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Pädiatrie
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Publiziert am: 28.04.2020

Störungen des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels bei Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Dirk Schnabel
In dem Kapitel wird zunächst die physiologische hormonelle Regulation des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels unter besonderer Berücksichtigung des Neugeborenen-, Kinder- und Jugendalters beschrieben. Danach schließen sich Krankheitsbilder an, die sich einzelnen Störungen der den Kalzium- und Phosphat-Haushalt regulierenden Hormone ergeben. Ausführlich sind die angeborenen und erworbenen metabolischen Knochenstoffwechselstörungen, kalzipenische und hypophosphatämische Rachitis/Osteomalazie beschrieben. Der Abschluss des Kapitels ist den Besonderheiten der Kalzium- und Phosphat-Regulation in der Neugeborenenperiode gewidmet.

Physiologische Grundlagen

Der extrazelluläre Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel wird vorwiegend durch die beiden Hormone Parathormon (PTH) und 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (1,25[OH]2D oder Calcitriol) durch Einwirkung auf ihre wichtigsten Zielorgane Darm, Skelett und Nieren gesteuert. Beide Hormone werden aus Vorstufen gebildet und in Abhängigkeit vom Kalzium- (und Phosphat-)bedarf sezerniert.
Vitamin D3 (Cholecalciferol) wird durch UV-Bestrahlung (Sonnenlicht, Wirkungsmaximum 290–315 nm) in den tiefen Schichten der Epidermis gebildet oder mit der Nahrung als Vitamin D3 oder Vitamin D2 (Ergocalciferol) über den Darm aufgenommen. Der Begriff Vitamin D (ohne Suffix) fasst die beiden Substanzen Vitamin D3 und Vitamin D2 zusammen, die identisch im Organismus umgewandelt werden und wirken.
Vitamin D wird in der Leber durch das Zytochrom CYP2R1 zunächst enzymatisch zu 25-Hydroxy-Vitamin D (25-OHD) und anschließend im proximalen Nierentubulus durch das Zytochrom CYP27B1 zum aktiven Vitamin-D-Hormon 1,25(OH)2D hydroxyliert. Im Vergleich zum Vitamin D ist das 25-OHD metabolisch 10-fach, das 1,25(OH)2D 1000-fach stärker wirksam.
CYP24A1 inaktiviert bei ausreichenden Vitamin-D-Konzentrationen sowohl 25-OHD als auch 1,25(OH)2D in das biologisch weniger wirksame 24,25-Dihydroxy-Vitamin D. Die Aktivität der Gene CYP27B1 und CYP24A1 wird im Wesentlichen reguliert durch die Serumkonzentrationen von 1,25(OH)2D, Kalzium und Parathormon. Der Fibroblastenwachstumsfaktor 23 (FGF23) und sein Transportprotein Klotho beeinflussen die Aktivität von CYP27B1 und damit die Hydroxylierung von 25-OHD in 1,25(OH)2D negativ. Alle Vitamin-D-Metabolite werden im Blut durch dasselbe spezifische Vitamin-D-Bindungsprotein (DBP) transportiert. Das freie 1,25(OH)2D bindet in den Zielzellen, vor allem in Dünndarm und Osteoblasten, an den Vitamin-D-Rezeptor und an einen zusätzlichen Rezeptor (Retinoid-X-Rezeptor). Dieser Komplex stimuliert oder inhibiert die spezifische DNA-, RNA- und Proteinsynthese, z. B. in der Dünndarmzelle ein Kalziumbindungsprotein für den Kalzium-Phosphat-Transport vom Darmlumen durch die Mukosazelle ins Blut. Zusätzlich spielt 1,25(OH)2D noch eine wichtige Funktion in der Immunregulation und für die Zelldifferenzierung.
PTH wird aus höhermolekularen Vorstufen in der Nebenschilddrüsenzelle gebildet. Bei einer Hypokalzämie (Gesamtkalziumkonzentration im Serum <2,1 mmol/l bzw. 8,4 mg/dl) wird das aus 84 Aminosäuren bestehende PTH ins Blut abgegeben und dort zum größten Teil in Fragmente zerlegt. Die Bestimmung des intakten PTH (1–84) erlaubt die zuverlässige Beurteilung einer erhöhten oder verminderten Nebenschilddrüsenaktivität. PTH wirkt auf seine Zielorgane, insbesondere Niere (proximaler Nierentubulus) und Skelett (Osteoklasten) über den G-Protein-gekoppelten PTH-Rezeptor, indem es über das stimulierende Gs-Protein die Synthese des zyklischen Adenosinmonophosphats (cAMP) fördert. Dies wiederum bewirkt eine Phosphorylierung von Proteinen und Enzymen, die die wesentlichen PTH-Effekte auslösen: die Stimulation der Phosphatausscheidung und die Förderung der 1,25(OH)2D-Synthese im proximalen Nierentubulus sowie die Hemmung der Kalziumausscheidung im distalen Nierentubulus. Im Knochen werden die Osteoblasten und nachfolgend die Osteoklasten und damit die Herauslösung von Kalzium und Phosphat stimuliert. Das PTH-related peptide (PTHrP) wirkt über denselben Rezeptor, der daher als PTH-PTHrP-Rezeptor bezeichnet wird. Beim menschlichen PTHrP handelt es sich um ein aus 141 Aminosäuren zusammengesetztes Protein, das insbesondere im Serum von erwachsenen Patienten mit Tumorhyperkalzämie nachgewiesen wird und ähnliche Wirkungen wie PTH hat. Es kommt physiologisch in geringer Konzentration in zahlreichen Geweben, z. B. in der laktierenden Mamma und in sehr hoher Konzentration in der Muttermilch und Kuhmilch vor, hat eine besondere Bedeutung in der Regulation des diaplazentaren Kalziumtransports von der Mutter zum Feten sowie für die enchondrale Ossifikation.
Die Regulation der PTH-Sekretion erfolgt durch das Second-messenger-System des Kalziumrezeptors (CaR), einem ebenfalls G-Protein-gekoppelten Rezeptor. Die Aktivierung des CaR erfolgt im Wesentlichen durch Bindung des Liganden (Hormons) Kalzium an den Rezeptor. Ein Anstieg der Serumkalziumkonzentration bewirkt über eine Stimulation von Inositoltriphosphat eine rasche Freisetzung des intrazellulär gespeicherten Kalziums. Dies führt in der Nebenschilddrüsenzelle zur Hemmung der PTH-Sekretion und in der Niere zur Hemmung der Kalziumrückresorption, also zur Förderung der Kalziumausscheidung. Inaktivierende Mutationen des CaR führen zur Hyperkalzämie (Abschn. 2.4, Hyperparathyreoidismus) und relativen Hypokalziurie, aktivierende Mutationen zur Hypokalzämie und relativen Hyperkalziurie.

Regulation des extrazellulären Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels

Ein Absinken der Serumkalziumkonzentration stimuliert die PTH-Sekretion aus den Nebenschilddrüsen (Abb. 1).
PTH hat zwei direkte und einen indirekten Angriffspunkt:
In der Niere hemmt PTH die Kalziumausscheidung innerhalb einiger Minuten und fördert die 1,25(OH)2D-Synthese. Im Skelett stimuliert PTH gemeinsam mit 1,25(OH)2D die Freisetzung von Kalzium und Phosphat innerhalb einiger Stunden. Im Darm fördert PTH indirekt über die vermehrte Bildung von 1,25(OH)2D die Kalzium- und Phosphataufnahme innerhalb mehrerer Tage.
Ein unerwünschter gleichzeitiger Phosphatanstieg im Serum wird durch eine vermehrte PTH-induzierte renale Phosphatausscheidung verhindert.
Ein Anstieg der Serumkalziumkonzentration hemmt die PTH-Sekretion und fördert eine verstärkte Umwandlung des 25-OHD in das biologisch inaktivere 24,25(OH)2D3. Es wird weniger Kalzium aus dem Skelett freigesetzt, in der Niere rückresorbiert und im Darm aufgenommen.
Die Phosphathomöostase wird reguliert über Calcitriol, FGF23 und PTH.
Die Serumphosphatkonzentration wird vorwiegend durch die Ausscheidung über die Nieren kontrolliert. Diese ist von der tubulären Phosphatrückresorption abhängig, die über den Natrium-Phosphat-Kotransporter, hauptsächlich den Typ 2 (NaPi-2a/c), gesteuert wird und einem Transportmaximum (TmP) unterliegt, oberhalb dessen kein Phosphat mehr rückresorbiert, sondern das gesamte Phosphat im Urin ausgeschieden wird. Der in den Osteozyten und Osteoblasten gebildete FGF23 reguliert, neben PTH, wesentlich die Phosphatrückresorption am Na-Pi-Kotransporter-System. FGF23 inhibiert dabei die Phosphatrückresorption der Niere, indem es die Expression der Natrium-Phosphat-Kotransporter NaPi 2a und NaPi 2c herunterreguliert. FGF23 benötigt den Kofaktor KLOTHO, um an der Zielzelle wirksam zu sein. Weitere Wirkungen des FGF23 sind die Inhibierung der CYP27B1 (1-α-Hydroxylase) mit der Folge der verminderten Synthese von 1,25-(OH)2-Vitamin D, die Stimulation der Expression von CYP24A1-Vitamin-D-24-Hydroxylase, sowie die Hemmung der Synthese und Sekretion von PTH.
Ein chronischer Phosphatmangel bewirkt über eine gesteigerte CYP27B1-Genaktivität die vermehrte 1,25-(OH)2-Vitamin-D-Synthese im proximalen Nierentubulus und damit eine vermehrte Phosphataufnahme über den Darm. Eine Hyperphosphatämie hemmt umgekehrt die Bildung von 1,25-(OH)2-Vitamin D und stimuliert über die Bildung von FGF23 die vermehrte renale Phosphatausscheidung.

Störungen des Kalziumstoffwechsels im Kindes- und Jugendalter

Hypoparathyreoidismus

Definition
Der Hypoparathyreoidismus (HP) ist auf eine verminderte PTH-Sekretion, der Pseudohypoparathyreoidismus (PHP) auf eine verminderte PTH-Wirkung zurückzuführen. In beiden Fällen führt der herabgesetzte PTH-Einfluss auf Nieren und Skelett zu Hypokalzämie und Hyperphosphatämie.
Ätiologie und Pathogenese
Der HP kann primär oder sekundär bedingt sein (Abschn. 2.2, Sehr seltene Syndrome mit Hypoparathyreoidismus). Der sekundäre HP ist auf unterschiedliche Ursachen, wie Epithelkörperschädigung durch radioaktive Strahleneinwirkung, Hämosiderose, Infiltration durch Tumoren, Hypomagnesiämie und besonders im Erwachsenenalter auf eine postoperative Nebenschilddrüsenschädigung nach Strumektomie zurückzuführen. Ein transitorischer HP kann bei Neugeborenen von Müttern mit primärem Hyperparathyreoidismus als Folge einer Hemmung der fetalen Nebenschilddrüse durch die mütterliche Hyperkalzämie auftreten. Der primäre HP kann isoliert oder mit anderen Symptomen kombiniert, jeweils sporadisch oder familiär, auftreten und bereits in der Neugeborenenperiode oder später einsetzen. Dem primären HP liegen meist ein Fehlen oder eine Dysplasie der Nebenschilddrüsen oder Mutationen des PTH-Gens oder Kalziumrezeptorgens zugrunde. Die Synthese eines falschen, biologisch inaktiven PTH-Moleküls (pseudoidiopathischer HP) wurde bei 2 nicht verwandten Patienten vermutet.
Klinische Symptome
Die klinische Symptomatik des HP wird durch die akute wie auch chronische Hypokalzämie, in geringerem Ausmaß auch durch die Hyperphosphatämie und gegebenenfalls durch assoziierte Erkrankungen geprägt. Zeichen einer akuten Hypokalzämie sind epileptische Anfälle sowie manifeste oder latente Tetanien. Darüber hinaus können bei chronischer Hypokalzämie unter anderem trophische Störungen, insbesondere Zahnanomalien, Haarausfall und eine Brüchigkeit von Nägeln auftreten. Infolge der hohen Serumphosphatkonzentrationen kann es durch das erhöhte Kalzium-Phosphat-Produkt zu paradoxen Verkalkungen (tetanische Katarakt, intrazerebrale Verkalkungen, insbesondere im Bereich der Stammganglien) kommen. Das Spektrum der Symptome kann in Abhängigkeit vom Lebensalter, vom Ausmaß und von der zeitlichen Entwicklung der gestörten Nebenschilddrüsensekretion bzw. -wirkung variieren.
Tetanie ist eine Übererregbarkeit des Nervensystems, die sich episodisch mit tonischen, schmerzhaften Muskelkrämpfen und Parästhesien manifestiert. Bei der latenten Tetanie kann die neuromuskuläre Erregbarkeit durch Beklopfen des N. facialis vor dem äußeren Gehörgang (Zucken aller 3 Fazialisäste: positives Chvostek-Zeichen) oder Aufblasen einer Blutdruckmanschette am Oberarm über 3 min mit einem Druck von etwa 20 mmHg oberhalb des systolischen Blutdrucks (Karpalspasmus oder Geburtshelferhandstellung: Trousseau-Zeichen) ausgelöst werden.
Diagnose
Die Diagnose eines HP wird durch die Konstellation von Hypokalzämie (Gesamtkalziumkonzentration im Serum <2,1 mmol/l bzw. 8,4 mg/dl), Hyperphosphatämie (Serumphosphat bei Säuglingen >2,6 mmol/l bzw. 8 mg/dl, bei älteren Kindern >1,9 mmol/l bzw. 6 mg/dl), Ausschluss einer Hypomagnesiämie, normaler alkalischer Phosphatase und erniedrigten bzw. inadäquat niedrigen intakten Serum-PTH gesichert. Mit Ausnahme der autosomal-dominanten Hypokalzämie (Abschn. 2.2, Isolierter familiärer Hypoparathyreoidismus) ist das intakte PTH im Serum meist nicht messbar (<10 pg/ml bzw. <1,1 pmol/l) und die Urinkalziumausscheidung erniedrigt.
Um einen isolierten HP vom syndromatischen HP abzugrenzen, sind folgende Untersuchungen nach assoziierten Auffälligkeiten erforderlich:
  • Audiometrie,
  • Echokardiografie,
  • augenärztliche, röntgenologische, molekulargenetische Untersuchungen,
  • gründliche Familienanamnese und klinische Untersuchung.
Therapie
Eine mit Tetanie oder zerebralen Anfällen einhergehende Hypokalzämie erfordert die langsame intravenöse Injektion einer 10-prozentigen Kalziumglukonatlösung in einer Dosierung von 1–2 ml/kg Körpergewicht (KG) unter EKG-Kontrolle. Die Gabe sollte wiederholt werden, wenn Tetanie oder Krampfanfall persistieren. Es ist anzustreben, Kalzium möglichst rasch auf orale Gaben umzustellen. Bei intravasalen Gaben besteht die Gefahr von Hautnekrosen bei Extravasation.
Die Dauertherapie besteht in der Stimulation der Kalziumaufnahme aus dem Darm durch Alfacalcidol oder Calcitriol. Die Dosierung dieser Medikamente ist individuell unterschiedlich und richtet sich nach den Laborparametern Serum- und Urinkalzium. Die therapeutischen Richtdosen betragen für Calcitriol etwa 50 ng/kg KG/Tag. Die Behandlungen mit Calcidiol bzw. Calcitriol sind wegen der recht kurzen Halbwertzeit gut steuerbar. Eine Einschränkung der Phosphatzufuhr durch phosphatarme Kost oder gar eine medikamentöse Hemmung der intestinalen Phosphatabsorption ist unnötig, da sich der Serumphosphatspiegel durch die Normokalzämie selbst normalisiert.
Der Serumkalziumspiegel soll wegen der Tendenz zur Hyperkalziurie nur in den unteren Normbereich (2–2,25 mmol/l bzw. 8–9 mg/dl) angehoben werden. In einigen Fällen kann die Hyperkalziurie trotzdem so ausgeprägt sein, dass eine schwere Nierenschädigung, Nephrokalzinose oder Nephrolithiasis droht. In diesen Fällen soll die Diagnose einer autosomal-dominanten Hypokalzämie (Abschn. 2.2, Isolierter familiärer Hypoparathyreoidismus) erwogen und bei Vorliegen dieser Störung evtl. sogar von einer Behandlung ganz Abstand genommen werden. Bei den anderen HP-Typen kann bei einer stärkeren Hyperkalziurie ein Behandlungsversuch mit Hydrochlorothiazid (1–2 mg/kg KG täglich in 2–3 Einzeldosen) in Verbindung mit natriumarmer und kaliumreicher Kost erforderlich werden. In Abständen von mindestens 3–6 Monaten muss neben den Serumkalziumspiegeln regelmäßig auch die Urinkalziumausscheidung kontrolliert werden. Sie sollte unter <0,1 mmol bzw. 4 mg/kg KG im 24-h-Urin oder <0,7 mmol Kalzium/mmol Kreatinin bzw. 0,25 mg Kalzium/mg Kreatinin im 24-Stunden-Urin oder Spontanurin liegen. Regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Nieren sind zum Nachweis einer Nephrokalzinose notwendig.
Während einer länger dauernden Immobilisierung, z. B. postoperativ oder nach Frakturen, muss die Vitamin-D3- oder Calcitriolbehandlung vorübergehend abgesetzt oder deutlich reduziert werden, um einer sonst drohenden Hyperkalzämie und Hyperkalziurie vorzubeugen.

Spezielle Formen des primären Hypoparathyreoidismus

Der primäre HP kann isoliert oder mit anderen Symptomen kombiniert jeweils sporadisch oder familiär auftreten und bereits in der Neugeborenenperiode oder später einsetzen.

Isolierter familiärer Hypoparathyreoidismus

Der Erbgang bei den isolierten familiären Formen kann autosomal-dominant, autosomal-rezessiv oder X-chromosomal-rezessiv sein. Molekulargenetisch konnten in seltenen Fällen Mutationen des PTH-Gens auf Chromosom 11 oder in einigen Familien mit X-chromosomal-rezessivem HP und autoptisch nachgewiesener Schilddrüsenaplasie oder -hypoplasie Mutationen auf dem langen Arm des X-Chromosoms nachgewiesen werden.
Die autosomal-dominante Hypokalzämie (ADH) ist durch heterozygote aktivierende Mutationen des Gens für den Kalziumrezeptor auf Chromosom 3 verursacht. Die Zellen der Nebenschilddrüsen und des distalen Nierentubulus reagieren schon bei niedrigen extrazellulären Kalziumkonzentrationen mit einer Einschränkung der PTH-Sekretion bzw. tubulären Kalziumrückresorption. Die Patienten weisen einige charakteristische klinische und laborchemische Merkmale auf.
An die ADH sollte gedacht werden, wenn Patienten mit HP geringe Hypokalzämie-Symptome, messbare Serum-PTH-Spiegel sowie eine relative oder absolute Hyperkalziurie aufweisen und bei meist nur schwer anhebbaren Serumkalziumspiegeln durch Vitamin D3 oder Vitamin-D-Metabolite mit Symptomen eines renalen Diabetes insipidus (Durst und Polyurie) reagieren. Diese Patienten sind durch eine Nephrokalzinose und Nephrolithiasis gefährdet, eine Vitamin-D-Behandlung sollte nur bei ausgeprägten Hypokalzämie-Symptomen (zerebrale Anfälle oder Tetanien) durchgeführt werden.

Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie (APECED)

Ätiologie
Diese auch als Autoimmunpolyendokrinopathie Typ I (Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidia-Ektodermale-Dysplasie-Syndrom, APECED-Syndrom; Kap. „T-zelluläre und kombinierte Immundefekte bei Kindern und Jugendlichen“) bezeichnete Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt. Ursache der Erkrankung sind inaktivierende Mutationen in dem Transkriptionsfaktor AIRE (Autoimmun-Regulator-Gen), der auf dem Chromosom 21q22.3 exprimiert wird. In Finnland tritt die Erkrankung relativ häufig auf (1:25.000), in Deutschland liegt die Inzidenz unter 1:100.000/Jahr. Bis heute sind etwa 60 unterschiedliche Mutationen des AIRE-Gens bekannt, in über 80 % der Fälle wurde eine Stop-Codon-Mutation (257Arg/Stop) nachgewiesen.
Klinische Symptome und Verlauf
Die APECED manifestiert sich meist im frühen Kindesalter mit einem HP (85 % der Patienten). Daneben kann sich ein hartnäckiger Soorbefall von Finger- und Zehennägeln sowie der Mundschleimhaut, aber auch des Gastrointestinaltraktes finden. Im Alter von etwa 11–15 Jahren folgt dann ein Morbus Addison (80 %), später können Wachstumshormonmangel, Alopezie, Vitiligo, Steatorrhö, perniziöse Anämie, Gonadeninsuffizienz, chronische Hepatitis, Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes mellitus und Nephropathie hinzutreten. Bei den meisten Patienten werden 3–5 Symptome, z. T. bis zum 50. Lebensjahr manifest.
Diagnose
Bei Patienten mit idiopathischem HP, insbesondere bei vorangehender Moniliasis, muss an APECED gedacht werden. Als Screening-Parameter eignet sich die Bestimmung des Interferon-ω-Antikörpers, der zu 100 % positiv ist. Bei bestätigter Diagnose sollten mehrfach jährlich die Parameter Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphat, GOT, GPT, Glukose, HbA1c, ACTH, Plasmareninaktivität, Aldosteron, Kortisol, fT4, TSH, Blutbild, bei Verdacht auf perniziöse Anämie zusätzlich Vitamin B12, bei Wachstumsstörung zusätzlich IGF1 sowie bei Vorliegen einer Pubertätsstörung zusätzlich LH, FSH bestimmt werden.
Die oft nachweisbaren zirkulierenden Antikörper gegen Bestandteile von Nebenschilddrüsen, Nebennieren und anderen Zellen korrelieren nicht mit der klinischen Symptomatik und sind vermutlich nicht für die Destruktion der Organe verantwortlich.
Therapie
Die Behandlung erfolgt in Abhängigkeit von den betroffenen endokrinen Organsystemen.

Sehr seltene Syndrome mit Hypoparathyreoidismus

HP kann als Komponente zahlreicher hereditärer und nichthereditärer Syndrome auftreten, bei denen sich molekulargenetisch keine Defekte des PTH-Gens nachweisen ließen.
Das DiGeorge-Syndrom wird nunmehr zumeist in den Symptomenkomplex Mikrodeletionssyndrom 22q11.2 integriert. Bei den Patienten manifestiert sich häufig eine neonatale Hypokalzämie, die oft transitorisch ist. Daneben können sich velofasziale Fehlbildungen, kongenitale Herzfehler und Immundefizienz (z. B. Thymusaplasie) finden.
Hypoparathyreoidismus im Kindesalter
  • Primär
    • Isoliert: hereditär/nichthereditär
    • Syndromatischer HP
      • Mikrodeletionssyndrom 22q11.2 (DiGeorge-Syndrom, CATCH 22)
      • APECED (AR)
      • Kearns-Sayre-Syndrom
      • HP mit Innenohrschwerhörigkeit und Nierendystrophie (AD)
      • HP mit Niereninsuffizienz (AR)
      • HP mit Innenohrschwerhörigkeit, steroidresistentem nephrotischen Syndrom und späterem Nierenversagen (AR)
      • HP mit Lymphödem, Nephropathie, Mitralklappenprolaps und Brachytelephalangie (AR oder Xr)
      • HP mit ausgeprägtem Kleinwuchs, Entwicklungsverzögerung und auffälliger Fazies mit und ohne Skelettveränderungen oder T-Lymphozyten-Mangel (meist AR)
      • Kenney-Caffey-Syndrom (AD)
  • Sekundär
    • Operation
    • Tumor
    • Hämosiderose (z. B. Thalassaemia major)
    • Bestrahlung
Anmerkungen: AR autosomal-rezessiv, AD autosomal-dominant, Xr geschlechtsgebunden-rezessiv
Bei der Behandlung des Hypoparathyreoidismus ist zu bedenken, dass bei geringem Bedarf von Vitamin D3 oder Calcitriol spätestens im Alter von 1 Jahr ein Auslassversuch gemacht werden sollte.
Bei der nichthereditären mitochondrialen Enzephalomyelopathie Kearns-Sayre-Syndrom (progressive, mit Ptose beginnende externe Ophthalmoplegie, Pigmentdegeneration der Netzhaut, Reizleitungsstörungen des Herzens, Schwerhörigkeit, Kleinwuchs u. a.) sowie dem MELAS-Syndrom (Myopathie, Enzephalopathie, Laktatazidose, Stroke-like-Episoden) können sich im Verlauf der Erkrankung ein primärer HP sowie ein insulinpflichtiges Diabetes mellitus manifestieren.

Pseudohypoparathyreoidismus, iPPSD

Definition
Im Unterschied zum Hypoparathyreoidismus sind Hypokalzämie und Hyperphosphatämie beim Pseudohypoparathyreoidismus (PHP) nicht auf fehlendes Parathormon zurückzuführen, sondern auf einen Defekt des Parathormon-Rezeptors und daraus folgend dessen intrazellulärer Signalübermittlung in Niere und Skelett.
Pathogenese
Parathormon wird von einem Rezeptor erkannt, der mit dem G-Protein (Guanin-Nukleotid-bindenden-Protein) zu einem Komplex verbunden ist (Abb. 2). Das G-Protein besteht aus 3 Untereinheiten (α, β, γ). Unter physiologischen Bedingungen aktiviert das gebundene Parathormon die α-Untereinheit des G-Proteins (Gsα) und dieses wiederum die Adenylylcyclase. Das von der Adenylylcyclase gebildete zyklische Adenosinmonophosphat (cAMP) aktiviert die Proteinkinase A, die ihrerseits DNA-bindende Proteine phosphoryliert. Diese, auch als cAMP-responsive element-binding protein (CREB) bezeichneten, phosphorylierten Proteine stimulieren die Transkription einer Gruppe von Genen, welche Zellstoffwechsel, -proliferation, -differenzierung und Apoptose regulieren (Abb. 3).
Durch PTH stimuliertes G-Protein ist in Niere und Skelett exprimiert. Mutationen äußern sich in wechselnde Assoziationen von renal bedingten Störungen des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels und einer als Albright-Osteodysplasie bezeichneten Knochendysplasie.
Die vererbbaren somatischen Loss-of-function-Mutationen des GNAS beim PHP sind zu unterscheiden von nicht vererbbaren, somatischen Gain-of-function-Mutationen, die zur polyostotisch fibrösen Dysplasie führen (McCune-Albright-Syndrom, Kap. „Pubertät und Pubertätsstörungen“, Abschn. „Vorzeitige Pubertätsentwicklung [Pubertas praecox]“), mit oder ohne Hormonresistenz.
Klassifikation
Vor wenigen Jahren wurde eine neue Klassifikation für die verschiedenen Formen der Störungen der Signalwege von Parathormon (PTH) oder dem PTH-related peptide (PTHrP) vorgeschlagen. Ziel der neuen Klassifikation ist es, Störungen der Signalkaskade sowohl klinisch zu erklären als auch ätiopathogenetisch zu verbinden und darüber hinaus weitere Erkrankungen, die auch den Signalweg betreffen, mit einzubeziehen. Allen Erkrankungen ist die Konstellation des erhöhten PTH bei unauffälligem Vitamin-D-Status und gegebenenfalls Hypokalzämie und Hyperphosphatämie und/oder die Resistenz gegenüber PTHrP gemein. Aus diesem Grund wurde der übergeordnete Begriff der inactivating PTH/PTHrP signaling disorders (iPPSD) definiert, der dann in Untergruppen anhand der Ätiopathogenese eine genauere Klassifikation vorgibt (Tab. 1).
Tab. 1
Neue Klassifikation der inaktivierenden Mutationen im PTH/PTHrP-Signalweg (mod. nach Thiele et al. 2016)
Erkrankung/molekularer Defekt
Neue Klassifikation
Blomstrand und Eiken Chondrodysplasie
PTHR1-Mutation
iPPSD1
PHP1a
PHP1c
PPHP/AHO/POH
Gsα-Mutation
iPPSD2
PHP1b
iPPSD3
Acrodysostosis Typ 1
PRKAR1A-Mutation
iPPSD4
Acrodysostosis Typ 2
PDE4D-Mutation
iPPSD5
Autosomal dominante Hypertension mit Brachydaktylie
PDE3A-Mutation
iPPSD6
Unbekannte molekulare Defekte
iPPSDx
Neue molekulare Defekte
iPPSD n+1
PTH Parathormon; PTHrP PTH-related peptide; iPPSD inactivating PTH/PTHrP signaling disorders; PTHR PTH-Rezeptor; PHP Pseudohypoparathyreoidismus; PPHP Pseudopseudohypoparathyroidismus; AHO Albright hereditäre Osteodystrophie; POH progrediente ossäre Heteroplasie; Gsα α-Untereinheit des G-Proteins; PRKAR1A proteine kinase CAMP-dependent type I regulatory subunit alpha; PDE4D Phosphodiesterase 4D; PDE3A Phosphodiesterase 3A
iPPSD1
Nach der alten Nomenklatur wird der PHP Typ 1 in 3 Gruppen eingeteilt, wobei Typ 1A und 1C jeweils durch das Vorliegen einer hereditären Albright-Osteodystrophie (AHO, Albright hereditäre Osteodystrophie) gekennzeichnet sind und wahrscheinlich in einigen Fällen nur durch eine technische Auffälligkeit der Gsα-Aktivität fälschlich unterschieden wurden. Die neue Nomenklatur unterteilt die Signalstörungen gemäß Tab. 1 zunächst in 6 Gruppen. Als iPPSD1 werden Erkrankungen durch inaktivierende Mutationen im PTH-Rezeptor bezeichnet. Dazu gehört der Morbus Blomstrand, eine letale Form einer Chondrodysplasie. Mildere Formen können mit einem erhöhten PTH bei Kleinwuchs einhergehen.
iPPSD2
Der klassische PHP Typ 1A (PHP 1A), der Pseudo-PHP und auch die früher als PHP 1C klassifizierten Patienten mit Mutationen im Gsα-kodierenden Gen GNAS (Lokus 20q13.11) werden in die Erkrankungsgruppe iPPSD2 eingeordnet. Die Unterschiede in der klinischen Ausprägung zwischen PHP 1A und Pseudo-PHP (insbesondere die An- bzw. Abwesenheit von Hormonresistenzen) entstehen durch ein unterschiedliches Imprinting des GNAS-Lokus. Wird die GNAS-Mutation auf dem mütterlichen Allel vererbt oder tritt sie dort als Neumutation (also sporadisch) auf, so kommt es beim Kind zu einem PHP 1A, bei Mutation des väterlichen Allels zum Pseudo-PHP. In Blutzellen wird jedoch biallel exprimiert, daher der Nachweis der erniedrigten Gsα-Aktivität sowohl beim PHP als auch beim Pseudo-PHP.
Diese Mutationen im GNAS-Gen führen bei mütterlicher Vererbung nicht nur zu einer isolierten PTH- und PTHrP-Resistenz, sondern sind auch mit anderen Peptidhormonresistenzen assoziiert. Meist haben Patienten mit PHP Typ 1A auch eine Erhöhung des thyreoidstimulierenden Hormons (TSH), manche einen Wachstumshormonmangel durch gestörte Wirkung des growth hormone releasing hormone (GHRH) sowie eine verspätete oder leicht beeinträchtige Pubertätsentwicklung. Nur teilweise ist geklärt, wie die Störung des Gsα oder der anderen Transkriptions- und Translationsprodukte des GNAS-Genlokus das klinische Bild AHO im Detail verursachen. Die Patienten zeigen einen relativen Kleinwuchs zur elterlichen Zielgröße, einen gedrungenen Körperbau, oftmals mit Adipositas und eine psychomotorische Retardierung variablen Ausmaßes. Zudem kann es zu subkutanen Verkalkungen kommen (Calcinosis cutis). Ein besonderes Zeichen ist die Brachymetacarpie und Brachymetatarsie, die meist den 4. und 5. Strahl betrifft (Abb. 4) Ein ähnliches klinisches Bild vergleichbar mit AHO, jedoch ohne Störung des Kalziumstoffwechsels und ohne Beeinträchtigung der Gsα-Aktivität wurde bei Patienten mit einer Deletion im Bereich von Chromosom 2q37 beschrieben. Eine Besonderheit ist das früher als Pseudopseudohypoparathyreoidismus bezeichnete Bild der AHO-Zeichen ohne PTH-Resistenz oder andere Endokrinopathien, bei dem eine gestörte Gsα-Aktivität und eine GNAS-Mutation vorliegt. Hierbei handelt es sich jedoch um heterozygote Mutationen, die das paternale Allel betreffen, während bei PHP 1A das maternale Allel betroffen ist. Diese unterschiedlichen Bilder lassen sich nur durch ein unterschiedliches Imprinting erklären, bei dem das maternal geprägte Gen in vielen Geweben bevorzugt exprimiert wird und somit durch Mutationen ein anderer Phänotyp ausgelöst wird.
Die progrediente ossäre Heteroplasie (POH) ist eine besondere Erscheinungsform von GNAS-Mutationen und wird ebenfalls zur Gruppe der iPPSD2 zugeordnet. Die Erkrankung beginnt im Säuglingsalter mit ektopen Verknöcherungsherden in der Haut (Osteoma cutis), zu der sich progredient polytope Knocheninseln in Faszien und Muskulatur gesellen. Andere Zeichen einer Albright-Osteodysplasie fehlen.
iPPSD3
Methylierungsstörungen im GNAS-Genlokus, die mit einem PHP einhergehen, wurden bislang als PHP 1B bezeichnet, in der neuen Nomenklatur sind sie als iPPSD3 klassifiziert. Die Methylierungsstörungen bewirken gemischte Bilder einer Hypo- und Hypermethylierung verschiedener kodierender und nichtkodierender Bereiche im GNAS-Gen, sodass Gsα selbst, aber auch andere exprimierte Genabschnitte einer veränderten Transkription unterliegen. Die betroffenen Patienten haben meist eine PTH-Resistenz, jedoch keine oder nur gering ausgeprägte Merkmale einer AHO. Unterschieden werden müssen sporadische und hereditäre Formen. Während die sporadischen Formen meist komplexe Muster der Methylierungsstörung aufweisen, sind die hereditären Formen durch eine Hypomethylierung im Bereich des Exons A/B im GNAS-Gen gekennzeichnet und weisen Deletionen im vorangeschalteten Kontrollgen STX-16 auf.
iPPSD4
In der neuen Klassifikation werden die klassischen Formen des Pseudohypoparathyreoidismus um neu aufgeklärte Krankheitsbilder erweitert, bei denen klinisch auch eine PTH-Resistenz vorliegt und deren molekulare Ursachen in stromabwärts gelegenen Signalwegen liegen. Die iPPSD4 beschreibt das klinische Bild der Akrodysostose, das charakterisiert ist durch eine eingezogene Nasenwurzel mit Choanalstenose, Brachydaktylie E, postnatalen Kleinwuchs, oft normaler psychomotorischer Entwicklung und multipler Hormonresistenz (Abb. 5). Serumkalzium und -phosphat sind normal, Parathormon ist erhöht. Eine nicht seltene Komplikation sind Spinalstenosen.
Die Akrodysostose wird durch Mutationen im PRKAR1A-Gen hervorgerufen. Dadurch kommt es zu einer Störung der Proteinkinase A, die nicht auf eine cAMP-Stimulation reagieren kann. Meist liegen auch bei diesen Patienten multiple Hormonauffälligkeiten vor. Es gibt damit auch eine klinische Überlappung zur AHO und dem Bild des PHP 1A.
iPPSD5, iPPSD6
Mutationen im PDE4D-Gen, das für die Phosphodiesterase Typ 4 kodiert, verursachen die Akrodysostose 2. Die Phosphodiesterase 4 moduliert die Menge verfügbaren cAMPs. Aus noch unklarem Grund ist nach heterozygoten PDE4D-Mutationen die Menge verfügbaren cAMPs, vermindert. Entsprechend wird die Proteinkinase A vermindert aktiviert und es entsteht ein der Akrodysostose 1 ähnlicher Phänotyp. Patienten haben das charakteristische Gesicht und die Brachydaktylie E der Akrodysostose 1, sind vor allem in ihrer Sprachentwicklung deutlich behindert, jedoch nicht kleinwüchsig. Serum-PTH ist nicht erhöht und hormonale Resistenzen sind nicht bekannt. Spinalstenosen kommen vor. Sie werden als iPPSD5 bezeichnet, während das Hypertonie-und-Brachydaktylie-Syndrom (HTNB) durch Mutationen im PDE3A-Gen als iPPSD6 firmiert. Auch diese Phosphodiesteraseaktivität ist in den Kreislauf des cAMP eingebunden.
Therapie
Zur Vermeidung von Hypokalzämien werden die Patienten ähnlich wie beim Hypoparathyreoidismus mit aktiven Vitamin-D-Metaboliten (Calcitriol oder Calcidol) behandelt. Allerdings sollte der Zielbereich für das Kalzium im Serum durchaus im mittleren Referenzbereich liegen, denn das Risiko für eine Hyperkalziurie durch die Therapie ist beim PHP geringer als beim Hypoparathyreoidismus. Somit startet man meist mit einer Dosis von etwa 15–20 ng/kg KG des aktiven Vitamin-D-Metaboliten und adaptiert die Dosis dann entsprechend der kreatininbezogenen Kalziumausscheidung im Urin und des PTH-Wertes. Ziel ist es, das PTH in den Referenzbereich zu bekommen, ohne eine signifikante Hyperkalziurie mit nachfolgender Nephrokalzinose auszulösen. Kontrollen des Kalziumstoffwechsels sind etwa 3- bis 4-mal pro Jahr sinnvoll, sowie zusätzlich regelmäßige sonografische Untersuchungen der Nieren zur Beurteilung einer eventuellen Nephrokalzinose.
Ausgewählte Krankheiten mit verkürzten Metakarpalia/Metatarsalia: Brachydaktylie E
  • Akrodysostosen
  • Akromesomele Dysplasie
  • Beckwith-Wiedemann-Syndrom
  • Brachydaktylie-MR-Syndrom (del2q37); HDAC4-Mutation
  • Brachymetakarpie-C-Syndrom
  • DeLange-Syndrom
  • Dyschondrosteose
  • Enchondromatosen
  • Hand-Fuß-Genital-Syndrom
  • Nävoid-Basalzell-Syndrom
  • Poland-Syndrom
  • Pseudohypoparathyreoidismus
  • Tricho-rhino-phalangeales Syndrom
  • Weill-Marchesani-Syndrom

Hyperkalzämien

Hyperkalzämien im Kindesalter sind selten. In der folgenden Übersicht sind die Ursachen der Hyperkalzämie zusammengestellt.
Ursachen der Hyperkalzämie

Hyperparathyreoidismus

Definition
Unter Hyperparathyreoidismus versteht man eine chronische PTH-Übersekretion, die primär, d. h. autonom, oder sekundär, d. h. regulativ, als Folge einer zur Hypokalzämie führenden Grundkrankheit (kalzipenische Rachitis, Niereninsuffizienz oder PHP) bedingt ist (siehe Übersicht „Ursachen der Hyperkalzämie“). Der tertiäre Hyperparathyreoidismus stellt eine seltene Verlaufsform des sekundären Hyperparathyreoidismus dar, bei dem nach einer lang dauernden regulativen Überfunktion der Hyperparathyreoidismus autonom wird (Hyperkalzämie und Hyperparathyreoidismus).
Ätiologie und Pathogenese
Die Ursache des primären Hyperparathyreoidismus ist unklar. Die Kombination einer gesteigerten PTH-Sekretion durch vermehrte Zellmasse mit einer Reglerstörung, d. h. einer Suppression der PTH-Sekretion erst bei höheren als normalen Kalziumspiegeln, dürfte von Bedeutung sein. Der Kalziumrezeptor (CaR) ist immunhistologisch vermindert nachweisbar, Mutationen im CaR-Gen liegen allerdings nicht vor. Ursache der multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) Typ I sind unterschiedliche inaktivierende Keimbahnmutationen des auf dem langen Arm von Chromosom 11 lokalisierten MEN-1-Gens, das für ein Tumorsuppressorprotein (Menin) kodiert. Erst wenn zusätzliche somatische Mutationen dieses Gens auf dem anderen Allel auftreten, entwickelt sich in den entsprechenden Organen ein Tumor. Auch in sporadisch auftretenden Nebenschilddrüsenadenomen wurden in 25 % somatische MEN-I-Gen-Defekte nachgewiesen. Dagegen ist MEN 2a durch aktivierende Keimbahnmutationen des RET-Protoonkogens charakterisiert, welches für eine Tyrosinkinase kodiert.
Die im Kindesalter zumeist nachweisbaren Adenome stehen wegen der gemeinsamen embryonalen Herkunft aus der 3. und 4. Schlundtasche häufig in enger Lagebeziehung zum Thymus. In 80 % finden sich dabei solitäre Adenome im Thorax.
Epidemiologie
Im Kindesalter ist der primäre Hyperparathyreoidismus außerordentlich selten und tritt meist erst nach dem 10. Lebensjahr auf. Die geschätzte Prävalenz der Erkrankung im Kindes- und Jugendalter beträgt etwa 2–5/100.000, es sind weniger als 100 gesicherte Fälle bekannt. In etwa 80 % der Fälle handelt es sich um ein solitäres Adenom und in 20 % um eine Vier-Drüsen-Hyperplasie.
Klinische Symptome
Der primäre Hyperparathyreoidismus kann bei Kindern nichthereditär, meist als Folge eines Nebenschilddrüsenadenoms, oder hereditär, meist als Folge einer Hyperplasie aller 4 Nebenschilddrüsen, auftreten. Insbesondere beim primären Hyperparathyreoidismus im Neugeborenenalter muss an einen hereditären Hyperparathyreoidismus gedacht werden. Dieser kann isoliert mit autosomal-rezessivem oder autosomal-dominantem Erbgang auftreten oder im Rahmen von MEN 1 (primärer Hyperparathyreoidismus, Tumoren der Inselzellen des Pankreas und des Hypophysenvorderlappens) oder MEN 2a (primärer Hyperparathyreoidismus, medulläres kalzitoninproduzierendes Schilddrüsenkarzinom und Phäochromozytom) vorkommen.
Die Symptome des primären Hyperparathyreoidismus sind auf die Hyperkalzämie (Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, psychische Veränderungen, Blutdruckerhöhung), Hyperkalziurie (ADH-resistente Polyurie, Polydypsie, Nephrolithiasis, Nephrokalzinose) und die vermehrte PTH-Wirkung auf das Skelett (Knochenschmerzen und Röntgenveränderungen, insbesondere subperiostale Defekte an den Radialseiten der Mittelphalangen II und III) zurückzuführen. Bei den Syndromen MEN 1 und MEN 2a können entsprechend den assoziierten Endokrinopathien weitere Symptome auftreten.
Wegen der oft ausgeprägten Hyperkalzämie und Skelettveränderungen kann die Symptomatik eines primären Hyperparathyreoidismus im Neugeborenenalter ausgeprägt und lebensbedrohlich sein.
Diagnose
Laborchemisch wird die Diagnose durch den mehrfachen Nachweis einer Hyperkalzämie (Gesamtkalziumkonzentration im Serum >2,6 mmol/l bzw. 10,4 mg/dl) und einer Erhöhung des intakten Serum-PTH (>6 pmol/l bzw. 60 pg/ml) gestellt. Die Serumphosphatkonzentration kann erniedrigt sein. Ab einem Adenomdurchmesser >10 mm können Sonografie und MRT zur Lokalisation eines Nebenschilddrüsenadenoms hilfreich sein, nicht selten sind aber invasivere Untersuchungstechniken erforderlich (Nebenschilddrüsen-Subtraktionsszintigrafie, selektive Venenkatheterisierung). Beim endgültigen Nachweis eines primären Hyperparathyreoidismus soll immer eine Familienuntersuchung durchgeführt und nach anderen Endokrinopathien gesucht werden.
Differenzialdiagnostisch müssen andere Hyperkalzämie-Ursachen ausgeschlossen werden. Bei der Konstellation Hyperkalzämie und erhöhtes oder nichtsupprimiertes Serum-PTH ist neben dem primären Hyperparathyreoidismus an MEN 1 und MEN 2 sowie die familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie (siehe unten) zu denken. Bei Hyperkalzämie ohne erhöhtes Serum-PTH liegt eine nebenschilddrüsenunabhängige Erkrankung vor, wie Vitamin-D-Intoxikation, infantile Hyperkalzämie, inaktivierende Mutationen im CYP24A1-Gen (Abschn. 1), Tumorhyperkalzämie, granulomatöse Entzündung (Tbc), Vitamin-A-Intoxikation, Thiazidüberdosierung, plötzliche Immobilisierung (besonders bei mit Vitamin-D-Metaboliten behandelten Patienten), Hypothyreose, Hyperthyreose oder Nebennierenrindeninsuffizienz. Beim primären Hyperparathyreoidismus ist die Urinkalziumausscheidung erhöht. Bei einer normalen oder erniedrigten Kalziumausscheidung liegt die seltenere familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie vor.
Therapie
Die Behandlung des primären Hyperparathyreoidismus besteht in der chirurgischen Nebenschilddrüsenexploration und beim Nachweis eines einzelnen Adenoms in der Entfernung, bei der 4-Nebenschilddrüsen-Hyperplasie, z. B. im Rahmen eines MEN 1, wird eine subtotale Parathyreoidektomie mit Belassen eines kleinen Restes einer Nebenschilddrüse im Halsbereich durchgeführt.
Zur medikamentösen Behandlung des Hyperparathyreoidismus stehen u. a. Kalzimimetika, welche durch Stimulation des Kalziumrezeptors die PTH-Sekretion hemmen, Bisphosphonate, die den PTH-bedingten Knochenabbau einschränken und Glukokortikoide zur Verminderung der intestinalen Kalziumabsorption zur Verfügung.

Familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie

Ätiopathogenese
Die familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie (FHH) folgt einem autosomal-dominanten Erbgang und ist auf inaktivierende Mutationen des Gens für den Kalziumrezeptor auf Chromosom 3 zurückzuführen. Jede Familie hat offenbar ihre eigene Mutation. Homozygote und bestimmte heterozygote inaktivierende Mutationen des Kalziumrezeptors können zum neonatalen schweren Hyperparathyreoidismus (NSHPT) führen. Eine Erklärung hierfür könnte darin bestehen, dass der Kalziumrezeptor nicht nur die PTH-Sekretion, sondern auch die Proliferation der Nebenschilddrüsenzellen supprimiert und durch den Ausfall des Kalziumrezeptors eine Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen mit schwerem primärem Hyperparathyreoidismus auftritt.
Klinische Symptome
Die meisten Patienten mit FHH weisen trotz der Hyperkalzämie keine Symptome auf, was z. T. darauf zurückzuführen ist, dass die Urinkalziumausscheidung nicht erhöht, sondern erniedrigt oder normal ist. Bei Neugeborenen mit NSHPT können lebensbedrohliche Verläufe mit massiver Hyperkalzämie auftreten.
Diagnose
Im Gegensatz zum primären Hyperparathyreoidismus liegen die PTH-Konzentrationen meist nicht oder nur unwesentlich über der Norm, sind allerdings unter Berücksichtigung der Hyperkalzämie relativ erhöht. Die Urinkalziumausscheidung ist niedrig-normal, der Serummagnesiumspiegel leicht erhöht. Die Diagnosesicherung erfolgt über die molekulargenetische Untersuchung des Kalzium-Sensing-Rezeptors.
Therapie
Eine Nebenschilddrüsenoperation ist bei der FHH kontrainduziert, da die Hyperkalzämie aufgrund der weiterhin bestehenden erhöhten tubulären Kalziumrückresorption persistiert und die Patienten in der Regel keine Symptome aufweisen. Dagegen muss bei Neugeborenen mit NSHPT bei ausgeprägter Hyperkalzämie und stark erhöhten Serum-PTH- und Serum-Kalzium-Spiegeln sowie erheblichen Skelettveränderungen meist unmittelbar nach Diagnosestellung eine operative Nebenschilddrüsenexstirpation durchgeführt werden.

Vitamin-D-Intoxikation

Definition und Vorkommen
Hauptsächlich tritt eine Intoxikation unter Langzeittherapie mit Vitamin-D-Metaboliten bei Patienten mit HP, PHP und verschiedenen Rachitisformen auf. Noch immer werden auch Intoxikationen bei einer hochdosierten Vitamin-D-Behandlung ohne Indikation beobachtet. Die Empfindlichkeit, auf eine Vitamin-D-Behandlung mit einer Intoxikation zu reagieren, ist individuell unterschiedlich. Die tägliche Supplementation mit 20.000–50.000 IE Vitamin D über mehrere Wochen führt bei gesunden Erwachsenen zu toxischen 25-OHD-Konzentrationen >150 ng/ml (375 nmol/l). Nach Ross et al. 2011 sollten 4000 IE Vitamin D täglich zur Supplementation nicht überschritten werden.
Pathophysiologie
Bei Aufnahme hoher Vitamin-D-Mengen kommt es zur Erhöhung von 25-OHD, bisweilen auch von 1,25(OH)2D im Serum, zur vermehrten Kalziumaufnahme über den Darm und aus dem Skelett und zur Hyperkalzämie. Sollte unter niedriger Vitamin-D-Supplementation eine Hyperkalzämie auftreten, so kommen dafür differenzialdiagnostisch z. B. inaktivierende Mutationen im CYP24A1-Gen in Betracht.
Klinische Symptome
Folge der Hyperkalzämie und Hyperkalziurie sind Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation und Polyurie, in fortgeschrittenen Stadien extraossäre Verkalkungen, Nephrokalzinose und Niereninsuffizienz.
Diagnose
Sie wird aufgrund der Anamnese vermutet und durch Laboruntersuchungen erhärtet. Charakteristisch sind Hyperkalzämie und erniedrigtes intaktes PTH, Hyperkalziurie und im Falle einer Intoxikation mit Vitamin D eine Erhöhung von 25-OHD im Serum (meist >150 ng/ml [375 nmol/l]).
Therapie
Sie besteht in sofortigem Absetzen des Vitamin-D-Präparats und einer kalziumarmen Ernährung bis zur Normalisierung des Serum- und Urinkalziums, reichlicher Flüssigkeitszufuhr, NaCl-Infusionen, Furosemid-Gaben und in hartnäckigen Fällen einer mehrtägigen Glukokortikoid- und Bisphosphonatbehandlung.

Idiopathische infantile Hyperkalzämie (IIH)

Definition
Es handelt sich um eine pathophysiologisch (noch) nicht erklärbare Hyperkalzämie, die in verschiedenen klinischen Formen vorkommt und sich im Säuglingsalter manifestiert.
Klinische Symptome
Die Symptomatik ist abhängig vom Ausmaß der Hyperkalzämie: eine schwere Gedeihstörung, Erbrechen, Dehydratation und eine Nephrokalzinose verschiedenen Schweregrades können klinisch im Vordergrund stehen.
Pathogenese
Die Pathogenese der Hyperkalzämie und der morphologischen Auffälligkeiten ist ungeklärt.
Diagnose, mögliche Differenzialdiagnosen und Therapie
In Tab. 2 sind mögliche Differenzialdiagnosen der Hyperkalzämie anhand ihrer Laborparameter dargestellt. Ein großer Anteil der klinischen Symptomatiken, der zuvor als idiopathische infantile Hyperkalzämie klassifiziert wurde, kann möglicherweise in Kenntnis der enzymatischen Schritte des Abbaus der Vitaminmetabolite und der regulierenden Hydroxylasen (z. B. CYP24A1-, CPY3A4-Gen) spezifisch erklärt werden. Schlingmann fand 2016 bei Patienten mit IHH als Ursache inaktivierende Mutationen im SLC34A1-Gen. Dieses Gen spielt eine wichtige Rolle als renaler Natrium-Phosphat-Kotransporter 2a.
Tab. 2
Differenzialdiagnosen der Hyperkalzämie und assoziierte laborchemische Veränderungen
 
FHH (inakt. Mutation CaSR)
pHPT
Tumor/HIV
Vitamin-D-Intoxi-kation
Inakt. Mutation CYP24A1-Gen
Inakt. Mutation CYP3A4-Gen
Inakt. Mutation SLC34A1-Gen
S-Kalzium
↑↑
↑↑
↑↑
↑↑
↑↑
↑↑
Normal/(↑)
↑↑
 
↓/normal
Kalzium-Kreatinin-Quotient
PTHrP
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
Negativ
25-OHD
↓/normal
↓/normal
↓/normal
↑↑↑
↓/normal
↑↑↑
↑↑↑
↓/normal
1,25(OH)2D
Normal
↑↑
↑↑
↑↑
↑↑↑
↑↑↑
↑↑
↑↑↑
Ist die Hyperkalzämie nicht zu erklären, sollte nach Behandlung lebensbedrohlich erhöhter Serum-Kalzium-Konzentrationen (forcierte Diurese mit 0,9 % NaCl-Infusion sowie zusätzlich Gabe von Furosemid, gegebenenfalls Cinacalcet-, Bisphosphonat- oder/und Glukokortikoidgaben), die Vitamin-D-Prophylaxe unterbrochen bleiben und eine kalzium- und Vitamin-D-arme Ernährung (Spezialmilchen) empfohlen werden. Die Gabe von Muttermilch ist wegen ihres hohen Kalzium-Gehalts kritisch zu prüfen.

Rachitis

Definition
Rachitis ist charakterisiert durch eine Mineralisierungsstörung und Desorganisation der Wachstumsfuge, Osteomalazie durch eine gestörte Mineralisierung von Spongiosa und Kompakta. Während beim Erwachsenen nach Epiphysenfugenschluss lediglich eine Osteomalazie auftreten kann, kommen beim Kind beide Defekte gleichzeitig vor.
Ätiologie und Pathogenese
Bei den meisten Rachitisformen kommt es durch den vorwiegenden Phosphatmangel zur Hemmung der Apoptose der hypertrophischen Chondrozyten, die zur Rachitis führt, sowie zur Hemmung der Reifung und Mineralisation in den Osteoblasten (Osteomalazie). Pathogenetisch können 2 Gruppen unterschieden werden:
  • Kalzipenische Rachitis, bedingt durch einen vorwiegenden Kalziummangel als Folge einer verminderten endogenen Bildung, einer verminderten exogenen Aufnahme von Vitamin D oder sehr selten auch durch einen alleinigen Mangel der Kalziumzufuhr.
  • Hypophosphatämische Rachitis, bedingt durch eine Herabsetzung der Phosphatrückresorption im proximalen Nierentubulus, bei Frühgeborenen auch durch eine zu geringe Phosphatzufuhr.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Die Rachitis wird diagnostiziert durch die klinische Symptomatik (Skelettveränderungen wie Kraniotabes, Genua valga oder vara, verdickte Hand- und Fußgelenke, rachitischer Rosenkranz, aber auch Myopathie, Tetanie, epileptischer Krampfanfall), radiologische Veränderungen (Auftreibung und Becherung der metaphysären Wachstumsfugen, verminderte Mineralisation, Deformierungen, Abb. 6) sowie eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP). Ausnahmen von dieser Trias sind die kongenitale Hypophosphatasie sowie Zustände mit länger bestehender Azidose (z. B. renal tubuläre Azidose).
Die radiologischen Veränderungen erlauben in der Regel keine exakte ätiologische Zuordnung zu den verschiedenen Formen der Rachitis. Für die weitere differenzialdiagnostische Aufarbeitung ist deshalb die laborchemische Diagnostik wegweisend.
Man unterscheidet zwei Formen der Rachitis, nämlich die kalzipenische und die hypophosphatämische Rachitis. Der Parameter zur Differenzierung der beiden Formen ist das Parathormon. Bei der hypophosphatämischen Rachitis ist das PTH normal, während es bei der kalzipenischen Rachitis pathologisch erhöht ist.
Kalzipenische und hypophosphatämische Rachitiden können angeboren oder erworben sein (Abb. 7).

Kalzipenische Rachitis

Stadieneinteilung und Pathophysiologie
Ein Mangel an Vitamin D, eine gestörte Umwandlung von Vitamin D in das aktive Vitamin-D-Hormon, 1,25(OH)2D-Resistenz oder eine stark verminderte Kalziumzufuhr führen zur kalzipenischen Rachitis. Alle Störungen rufen durch eine nicht ausreichende 1,25(OH)2D-stimulierte intestinale Kalziumaufnahme einen Kalziummangel hervor mit Tendenz zur Hypokalzämie (Stadium I). Regulativ wird vermehrt PTH sezerniert, das zunächst durch eine erhöhte Kalziumfreisetzung aus dem Skelett eine Normokalzämie und infolge einer vermehrten renalen Phosphatausscheidung eine Hypophosphatämie hervorruft (Stadium II). Hält der Kalziummangel weiter an, ist trotz eines ausgeprägten sekundären Hyperparathyreoidismus nicht mehr genügend Kalzium aus dem Skelett mobilisierbar, sodass neben der Hypophosphatämie wieder eine Hypokalzämie auftritt (Stadium III). Insbesondere in den Phasen II und III ist die Aktivität der alkalischen Phosphatase (AP) als Ausdruck einer kompensatorisch gesteigerten Osteoblastenaktivität, also eines gesteigerten Knochenumsatzes, erhöht. Pathologisch-anatomisch findet man eine starke Ausweitung von neugebildetem, unregelmäßig mit Kapillaren durchsetztem osteoidem Gewebe. Die Zone des proliferierenden Säulenknorpels verkalkt nicht. Die Epiphysenfugen sind stark verbreitert. Neben der enchondralen ist auch die perichondrale Ossifikation gestört, was an einer subperiostalen Ausweitung nicht verkalkten Osteoids, insbesondere entlang der Schäfte der langen Röhrenknochen und am Schädel, zu erkennen ist.
Klinische Symptome
Je nach Schweregrad und Dauer der Vitamin-D-Stoffwechselstörung lassen sich Hypokalzämiesymptome wie Tetanie oder epileptische Anfälle, Skelettveränderungen, Myopathie (Bewegungsarmut, Muskelhypotonie, schlechte Kopfkontrolle) und, bei längerer Dauer ohne Behandlung, Verzögerung von Wachstum und psychomotorischer Entwicklung, Zahnschmelzdefekte, Infektanfälligkeit und Anämie nachweisen.
Die wichtigsten Skelettveränderungen sind klinisch zu erfassen: Verdickung von Hand- und Fußgelenken, Quadratschädel, Sitzkyphose, Genua valga oder vara. Kraniotabes bezeichnet Erweichungsherde am Hinterkopf, die einen Tastbefund ergeben, wie man ihn beim Eindrücken eines Tischtennisballes hat. Die Kraniotabes muss von der Kuppenweichheit des Schädels abgegrenzt werden, die bei Frühgeborenen, aber auch termingerecht geborenen jungen Säuglingen vorkommt, und auf eine ungenügende Verkalkung vor allem der Scheitelbeine zurückzuführen ist, jedoch keine Beziehung zur Rachitis hat (sog. nichtrachitische Kraniotabes). Als rachitischen Rosenkranz bezeichnet man die Auftreibung der Knorpel-Knochen-Grenze im Bereich der vorderen Rippenenden. Das Marfan-Zeichen besteht in einer Doppelhöckerbildung am äußeren Knöchel. Die Harrison-Furche ist eine Abflachung und horizontale Einbuchtung der seitlichen Thoraxpartien, die durch inspiratorische Einziehungen der weichen Rippen entsteht.
Diagnose
Diese stützt sich auf den Nachweis von Labor- und Röntgenuntersuchungen (Tab. 3). Die wichtigsten Laborbefunde der kalzipenischen Rachitiden sind: erhöhte Aktivität der Serum-AP, niedrig-normale Serumkalziumkonzentrationen, sekundärer Hyperparathyreoidismus, Hypophosphatämie infolge herabgesetzter tubulärer Phosphatrückresorption und Hypokalziurie.
Tab. 3
Differenzialdiagnose, Therapie und Ursachen verschiedener Rachitisformen
Laborwert
Vitamin-D-Mangel-Rachitis
Vitamin-D-25-Hydroxylase-Mangel
VDAR Typ 1
VDAR Typ 2A/B
VDAR Typ 3
Phosphatdiabetes
HHRH
Kalzium im Serum
n/↓
n
N
Phosphat im Serum
n/↓
n/↓
n/↓
n/↓
n/↓
Alkalische Phosphatase
n
n
25-OHD
n
n
n
n
1,25(OH)2D
n
n/↓
Ursache
Vitamin-D-Mangel
Mutationen im CYP2R1-Gen
Mutationen im CYP27B1-Gen
Mutationen im Vitamin-D-Rezeptor-Gen
Mutation CYP3A4-Gen
PHEX-Genmutationen
Mutationen im SLC34A3-Gen
Chromosom
11p15.2
12q13.3
12q12–q14
7q22.1
Xp22.1
9q34
Therapie
Für jeweils 3 Monate:
bis 12. Monat: 2000 IE Vitamin D3 und 0,5 g Kalzium/Tag
oder einmalig (>3. Monat: 50.000 IE i.m.)
2.–12. Lebensjahr:
3000–6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1 g Kalzium/Tag
oder einmalig 150.000 IE i.m.)
<13. Lebensjahr:
6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1,0 g Kalzium/Tag
Bis zu 50.000 IE Ergocalciferol (D2) oder Cholecalciferol (D3) täglich
0,5–2,0 μg Calcitriol/Tag
Zunächst:
bis zu 50 μg Calcitriol und 0,5–2,0 g Kalzium/Tag
später:
bis zu 5 g Kalzium/m2 KO/Tag
30.000–70.0000 IU Vit. D
20–40 mg Phosphat/kg KG/Tag
20–30 ng Calcitriol/kg KG/Tag
70–100 mg Phosphat/kg KG/Tag
VDAR Vitamin-D-abhängige Rachitis; HHRH hereditäre hyperphosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie; n normal; ↑ erhöht; ↓ erniedrigt
Eine weitere differenzialdiagnostische Abgrenzung gelingt meistens durch Anamnese, klinische Untersuchung und die zusätzliche Bestimmung von Vitamin-D-Metaboliten im Serum: Die Serumspiegel von 25-OHD und 1,25(OH)2D sind in Abhängigkeit von der jeweiligen Rachitisform verändert. Der Serum-25-OHD-Spiegel ist bei Rachitis infolge von Vitamin-D-Mangel, hepatobiliären oder gastrointestinalen Erkrankungen und hereditärem Vitamin-D-25-Hydroxylase-Mangel unter antikonvulsiver Behandlung erniedrigt. Der Serum-1,25(OH)2D-Spiegel kann bei den genannten Erkrankungen in Abhängigkeit vom Stadium erhöht, normal oder erniedrigt sein, ist hier also differenzialdiagnostisch nicht wegweisend. Dagegen ist der Serumspiegel des Vitamin-D-Hormons bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz und Vitamin-D-abhängiger Rachitis Typ I (VDAR I) erniedrigt und bei VDAR II erhöht (Tab. 3). Röntgenologisch findet man in fortgeschrittenen Rachitisstadien eine Auftreibung und Becherung der Wachstumsfugen, Kalkarmut und Deformierung des Skeletts, Grünholzfrakturen, kolbige Auftreibungen der vorderen Rippenenden und bisweilen subperiostale Knochenresorptionen als Folge des sekundären Hyperparathyreoidismus (Abb. 7).

Vitamin-D-Mangel-Rachitis

Ätiologie und Pathogenese
Voraussetzung für das Auftreten einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis, der bei uns häufigsten kalzipenischen Rachitisform, ist die eingeschränkte physiologische Vitamin-D-Bildung in der Haut durch herabgesetzte Sonneneinwirkung in Kombination mit einer zu geringen Vitamin-D- und Kalzium-Zufuhr mit der Nahrung bzw. mit einer unzureichenden Vitamin-D-Prophylaxe. In Deutschland ist nur von April bis September eine dermale Vitamin-D-Synthese möglich.
Prädilektionsalter sind wegen der hohen Wachstumsrate mit entsprechendem hohen Vitamin-D- und Kalziumbedarf vorwiegend die ersten beiden Lebensjahre, seltener auch die Pubertät.
Durch einen Vitamin-D-Mangel sind in Deutschland vor allem die folgenden 3 Personengruppen bedroht:
  • Säuglinge, die keine ausreichende Vitamin-D-Prophylaxe und Sonneneinwirkung erfahren.
  • Säuglinge und Kleinkinder mit vegetarischer oder makrobiotischer Ernährung ohne altersentsprechende Kalzium-, Vitamin-D- und Fettzusätze.
  • Jugendliche, deren Familien vorwiegend aus dem Vorderen Orient bzw. Asien und Afrika stammen. Diese Patienten zeichnen sich durch ethnische Besonderheiten aus: vegetarische, häufig kalzium-/Vitamin-D-arme-Ernährung, unzureichende intestinale Kalziumabsorption durch die phytatreiche Ernährung (faserreiches Getreide und Hülsenfrüchte), sehr dunkles Hautpigment (erschwerte dermale Vitamin-D-Synthese) sowie eine geringe Sonnenexposition (traditionelle Bekleidung).
Diagnose
Sie wird in der Regel bereits durch die Anamnese vermutet und durch den Nachweis erniedrigter Serum-25-OHD-Spiegel (<30 nmol/l bzw. 12 ng/ml) in Verbindung mit den übrigen laborchemischen, klinischen und radiologischen Untersuchungen (siehe oben) gesichert.
Therapie
Eine wirksame Behandlung der Vitamin-D-Mangel-Rachitis besteht im Säuglingsalter in der Gabe von 2000 IE Vitamin D3 und 0,5 g Kalzium/Tag für die Dauer von 3 Monaten, alternativ können bei Compliance nach dem 3. Lebensmonat 50.000 IE Vitamin D i.m. appliziert werden. Vom 2. bis zum 12. Lebensjahr werden 3000–6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1,0 g Kalzium/Tag für 3 Monate appliziert, alternativ einmalig 150.000 IE Vitamin D i.m. Ab dem 13. Lebensjahr sollte die Therapie in der täglichen Gabe von 6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1,0 g Kalzium/Tag für die Dauer von 3 Monaten, alternativ der einmaligen i.m.-Injektion von 300.000 IU Vitamin D bestehen. Weiterhin sinnvoll wäre es, eine Ernährungsadaptierung sowie eine häufigere Sonnenexposition zu erreichen. Als erstes Zeichen der Ausheilung der Rachitis normalisieren sich die Serumspiegel von Kalzium, Phosphat und PTH (innerhalb von 1–2 Wochen), während sich die radiologischen Skelettveränderungen und die Hyperphosphatasie (Die AP kann vorübergehend sogar unter Behandlung noch ansteigen!) erst nach Wochen bis Monaten zurückbilden. Die Therapie sollte aber in den 3 Monaten mittels Laborparametern (PTH, Serumkalzium, gegebenenfalls Kalzium/Kreatinin-Quotient im Spontanurin) auf Effektivität und gegebenenfalls Toxizität überprüft und adaptiert werden. Nach Beendigung der Rachitistherapie sollte einem Rezidiv durch entsprechende prophylaktische Maßnahmen, gegebenenfalls durch eine regelmäßige Vitamin-D-Supplementation vorgebeugt werden.

Rachitis bei hepatobiliären und intestinalen Erkrankungen

Ätiologie und Pathogenese
Es gibt keine überzeugenden Hinweise darauf, dass auch bei schweren Lebererkrankungen eine relevante Einschränkung der Umwandlung von Vitamin D in 25-OHD auftreten kann. Erkrankungen, die mit einer Fettresorptionsstörung (Gallenwegserkrankungen, chronische Pankreatitis, Mukoviszidose) oder einer Malabsorption (Morbus Crohn, Zöliakie, Kurzdarmsyndrom) einhergehen, führen zu den laborchemischen und radiologischen Veränderungen einer Rachitis. Der wesentliche pathogenetische Mechanismus von Kalziumstoffwechselstörungen dürfte in einer Malabsorption von Kalzium und den Vitaminen D und K zu suchen sein. Ein Mangel an 25-Hydroxy-Vitamin D als Folge der Lebersynthesestörung ist sicher nur bei chronischer Leberinsuffizienz nachweisbar.
Therapie
Sie besteht in der Behandlung der Grundkrankheit sowie der Gabe von Kalzium und Vitamin D (evtl. auch parenteral) in einer ähnlichen Dosierung wie bei der klassischen Vitamin-D-Mangel-Rachitis.
Bei Lebersynthesestörungen und Gallenwegserkrankungen ist gegebenenfalls auch die Gabe von Vitamin K zum Knochenaufbau erforderlich. Therapieziele sollten eine Normalisierung von AP und PTH bei normaler Kalziumausscheidung im Urin sein.

Rachitis antiepileptica

Ätiologie und Pathogenese
Die unter antiepileptischer Langzeitbehandlung, vorwiegend mit Phenobarbital oder Phenytoin, auftretende Rachitis ist multifaktoriell bedingt. Sie entsteht durch direkte Hemmung der intestinalen Kalziumaufnahme und gesteigertem Vitamin-D-Metabolismus mit Reduktion der 25-OHD-Serumspiegel als Folge einer hepatischen Enzyminduktion sowie durch zusätzliche Risikofaktoren wie mangelnde Sonnenlichtexposition, kalzium- und Vitamin-D-arme Ernährung und verminderte körperliche Aktivität. Auch eine konstitutionelle Komponente sowie eine antikonvulsiv bedingte Hemmung der Kalzitoninsekretion sind evtl. von Bedeutung.
Therapie
Die Behandlung sollte mit 0,25–1 μg 1,25(OH)2D (Calcitriol) erfolgen.

Renale Osteopathie

Die renale Osteopathie wird in Kap. „Chronische Niereninsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen“ beschrieben.

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 1a (VDAR I)

Ätiologie und Pathogenese
Diese seltene, autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung (VDAR I, 1α-Hydroxylase-Mangel) wurde 1961 erstmals von Prader und Mitarbeitern als sog. hereditäre Pseudomangelrachitis beschrieben.
Die 1α-Hydroxylierung des 25-OHD3 in der Niere wird durch das Schlüsselenzym für die Synthese des aktiven Vitamin D3, dem mitochondrealen Enzym Zytochrom P450c1α katalysiert. Das Gen ist lokalisiert auf Chromosom 12q13.1–13.3. Seit der Klonierung des CYP27B1-Gens im Jahre 1997 sind über 40 verschiedene Mutationen beschrieben worden. Die Mutationen führen zu unterschiedlich starken Enzymaktivitätsverlusten der 1α-Hydroxylase mit entsprechend variabler Ausprägung der Klinik der Patienten.
Klinische Symptome
Die Erkrankung manifestiert sich in den ersten 12 Lebensmonaten mit einer Wachstums- und Gedeihstörung, Muskelschwäche, rachitisbedingten Skelettdeformierungen oder mit hypokalzämiebedingten Tetanien und Krampfanfällen. Neben den gleichen klinischen, radiologischen und laborchemischen Veränderungen, wie die Vitamin-D-Mangel-Rachitis können die Patienten durch einen verzögerten Fontanellenschluss, zögerlichen Milchzahndurchbruch und bei älteren Kindern Zahnschmelzdefekte auffallen.
Diagnose
Laborchemisch finden sich die oben genannten Veränderungen einer meist fortgeschrittenen kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder III. Im Unterschied zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis sind aber die 25-OHD-Spiegel normal, die Serumkonzentrationen von 1,25(OH)2D dagegen deutlich erniedrigt (<5 pmol/l bzw. 12 pg/ml).
Therapie
Die Behandlung der VDAR Typ I besteht in den Anfangsmonaten aus einer Kombination von 0,5–2 μg 1,25(OH)2D (Calcitriol) und Kalzium. Nach Absättigung der Kalziumspeicher („hungry bone“) ist eine Kalziumsubstitution in der Regel nicht mehr erforderlich. Es ist dann nur noch auf eine ausreichende Kalziumzufuhr zu achten.

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 1b

Ätiologie und Pathogenese
2004 wurde erstmals über das in der Leber exprimierte mikrosomale CYP2R1 als Schlüsselenzym für die 25-Vitamin-D-Hydroxylase berichtet, die die Umwandlung von Vitamin D in 25-Hydroxyvitamin D3 katalysiert.
Aus vorhandener DNA zweier Patienten gelang der Nachweis (1994 publiziert) einer homozygoten Mutation im Exon 2 des CYP2R1-Gens, das auf dem Chromosom 11p15.2 lokalisiert ist.
Klinische Symptome
Die Erkrankung wird sich sicherlich im 1. Lebensjahr mit den gleichen klinischen, radiologischen und laborchemischen Veränderungen wie die Vitamin-D-Mangel-Rachitis manifestieren, auch wenn die beiden afrikanischen Patienten, bei denen nunmehr die Mutation Leu99Pro im CYP2R1-Gen nachgewiesen wurde, erstmals im Alter von 2 bzw. 7 Jahren wegen Beindeformierungen, Schmerzen beim Laufen und Kleinwuchs vorgestellt wurden.
Diagnose
Laborchemisch fanden sich bei den Patienten deutlich erhöhte AP- und PTH-Konzentrationen sowie Hypokalzämie und Hypophosphatämie. Die 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel waren erniedrigt, während die 1,25-Dihydroxyvitamin-D-Konzentrationen im Normbereich lagen. Außer dem direkten molekulargenetischen Nachweis sind somit nur die Anamnese (durchgeführte Vitamin-D-Prophylaxe, ausreichende Kalziumaufnahme) und das fehlende laborchemische und radiologische Ansprechen der hoch dosierten Vitamin-D-Therapie als Abgrenzung zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis möglich.
Therapie
Die Behandlung besteht aus der lebenslangen Substitution mit bis zu 50.000 IE Vitamin D2 (Ergocalciferol) oder 25-Hydroxyvitamin D3 (Cholecalciferol) täglich bei altersentsprechender Kalziumzufuhr mit der Nahrung.

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 2 (VDAR 2A/2B)

Ätiologie und Pathogenese
Dieser auch als hereditäre 1,25(OH)2D-resistente Rachitis bezeichneten Rachitisform liegt eine angeborene Endorganresistenz von Darm und Skelett, aber auch der Nieren und Nebenschilddrüsen gegenüber 1,25(OH)2D zugrunde, die an kultivierten Fibroblasten, Knochen- und Epidermiszellen nachweisbar ist. Ursache der autosomal-rezessiv erblichen Erkrankung sind homozygote Mutationen im Vitamin-D-Rezeptor-Gen (VDR-Gen). Dieses ist lokalisiert auf Chromosom 12q13–q14. Mutationen können in der DNA-bindenden oder hormonbindenden Domäne des Rezeptors auftreten. Man unterscheidet Patienten mit Alopezie (VDAR 2A), die dann oftmals auch spärliche Wimpern und Augenbrauen haben, von denen ohne Alopezie (VDAR 2B). Die Alopezie ist assoziiert mit dem Schweregrad der Hormonresistenz.
Epidemiologie
Seit der Erstbeschreibung im Jahre 1978 wurden etwa 100, vorwiegend aus Arabien und Japan stammende Familien, beschrieben. Ein Patient deutscher Herkunft ist publiziert. In den meisten Fällen besteht eine Konsanguinität.
Klinische Symptome
Die Rachitis manifestiert sich meist in den beiden ersten Lebensjahren, bisweilen erst im Alter von 3–15 Jahren, mit klinischen, radiologischen und laborchemischen Zeichen einer kalzipenischen Rachitis. In etwa der Hälfte der Fälle besteht eine Alopezie. Diese kann angeboren sein, tritt aber meist in den ersten beiden Lebensmonaten, spätestens im Alter von 4 Jahren auf.
Diagnose
Laborchemisch bestehen die oben genannten Veränderungen einer kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder meist III. Bisweilen findet man normale oder leicht erhöhte Serumphosphatspiegel. Im Unterschied zur VDAR I sind die 1,25(OH)2D-Konzentrationen im Serum bei unbehandelten Patienten stark erhöht (320–2400 pmol/l bzw. 132–1000 pg/ml, normal etwa 30–100 pg/ml) und steigen unter Therapie auf zum Teil exzessive Werte an. Die Serum-25-OHD-Spiegel sind bei unbehandelten Patienten normal. Neben einer molekulargenetischen Untersuchung kann der Enzymdefekt selbst an Rezeptoren von Hautfibroblasten nachgewiesen werden. Eine prognostische Aussage über das Ausmaß des Defektes ist durch die Messung der 1,25(OH)2D stimulierten 25-OHD-24-Hydroxylaseaktivität, einer normalerweise nachweisbaren Vitamin-D-Hormonwirkung, möglich. Bei Patienten mit fehlender Stimulierbarkeit dieses Enzyms in Fibroblasten kann die Hypokalzämie auch durch maximale Dosen von Vitamin D oder 1,25(OH)2D meist nicht beeinflusst werden.
Therapie
Die Therapie ist schwierig. Zunächst sollte immer ein Behandlungsversuch mit Calcitriol (bis zu 50 μg/Tag) oder mit Vitamin D3 (bis zu 5 Mio. E/Tag) gemacht werden. Bei ausbleibendem Anstieg des Serumkalziums sind nächtliche Kalziuminfusionen über Wochen bis Monate bis zur Absättigung der Kalziumspeicher („hungry bone“) erforderlich. Danach gelingt es oftmals mit hohen oralen Kalziumdosen (5 g Kalzium/m2 pro Tag) eine Normokalzämie aufrecht zu erhalten und eine normale Knochenmineralisation zu erreichen. Einige Patienten, besonders diejenigen mit Alopezie, bleiben trotz aller Maßnahmen hypokalzämisch, weisen schwere Rachitiszeichen auf und versterben bisweilen in den ersten Lebensjahren meist an den Folgen einer Pneumonie. Andere Patienten zeigen im Alter zwischen 7 und 15 Jahren eine ungeklärte Spontanheilung, die keine weitere Therapie mehr notwendig macht.

Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 3 (VDAR 3)

Ätiologie und Pathogenese
Das Krankheitsbild wurde erstmals von Rodda (2017) beschrieben.
Grundlage waren 2 Mädchen im Alter von 20 Monaten und 4,5 Jahren, bei denen ein verspätetes Laufalter auffiel und sich ab dem 2. Lebensjahr eine progrediente Genua-vara-Stellung zeigte. Unter der laborchemischen und radiologischen Konstellation einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis, allerdings aber auch bei zusätzlich erniedrigtem 1,25(OH)2D, zeigten sich unter einer hochdosierten Vitamin-D-Therapie und zusätzlicher Calcitriol-Gabe keine Veränderungen der Laborparameter. Als Ursache fand sich im Whole-Exome-Sequencing eine heterozygote aktivierende Mutation (Exon 10, c.902T>C) im CYP3A4-Gen (7q22.1). Mittels der CYP3A4-Hydroxylase werden die Vitamin-D-Metabolite in der Leber in inaktive Formen umgewandelt. Aktivierende Mutationen führen somit zu einer raschen und permanenten Erniedrigung der Vitamin-D-Metabolite 25-OHD und 1,25(OH)2D und somit zum Bild der Rachitis.
Es wird ein autosomal-dominanter Erbgang angenommen.
Klinische Symptome
Die VDAR Typ 3 manifestiert sich ab dem 2. Lebensjahr mit zunehmender Beinachsenfehlstellung und einem verspäteten Laufbeginn.
Diagnose
Laborchemisch finden sich die oben genannten Veränderungen einer meist fortgeschrittenen kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder III. Im Unterschied zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis sind aber sowohl die 25-OHD-, als auch die 1,25(OH)2D-Spiegel deutlich erniedrigt. Unter der Standardtherapie einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis, als auch unter zusätzlicher Gabe von Calcitriol zeigen sich laborchemisch als auch klinisch keine Änderungen.
Therapie
Die Behandlung der VDAR Typ 3 erfolgt mit hochdosiertem Cholecalciferol (z. B. 50.000 IE).

Hypophosphatämische Rachitis

Bei fast allen Formen der hypophosphatämischen Rachitiden wird durch erhöhte FGF23-Konzentrationen am Na-Pi-Kotransporter-System die tubuläre Rückresorption von Phosphat gehemmt. Laborchemisch führend ist daher neben der ausgeprägten Hypophosphatämie ein vermindertes tubuläres Transportmaximum für Phosphat (TmP/GFR). Zusätzlich weisen die Patienten inadäquat normale 1,25(OH)2D3-Serumspiegel bezogen auf die Hypophosphatämie auf (Ausnahme HHRH). Die Berechnung der tubulären Phosphatrückresorption bzw. des diagnostisch besser verwertbaren TmP/GFR (Phosphatschwelle) erfolgt anhand der gleichzeitig zu bestimmenden Phosphat- und Kreatininwerte im Serum und Urin.
Die hypophosphatämischen Rachitiden lassen sich in zwei Gruppen differenzieren:
  • FGF23 vermittelter Phosphatverlust
  • nicht-FGF-23 vermittelter Phosphatverlust.
Die wichtigsten hypophosphatämischen Rachitiden sind das erworbene renale Fanconi-Syndrom sowie die X-chromosomal erbliche hypophosphatämische Rachitis.

Phosphatdiabetes

Ätiologie und Pathogenese
Die X-chromosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis wird durch verschiedene, auf dem distalen Anteil des kurzen Arms des X-Chromosoms lokalisierte Mutationen des PHEX-Gens (phosphate regulating gene with homologies to endopeptidases located on the X-chromosome) hervorgerufen. Genetische Störungen im PHEX-Gen führen zu einer vermehrten Bildung von FGF23 in den Osteozyten und Osteoblasten. Folge der erhöhten FGF23-Konzentrationen ist eine verminderte Expression der für die Phosphatrückresorption wichtigen Natrium-Phosphat-Kotransporter Typ 2 (NaPi-2a und NaPi-2c) und konsekutiv ein massiver renaler Phosphatverlust. Des Weiteren kommt es über das erhöhte FGF23 zu einer verminderten CYP27B1-Transkription mit nachfolgender verminderter Hydroxylierung vom 25-OHD zum 1,25(OH)2D. Die bei einer Hypophosphatämie normalerweise ausgelöste gesteigerte Synthese von 1,25(OH)2D unterbleibt somit. Im Serum finden sich trotz ausgeprägter Hypophosphatämie inadäquat niedrig-normale 1,25(OH)2D-Spiegel. Die Hypophosphatämie bzw. das herabgesetzte Kalzium-Phosphat-Produkt im Serum führen zur Rachitis und Osteomalazie. Da PHEX in den Osteoblasten als auch in den Odontoblasten exprimiert wird, können Mutationen sowohl zu einer verminderten Mineralisation des Skelettsystems als auch der Zahnhartsubstanz führen.
Vererbung und Epidemiologie
Leitparameter für die Erkrankung ist die Hypophosphatämie, die nicht immer mit einer klinischen Symptomatik einhergeht. Der Erbgang des Phosphatdiabetes, der unzutreffend auch als „Vitamin-D-resistente Rachitis“ bezeichnet wird, ist X-chromosomal-dominant: Bei einer Erkrankung des Vaters sind also alle Töchter betroffen und alle Söhne gesund, während die Hälfte der Söhne und die Hälfte der Töchter einer hypophosphatämischen Mutter erkranken. Mädchen sind doppelt so häufig betroffen wie Knaben. Die Schwere der Erkrankung variiert stark innerhalb und zwischen den Familien. Obwohl betroffene weibliche Individuen eine normale und eine mutierte Kopie des krankheitsverursachenden Gens tragen, besteht nur ein geringer Unterschied in der Schwere der klinischen Ausprägung zwischen Männern und Frauen. Bisher sind über 300 Mutationen im PHEX-Gen beschrieben worden, die sich über das gesamte Gen verteilen. Es liegt eine hohe Inzidenz an Neumutationen vor. Vereinzelt wurden Familien mit autosomal-dominantem oder autosomal-rezessivem Erbgang beschrieben. Mit einer Häufigkeit von etwa 1:20.000 Neugeborenen ist der Phosphatdiabetes die häufigste Form der erblichen Rachitis.
Klinische Symptome und Verlauf
Die Erkrankung manifestiert sich meist erst am Ende des 1. Lebensjahres oder häufiger im 2. Lebensjahr. Die betroffenen Kinder fallen durch einen watschelnden, breitbeinigen Gang, zunehmenden Kleinwuchs und rachitische Beindeformitäten auf. Der klinische Ausprägungsgrad korreliert nicht mit dem Ausmaß der Hypophosphatämie, Muskelschmerzen treten nicht auf. Nicht selten kommen Zahnschmelzdefekte und Zahnabszesse vor. Unbehandelte erwachsene Patienten können beschwerdefrei sein oder Verkalkungen im Bereich von Sehnen, Gelenkkapseln und Ligamenten sowie eine Innenohrschwerhörigkeit aufweisen und über Knochenschmerzen klagen.
Diagnose
Die wichtigsten Laborbefunde sind eine Hypophosphatämie (Serumphosphat im 1. Lebensjahr <1,6 mmol/l bzw. 5 mg/dl, bei älteren Kindern <1,3 mmol/l bzw. 4 mg/dl, bei Erwachsenen <0,6 mmol/l bzw. <2 mg/dl) und Verminderung der tubulären Phosphatrückresorption (TRP), die deutlich unter 80 % liegt, bzw. des auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezogenen Transportmaximums für Phosphat (TmP/GFR; altersabhängige Normwerte). Die alkalische Phosphataseaktivität ist als Ausdruck einer gesteigerten Osteoblastentätigkeit mäßig erhöht. Die laborchemischen Veränderungen lassen sich meist schon in den ersten Lebensmonaten, nie aber unmittelbar nach Geburt nachweisen. Kalzium, PTH, 25-OHD im Serum sowie Urinkalzium sind bei unbehandelten Patienten meist normal, der 1,25(OH)2D-Serumspiegel ist altersentsprechend, jedoch für die Hypophosphatämie zu niedrig.
Die Röntgenbefunde sind altersabhängig. Im Säuglingsalter überwiegen Auftreibung und Becherung der metaphysären Wachstumszone im Bereich der langen Röhrenknochen von Unterarmen und Beinen, später stehen die Veränderungen im Bereich der Knie- und Sprunggelenke im Vordergrund. Charakteristisch ist eine mediale Verbreiterung der Epiphysen am distalen Femur und an der proximalen Tibia sowie eine O-Beinstellung der Unterschenkel mit einem keilförmigen Defekt der statisch überbelasteten medialen Tibiametaphyse. Mit zunehmendem Alter ist bei unbehandelten Patienten eine grobe Trabekelzeichnung der Röhrenknochen und paradoxerweise eine Erhöhung der Knochendichte (exzessive Anhäufung von intermittierend verkalktem Osteoid) erkennbar.
Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch bei positiver Familienanamnese über die bereits in den ersten Lebensmonaten erhöhte alkalische Phosphatase und bei unklaren Fällen über eine Mutationsanalyse des PHEX-Gens möglich.
Therapie
Die Behandlung erfolgt mit 4–6 über den Tag verteilten Dosen von Phosphat (z. B. als Reducto spezial oder Phosphatlösung). Die Dosierung beträgt je nach Lebensalter und Verträglichkeit etwa 20–40(–60) mg/kg KG und Tag, wobei sich die angegebene Menge auf den Gehalt an elementarem Phosphor bezieht. Um einer phosphatinduzierten Tendenz zur Hypokalzämie mit sekundärem oder tertiärem Hyperparathyreoidismus entgegenzuwirken und eine Ausheilung der Mineralisierungsstörung im Bereich von Spongiosa und Kompakta zu erzielen, wird zusätzlich 1,25(OH)2D (Calcitriol) in einer Dosis von 20–30 ng/kg KG täglich oral in 2 Einzeldosen verabreicht. Die Richtlinien für die Calcitriolbehandlung (Urinkalziumausscheidung, Absetzen bei Immobilisierung, Ultraschalluntersuchungen) entsprechen denen der Therapie des Hypoparathyreoidismus. Laborchemische Untersuchungen von Blut und Urin sollten möglichst 3-monatlich, Ultraschalluntersuchungen der Nieren etwa alle 9–12 Monate erfolgen, um Effektivität und Toxizität der Therapie zu überprüfen.
Primäres Therapieziel ist eine Normalisierung des Knochenumsatzes (1. Therapiejahr), nicht die Normalisierung des Serumphosphatspiegels. Letzteres ist wegen der zugrunde liegenden Pathophysiologie in der Regel nur mit gleichzeitiger Hyperkalzämie und Hyperkalziurie möglich. Nach 2–3 Therapiejahren sollte es zu einer Reduktion der Beinfehlstellung (2 cm/Jahr) sowie zu einem Aufholwachstum kommen.
Calcitriol muss bei einem Hinweis auf eine Hyperkalziurie (Nephrokalzinose und Hyperkalzämie) reduziert und bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus erhöht werden. Die Phosphatdosis soll bei herabgesetzter Wachstumsrate und/oder erhöhter Serum-AP-Aktivität gesteigert werden, was allerdings wegen gastrointestinaler Symptome und sekundärem Hyperparathyreoidismus nicht immer möglich ist.
Der klinische Nutzen einer Frühtherapie mit Phosphat und Vitamin D (<3. Monat) bei einem 2. Kind nach einem Indexfall in der Familie ist noch nicht abschließend beurteilbar. Sicherlich sollte bei ansteigender alkalischer Phosphatase, spätestens aber ab dem 6. Lebensmonat, eine medikamentöse Substitutionstherapie erfolgen. Die Mitbetreuung durch einen Kinderorthopäden ist erforderlich, bei ausgeprägten und im Wachstumsalter nicht selten progredienten Fehlstellungen sind Korrekturosteotomien bisweilen nicht zu umgehen. Bei einem Teil der erwachsenen Patienten ist eine Fortsetzung der Therapie nicht notwendig, während andere wegen erneut auftretenden Beschwerden lebenslang behandelt werden sollen.
Insgesamt ist die Behandlung des Phosphatdiabetes aufwendig. Sie sollte in der Hand erfahrener pädiatrischer Endokrinologen und Nephrologen liegen unter Einbeziehung eines interdisziplinären Teams (Kinderorthopäden, Kinderzahnarzt, Kinderradiologen). Trotzdem sind die Behandlungsergebnisse bislang nicht immer zufriedenstellend.
Seit April 2018 steht erstmalig eine verordnungsfähige kausale Therapie der Erkrankung zur Verfügung: ein rekombinanter menschlicher IgG1-monoklonaler Antikörper bindet das stark erhöhte FGF23 der Patienten und inhibiert dessen biologische Aktivität. Über die Wiederherstellung der normalen renalen Phosphatrückresorption kommt es zum Anstieg bzw. zur Normalisierung des Serum-Phosphats. Der Knochen wird innerhalb weniger Wochen wieder regelrecht mineralisiert und die alkalische Phosphatase normalisiert sich. Auch die, durch die zuvor hohen FGF23-Konzentrationen gehemmte CYP27B1-Hydroxylase, normalisiert sich und bildet wieder gemäß den Erfordernissen des Organismus 1,25(OH)2D.

Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie (HHRH)

Ätiologie und Pathogenese
Bei dieser sehr seltenen vorwiegend autosomal-rezessiv vererbten phosphopenischen Rachitis liegt eine inaktivierende Mutation des Gens SLC34A3 vor, das den Natrium-Phosphat-Kotransporter NaPi-2c reguliert. Die 1,25(OH)2D-Serumspiegel sind im Gegensatz zum Phosphatdiabetes stark erhöht als Hinweis einer adäquaten Reaktion auf den renalen Phosphatverlust. Die Störung betrifft lediglich die tubuläre Phosphatrückresorption, nicht aber, wie beim klassischen Phosphatdiabetes, zusätzlich die Hydroxylierung des 1,25(OH)2D. Durch die erhöhte 1,25(OH)2D-Sekretion kommt es zur vermehrten Aufnahme von Kalzium aus dem Darm, einer Tendenz zur Hyperkalzämie und Nebenschilddrüsensuppression mit der Folge einer Hyperkalziurie.
Klinische Symptome
Es handelt sich um ein Spektrum von Symptomen, das von einer asymptomatischen Hyperkalziurie bis zum schweren Ausprägungsgrad mit Rachitis, Nephrokalzinose, Nephrolithiasis und Kleinwuchs reicht.
Diagnose
Sie stützt sich auf den Nachweis einer Hyperkalziurie und einer Erhöhung der 1,25(OH)2D-Serumkonzentrationen bei unbehandelten Patienten mit hypophospatämischer Rachitis, die übrigen laborchemischen Veränderungen entsprechen dem Phosphatdiabetes.
Die Konzentration des Fibroblastenwachstumsfaktors FGF23 ist normal. Der molekulargenetische Mutationsnachweis sichert die Diagnose.
Therapie
Die Behandlung besteht in der alleinigen oralen Phosphatsubstitution, die bis auf 70–100 mg/kg KG elementaren Phosphor in 5–6 Einzeldosen gesteigert werden muss, um einen guten Therapieeffekt (Normalisierung des 1,25[OH]2D) zu erzielen.

Tumorrachitis

Ätiopathogenese
Es handelt sich meist um benigne mesenchymale Tumoren (z. B. nichtossifizierende Fibrome, Fibroangiome, Riesenzellgranulome), die an unterschiedlichen Stellen des Körpers lokalisiert sind und lange durch ihre geringe Größe unerkannt bleiben. In diesen Tumoren erfolgt eine Überexpression des FGF23, der die Phosphatrückresorption und 1,25(OH)2D-Synthese im proximalen Nierentubulus hemmt und zu den klinischen, laborchemischen und radiologischen Veränderungen einer phosphopenischen Rachitis führt.
Epidemiologie
Seit der Erstbeschreibung durch Prader 1959 wurde die Kombination einer hypophosphatämischen Rachitis bzw. Osteomalazie mit einem Tumor in etwa 50 Einzelbeobachtungen, meist bei Erwachsenen, selten auch bei Kindern beschrieben.
Klinische Symptome
Im Gegensatz zum Phosphatdiabetes manifestiert sich die Tumorrachitis im späteren Kindes- oder im Erwachsenenalter mit Knochenschmerzen, Muskelschwäche, progredienten Beindeformierungen und gelegentlich Spontanfrakturen. Bei jeder „sporadischen hypophosphatämischen Rachitis oder Osteomalazie“, die mit Knochenschmerzen einhergeht und sich nicht bereits im Kleinkindalter manifestiert, sollte an eine Tumorrachitis gedacht werden.
Diagnose
Die laborchemischen und radiologischen Befunde entsprechen denen beim Phosphatdiabetes, wobei die Serum-1,25(OH)2D-Spiegel oft deutlich niedriger liegen. Die FGF23-Serumkonzentrationen sind deutlich erhöht.
Die Lokalisation des Tumors ist häufig schwierig, meist ist eine umfangreiche radiologische Diagnostik (konventionelles Röntgen, MRT-, ggf. auch Octreotid-Szintigrafie) erforderlich.
Therapie
Nach Entfernen des Tumors normalisieren sich die laborchemischen und röntgenologischen Veränderungen. Falls der Tumor inoperabel ist, erfolgt eine Therapie der Rachitis wie beim Phosphatdiabetes.

De-Toni-Debré-Fanconi-Syndrom

Das De-Toni-Debré-Fanconi-Syndrom wird in Kap. „Tubulopathien bei Kindern und Jugendlichen“ beschrieben.

Autosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis

Die ADHR ist deutlich seltener als die X-chromosomale hypophosphatämische Rachitis. Ihre Inzidenz wird auf 1:100.000 geschätzt. Die autosomal-dominant erbliche Rachitis unterscheidet sich laborchemisch und röntgenologisch nicht vom klassischen Phosphatdiabetes. Sie kann sich klinisch erst im Verlauf des Kindesalters oder im Erwachsenenalter manifestieren. Patienten mit ADHR weisen Mutationen im Gen des Fibroblastenwachstumsfaktors FGF23 auf. Normalerweise wird das sezernierte FGF23 über Endopeptidasen abgebaut. Bei Patienten mit ADHR führten Mutationen in zwei eng benachbarten Argininresten (Arg 176 und Arg 179) jedoch zu einer veränderten Proteinstruktur im Bereich der proteolytischen Spaltstellen des Proteins, sodass dessen Abbau gestört ist und biologisch aktives FGF23 im Körper akkumuliert.

Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis Typ 1

Bei der ARHR Typ 1 kommt es durch inaktivierende Mutationen im Dentin-Matrix-Protein-1 (DMP-1) zur erhöhten Transkription von FGF23 in den Osteozyten. Die pathologisch erhöhten FGF23-Konzentrationen führen über die Hemmung des Na-Pi-Kotransportersystems zum renalen Phosphatverlust mit den Konsequenzen Störung des Kalzium-Phosphat-Produkts und nachfolgender Rachitis. Laborchemisch finden sich ein deutlich erhöhtes FGF23, Hypophosphatämie, renaler Phosphatverlust sowie inadäquat niedrige 1,25(OH)2D-Serumspiegel.

Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis Typ 2

Lorenz-Depiereux et al. beschrieben erstmals in 4 Familien mit hypophosphatämischer Rachitis inaktivierende Mutationen im ectonucleotide pyrophosphatase/Phosphodiesterase 1-Gen (ENPP1-Gen). ENPP1 ist die Hauptquelle für extrazelluläres Pyrophosphat (PPi), das die kristalline Ablagerung von Hydroxyapatit verhindert und das Wachstum hemmt. Mutationen im ENPP1-Gen gehen bei Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis (ARHR Typ 2) mit der gleichen Laborkonstellation wie bei der ARHR Typ 1 einher. Da diese Mutationen auch bei dem schwerwiegenden Krankheitsbild GACI (generalisierte Verkalkung der Arterien im Kleinkindalter) gefunden wurden, stellt der renale Phosphatverlust bei den Patienten mit gleichzeitig vorhandener hypophosphatämischer Rachitis (HR) möglicherweise einen „Schutzmechanismus“ vor der starken arteriellen Verkalkung dar. Eine Substitutionstherapie der HR sollte deshalb nur unter strengen laborchemischen und sonografischen Kontrollen (Gefäße, Herz, Niere) erfolgen.

Isolierte Erhöhung der alkalischen Serumphosphatase

Definition
Nach Ausschluss hepatobiliärer Erkrankungen oder einer Osteopathie durch Dokumentation von Normalwerten für Leberenzyme, Kalzium und Phosphat im Serum, einer normalen Parathormonkonzentration sowie einer unauffälligen Röntgenaufnahme der linken Hand wird eine erhöhte Aktivität der alkalischen Serumphosphatase als isolierte Hyperphosphatasie bezeichnet. Diese kann transitorisch oder permanent, auch familiär auftreten.

Transitorische Hyperphosphatasie

Sie kommt bei Säuglingen und Kleinkindern relativ häufig vor und normalisiert sich spontan nach 6–12 Wochen. Bei vielen der betroffenen Kinder besteht zum Zeitpunkt der Hyperphosphatasie ein Infekt der oberen Luftwege oder eine Durchfallerkrankung. Ursächlich wird eine transitorisch gestörte Enzym-Clearance durch ein noch unbekanntes infektiöses Agens vermutet. Die dabei meist zufällig gefundenen AP-Konzentrationen liegen nicht selten in Konzentrationsbereichen von mehreren Tausend U/l. Diese Konzentrationen werden auch bei einer ausgeprägten Rachitis zumeist nicht erreicht.

Persistierende Hyperphosphatasie

Diese ist viel seltener, sie kann idiopathisch oder hereditär auftreten, die hereditäre Form kann vermutlich dominant oder rezessiv vererbt werden.
Die rezessiv vererbte Form sowie die idiopathische Hyperphosphatasie können mit geistiger Behinderung, Anfällen und neurologischen Auffälligkeiten einhergehen, deren Assoziation zur Hyperphosphatasie bisher ungeklärt ist.
Bei einer isolierten transitorischen oder persistierenden Hyperphosphatasie sind eine weiterführende Diagnostik wie Knochenszintigrafie oder -biopsie oder eine probatorische Vitamin-D-Behandlung unangebracht.

Störungen des Kalziumstoffwechsels in der Neugeborenenperiode

Neugeborenenhypokalzämie

Definition
Die Neugeborenenhypokalzämie wird definiert als Unterschreiten der Gesamtserumkalziumkonzentration von 1,75 mmol/l bzw. 7 mg/dl und des ionisierten Anteils von 0,63 mmol/l bzw. 2,5 mg/dl. Sie kann in Abhängigkeit des zeitlichen Auftretens in eine frühe und eine späte Form unterteilt werden.
Ätiologie und Pathogenese
Bei Frühgeborenen spielt das abrupte Sistieren der hohen diaplazentaren Kalziumzufuhr, vermutlich auch eine vorübergehende Endorganresistenz gegenüber PTH und eine überschießende Kalzitoninsekretion eine Rolle. Bei Kindern diabetischer Mütter werden pathogenetisch eine verminderte PTH-Sekretion infolge Hypomagnesiämie, eine erhöhte Kalzitoninsekretion oder ein vermehrter Kalziumbedarf aufgrund des größeren Skeletts dieser meist makrosomen Kinder vermutet. Ursache der neonatalen Hypokalzämie Neugeborener mit perinataler Asphyxie oder anderen Geburtskomplikationen könnte ein vermehrter Übertritt von intrazellulärem Phosphat in den Extrazellulärraum sein, der einen Serumkalziumabfall hervorruft.
Ein weiterer Pathomechanismus, der besonders für die späte Form der Neugeborenenhypokalzämie verantwortlich sein dürfte, ist ein transitorischer Hypoparathyreoidismus, oft aggraviert durch eine vermehrte Phosphatzufuhr mit der Nahrung.
Klinische Symptome
Die frühe Form ist die häufigste der Neugeborenenhypokalzämien. Sie manifestiert sich in den ersten 3 Lebenstagen, meist schon in den ersten 12–24 Stunden besonders bei Frühgeborenen (etwa 50 %), Neugeborenen diabetischer Mütter (etwa 50 %) und bei Neugeborenen mit Geburts- bzw. postnatalen Komplikationen, wie perinatale Asphyxie, Atemnotsyndrom, Sepsis (etwa 30 %). Die betroffenen Säuglinge sind hinsichtlich der Hypokalzämie klinisch meist asymptomatisch. Gelegentlich fallen sie durch Zittern, Übererregbarkeit und selten Neugeborenenkrämpfe auf.
Die späte Form der Neugeborenenhypokalzämie ist viel seltener und manifestiert sich unabhängig vom Gestationsalter zwischen dem 4. und 28. Lebenstag, meistens mit generalisierten Neugeborenenkrämpfen.
Diagnose
Die Diagnose stützt sich auf den Nachweis von Hypokalzämie, meist Hyperphosphatämie und normaler Aktivität der alkalischen Serumphosphatase. Das Serum-PTH ist meist erniedrigt, kann selten aber auch als Hinweis auf eine transitorische Endorganresistenz erhöht sein.
Differenzialdiagnostisch müssen zahlreiche Erkrankungen berücksichtigt werden, die in der folgenden Übersicht zusammengefasst sind.
Hypokalzämien
  • Frühe Formen der Neugeborenenhypokalzämie
    • Frühgeborene
    • Hypotrophe Neugeborene
    • Neugeborene diabetischer Mütter
    • Neugeborene mit Geburts-/postnatalen Komplikationen (perinatale Asphyxie, Atemnotsyndrom, Sepsis)
    • Iatrogen (Tokolyse, Zitratgabe beim Blutaustausch, Natriumbikarbonat, Fettsäuren)
  • Späte Form der Neugeborenenhypokalzämie:
Immer soll bei einer Neugeborenenhypokalzämie an eine intrauterine und postnatal transiente Suppression der PTH-Sekretion durch eine mütterliche Hyperkalzämie, z. B. im Rahmen eines primären Hyperparathyreoidismus, gedacht werden.
Therapie
Sie besteht in der langsamen intravenösen Injektion einer 10-prozentigen Kalzium-Glukonat-Lösung in einer Dosierung von 2 ml/kg KG unter Kontrolle der Herzfrequenz. Die Dosis kann in Intervallen von 6–8 Stunden erneut verabreicht werden. Bei asymptomatischer Hypokalzämie kann die Kalzium-Glukonat-Lösung in einer Dosierung von 5–10 ml/kg KG/Tag per os, verteilt auf die Mahlzeiten, zugeführt werden. Bei Fortbestehen der Hypokalzämie ist eine zusätzliche Behandlung mit Vitamin D3 in einer Dosierung von etwa 5000 IE/Tag oder Calcitriol in einer Dosierung von etwa 50 ng/kg KG/Tag unter regelmäßiger Überwachung der Serum- und Urinkalziumwerte notwendig. Bei einem Hypoparathyreoidismus wird das Absetzen dieser Behandlung nach wenigen Wochen ergeben, ob es sich um eine transitorische oder permanente Form handelt. Im letzteren Falle ist eine zusätzliche Diagnostik und Therapie entsprechend Abschn. 2.1 notwendig.

Neugeborenenhyperkalzämie

Definition
Eine Hyperkalzämie, definiert als Überschreiten einer Gesamtserumkalziumkonzentration von 2,65 mmol/l bzw. 10,6 mg/dl oder des ionisierten Kalziumspiegels von 1,4 mmol/l. bzw. 5,5 mg/dl, tritt bei Neugeborenen nur selten auf.
Ätiologie und Pathogenese
Die wichtigsten Ursachen einer Neugeborenenhyperkalzämie sind in der folgenden Übersicht dargestellt.
Hyperkalzämien
Ein Teil der Hyperkalzämien wurde in Abschn. 2 besprochen. An dieser Stelle wird nur auf die Neugeborenenhyperkalzämie infolge einer mütterlichen Hypokalzämie, eines neonatalen primären Hyperparathyreoidismus und einer Adiponecrosis subcutanea eingegangen.

Mütterliche Hypokalzämie

Ätiologie und Pathogenese
Eine chronische mütterliche Hypokalzämie als Folge eines nicht oder schlecht eingestellten Hypoparathyreoidismus oder Pseudohypoparathyreoidismus bewirkt über einen erniedrigten diaplazentaren Kalziumgradienten beim Feten eine intrauterine Stimulation von PTH, vermutlich auch PTHrP, mit erhöhtem Skelettabbau und osteolytischen Veränderungen.
Klinische Symptome
Diese sind abhängig vom Auftreten einer Hyperkalzämie oder Hypokalzämie (Abschn. 3.1).
Diagnose
Bei den meisten Neugeborenen ist die Serumkalziumkonzentration trotz des zunächst anhaltenden Hyperparathyreoidismus vermindert, bei einigen tritt jedoch eine transitorische postnatale Hyperkalzämie im Sinne eines tertiären Hyperparathyreoidismus auf.
Therapie und Verlauf
Sie richtet sich nach der Symptomatik und ist abhängig vom Auftreten einer Hyper- oder Hypokalzämie. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus bildet sich postnatal spontan nach einigen Wochen zurück, die Röntgenveränderungen normalisieren sich erst nach Monaten.

Neonataler primärer Hyperparathyreoidismus

Ätiologie und Pathogenese
Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, die nichthereditär oder hereditär autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant oder im Rahmen einer familiären hypokalziurischen Hyperkalzämie, d. h. einer inaktivierenden Mutation des Gens für den Kalziumrezeptor, auftreten kann (Abschn. 2).
Klinische Symptome
Der neonatale primäre Hyperparathyreoidismus stellt eine Notfallsituation dar. Nicht erkannte unbehandelte Säuglinge sterben oft in den ersten 6 Monaten an den Folgen einer respiratorischen Insuffizienz aufgrund von Thoraxdeformierung und Rippenfrakturen.
Diagnose
Die Gesamtkalziumkonzentration kann auf Werte zwischen 3,75 und 7,5 mmol/l bzw. 15 und 30 mg/l erhöht sein, das Serumphosphat ist meist erniedrigt, die alkalische Phosphataseaktivität deutlich erhöht. Diagnostisch entscheidend ist der Nachweis einer massiv erhöhten Konzentration des Serum-PTH sowie gegebenenfalls eine positive Familienanamnese.
Therapie und Verlauf
Zunächst ist ein konservativer Behandlungsversuch mit Flüssigkeitszufuhr, NaCl- und Furosemidinfusionen und Kalzitonin sinnvoll. Bei ausgeprägtem primärem Hyperparathyreoidismus ist allerdings die Therapie der Wahl die Entfernung aller 4 hyperplastischen Nebenschilddrüsen. Nach erfolgreicher Entfernung aller Epithelkörperchen ist aufgrund des dann vorliegenden Hypoparathyreoidismus eine Dauersubstitution mit aktivem Vitamin D gegebenenfalls in Kombination mit Kalzium erforderlich.

Adiponecrosis subcutanea

Ätiologie und Pathogenese
Als Ursache dieser Form der Hyperkalzämie wird eine erhöhte 1,25(OH)2D-Sekretion aus makrophagenähnlichen Zellen in der Fettgewebsnekrose angenommen.
Klinische Symptome
Es handelt sich um besonders am Rumpf auftretende ausgedehnte Fettgewebsnekrosen mit tief subkutan gelegenen Verhärtungen und blau-roter Verfärbung der darüber gelegenen Haut, die besonders bei Neugeborenen nach perinatalen Komplikationen vorkommen und mit schweren Hyperkalzämien einhergehen können.
Diagnose
Durch die unregulierte, gesteigerte Vitamin-D-Hormonbildung kommt es über eine vermehrte intestinale Kalziumaufnahme zur Hyperkalzämie mit der Folge von PTH-Suppression und Hyperkalziurie, evtl. Nephrokalzinose. Bei Kindern mit Adiponecrosis sollte innerhalb der ersten 2 Lebensmonate immer eine Diagnostik des Kalziumphosphatstoffwechsels veranlasst werden.
Therapie und Verlauf
Die spontane Rückbildung der Hyperkalzämie erfolgt mit der Normalisierung der Hautveränderungen. Da dies mehrere Wochen dauern kann, muss eine kalzium- und Vitamin-D-arme Kost verabreicht werden, oft ist auch eine zusätzliche Glukokortikoidbehandlung (1–2 mg/kg KG Prednison) notwendig.
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