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Pädiatrie
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Publiziert am: 01.04.2019

Nierentransplantation bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Burkhard Tönshoff
Prinzipiell ist bei jeder Form der terminalen Niereninsuffizienz im Kindesalter die Nierentransplantation die Behandlungsmethode der Wahl. In Deutschland erfolgt eine Nierentransplantation bei ca. 120 Kindern und Jugendlichen pro Jahr, entsprechend ca. 5 % der Gesamtzahl an Nierentransplantationen. Bei etwa 16 % der Patienten erfolgt eine präemptive Transplantation, d. h. ohne vorherige chronische Dialysetherapie und bei etwa 33 % eine Nieren-Lebendspende. Die präemptive Nierentransplantation nach Lebendspende führt zu den besten Behandlungsergebnissen und ist daher anzustreben.
Einleitung
Prinzipiell ist bei jeder Form der terminalen Niereninsuffizienz im Kindesalter die Nierentransplantation die Behandlungsmethode der Wahl. In Deutschland erfolgt eine Nierentransplantation bei ca. 120 Kindern und Jugendlichen pro Jahr, entsprechend ca. 5 % der Gesamtzahl an Nierentransplantationen. Bei etwa 16 % der Patienten erfolgt eine präemptive Transplantation, d. h. ohne vorherige chronische Dialysetherapie und bei etwa 33 % eine Nieren-Lebendspende. Die präemptive Nierentransplantation nach Lebendspende führt zu den besten Behandlungsergebnissen und ist daher anzustreben.
Indikationen und Kontraindikationen
Die Nierentransplantation als Behandlungsmethode der terminalen Niereninsuffizienz ist der chronischen Dialysetherapie in jedem Fall vorzuziehen. Komplikationen der Urämie und der Dialysetherapie können durch eine erfolgreiche Nierentransplantation vermieden oder zumindest verbessert werden. Dadurch wird insbesondere die Überlebenszeit im Vergleich zur Dialysetherapie deutlich gesteigert, aber auch die Lebensqualität erheblich verbessert. Auch entfallen die unter der Dialysetherapie notwendige Reduktion der Trinkmenge und die diätetische Einschränkung der Kalium-, Phosphat- und Kochsalzzufuhr. Der Wegfall der aufwendigen Dialysetherapie führt zur Normalisierung des Familienlebens, der Schulaktivität und der beruflichen Ausbildung. Durch die Beseitigung der Urämie verlaufen Wachstum und Pubertätsentwicklung wesentlich ungestörter.
Bei Kleinkindern wird von den meisten Transplantationszentren ein Körpergewicht von mindestens 8–10 kg gefordert, da sonst das Transplantat aus anatomischen Gründen nicht gefahrlos platziert werden kann. In Ausnahmefällen werden von spezialisierten Zentren jedoch auch Empfänger mit einem Gewicht von 6–10 kg akzeptiert.
Absolute Kontraindikationen im Kindesalter sind floride Infektionskrankheiten, nicht kurativ behandelte maligne Erkrankungen und schwerwiegende zusätzliche Erkrankungen (z. B. Herz- und Gefäßerkrankungen, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen), die entweder ein vitales Risiko bei der Transplantation darstellen oder den längerfristigen Transplantationserfolg infrage stellen. Bei Kindern mit einer schweren körperlichen oder geistigen Behinderung sollte eine Indikation zur Transplantation nur nach sorgfältiger Beurteilung der zu erwartenden allgemeinen Lebensprognose gestellt werden. Eine AB0-Blutgruppeninkompatibilität stellt heutzutage keine immunologische Kontraindikation mehr dar. Diese Patienten können nach entsprechender Vorbehandlung zur Entfernung der Isoagglutinine mit Immunadsorption und dem monoklonalen Anti-B-Zell-Antikörper Rituximab erfolgreich einer Nierentransplantation nach Lebendspende unterzogen werden.
Vorbereitung des Empfängers zur Transplantation
Zur Vorbereitung des Empfängers auf eine Nierentransplantation gehört die Abklärung von Risikofaktoren, die sowohl das Überleben des Patienten als auch die Funktionsdauer des Transplantats beeinträchtigen können. Die Voruntersuchungen erstrecken sich auch auf die Prüfung der Operabilität aus kardiopulmonaler Sicht und auf anatomische Besonderheiten insbesondere bezüglich des Gefäßstatus im kleinen Becken.
Vor einer Nierentransplantation sollte zunächst die renale Grundkrankheit festgestellt werden, da in manchen Fällen dadurch das spezifische weitere Vorgehen bestimmt wird. Bei Erkrankungen der ableitenden Harnwege (z. B. Harnröhrenklappe, neurogene Blasenentleerungsstörung) muss frühzeitig mit dem Kinderurologen ein Therapiekonzept erstellt werden. Eine sorgfältige Infektionsprophylaxe ist entscheidend vor einer geplanten Transplantation. Mögliche Infektionsherde (Harntrakt, Haut, Zähne, Nasennebenhöhlen) müssen saniert werden. Der Impfstatus des Kindes muss komplettiert werden, da unter Immunsuppression Lebendimpfstoffe (außer Varizellen) kontraindiziert und der Immunisierungserfolg von Totimpfstoffen oft fraglich ist. Bei der Abklärung des Empfängers ist auch die Frage nach besonderen immunologischen Risiken zu prüfen. Zur Vorbereitung auf eine Transplantation gehören auch eine eingehende Information und Gespräche mit dem Patienten und seinen Eltern über die praktische Durchführung des Eingriffs und die Nachsorge nach der Transplantation. Dies sollte frühzeitig, d. h. schon vor dem Beginn einer Dialysetherapie, erfolgen.
Befindet sich der Patient in einem transplantablen Zustand, erfolgt über das zuständige Transplantationszentrum die Anmeldung auf eine Warteliste, die für deutsche Zentren bei der Eurotransplant-Stiftung in Leiden (Niederlande), der mitteleuropäischen Verteilungszentrale für Spenderorgane, geführt wird. Die Organzuteilung erfolgt in erster Linie nach Kriterien der Histokompatibilität, in zweiter Linie nach Immunisierungsgrad und Wartezeit des Patienten. Kinder unter 16 Jahren und Jugendliche mit noch offenen Wachstumsfugen werden wegen der Gefahr von Störungen der körperlichen und seelischen Entwicklung unter Dialysetherapie bei der Organvergabe bevorzugt behandelt. Das Ziel einer baldigen Transplantation einer Verstorbenenniere kann im Kindesalter heute in vielen Fällen wegen der steigenden Zahl von Dialysepatienten, der in Deutschland vergleichsweise niedrigen Spenderrate und der dadurch ansteigenden Wartezeit bis zur Transplantation nicht erreicht werden. Die durchschnittliche Wartezeit für Kinder unter 16 Jahren liegt gegenwärtig in Deutschland bei 1,5–2,0 Jahren je nach Blutgruppe. Im Gegensatz zu Kindern werden Jugendliche ab 16 Jahren mit geschlossenen Wachstumsfugen bei der Organallokation von Eurotransplant gleich wie Erwachsene behandelt, sodass auch für sie die durchschnittliche Wartezeit derzeit 7–9 Jahre beträgt.
Lebendspende
Circa ein Drittel der Nierentransplantationen bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren werden mit Nieren lebender Spender, in der Regel der Eltern, durchgeführt. Eine Lebendtransplantation hat gegenüber einer Verstorbenenniere folgende Vorteile:
  • Der Nierenspender ist meistens jung und gesund.
  • Der Eingriff ist zeitlich gut planbar.
  • Die immunologische Verträglichkeit ist wegen der Haploidentität von Eltern und Kind gewöhnlich besser als bei Verwendung einer Verstorbenenniere, sodass die Dosis der verabreichten Immunsuppressiva und dementsprechend deren Nebenwirkungen geringer sind.
  • Es besteht keine Notwendigkeit einer längeren Organkonservierung, wodurch Struktur und Funktion des Transplantats besser erhalten bleiben.
Diese Faktoren tragen dazu bei, dass das 5-Jahres-Transplantatüberleben nach einer Lebendnierenspende um ca. 10 % besser ist als nach einer Verstorbenennierentransplantation. Zudem kann eine Lebendnierenspende leichter präemptiv, d. h. vor der Notwendigkeit einer Dialysetherapie erfolgen, sodass mögliche dialyseassoziierte Komplikationen vermieden werden können. Das Risiko für einen Lebendspender ist als sehr gering anzusehen: Die operationsassoziierte Mortalität beträgt ca. 0,025 % und spätere Komplikationen wegen der "Einnierigkeit" sind äußerst selten.
Operative Technik
Die operative Technik der Nierentransplantation ist gut etabliert. Das Organ wird in die linke oder rechte Fossa iliaca extraperitoneal transplantiert. Die A. renalis wird End-zu-Seit mit der A. iliaca communis (bei Kleinkindern mit der Aorta) oder End-zu-End mit der A. iliaca interna anastomosiert. Die V. renalis wird End-zu-Seit mit der V. iliaca (bei Kleinkindern mit der V. cava inferior) verbunden. Der Spenderureter wird mit einer antirefluxiven Implantationstechnik in die Blase eingepflanzt.
Immunsuppressive Therapie
Die immunsuppressive Therapie nach Nierentransplantation erfolgt mit einer Kombination von Medikamenten, die das Immunsystem auf verschiedenen Ebenen beeinflussen. Dadurch kann die Dosis des einzelnen Medikamentes reduziert, und Nebenwirkungen können besser vermieden werden. Zur immunsuppressiven Erhaltungstherapie eingesetzte Medikamente sind Calcineurininhibitoren (Tacrolimus, Ciclosporin A), Mycophenolatmofetil als wirksamerer Ersatz für das früher gebräuchliche Azathioprin, Inhibitoren des Mammalian target of rapamycin (mTOR) wie Sirolimus und Everolimus und Glukokortikoide (Prednison und Methylprednisolon). Daneben kommen zur Induktionstherapie bei Risikopatienten oder zur Therapie steroidresistenter Rejektionen polyklonale (Antithymozytenglobulin) oder monoklonale Antikörper (Basiliximab, Rituximab) zum Einsatz. Diese Immunsuppressiva greifen an unterschiedlichen Stellen in der Kaskade der Lymphozytenaktivierung und Proliferation an (Abb. 1), sodass eine Kombination dieser Medikamente sinnvoll ist. Die verwendeten Therapieprotokolle differieren abhängig vom Risikoprofil des Patienten und vom behandelnden Zentrum. In jedem Fall ist die Immunsuppression bei einem funktionstüchtigen Transplantat lebenslang fortzuführen.
Immunologische Komplikationen
Es gibt akute und chronische Reaktionen:
Akute Abstoßungsreaktion
Die Inzidenz akuter Abstoßungsreaktionen bei Kindern im 1. Jahr nach Nierentransplantation unter Einsatz moderner Immunsuppressiva beträgt derzeit 15–20 %. Die Verdachtsdiagnose einer akuten Abstoßungsreaktion wird aufgrund einer Kombination von klinischen, laborchemischen und sonografischen Parametern gestellt und muss durch eine Nierenbiopsie gesichert werden. Unter Ultraschallkontrolle ist eine Nierentransplantatbiopsie relativ gefahrlos möglich und nur mit einem sehr geringen Risiko (<1 ‰) eines Transplantatverlusts verbunden. Die klassischen klinischen Symptome einer akuten Abstoßungsreaktion wie Fieber und schmerzhafte Transplantatschwellung sind seit der Einführung von Ciclosporin A und Tacrolimus selten geworden. Umso wichtiger ist eine häufige Bestimmung des Serumkreatinins, d. h. mindestens täglich in den ersten 3 Wochen nach Nierentransplantation. Eine Erhöhung des Serumkreatinins um 20 % des Ausgangswertes muss differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Ursächlich kommen insbesondere infrage: Harnwegsinfektion, Harntransportstörung, Nephropathie durch den BK-Virus, systemische Infektion, akute oder chronische Rejektion, akute oder chronische Calcineurininhibitortoxizität. Bei Kleinkindern ist die Diagnose einer akuten Abstoßungsreaktion gegen Nieren von Erwachsenen wegen der relativ großen transplantierten Parenchymmasse und des dadurch verzögert ansteigenden Serumkreatinins im Vergleich zu älteren Kindern schwieriger. Die Indikation zur Nierentransplantatbiopsie ist daher großzügig zu stellen.
Chronische Transplantatrejektion
Die häufigste Ursache eines Nierentransplantatverlusts im Kindesalter ist derzeit die chronische Transplantatabstoßung, der immunologische und nichtimmunologische Ursachen zugrunde liegen. Durch verbesserte analytische Methoden ist in den letzten Jahren die Relevanz von Donor-spezifischen Antikörpern gegen HLA-Klasse-I- oder -II-Antigene erkannt worden, die eine akute oder chronische humorale Rejektion verursachen können. Es kann jedoch seltener auch eine chronische T-Zell-vermittelte Rejektion auftreten. An nichtimmunologischen Mechanismen sind insbesondere die arterielle Hypertonie und die glomeruläre Hyperfiltration zu nennen, jedoch von untergeordneter Bedeutung. Entscheidend für die differenzialdiagnostische Abgrenzung ist die histologische Untersuchung des Transplantats. Die genaue histopathologische Charakterisierung erfolgt ähnlich wie bei der akuten Abstoßung nach der standardisierten Banff-Klassifikation, die alle 2 Jahre aktualisiert wird. Da die therapeutischen Möglichkeiten bei der chronischen Transplantatrejektion begrenzt sind, kommt der Prophylaxe besondere Bedeutung zu. Viele späte Abstoßungsreaktionen sind Folge einer Unterimmunsuppression nicht zuletzt aufgrund einer unregelmäßigen Medikamenteneinnahme (Noncompliance) insbesondere bei Jugendlichen. Hier sind die engmaschige, vertrauensvolle ärztliche Führung sowie prophylaktische Schulungsmaßnahmen ein wichtiger Ansatzpunkt.
Nichtimmunologische Komplikationen
Zu den nichtimmunologischen Komplikationen gehören die akute tubuläre Nekrose, Transplantationsthrombosen, Infektionen und Tumoren, arterielle Hypertonie und Wachstumsstörungen:
Akute tubuläre Nekrose
Sie tritt in der Frühphase nach Transplantation bei ca. 5 % der Fälle nach Lebend- und 19 % nach Verstorbenennierentransplantation auf. Disponierende Faktoren sind neben spenderseitigen Ursachen:
  • eine lange (>24 Stunden) kalte Ischämiezeit, definiert als Dauer der extrakorporalen Organkonservierung in Hypothermie,
  • eine lange warme Ischämiezeit, definiert als Dauer von der Organentnahme bis zur Konservierung in Hypothermie und Wiedererwärmung des Organs vor Eröffnung der Anastomosen,
  • hypotensive Perioden während der Operation,
  • Dehydratation und
  • Hoch dosierter Einsatz von Katecholaminen.
Transplantatthrombose
Die arterielle oder venöse Thrombose des Transplantats ist die dritthäufigste Ursache für ein Transplantatversagen. Wichtige Risikofaktoren sind:
  • Alter des Transplantatspenders oder -empfängers unter 6 Jahren,
  • anatomische Besonderheiten beim Spender (z. B. multiple Nierenarterien) oder Empfänger,
  • eine vorbestehende Thrombophilie des Empfängers und
  • ein Blutdruckabfall während der Operation.
Der Prophylaxe dieser gefürchteten Komplikation durch eine risikoadaptierte Antikoagulation kommt eine besondere Bedeutung zu. Neu auftretende Makrohämaturie und/oder plötzlicher Rückgang der Diurese sind Warnsignale, erfordern eine sofortige dopplersonografische Darstellung der Transplantatgefäße und im Falle einer Thrombose die umgehende operative Revision.
Infektionen und Tumoren
Sie treten als Folge der immunsuppressiven Therapie gehäuft in den ersten Wochen nach Transplantation auf. Eine Infektion mit dem BK-Polyoma-Virus wird häufig mit dem Nierentransplantat übertragen oder kann selten auch in den Eigennieren reaktiviert werden. Eine BK-Polyoma-Virusinfektion ruft in ca. 16 % der Fälle eine interstitielle Nephritis im Transplantat hervor, die unbehandelt zu einem progredienten Transplantatversagen führen kann. Da eine spezifische antivirale Therapie derzeit nicht zur Verfügung steht, kommt einem regelmäßigen Screening auf eine Virusreplikation im Plasma und bei positivem Nachweis einer Reduktion der medikamentösen Immunsuppression die entscheidende Bedeutung zu. Auch virale Infektionen mit Herpesviren sind eine gefürchtete Komplikation. Zytomegalovirus-Infektionen treten insbesondere bei seronegativen Empfängern eines seropositiven Transplantates auf, können jedoch auch bei seropositiven Empfängern durch Reaktivierung oder Zweitinfektion mit einem anderen Serotyp entstehen. Bei Risikokonstellation ist eine Chemoprophylaxe mit Valganciclovir in den ersten 3 Monaten nach Transplantation indiziert. Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus sind bei Transplantatempfängern ebenfalls häufig und verlaufen in der Regel asymptomatisch. Unter einer sehr potenten immunsuppressiven Therapie z. B. mit lymphozytendepletierenden Antikörpern ist jedoch, insbesondere bei einer Epstein-Barr-Virus-Neuinfektion und Empfängern im Kleinkindesalter, das Risiko für eine lymphoproliferative Erkrankung erhöht, die auch als „post-transplant lymphoproliferative disease“ (PTLD) bezeichnet wird. Diese gefürchtete Komplikation tritt jedoch relativ selten auf mit einer Inzidenz von ca. 2 %. Andere Malignome als Folge der immunsuppressiven Therapie, wie z. B. Hauttumoren sind im Kindesalter noch seltener zu beobachten.
Arterielle Hypertonie
In der Spätphase nach Transplantation ist häufig eine arterielle Hypertonie zu beobachten. Da sie neben den bekannten Risiken wie hypertensive Enzephalopathie und langfristige kardiovaskuläre Morbidität einen wichtigen Risikofaktor für die Progredienz einer chronischen Transplantatdysfunktion darstellt, muss sie konsequent abgeklärt und therapiert werden (Kap. „Renale Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen“).
Wachstumsstörung
Eine Störung des Längenwachstums nach Nierentransplantation ist teils auf die immunsuppressive Therapie mit Glukokortikoiden und teils auf eine eingeschränkte Transplantatfunktion zurückzuführen. Neuere Therapieprotokolle mit modernen Immunsuppressiva erlauben bei Patienten mit niedrigem oder mittlerem immunologischem Risiko ein Ausschleichen der Steroide 6–12 Monate nach Transplantation oder auch ein frühzeitiges Absetzen nach potenter Induktionstherapie mit Lymphozyten-depletierenden Antikörpern wie Thymoglobulin. Wenn auf Steroide nicht verzichtet werden kann, eine alternierende Steroidtherapie (d. h. Applikation an jedem 2. Tag) das Wachstum nicht nachhaltig verbessert oder die Transplantatfunktion bereits deutlich (glomeruläre Filtrationsrate <40 ml/min/1,73 m2 KOF) eingeschränkt ist, kann eine Therapie mit rekombinantem humanem Wachstumshormon erwogen werden.
Ergebnisse der Nierentransplantation
Die 1-Jahres-Patientenüberlebensrate liegt gegenwärtig nach den Daten der North American Pediatric Renal Trials and Collaborative Studies (NAPRTCS) bei Lebend- bzw. bei Verstorbenen-Nierenspenden bei 98 % bzw. 97 %, die 5-Jahres-Überlebensrate bei 96 % bzw. 93 %. Die häufigsten Todesursachen sind Infektionen (40 %), kardiopulmonale Erkrankungen (13 %) und Malignome (10 %). Insgesamt ist das Patientenüberleben im Kindesalter nach Nierentransplantation deutlich günstiger als unter einer Langzeit-Dialysetherapie.
Die Überlebensrate der Transplantate hat sich in den letzten Jahren insbesondere bei Verstorbenennierentransplantationen erheblich gebessert. Derzeit kann bei pädiatrischen Patienten in Europa, Nordamerika und Australien mit einer 5-Jahres-Transplantatüberlebensrate von 90 % nach Lebendspende und von 82 % nach Verstorbenenspende gerechnet werden (Abb. 2).
Nachsorge
Für den Erfolg einer Nierentransplantation ist nicht zuletzt eine intensive Nachsorge in spezialisierten pädiatrischen Transplantationseinrichtungen in Zusammenarbeit mit dem betreuenden Kinderarzt oder Hausarzt entscheidend. Es ist empfehlenswert, bestimmte Untersuchungen in regelmäßigen Abständen routinemäßig durchzuführen, um Komplikationen frühzeitig zu erfassen. Ein wichtiger Punkt ist auch die Überprüfung der Medikamenten-Compliance insbesondere bei jugendlichen Patienten. Neben den medizinischen Problemen müssen auch psychosoziale Aspekte für eine umfassende familiäre, schulische und berufliche Rehabilitation adäquat berücksichtigt werden. Einem geregelten Übergang in die Erwachsenenbetreuung (sog. Transition) kommt eine erhebliche Bedeutung zu.
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