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Pädiatrie
Info
Publiziert am: 15.11.2019

Perinatal und postnatal erworbene Infektionen

Verfasst von: Andreas Müller, Peter Bartmann und Christoph Härtel
Perinatal und postnatal erworbene Infektionen des Früh- und Neugeborenen umfassen ein breites Spektrum an bakteriellen, fungalen und viralen Erregern. Die bakteriellen Infektionen des Neugeborenen lassen sich in systemische Entzündungsreaktionen (klinische Sepsis; systemic inflammatory response syndrome, SIRS), eine Sepsis oder Lokal- und Organinfektionen unterscheiden. Die frühe Infektion (Early-onset-Sepsis) tritt in den ersten 72 Lebensstunden auf, wird vor allem von B-Steptokokken und E. coli verursacht und von der späten Infektion (Late-onset-Sepsis) unterschieden, die beim reifen Neugeborenen ebenfalls durch B-Streptokokken und bei Frühgeborenen unter Intensivbehandlung durch verschiedene nosokomiale grampositive und gramnegative Bakterien verursacht wird. Pilzinfektionen werden selten bei Frühgeborenen beobachtet und meist durch Candida spp. verursacht. Gleiches gilt für Virusinfektionen, bei denen insbesondere die Herpes-simplex-Infektion gefürchtet ist.

Bakterielle Infektionskrankheiten des Neugeborenen

Grundlagen

Definitionen
Bakterielle Infektionskrankheiten des Neugeborenen lassen sich in
  • Lokal- und Organinfektionen,
  • systemische Entzündungsreaktionen (klinische Sepsis; systemic inflammatory response syndrome, SIRS) oder
  • eine Sepsis unterscheiden.
Bei Lokalinfektionen ist nur ein Organ betroffen. Beim SIRS finden sich klinische Zeichen einer Sepsis, die Blutkultur ist aber steril, während bei der Sepsis definitionsgemäß der Erreger in einer Blutkultur isoliert werden kann. Bakteriämie bezeichnet nur den Nachweis von Bakterien im Blut, im Englischen wird dieser Begriff synonym mit Sepsis verwendet.
Epidemiologie
1,1–2,7 % der Lebendgeborenen entwickeln eine klassische Sepsis. Nach einem vorzeitigen Blasensprung erkranken 3–5 % der Neugeborenen an einer Infektion. Etwa die Hälfte der neonatalen Infektionen ist mit einem vorzeitigen Blasensprung assoziiert. Ein besonders hohes, und mit sinkendem Gestationsalter steigendes, Infektionsrisiko haben Frühgeborene unter 32 SSW. Sind Schwangere mit Streptokokken der Gruppe B besiedelt und bestehen sonst keine geburtshilflichen Risiken, so erkranken ca. 0,5 % ihrer Neugeborenen. Besteht zusätzlich ein Amnioninfektionssyndrom, steigt das Infektionsrisiko um den Faktor 5–11.
Abhängig vom Zeitpunkt wird eine Sepsis mit frühem Beginn innerhalb der ersten 72 Lebensstunden (early onset) von einer Sepsis mit späterem Beginn nach 3 Lebenstagen (late onset) definiert. Unterschiede liegen neben dem Zeitpunkt und dem Übertragungsweg vor allem im Spektrum der häufigsten Infektionserreger (siehe unten).
Ätiologie
Erreger, die innerhalb der ersten 3 Lebenstage zur Infektion führen, entstammen meist der mütterlichen Rektovaginalflora. β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B sind die häufigsten Erreger. Es folgen: E. coli, Staph. aureus, Klebsiellen, Enterokokken, Streptokokken anderer Gruppen und Listeria monozytogenes. 2–5 % der Infektionen sind durch Anaerobier bedingt, insbesondere Bacteroides fragilis.
Beginnt die Symptomatik später als 72 Stundenh nach Geburt, handelt es sich bei stationär behandelten Früh- und Neugeborenen um eine nosokomiale (horizontale) Infektion, d. h. der Erreger entstammt der Flora des Kindes und/oder der Umgebung. Am häufigsten werden grampositive Kokken wie koagulasenegative Staphylokokken, allen voran Staph. haemolyticus und Staph. epidermidis sowie Staph. aureus nachgewiesen. Gramnegative Keime, zumeist Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter, Serratien und Klebsiellen, sind seltener und treten meist als Kleinraumepidemien auf. Pilzinfektionen, z. B. Candida albicans, sind zwar die Ausnahme, müssen aber bei beatmeten und sehr unreifen Frühgeborenen vor allem nach längerer antibiotischer Therapie und/oder parenteraler Ernährung in Betracht gezogen werden.
Die Inkubationszeit einer bakteriellen Infektion ist nicht definierbar. Infektionen durch Streptokokken der Gruppe B beginnen meist unmittelbar nach der Geburt bis in den ersten 3 Lebenstagen. Für E.-coli-Infektionen ist der Beginn am 2.–3. Lebenstag typischer.
Pathogenese und Pathologie
Risikofaktoren einer bakteriellen Sepsis können in mütterliche/geburtshilfliche, erregerbedingte und kindliche Pathogenitätsfaktoren unterteilt werden.
Risikofaktoren für neonatale Infektionen
1.
Geburtshilfliche Risikofaktoren
  • Amnioninfektionssyndrom
  • Fieber sub partu
  • Vorzeitiger Blasensprung
  • Sepsis der Mutter
  • Protrahierte Geburt
  • Grünes Fruchtwasser
  • Mütterliche Harnwegsinfektion
 
2.
Risikofaktoren des Kindes
  • Unreife
  • Atemnotsyndrom
  • Parenterale Ernährung
  • Intravasale Katheter
  • Mangel humoraler Antikörper
  • Wunden der Haut/Defekte der Schleimhaut
 
3.
Erregerbedingte Risikofaktoren
  • Kapselpolysaccharide
  • Oberflächenproteine
  • Adhäsine
  • Endotoxin
  • Extrazelluläre Toxine
  • Kachektin
 
Mütterliche Risikofaktoren für eine Infektion des Kindes sind sämtliche Kriterien, die auf eine mütterliche Infektion hindeuten. Beim vorzeitigen Blasensprung kommt es leicht zur Aszension der Keime aus der mütterlichen Rektovaginalflora. Dies ist auch bei intakter Fruchtblase möglich. Das Risiko ist erhöht bei vorzeitigem Blasensprung von >18 Stunden (>12 Stunden beim Frühgeborenen) oder Komplikationen, z. B. Frühgeburt, perinatalem Schock des Neugeborenen, protrahierter Geburt oder Mekoniumaspirationssyndrom. Eine Tachykardie des Feten von >180/min macht es höchst wahrscheinlich, dass ein Neugeborenes bereits intrauterin infiziert wurde. Die Inhalation oder Ingestion infizierten Fruchtwassers begünstigt eine Besiedlung der Atemwege, des Magens und des Dünndarms und von dort ausgehend eine Sepsis des Neugeborenen. Über Bakteriämie oder fokale Ausbreitung kann es zur Absiedlung der Erreger mit folgender Organinfektion wie Otitis media, Meningitis, Pneumonie, Osteomyelitis, Harnwegsinfektion etc. kommen.
Die diaplazentare Übertragung von Antikörpern durch die Mutter beginnt im 2. Trimenon und korreliert mit dem Gestationsalter. Die Opsonisierung und damit Phagozytose von Erregern ist deshalb insbesondere bei sehr kleinen Frühgeborenen verzögert. Die Erreger setzen Zellwandbestandteile wie Endotoxin, Polysaccharide, Exotoxine oder andere Mediatoren der Entzündungsreaktion frei, wie Kachektin, Interleukin-1 etc. Damit wird die Kaskade der Entzündungsreaktion durch Zytokine (z. B. TNF-α, IL-1, IL-6 u. a.) mit Permeabilitätsstörungen der Kapillaren, Exsudation von Eiweißen ins Gewebe oder die Alveolen der Lunge, Blutdruckabfall, Kardiotoxizität etc. getriggert. Folge ist ein SIRS. Zytokine werden aber infolge einer Vielzahl verschiedener Noxen ausgeschüttet – so unter Umständen auch durch den Geburtsstress allein. Es ist nicht geklärt, ob ein Amnioninfektionssyndrom auch über mütterliche Zytokine (z. B. IL-6, IL-8), die diaplazentar auf den Fetus übertragen werden, eine fetale Entzündungsreaktion (fetales SIRS) auslösen kann, die aber dann nicht durch eine fetale Infektion bedingt ist. Die klinischen Symptome und neurologischen Spätschäden (Kap. „Grundlagen der Neonatologie“) des fetalen SIRS entsprechen denen einer Sepsis. Deswegen sind die klinischen Symptome des SIRS nicht spezifisch und beweisen nicht a priori eine Infektion.
Klinische Symptome und Verlauf
Die klinischen Symptome richten sich nach den betroffenen Organen und der Ausbreitung der Infektion.
SIRS und Sepsis
Zu Beginn einer bakteriellen Infektion beim Neugeborenen ist die Symptomatik häufig unspezifisch und entspricht dem einer systemischen Entzündungsreaktion (systemic inflammatory response syndrome, SIRS). Klinisch fällt häufig nur auf, dass das Kind hypoton und weniger responsiv ist. Aus diesem Grund hat der klinische Eindruck: „Das Kind sieht nicht gut aus“ oder „Das Kind gefällt mir heute gar nicht“ zwar eine sehr geringe Spezifität, aber eine hohe Sensitivität in der Diagnostik einer beginnenden Infektion. Meist beruht dieser Eindruck auf einer gestörten Hautperfusion (Rekapillarisierungszeit >3 sec) oder einer auffälligen Atmung, wie Tachypnoe, Dyspnoe, Stöhnen oder Apnoen. Bevor bei einem reifen Neugeborenen die Diagnose eines idiopathischen Atemnotsyndroms gestellt wird, muss deswegen immer erst eine bakterielle Infektion ausgeschlossen werden.
Infizierte Neugeborene können bis 39 °C oder darüber fiebern. Frühgeborene weisen dagegen eher eine auffällige Temperaturlabilität (Fieber oder Untertemperatur) oder eine Temperaturdifferenz von >2 °C zwischen rektal oder der Peripherie (z. B. am Fuß) auf.
Im Übrigen sind die in Tab. 1 aufgeführten Symptome hinweisend auf eine Infektion eines Neu- bzw. Frühgeborenen. Keines dieser Symptome, abgesehen von Hauteffloreszenzen wie Pusteln, Abszessen oder Omphalitis, beweist aber eine Infektion. Keines dieser Symptome ist also ein spezifischer, wohl aber sind die Symptome sensitive Hinweise auf eine Infektion.
Tab. 1
Klinische Zeichen einer Sepsis des Neugeborenen
Betroffene Organe
Klinische Zeichen
Allgemeinzustand
„Das Kind sieht nicht gut aus“, „Das Kind gefällt mir heute gar nicht“, Trinkschwäche, Hypothermie oder Fieber, Berührungsempfindlichkeit
Herz, Kreislauf
Tachykardie >160 Schläge/min, Blässe, Zentralisation mit schlechter Hautperfusion, Rekapillarisierungszeit >3 sec, arterielle Hypotonie
Thorakale Einziehungen, Stöhnen, Apnoe, Dyspnoe, Tachypnoe; erhöhter Sauerstoffbedarf beim reifen Neugeborenen
Haut, Weichteile
Blässe, Zyanose, Petechien, Pusteln, Abszesse, Omphalitis, Paronychie, Ikterus, Ödeme, Blutungen
Magen-Darm-Trakt
Geblähtes Abdomen, Erbrechen, verzögerte Magenentleerung, Obstipation, Diarrhö, Nahrungsverweigerung, fehlende Darmgeräusche
ZNS
Lethargie oder Irritabilität, Muskelhypotonie oder -hypertonie, Krampfanfälle, gespannte Fontanelle
Spätsymptome einer bakteriellen Infektion können sein: Ikterus (>10 % konjugiertes Bilirubin), Laktat >2 mmol/l, Hepatosplenomegalie, Thrombozytopenie (<100/nL), Petechien, Ekchymosen und die Zeichen einer Verbrauchskoagulopathie (Abb. 1). Finalzeichen sind ein manifester septischer Schock mit Blutdruckabfall, graublassem Aussehen und metabolischer Azidose.
Meningitis
Die klinischen Zeichen einer Meningitis beim Neugeborenen sind unspezifisch und unterscheiden sich nicht von einer Sepsis. Die klassischen Zeichen des Meningismus des älteren Kindes, wie Nackensteifigkeit und Opisthotonus, fehlen. Hinweise können eine gespannte Fontanelle, Erbrechen, ausgeprägte Apnoen, Krampfanfälle, überstreckte Haltung oder Vigilanzstörung sein. Im Schädelsonogramm können neben einem Hydrozephalus eine Ventrikulitis oder Abszesse zu erkennen sein. Häufige Residuen einer Meningitis sind Schwerhörigkeit, ein Hydrozephalus oder subdurale Ergüsse.
Osteomyelitis
Eine Osteomyelitis beim Neugeborenen verläuft anfangs blande. Besonders häufig sind die Metaphysen der langen Röhrenknochen befallen. In ca. 10 % der Fälle finden sich klinisch stumme Zweitherde. Oft fällt nur eine schmerzbedingte Schonhaltung bzw. Schmerzen bei passiver Bewegung einer Extremität auf, z. B. beim Wechseln der Windeln (Pseudoparalyse). Eine Osteomyelitis des Arms ist leicht mit einer Erb-Plexusparese zu verwechseln. Klinisch können eine Rötung, Schwellung und Funktionseinschränkung bestehen. Oft bricht eine in der Metaphyse der langen Röhrenknochen beginnende Osteomyelitis ins benachbarte Gelenk ein, mit nachfolgender Schwellung und Rötung, schmerzhafter Bewegungseinschränkung und eitrigem Erguss des Gelenks. Auch die Osteomyelitis ist heute dank früher und konsequenter antibiotischer Therapie selten geworden.
Infektionen der Haut und der Weichgewebe
Infektionen der Haut manifestieren sich als Pusteln, Impetigo mit Blasen trüben oder eitrigen Inhalts, Abszessen (Rötung und Schwellung) der Haut, der Brustdrüse oder der Kopfhaut, z. B. nach der Verwendung von Skalp-Elektroden sub partu (Abb. 2). Eine Infektion des Nabels zeigt sich als eine auf die Bauchhaut übergreifende Rötung mit wässriger oder eitriger Sekretion oder schmierig eitrigen Belägen. Jede zu Beginn lokalisierte und blande Infektion der Haut kann rasch zu einer Sepsis fortschreiten. Sind die Erreger Streptokokken der Gruppe A oder B, droht eine nekrotisierende Fasziitis mit rascher Progredienz und ausgedehnten Nekrosen der Haut, Subkutis und Muskulatur. In seltenen Fällen manifestieren sich Infektionen mit Staphylococcus aureus als staphylococcal scalded skin syndrome (SSSS) an der Haut (Abb. 3).
Harnwegsinfektionen
Harnwegsinfektionen werden beim Neugeborenen häufig übersehen, weil danach zu selten gesucht wird. Bei der Early-onset-Sepsis ist eine Bakteriurie meist sekundär, während bei Sepsisverdacht >72 Stunden ein primärer Fokus in den Harnwegen ausgeschlossen werden sollte. Die klinischen Symptome unterscheiden sich nicht von denen einer Sepsis. Unter Umständen fallen Schreien bei Miktion (Dysurie) oder ein übel riechender Urin als diagnostisch wegweisende Symptome auf.
Pneumonie
Die klinischen Zeichen einer Pneumonie sind identisch mit denen einer Sepsis. Dies ist plausibel, da Ausgangspunkt einer Sepsis des Neugeborenen oft primäre Infektionen der Atemwege sind. Wegweisend sind Symptome der Ateminsuffizienz, wie Dyspnoe, Nasenflügeln, lautes Stöhnen, thorakale Einziehungen, vermehrtes Sekret, Zyanose und Hyperkapnie. Auskultatorisch lassen sich initial nur selten feuchte oder trockene Rasselgeräusche nachweisen.
Nosokomiale Infektionen
Nosokomiale Infektionen treten definitionsgemäß nach einem Lebensalter von 72 Stunden auf. Die Erreger entstammen teils der Umgebungsflora einer Klinik und werden meist über die Hände der Betreuer auf das Neugeborene übertragen. Alternativ entstammen die Erreger der bakteriellen Besiedlung des Patienten selbst. Vor allem Katheterinfektionen bei parenteraler Ernährung und Pneumonien infolge einer Beatmung haben eine große Bedeutung.
Erreger einer Gefäßkatheter-assoziierten Infektion sind meist koagulasenegative Staphylokokken, seltener Staph. aureus, gramnegative Keime wie Serratia spp., Enterobacter spp., Pseudomonas aeruginosa u. a., selten sind Pilze, allen voran Candida spp. Die Symptome einer Katheterinfektion beginnen meist schleichend. Wegweisend sind Lethargie, geblähtes Abdomen, Apnoen, Fieber oder Temperaturinstabilität des Frühgeborenen (Tab. 1). Selten ist eine bei Palpation schmerzhafte Rötung der Haut (Thrombophlebitis) im Verlauf des Katheters zu sehen.
Eine nosokomiale Pneumonie bei Beatmung eines Frühgeborenen kündigt sich mit einer Verschlechterung der Beatmungsparameter an. Das Trachealsekret wird reichlicher, trüber oder gelblich gefärbt. Radiologisch finden sich frische Infiltrationen. Nur selten husten die erkrankten Säuglinge, Apnoen fallen beim intubiert beatmeten Neugeborenen kaum auf, wohl aber bei Kindern unter CPAP(continuous positive airway pressure)-Atemunterstützung.
Diagnose
Die Diagnose stützt sich auf die Labordiagnostik.
Blutbild
Eine Leukozytopenie mit einer Leukozytenzahl <5,0/nl oder Granulozytopenie <2,0/nl und (eingeschränkt) eine Leukozytose >30,0/nl nach Abzug der Normoblasten sind ein Hinweis auf eine bakterielle Infektion. Dabei ist eine Leukozytopenie mit einer Leukozytenzahl <5,0/nl bzw. neutrophile Granulozyten <1,75/nl (außer bei Mangelgeborenen) praktisch beweisend, allerdings nicht sehr häufig, da es sich eher um Zeichen einer fortgeschrittenen Infektion handelt. Dies gilt zuverlässig aber nur für die ersten 4–5 Lebenstage, da anschließend die Leukozytenzahlen auch bei gesunden Neugeborenen abfallen.
Spezifität und Sensitivität einer Linksverschiebung sind altersabhängig. So ist ein I/T-Wert von >0,2 bis >0,4 (I/T, immature/total: Stabkernige/Gesamtzahl der neutrophilen Granulozyten) am 1. Tag nach Geburt zwar ein sensibler, aber wenig spezifischer Hinweis auf eine Infektion, da dies auch bei einem gesunden Neugeborenen – wohl infolge des Geburtsstresses – auftreten kann.
Weitere Laborparameter
Die Labordiagnostik bakterieller Infektionen hat in den letzten Jahren einen Wandel erfahren. Blutbild und Differenzialblutbild haben stark an Bedeutung verloren. Die Messung der proinflammatorischen Zytokine, meist IL-6 oder IL-8, die heute auch im Notfall-Labor verfügbar ist, zeigt bereits 1–2 Stunden nach Inflammationsbeginn pathologische Werte. Procalcitonin (PCT) und das C-reaktive Protein (CRP) benötigen dagegen 4–8 bzw. 12–24 Stunden. Sensitivität und Spezifität dieser Parameter sind stark abhängig von Art der Infektion und Zeitpunkt des Inflammationsbeginns. Die Kombination von 2 oder 3 Parametern und eine Wiederholung der Messung nach 12–14 Stunden verbessert die Genauigkeit der Diagnose. Die unterschiedlichen Normalwerte in Abhängigkeit von postnatalem Lebensalter und Reifegrad sind zu beachten (AWMF-Leitlinie 024-008).
Unspezifische Laborwerte und Befunde bei einer bakteriellen Infektion sind eine Hypo- oder Hyperglykämie, eine Glukosurie, Hyponatriämie, Hypokalzämie, Hypophosphatämie und vor allem eine metabolische Azidose.
Erregersuche/Kultur
Wichtig für die gezielte antibiotische Therapie der Infektion ist es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Erreger zu identifizieren. Dazu ist es hilfreich, zunächst die Keime zu erfassen, gegenüber denen das Neugeborene pränatal exponiert gewesen ist und die deswegen in erster Linie als Infektionserreger infrage kommen.
Ein Zervix- oder Vaginalabstrich der Mutter ist diagnostisch wertvoll, wenn Zeichen eines Amnioninfektionssyndroms wie Fieber der Mutter vor der Geburt, vorzeitige Wehentätigkeit, vorzeitiger Blasensprung oder eine Leukozytose mit einer Leukozytenzahl >15,0/nl oder ein CRP >2,0 mg/dl vorliegen.
Beim Neugeborenen können die Keime der mütterlichen Rektovaginalflora im Gehörgang bzw. im Magensaft nachgewiesen werden. Es ist deshalb informativ, unmittelbar nach Geburt bei Infektionsverdacht Ohrabstriche und/oder den Magensaft, bei Beatmung auch Trachealsekret, bakteriologisch zu untersuchen. Keimnachweise in diesen Abstrichen sind aber nur in Zusammenhang mit einer entsprechenden klinischen Symptomatik oder mit pathologischen Laborwerten des Neugeborenen von Bedeutung und erleichtern dann die kalkulierte antibiotische Therapie.
Unabdingbar bei Verdacht auf eine Infektion sind eine aerobe und, bei abdominalen Infektionen oder bei übel riechendem Fruchtwasser möglichst zusätzlich, eine anaerobe Blutkultur vor Beginn einer Antibiotikatherapie. Das ideale Verhältnis von Blut zu Kulturmedium beträgt 1:10. Auch bei optimaler Technik findet sich nur bei höchstens 20 % der aufgrund klinischer Symptome diagnostizierten „Infektionen“ (SIRS) eine positive Blutkultur.
Im Urin weist ein positiver Kulturbefund nur dann auf eine Infektion hin, wenn der Urin durch eine suprapubische Blasenpunktion oder Katheterisierung gewonnen worden ist. Die Gewinnung eines Mittelstrahlurins ist beim Neugeborenen technisch fast nie möglich.
Liquordiagnostik
Eine Meningitis bei einem Neugeborenen kann nur durch eine Lumbalpunktion ausgeschlossen oder bewiesen werden. Die Liquordiagnostik bei Meningitisverdacht umfasst Zellzahl mit Differenzierung, Eiweiß-, Glukose- und evtl. Laktatkonzentration, IL-6 sowie Blutzucker. Hinweisend auf eine Meningitis sind:
  • >0,1 Zellen/nl, davon meist >90 % Granulozyten,
  • eine Liquorglukose von <40 % der Blutglukose und
  • eine Eiweißerhöhung von >150 mg/dl.
Der diagnostische Vorteil einer Lumbalpunktion zum Nachweis der heute insgesamt seltenen Meningitis muss allerdings kritisch gegenüber der Belastung bei instabilen Frühgeborenen durch die Lumbalpunktion abgewogen werden. Ist die Meningitis eher unwahrscheinlich, und das gilt bei sehr frühem Erfassen der Symptome, normalem CRP-Wert und blandem Verlauf der Infektion, kann im individuellen Fall auf die Lumbalpunktion verzichtet werden.
Prophylaxe
Gesichert ist der prophylaktische Wert einer Gabe von Penicillin G intrapartal an Schwangere, die mit Streptokokken der Gruppe B besiedelt sind. Bezüglich des detaillierten Vorgehens wird auf die entsprechende AWMF-Leitlinie 024-020 verwiesen. Durch ihre konsequente Anwendung konnte die Zahl der an einer B-Streptokokken-Infektion erkrankten Neugeborenen in den vergangenen Jahren um >75 % gesenkt werden.
Die Gabe von Immunglobulinen an Neu- oder Frühgeborene zur Prophylaxe nosokomialer Infektionen ist aufgrund der derzeit vorliegenden Datenlage nicht sinnvoll oder erforderlich.
Therapie
Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist der frühzeitige Beginn beim ersten klinischen Verdacht (ohne auf den Erhalt von Laborresultaten zu warten) und vor Entwicklung des septischen Schocks. Zum Therapiebeginn ist der Erreger einer Sepsis noch nicht bekannt – die Wahl des Antibiotikums erfolgt also empirisch.
Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:
  • Das Erregerspektrum ist altersabhängig (siehe oben).
  • Listerien und Enterokokken werden von Cephalosporinen nicht erfasst.
  • Sowohl Aminopenicillin/Aminoglykosid- als auch Cephalosporin/Aminopenicillin-Kombinationen erfassen meist nicht Anaerobier, wie B. fragilis oder koagulasenegative Staphylokokken, Enterobacter spp. und Pseudomonas spp.
  • E. coli ist bis zu 40 % ampicillinresistent.
  • Aminoglykoside penetrieren schlecht in Liquor und Gewebe und sind deshalb als einzig wirksames Antibiotikum in einer Kombination, z. B. bei einer Meningitis, nicht ausreichend.
  • Der Einfluss der antibiotischen Therapie auf die bakterielle Besiedlung der Neugeborenen und folgende nosokomiale Infektionen: Nach einer Therapie mit Cephalosporinen werden häufig gramnegative ESBL-Bildner, wie Enterobacter, Pseudomonaden selektioniert, allerdings auch grampositive Bakterien, wie koagulasenegative Staphylokokken und Enterokokken.
Zur Wahl steht die Kombination eines Aminopenicillins (z. B. Ampicillin) bzw. Acylaminopenicillins (z. B. Piperacillin), in der Regel zusammen mit einem β-Laktamase-Inhibitor, wie Clavulansäure oder Tazobactam, sowie als weiterem bakterizidem Antibiotikum ein Aminoglykosid. Die Kombination mit einem Cephalosporin, z. B. der 3. Generation, statt mit einem Aminoglykosid birgt Risiken. Der Einsatz von Cephalosporinen bei Frühgeborenen erhöht nicht nur das Risiko für das Auftreten einer nachfolgenden Pilzsepsis, sondern stellt wahrscheinlich auch ein Risiko bei der Primärbehandlung einer neonatalen Sepsis dar. Clark und Mitarbeiter konnten bei einer großen Kohorte von 128.914 Neugeborenen zeigen, dass die primäre Behandlung mit einem Ampicillin/Cefotaxim-Regime ein um 50 % höheres Mortalitätsrisiko als der Einsatz von Ampicillin/Gentamicin aufwies. Diese Beobachtung galt für jedes Gestationsalter.
Unverzichtbar bei der Auswahl der wirksamsten Antibiotikakombination ist die Kenntnis der lokalen Resistenzlage. Diese ist nur über eine regelmäßige Surveillance des Infektionsgeschehens auf einer Station zu erlangen. Zu beachten sind hier die ständig aktualisierten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert Koch-Instituts (RKI). Hier finden sich inzwischen für alle im klinischen Alltag wichtigen Situationen evidenzbasierte oder zumindest auf Expertenmeinungen beruhende Empfehlungen. Eine Übersicht über die allgemeine Resistenzlage klinisch relevanter Krankheitserreger ist über die Antibiotika Resistenz Surveillance Datenbank des RKI zu erhalten.
Für den klinischen Alltag wird das Auftreten multiresistenter Stämme von zunehmender Bedeutung. Dabei wird die Resistenz gegenüber einem Leitantibiotikum, wie Methicillin oder Vancomycin (MRSA = methicillinresistenter Staphylococcus aureus, VRE = vancomycinresistente Enterokokken), da sie mit der Resistenz gegen zahlreiche weitere Antibiotika vergesellschaftet ist, zum Synonym für Multiresistenz. Das Akronym ESBL (extended spectrum β-lactamase) steht für eine Gruppe von Resistenzmechanismen, deckt jedoch nicht alle Möglichkeiten einer Cephalosporin-Resistenz ab.
Hygiene
Die KRINKO hat eine Klassifizierung multiresistenter gramnegativer Stäbchen (2MRGN NeoPäd, 3MRGN, 4MRGN) auf der Basis von deren phänotypischen Eigenschaften vorgeschlagen, die in erster Linie für hygienische Aspekte relevant ist und entsprechende Schutzmaßnahmen triggert.
Wird ein multiresistenter Erreger bei einem Patienten nachgewiesen, sind sofort konsequente hygienische Barrieremaßnahmen zu ergreifen, wie Einzelzimmerpflege (oder Kohortierung bei mehreren betroffenen Patienten) und entsprechende Schutzkleidung beim Behandlungsteam. Alle Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen sind zu überprüfen. Bei Befolgen der Vorgaben ist eine weitere Ausbreitung des Erregers regelhaft zu verhindern. Die wirksamste Prophylaxemaßnahme ist die hygienische Händedesinfektion (mindestens 30 sec). Ist ein Patient mit einem multiresistenten Erreger besiedelt, so ist der Versuch einer Sanierungsmaßnahme bei MRSA sinnvoll. Gramnegative Erreger können nach heutigem Stand nicht saniert werden, Dekolonisationsversuche, z. B. mit Colistin, haben zu einer vermehrten Selektion multiresistenter Erreger geführt. Über den Umgang mit Neugeborenen, die mit multiresistenten Keimen besiedelt sind, nach Entlassung aus dem Krankenhaus bestehen noch zahlreiche Unklarheiten.
Therapiedauer
Während für den Beginn einer antibiotischen Behandlung unmittelbar bei Bestehen eines klinischen Infektionsverdachts Einigkeit besteht, herrscht immer noch eine große Unsicherheit darüber, wann die Therapie beendet werden kann. Häufig werden noch regelhafte Behandlungszeiten eingehalten, wie 5–7 Tage bei SIRS, 7–10 Tage bei Sepsis mit positiver Blutkultur, 2–3 Wochen bei Meningitis und 4–6 Wochen bei Osteomyelitis. Seit einigen Jahren zeigen aber einige Studien und die darauf aufbauende klinische Erfahrung, dass die Dauer der Therapie auch über die Normalisierung von Inflammationsmarkern wie C-reaktives Protein oder Procalcitonin gesteuert werden kann. Dies führt in der Regel zu einer verkürzten Behandlungsdauer ohne das Risiko eines Infektionsrezidivs.
Wichtig sind außerdem die folgenden Grundregeln: Fehlen klinische Infektionssymptome und sind nur Abstrichkulturen oder einzelne Inflammationsparameter positiv, so erfolgt zunächst keine antibiotische Therapie. Wird der klinische Verdacht durch Verlauf und/oder Laborparameter nicht bestätigt, so wird die antibiotische Therapie sofort beendet. Eine Begünstigung der mikrobiellen Resistenzentwicklung ist dabei nicht zu befürchten. Unverzichtbar ist ebenfalls, die zu Beginn immer maximal breit wirksam angelegte antibiotische Therapie nach Erhalt des Antibiogramms auf möglichst wenige wirksame Medikamente zu fokussieren. Die Einführung sog. Antibiotic Stewardship Programme (Strategien zum rationalen Einsatz von Antibiotika) ist zukünftig gerade in der Neonatologie bedeutsam.

Chlamydia trachomatis

Erreger
Chlamydia trachomatis verursacht beim Neugeborenen Infektionen, wie Konjunktivitis, Pharyngitis, Otitis media und Pneumonie. Spezielle Serogruppen sind in Entwicklungsländern Erreger des Trachoms.
Epidemiologie
Chlamydia trachomatis kommt ubiquitär vor. Erreger urogenitaler Infektionen sind C. trachomatis der Serogruppen D–K. Die Übertragung erfolgt vor allem über sexuelle Kontakte. C. trachomatis ist ein häufiger Erreger einer Urethritis beim Mann bzw. einer Zervizitis und Salpingitis der Frau. Bis zu 30 % der Schwangeren haben spezifische Antikörper. Der Erreger lässt sich im Zervixabstrich bei 5–10 % der Schwangeren nachweisen. Bei Geburt kommt es in ca. 50 % zur Übertragung auf das Neugeborene, in bis zu 30 % entwickelt sich eine Konjunktivitis; 20 % der Neugeborenen haben im späteren Verlauf eine Pneumonie. Die Serogruppen A–C, Erreger des Trachoms, spielen in Mitteleuropa keine Rolle.
Ätiologie
Chlamydien sind kokkoide gramnegative Stäbchen, die sich nur in einer Wirtszelle vermehren. Serologisch können sie in die Gruppen A–K unterschieden werden.
Pathogenese und Pathologie
Extrazellulär vorkommende Elementarkörperchen gelangen in das Zellinnere von z. B. Konjunktiva-Epithelzellen. Ausgehend von einer Konjunktivitis kann es zu deszendierenden Infektionen des Respirationstrakts kommen. Es wird diskutiert, ob die Infektion zum fibrotischen Umbau der Lunge führen kann. Im Verlauf kommt es zur Bildung spezifischer sIgA-Antikörper.
Klinische Symptome und Verlauf
Eine C.-trachomatis-Konjunktivitis wird zwischen dem 5. und 14. Lebenstag manifest. Es kommt zum meist einseitigen Lidödem, zur Rötung und schleimig eitrigen, selten hämorrhagischen Absonderung. Die Conjunctiva palpebralis zeigt eine follikuläre Infiltration. Unbehandelt hat sie einen protrahierten Verlauf, heilt aber folgenlos ab. Eine Pannusbildung ist möglich, eine Destruktion der Kornea, wie beim Trachom, tritt fast nie ein.
An einer C.-trachomatis-Pneumonie erkranken 5–30 % der infizierten Kinder im Alter von 4–12 Lebenswochen. Der Beginn ist meist schleichend mit Tachypnoe, Dyspnoe, Apnoen, mangelnder Gewichtszunahme, ohne Fieber. Der Husten ist anfangs trocken, anfallsweise stakkatoartig, aber ohne die für Pertussis typische Inspiration. Anfangs sind keine feuchten Rasselgeräusche zu hören. Der Verlauf ist protrahiert, meist leicht, schwerere Verläufe mit Sauerstoffbedarf oder Beatmung sind selten. Etwa die Hälfte der Kinder haben eine begleitende Otitis media. Sehr selten sind schwere Verläufe mit Hepatitis, Hepatosplenomegalie, Gastroenteritis oder Myokarditis.
Diagnose
Der Erreger kann durch PCR oder Kultur nachgewiesen werden. Sensitiv und spezifisch ist der Erregernachweis mit der PCR, die heute in der Regel eingesetzt wird.
Differenzialdiagnose
Es muss an weitere Erreger, wie Mykoplasmen, Ureaplasmen oder Viren gedacht werden. Bakterielle Erreger einer Konjunktivitis sind häufig Staph. aureus, H. influenzae, Streptokokken, seltener auch andere gramnegative Erreger.
Therapie
Die Therapie einer Pneumonie erfolgt mit Erythromycin 40 mg/kg/Tag in 3 ED i. v. oder oral je nach Situation (alternativ Clarithromycin) für 14 Tage. Als Therapie der 2. Wahl kann Azithromycin verwendet werden. Es ist nicht erwiesen, dass durch die antibiotische Therapie der klinische Verlauf modifiziert werden kann, der Erreger wird aber rasch eliminiert. Da C. trachomatis häufig in die Lunge deszendiert und eine Pneumonie verursachen kann, soll auch bei der Konjunktivitis eine systemische Therapie mit Erythromycin erfolgen. Ob zusätzlich noch eine lokale Applikation von Erythromycin (Salbe oder Tropfen je nach Situation) erforderlich ist, erscheint fraglich. β-Laktam-Antibiotika, Aminoglykoside, Metronidazol, Linkosamide und Chloramphenicol sind unwirksam.
Prävention
Wichtig ist das Screening der Mütter auf Infektion durch C. trachomatis, wie sie in den Empfehlungen zur Mutterschaftsvorsorge vorgesehen sind. Durch eine Behandlung der Schwangeren mit Erythromycin lässt sich die Übertragung des Erregers auf ihr Neugeborenes weitgehend vermeiden. Eine postpartale topische Prophylaxe mit Silbernitrat (Credeì-Prophylaxe), Erythromycin oder 1,25–2,5-prozentiger Polyvidon-Jod-Lösung ist nicht wirksam.
Prognose
Die Konjunktivitis hinterlässt im Gegensatz zum Trachom keine Schäden. Der Verlauf einer Pneumonie ist meist blande. Selten sind schwere Verläufe mit Sauerstoffbedarf, evtl. sogar Beatmung. Bei Frühgeborenen wurde über Todesfälle berichtet.

Ureaplasma urealyticum und Mycoplasma hominis

Erreger
Infektionen durch U. urealyticum oder M. hominis führen bei Schwangeren zur Infektion des Amnions und bei sehr unreifen Frühgeborenen zu relativ blande verlaufenden, aber persistierenden Infektionen, die das Risiko einer bronchopulmonalen Dysplasie erhöhen.
Epidemiologie
Etwa ein Drittel aller Männer ist urogenital mit Ureaplasmen besiedelt. Bei Frauen assoziiert die Besiedlung mit niedrigem sozioökonomischem Status, sexueller Aktivität, Anzahl der Sexualpartner und Einnahme oraler Kontrazeptiva. Schwangere sind in bis zu 80 % vaginal mit U. urealyticum und bis zu 50 % mit M. hominis kolonisiert. Die Übertragung auf Frühgeborene kann in utero über intakte Membranen, bei vorzeitigem Blasensprung, bei Sectio oder bei vaginaler Geburt erfolgen. Die Transmissionsrate von mit Ureaplasmen besiedelten Müttern auf deren Neugeborene beträgt knapp 50 %, bei Frühgeborenen sogar bis 80 %. Ureaplasmen persistieren bei Neugeborenen in der Schleimhaut und Haut in bis zu 10 % der Fälle.
Ätiologie
Ureaplasma urealyticum gehört zu den Mykoplasmen. Sie sind wie M. hominis ohne Zellwand, deswegen nicht empfindlich gegenüber β-Laktam-Antibiotika. Es werden 14 verschiedene Serovare der Ureaplasmen unterschieden.
Pathogenese und Pathologie
Ureaplasmen führen häufig zu einer Chorioamnionitis, damit zum vorzeitigen Blasensprung und können zur Frühgeburtlichkeit beitragen. Je nach Infektionszeitpunkt wurden Aborte und Totgeburten mit einer Ureaplasmainfektion assoziiert. Histologisch finden sich bei Infektion mit U. urealyticum und M. hominis in den Eihäuten entzündliche Infiltrate.
Klinische Symptome
Eine aszendierende Infektion durch U. urealyticum oder M. hominis kann in der Frühschwangerschaft zum Abort führen. Dieser wird bei einer Reinkultur von U. urealyticum in Amnionflüssigkeit und entzündlichen Infiltraten in Geweben von Abortmaterial wahrscheinlich. Während Neu- und Frühgeborene >32. SSW kaum Infektionssymptome aufweisen, sind diese bei unreifen Frühgeborenen häufig. Die wichtigste klinische Manifestation der Infektion ist eine Pneumonie. Diese kann angenommen werden, wenn U. urealyticum oder M. hominis im Trachealsekret bei Frühgeborenen nachgewiesen wird, die Anzeichen einer Infektion der Atemwege, wie radiologisch erkennbare Infiltrate, Leukozytose, Granulozyten, im Trachealsekret bestehen und/oder erhöhte Spiegel von Il-6 oder Il-8 im Serum erfasst werden. Viele der betroffenen Frühgeborenen müssen längere Zeit beatmet werden.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Ähnliche Symptome können durch andere Erreger, wie C. trachomatis, CMV oder bakterielle Erreger, verursacht sein. Ureaplasmen-Infektionen stellen also in jedem Fall eine Ausschlussdiagnose dar.
Kulturell können U. urealyticum und M. hominis in Zervixabstrichen oder Amnionflüssigkeit bei der Schwangeren oder im Trachealsekret, Rachen-, Ohr-, Vaginal- oder Rektalabstrich des Frühgeborenen nachgewiesen werden. Der Nachweis der Erreger kann über aufwendige Kulturverfahren auf Spezialmedien erfolgen. Ein PCR-Nachweis der Erreger ist heute diagnostischer Standard.
Therapie
Ureaplasmen sind meist empfindlich gegenüber Antibiotika aus der Gruppe der Makrolide. Ein Therapieversuch erscheint plausibel bei beatmeten Frühgeborenen mit Erregernachweis aus dem Trachealsekret oder bei Nachweis der Erreger im Liquor und entzündlichen Liquorveränderungen. Es wird bei Pneumonie Erythromycin (40 mg/kg und Tag i. v. in 4 ED über 60 min für 14 Tage), alternativ Azithromycin (Cave! Höhere Dosis als Normaldosierung notwendig 20 mg/kg und Tag) oder Clarithromycin und bei Meningitis Chloramphenicol in der altersentsprechenden Dosierung empfohlen. Eine Kardiotoxizität mit Herzrhythmusstörungen nach zu rascher i. v.-Erythromycingabe bei Frühgeborenen wurde beobachtet. Ein Therapieeffekt bei Frühgeborenen ist bislang nicht belegt.
Prävention
Es ist nicht belegt – obwohl praktiziert – dass die Gabe von Makroliden an besiedelte Schwangere mit vorzeitigen Wehen die Rate der Frühgeburtlichkeit senkt.
Verlauf und Prognose
Symptome einer Pneumonie treten bei infizierten Frühgeborenen etwa 1–2 Wochen nach Geburt ein. Statistisch ist belegt, dass Infektionen durch U. urealyticum bei Frühgeborenen gehäuft zu bronchopulmonaler Dysplasie führen können. Der Verlauf der Krankheit ist oft sehr protrahiert.

Mykosen des Neugeborenen

Erreger
Infektionen durch Pilze bei Neugeborenen betreffen hauptsächlich die Haut und Schleimhäute. Invasive Pilzinfektionen kommen fast nur bei Frühgeborenen unter 28 SSW nach längerer Intensiv- und Antibiotikatherapie vor.
An erster Stelle der Pilzinfektionen stehen Candida albicans. Seltener sind andere Candida-Arten wie C. parapsilosis, C. glabrata, C. tropicalis und C. krusei. Schimmelpilze wie Aspergillen spielen eine weit untergeordnete Rolle.
Epidemiologie
Konnatale Pilzinfektionen sind selten und werden vorwiegend durch Candida albicans verursacht. Es handelt sich um aszendierende Infektionen aus der Vagina, begünstigt durch vorzeitigen Blasensprung, Amnioskopie, Cerclage oder antibiotische Therapie der Mutter.
Nosokomiale Pilzinfektionen (oft C. albicans) sind dagegen häufiger. Infektionsquelle können das Personal, Geräte oder Pflegeutensilien sein. Disponierend sind Frühgeburt vor 28 SSW, parenterale Ernährung mit Fettinfusionen, zentrale Verweilkatheter, Beatmung, Antibiotikatherapie oder die Gabe von Kortikosteroiden. Infektionen durch Aspergillus betreffen in der Regel nur extrem unreife Frühgeborene nach längerer Intensivtherapie, Antibiotikagabe und evtl. chirurgischen Eingriffen.
Pathogenese und Pathologie
Candida-Arten gehören in geringer Keimzahl zur normalen Besiedlung von Oropharynx, Dünn- und Dickdarm. Bei Immundefizienz oder unter Therapie mit Kortikosteroiden oder Antibiotika können sie sich nach Suppression der konkurrierenden bakteriellen Flora vermehren und zu Schleimhautentzündungen führen. Endotoxine von Candida können zur lokalen Gewebsschädigung der Mukosa beitragen und so zu einer Candida-Sepsis führen.
Bei Schleimhautbefall kommt es zu oberflächlichen Epithelzerstörungen mit konsekutiver Infiltration durch Granulozyten. Die disseminierte Infektion führt in allen befallenen Organen zu Mikroabszessen. Besonders bei den seltenen Infektionen durch Aspergillus ist die Tendenz zu großen Abszesshöhlen (Lungenkavernen) ausgeprägt. Diese können Anschluss an die Körperoberfläche gewinnen und zu eitrigen Fisteln führen.
Klinische Symptome
Häufigste Candida-Infektion der Haut- bzw. Schleimhaut ist der Soor. Dieser manifestiert sich als weißliche Beläge mit rötlichem Hof, die bei Berührung bluten können. Im Windelbereich finden sich vesikulopustulöse, manchmal nur papulöse Effloreszenzen, die konfluieren können.
Bei konnatalen Pilzinfektionen kann die Haut übersät sein mit milienartigen, manchmal stecknadelkopfgroßen Pusteln mit rotem Hof. Besteht die Infektion intrauterin etwas länger, kann es zur Invasion und konnatalen Candida-Sepsis mit Absiedlung des Erregers in allen Organen kommen. Diese Verlaufsform ist häufig tödlich.
Die klinischen Symptome einer Candida-Sepsis entsprechen einer bakteriellen Infektion. Ausgangsherd können Haut oder Schleimhäute, Lunge oder der Gastrointestinaltrakt sein. Im Gegensatz zu bakteriellen Infektionen ist der Beginn eher schleichend. Frühgeborene zeigen Temperaturinstabilität – häufig Hypothermie, Blutdruckabfall, Zentralisation, Hypotonie und Apathie. Bei einer intermittierenden Fungämie kommt es zu Organinfektionen, wie Meningitis, Nephritis, Osteomyelitis, septischer Arthritis, pneumonischen Infiltraten oder Endophthalmitis etc. Die Symptomatik richtet sich nach dem Organbefall.
Diagnose
Die Diagnose einer Kandidose der Haut bzw. Schleimhäute erfolgt klinisch. Der Erregernachweis im Abstrich bestätigt lediglich die klinische Diagnose. Ein Erregernachweis ohne klinische Symptomatik ist nicht beweisend, da Candida zur Normalflora gehört. Immunologische Nachweisverfahren sind nicht ausreichend sensitiv und spezifisch.
Auffallend bei einer Candida-Sepsis eines Frühgeborenen ist oft der protrahierte klinische Verlauf mit Granulozytose bei gleichzeitiger Thrombozytopenie, aber ohne Verbrauchskoagulopathie. Der Erregernachweis ist schwierig, da die Kandidämie intermittierend verläuft und Blutkulturen häufig ohne Wachstum sind. Candida-Nachweise im Trachealsekret oder Urin sind schwierig zu interpretieren. Lediglich ein Candida-Nachweis im durch suprapubische Punktion gewonnenen Urin ist hoch verdächtig auf eine invasive Infektion. Der Nachweis von Verkalkungen, Mikroabszessen oder einer signifikanten Echogenitätsvermehrung der Nieren kann den Verdacht auf Vorliegen einer Candida-Infektion erhärten.
Differenzialdiagnose
Der Mundsoor ist in erster Linie von einer Herpangina oder anderen Coxsackie-Infektionen abzugrenzen, bei perianalem Soorbefall kommt eine Windeldermatitis differenzialdiagnostisch in Betracht.
Therapie
Bei Haut- oder Schleimhautbefall werden lokal Suspensionen, Gele, Cremes oder Salben mit Nystatin, Miconazol oder Amphotericin B angewandt. Bei Mundsoor sind Gele wegen ihrer längeren Persistenz in der Mundhöhle effektiver als Suspensionen.
Bei systemischen Infektionen mit empfindlichen Candida-Stämmen wird Fluconazol (6 mg/kg und Tag, bei Frühgeborenen initial 12 mg/kg an Tag 1, dann 6 mg/kg und Tag, in 1. und 2. Lebenswoche 6 mg/kg alle 2 Tage)eingesetzt. Eine Alternative stellt liposomales Amphotericin B in einer Dosierung von bis 5 mg/kg und Tag dar. Die früher häufige Kombination mit 5-Flucytosin wird heute nicht mehr als zusätzlich wirksamer eingeschätzt, kann jedoch wegen der sehr guten Penetration in den Liquor bei ZNS-Infektionen sinnvoll sein. Bei multiresistenten Erregern können Vertreter der Wirkstoffgruppe Echinocandine (Caspofungin oder Micafungin) oder der Azole (Voriconazol, Posaconazol) eingesetzt werden. Die Therapiedauer ist nicht durch Studien evaluiert, sollte aber mindestens 2, bei ZNS-Infektionen 4 Wochen betragen.
Prävention
Entscheidend bei Intensivpatienten ist die Einhaltung allgemeiner Hygieneregeln zur Vermeidung der Übertragung von Pilzen. Häufungen von nosokomialen Pilzinfektionen bei Neugeborenen durch Pflegepersonal mit kontaminierten Händen sind beschrieben. Bei Gabe von Antibiotika kann zur Suppression der Pilzbesiedlung die orale Gabe von Miconazol, Nystatin oder Amphotericin B in Erwägung gezogen werden. Der präventive Wert ist aber nicht sicher belegt. Fluconazol kann als Prophylaxe bei Frühgeborenen <1000 g (3 mg/kg bei 14 Tage alten Frühgeborenen alle 3 Tage, bei 3–4 Wochen alle 2 Tage und im Alter von 4–6 Wochen täglich) die Keimzahl im Darm und Rate systemischer Infektionen durch Candida signifikant reduzieren. Eine Fluconazol-Prophylaxe ist wahrscheinlich nur bei extrem kleinen Frühgeborenen und auf Stationen mit hoher Prävalenz von invasiven Pilzinfektionen sinnvoll. Andernfalls besteht die Gefahr der Selektion schwierig zu behandelnder Candida-Sepsis.
Verlauf und Prognose
Die Prognose hängt vom Ausmaß der Krankheit ab. Eine Kandidose (Soor) heilt unter entsprechender Lokalbehandlung rasch und folgenlos ab. Entscheidend für die Prognose einer systemischen Infektion ist die frühzeitige Diagnose und Therapie, aber auch die individuelle Abwehrlage des Patienten. Die Prognose ist naturgemäß bei einem extremen Frühgeborenen mit vielfältigen intensivmedizinischen Problemen und enteraler Ernährung nicht günstig.

Virusinfektionen des Neugeborenen

Herpes-simplex-Virusinfektionen beim Neugeborenen

Herpes-simplex-Virus(HSV-)Infektionen bei Neugeborenen sind selten (1:20.000 bis 1:50.000). In ca. 85 % der Fälle handelt es sich um eine perinatale Infektion. Eine transplazentare oder aszendierende pränatale (5 %) oder postnatale (10 %) Infektion ist die Ausnahme. Bei einer postnatalen Infektion wird meist HSV 1 gefunden. Bei dieser nosokomialen Infektion kommt als Infektionsquelle jede Kontaktperson mit z. B. einer Erkrankung an Herpes labialis infrage.
Das HSV-2-Infektionsrisiko des Neugeborenen hängt ab vom Stadium der mütterlichen genitalen Infektion. Sie ist am höchsten (>50 %) bei einer genitalen Primärinfektion in der Spätschwangerschaft, da dann die höchste vaginale Virusausscheidung besteht und protektive Antikörper fehlen. Bei rekurrierendem Herpes simplex dauert die Virusausscheidung dagegen nur 2–5 Tage, die HSV-Ausscheidung ist geringer, und der Fetus hat protektive Antikörper übertragen bekommen (neonatales Infektionsrisiko <5 %). Am geringsten (≤1 %) ist das Übertragungsrisiko bei asymptomatischer Virusausscheidung der Mutter. Da jedoch dieser Status bei HSV-2-infizierten Müttern am häufigsten vorliegt, ist diese Situation auch bei manifest HSV-infizierten Neugeborenen (60–80%) am häufigsten.
Ein vorzeitiger Blasensprung erhöht das Risiko der Übertragung. Ein Kaiserschnitt bei einer Schwangeren mit floridem Herpes genitalis wird dann empfohlen, wenn ein Blasensprung weniger als 4 Stunden vor Beginn der Wehen zurückliegt. Begünstigt wird eine intrapartale Übertragung durch die Verwendung von Skalpelektroden bzw. Blutentnahmen beim Feten unter der Geburt bei mütterlicher Virusausscheidung. Diese Maßnahmen sind bei mütterlichem rekurrierendem Herpes genitalis unter der Geburt kontraindiziert.
Ätiologie und Pathogenese
Es werden Infektionen durch das HSV 1 und 2 bei Neugeborenen beobachtet. Beide HSV sind eng verwandt. Sie gehören zu den DNA-Viren. Die Glykopeptide von HSV 1 und 2 sind strukturell sehr ähnlich. Eine Unterscheidung ist über die PCR möglich.
Maternale HSV-Antikörper modifizieren den Verlauf einer neonatalen Infektion, verhindern sie aber nicht sicher. Neugeborene mit einer Herpesenzephalitis haben meist neutralisierende Antikörper von der Mutter bekommen, die zwar die hämatogene Infektion, nicht aber die axonale Transmission des Virus in das zentrale Nervensystem verhindern. Infizierte Neugeborene bilden nach ca. 3 Wochen IgM-Antikörper gegen Oberflächenglykoproteine des Virus, die ca. 1 Jahr persistieren.
Klinische Symptome und Verlauf
Es werden 3 verschiedene Erscheinungsbilder der Herpes-simplex-Infektionen bei Neugeborenen unterschieden:
1.
disseminierte Infektion,
 
3.
Befall von Haut, Auge und/oder Mund.
 
Dies hat vor allem prognostische Bedeutung, es gibt aber fließende Übergänge.
Disseminierte Infektion
Neugeborene mit einer disseminierten Infektion haben einen dramatischen Krankheitsverlauf. Bei einer perinatalen Infektion beginnen die Symptome meist am 4.–5. Lebenstag, haben ihre maximale Ausprägung aber am 9.–11. Lebenstag. Sämtliche Organe wie Gehirn, Schleimhäute von Oropharynx, Ösophagus und Intestinum können betroffen sein. Der Befall des Intestinums manifestiert sich radiologisch als Pneumatosis intestinalis. Eine Pneumonie mit radiologisch diffuser, interstitieller Infiltration führt zur respiratorischen Insuffizienz, die Myokarditis zu Herzrhythmusstörungen und zur dilatativen Kardiomyopathie. Typisch ist eine Unruhe der Kinder, Kreislaufzentralisation, cholestatischer Ikterus mit erhöhten Transaminasen und Koagulopathie. Ein Befall der Haut mit typischen Herpesbläschen fehlt bei ca. 20 % der disseminiert infizierten Kinder. Gut zwei Drittel der Neugeborenen mit disseminierter HSV-Infektion haben auch eine Enzephalitis.
Enzephalitis
Bei ca. 30 % der HSV-infizierten Neugeborenen verläuft die Infektion unter dem Bild einer Enzephalitis. Die Symptomatik entwickelt sich erst 2–3 Wochen nach der Geburt.
Die Symptomatik ist durch Krampfanfälle, Somnolenz oder Unruhe, Tremor, Trinkschwäche und Temperaturschwankungen charakterisiert. HSV-typische Bläschen finden sich an der Haut bei etwa der Hälfte der Fälle. Im Gegensatz zur Herpesenzephalitis beim älteren Kind beschränkt sich die Infektion nicht allein auf den Temporallappen, sondern führt zum disseminierten Befall. Im Liquor ist eine Erhöhung mononukleärer Zellen und des Liquoreiweißes bei nur mäßig verminderter Liquorglukose typisch.
Befall von Haut, Auge und/oder Mund
Diese HSV-Infektion beginnt meist um den 11. Lebenstag. Die typischen gruppierten Bläschen mit rotem Hof und trübem Sekret finden sich bevorzugt am bei der Geburt vorangehenden Teil, meistens also am Kopf, aber auch der Brust. Eine Infektion des Auges manifestiert sich als Keratitis bzw. Chorioretinitis, selten Katarakt. Wenn keine Therapie erfolgt, ist eine Progression zur Enzephalitis möglich. Auch ein isolierter Befall des Oropharynx wurde beschrieben.
Intrauterine Infektion bzw. konnatale Infektion
Sehr selten sind schwerste intrauterine HSV-Infektionen mit Hautbläschen bei Geburt, Hydrozephalus, Chorioretinitis, Mikrophthalmus und Hydrops fetalis. Nach länger zurückliegendem Blasensprung einer Mutter mit Herpes genitalis sind auch Neugeborene mit isoliertem Hautbefall beschrieben worden.
Subklinische Infektionen
Es ist derzeit unklar, ob es subklinische HSV-Infektionen bei Neugeborenen gibt. Die Frage stellt sich vor allem beim PCR-Nachweis von HSV in z. B. Liquor bei ansonsten völlig asymptomatischen Neugeborenen, bei denen die Lumbalpunktion z. B. zum Ausschluss einer bakteriellen Infektion gemacht wurde. Es stellt sich hier die Frage nach einem falsch-positiven Befund durch z. B. Kontamination der Probe oder subklinische Infektion. Diese Frage ist nur im Einzelfall zu klären.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Bei der weit überwiegenden Zahl der HSV-infizierten Neugeborenen ist bei der Mutter eine HSV-Infektion anamnestisch nicht bekannt, sodass bei allen schweren Verläufen einer Infektion, die nicht auf eine antibiotische Therapie anspricht, an eine HSV-Infektion gedacht werden muss. Diagnostisch wegleitend sind die typischen Herpesbläschen. Bei gut einem Drittel der Kinder mit HSV-Enzephalitis und 20 % der Kinder mit der disseminierten HSV-Infektion fehlen diese Bläschen jedoch.
Das klinische Bild der HSV-Infektion kann einer bakteriellen Sepsis stark ähneln. Der Verdacht sollte vor allem dann gestellt werden, wenn es zur signifikanten Erhöhung der Transaminasen und/oder Gerinnungsstörungen als Ausdruck der HSV-Hepatitis kommt. Bei der HSV-Enzephalitis ist eine Erhöhung von Eiweiß und Zellzahl typisch.
Entscheidend ist der Virusnachweis aus Herpesbläschen oder in Schleimhautabstrichen der Konjunktiva oder des Nasopharynx, Liquor, Blut mittels Immunfluoreszenz, Kultur oder PCR. Die PCR ist heute die Methode der Wahl und kann noch Tage nach Beginn einer effektiven Therapie mit z. B. Aciclovir positiv sein.
Prävention
Die Frage der Prävention stellt sich vor allem bei Schwangeren mit einer primären oder rekurrierenden HSV-Infektion während der Geburt. Besteht bei Geburt ein klinisch erkennbarer Herpes genitalis, so wird eine Schnittentbindung empfohlen, vorausgesetzt ein Blasensprung liegt nicht länger als 4–6 Stunden zurück. Dieser protektive Effekt der Schnittentbindung ist gesichert bei einer Primärinfektion in den letzten 6 Wochen vor Geburt und weniger eindeutig effektiv bei rekurrierender HSV-Infektion. Ob auch nach 4–6 Stunden noch eine Schnittentbindung für das Neugeborene protektiv sein kann, ist nicht bekannt.
Schwieriger ist die Entscheidung bei Frühgeburtlichkeit. In dieser Situation gibt es verschiedene Optionen, wie Abwarten und Gabe von Aciclovir an die Schwangere, um die Lungenreifung mit Betamethason zu ermöglichen oder die rasche Sectio und Aciclovir 45 mg/kg und Tag in 3 ED für 14 Tage an das Frühgeborene.
Eine asymptomatische Virusausscheidung besteht bei ca. 2 % der Frauen mit rekurrierendem genitalen Herpes simplex, das Infektionsrisiko der Neugeborenen liegt dann <1 %, das Gesamtrisiko des Neugeborenen bei Schwangeren mit rekurrierendem Herpes genitalis demnach unter 1:5000. Dies wird im Allgemeinen nicht als Indikation zur Sectio betrachtet.
Da vaginale Kulturen während der Schwangerschaft nicht prädiktiv für die HSV-Ausscheidung bei Geburt sind, sind sie diagnostisch nicht sinnvoll. Es ist nicht bekannt, ob die Aciclovir-Therapie einer Schwangeren mit einer HSV-Infektion im letzten Trimester das Risiko einer perinatalen Übertragung mindert. Dieses Vorgehen hat sich jedoch im klinischen Alltag durchgesetzt.
HSV-exponierte Neugeborene sollen für 2(–6) Wochen beobachtet werden. HSV-Kulturen oder bevorzugt PCR aus Blut, von Rachen, Mund und Konjunktiven sollten 24 Stunden nach Entbindung durchgeführt werden, um eine Infektion rechtzeitig zu erkennen. Sind die Untersuchungen negativ, kann das Neugeborene nach Aufklärung über die mögliche Symptomatik einer neonatalen HSV-Infektion entlassen werden. Im Allgemeinen wird eine Aciclovir-Prophylaxe für exponierte Neugeborene nicht für erforderlich gehalten. Eine Ausnahme stellen Neugeborene von Müttern mit einer Primärinfektion (besonders hohe Virusausscheidung), Frühgeborene oder Neugeborene mit Hautverletzungen oder Herpes-simplex-Nachweis in Schleimhautkulturen dar.
Mütter, die HSV ausscheiden, und infizierte Neugeborene sollten isoliert werden. Bei rekurrierenden Infektionen (Herpes labialis, Herpes genitalis) muss durch Maßnahmen wie Händedesinfektion, Abdecken der Hautläsionen (Mundschutz) die Übertragung von HSV vermieden werden. Stillen durch die Mutter ist unter diesen Kautelen erlaubt, wenn die Brustwarzen frei von HSV-Läsionen sind. Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung.
Therapie
Entscheidend ist, bei jedem Verdacht auf eine HSV-Infektion eines Neugeborenen sofort mit der Therapie zu beginnen, da sich nur bei frühzeitigem Therapiebeginn die Prognose des HSV-infizierten Neugeborenen bessert. Prinzipiell kann eine HSV-Infektion mit Aciclovir behandelt werden. Die Dosis beträgt 60 mg/kg und Tag in 3 ED, die Therapiedauer 21 Tage bei HSV-Enzephalitis oder Sepsis und ca. 14 Tage bei isoliertem Hautbefall. Bei rezidivierenden HSV-Infektionen der Haut (siehe unten) wird eine orale Aciclovir-Therapie von 300 mg/m2 KOF für Wochen empfohlen. Die Prognose für die neurologische Entwicklung kann bei Neugeborenen mit HSV-Enzephalitis signifikant mit einer oralen Suppressionstherapie in der oben genannten Dosis verbessert werden. Epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass auch Kinder mit isolierter Hautsymptomatik im Hinblick auf die neurologische Entwicklung von einer oralen Suppressionstherapie profitieren. Bei aciclovirresistenten Stämmen kann Foscarnet oder Cidofovir eingesetzt werden.
Verlauf und Prognose
Bei der disseminierten HSV-Infektion sinkt die Letalität von >90 % ohne Therapie auf rund 30 % mit Therapie. Die Langzeitmorbidität ist aber trotz adäquater Therapie hoch.
Ohne Therapie versterben zwei Drittel der an HSV-Enzephalitis erkrankten Neugeborenen. Die überlebenden Kinder sind neurologisch meist schwerst geschädigt mit Mikrozephalie, Tetraspastik, Chorioretinitis und Schwerhörigkeit. Unter einer Therapie mit Aciclovir überleben dagegen 90 % der Neugeborenen mit HSV-Enzephalitis, 30–40 % der Kinder scheinen sich später normal zu entwickeln. Die klinischen Folgen können sich jedoch langfristig verschlechtern.
Ein isolierter HSV-Befall von Haut, Auge und/oder Mund ist prognostisch günstiger. Trotz adäquater antiviraler Therapie rezidivieren HSV-Bläschen während des 1. Lebensjahrs sehr häufig. Von diesen nur scheinbar lokal begrenzten HSV-Infektionsverläufen ist bekannt, dass die Letalität zwar gering (ca. 7 %) ist, die Langzeitprognose jedoch fragwürdig erscheint, da besonders bei gehäuften Rezidiven viele dieser Kinder nach 6 Monaten bis 1 Jahr psychomotorisch retardiert erscheinen.

Varicella-Zoster-Virus-Infektionen

Epidemiologie
Frauen im gebärfähigen Alter sind zu 90–95 % gegen Varicella-Zoster-Virus (VZV) immun.
Der Verlauf von Windpocken ist bei Schwangeren oft schwer, eine viszerale Beteiligung und Pneumonie sind möglich. Die Letalität ist aber sehr gering.
Die diaplazentare Übertragung auf den Feten ist während der gesamten Schwangerschaft möglich. Windpocken während der ersten 20 SSW führen mit einer Häufigkeit von <3 % (0,5–6,5 % bei 95 % CI) zum konnatalen Varizellensyndrom. Ob es auch zum Fruchttod und Abort kommen kann, ist unklar. Auch nach der 20. SSW kann es zur hämatogenen Infektion des Feten kommen, die Schädigungen sind dann jedoch weniger ausgeprägt. Ein Herpes zoster der Mutter führt nicht zum konnatalen Varizellensyndrom, wohl weil die Virusaktivierung in der Mutter durch VZV-Antikörper kontrolliert wird.
Besondere Bedeutung hat eine perinatale VZV-Infektion der Mutter. Sie wird in ca. 25–30 % der Fälle auf den Feten übertragen. Der Ausgang der Infektion hängt vom Zeitpunkt der mütterlichen Infektion ab. Bei Beginn der mütterlichen Krankheit mehr als 5–21 Tage vor der Entbindung ist der Verlauf der Infektion beim Feten oder Neugeborenen meist unkompliziert.
Bei Ausbruch des Exanthems der Mutter 4(–7) Tage vor bis 2 Tage nach der Geburt ist der Verlauf der Varizellen beim Neugeborenen dagegen häufig sehr schwer, unter Umständen sogar letal. Aufgrund der akuten Infektion verfügt die Mutter noch nicht über VZV-spezifische IgG-Antiköper und der Fetus bzw. das Neugeborene erwirbt dementsprechend keinen maternalen Nestschutz gegenüber Varizellen. Die Inkubationszeit der pränatal infizierten Neugeborenen ist auf 9–10 Tage verkürzt (hämatogene Infektion ohne vorausgehende Virusreplikation in den Schleimhäuten?), das Exanthem also 6–12 Tage nach der Geburt zu erwarten.
Eine postnatale Infektion des Neugeborenen muss angenommen werden, wenn das Exanthem frühestens 12–28 Tage nach der Geburt auftritt (Kap. „Herpesvirus-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen“). Der Verlauf hängt vom Immunstatus der Mutter ab. Übertragene mütterliche Antikörper modifizieren den Krankheitsverlauf erheblich, sind aber nicht voll protektiv. Hatte die Mutter Windpocken durchgemacht, ist der Verlauf beim Neugeborenen – wenn es überhaupt zur Infektion kommt – sehr blande. Hatte die Mutter keine Windpocken, ist der Verlauf schwerer. Die Letalität ist dann höher als im späteren Kindesalter.
Pathogenese und Pathologie
Anders als postnatal erfolgt die Infektion eines Feten bei mütterlichen Varizellen diaplazentar, d. h. hämatogen. In der Plazenta von Feten mit konnatalem Varizellensyndrom wurden ausgedehnte fibrinoide Nekrosen mit Epitheloidzellen und Riesenzellen und mononukleären Infiltraten beschrieben. Im Autopsiematerial verstorbener Neugeborener finden sich disseminiert in allen Organen ähnliche Veränderungen.
Klinische Symptome
Es sind nicht viele Neugeborene mit konnatalem Varizellensyndrom beschrieben. Die häufigsten Symptome sind Ulzera und sternförmige Narben der Haut mit Pigmentierung, Hypoplasie von Gliedmaßen, Fehlen von Fingern (wohl infolge einer nervalen Schädigung nach Infektion von Ganglienzellen und des Rückenmarks), Dystrophie, Augenbefall mit Mikrophthalmie, Katarakt, Chorioretinitis, Horner-Syndrom, Nystagmus, zerebrale Krampfanfälle, Mikrozephalie, psychomotorische Retardierung, Sphinkterdysgenesie mit Blasenentleerungsstörungen, hohe Letalität.
Der Verlauf neonataler Varizellen ist je nach Infektionszeitpunkt sehr variabel. In seiner leichtesten Ausprägung finden sich nur einzelne typische Effloreszenzen.
Schwere Verläufe sind besonders bei mütterlichen Windpocken 4(–7) Tage vor bis 2 Tage nach der Entbindung möglich. Nach Beginn der Krankheit zwischen dem 5. und 10.(–12.) Tag nach Geburt mit Fieber breitet sich das Varizellenexanthem rasch aus und wird hämorrhagisch. Es kommt zur Infiltration sämtlicher Organe, Pneumonie mit respiratorischer Insuffizienz, Enzephalitis und Tod bei ca. einem Drittel der betroffenen Kinder.
Der Verlauf einer exogenen Infektion nach der Geburt ist beim reifen Neugeborenen, wenn die Mutter gegen Varizellen immun ist, meist leicht, bei abwehrgeschwächten Frühgeborenen, besonders <28 SSW, in den ersten 6 Lebenswochen manchmal sehr schwer.
Diagnose
Aufgrund der Unzuverlässigkeit serologischer Nachweismethoden steht heute der Nachweis der Virus-DNA mit PCR im Vordergrund.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch müssen eine neonatale HSV-Infektion, eine Kontaktdermatitis oder die Hand-Fuß-Mund-Krankheit durch Coxsackie A oder eine Impetigo durch Staphylokokken oder Streptokokken ausgeschlossen werden. Beim konnatalen Varizellensyndrom sollte auch an andere konnatale Infektionen wie Röteln, Zytomegalie, Toxoplasmose etc. gedacht werden.
Therapie
VZV-Infektionen können in ihrem Verlauf abgemildert werden, wenn frühzeitig behandelt wird, d. h. ab den ersten 2–3 Tagen nach Exanthemausbruch. Die Therapie ist indiziert bei Neugeborenen, bei denen mit einer schlechten Prognose gerechnet werden muss, wie Beginn der Krankheit zwischen dem 5.–10.(–12.) Lebenstag, bei Frühgeborenen in den ersten 6 Lebenswochen.
Die Therapie erfolgt mit Aciclovir in einer Dosis von 30(–45) mg/kg und Tag in 3 ED i. v. oder 60–80 mg/kg und Tag (maximal 400–800 mg/Tag) in mindestens 4 ED oral für 5–10 Tage.
Es ist unbekannt, ob die Übertragung von VZV auf den Feten durch eine Aciclovir-Therapie einer Schwangeren verhindert werden kann. Die potenzielle fetale Toxizität von Aciclovir ist in Betracht zu ziehen.
Prävention
Große Bedeutung hat die Prävention einer fetalen VZV-Infektion .
Für die aktive Impfung steht ein gut wirksamer Lebendimpfstoff zum Schutz von nichtimmunen Frauen vor (!!) der Schwangerschaft zur Verfügung. Heute wird für alle Kinder die aktive Varizellenimpfung empfohlen (Kap. „Impfungen und Reiseimpfungen bei Kindern und Jugendlichen“).
Eine passive Immunprophylaxe ist mit spezifischem Varicella-Zoster-Immunglobulin (VZIg) möglich. Die Gabe ist nur effektiv, wenn sie innerhalb von 72 Stunden nach Exposition erfolgt. Zu bedenken ist, dass Personen mit Varizellen schon 1–2 Tage vor und etwa 5 Tage nach Beginn des Exanthems infektiös sind. Falls möglich, sollte der Immunstatus bestimmt werden, um das Immunglobulin nicht unnötig zu verabreichen. Die Dosis beträgt je nach Präparat 1–2 ml/kg i. v. oder 0,2–0,5 ml/kg, maximal 5 ml, i.m.
Indikationen für die Gabe von VZIg in der Neonatalzeit nach Exposition sind gegeben bei:
  • Neugeborenen, deren Mütter 4(–7) Tage vor bzw. bis 2 Tage nach der Entbindung an Varizellen erkrankt sind;
  • Frühgeborenen, deren Mütter eine negative Windpockenanamnese aufweisen;
  • Frühgeborenen <28 SSW bzw. <1000 g Geburtsgewicht in den ersten 6 Lebenswochen;
  • Müttern, bei denen eine Erkrankung in der Perinatalzeit vermieden werden soll;
  • Neugeborenen, die in der unmittelbaren Postnatalzeit varizellenexponiert sind und die Mutter seronegativ ist.
Es ist nicht bekannt, ob durch die Gabe von VZIg an eine nichtimmune, aber exponierte Schwangere oder an eine an Varizellen erkrankte Schwangere die Übertragung des VZV auf den Feten vermieden werden kann. Bedenkt man aber, dass Antikörper erst 4–6 Tage nach Exanthemausbruch messbar werden, die Übertragung hämatogen erfolgt und Antikörper eine gewisse Protektion darstellen, so erscheint dieses Vorgehen sinnvoll. Eine Virämie kann durch die Gabe von VZIg aber nicht gänzlich vermieden werden.
Eine Prophylaxe mit Aciclovir 45 mg/kg/Tag ist bei exponierten Personen im Prinzip effektiv und verhindert den Ausbruch der Krankheit oder zumindest schwere Verläufe.
Verlauf und Prognose
Die Prognose eines konnatalen Varizellensyndroms ist schlecht. Bis zu 40 % der berichteten Fälle sind frühzeitig verstorben. Bei den überlebenden Kindern muss mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Entwicklung gerechnet werden. Es sind aber vereinzelt auch Kinder mit einer guten neurologischen und mentalen Entwicklung beschrieben worden. Einige Kinder entwickeln schon früh in der Säuglingszeit einen Herpes zoster. Konnatale Varizellen haben dann eine schlechte Prognose mit einer Letalität um 30 %, wenn die Krankheit der Mutter 4(–7) Tage vor bis 2 Tage nach der Entbindung beginnt oder das Neugeborene zwischen dem 5. und 10. Lebenstag erkrankt. Exogene Varizellen nach der Geburt haben meist eine gute Prognose. Selten sind schwere hämorrhagische Varizellen mit ausgeprägter Thrombozytopenie. Ein Herpes zoster einer Schwangeren hat für den Feten keine Bedeutung, bei Herpes zoster der Mutter unter der Geburt können beim Neugeborenen leichte Varizellen auftreten.

Astrovirus, Norovirus und Rotavirus-Infektionen

Alle 3 Viren sind typische Erreger einer nosokomialen Gastroenteritis. Eine Verbreitung der Infektion auf einer neonatologischen Station ist nur durch strenge Barriere- und Kohortierungsmaßnahmen zu erreichen. Die Übertragung erfolgt in der Regel fäkal-oral, jedoch werden auch aerogene Übertragungswege diskutiert. Die Inkubationszeit ist in der Regel nur 1–2 Tage. Das Krankheitsspektrum reicht von einer nekrotisierenden Enterokolitis beim Frühgeborenen über schwere gastroenteritische Verläufe bis zum fast völligen Fehlen intestinaler Symptome. Einzelfallberichte diskutieren auch eine ZNS-Beteiligung im Rahmen der Infektion.
Die Therapie erfolgt symptomatisch, kann aber bei sepsisähnlichen Verläufen das gesamte intensivmedizinische Repertoire erfordern.

Enterovireninfektion

Coxsackie-Virus B und ECHO-Viren sind die häufigsten Enteroviren, die bei Neugeborenen zur Infektion führen. Der Verlauf ist meist blande mit Fieber, einem unspezifischen Exanthem und einer serösen Meningitis. Bei Neugeborenen und Säuglingen gibt es selten sehr schwere Verläufe mit Sepsis-artigen Krankheitsbildern bis hin zum Multiorganversagen, Hepatitis, Myokarditis oder Meningoenzephalitis. Die klinische Symptomatik ähnelt oft der einer Sepsis mit Lethargie, Trinkschwäche, Erbrechen, geblähtem Abdomen, Diarrhö, Dyspnoe, Zyanose und Tachykardie bzw. Rhythmusstörungen mit Herzinsuffizienz und Kardiomegalie. Bei Enzephalitis kann es zu Krampfanfällen kommen.
Der Virusnachweis kann durch Kultur oder PCR im Liquor, Blut, Rachenspülwasser oder Stuhl geführt werden. Die Therapie erfolgt symptomatisch, Glukokortikoide oder Immunglobuline sind ohne nachgewiesenen Effekt. Meist erholen sich die Neugeborenen von der Infektion, die Letalität der Myokarditis liegt aber bei 10 %. Infizierte Kinder werden nach der Diagnose isoliert.

Epstein-Barr-Virusinfektion

Eine Epstein-Barr-Virus(EBV)-Infektion ist bei Schwangeren selten, da die meisten Frauen aufgrund einer früheren Erkrankung immun sind. Eine Reaktivierung während der Schwangerschaft scheint möglich, bleibt jedoch für den Feten ohne Bedeutung. Ein früher vermuteter Zusammenhang zwischen einer EBV-Infektion in der Frühschwangerschaft und kongenitalen Herzfehlern hat sich nicht bestätigt. Auch andere Fehlbildungen sind nicht gehäuft. Eine postnatale Infektion des Neugeborenen ist aerogen und durch Bluttransfusionen möglich. Die Symptomatik ist blande. Eine Therapie erfolgt – falls erforderlich – symptomatisch. Stillen ist bei mütterlicher Infektion erlaubt.

Infektion mit humanem Herpesvirus 6

Infektionen durch das humane Herpesvirus 6 (HHV 6) sind ubiquitär. Die meisten Säuglinge werden im 6.–12. Monat infiziert. Entsprechend sind Infektionen bei Schwangeren sehr selten. Folgenlose pränatale Infektionen von Feten sind beschrieben. Die Therapie einer Infektion erfolgt symptomatisch.

Hepatitis-B-Infektion

Die Infektion des Neugeborenen erfolgt unter der Geburt. Infektionen in der Fetalperiode sind bei intakten Amnionmembranen nicht bekannt.
Entsprechend den Mutterschaftsrichtlinien in Deutschland sollen alle Schwangeren nach der 32. SSW und möglichst nahe am Geburtstermin auf die Anwesenheit von HbsAg untersucht werden. Ist die Schwangere positiv, erhält das Neugeborene direkt nach der Geburt eine Aktiv-passiv-Simultanimpfung mit einem Hepatitis-B-Impfstoff und einem Hepatitis-Hyperimmunglobulin. Eine ausschließlich passive Immunisierung ist obsolet, da die Schutzwirkung überwiegend durch die aktive Immunisierung erreicht wird. Ist der HbsAg-Status der Mutter bei Geburt nicht bekannt, erfolgt eine Aktivimpfung und die sofortige HbsAg-Bestimmung. Bei positivem Befund wird die passive Impfung umgehend durchgeführt. Bei Frühgeborenen ist aufgrund niedriger Serokonversionsraten ein Impfschema mit 4 Impfdosen (statt 3 bei reifen Neugeborenen) und Titerkontrolle zu befolgen.
Geimpfte Neugeborene können gestillt werden.

HIV-Infektion

HIV-Infektion/AIDS werden in Kap. „HIV-Infektion und AIDS bei Kindern und Jugendlichen“ beschrieben.

Infektion mit humanem Papillomavirus

Das humane Papillomavirus (HPV) führt durch venerische Übertragung zur oft asymptomatischen Infektion. Seltener sind genitale Condylomata acuminata (Feig- oder Feuchtwarzen). Eine pränatale Infektion des Feten ist nicht bekannt. Selten können zervikale Condylomata acuminata aufgrund ihrer Größe als mechanisches Geburtshindernis zur Sectio zwingen. Bei vaginaler Entbindung besteht theoretisch das Risiko der Übertragung auf das Neugeborene mit der Gefahr einer Larynxpapillomatose. Diese bedeutet monate- bis jahrelange Rezidive mit lebensbedrohlichen Atemwegsobstruktionen des Kindes. Die perinatale Übertragung ist aber sicher sehr selten und wird auf eine Rate von einem Fall von mehreren Hundert exponierten Neugeborenen geschätzt. Deswegen gelten derzeit mütterliche Condylomata acuminata nicht als zwingende Sectio-Indikation, sie wird aber beim heutigen Trend zur Wunsch-Sectio trotzdem meist erfolgen.
Therapeutisch wird Cidofovir, als Injektion in die Läsion verabreicht, und die Laserkoagulation der Effloreszenzen diskutiert. Inwieweit die seit einigen Jahren verfügbaren Impfung gegen HPV die Prävalenz der Larynxpapillomatose beeinflusst, ist bisher unklar.

Influenza-A- und -B-Infektion

Influenza-A- oder -B-Infektionen stellen eine Gefahr für die Schwangeren dar, führen aber nach heutigem Kenntnisstand nicht gehäuft zu Komplikationen oder Schädigung des Feten, obwohl eine diaplazentare Übertragung bekannt ist. Infizierte Neugeborene zeigen unspezifische Symptome wie Fieber, Apnoen, Lethargie und Trinkschwäche. Extrem unreife Frühgeborene mit BPD können schwere Verläufe erleiden. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Präventiv ist die Grippeschutzimpfung für Frauen mit Kinderwunsch bzw. das Pflegepersonal in Neonatologien dringendst zu empfehlen.

Masern

Da die Prävalenz der Masern infolge unzureichender Durchimpfungsraten relativ hoch ist, können nichtimmune Schwangere exponiert werden und erkranken. Der Verlauf ist bei Schwangeren schwerer als sonst üblich und führt häufig zur Masernpneumonie. Chromosomale Störungen oder Fehlbildungen des Feten sind nicht zu erwarten, wohl aber eine erhöhte Rate von Aborten, Frühgeburtlichkeit und Dystrophie des Neugeborenen. Erkrankt ein Neugeborenes innerhalb der ersten 10 Lebenstage an Masern, erfolgte die Übertragung konnatal. Der Verlauf der Masern beim Neugeborenen kann mitigiert oder schwer sein. Hauptgefahr ist die Masernpneumonie mit sekundärer bakterieller Superinfektion. Die Letalität ist nicht signifikant erhöht. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Präventiv können exponierte Schwangere oder Neugeborene mit einem Standardimmunglobulin innerhalb von 72 Stunden nach Exposition zumindest partiell geschützt werden (Dosis 0,4 ml/kg i.m.). Stillen ist möglich.

Mumps

Der Verlauf der Krankheit bei Schwangeren ist meist blande, eine diaplazentare Übertragung des Virus möglich. Teratogene Schäden durch das Mumpsvirus sind nicht bekannt. Eine postnatale Infektion eines Neugeborenen verläuft blande, die Prognose ist gut. Die Therapie erfolgt symptomatisch, eine Prophylaxe mit Immunglobulinen ist ohne nachgewiesenen Effekt. Stillen ist möglich.

Parechovirus-Infektionen

Durch Reklassifizierung wurde 1999 in der Picorna-viridae-Familie der Genus Parechovirus (HPeV – humanes Parechovirus) definiert. PCR-Methoden erlauben die Identifizierung von 16 verschiedenen Genotypen. Bei Infektionen im Neugeborenenalter werden am häufigsten HPeV1 und HPeV3 nachgewiesen. Die Infektion kann klinisch sehr eindrucksvoll unter dem Bild einer schweren Sepsis mit Fieber und Irritabilität verlaufen. Respiratorische und gastrointestinale Symptome stehen eher im Hintergrund. Der Virusnachweis im Liquor ist häufig positiv. Unter intensivmedizinischen Maßnahmen kann die Infektion innerhalb weniger Tage überwunden werden. Neurologische Restschäden wurden beschrieben. Bei plötzlichem Kindstod sollte der Möglichkeit einer HPeV-Infektion nachgegangen werden.
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