Feinstaub
Die renommierte amerikanische Six Cities Study zeigte einen Zusammenhang zwischen
Prävalenz der Bronchitis und des chronischen
Hustens und einer Exposition gegenüber Gesamtschwebstaub auf. Das Risiko, eine Bronchitis oder einen chronischen Husten zu entwickeln, stieg auf das 2,3- bzw. 3,4-Fache innerhalb der beobachteten Konzentrationen von 43,1–80 μg/m
3 Gesamtschwebstaub. Dieser Anstieg war signifikant für die Konzentration von Partikeln mit einem Durchmesser von weniger als 15 μm. Ähnliche Ergebnisse wurden in einer umfangreichen Schweizer Studie an über 4000 Schulkindern gefunden. Es wurde jedoch kein Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Schwebstaub, NO
2 oder SO
2 und der Prävalenz von persistierenden, giemenden Atemgeräuschen (wheezing) oder Asthma beobachtet. Ergebnisse aus einer Meta-Analyse von Ergebnissen großer europäischer Geburtskohorten, die als die qualitativ hochwertigste Studien anzusehen sind, zeigen statistisch signifikant erhöhte Risiken für
Pneumonien und PM10, aber nicht für Otitiden, Pseudokrupp und Asthma bei Kindern in Abhängigkeit von PM10 und PM2,5.
Bei manifesten Asthmatikern kann eine Umweltbelastung mit lungengängigem Feinstaub sehr wohl zu einer Exazerbation der Krankheit beitragen. In Birmingham, England, fand sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Konzentration des „black smoke“ und Krankenhausaufnahmeraten wegen Asthmas während zweier Winterperioden. Der Effekt kann als ein 19 %iger Anstieg der Aufnahmeraten pro Tag pro Anstieg der Staubkonzentration um 20 μg/m3 zusammengefasst werden. Ähnliche Befunde wurden in Seattle, USA, erhoben. Hier wurde das Risiko als ein 14 %iger Anstieg der Asthmaaufnahmeraten pro Tag pro durchschnittlichem Anstieg der PM10-Konzentration um 30 μg/m3 über die letzten 4 Tage ausgedrückt.
Neben dem PM10-Feinstaub spielen die PM2,5-Partikel insbesondere bei der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen die entscheidende Rolle. Allerdings haben beide Partikelkomponenten bei der Entstehung von allergischen und asthmatischen Erkrankungen nur eine untergeordnete Bedeutung.
Ozon
Die Reaktion auf Ozon weist eine große interindividuelle Variabilität auf, selbst in homogenen Studienpopulationen, die aus sorgfältig ausgewählten gesunden Freiwilligen bestehen. Ungefähr 10–20 % der Bevölkerung sind ozonempfindlich und entwickeln nach Ozonexposition Einschränkungen der Lungenfunktion (forcierte Vitalkapazität [FVC] und FEV1), wohingegen die restlichen Personen unempfindlich sind. Intraindividuell sind sowohl die vermehrten Atemwegsbeschwerden als auch die Lungenfunktionseinbußen weitestgehend reproduzierbar. Die Gründe, warum nur ein kleiner Teil der Bevölkerung auf eine Ozonbelastung reagiert, sind derzeit unbekannt. Es findet sich ferner bei den betroffenen Personen kein klarer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Lungenfunktionseinbußen, dem Ausmaß der gesteigerten bronchialen Reaktivität und den verschiedenen Markern der Entzündungsreaktion in den Atemwegen. Allerdings ist wiederholt gezeigt worden, dass
Raucher nicht auf Ozon reagieren. Atopische und asthmatische Personen reagieren auf Ozon ebenso sensibel wie gesunde Nichtraucher, jedoch zeigen sie im Gegensatz zur Exposition mit SO
2 oder NO
2 keine verstärkte Antwort auf die Ozonexposition. Bei allen ozonempfindlichen Personen gilt, dass Effekte erst dann gesehen werden, wenn die Probanden leichter bis mittlerer körperlicher Belastung unterworfen werden.
Um reale Umweltbedingungen zu simulieren, wurden verschiedene Studienprotokolle entwickelt, die Probanden über eine Dauer von 1–2 Stunden unterschiedlichen Ozonkonzentrationen aussetzten. Sie fanden in konsistenter Weise Einschränkungen der Lungenfunktion (FVC und FEV1) unter ansteigenden Ozonkonzentrationen von 0,21–0,4
ppm. In einigen städtischen Bereichen bleiben Ozonwerte aber häufig über mehrere Stunden erhöht. Studienprotokolle, die eine längere Expositionsdauer von 6–8 Stunden unter körperlicher Belastung der Probanden verwendeten, fanden dann auch Effekte ab Konzentrationen um 0,08 ppm.
Einige Studien haben einen Anstieg der bronchialen Reaktivität auf Methacholin oder
Histamin, nicht aber nach Laufbelastung nach einmaliger Exposition mit Ozon im Bereich von 0,12–0,6
ppm gezeigt. Wiederum fand sich kein Unterschied für die Induktion der bronchialen Reaktivität zwischen Gesunden und Asthmatikern. Bei den meisten Probanden war der Anstieg der Reaktivität am nächsten Tag wieder verschwunden, nur bei 2 Personen blieb die gesteigerte Reaktivität auch nach 1 Woche noch nachweisbar. Allerdings zeigten die Resultate zweier weiterer Studien, dass Asthmatiker nach einmaliger Ozonbelastung mit einer gesteigerten bronchialen Reaktivität auf Allergenprovokation reagieren. Dies konnte in einer der Studien auch bei Probanden mit allergischer Rhinitis, wenn auch in geringerem Umfang, gezeigt werden.
In Los Angeles fiel auf, dass die Ozonempfindlichkeit der Probanden von der Jahreszeit abhing. Sie waren am Ende der Sommerzeit mit hohen Ozonwerten weniger sensibel als im Winter, wenn die Ozonbelastungen gering waren. Weitere Klimakammerstudien haben bestätigt, dass bei mehrmaliger Ozonexposition eine Toleranzinduktion oder Adaptation stattfindet. Mehrere Studien, die die Ozonbelastung über 4–5 Tage wiederholten, fanden, dass die stärksten Einbußen der FVC und des FEV1 am 2. Belastungstag auftraten und dass diese Parameter am 5. Tag wieder zu ihrem Ausgangswert zurückgekehrt waren. Wenn keine weiteren Ozonbelastungen vorgenommen werden, bleibt dieses verminderte Ansprechen auf Ozon für die nächsten 4–7 Tage bestehen, um dann wieder auf seine Ausgangslage zurückzukehren.
Es ist unklar, ob die nach einmaliger Ozonbelastung gesteigerte bronchiale Reaktivität ebenfalls eine Adaptation aufweist. Verschiedene Studien, die relativ hohe Ozonkonzentrationen (0,4
ppm) wiederholt anwendeten, fanden widersprüchliche Resultate. Bei den meisten Probanden fand eine Restitutio ad integrum statt, nur in einer Untersuchung fand sich bei 11 von 17 untersuchten Probanden ein Weiterbestehen der gesteigerten bronchialen Reaktivität am 5. Tag der Exposition. Letztlich werden nur epidemiologische Untersuchungen die aus diesen Studien resultierenden Fragen, ob Ozon eine bronchiale Reaktivität langfristig bei Gesunden induzieren und somit das Neuauftreten eines
Asthma bronchiale hervorrufen kann, beantworten können.
Andere Untersuchungen haben sich mit der Frage beschäftigt, ob eine vermehrte Ozonbelastung zu einer Exazerbation eines
Asthma bronchiale führt. In Kanada wurden in den Sommermonaten positive Korrelationen mit der Ozonbelastung vom Vortag gefunden. Ein Anstieg der maximalen 1-Stunden-Ozonkonzentration um 0,05
ppm während der Monate Juli–August war mit einem signifikanten 8,3 %igen Anstieg der Einweisungsrate für Asthma bronchiale bei Kindern assoziiert. Andere kanadische und amerikanische Studien haben diesen Zusammenhang zwischen Ozonbelastung und Einweisungen wegen Asthma bronchiale bestätigt.
Einige epidemiologische Untersuchungen an Kindern und Erwachsenen, die ihre Sommerferien in Ferienlagern verbrachten, fanden ähnliche Zusammenhänge, wie die in den Klimakammerstudien beschriebenen. Auch in diesen Studien waren die wiederholten Ozonbelastungen der Außenluft mit Einschränkungen der Lungenfunktion assoziiert. Das Ausmaß dieser Einschränkungen war meist gering. In Mexiko-Stadt, wo die Ozongrenzwerte regelmäßig überschritten werden, wurden Schulkinder untersucht, die bei Ozonkonzentrationen der Außenluft von 0,15–0,36
ppm einer Laufbelastung unterzogen wurden. Obwohl diese Kinder zuvor im Alltagsleben hohen Ozonbelastungen ausgesetzt waren, reagierten sie dennoch in ähnlicher Weise mit Lungenfunktionseinbußen, wie in Klimakammerstudien gezeigt wurde. Allerdings waren diese Veränderungen nur passager und reversibel nach Abnahme der Ozonkonzentrationen. Die Langzeitbedeutung dieser Befunde bleibt folglich unklar.
Auch bei der Ozonexposition scheint der genetischen Disposition für die Glutathion-S-Transferase eine modifizierende Rolle zuzukommen. Bei Mangelvarianten und Ozonexposition ist ein erhöhtes Asthmarisiko beschrieben worden. Die Gabe von Antioxidanzien in der Ernährung könnte diesem Effekt möglicherweise entgegenspielen.
Stickstoffdioxid
Etwa 20 kontrollierte Humanexpositionsstudien haben die kurzzeitigen und mittelfristigen Effekte einer NO
2-Exposition auf die Verengung der Atemwege bei erwachsenen Asthmatikern untersucht. Diese Studien fanden mehrheitlich adverse Effekte teils auch bei Expositionen, wie sie in hoch belasteten Regionen nahe an sehr verkehrsreichen Straßen in Spitzenzeiten auftreten können. Eine kontrollierte Studie verdeutlicht exemplarisch die Ergebnisse bei einer kombinierten Exposition von NO
2 und anschließender Allergenexposition: Eine Exposition mit Stickstoffdioxid erhöhte deutlich die bronchiale Reaktivität auf Allergenprovokation bei Patienten mit leichtem
Asthma bronchiale. Zehn nichtrauchende Asthmatiker wurden mit 0,1
ppm bzw. 0,4 ppm NO
2 belastet und wurden unmittelbar danach mit Hausstaubmilbenextrakten bronchial provoziert. Der Ausgangs-FEV1 war durch die NO
2-Belastung nicht erniedrigt, allerdings war die bronchiale Obstruktion nach Allergenprovokation in der mit 0,4 ppm NO
2 exponierten Gruppe deutlich stärker als in der nichtexponierten Gruppe. Ähnliche Reaktionen konnten nach Exposition mit einem Gemisch von 0,4 ppm NO
2 und 0,2 ppm SO
2 erzielt werden.
Kontrollierte Studien mit Gesunden zeigen dagegen keine statistisch signifikanten Effekte auch bei sehr hohen Expositionen mit NO2.
Zahlreichen epidemiologische Studien zu Kurzzeiteffekten bei Asthmatikern zeigen bei erhöhten NO
2-Expositionen konsistent eine Verschlechterung der Lungenfunktion sowie erhöhte Risiken für Krankenhauseinweisungen und die Sterblichkeit. Allerdings wird in der epidemiologischen Forschung bei den Assoziationen mit NO
2 davon ausgegangen, dass die beobachteten Effekte nicht zwangsläufig auf das NO
2 als Gas zurückzuführen sind, sondern NO
2 wird als Indikatorsubstanz für ein Luftschadstoffgemisch angesehen, das seinen Ursprung in den Emissionen des Kraftfahrzeugverkehrs hat. In diesem Sinne sind erhöhte Risiken von Bronchitis und
Pneumonien im Zusammenhang mit erhöhten NO
2-Expositionen, wie sie in einer
Metaanalyse großer europäischer Geburtskohorten jüngst publiziert wurden, mit Sorgfalt zu interpretieren. Diese Meta-Analyse fand im Übrigen gleichfalls keine Assoziation zwischen NO
2 und der allergischen Sensibilisierung, dem Heuschnupfen und auch keinen statistisch signifikanten Zusammenhang mit Asthma.
Schwefeldioxid
Wenn eine Asthmakrankheit vorliegt, dann führt eine Belastung mit Schwefeldioxid unter leichter körperlicher Belastung zur Bronchialobstruktion, wie Klimakammerstudien eindrucksvoll belegen. Gesunde hingegen reagieren nicht. Wenn Asthmatiker kurzfristig einer Schwefeldioxidkonzentration von mindestens 0,25
ppm ausgesetzt werden, kann bei vielen Patienten ein Anstieg des Atemwegswiderstands (FEV1) festgestellt werden. Eine Verringerung des FEV1 stellt sich bei höheren Konzentrationen ab 0,4 ppm ein. Die Reaktion des Patienten tritt innerhalb von 2 min ein. Sie steigert sich mit anhaltender Dauer der Exposition über die nächsten 10–30 min, um dann ein Plateau zu erreichen, welches bestehen bleibt, solange die Exposition andauert. Nach Beendigung der Exposition ist die Reaktion innerhalb 1 Stunde verschwunden. Spätreaktionen sind mit ganz wenigen Ausnahmen nicht beobachtet worden. Die Beschwerden, die mit diesen Lungenfunktionsänderungen einhergehen, sind gewöhnlich leicht und bestehen in stechenden Sensationen in der Nase, im unangenehmen Schwefelgeruch, in Halsbeschwerden, Atemnot und Giemen. Die durch Schwefeldioxid induzierte Bronchialobstruktion, wie auch die begleitenden Beschwerden verschwinden rasch nach Gabe von β
2-Sympathomimetika.
Viele epidemiologische Untersuchungen an Kleinkindern und Schulkindern legen die Vermutung nahe, dass eine vermehrte Exposition gegenüber Schwefeldioxid zu vermehrten unspezifischen Atemwegsbeschwerden wie
Husten, Bronchitis oder Symptomen des oberen Atemtrakts führt. Das größte methodische Problem in epidemiologischen Studien liegt jedoch darin, die Effekte von Schwefeldioxid von denen einer Staubbelastung zu unterscheiden, da – wie bereits erwähnt – beide Schadstoffe oft in ähnlichen Konzentrationen vorliegen.
Es gibt kaum Hinweise dafür, dass eine vermehrte Schwefeldioxidbelastung zum Neuauftreten eines Asthmas oder allergischer Krankheiten führt, wie die Studien in Ost- und Westdeutschland nach der Wiedervereinigung deutlich belegen. In ehemals mit Schwefeldioxid und anderen Schadstoffen hochbelasteten Arealen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik war die
Prävalenz des
Asthma bronchiale, der bronchialen Hyperreaktivität und der atopischen Sensibilisierung bei Kindern wie Erwachsenen signifikant niedriger als in westdeutschen Vergleichsregionen wie München oder Hamburg. Andere Umweltfaktoren oder Lebensstilfaktoren scheinen also eine größere Rolle bei der Entstehung dieser Krankheiten zu spielen als die Luftschadstoffbelastung mit Schwefeldioxid oder Stäuben.