebensbedrohlichen Situationen kann eine Plasmapherese oder ein Blutaustausch zur Eliminierung der Schilddrüsenhormone erforderlich sein.

Schilddrüsenhormonresistenzen und Transporterstörungen

Schilddrüsenhormonresistenzen

Bei der Schilddrüsenhormonresistenz („resistance to thyroid hormone“, RTH) ist die Wirkung des Schilddrüsenhormons auf die peripheren Gewebe durch einen Defekt der Schilddrüsenhormonrezeptoren gestört. Hierdurch sprechen die Gewebe vermindert auf das Schilddrüsenhormon an. Erstmalig beschrieben wurde 1967 eine Resistenz der β-Schilddrüsenhormonrezeptoren von Refetoff et al., weswegen die β-RTH auch Refetoff-Syndrom genannt wird. Das phänotypische Bild dieser seltenen Erkrankung (Inzidenz ungefähr 1:40.000) ist variabel. Bei nahezu allen Patienten ist die Schilddrüse vergrößert. Die Häufigkeit anderer Symptome (Tachykardie, Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität, sog. Attention Deficit Hyperactivity Disorder [ADHD], isolierte Hyperaktivität, Lern- sowie Konzentrationsschwierigkeiten, mentale Retardierung, Kleinwuchs, verzögerte Knochenreifung, Hörstörungen oder rezidivierende Infektionen des Hals-, Nasen- und Rachenraumes) wird unterschiedlich angegeben. Die Diagnose erfolgt laborchemisch. Patienten mit β-RTH haben erhöhte freie periphere Schilddrüsenhormonspiegel mit einem nicht supprimierten Thyreotropin-Spiegel im Serum. Dies erklärt sich dadurch, dass aufgrund des Rezeptordefektes in der Hypophyse erhöhte Schilddrüsenhormonkonzentrationen nicht zu einer Suppression des Thyreotropins führen. In einem von Refetoff et al. erstellten Protokoll wird die Sensitivität der einzelnen Gewebe auf die Gabe von steigenden Schilddrüsenhormonkonzentrationen gemessen. Diese Tests sind sehr aufwendig und bleiben wenigen Fragestellungen vorbehalten. Einfacher ist die molekulargenetische Untersuchung des TRβ-Gens. Der Erbgang ist fast immer autosomal-dominant und 90 % aller Patienten mit dem klinischen Bild einer β-RTH sind heterozygote Träger einer Mutation im TRβ-Gen. Bei 10 % der Patienten wird keine Mutation gefunden, sodass noch andere Faktoren bei dieser Erkrankung eine Rolle zu spielen scheinen. Die α-RTH ist seltener. Symptome können ein dysproportionierter Kleinwuchs, eine verzögerte Zahnung, eine psychomotorische Entwicklungsverzögerung, eine gestörte Grob- und Feinmotorik, ein langsames und breitbeiniges Gangbild, eine Bradykardie und Obstipation sein. Patienten mit einer α-RTH haben laborchemisch niedrige bis niedrig normale T4-Serumspiegel, sowie ein hohes oder hochnormales T3 bei einem normalen oder nur wenig erhöhten TSH. Oft sind die IGF1-Serumspiegel niedrig.
Eine kausale Behandlung der Schilddrüsenhormonresistenzen gibt es nicht. Gelegentlich kann bei der β-RTH der Einsatz von Betablockern die Tachykardie bessern. In Einzelfällen wurde über den erfolgreichen Einsatz von TRIAC (Triiodoazetat) oder D-Thyroxin berichtet. Auch kann die Verabreichung von L-Thyroxin hilfreich sein, da die Patienten wegen ihrer Hormonresistenz hohe Schilddrüsenhormonspiegel benötigen. Es muss vermieden werden, dass die Patienten in eine hypothyreote Stoffwechsellage geraten. Thyreostatika sind unbedingt zu vermeiden. Inwieweit Patienten mit einer α-RTH von einer Schilddrüsenhormonbehandlung profitieren, muss noch in Studien untersucht werden.

Transporterstörungen

Die Schilddrüsenhormone (T3 und T4) sind für die neurologische Entwicklung eines Menschen essenziell. Wichtig ist der T4-Transport über die Blut-Hirn-Schranke in die Nervenzelle, die Aufnahme des T4 in Astrozyten, die Umwandlung des T4 über die Deiodinase 2 (DIO2) in T3 und die Bereitstellung des T3 an die Zielzellen (Oligodendrozyten und Neurone). Hier bindet T3 an den Schilddrüsenhormonrezeptor und reguliert die Myelinisierung und neuronale Differenzierung verschiedener Hirnregionen. Der T4-Transport über die Blut-Hirn-Schranke erfolgt hauptsächlich über einen Schilddrüsenhormontransporter (Monocarboxylattransporter 8, MCT8). Ein Mangel an MCT8 führt zu einem verminderten T4-Transport in die Zelle. Dies resultiert in einem schweren komplexen neurologischen Krankheitsbild mit verzögerter Myelinisierung, Dystonie, Spastik und geistiger Retardierung (Allen-Herndon-Dudley-Syndrom), das nur bei Jungen auftritt. Wegweisend für die Diagnose ist das klinische Erscheinungsbild und die typische Laborkonstellation (T3-Werte erhöht, T4-Werte niedrig, TSH normal). Ursache ist ein defektes MCT8-Gen, das auf dem X-Chromosom liegt.
Die T4-Aufnahme in die Astrozyten wird über ein „organic anion transporting polypeptide“ (OATP1C1) vermittelt. Ein Defekt im OATP1C1 führt zu einem schweren neurologischen Krankheitsbild. Bislang wurde erst eine jugendliche Patientin mit dieser Erkrankung beschrieben, die eine schwere progrediente psychomotorische Entwicklungsverzögerung hatte. Ihre Schilddrüsenfunktionsparameter waren unauffällig. Die Behandlung von MCT8-Defekten wurde in einzelnen kleinen Patientenkollektiven versucht. Therapieversuche mit DITPA (Diiodothyropropionic acid), T4 oder PTU (Propylthiouracil) und T4 in Kombination erbrachten aber keinen überzeugenden Erfolg. Ein neuer Therapieansatz mit TRIAC befindet sich in der klinischen Erprobung. TRIAC bindet an den T3-Rezeptor, sein Transport in die Zelle ist nicht MCT8 abhängig. Inwieweit dies eine geeignete Therapieoption ist, muss in klinischen Studien geprüft werden.

Isolierte Hyperthyreotropinämie

Definition
Eine „subklinische“ oder „latente“ Hypothyreose liegt vor, wenn das Thyreotropin (TSH) im Serum erhöht ist, die peripheren Schilddrüsenhormonserumspiegel (fT3, fT4, T3 und T4) aber im altersentsprechenden Normbereich liegen. Genau genommen handelt es sich nicht um eine Schilddrüsenunterfunktion, da lediglich eine Hyperthyreotropinämie besteht, während die peripheren Hormonspiegel normal sind. Die Bezeichnung Hypothyreose ist dementsprechend nicht korrekt, sodass im Folgenden nur noch der Begriff „isolierte Hyperthyreotropinämie“ verwendet wird.
Epidemiologie
Genaue Angaben zur Häufigkeit der isolierten Hyperthyreotropinämie im Kindesalter gibt es nicht. Bei Jugendlichen in den USA wurde eine Häufigkeit von 1,7 % gefunden, die Inzidenz bei jüngeren Kindern ist nicht bekannt. Da eine normale Schilddrüsenfunktion für die psychomotorische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen essenziell ist und die Symptome einer Schilddrüsenfunktionsstörung sehr unspezifisch sein können, werden die Schilddrüsenfunktionsparameter im klinischen Alltag oft bestimmt. Wird eine isolierte Hyperthyreotropinämie festgestellt, hat dies häufig eine Behandlung mit L-Thyroxin zur Folge ohne dass es hierfür evidenzbasierte Daten gäbe.
Ätiologie, Pathogenese und Differenzialdiagnose
Eine isolierte Hyperthyreotropinämie kann mehrere Ursachen haben und auch durch natürliche Faktoren bedingt sein, die bei der Diagnostik zunächst ausgeschlossen werden müssen. Zunächst muss bedacht werden, dass definitionsgemäß Thyreotropinwerte oberhalb der doppelten Standardabweichung als erhöht bezeichnet werden, sofern man eine arithmetische Normalverteilung voraussetzt. Somit haben 3 % der Normalbevölkerung erhöhte Thyreotropinwerte, obwohl sie nicht an einer Schilddrüsenfunktionsstörung erkrankt sind. Die Bestimmung des Thyreotropins ist von mehreren Aspekten abhängig, die in folgender Übersicht aufgelistet sind.
Natürliche Ursachen der isolierten Hyperthyreotropinämie
  • Zirkadiane Rhythmik des Thyreotropins (Blutentnahme möglichst immer zur gleichen Zeit durchführen)
  • Altersabhängige Normwerte (junge Kinder haben höhere Thyreotropinwerte, sollte bei den angegebenen Normalwerten berücksichtigt sein)
  • Assayabhängige Normwerte (bei Unklarheiten gegebenenfalls Assay wechseln)
  • Antikörper im Serum des Patienten (können mit Testbestandteilen reagieren und falsche Messwerte verursachen, gegebenenfalls Untersuchung in Speziallabor)
Wurden sie als „natürliche“ Ursache einer isolierten Hyperthyreotropinämie ausgeschlossen, gibt es weitere Faktoren, die zu einer isolierten Erhöhung des Thyreotropins im Serum führen können. Sie sind in folgender Übersicht dargestellt und differenzialdiagnostisch zu bedenken.
Andere Ursachen der isolierten Hyperthyreotropinämie
  • Erstes Zeichen einer Hypothyreose, z. B. beginnende Hashimotothyreoiditis
  • Jodmangel
  • Während der Erholung von schweren Erkrankungen
  • Angeborene Fehlbildungen der Schilddrüse, z. B. Hemiagenesie
  • Syndrome, z. B. Pseudohypoparathyreoidismus Typ 1a, Down-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom u. a.
  • Mutationen in Kandidatengenen der Schilddrüsenanlage (z. B. PAX8 oder NKX2.1) oder des TSH-Rezeptorgens
  • Medikamente, z. B. Antiepileptika, Amiodaron, Interferon-α
  • Ernährung, z. B. übermäßiger Genuss von Soja
Zur genaueren Einschätzung ist es hilfreich zu wissen, ob die Laborkonstellation bereits angeboren war oder erst im Verlauf erworben wurde.
Eine isolierte Hyperthyreotropinämie kann somit erstes Zeichen einer Schilddrüsenfunktionsstörung sein, muss aber nicht zwingend eine krankhafte Bedeutung haben. Sie kann nur transient bestehen oder aber lebenslang persistieren.
Prognose, Verlauf und Therapie
Studien an großen Patientenkollektiven konnten zeigen, dass eine isolierte Hyperthyreotropinämie eher eine gute Prognose hat. Lazar et al. (2009) berichten über 3475 Kinder (Alter 0,5–16 Jahre) mit einer isolierten Hyperthyreotropinämie ohne Schilddrüsenerkrankung, die im Verlauf beobachtet wurden. Nach 5 Jahren hatten 73,6 % von ihnen normale Thyreotropinwerte und ca. 25 % eine weiter bestehende isolierte Hyperthyreotropinämie (TSH 5,5–10 mU/l). Nur ca. 2 % der Kinder entwickelten ein TSH >10 mU/l. In jedem Fall ist bei isolierter Hyperthyreotropinämie eine Verlaufskontrolle anzuraten, da sie auch ein erstes Zeichen einer Schilddrüsenfunktionsstörung sein kann. Letztlich lässt sich dies nur im Verlauf beurteilen. Abhängig vom Alter des Kindes sollte deswegen zunächst innerhalb von 6–12 Wochen eine Kontrolle erfolgen. Sollte der kontrollierte Thyreotropinspiegel über 10 mU/l gemessen werden, erscheint eine Behandlung indiziert, obwohl dies nicht durch Studien belegt ist. In jedem Fall sollte eine Behandlung mit L-Thyroxin begonnen werden, wenn die fT4-Werte unterhalb des Normbereichs abfallen, da in diesem Fall die Konstellation einer Hypothyreose vorliegt.
Bislang konnte weder gezeigt werden, dass Kinder mit einer isolierten Hyperthyreotropinämie einen gesundheitlichen Nachteil haben, noch dass sie von einer Behandlung mit L-Thyroxin profitieren. Somit sollte bei pädiatrischen Patienten mit dieser Laborkonstellation die Indikation für eine Behandlung mit L-Thyroxin individuell geprüft und nur in begründeten Fällen gestellt werden.

Struma

Unter einer Struma versteht man die Vergrößerung der Schilddrüse über das Maß der altersentsprechenden Norm. Die Normalwerte des Schilddrüsenvolumens sind altersabhängig. Mit zunehmendem Alter nimmt das Schilddrüsenvolumen bei Kindern und Jugendlichen zu. Eine Struma kann bei hypo-, hyper- oder euthyreoter Stoffwechsellage vorkommen. Die Diagnose einer Struma ist also lediglich beschreibend, sie sagt nichts über die Ursache aus. Auch Schilddrüsenknoten können der Grund für eine Struma sein. Abhängig von der Ursache der Struma erfolgt die Therapie (Kap. „Jodprophylaxe der Struma“).

Schilddrüsenknoten

Definition
Unter einem Schilddrüsenknoten versteht man einen umschriebenen Herd in der Schilddrüse, der sich vom umgebenden Schilddrüsengewebe abgrenzen lässt.
Epidemiologie
Mit zunehmender Auflösung der Sonografiegeräte wird die Diagnose eines Schilddrüsenknotens immer häufiger gestellt. Dies ist für den Kinderarzt von großer Bedeutung, da vielfach die Meinung vertreten wird, dass solitäre Schilddrüsenknoten im Kindesalter besonders häufig maligne sind. Die Diagnosestellung eines solitären Schilddrüsenknotens bei einem Kind führt deswegen oft zu großer Unsicherheit beim behandelnden Arzt und bei den Eltern des Kindes. Dem Wunsch nach größtmöglicher Sicherheit für den Patienten steht eine mögliche Überdiagnostik und Übertherapie entgegen, die es zu verhindern gilt. Sinnvolle diagnostische Handlungsweisen und vernünftige Therapiemaßnahmen sind deswegen wichtig und werden aktuell in Form von Leitlinien erarbeitet.
Genaue Angaben zur Häufigkeit gibt es nicht. In einer großen Studie aus Japan zeigte sich, dass 1,65 % der sonografisch untersuchten Kinder einen solitären Schilddrüsenknoten hatten. Ältere Studien aus Europa ergaben eine etwas geringere Häufigkeit von ungefähr 0,6 %.
Ätiologie, Pathogenese und Differenzialdiagnose
Risikofaktoren für Schilddrüsenknoten sind der Jodmangel, eine stattgehabte Bestrahlung im Bereich des Halses, das Vorliegen einer Immunthyreopathie, permanent erhöhte Thyreotropinwerte im Serum und Syndrome. Ein erhöhtes Risiko besteht ebenfalls, wenn eine familiäre Belastung (z. B. Schilddrüsenmalignome) vorliegt. Wie viele der solitären Schilddrüsenknoten im Kindesalter tatsächlich maligne sind, kann mit Hilfe der bisher hierzu publizierten Daten nicht abgeschätzt werden. Der in vielen Lehrbüchern angegebene Anteil von 25 % ist sicherlich zu hoch. Dennoch ist es wichtig, für die Beurteilung eines Schilddrüsenknotens Kriterien zu etablieren, die die Dignität möglichst präzise voraussagen.
Diagnostik
Mehrere Faktoren sind hier von Bedeutung. Sie können anamnestisch erfragt oder bei der körperlichen Untersuchung erhoben werden.
Anamnestische Faktoren, die bei der Beurteilung eines solitären Schilddrüsenknotens im Kindesalter beunruhigen
  • Junges Alter des Patienten (<10 Jahre)
  • Anamnestisch schnelles Wachstum des Knotens
  • Vorgeschichte mit Z. n. Behandlung einer malignen Erkrankung (Z. n. Bestrahlung im Kopf- oder Halsbereich, Z. n. Chemotherapie)
  • Heiserkeit
  • Dysphagie
  • Bekannte familiäre Erkrankung, die mit einem erhöhten Risiko für Malignome einhergeht, z. B. Cowden-Syndrom, Gardner-Syndrom, Peutz-Jeghers-Syndrom, Carney-Complex
  • Bekannter Schilddrüsenhormonsynthesedefekt
  • Bekannte Hashimotothyreoiditis
Erscheint ein Knoten bei der klinischen Untersuchung derb, schmerzlos oder nicht verschieblich, so ist dies ein Hinweis auf ein malignes Geschehen. Auch in der Nachbarschaft gelegene, vergrößerte zervikale Lymphknoten können erstes Zeichen eines Schilddrüsenmalignoms sein, kommen aber im Kindesalter häufig vor, sodass ihnen in diesem Zusammenhang oft keine Bedeutung beigemessen wird. Laborchemische Untersuchungen sind zur Klärung der Dignität eines Schilddrüsenknotens im Kindesalter nicht hilfreich. Lediglich die Bestimmung des Kalzitonins im Serum kann bei Vorliegen eines medullären Schilddrüsenkarzinoms differenzialdiagnostisch wegweisend sein. Musste wegen eines Schilddrüsenkarzinoms eine Thyreoidektomie erfolgen, so lässt ein persistierendes oder erneut nachweisbares Serumthyreoglobulin auf einen Resttumor bzw. Rezidiv eines papillären Schilddrüsenkarzinoms schließen, für die initiale Diagnostik eines Schilddrüsenknotens ist dieser Parameter jedoch nicht von Bedeutung. Wichtigste Untersuchung zur initialen Evaluation eines Knotens ist nach der ausführlichen Anamnese und der gründlichen körperlichen Untersuchung die Schilddrüsensonografie. Sie sollte über Größe, Struktur, Form, Parenchymbeschaffenheit, Echogenität und die Durchblutung des Knotens Informationen liefern und Mikrokalzifikationen im Knoten identifizieren. Darüber hinaus können mittels der Sonografie verdächtige zervikale Lymphknoten detektiert werden. Einige sonografische Zeichen scheinen eher für ein malignes Geschehen zu sprechen.
Sonografische Zeichen, die bei der Beurteilung eines solitären Schilddrüsenknotens im Kindesalter beunruhigen
  • Mikrokalzifikationen
  • Hypoechogene Parenchymstruktur
  • Irregulärer, unscharfer Rand
  • Verminderte intranoduläre Durchblutung
  • Abnormale zervikale Lymphknoten
Zum jetzigen Zeitpunkt kann allerdings keine generelle Empfehlung gegeben werden, welches dieser sonografischen Zeichen am besten für die Beurteilung der Dignität eines Knotens geeignet ist. Die Ergebnisse der bisher zu diesem Thema veröffentlichten Publikationen sind unterschiedlich und teilweise nicht gut vergleichbar. Lassen sich sonografisch Zeichen für einen malignen Befund nachweisen, ist weitere Diagnostik erforderlich. Diese setzt eine enge Kooperation voraus, an der die Pädiatrische Endokrinologie, die Endokrine Chirurgie und die Pathologie beteiligt sind. Bei allen malignitätsverdächtigen Knoten sollte eine Feinnadelaspirationsbiopsie unter sonografischer Steuerung durchgeführt werden, wenn die Größe des Knotens dies zulässt. Dies gilt auch für Knoten mit weniger als einem Zentimeter Durchmesser, sofern anamnestisch Risikofaktoren zu erheben sind und die sonografische Untersuchung einen auffälligen Befund ergab.
Therapie
Bestätigt sich die Verdachtsdiagnose eines malignen Geschehens, erfolgt die operative Entfernung des Knotens. Bei nicht eindeutig auswertbarem Material in der Biopsie ist eine Wiederholung im Abstand von 3–6 Monaten anzuraten. Da der Anteil der falsch-negativen Biopsiebefunde ca. 10 % beträgt, sollten unbedingt regelmäßige sonografische Verlaufskontrollen erfolgen, wenn der Knoten nicht entfernt wurde. Während die molekulargenetische Untersuchung des Biopsats (Nachweis einer Mutation in einem Onkogen) bei Erwachsenen in zytologisch nicht eindeutig klassifizierbaren Fällen hilfreich ist, gibt es hierzu für pädiatrische Patienten noch nicht ausreichende Daten, sodass diese Methode derzeit noch nicht routinemäßig eingesetzt wird.
Eine Ausnahme machen Knoten, die mit einer hyperthyreoten Symptomatik und einem supprimierten TSH einhergehen. Hier sollte neben dem Ultraschall auch eine Schilddrüsenszintigrafie durchgeführt werden. Zeigt sich eine vermehrte Aufnahme des Radionuklids, so ist von einem autonomen Schilddrüsenadenom auszugehen und die operative Entfernung indiziert. Allerdings können in bis zu einem Drittel der autonomen Adenome Infiltrate eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms nachgewiesen werden, sodass eine gründliche Sonografie des Knoten und der umgebenden Lymphknoten präoperativ erfolgen muss.
Bei großen Knoten mit einem Durchmesser von mindestens 4 cm, schnell wachsenden Knoten, kosmetisch störenden Knoten sowie Knoten, die vom klinischen Aspekt her malignitätsverdächtig erscheinen, kann eine operative Entfernung erfolgen, auch wenn das Biopsieergebnis gegen ein malignes Geschehen spricht.
Grundsätzlich ist das therapeutische Vorgehen abhängig von der Dignität des Knotens. Besteht keinerlei Verdacht auf ein malignes Geschehen, so ist ein abwartendes Verhalten unter regelmäßiger sonografischer Kontrolle des Befundes ausreichend. Erscheint der Knoten maligne, so ist die Therapie chirurgisch. Das Ausmaß der Operation ist abhängig von der histologischen Untersuchung des Knotens. Bei benignen Knoten kann eine einseitige Lobektomie ausreichen. Besteht ein Schilddrüsenkarzinom, erfolgt üblicherweise eine Thyreoidektomie mit entsprechender Lymphknotenentfernung. Bei einem autonomen Adenom wird normalerweise eine Lobektomie durchgeführt. Wird in dem Adenom ein maligner Tumor nachgewiesen, ändert sich das Vorgehen und eine totale Thyreoidektomie mit Lymphknotenentfernung wird durchgeführt.

Schilddrüsenkarzinome

Definition
Man unterscheidet differenzierte (papilläre und follikuläre), medulläre, wenig differenzierte und undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome.
Epidemiologie
Schilddrüsenkarzinome im Kindes- und Jugendalter sind selten. Den überwiegenden Teil von ihnen machen mit ca. 90–95 % die differenzierten Schilddrüsenkarzinome aus, von denen wiederum die papillären, fast immer sporadisch vorkommenden Schilddrüsenkarzinome am häufigsten sind. Medulläre Schilddrüsenkarzinome machen etwa 4–10 % aller Schilddrüsenkarzinome bei Kindern aus. Sie können sowohl sporadisch als auch familiär, dann vor allem im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN), auftreten.
Ätiologie und Pathogenese
Zu Risikofaktoren, die zur Entwicklung eines Schilddrüsenkarzinoms beitragen können, Abschn. 5.1, Diagnostik. Insbesondere die Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, eine Vorgeschichte mit Z. n. Behandlung einer malignen Erkrankung (Z. n. Bestrahlung im Kopf- oder Halsbereich, Z. n. Chemotherapie) und familiäre Tumorprädispositionssyndrome, d. h. bekannte familiäre Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für Malignome einhergehen (z. B. Cowden-Syndrom, Gardner-Syndrom, Peutz-Jeghers-Syndrom, Carney-Komplex), sowie Immunthyreopathien und Schilddrüsenhormonsynthesedefekte sind zu erwähnen.
Diagnostik
Klinische Zeichen eines Schilddrüsenkarzinoms bei Kindern sind vor allem eine plötzlich neu auftretende und persistierende Heiserkeit oder Dysphagie. Bei der klinischen Untersuchung imponieren Schilddrüsenkarzinome als derbe, schlecht oder gar nicht schluckverschiebliche und meist nicht schmerzhafte Knoten im Bereich der Schilddrüse. Meistens sind auch zervikale Lymphknoten befallen. Sie sind dann vergrößert, von derber Konsistenz und ebenfalls nicht gut verschieblich. Zervikale Lymphknoten dieser Art können auch als erstes Zeichen eines Schilddrüsenmalignoms auffallen, ohne dass ein Knoten in der Schilddrüse zuvor bemerkt wurde. Weiterhin gilt es, auf die klinischen Zeichen der sog. Tumorprädispositionssyndrome (z. B. Neurome der Mundschleimhaut und Lippen bei MEN 2B) zu achten. Für die Diagnostik des Schilddrüsenkarzinoms hat die Schilddrüsensonografie sehr große Bedeutung. Bei jedem verdächtigen Schilddrüsenknoten sollte deswegen eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Zu sonografischen Malignitätskriterien, die verdächtig für einen malignen Befund sind, Abschn. 5.1, Diagnostik. In vielen Fällen gelingt es aber auch sonografisch nicht, die Dignität eines Knotens zu klären, sodass eine Feinnadelbiopsie und nachfolgend eine zytologische Untersuchung erfolgen müssen. Tumormarker sind für die Diagnostik des Schilddrüsenkarzinoms wenig hilfreich, können aber im Verlauf der Erkrankung gegebenenfalls von Nutzen sein (Abschn. 5.1).
Therapie
Beim Schilddrüsenkarzinom ist die Therapie chirurgisch. Üblicherweise erfolgt eine Thyreoidektomie mit entsprechender Lymphknotenentfernung. Bei Befall der lateralen und mediastinalen Lymphknoten wird eine Kompartment-orientierte Lymphadenektomie durchgeführt. Inwieweit eine postoperative Radiojodbehandlung indiziert ist, hängt vom Tumor und vom Tumorstadium ab. Grundsätzlich nehmen nur Metastasen von differenzierten Schilddrüsenkarzinomen Radiojod auf, da bei ihnen der Natriumjodtransporter exprimiert wird.
In jedem Fall muss die durch die Thyreoidektomie bedingte Hypothyreose medikamentös mit L-Thyroxin behandelt werden. Bei Patienten mit einem niedrigen Risiko für ein Rezidiv sollte es das Ziel sein, das Thyreotropin im Serum niedrig (0,1–0,4 mU/l) zu halten. Bei Hochrisikopatienten sollte das Serumthyreotropin im Verlauf unter 0,1 mU/l liegen. Regelmäßige sonografische Kontrollen (der zervikalen Lymphknoten) und gegebenenfalls die Bestimmung der Serumthyreoglobulin- (beim papillären Schilddrüsenkarzinom) bzw. -kalzitoninspiegel (beim medullären Schilddrüsenkarzinom) sind durchzuführen.
Verlauf und Prognose
Abhängig vom Tumor und vom Tumorstadium ist die Prognose des Schilddrüsenkarzinoms im Kindesalter meistens gut, auch wenn bei Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen bei Diagnosestellung häufiger bereits Lymphknoten- und Lungenmetastasen nachweisbar sind.
Weiterführende Literatur
Bauer A, Francis G (2016) Evaluation and management of thyroid nodules in children. Curr Opin Pediatr 28(4):536–544CrossRef
Chao M et al (2009) Radioiodine treatment for pediatric hyperthyroid Grave’s disease. Eur J Pediatr 168:1165–1169CrossRef
Essenmacher A et al (2017) Sonographic evaluation of pediatric thyroid nodules. Radiographics 37(6):1731–1752CrossRef
Groeneweg S et al (2017) Disorder of thyroid hormone transport into tissues. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 31(2):241–253CrossRef
Gucht A van et al (2017) Resistance to Thyroid Hormone due to heterozygous mutations in Thyroid Hormone Receptor Alpha. Curr Top Dev Biol 125:337–355
Lazar L et al. (2009) Natural history of thyroid function tests over 5 years in a large pediatric cohort. J Clin Endocrinol Metab 94(5):1678–1682. https://​doi.​org/​10.​1210/​jc.​2008-2615CrossRef
Pohlenz J et al (2015) Developmental abnormalities of the thyroid. In: Weiss RE, Refetoff S (Hrsg) Genetic diagnosis of endocrine disorders, 2. Aufl. Academic, London
Rivkees SA (2016) Controversies in the management of Graves’ disease in children. J Endocrinol Invest 39(11):1247–1257CrossRef
Sperling M (Hrsg) (2014) Pediatric endocrinology, 4. Aufl. Elsevier/Saunders, Philadelphia