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Pädiatrie
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Publiziert am: 20.05.2020

Störungen der Nebennierenfunktion bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Carl-Joachim Partsch und Felix Riepe
Die Nebennieren bestehen aus der vom Mesoderm abstammenden Nebennierenrinde (NNR) und dem vom Ektoderm stammenden Nebennierenmark (NNM). Während der Fetalzeit ist die NNR deutlich größer als postnatal. In der fetalen NNR finden sich eine breite Innenschicht, die als transitorische fetale Rinde (Fetokortex) bezeichnet wird, und eine schmale Außenzone (Neokortex), aus der die permanente, letztlich dreischichtige NNR hervorgeht. Während der Neokortex durch ACTH stimulierbar ist, scheint der Fetokortex in der 1. Schwangerschaftshälfte unter dem Einfluss von plazentarem hCG (humanes Choriongonadotropin) zu stehen. Die Östrogenproduktion in der Schwangerschaft ist sowohl von einer funktionierenden Plazenta als auch von einer intakten und hormonell aktiven fetalen NNR abhängig (sog. fetoplazentare Einheit). Daher dient die Östriolkonzentration im Plasma oder Urin der Schwangeren als Parameter für die Vitalität des Fetus. Um den 8. Schwangerschaftsmonat beginnt eine Involution des Fetokortex, welche postpartal etwa im 6. Monat abgeschlossen ist. Im Neokortex differenziert sich erst nach der 10. SSW die Zona fasciculata. Ab der 20. SSW ist auch eine schmale Zona glomerulosa abgrenzbar. Die Steroidbiosynthese (Kortisol, Aldosteron) im Neokortex erfolgt in nennenswertem Umfang jedoch erst ab der 32. SSW. Die Zona reticularis demarkiert sich erst vor der Pubertät. Man unterscheidet 3 Zonen in der maturen Nebennierenrinde: Zona reticularis, Zona fasciculata und Zona glomerulosa.

Störungen der Nebennierenrindenfunktion

Entwicklung und Funktion der Nebennierenrinde

Die Nebennieren bestehen aus der vom Mesoderm abstammenden Nebennierenrinde (NNR) und dem vom Ektoderm stammenden Nebennierenmark (NNM). Während der Fetalzeit ist die NNR deutlich größer als postnatal. Im 2. Fetalmonat ist das Größenverhältnis von Nebenniere zu Niere 2:1, im 6. Monat 1:1 und beim Erwachsenen 1:28. In der fetalen NNR finden sich eine breite Innenschicht, die als transitorische fetale Rinde (Fetokortex) bezeichnet wird, und eine schmale Außenzone (Neokortex), aus der die permanente, letztlich dreischichtige NNR hervorgeht. Während der Neokortex durch ACTH stimulierbar ist, scheint der Fetokortex in der 1. Schwangerschaftshälfte unter dem Einfluss von plazentarem hCG (humanes Choriongonadotropin) zu stehen. Er produziert bereits ab der 6. Schwangerschaftswoche (SSW) aus plazentarem Pregnenolon vorwiegend Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEA-Sulfat) und 16-OH-DHEA-Sulfat, welche als direkte Vorstufen der hoch aktiven Östriolsynthese in der Plazenta dienen. Da einige der hierfür nötigen Enzyme nur in der fetalen NNR, andere aber nur in der Plazenta vorhanden sind, ist die Östrogenproduktion in der Schwangerschaft sowohl von einer funktionierenden Plazenta als auch von einer intakten und hormonell aktiven fetalen NNR abhängig (sog. fetoplazentare Einheit). Daher dient die Östriolkonzentration im Plasma oder Urin der Schwangeren als Parameter für die Vitalität des Fetus. Bereits um den 8. Schwangerschaftsmonat beginnt eine Involution des Fetokortex, welche postpartal etwa im 6. Monat abgeschlossen ist. Im Neokortex differenziert sich erst nach der 10. SSW die Zona fasciculata. Ab der 20. SSW ist auch eine schmale Zona glomerulosa abgrenzbar. Die Steroidbiosynthese (Kortisol, Aldosteron) im Neokortex erfolgt in nennenswertem Umfang jedoch erst ab der 32. SSW. Die Zona reticularis demarkiert sich erst im Rahmen der Adrenarche vor der Pubertät (Kap. „Krankheiten der Keimdrüsen bei Kindern und Jugendlichen“). Man unterscheidet somit von innen nach außen 3 Zonen in der maturen Nebennierenrinde: Zona reticularis, Zona fasciculata und Zona glomerulosa.
Von der permanenten NNR wird mithilfe enzymatischer Prozesse eine große Anzahl lebenswichtiger Steroide aus Acetat oder aus Cholesterin aufgebaut (Abb. 1). Nach ihrer vorwiegenden Funktion lassen sich die NNR-Hormone in 3 Gruppen einteilen:
  • die eiweißkatabolen, antiphlogistisch bzw. immunsuppressiv wirksamen Glukokortikoide (G),
  • die natriumretinierenden, kaliumdiuretisch wirksamen Mineralokortikoide (M) und
  • die eiweißanabolen, stickstoffretinierenden Androgene (A).
Eine scharfe Trennung der Gruppen nach ihrer Funktion ist nicht möglich, da sich die Wirkung einzelner NNR-Steroide überlappt. So besitzt z. B. das Kortisol einen deutlichen Mineralokortikoideffekt, da Glukokortikoidrezeptor (GR) und Mineralokortikoidrezeptor (MR) große Ähnlichkeit aufweisen. Ebenso hat der MR die gleiche Affinität für Kortisol und Aldosteron. In mineralokortikoidsensitiven Geweben (z. B. Nierentubulus) schützt die 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 2 (11β-HSD-2) durch Umwandlung von Kortisol zu Kortison den MR vor Besetzung durch Kortisol, sodass er frei bleibt für die Bindung von Aldosteron.
Glukokortikoide bewirken eine Glukoneogenese aus Proteinen und wirken damit in den meisten Geweben eiweißkatabol. In der Leber hingegen haben Glukokortikoide durch Stimulation der Enzymproteinsynthese eine anabole Wirkung. In fetalen Organen (Lunge, Leber, Darm, Gehirn) induzieren sie, ähnlich wie das Schilddrüsenhormon, die Differenzierung und Organreifung. Kortisol ist das physiologisch wirksame Glukokortikoid. In Ruhe beträgt die Kortisolsekretion ca. 7 mg/m2 KOF/24 h. Im Stress kann die Sekretion durch CRH-ACTH-Stimulation maximal auf den 10-fachen Wert ansteigen. Die Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-NNR-Achse unterliegt einem ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus (zirkadiane Sekretion) mit einem Gipfel am frühen Morgen gegen 4 Uhr. Bis 10 Uhr vormittags sind zwei Drittel der Tagessekretion abgegeben. Im Blut ist Kortisol überwiegend an sein Transportglobulin Transkortin gebunden.
Bei akuter Verabreichung bewirken Glukokortikoide eine Eosinopenie und eine Lymphopenie. Sie führen zu einer Rückbildung der lymphatischen Gewebe und unterdrücken zahlreiche Immunreaktionen, insbesondere durch Hemmung von Zytokinen und Entzündungsmediatoren sowie der Beweglichkeit und Funktion von Neutrophilen, Lymphozyten, Monozyten und Makrophagen. Unphysiologisch hohe Dosen wirken stark appetitsteigernd und wachstumshemmend und führen zu Adipositas und Osteoporose. Der aktivste physiologische Vertreter ist das Kortisol (Hydrokortison). Kortison (11-Dehydrokortisol) wird dagegen in physiologischen Dosen nicht vom Glukokortikoid- und auch nicht vom Mineralokortikoidrezeptor gebunden und ist daher endogen praktisch nicht wirksam. Synthetische Glukokortikoide mit gesteigerter antiphlogistischer Wirkung und verlängerter Halbwertszeit, aber ohne Mineralokortikoideffekt sind Prednison, Prednisolon, Triamcinolon, Betamethason und Dexamethason. Nach ihrer antiphlogistischen pharmakologischen Wirkung sind folgende Dosen etwa wirkungsgleich: 100 mg Kortisol, 30 mg Deflazacort, 25 mg Prednison, 20 mg Methylprednisolon, 15 mg Triamcinolon, 3 mg Dexamethason oder Betamethason. Den synthetischen Präparaten fehlt der Mineralokortikoideffekt weitgehend. Eine antiphlogistisch voll wirksame Dosis sind 2 mg Prednison/kg KG/Tag.
Die Wirkung der NNR-Androgene deckt sich mit derjenigen der gonadalen Androgene, ist jedoch quantitativ deutlich geringer. Die adrenalen Androgene fördern das Längenwachstum und die Skelettreifung. Zusammen mit den gonadalen Sexualhormonen bewirken sie die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale. Vornehmlich beim weiblichen Geschlecht führen sie zur Entwicklung der Pubes und der Axillarbehaarung. Der Beginn der adrenalen Androgenproduktion in der Vorpubertät wird als Adrenarche bezeichnet. Sie ist von der Ausbildung der Zona reticularis abhängig, findet sich nur beim Menschen und höheren Primaten und geht dem Beginn der gonadalen Steroidbildung um etwa 2–4 Jahre voraus. Über die Steuerung dieses Vorgangs bestehen noch keine endgültig gesicherten Vorstellungen.
Die Synthese und Ausschüttung von Glukokortikoiden und Androgenen wird durch Kortikotropin (ACTH) aus der Hypophyse stimuliert. Nur Glukokortikoide verursachen eine Suppression des hypothalamischen Kortikotropin-Releasing-Hormons (CRH) und damit eine Hemmung der ACTH-Abgabe im Sinne eines negativen Feedbacks. CRH ist ein Peptid von 41 Aminosäuren (AS). Es wird im ventromedialen Hypothalamus gebildet und ist der wichtigste Regulator der ACTH-Sekretion. ACTH ist ein Polypeptid von 39 AS, welches zusammen mit β-Lipotropin (β-LPH, 91 AS) durch Spaltung des hypophysären Vorläuferproteins Proopiomelanokortin (POMC) entsteht. Die weitere proteolytische Spaltung von ACTH liefert u. a. α-MSH (melanozytenstimulierendes Hormon), das den ersten 13 AS des ACTH entspricht, aber keine Kortikotropinwirkung besitzt. Die Proteolyse von β-LPH liefert β-MSH (17 AS) sowie neurotrope Peptide mit morphinartiger Wirkung. Als wichtigstes dieser im Stress freigesetzten Endorphine gilt das β-Endorphin, welches den AS 61–91 des β-LPH entspricht.
Mineralokortikoide gehören zu den wichtigsten Regulatoren des Salz-Wasser-Haushalts. Sie fördern die Retention von Natrium im distalen Nierentubulus und damit von Chlorid und Wasser sowie die Exkretion von Kalium. Das stärkste Mineralokortikoid ist Aldosteron. Es wird nur in den Zellen der Zona glomerulosa gebildet. Daneben besitzen Kortikosteron und Desoxykortikosteron (DOC) eine starke mineralokortikoide Wirkung. Aldosteron ist jedoch etwa 25-mal wirksamer. Als synthetisches orales Mineralokortikoid steht das 9α-Fluorokortison (Fludrokortison) zur Verfügung.
Die Regulation der Abgabe der Mineralokortikoide erfolgt bei Erwachsenen und älteren Kindern fast ausschließlich über den juxtaglomerulären Apparat der Niere. Bei Verminderung des Plasmavolumens, Abfall des Natriums oder Anstieg des Kaliums im Serum kommt es zu einem Anstieg der Reninsekretion. Renin spaltet als Protease Angiotensin I von dem in der Leber synthetisierten Angiotensinogen ab. Angiotensin I wird durch das Angiotensin-converting Enzym (ACE) zu Angiotensin II proteolysiert, welches zum einen zu einer vermehrten Aldosteronsynthese und -sekretion in der Zona glomerulosa führt und zum anderen direkt vasokonstriktiv wirkt.

Nebennierenrindeninsuffizienz

Ätiologie und Klassifikation
Die vielfältigen angeborenen und erworbenen Formen des Kortisol- und/oder Aldosteronmangels werden nach ihrer Lokalisation in primäre (adrenale, Tab. 1), sekundäre (hypophysäre) und tertiäre (hypothalamische) Störungen (Tab. 2) eingeteilt. Da die NNR auch ohne das glandotrope Hypophysenhormon ACTH eine geringe Restfunktion aufrechterhalten kann, zeigt die primäre NNR-Insuffizienz klinisch wesentlich schwerere Symptome als die sekundäre oder tertiäre. Die primären Störungen der NNR werden nach der Morphologie des Organs in Insuffizienzen mit NNR-Hypoplasie und NNR-Hyperplasie unterschieden.
Tab. 1
Differenzialdiagnose der primären Nebennierenrindeninsuffizienz
Primäre NNR-Insuffizienz
OMIM
Gen
Chromosomale Lokalisation
OMIM
Isolierte Autoimmunadrenalitis
-
Multiple HLA
6p21.3
-
Autoimmun-polyendokrines Syndrom Typ 1 (APS1)
240300
AIRE
21q22.3
607358
Autoimmun-polyendokrines Syndrom Typ 2 (APS2)
269200
HLAB8, -DR3, -DR4
6p21.33
-
Kongenitale NNR-Hypoplasie
300200,
612964
NR0B1 (DAX1), NR5A1 (SF1)
Xp21.2,
9q33.3
300473, 184757
IMAGe-Syndrom
614732
CDKN1C
11p15.4
600856
IMAGeI-Syndrom
618336
POLE1
12q24.33
174762
MIRAGE-Syndrom
617053
SAMD9
7q21.2
610456
SERKAL-Syndrom
611812
WNT4
1p36.12
603490
Adrenoleukodystrophie (ALD)
300100
ABCD1
Xq28
300371
Neonatale ALD,
Zellweger-Syndrom
601539,
214110,
614871,
614885,
614873
PEX1,
PEX5,
PEX10,
PEX13,
PEX26
7q21-q22, 12p13.31,
1p36.32,
2p15,
22q11.21
602136, 600414, 602859, 601789, 608666
Familiäre Glukokortikoiddefizienz Typ 1
202200
MC2R
18p11.21
607397
Familiäre Glukokortikoiddefizienz Typ 2
609196
MRAP
21q22.11
607398
Familiäre Glukokortikoiddefizienz Typ 3
609197
?
8q11.2-q13.2
-
Familiäre Glukokortikoiddefizienz Typ 4
614736
NNT
5p12
607878
Familiäre Glukokortikoiddefizienz Typ 5
617825
TXNRD2
22q11.21
606448
Minichromosome maintenance 4
609981
MCM4
8q11.21
-
617575
SGPL1
10q22.1
603729
Glukokortikoidresistenz
615962
NR3C1
5q31.3
138040
Triple-A-Syndrom
231550
AAAS
12q13.13
605378
Wolman-Syndrom
278000
LIPA
10q24
613497
270400
DHCR7
11q13.4
602858
Kearns-Sayre-Syndrom
530000
-
-
Aldosteron-Synthasemangel – CMO I
203400
CYP11B2
8q24.3
124080
CMO II
610600
CYP11B2
8q24.3
124080
Mineralokortikoidresistenz
177735
MR/NR3C2
4q31.23
600983
Infektionen
-
-
-
-
Nebennierenblutung
-
-
-
-
Tab. 2
Differenzialdiagnose der sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz
Sekundäre NNR-Insuffizienz
OMIM
Gen
Chromosomale Lokalisation
OMIM
ACTH-Mangel, isoliert
201400,
609734,
-
TBX19,
POMC,
CRH
1q24.2, 2p23.3, 8q13.1
604614,
176830,
122560
Prohormon Konvertase-Mangel 1/3
162150
PCSK1
5q15
600955
Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 2*
262600
PROP1
5q35.3
601538
Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 3
221750
LHX3
9q34.3
600577
Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 4
262700
LHX4
1q25.2
602146
Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 5 (inkl. SOD)
182230
HESX1
3p14.3
601802
Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 6
613986
OTX2
14q22.3
600037
X-gebundener Panhypopituitarismus (PHPX)
312000
SOX3
Xq27.1
313430
Culler-Jones-Syndrom
615849
GLI2
2q14.2
165230
176270
SNRPN, NDN
15q11-q13
182279, 602117
Hypothalamische oder hypophysäre Tumoren, Chirurgie, Bestrahlung, Trauma, LCH etc.
-
-
-
-
LCH Langerhanszell-Histiozytose; SOD Septo-optische Dysplasie (OMIM 601802)
*Kombinierte Hypophyseninsuffizienz 1 (OMIM 613031) durch Mutationen in POU1F1 (OMIM 173100) ist ohne ACTH-Mangel
Primäre NNR-Insuffizienz durch Störungen der Organentwicklung
DAX1-Defekt
Am häufigsten findet man unter den angeborenen Formen die kongenitale NNR-Hypoplasie („adrenal hypoplasia congenita“, AHC), eine X-chromosomal vererbte Anlagestörung der permanenten NNR. Der persistierende Rest des Fetokortex zeigt histologisch im Vergleich zu den typischen fetalen adrenalen Zellen größere Zellen, weshalb man auch von einer zytomegalen NNR-Hypoplasie spricht. Im klassischen Fall manifestiert sich die AHC mit einer primären NNR-Insuffizienz im Säuglingsalter. Es sind einzelne Fälle mit einer Manifestation im Kleinkindalter oder der Adoleszenz bekannt. Bei den betroffenen Jungen bleiben Adrenarche und spontaner Pubertätsbeginn infolge eines gleichzeitig vorhandenen Hypogonadismus aus. Da dieser schon antenatal besteht, findet sich oft ein bilateraler Maldescensus testis. In seltenen Fällen ist der Hypogonadismus das primäre Symptom der AHC und geht der NNR-Insuffizienz voraus. Ursache der AHC sind Punktmutationen oder Deletionen im NR0B1-Gen, welches den Transkriptionsfaktor DAX1 aus der Familie der nukleären Rezeptoren kodiert. In Kombination mit Duchenne-Muskeldystrophie und/oder Glycerokinasemangel und/oder IL1RAPL1 (mit mentaler Entwicklungsstörung) kommt die AHC als Teil eines „contiguous gene deletion syndrome“ des kurzen Arms des X-Chromosoms vor. DAX1 ist zusammen mit weiteren Transkriptionsfaktoren, wie z. B. SF1, für die Entwicklung von NNR, Gonaden und bestimmten Kernen des ventromedialen Hypothalamus notwendig.
SF1-Defekt
Der „steroidogenic factor 1“ (SF1) gehört wie DAX1 zur Familie nukleärer Rezeptoren. SF1 reguliert eine Reihe von Genen, die für die Reproduktion, die Steroidbiosynthese und die männliche Differenzierung notwendig sind. Mutationen des für SF1 kodierenden Gens NR5A1 führen bei männlichem Karyotyp zur primären NNR-Insuffizienz und Störungen der Hodenentwicklung mit Störung der Geschlechtsentwicklung (DSD; Kap. „Krankheiten der Keimdrüsen bei Kindern und Jugendlichen“). SF1-Defekte mit NNR-Insuffizienz sind sehr selten. Isolierte Störungen der Gonadenfunktion ohne NNR-Insuffizienz sind bei heterozygoten NR5A1-Mutationen wesentlich häufiger. Der Phänotyp zeigt eine signifikante Untervirilisierung mit z. B. penoskrotaler Hypospadie. Bei weiblichem Karyotyp führen inaktivierende Mutationen des NR5A1-Gens zur isolierten NNR-Insuffizienz mit erhaltener ovarieller Funktion oder auch zur vorzeitigen Ovarialinsuffizienz („premature ovarian failure“) ohne Nebenniereninsuffizienz.
IMAGe-Syndrom
Das IMAGe-Syndrom ist bedingt durch aktivierende Mutationen im Gen für den zyklinabhängigen Kinase-Inhibitor 1C (CDKN1C). Es umfasst eine intrauterine Wachstumsretardierung, metaphysäre Dysplasie, adrenale Hypoplasie und Genitalanomalien (beim Jungen z. B. Kryptorchismus, Mikropenis, Hypospadie). Typischerweise manifestiert es sich im 1. Lebensmonat durch eine Nebennierenkrise bei einem bereits pränatal dystrophen Kind. Seltener sind chronische Gedeihstörung und rezidivierendes Erbrechen erstes Zeichen einer Nebenniereninsuffizienz.
Primäre NNR-Insuffizienz durch Störungen der Steroidhormonbiosynthese
Die häufigsten Formen der NNR-Insuffizienz gehen mit einer mehr oder weniger ausgeprägten NNR-Hyperplasie (kongenitales adrenogenitales Syndrom, AGS) einher. Im Englischen wird das Krankheitsbild deshalb „congenital adrenal hyperplasia“ (CAH) genannt. Im deutschsprachigen Raum ist der Begriff adrenogenitales Syndrom (AGS) gebräuchlich. Das AGS ist charakterisiert durch eine gestörte Kortisolbiosynthese. In Kombination können Störungen der Aldosteronbiosynthese und eine gesteigerte oder auch verminderte Androgenbildung auftreten. Biochemisch handelt es sich um 7 verschiedene, autosomal-rezessiv vererbte Gendefekte: den P450scc-Defekt, StAR-Protein-Defekt, den 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Typ-2-Defekt, den 21-Hydroxylase-Defekt, den 17α-Hydroxylase-Defekt, den Oxidoreduktase-Defekt und den 11β-Hydroxylase-Defekt (Abb. 1, Tab. 3).
Tab. 3
Differenzialdiagnose der primären Nebennierenrindeninsuffizienz bei Steroidbiosynthesestörung
Enzymdefekt
OMIM
Gen
Chromosomale Lokalisation
OMIM
P450scc-Defekt
613743
CYP11A1
15q24.1
118485
Lipoidhyperplasie
201710
StAR
8p11.23
600617
3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2-Defekt
201810
HSD3B2
1p12
613890
21-Hydroxylase-Defekt
201910
CYP21A2
6p21.33
613815
17α-Hydroxylase/17,20-Lyase-Defekt
202110
CYP17A1
10q24.32
609300
613571
POR
7q11.23
124015
11β-Hydroxylase-Defekt
202010
CYP11B1
8q24.3
610613
P450scc-Defekt
Bei diesem sehr seltenen Defekt der Steroidbiosynthese ist die Umwandlung von Cholesterin zu Pregnenolon durch das Zytochromenzym P450scc gestört. Als Folge fehlen sämtliche adrenalen und gonadalen Steroidhormone (Tab. 1). Ursächlich sind Mutationen des P450scc kodierenden CYP11A1-Gens. Bei homozygoten Mutationen des CYP11A1-Gens kann es durch die Störung der fetoplazentaren Steroidsynthese zur Frühgeburtlichkeit kommen. Weitere klinische Symptome sind die NNR-Insuffizienz und eine DSD bei 46,XY-Karyotyp. Partiell inaktivierende Mutationen des CYP11A1-Gens verursachen die Manifestation einer NNR-Insuffizienz im Kleinkindalter oder später ohne DSD.
StAR-Protein-Defekt (Lipoidhyperplasie)
Das ACTH-abhängige „steroid acute regulatory protein“ (StAR) ist für den schnellen Cholesterintransport von der äußeren zur inneren Mitochondrienmembran verantwortlich. Hier findet die Umwandlung von Cholesterin in Pregnenolon statt. Bei den seltenen kompletten Defekten des StAR-Proteins kann aufgrund der insuffizienten Pregnenolonbiosynthese keine weitere adrenale oder gonadale Steroidbiosynthese stattfinden (Tab. 3 und 4). Die NNR-Zellen sind durch zytoplasmatische Einlagerung von Cholesterin massiv vergrößert. Klinisch zeigt sich eine globale NNR-Insuffizienz und beim männlichen Karyotyp eine DSD.
Tab. 4
Laborchemische Befunde bei adrenalen Enzymdefekten
 
20,22-Desmolasemangel
StAR-Mangel
3β-HSD-Mangel
21-Hydroxylasemangel
11β-Hydroxylasemangel
17α-Hydroxylasemangel
Oxidoreduktasemangel
Aldosteronsynthase-Mangel
Gen
CYP11A1
StAR
HSD3B2
CYP21A2
CYP11B1
CYP17A1
POR
CYP11B2
Erhöhte Steroide
Keine
Keine
Preg
17OHPreg
DHEA(-S)
Prog
17OHProg
Androst
DOC
S
Androst
DOC
B
17OHProg
Prog
B
18OHB
18OHDOC
ACTH
(↑)
Normal
(↑)
Normal
↑ (46,XX)
↓ (46,XY)
Normal
(↓)
(↓)
Normal
Normal
Normal
Normal
Normal
Normal
Androst Androstendion; B Corticocosteron; DHEA(-S) Dehydroepiandrosteron(-Sulfat); DOC Desoxycorticosteron; Preg Pregnenolon; Prog Progesteron; S Desoxycortisol; 17OHPreg 17-Hydroxypregnenolon; 17OHProg 17-Hydroxyprogesteron; 18OHB 18-Hydroxycorticosteron; 18OHDOC 18-Hydroxydesoxycorticosteron
↓ erniedrigt/supprimiert; (↓) teilweise erniedrigt/supprimiert; ↑ erhöht; (↑) teilweise erhöht
3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Defekt
Die Isoenzyme der 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase (3β-HSD) wandeln Δ5- in Δ4-Steroide um (Abb. 1). Zwei zu 93 % homologe Gene, HSD3B1 und HSD3B2, kodieren für das entsprechende Isoenzym: 3β-HSD-1 wird vorwiegend in Plazenta und Haut, 3β-HSD-2 ausschließlich in NNR und Gonaden exprimiert. Komplett inaktivierende Mutationen des HSD3B2-Gens führen somit zu einer kompletten primären NNR-Insuffizienz und einem kompletten Mangel der Sexualsteroide (Tab. 4). Eine diskrete Klitorishypertrophie von weiblichen Neugeborenen mit 3β-HSD-2-Mangel wird durch eine Konversion von DHEA zu Androstendion und Testosteron durch die intakte 3β-HSD-1 in der Plazenta und in peripheren Geweben erklärt. Nur teilweise inaktivierende Mutationen können mit einer mäßigen Erhöhung der Δ5-Steroide einhergehen und zu einer isolierten Glukokortikoidinsuffizienz oder gar isolierten Hyperandrogenämie durch periphere Hormonkonversion führen. Diese Formen sind jedoch extrem selten.
21-Hydroxylase-(P450c21-)Defekt
Unter den adrenalen Enzymdefekten ist der 21-Hydroxylase-Mangel am häufigsten. Die homozygote klassische Form kommt in unserer Bevölkerung bei 1:13.000 Geburten vor. Das entspricht einer Heterozygotenfrequenz von ca. 1:55.
Klinisch werden 3 Formen des 21-Hydroxylase-Defekts unterschieden:
  • 21-Hydroxylase-Mangel mit Salzverlust: fehlende Kortisol- und Aldosteronbiosynthese, gesteigerte adrenale Androgensynthese
  • 21-Hydroxylase-Mangel ohne Salzverlust (einfach virilisierend): schwere Störung der Kortisolbiosynthese, ausreichende Aldosteronbiosynthese, gesteigerte adrenale Androgensynthese
  • Nichtklassische Form des 21-Hydroxylase-Mangels: leichte Störung der Kortisolbiosynthese, normale Aldosteronbiosynthese, leicht gesteigerte adrenale Androgensynthese
Das CYP21A2-Gen, das die 21-Hydroxylase kodiert, liegt auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 (6p21.3) in der Nähe der HLA-Genloki. Zwischen den HLA-B- und HLA-DR-Loki liegen, alternierend mit den Genen C4A und C4B der Komplementkomponente 4, die beiden 21-Hydroxylase-Gene CYP21A1P und CYP21A2 mit je 10 Exons. Zwischen dem inaktiven CYP21A1P-Gen (Pseudogen) und dem aktiven CYP21A2-Gen besteht eine 98-prozentigee Homologie. Zahlreiche für den 21-Hydroxylase-Mangel verantwortliche Mutationen entstehen durch Genkonversionen zwischen Pseudogen und aktivem Gen (P30L, Intron 2-splice, I172N, I235N, V237E, M238K, V281L, Q318X, R356W, F306+t, Δ8bp). Diese Mutationen machen etwa 80 % aller CYP21-Defekte aus. Große Deletionen und Konversionen sind für ca. 20 % des 21-Hydroxylase-Mangels verantwortlich. Selten finden sich weitere familiäre Punktmutationen des CYP21A2-Gens, die nicht durch Gen-Pseudogen-Konversion entstanden sind. Die Restaktivität der mutierten 21-Hydroxylase entscheidet über den klinischen Phänotyp.
Der Defekt der Kortisolbiosynthese führt zum Anstieg von CRH und ACTH und damit zur NNR-Hyperplasie. Die chronisch stimulierte fetale NNR produziert bereits ab der 6. Gestationswoche vermehrt Androgene. Durch die pathologische Androgenbildung in der fetalen NNR kommt es beim weiblichen Embryo und Fetus zur progredienten Virilisierung des äußeren Genitales, sodass diese Mädchen bei der Geburt eine DSD aufweisen. Die Virilisierung des weiblichen Genitales wird international nach Prader in Typ 1–5 klassifiziert (Abb. 2).
Kinder mit Salzverlustsyndrom sterben ohne Therapie in den ersten Lebenswochen. Kinder mit 21-Hydroxylase-Mangel ohne Salzverlust sind ohne Therapie lebensfähig, zeigen dann aber eine progrediente Virilisierung.
Biochemisch sind beim Defekt der 21-Hydroxylase deren Substrate Progesteron und insbesondere 17-Hydroxyprogesteron im Plasma massiv erhöht (Abb. 1, Tab. 4). Im Urin erscheinen große Mengen Pregnantriol.
Immer, wenn auf einen weiblichen Embryo oder Fetus pathologische Androgenmengen einwirken, entsteht eine Störung der Geschlechtsentwicklung – gleichgültig, ob es sich um exogene Androgene (z. B. Gabe von Gestagenen, die im mütterlichen Organismus zu Androgenen metabolisiert werden), mütterliche Androgene (z. B. androgenproduzierender Tumor in der Schwangerschaft) oder um kindliche endogene Androgene handelt. Ausprägung, Zeitpunkt und Dauer der Androgeneinwirkung bestimmen die Virilisierung, wobei Androgene im 1. Trimenon vorwiegend zur Labienfusion und damit zur Ausbildung eines Sinus urogenitalis communis, im 2. und 3. Trimenon dagegen vorwiegend zur Klitorishypertrophie führen.
17-Hydroxylase-/17,20-Lyase-(P450c17-)Defekt
Die Häufigkeit dieses Defekts liegt bei etwa 1:50.000. Die Synthese von Pregnenolon über 17-OH-Pregnenolon zu DHEA sowie die entsprechenden Schritte im Δ4-Weg von Progesteron über 17-OHP zu Androstendion werden von einem einzigen mikrosomalen Enzym, P450c17, katalysiert (Abb. 1). Das zugehörige Gen CYP17A1 liegt auf Chromosom 10q24–25, hat 8 Exons und wird in NNR und Gonaden, aber nicht in Granulosazellen und Plazenta exprimiert. Über 90 verschiedene Mutationen wurden bislang beschrieben. Ein isolierter 17,20-Lyase-Mangel ist möglich, wird aber vor allem durch Mutationen des Cytochrom-B5-Proteins bedingt, welches ein Kofaktor der 17,20-Lyase ist. Die Mehrsekretion von DOC und seinen Metaboliten (Tab. 4) führt beim 17-Hydroxylasemangel zur Hypertension und hypokaliämischen Alkalose mit meist supprimiertem Renin. Der Mangel an Kortisol wird durch die Mehrsekretion von Kortikosteron kompensiert, sodass typische Addison-Krisen fehlen. Der Mangel an gonadalen Steroiden führt bei männlichen Individuen (46,XY) zu einer DSD und (wie auch bei einem Karyotyp 46,XX) zu ausbleibender Pubertät mit primärem Hypogonadismus (Kap. „Pubertät und Pubertätsstörungen“).
Oxidoreduktase-(P450OR-)Mangel
Der kombinierte partielle Mangel an 17-Hydroxylase-Aktivität (P450c17) und an 21-Hydroxylase-Aktivität (P450c21) ist eine seltene Variante der kongenitalen adrenalen Hyperplasie. Phänotypisch findet sich bei betroffenen Mädchen bei Geburt eine Virilisierung des äußeren Genitale und bei Jungen in vielen Fällen eine unzureichende Virilisierung. Die Virilisierung der Mädchen schreitet postnatal nicht fort. Es liegen keine Mutationen in den Genen CYP17A1 und CYP21A2 vor. Stattdessen haben die Patienten Mutationen im POR-Gen. POR ist ein Flavoprotein, das für den Elektronentransfer von NADPH auf mikrosomale Zytochrom-P450-Enzyme zuständig ist. Der Oxidoreduktasemangel tritt isoliert oder auch als Antley-Bixler-Syndrom mit diversen knöchernen Fehlbildungen auf.
11β-Hydroxlase-(P450c11-)Defekt
Das Gen CYP11B1 liegt auf Chromosom 8q22 und besteht aus 9 Exons. Das Gen wird in der Zona fasciculata exprimiert und führt bei Funktionsverlust zur Erhöhung von 11-Desoxykortikosteron (DOC) und 11-Desoxykortisol (S) im Plasma bzw. von TH-DOC und TH-S im Urin (Tab. 4). Da DOC eine mineralokortikoide Wirkung hat, kommt es, zusätzlich zur schweren Virilisierung, zur Hypertension mit niedrigen Renin- und Aldosteronspiegeln. Beim nichtklassischen P450c11-Defekt (mit höherer Restaktivität des Enzyms) sind die hormonellen und auch die klinischen Symptome weniger stark ausgeprägt (keine antenatale Virilisierung, Late-onset-Androgenexzess, selten Hypertonie).
Aldosteronsynthase-Mangel
Der isolierte Hypoaldosteronismus ist Folge eines Enzymdefekts der terminalen Aldosteronbiosynthese (Abb. 1). Beim Aldosteronsynthase-Mangel Typ I sind Kortikosteron und seine Vorstufen erhöht, beim Typ II 18-OH-Kortikosteron und die entsprechenden Vorstufen (Tab. 4). Ursache des Aldosteronsynthase-Mangels sind Mutationen im CYP11B2-Gen. Der Erbgang ist autosomal-rezessiv. Es besteht ein schwerer renaler Salzverlust, wobei die Kortisolsynthese nicht eingeschränkt ist.
Weitere genetische Störungen mit primärer NNR-Insuffizienz
Familiäre Glukokortikoiddefizienz
Die Ursache der autosomal-rezessiv vererbten familiären, isolierten Glukokortikoiddefizienz ist genetisch heterogen. Der Typ 1 ist durch Mutationen im MC2R-Gen verursacht, welches den ACTH-Rezeptor kodiert. Die Glukokortikoiddefizienz Typ 2 wird durch Mutationen im „melanocortin 2 receptor accessory protein“ (MRAP) verursacht. MRAP beeinflusst den intrazellulären Transport des ACTH-Rezeptors vom endoplasmatischen Retikulum zur Zellmembran. Bei einer weiteren Gruppe von FGD-Patienten fanden sich Mutationen in Genen, die Faktoren zur Stabilisierung der DNA bzw. zur Entgiftung oxidativen Stresses oder für die Steroidsynthese kodieren (MCM4, NNT, TXNRD2, StAR, CYP11A1).
Triple-A-Syndrom
Das autosomal-rezessiv vererbte Triple-A- oder Allgrove-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine primäre NNR-Insuffizienz, Alakrimie (Fehlen der Tränenflüssigkeit) und Achalasie. Des Weiteren treten autonome Störungen, palmare und plantare Keratosen und progressive neurologische Symptome wie mentale Retardierung, Demenz, Hyperreflexie, Ataxie und Dysarthrie auf. Ursächlich sind Mutationen des AAAS-Gens, welches ein Protein mit Namen ALADIN (Akronym aus Alakrimie, Achalasie, adrenaler Insuffizienz und neurologischer Störung) kodiert und Teil des nukleären Importkomplexes ist.
X-chromosomale Adrenoleukodystrophie
Bei Adrenoleukodystrophie (ALD) und Adrenomyeloneuropathie (AMN), den X-chromosomal-rezessiv vererbten degenerativen Hirnerkrankungen, die mit einer Häufigkeit von 1:20.000 Jungen vorkommen, geht die primäre NNR-Insuffizienz den ZNS-Symptomen oft um Jahre voraus. ALD ist die schwerere, im frühen Kindesalter beginnende und rasch progrediente Verlaufsform, AMN dagegen beginnt im Pubertäts- und frühen Erwachsenenalter mit langsamer Progredienz. Ursache beider Krankheiten ist eine gestörte β-Oxidation der Fettsäuren in den Peroxisomen mit erhöhten Spiegeln der gesättigten „very long chain fatty acids“ (VLCFA) C-22, C-24, C-26 und Ablagerung ihrer Cholesterinester und Ganglioside in den Zellmembranen des ZNS, der NNR und anderer Gewebe. Das verantwortliche Gen ABCD1 liegt auf Chromosom Xq28 und kodiert für ein peroxisomales Membranprotein aus der Familie der ATP-bindenden Transportproteine.
Eine autosomal-rezessive Form der ALD mit neonatalem Beginn und praktisch fehlenden Peroxisomen wird als Zellweger-Syndrom bezeichnet (Kap. „Peroxisomale Krankheiten“). Normale Peroxisomen zeigt die sog. pseudoneonatale ALD mit Deletion im Gen der Acyl-CoA-Oxidase.
Die Wolman-Krankheit wird durch einen autosomal-rezessiv vererbten Defekt der lysomalen sauren Lipase verursacht. In verschiedensten Zellen kommt es zur pathologischen Speicherung von Lipidestern (generalisierte Xanthomatose) mit Verkalkung und Vergrößerung der Nebennieren. Ikterus, Anämie und Gedeihstörung mit Hepatosplenomegalie beginnen im 1. Lebensmonat, eine kausale Therapie ist nicht bekannt.
Pseudohypoaldosteronismus
Der Pseudohypoaldosteronismus (PHA) ist klinisch durch Salzverlustkrisen trotz hoher Aldosteronspiegel beschrieben. Man unterscheidet beim PHA Typ 1 eine schwere, autosomal-rezessive Verlaufsform, die durch Mutationen in den Genen (SCNN1A, SCNN1B und SCNN1G) für den amiloridsensitiven epithelialen Natriumkanal (ENaC) verursacht wird, und eine mildere, autosomal-dominante Form, hervorgerufen durch heterozygote Mutationen im humanen Mineralokortikoidrezeptor-Gen NR3C2. Infolge der Störung der Aldosteronwirkung finden sich bei beiden Formen pathologisch erhöhte Werte für Aldosteron und Renin. Die autosomal-rezessive Form ist eine Multiorganerkrankung mit Aldosteronresistenz am Nierentubulus, der Lunge, dem Darm und den Schweiß- und Speicheldrüsen (Kap. „Tubulopathien bei Kindern und Jugendlichen“), welche zum schweren Salzverlust und einer Hyperkaliämie in der Neonatalperiode führt. Die autosomal-dominante Form zeigt einen isolierten renalen Salzverlust und wird klinisch durch eine Gedeihstörung im frühen Säuglingsalter manifest. Die Therapie besteht in der Zufuhr von Kochsalz in hohen Dosen und gegebenenfalls zusätzlichen Maßnahmen zur Senkung des Kaliumspiegels. Während sich die autosomal-dominante Form jenseits des Kleinkindalters bessert, ist bei der autosomal-rezessiven Form eine lebenslange Natriumsubstitution erforderlich.
Unter PHA Typ 2 oder Gordon-Hyperkaliämie-Hypertonie-Syndrom versteht man ein Krankheitsbild mit hyporeninämischem Hypoaldosteronismus, Hyperkaliämie und Hypertonus beim Erwachsenen. Für den PHA Typ 2 besteht eine genetische Heterogenität. Es sind 5 unterschiedliche Typen beschrieben (Chromosom 1q31-q42 und Mutationen in den Genen WNK4, WNK1, KLHL3 und CUL3).
Unter PHA Typ 3 versteht man ein Krankheitsbild mit hyperreninämischem Hyperaldosteronismus, welches bei Säuglingen z. B. durch Harnwegsinfekte oder Fehlbildungen des Urogenitaltrakts bedingt ist. Eine isolierte genetische Ursache hierfür ist nicht bekannt.
Weitere Ursachen der primären NNR-Insuffizienz
  • Perinatale NNR-Blutungen
  • Infektionen: Tuberkulose, AIDS, CMV (Zytomegalievirus), Mycobacterium avium, Cryptococcus
  • Waterhouse-Friderichsen-Syndrom durch Neisseria meningitidis
  • Autoimmunprozesse: Morbus Addison (Autoimmunadrenalitis), Autoimmunpolyendokrinopathie (APE) Typ I oder APECED (Hypoparathyreoidismus, primärer Hypogonadismus, chronische mukokutane Kandidiasis, Alopezie, Vitiligo, megalozytäre Anämie und chronische Hepatitis verursacht durch Mutationen im AIRE-Gen), APE Typ II oder Schmidt-Syndrom (Autoimmunadrenalitis mit Autoimmunthyreopathie und/oder Diabetes mellitus Typ I) und IPEX-Syndrom (Enteropathie, Ekzem, Diabetes mellitus Typ I, Thyreopathie, autoimmunhämolytische Anämie, Immundefizienz durch FOXP3-Mutationen)
  • Medikamentös: Aminoglutethimid (Steroidsynthesehemmer), Ketoconazol (Antimykotikum), Etomidate (Narkotikum)
Sekundäre NNR-Insuffizienz
Diese entsteht entweder durch den isolierten Ausfall von ACTH (z. B. durch Autoimmunprozess) oder im Rahmen eines Panhypopituitarismus (Kap. „Krankheiten von Hypophyse und Hypothalamus bei Kindern und Jugendlichen“) durch Tumor (z. B. Kraniopharyngeom, Histiozytose X), Trauma oder Blutung. Mutationen in den Genen für Proopiomelanokortin und für einige hypophysäre Transkriptionsfaktoren führen ebenfalls zu einem Panhypopituitarismus mit Ausfall der ACTH-Sekretion (POMC, TBX19, PROP1, HESX1, LHX3; Tab. 2).
Tertiäre NNR-Insuffizienz
Die bei Weitem häufigste Ursache einer NNR-Insuffizienz entsteht iatrogen durch lang dauernde Gabe von Glukokortikoiden in pharmakologischer Dosis. Dadurch werden die Synthese und Sekretion von CRH und ACTH gehemmt, was konsekutiv zur Atrophie der Zona fasciculata und der Zona reticularis mit Suppression der Sekretion von Kortisol und DHEA-S führt, während die Aldosteronproduktion nur wenig beeinträchtigt ist. Eine ganz ähnliche Situation entsteht nach operativer Therapie eines Cushing-Syndroms.
Seltenere Ursachen der tertiären NNR-Insuffizienz sind hypothalamische Tumoren, Infiltrate oder eine Schädelbestrahlung (Tab. 2).
Klinische Symptome
Die NNR-Insuffizienz ist klinisch gekennzeichnet durch Kräfteverfall, Adynamie, Gewichtsverlust, Lethargie, Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, arterielle Hypotonie, Turgorverlust, Hypoglykämie, gelegentlich Krämpfe, Salzhunger, akute Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfälle und Fieber bis zur Hyperpyrexie. Bei der chronischen primären NNR-Insuffizienz steigt mit der ACTH-Produktion auch die des α-MSH (melanozytenstimulierendes Hormon) an. Es kommt zur typischen Pigmentierung auch nicht UV-exponierter Körperregionen, zur Hyperpigmentierung der Warzenhöfe und zu Pigmentflecken in der Mund- und Lippenschleimhaut. Krisenhafte Verschlechterungen einer chronischen NNR-Insuffizienz (adrenale Krise oder Addison-Krise), ausgelöst z. B. durch Infekte, akuten Stress oder Trauma, führen ebenso wie eine akute schwere NNR-Insuffizienz zu einem rasch tödlich verlaufenden hyperkaliämischen Schock mit unstillbarem Erbrechen, hypoglykämischen Krämpfen (besonders bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern), Bewusstseinstrübung, peripherer Zyanose, Blutdruckabfall und Tachykardie.
Adrenogenitales Syndrom
21-Hydroxylase-(P450c21-)Mangel
Mädchen mit klassischem adrenogenitalen Syndrom (AGS) werden durch ihr virilisiertes äußeres Genitale bei der Geburt meistens erkannt (Abb. 2). Nicht wenige Mädchen mit Salzverlustsyndrom werden bei der Geburt irrtümlich als Knaben mit Hypospadie angesehen. Mädchen mit einfach-virilisierendem AGS weisen bei der Geburt eine mehr oder weniger ausgeprägte Virilisierung des äußeren Genitales auf, welche von der leichten Klitorishypertrophie bis zum Prader Typ 5 reicht. Alle Mädchen mit AGS besitzen ein weibliches inneres Genitale mit Ovarien, Tuben und Uterus, die sich sonografisch gut darstellen lassen. Ist der Introitus vaginae nicht einsehbar (Prader Typen 3–5), lässt sich die Vagina sonografisch, im Zystourethrogenitogramm röntgenologisch bzw. direkt vaginozystoskopisch darstellen. Der gemeinsame Ausführungsgang distal der Zusammenmündung von Urethra und Vagina wird als Sinus urogenitalis communis bezeichnet. Beim schwersten Grad der Virilisierung ist dieser so lang wie die männliche Urethra und mündet auf der Spitze des Phallus: Das äußere Genitale entspricht einem Knaben mit leerem Skrotum, das innere ist weiblich (Prader Typ 5). Jungen mit AGS sind bei der Geburt nahezu unauffällig. Gelegentlich bestehen eine gewisse Makrogenitosomie und eine vermehrte Pigmentierung der Genitalregion. Die diffuse Hyperplasie der NNR kann sonografisch meist gut dargestellt werden.
Beim Salzverlustsyndrom fällt um den Beginn der 2. Lebenswoche eine Gedeihstörung auf. Die Neugeborenen nehmen an Gewicht ab und beginnen zu erbrechen. Der stark reduzierte Hautturgor steht im Gegensatz zur gut entwickelten und tonisierten Muskulatur. Die Genitalregion und die Mamillen sind meist hyperpigmentiert.
Richtungweisend sind die Hyperkaliämie, die Hyponatriämie und die Hypochlorämie. Die Natriumausscheidung im Urin ist beim AGS erhöht. Die Hyperkaliämie nimmt in der 2.–3. Lebenswoche bedrohliche Grade (bis über 10 mmol/l) an. Terminal stellt sich hohes Fieber ein.
Ohne Therapie sterben die Kinder in der 3.–4. Lebenswoche an der Elektrolytentgleisung. Kinder mit einfach-virilisierendem AGS überleben in der Regel auch ohne Therapie. Die Klitorishypertrophie der Mädchen schreitet fort. Im Alter von 2–4 Jahren tritt eine Pseudopubertas praecox auf. Die Kinder sind zu diesem Zeitpunkt zu groß, die Skelettreifung eilt viele Jahre voraus (Abb. 3). Mit zunehmendem Alter entwickelt sich eine prämature Pubarche und Akne. Da sich die Epiphysenfugen durch den Einfluss der Sexualsteroide verfrüht schließen, bleiben die Kinder letzten Endes im Vergleich zu ihrer Zielgröße zu klein. Mit Erreichen eines Knochenalters von ca. 12–14 Jahren schlägt die Pseudopubertas praecox in eine echte Pubertas praecox um (Abb. 3).
Die Late-onset-Form manifestiert sich vor allem bei Mädchen, da die adrenale Hyperandrogenämie mit der beginnenden Pubertätsentwicklung der Jungen chronologisch zusammen fällt und so unentdeckt bleibt. Bei Mädchen findet sich ein zunehmender Hirsutismus, gelegentlich als prämature Pubarche, meist jedoch während oder nach einer zeitlich normal einsetzenden Pubertät, häufig mit Akne und Oligoamenorrhö, gelegentlich mit temporärem Haarausfall, Stirnglatze und/oder vertiefter Stimme.
11β-Hydroxylase-Mangel
Patientinnen mit klassischem 11β-Hydroxylase-Mangel sind bereits antenatal stark virilisiert, zeigen infolge der DOC-Erhöhung weder Salzverlust noch Hyperreninämie, jedoch meist deutlich erhöhten Blutdruck und gelegentlich eine Gynäkomastie. Die Klinik der Late-onset-Form gleicht der des Late-onset-21-Hydroxylase-Mangels.
3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Mangel
Beim 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Mangel sind die weiblichen Neugeborenen allenfalls minimal virilisiert (Klitorishypertrophie), die Knaben dagegen infolge des auch in den Testes vorhandenen Enzymdefekts inkomplett virilisiert (Hypospadie). Es besteht meistens ein Salzverlust. Late-onset-Formen sind sehr selten und ähneln der Klinik des Late-onset-21-Hydroxylase-Mangels.
Kongenitale Lipoidhyperplasie durch StAR Mutationen
Bei der kongenitalen Lipoidhyperplasie findet sich der StAR-Proteindefekt außer in der NNR auch in Hoden bzw. Ovarien. Daher haben die betroffenen Knaben in der Fetalzeit keine Androgene und folglich einen weiblichen Phänotyp. Mädchen haben ein unauffälliges weibliches Genitale. Bei beiden Geschlechtern besteht eine schwere NNR-Insuffizienz mit Salzverlust, ähnlich wie bei der konnatalen NNR-Hypoplasie. Die Patienten sind stark pigmentiert. Genvarianten mit nur partiellem Funktionsverlust führen zu einem isolierten Salzverlust ohne eine DSD.
Adrenale Hyperandrogenämie ohne Nebennierenrindeninsuffizienz
PAPSS2-Mangel
Dehydroepiandrosteron (DHEA) ist der Vorläufer der Androgensynthese in der Nebennierenrinde. Die Sulfatierung von DHEA zu DHEA-Sulfat ist wichtig, um DHEA vor der Konvertierung in aktive Androgene (Testosteron und Dihydrotestosteron) abzufangen. Die Sulfatierung erfolgt durch das Enzym Sulfotransferase (SULT2A1). 3-Phosphoadenosin-5-phosphosulfat (PAPS) ist der Phosphatdonor. Die PAPS-Synthase 2 (PAPSS2) sorgt für die Bildung von PAPS aus ATP und Sulfat. Folgerichtig führt ein Mangel an PAPSS2 zu einer verminderten Sulfatierung von DHEA zu DHEAS und damit einer vermehrten Bildung von Androgenen aus DHEA.
Patienten mit PAPSS2-Mangel sind klinisch einerseits auffällig mit prämaturer Pubarche, sekundärer Amenorrhö und einem PCOS-ähnlichen Phänotyp. Andererseits sind Patienten beschrieben, die überwiegend durch Kleinwuchs und eine spondyloepimetaphysäre Dysplasie auffallen. Der PAPSS2-Mangel führt zu erniedrigten oder relativ niedrigen Serumspiegeln von DHEAS und erhöhten Androgenen.
Differenzialdiagnostisch muss bei isolierter adrenaler Androgenbildung an den Kortisonreduktasemangel gedacht werden. Dieser ist entweder durch Mutation im HSD11B1-Gen oder im H6PDH-Gen verursacht. Das klinische Bild ähnelt dem PAPSS2-Mangel, wobei keine Knochenbeteiligung vorliegt. Die Diagnose kann durch die Bestimmung der Kortisol- zu Kortison-Metaboliten im 24-Stunden-Urin erfolgen.
Diagnose
Diagnosemethoden
Der Funktionszustand der NNR kann durch die Bestimmung der wichtigsten NNR-Hormone unter Berücksichtigung der zirkadianen Rhythmik untersucht werden. Wichtigster Vertreter der Glukokortikoide ist Kortisol, der Mineralokortikoide Aldosteron und der adrenalen Androgene DHEA-Sulfat und Androstendion. Hierbei ist die Verwendung spezifischer Untersuchungsmethoden zu beachten. Für die Bestimmung der spezifischen Steroidmetabolite stehen extraktive Radioimmunoassays (RIA), Kapillargaschromatografie mit Massenspektrometrie und Flüssigkeitschromatografie mit Tandemmassenspektrometrie zur Verfügung. Wegen der starken Kreuzreaktionen durch Steroide aus der fetoplazentaren Einheit sind in der Perinatalzeit und im Säuglingsalter Direktbestimmungen von adrenalen oder gonadalen Steroiden im Plasma durch RIA oder EIA (Enzym-Immuno-Assay) höchst unzuverlässig. Neben der Bestimmung von Steroiden im Blut erlaubt auch die Steroidanalytik im Spontan- oder Sammelurin die Diagnosestellung von angeborenen und erworbenen Steroidbiosynthesestörungen. Fast alle NNR-Steroide zeigen eine ausgeprägte Altersabhängigkeit, sodass getrennte Referenzbereiche für Frühgeborene, Neugeborene und Säuglinge unterschiedlicher Altersgruppen für die Beurteilung unerlässlich sind.
Die Stimulationsfähigkeit der NNR wird im ACTH-Kurztest erfasst. Dabei wird das Kortisol basal sowie 60 min nach intravenöser Gabe von 250 μg (Neugeborene und Säuglinge: 125 μg) eines synthetischen 1-24-ACTH (Synacthen) bestimmt.
Der CRH-Test (1 μg/kg KG CRH i.v.) mit nachfolgender ACTH-Bestimmung im Plasma eignet sich sowohl zum Ausschluss einer Insuffizienz der kortikotropen Partialfunktion der Hypophyse als auch zur Differenzialdiagnose des Hyperkortisolismus (siehe unten). Patienten mit Morbus Cushing (ACTH-produzierendes Hypophysenadenom) reagieren auf CRH mit einem Anstieg von ACTH. Patienten mit Cushing-Syndrom (primärer, ektoper oder exogener Hyperkortisolismus) zeigen dagegen keinen ACTH-Anstieg nach CRH.
Die wichtigsten bildgebenden Methoden sind die Nebennierensonografie, Computertomografie und Kernspintomografie der Nebennieren und die Kernspintomografie der Hypophyse sowie des Hypothalamus.
Spezielle Diagnostik der NNR-Insuffizienz
Bei primärer NNR-Insuffizienz fällt der Plasmakortisolspiegel auf subnormale Werte ab, der zirkadiane Rhythmus der Kortisolsekretion ist nicht mehr erkennbar. Im i.v.-ACTH-Test ist das Kortisol unzureichend stimulierbar. Der ACTH-Test deckt auch leichtere Fälle von eingeschränkter NNR-Funktionsreserve sicher auf. Das freie Kortisol im Urin ist erniedrigt, das ACTH im Plasma ist erhöht.
Bei sekundärer NNR-Insuffizienz (ACTH-Mangel) ist das basal erniedrigte Kortisol durch ACTH gut stimulierbar, im CRH-Test steigt das erniedrigte ACTH nicht an.
Bei allen Salzverlustformen ist die Plasmareninaktivität oder die Reninkonzentration massiv erhöht. Die adrenalen Formen zeigen niedrige, die renalen Formen dagegen extrem erhöhte Aldosteronspiegel im Plasma oder Urin. Das Ionogramm zeigt eine Hyponatriämie, eine Hypochlorämie und eine Hyperkaliämie. Im Urin, wie auch im Schweiß und Speichel, ist der Natrium-Kalium-Quotient pathologisch erhöht. Das EKG zeigt die typischen Veränderungen bei Hyperkaliämie.
Spezielle Diagnostik des adrenogenitalen Syndroms
Beim 21-Hydroxylase-Mangel ist 17-OH-Progesteron (17-OHP) als Markersteroid erhöht (Abb. 1). 17-OHP wird im Neugeborenenscreening gemessen. Zu beachten ist, dass Frühgeborene und gestresste, kranke Neugeborene deutlich höhere 17-OHP-Spiegel aufweisen als gesunde Reifgeborene. Diagnostisch hilfreich ist die Bestimmung von 21-Desoxykortisol, dem in Position 11 hydroxylierten 17-OHP, welches bei Gesunden von der NNR praktisch nicht synthetisiert wird. Relevante adrenale Androgene sind DHEA und DHEA-Sulfat, Androstendion und Testosteron.
Auch bei den übrigen, sehr viel selteneren adrenalen Enzymdefekten sind die jeweils direkt vor dem Enzymblock gelegenen Steroide (Abb. 1) durch ihre pathologische Erhöhung diagnostisch beweisend, insbesondere nach ACTH-Stimulation. Es findet sich für jeden Biosynthesedefekt im Serum und im Urin ein charakteristisches Steroidprofil.
Ist die hormonelle Diagnose gesichert, so wird die verursachende Mutation durch eine molekulargenetische Analyse des entsprechenden Gens identifiziert. Die Mutationsanalyse ist nicht nur für die Einschätzung von Verlauf und Prognose, sondern auch für die genetische Familienberatung und Pränataldiagnostik von Bedeutung.
Vom kongenitalen AGS abzugrenzen sind die ebenfalls zur Pseudopubertas praecox (Kap. „Pubertät und Pubertätsstörungen“) führenden NNR-Tumoren (Adenome und Karzinome) sowie die androgenbildenden Gonadentumoren, ferner die idiopathische, zentrale Pubertas praecox der Knaben bzw. die prämature Pubarche der Mädchen. Allen diesen Erkrankungen fehlt die Erhöhung des 17-OHP oder eine andere spezifische Steroidkonstellation.
Da die Virilisierung bei den androgenbildenden Tumoren praktisch immer erst postnatal einsetzt, entsteht bei den Mädchen zwar eine Klitorishypertrophie, im Gegensatz zum AGS jedoch nie ein Sinus urogenitalis communis.
Pränatale Diagnostik und Therapie
In Familien mit 21-Hydroxylase-Mangel-AGS lässt sich die krankheitsauslösende familiäre Mutation durch eine molekulargenetische Untersuchung des CYP21A2-Gens des Indexpatienten ermitteln und somit auf eine Heterozygotie der Eltern schließen. Für die genetische Beratung bei der Partnerwahl von AGS-Patienten können in der Allgemeinbevölkerung heterozygote Genträger nur durch genetische Analytik zweifelsfrei detektiert werden.
Bei Kenntnis der Mutation des Indexfalls der Familie ist eine pränatale Diagnostik aus Chorionzottenmaterial oder aus kultivierten Amnionzellen möglich. Auch bei den anderen adrenalen Steroidsynthesedefekten ist eine pränatale Diagnostik durch eine molekulargenetische Analyse möglich.
Durch Behandlung der Schwangeren mit plazentagängigem Dexamethason lässt sich die antenatale Virilisierung weiblicher Feten bei 3 von 4 Kindern weitgehend vermeiden. Diese Therapie ist aufgrund der unklaren Nebenwirkungen auf die psychomentale Entwicklung der Kinder immer noch als experimentell anzusehen und sollte nur in prospektiven klinischen Studien mit entsprechendem Ethikvotum durchgeführt werden. Bei den nichtklassischen AGS-Formen ist eine pränatale Therapie sicher kontraindiziert.
Therapie
Akuttherapie der Nebennierenkrise
Die akute Addison-Krise (Nebennierenkrise) bedarf der sofortigen Substitution der lebenswichtigen Gluko- und Mineralokortikoide durch Hydrokortison (initialer Hydrokortison-Bolus <6 Monate 25 mg i.v., 6 Monate bis 6 Jahre 50 mg i.v.; >6 Jahre 100 mg i.v.; in der Folge Hydrokortison-Dauerinfusion mit 150 mg/m2 KOF und Tag). Ein reines Glukokortikoid, wie z. B. Prednison, reicht aufgrund der fehlenden Mineralokortikoidwirkung allein nicht aus. Ergänzend ist der Ausgleich der Hyponatriämie, Hyperkaliämie, Hypoglykämie, Hypovolämie und metabolischen Azidose erforderlich.
Substitutionstherapie und Prognose der NNR-Insuffizienz ohne Androgenexzess
Die orale Dauersubstitution der chronischen NNR-Insuffizienz umfasst Hydrokortison in einer Dosis von 7–10 mg/m2 KOF/Tag aufgeteilt in 3 Einzeldosen und Fludrokortison in einer Dosis von 0,1 mg/m2 KOF/Tag. Kochsalzzulagen sind bei ausreichender Mineralokortikoidgabe nicht unbedingt erforderlich. Das Kortisol im Serum ist kein geeigneter Parameter der Therapiekontrolle. Diese erfolgt am besten über das freie Kortisol im 24-Stunden-Urin.
Die Prognose der NNR-Insuffizienz ist bei adäquater Überwachung und lebenslanger Substitutionsbehandlung heute gut. Es wird jedoch eine deutlich eingeschränkte Lebensqualität insbesondere bei zuvor NNR-suffizienten Patienten beschrieben. Lebensgefahr droht in Stresssituationen und bei interkurrenten Erkrankungen. In solchen Situationen muss die Substitutionsdosis des Glukokortikoids sofort auf das 3- bis 5-Fache erhöht werden. Ein Notfallausweis und Glukokortikoidpräparate für die Notfallapplikation sollten den Patienten zur Verfügung gestellt werden.
Therapie und Prognose der NNR-Insuffizienz mit Androgenexzess
Ziel der medikamentösen AGS-Behandlung ist, so viel Hydrokortison zu substituieren, dass die Virilisierung nicht fortschreitet, und so wenig zu geben, dass keine Nebenwirkungen wie Wachstumshemmung oder Cushing-Syndrom auftreten. Beim Salzverlustsyndrom ist außerdem so viel Mineralokortikoid zu substituieren, dass der Natrium- und Kaliumstoffwechsel auch ohne Kochsalzsubstitution normalisiert wird.
Erfahrungsgemäß wird Hydrokortison in einer Dosis von 10–15 mg/m2 KOF/Tag benötigt. Die notwendigen Dosen liegen somit höher als bei der reinen primären NNR-Insuffizienz. Für eine optimale Einstellung muss die Tagesdosis auf 3 Einzeldosen verteilt werden. Gute Erfolge ergeben sich, wenn die Morgendosis zwischen 5 und 7 Uhr in Anlehnung an die zirkadiane Rhythmik des Kortisols gegeben wird. Für erwachsene Patienten steht Hydrokortison in retardierter Präparation zur Verfügung. Prednison sowie fluorierte Kortikoide, wie Triamcinolon oder Dexamethason, haben eine wesentlich höhere Wirkpotenz als sich aus den antiphlogistischen Äquivalenzdosen ablesen lässt und benötigen somit eine sehr genaue Dosistitration (Abb. 4). Aus diesem Grund werden sie im Wachstumsalter nur ungern eingesetzt.
Die Mineralokortikoidsubstitution erfolgt mit Fludrokortison. Säuglinge benötigen relativ höhere Dosen: 100–250 μg/m2 KOF/Tag, ältere Kinder und Erwachsene 25–100 μg/m2 KOF/Tag in 1–2 Einzeldosen, wobei die frühmorgendliche Dosis ebenfalls 50 % der Tagesdosis betragen sollte. Die Mineralokortikoidtherapie wird lebenslang fortgeführt, da die Patienten mit Mineralokortikoid besser eingestellt sind und weniger Glukokortikoide benötigen.
Durch regelmäßige Schulung von Eltern und Patienten ist sicherzustellen, dass die lebenslange Substitutionsbehandlung niemals unterbrochen oder gar abgebrochen wird. Bei allen interkurrenten Stresssituationen (Infekte, Unfälle, Narkosen, etc.) muss die Hydrokortison-Dosis unverzüglich entsprechend der Stressantwort der gesunden NNR auf das 3- bis 5-Fache gesteigert werden.
Ist die orale Medikation aus irgendeinem Grund (z. B. Erbrechen) nicht möglich, so muss sie parenteral gegeben werden. Notfallausweis und Notfallrezept über Hydrokortison-Ampullen und Zubehör für i.m.-Injektion zu Hause oder auf Reisen haben sich als lebensrettend erwiesen.
Bei Late-onset-AGS sollte eine medikamentöse Therapie mit Hydrokortison nur bei klinischen Symptomen erfolgen. In diesem Falle ist auch eine Stressprophylaxe bei interkurrenten Krisen anzuraten. Eine Therapie mit einem Mineralokortikoid ist nicht erforderlich.
Therapieüberwachung
Da sich Einstellungsfehler der AGS-Behandlung klinisch erst nach Monaten bis Jahren zeigen, ist man auf hormonelle, nichtinvasiv im häuslichen Alltag gewonnene Parameter der Einstellung angewiesen. Der beste Parameter für die Glukokortikoiddosis ist beim 21-Hydroxylase-Mangel die Pregnantriolausscheidung im 24-Stunden-Urin. Eine einzelne Plasmaprobe auf 17-OH-Progesteron (17-OHP) und/oder Androstendion reicht zur Therapiekontrolle nicht aus. Wesentlich angenehmer für den Patienten und zuverlässiger für die Beurteilung ist die häusliche Therapiekontrolle über das 17-OHP-Tagesprofil im Speichel.
Die Mineralokortikoide werden am besten nach der Plasma-Renin-Aktivität bzw. dem Spiegel des Renins dosiert. Für eine gute AGS-Überwachung sind jährlich 2–4 Steroidkontrollen im Harn oder Speichelprofil und 1–2 ambulante klinische Untersuchungen notwendig. Dabei ist der Wachstums-, Knochenalter- und Gewichtsperzentilenkurve des Kindes besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da hier langfristige Therapiefehler am ehesten erkannt werden (Abb. 3 und 4). Im 1. Lebensjahr sind beim Salzverlustsyndrom oft noch häufigere Kontrollen nötig.
Operative Genitalkorrektur
Bezüglich der Durchführung von geschlechtsangleichenden Genitaloperationen besteht eine Kontroverse. Prinzipiell sollten diese Eingriffe erst bei einer Zustimmungsfähigkeit der Patienten durchgeführt werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Formen der DSD können Mädchen mit AGS unter einer medikamentösen Therapie mit Glukokortikoiden fertil werden und Kinder bekommen. Weiter sind bei adäquater Therapie nur sehr wenige Fälle einer Störung der Geschlechtsidentität beschrieben worden. Somit wird eine frühzeitige operative Geschlechtsangleichung des virilisierten Genitales nach umfassender Abwägung der medizinischen, psychologischen und psychosozialen Vor- und Nachteile und nach entsprechender multidisziplinärer Aufklärung von den betroffenen Familien häufig favorisiert. Vergleichende Studien zum Outcome bei frühen vs. späten Operationen liegen jedoch nicht vor, so dass es sich immer um eine Entscheidung im Einzelfall handeln muss. Politisch wird derzeit ein generelles Verbot von Genitaloperationen bei Kindern diskutiert.
Prognose
Sie ist quoad vitam beim AGS sehr gut. Die Prognose der Körperhöhe liegt bei vielen AGS-Kindern jedoch noch unter ihrer individuellen Zielhöhe (Abb. 3 und 4). Sie hängt weitgehend vom Alter bei Therapiebeginn ab. Viele AGS-Patienten neigen zu Adipositas und metabolischen Problemen, die unter anderem durch eine unzureichend kontrollierte Glukokortikoidtherapie zustande kommen.
Die Fertilitätsprognose ist eingeschränkt. Von Frauen mit unkompliziertem AGS sind ausgetragene Schwangerschaften in größerer Zahl bekannt. Die Konzeptionsrate ist jedoch vermindert. Auch bei guter Einstellung des AGS sind Zyklusunregelmäßigkeiten häufig. Ein Teil der Mädchen und Frauen mit Salzverlustsyndrom zeigt auch unter guter Therapie eine Oligoamenorrhö. Kontrazeption ist mit Zweiphasenpräparaten ohne Einschränkung möglich, der zyklusstabilisierende Effekt ist erwünscht.
Die Fertilität der Männer mit AGS ist auch unter suffizienter Therapie eingeschränkt. Bei Männern können multiple NNR-Restadenome als gutartige Hodentumoren (TART, „testicular adrenal rest tumour“) auftreten. Sie sind unter konsequenter Therapie teilweise rückbildungsfähig. Ein regelmäßiges Screening auf diese Tumoren ist indiziert, eine routinehafte operative Entfernung der Tumoren jedoch ist nicht indiziert.

Hyperkortisolismus

Ätiologie und Pathogenese
Bei anhaltend erhöhtem Kortisolspiegel (Glukokortikoidexzess, Hyperkortisolismus) entsteht ein typisches Krankheitsbild, welches als Cushing-Syndrom bezeichnet wird. Ein Glukokortikoidexzess kann exogen-medikamentös bedingt sein oder auf einem primären NNR-Tumor wie Adenom oder Karzinom, auf einem ACTH-bildenden basophilen Hypophysenadenom (Morbus Cushing) mit konsekutiver bilateraler NNR-Hypertrophie oder auf einer hypothalamischen Störung mit erhöhter ACTH-Sekretion als Folge vermehrter Produktion von CRH beruhen. Weitere seltene Ursachen eines ACTH-unabhängigen Cushing-Syndroms sind die bilaterale, primär multinoduläre pigmentierte NNR-Hyperplasie (PPNAD), die als Teil des Carney-Komplexes oder isoliert auftreten kann. Ursache sind u. a. Mutationen im PRKAR1A-Gen auf Chromosom 17q24.2. Auch beim McCune-Albright-Syndrom kann ein Cushing-Syndrom auftreten (somatische Mutationen im GNAS1-Gen). Ferner können Peptide mit CRH- oder ACTH-Wirkung, die in ektopen Bronchial- oder Pankreastumoren gebildet werden, ein bei Kindern äußerst seltenes sog. paraneoplastisches Cushing-Syndrom hervorrufen.
Das Cushing-Syndrom ist mit einer Häufigkeit von etwa 1:50.000 im Kindes- und Jugendalter selten. Es kann in jedem Lebensalter auftreten. Während bei erwachsenen Patienten Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer, überwiegt bei Kindern und Jugendlichen das männliche Geschlecht. Bei Säuglingen und Kleinkindern liegt dem Cushing-Syndrom fast immer ein primärer NNR-Tumor, meist ein Karzinom, zugrunde. Im Schulalter gewinnt das hypothalamisch-hypophysär bedingte basophile Hypophysenadenom an Häufigkeit.
Ein medikamentöses Cushing-Syndrom entsteht bei der langfristigen ACTH- oder Glukokortikoidtherapie (z. B. bei BNS-Anfällen, Kap. „Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen“), wenn ein Glukokortikoid über längere Zeit pharmakologisch in einer Äquivalenzdosis von über 2 mg Prednison/m2 KOF/Tag gegeben wird.
Klinische Symptome
Das typische klinische Bild des Cushing-Syndroms entwickelt sich über Jahre hinweg. Daher ist das cushingoide Erscheinungsbild initial noch nicht vorhanden. Man geht davon aus, dass bei vielen Erwachsenen mit Cushing-Syndrom der Krankheitsbeginn im Kindes- oder Jugendalter liegt. Bei Kindern und Jugendlichen ist eine mittlere Dauer der Erkrankung vor Diagnosestellung von 4–5 Jahren beschrieben.
Die klinischen Erscheinungen des voll ausgeprägten Cushing-Syndroms sind so charakteristisch, dass diese Diagnose prima vista gestellt werden kann. Das Krankheitsbild umfasst ein sog. Vollmondgesicht mit Plethora, Stammfettsucht, sog. Büffelnacken, Pausbacken, dünner fragiler Haut mit Striae distensae rubrae, Hirsutismus, Akne, Muskelschwäche, erhöhtem Blutdruck, Polyglobulie, Hyperglykämie und Glukosurie, Wachstumsstillstand und einer Knochenalterretardierung. Jedes übergewichtige Kind, das nicht mehr oder nur schlecht wächst, sollte daher auf ein Cushing-Syndrom hin untersucht werden.
Bei älteren Kindern ist die Pubertätsentwicklung verzögert, bei Mädchen besteht eine Amenorrhö. Die Kinder leiden unter Kopfschmerzen und sind häufig antriebsarm. Die Auswirkungen des Cushing-Syndroms auf die Psyche und das Verhalten von Kindern und Jugendlichen sind sehr variabel. Es kann ein zwanghaftes Verhalten oder eine emotionale Labilität vorliegen. Die typische depressive Stimmungslage des Erwachsenen mit Cushing-Syndrom findet sich bei Kindern selten. Der Hyperkortisolismus führt zu einer Hirnatrophie. Eine Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit kann auch noch nach erfolgreicher Therapie auftreten.
Ein weiteres typisches Symptom des Cushing-Syndroms ist die Osteoporose. Diese entsteht durch die Stimulation der Sekretion von Somatostatin, durch die Suppression des Wachstumshormonrezeptors und von IGF-1 und durch die direkte Wirkung von Glukokortikoiden. Die Osteoporose führt unter Umständen zu sog. Fischwirbelbildung, Einbruch der Wirbelkörper und begleitenden Rückenschmerzen, gelegentlich auch zu Nephrolithiasis.
NNR-Tumoren können neben einem Hyperkortisolismus auch eine gesteigerte Androgenbildung verursachen. Diese führt zu Hirsutismus, prämaturer Pubarche, Akne, Stimmvertiefung und zur Virilisierung (Klitorishypertrophie) bei Mädchen. In solchen Fällen ist das Längenwachstum zunächst nicht beeinträchtigt, sondern normal oder sogar beschleunigt. Das Knochenalter ist nicht retardiert, sondern unter dem Einfluss der Sexualsteroide akzeleriert.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Beim Vollbild des Cushing-Syndroms ist Kortisol dauerhaft erhöht. Bei leichteren Fällen liegen die Tageswerte noch im oberen Normbereich zwischen 150 und 250 ng/ml. Die zirkadiane Tagesrhythmik von ACTH und Kortisol ist jedoch meist aufgehoben. Zunächst gilt es, den aktiven Hyperkortisolismus sicher nachzuweisen oder auszuschließen. Ein sehr zuverlässiger Parameter ist das freie Kortisol im Urin, welches zur Diagnosesicherung in 3–4, möglichst im Abstand einiger Tage gewonnenen 24-Stunden-Urine erhöht sein sollte. Die diagnostische Sensitivität liegt zwischen 95 und 100 %, die Spezifität um 98 %. Ein wertvoller diagnostischer Parameter ist der Kortisolspiegel im Serum um 24 Uhr. Bei Patienten mit Cushing-Syndrom liegt dieser immer >20 ng/ml, während er bei Gesunden immer <20 ng/ml liegt. Dieser Test ist aber nur verlässlich, wenn der Patient über 48 Stunden stationär betreut wird und bei der Blutentnahme schläft. Auch das freie Kortisol im Speichel um 24 Uhr ist ein guter diagnostischer Marker (normal <1,45 ng/ml).
Ambulant durchführbar ist der Dexamethason-Suppressionstest. Daher wird er als Screeningtest allgemein empfohlen. Am Vorabend wird um 22–24 Uhr Dexamethason 1,5 mg/m2 KOF einmalig verabreicht (sog. Dexamethasonkurztest). Der Kortisolspiegel am folgenden Morgen zwischen 8 und 9 Uhr liegt bei Gesunden <20 ng/ml und bei Patienten mit Cushing-Syndrom darüber. Dieser Test hat eine Sensitivität von 98 %. Über die Spezifität lässt sich aufgrund fehlender Daten keine sichere Aussage machen.
Beim so nachgewiesenen Cushing-Syndrom ist weiter zwischen zentraler und peripherer Ursache zu differenzieren. Für diese Differenzialdiagnostik existieren mehrere Testvarianten des Dexamethason-Suppressionstests:
  • Dexamethason 2 mg alle 6 Stunden über 48 Stunden und Bestimmung der Kortisolausscheidung im 24-Stunden-Urinen oder Bestimmung von ACTH und Kortisol vor und nach Dexamethason. In der Literatur existieren verschiedene diagnostische Grenzwerte. Als Beispiele seien hier genannt: eine Kortisolsuppression auf unter 50 ng/ml, eine ACTH-Suppression auf <20 pg/ml und eine Suppression des freien Kortisols im 24-Stunden-Urin auf <50 % des Ausgangswerts beim zentral bedingten Morbus Cushing (mit basophilem Hypophysenadenom). Die Sensitivität dieses Tests wird mit 79–83 % und die Spezifität mit annähernd 100 % angegeben.
  • Dexamethason-Kurztest mit 8 mg: Bei einer Kortisolsuppression auf <50 oder 68 % des Ausgangswerts ergibt sich eine Sensitivität des Tests von 71–92 % und eine Spezifität von 100 %. NNR-Adenome und -Karzinome reagieren in der Regel in diesen beiden Tests nicht oder nicht ausreichend mit einer Suppression von ACTH und Kortisol. Es sind noch andere Varianten des Dexamethason-Suppressionstests beschrieben.
Heute gehört der CRH-Test (1 μg/kg KG i.v.) als wichtiger Bestandteil zur Diagnostik des Cushing-Syndroms. Patienten mit ACTH-abhängigem Morbus Cushing zeigen einen Anstieg von ACTH von über 50 % und von Kortisol von über 20 % des Ausgangswerts. Patienten mit primärer, ektoper oder exogener Ursache, einschließlich der seltenen bilateralen primären nodulären NNR-Hyperplasie (NNR-Adenomatose) zeigen dagegen keinen ACTH- oder Kortisolanstieg nach CRH. Dieser Test hat in Abhängigkeit von den zugrunde gelegten Zeitpunkten für die Hormonbestimmungen im Testverlauf eine Sensitivität von 86–93 % und eine Spezifität von 95–100 %.
Bildgebung
Zur bildgebenden Diagnostik eignen sich CT und MRT der Hypophyse mit und ohne Kontrastmittel. Allerdings muss beachtet werden, dass eine korrekte Lokalisation des Hypophysenadenoms bei beiden Methoden nur bei 75–98 % der Patienten gelingt. Da sich Hypophysenadenome auch bei einem gewissen Anteil der Normalbevölkerung (10–27 %) als Zufallsbefund finden, müssen die Ergebnisse der bildgebenden Diagnostik immer im Zusammenhang mit den hormonellen Tests interpretiert werden. Durch selektive Sinus-petrosus-inferior-Katheterisierung kann durch Bestimmung von ACTH im CRH-Test zwischen zentraler und peripherer Ursache differenziert und sogar eine Seitenlokalisation des Mikroadenoms erreicht werden.
Die bildgebende Darstellung der Nebennieren spielt eine wichtige Rolle bei der Diagnostik des Hyperkortisolismus. Hierzu eignen sich Sonografie, CT und MRT. Bei zweifelhafter Seitendiagnostik eines NNR-Tumors bleiben die selektive Angiografie und der Versuch der selektiven Katheterisierung von NN-Venen zur seitengetrennten Kortikoidbestimmung.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch ist in erster Linie die häufige alimentär-konstitutionelle Adipositas abzugrenzen, die oft ebenfalls mit Striae und Hypertonie, aber nie mit Wachstumsstillstand einhergeht. Der Dexamethason-Kurztest (siehe oben) führt hier über Nacht zur vollen Kortisolsuppression.
Therapie
Beim Cushing-Syndrom, bedingt durch ein NNR-Adenom oder -Karzinom, erfolgt die Tumorentfernung durch unilaterale Adrenalektomie. NNR-Karzinome, welche die Kapsel nicht durchbrochen haben, bedürfen in der Regel weder einer nachfolgenden Strahlenbehandlung noch einer chemotherapeutischen Zusatzbehandlung. Beim metastasierenden NNR-Karzinom kann das Adrenolytikum o,p′-DDD (Mitotane) als Chemotherapeutikum eingesetzt werden.
Nach Operation eines unilateralen NNR-Tumors muss zunächst eine Hydrokortisonsubstitution durchgeführt werden, da die kontralaterale NNR atrophisch ist und sich ihre Funktion erst wieder erholen muss. Die Substitution kann in der Regel im Verlauf von einigen Wochen abgebaut werden.
Bei den Fällen von ACTH-abhängigem Morbus Cushing besteht die Therapie der Wahl in der transsphenoidalen selektiven Entfernung des ACTH-produzierenden hypophysären Mikroadenoms unter Schonung der restlichen Hypophyse durch mikrochirurgische Technik (gegebenenfalls mit intraoperativer, wiederholter ACTH-Bestimmung aus dem Blut des Operationsgebiets bzw. intraoperativer Zytologie). Diese Operation sollte spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Rezidive können auch nach einigen Jahren noch auftreten. Nur wenn man bei transsphenoidaler Zweitoperation das basophile Mikroadenom nicht findet und danach auch nach Hypophysenbestrahlung und medikamentöser Therapie keine Remission eintritt, ist die bilaterale Adrenalektomie noch gerechtfertigt. In diesen Fällen kann sich in den folgenden Jahren ein Nelson-Syndrom (CRH-abhängiger, raumverdrängend wachsender basophiler Hypophysentumor) entwickeln. Möglicherweise erweist sich die Therapie mit neueren Somatostatinanaloga als erfolgreich. Zur Langzeitbehandlung stehen sog. Adrenostatika (Ketoconazol, Metyrapon) zur Verfügung, die allerdings ein großes Nebenwirkungsspektrum zeigen.
Prognose
Die Prognose des Cushing-Syndroms hängt weitgehend von der Ursache ab. Beim unilateralen Adenom und beim kleinen bis kirschgroßen NNR-Karzinom ist die Prognose sehr günstig. Das metastasierte NNR-Karzinom hat eine schlechte Prognose. Die gezielte Exstirpation des basophilen Hypophysenadenoms führt in 57–73 % der Fälle zur langfristigen Heilung. Eine langfristige Verlaufskontrolle der Patienten ist notwendig.

Mineralokortikoidexzess

Bei Hypertonie im Kindesalter ist neben dem Cushing-Syndrom auch an den seltenen primären Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) zu denken. Pathogenetisch liegt der Erkrankung ein aldosteronbildender NNR-Tumor zugrunde. Bei älteren Kindern ist eine bilaterale Hyperplasie der Zona glomerulosa möglich. Klinisch ist der Mineralokortikoidexzess gekennzeichnet durch einen arteriellen Hypertonus, Kopfschmerzen und Schwindel, Neigung zu Paresen, Parästhesien und Polydipsie sowie Wachstumsverlangsamung. Biochemisch finden sich Hypokaliämie, metabolische Alkalose, erniedrigtes Renin und erhöhtes Plasmaaldosteron („low renin hypertension“). Differenzialdiagnostisch sind der viel häufigere sekundäre Hyperaldosteronismus (mit erhöhtem oder durch Natriumdepletion stimulierbarem Renin) einschließlich Pseudohypoaldosteronismus (Kap. „Tubulopathien bei Kindern und Jugendlichen“) und Bartter-Syndrom (Kap. „Tubulopathien bei Kindern und Jugendlichen“) abzugrenzen. Die Therapie des Conn-Syndroms besteht in der operativen Entfernung des NNR-Adenoms.
Beim autosomal-dominant vererbten, Glukokortikoid-supprimierbaren Hyperaldosteronismus (GSH) sind Hypertonie und erhöhtes Aldosteron durch die Gabe von Dexamethason zu beseitigen. Ursache der Sonderform der bilateralen Glomerulosahyperplasie ist ein durch Konversion von CYP11B1 und CYP11B2 entstandenes chimäres Gen, wodurch die Aldosteronsynthase der Regulation durch ACTH unterliegt und in großen Mengen in der Zona fasciculata exprimiert wird. Beim ebenfalls seltenen 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenasemangel (Abb. 1) verursachen autosomal-rezessiv vererbte Mutationen des HSD11B2-Gens einen Defekt der im Nierentubulus exprimierten 11β-HSD-2, wodurch Kortisol nicht mehr zu Kortison inaktiviert und dadurch der Mineralokortikoidrezeptor durch Kortisol dauerhaft besetzt wird. Es kommt zu schwerem Hypertonus, Hypokaliämie und hyporeninämischem Hypoaldosteronismus, weswegen die Erkrankung als „apparent mineralocorticoid excess“ (AME) bezeichnet wird. Die hormonelle Diagnose ist durch die Bestimmung eines erhöhten Kortisol/Kortison-Quotienten im Serum bzw. des Tetrahydrokortisol/Tetrahydrokortison-Quotienten im Urin zu stellen. Der AME kann durch Lakritz-Abusus erworben werden, da die darin enthaltene Glyzyrrhizinsäure die 11β-HSD-2 inhibiert. GSH und AME sprechen gut auf niedrige Dosen Dexamethason an. Seltene Mutationen in Kaliumkanälen (KCNJ5) oder Kalziumkanälen (CACNA1H, CACMA1D) können ebenfalls zu einem hyporeninämischen Hyperaldosteronismus führen. Hier können Spironolacton oder Amlodipin therapeutisch eingesetzt werden.

Erkrankungen des Nebennierenmarks

Physiologische Grundlagen

Die physiologisch wichtigsten Hormone des Nebennierenmarks (NNM) sind die Katecholamine Adrenalin (Epinephrin), Noradrenalin und Dopamin. Adrenalin steigert Pulsfrequenz, systolischen Blutdruck sowie Herzminutenvolumen und senkt den peripheren Gefäßwiderstand und damit den diastolischen Blutdruck; Noradrenalin senkt die Pulsfrequenz gering und steigert den peripheren Gefäßwiderstand, wodurch systolischer und diastolischer Blutdruck ansteigen. Beide Hormone erhöhen den Sauerstoffbedarf des Myokards. Die Stoffwechselwirkungen (Glykogenolyse und Senkung des peripheren Glukoseverbrauchs, dadurch Blutzuckeranstieg; Lipolyse) sind beim Adrenalin stärker ausgeprägt als beim Noradrenalin.
Katecholamine werden, außer im Nebennierenmark, im gesamten chromaffinen System sowie im Gehirn und in den Synapsen des Sympathikus als Neurotransmitter gebildet. Daher führt die bilaterale Adrenalektomie nicht zur Insuffizienz der Katecholaminproduktion.
Vereinfachend kann man das NNM als peripheres Ganglion bezeichnen, welches nach Einwanderung sympathischer Nervenzellen in das Primordium der Nebennierenrinde (NNR) ab der 7. Gestationswoche hormonelle Funktion erhält. Glukokortikoide der NNR induzieren parakrin die Phenylethanolamin-N-Methyltransferase (PNMT), welche Noradrenalin in Adrenalin umwandelt, daher kann Adrenalin nur im NNM synthetisiert werden. Wegen der praktisch fehlenden Kortisolsynthese der fetalen NNR (siehe unten) wird in der Fetalzeit im NNM vorwiegend Noradrenalin, beim Erwachsenen vorwiegend Adrenalin gebildet.
Katecholaminmetabolite werden als Vanillinmandelsäure, Homovanillinsäure, Metanephrin und Normetanephrin im Urin ausgeschieden.

Tumoren des chromaffinen Systems

Tumortypen und Epidemiologie
Phäochromozytom, Neuroblastom, Ganglioneuroblastom und Ganglioneurom sind als Tumoren neuroektodermalen Ursprungs großenteils hormonell aktiv. Die erhöhte Katecholaminsekretion verursacht bei Ganglioneuroblastomen und Neuroblastomen (Kap. „Solide Tumoren bei Kindern und Jugendlichen“) eine geringere hormonelle Symptomatik als beim Phäochromozytom.
Das Phäochromozytom ist ein seltener Tumor. Die Inzidenz wird auf 1–2 Fälle/100.000 Einwohner/Jahr geschätzt. Er tritt bei Erwachsenen häufiger auf als im Kindes- und Jugendalter. Der Tumor zeigt bei Kindern einen Altersgipfel zwischen 9–12 Jahren. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. In etwa der Hälfte der Fälle findet sich Familiarität (meist autosomal-dominante Vererbung). Phäochromozytome werden gehäuft beobachtet bei der multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) Typ 2A bzw. 2B. Dabei tritt das medulläre Schilddrüsenkarzinom meist als erster Tumor auf. Die MEN 2 wird durch Punktmutationen im Ret-Protoonkogen auf Chromosom 10q11.2 verursacht und dominant vererbt. Auch bei Phakomatosen, wie der Neurofibromatose Typ 1 (NF1-Gen) und dem Von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL-Gen), kommen Phäochromozytome häufiger vor. Paragangliome treten als Teil der hereditären Paragangliom-Phäochromozytom-Syndrome auf (Typ 1–5). Sie werden durch Keimbahnmutationen in den Genen SDHB (Typ 4), SDHC (Typ 3), SDHD (Typ 1) sowie SDHF2 (Typ 2) und SDHA (Typ 5) verursacht und autosomal-dominant vererbt. Am häufigsten sind Mutationen im SDHD-Gen (Typ 1).
Im Kindesalter finden sich etwa 70 % der Phäochromozytome intraadrenal und 30 % extraadrenal im Bereich des gesamten chromaffinen Systems zwischen Schädelbasis und kleinem Becken, vorwiegend entlang des paraaortalen N. sympathicus. Bilaterale und multiple Tumoren und Malignität sind bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen. Phäochromozytome sind meist zwischen 1 und 10 cm groß.
Klinische Symptome
Kontinuierlicher oder krisenhafter Hochdruck, Kopfschmerzen und Schweißausbrüche stehen im Vordergrund, seltener sind Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Bauchschmerzen, Obstipation, Polyurie und Polydipsie. Die Kinder sind unausgeglichen, ängstlich, dabei hyperaktiv und oft unkonzentriert. Gelegentlich finden sich Sehstörungen (Fundus hypertonicus), Blässe und kühle Extremitäten. In schweren Fällen treten Krämpfe bis hin zur hypertensiven Enzephalopathie auf. Die Blutdruckkrise kann gelegentlich durch Stresssituationen, plötzliche Bewegungen oder durch tiefe Palpation des Abdomens ausgelöst werden.
Diagnose
Die Basisdiagnostik besteht aus der Bestimmung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im 24-Stunden-Urin sowie von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma. Auf die Altersabhängigkeit der Referenzwerte ist zu achten. Die Bestimmung der Katecholamine im Plasma ist als Momentaufnahme der sympathoadrenalen Aktivität für die Diagnostik nicht geeignet. Nur bei fraglich erhöhten Werten in der Basisdiagnostik oder auch zur Bestätigung ist der Clonidinsuppressionstest indiziert: 3 Stunden nach oraler Clonidingabe (150 μg/m2 KOF) sinken die Katecholaminspiegel im Plasma bei Gesunden um mehr als 40 % ab, beim Phäochromozytom dagegen bleiben sie unverändert hoch oder steigen paradox an. Die kombinierte Messung von Metanephrin und Normetanephrin nach 180 min hat eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität. Die Lokalisationsdiagnostik erfolgt durch Abdomensonografie und MRT (hohe Signalintensität des Phäochromozytoms im T2-Bild), bei negativem Ergebnis durch Szintigrafie mit 123 J-Methyliodobenzylguanidin (MIBG). Die selektive Angiografie mit Katheterisation der Nebennierenvenen und seitengetrennter Blutentnahme zur Bestimmung der Plasmakatecholamine ist aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität der bildgebenden Verfahren heute nur noch sehr selten erforderlich.
Therapie
Sie besteht in der operativen Entfernung des Tumors. Bei bedrohlichem Hochdruck wird nach Sicherung der Diagnose bis zur Operation einschleichend mit Alphablockern (Phenoxybenzamin 0,5–1 mg/kg KG/Tag) und gegebenenfalls mit Kalziumantagonisten behandelt. Präoperativ sind Morphinpräparate wegen der Möglichkeit der Katecholaminfreisetzung zu vermeiden. Bei Narkoseeinleitung und intraoperativ müssen hypertensive Krisen mit Phentolamin oder Nitroprussid beherrscht werden. Nach Tumorentfernung tritt eine Hypotonie auf, die durch angemessene Volumensubstitution behandelt wird. Eine postoperative Hypertonie sollte Anlass für den Verdacht auf eine persistierende Erhöhung der Katecholamine geben.
Zum Ausschluss multipler oder rezidivierender Tumoren sind Kontrollen von Blutdruck, Urinkatecholaminen und Sonografie 4–6 Wochen und 6 Monate postoperativ, später jährlich, erforderlich.
Nach bilateraler Adrenalektomie erfolgt eine Dauersubstitution mit Hydrokortison und Fludrokortison.
Prognose
Sie ist nach erfolgreicher Tumorentfernung üblicherweise sehr gut. Ausnahmen sind das maligne Phäochromozytom und die MEN 2.
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