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Pädiatrie
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Publiziert am: 30.04.2019

Tumoren des Gehirns und des Spinalkanals bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Gudrun Fleischhack, Kristian Pajtler und Stephan Tippelt
Unter allen onkologischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter stellen die primären ZNS-Tumoren mit ca. 25 % die zweithäufigste Gruppe dar. Die primäre Resektion ist meist von großer Bedeutung, da die Patienten häufig durch die lokale Raumforderung oder einen Verschlusshydrozephalus vital bedroht sind. Die Resektion sollte immer nur so weit wie verantwortbar und unter Vermeidung weiterer neurologischer Ausfälle erfolgen. Von jedem ZNS-Tumor sollte, wenn klinisch vertretbar, ausreichend Formalin-fixiertes, Paraffin-gebettetes und frisch gefrorenes Material asserviert werden. Als Vergleichsgewebe für molekulare Tumoranalysen dient EDTA-Blut, wobei eine genomweite Methylierungsarrayanalyse und/oder eine Neurogenpanelanalyse als Standard gelten. Immer sollte zusätzlich Liquor asserviert werden. In Abhängigkeit von der Entität, dem Vorliegen eines Prädispositionssyndroms und dem Resektionsausmaß kommen eine systemische, ggf. auch intraventrikuläre Chemotherapie und eine lokale und/oder kraniospinale Radiotherapie zum Einsatz. Zielgerichtete Therapien sind heute noch die Ausnahme, werden bei besserem Verständnis der molekularbiologischen Veränderungen in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die Aufsplitterung der Entitäten in immer kleinere, prognostisch unterschiedliche Subgruppen erfordert neben standardisierter Diagnostik, eine stratifizierte, risikoadaptierte Therapie, die bei kleinen Fallzahlen eine zunehmende nationale und internationale Vernetzung der translationalen und klinischen Forschungsgruppen und Versorgern bedingt.
Epidemiologie
Im Kindes- und Jugendalter (<15 Jahre) stehen die Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) mit einem Anteil von ca. 25 % an 2. Stelle aller onkologischen Erkrankungen. Insgesamt erkranken in Deutschland jährlich ca. 430 Kinder an einem ZNS-Tumor. Die ZNS-Tumoren treten mit einer leicht abnehmenden altersabhängigen Inzidenz auf: Laut Jahresbericht 2016 des Deutschen Kinderkrebsregisters wurde eine Inzidenz von 44,3 pro 1 Mio. Kinder im Alter unter 1 Jahr und von 34,4 pro 1 Mio. Kinder im Alter von 10–14 Jahren ermittelt (www.kinderkrebsregister.de). Die häufigsten ZNS-Tumoren sind Astrozytome (46 %), gefolgt von Medulloblastomen (12 %), Ependymomen (10 %), Kraniopharyngeomen (4 %) und die anderen embryonalen Tumoren des ZNS (ehemals stPNETs; 2 %). Die Häufigkeit der verschiedenen ZNS-Tumoren ist altersabhängig.
Ätiologie
Ionisierende Strahlen (z. B. im Rahmen der Behandlung einer Leukämie oder eines ZNS-Tumors), hereditäre Tumorprädispositionssyndrome (in 5–10 % aller ZNS-Tumoren, z. B. bei erblichen Krankheiten wie tuberöse Sklerose, Neurofibromatose Typ 1 und 2, von-Hippel-Lindau-Syndrom, Li-Fraumeni-Syndrom, Gorlin-Goltz-Syndrom, familiäres Retinoblastom, familiäre Polyposis, Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom, DICER1, multiple endokrine Neoplasie Typ 1) und lang anhaltende Immunsuppression gehören zu den wenigen gut gesicherten Risikofaktoren für die Entstehung von ZNS-Tumoren beim Menschen. Ein Zusammenhang mit Virusinfektionen, Traumen oder der Exposition mit elektromagnetischen Feldern konnte bisher nicht sicher bewiesen werden. Als mögliche Risikofaktoren werden darüber hinaus elterliches Rauchen in der Schwangerschaft, niedriges Geburtsgewicht und die Exposition gegenüber kanzerogenen chemischen Stoffen diskutiert. Jungen erkranken etwas häufiger als Mädchen (Ratio 1,2:1).
Klassifikation und Pathologie
Die aktuelle Klassifikation der ZNS-Tumoren erfolgt entsprechend der 2016 überarbeiteten Fassung der WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems. In diesem System erfolgt die Einteilung nach histologischen, immunhistologischen und unter Einbeziehung bisher bekannter molekular-neuropathologischer und molekulargenetischer Befunde. Die für das Kindesalter relevanten Tumorentitäten inklusive ihrer möglichen Malignitätsgrade sind in Tab. 1 aufgelistet. Insgesamt werden 4 histologische Malignitätsgrade unterschieden, die mehrheitlich mit dem biologischen Verhalten und der klinischen Prognose korrelieren:
1.
WHO-Grad I – niedriggradiger, benigner, hochdifferenzierter Tumor mit langsamer Wachstumstendenz,
 
2.
WHO-Grad II – bedingt benigner, langsam proliferierender, häufig infiltrativ wachsender Tumor,
 
3.
WHO-Grad III – maligner, schnell proliferierender Tumor,
 
4.
WHO-Grad IV – hochmaligner, undifferenzierter Tumor mit hoher Proliferationsrate.
 
Tab. 1
Klassifikation und Graduierung kindlicher ZNS-Tumoren (modifizierter Auszug aus der WHO-Klassifikation 2016 nach Louis et al. 2016)
Tumorentität
Subentität
WHO-Grad
1. Neuroepitheliale Tumoren
Diffus astrozytäre und oligodendrogliale Tumoren
Diffuses Astrozytom
II
Anaplastisches Astrozytom
III
Glioblastoma multiforme (IDH-Wildtyp, IDH-mutiert)
IV
Diffuses Mittelliniengliom (H3K27M-mutiert)
IV
Oligodendrogliom (IDH-mutiert und 1p/19q-codeletiert)
II
Anaplastisches Oligodendrogliom (IDH-mutiert und 1p/19q-codeletiert)
III
Andere astrozytäre Tumoren
Pilozytisches Astrozytom
I
Subependymales Riesenzellastrozytom (SEGA)
I
Pleomorphes Xanthoastrozytom
II
Anaplastisches pleomorphes Xanthoastrozytom
III
Ependymale Tumoren
Subependymom
I
Myxopapilläres Ependymom
I
Ependymom
II
Ependymom (RELA-Fusion positiv)
II oder III
Anaplastisches Ependymom
III
Tumoren des Plexus choroideus
Choroid Plexuspapillom
I
Atypisches Plexuspapillom
II
Choroid Plexus Karzinom
III
Neuronale und gemischt neuronal-gliale Tumoren
Dysembryoblastischer neuroepithelialer Tumor (DNET)
I
Gangliozytom
I
Gangliogliom
I
Anaplastisches Gangliogliom
III
Dysplastisches Ganglozytom des Kleinhirn (Lhermitte-Duclos)
I
Rosetten-bildender glioneuraler Tumor
I
Pinealistumoren
Pineozytom
I
Pinealer parenchymatöser Tumor mit intermediärer Differenzierung
II oder III
Pineoblastom
IV
Papillärer Tumor der Pinealsregion
II oder III
Embryonale Tumoren
IV
- genetisch definiert
MB, WNT-aktiviert
MB, SHH-aktiviert, TP53-mutiert
MB, SHH-aktiviert, TP53-Wildtyp
MB, non-WNT, non-SHH
- MB, Gruppe 3
- MB, Gruppe 4
- histologisch definiert
MB, klassisch
MB, desmoplastisch/nodular
MB, mit extensiver Nodularität
MB, großzellig/anaplastisch
- MB, nicht näher spezifiziert (NOS)
Embryonaler Tumor mit mehrschichtigen Rosetten (ETMR, C19MC-alteriert, früher zu ZNS-PNET)
IV
Embryonaler Tumor des ZNS, nicht näher spezifiziert (früher zu ZNS-PNET)
IV
Atypischer teratoider Rhabdoidtumor (AT/RT)
IV
2. Tumoren der kranialen und paraspinalen Nerven
 
Schwannom
I
Neurofibrom
I
Perineuriom
I
Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)
II, III oder IV
3. Meningotheliale Tumoren
 
Meningeom
I
Atypisches Meningeom
II
Anaplastisches Meningeom
III
4. Mesenchymale, non-meningotheliale Tumoren
 
Hämangioperizytom, solitärer fibröser Tumor
I, II oder III
Hämangioblastom
I
 
5. Tumoren der Sellaregion
 
Kraniopharyngeom
I
6. Keimzelltumoren (vor allem in Sellaregion, pineal oder in Mittellinie gelegen)
 
Germinom
 
Embryonales Karzinom
Dottersacktumor
Chorionkarzinom
Teratome, reife und unreife
Gemischte Keimzelltumoren
7. Lymphome und hämatopoetische Neoplasien
 
Maligne Lymphome
 
Granulozytäres Sarkom (Myelosarkom)
8. ZNS-Metastasen peripherer solider Tumoren
WNT wingless, SHH sonic hedgehog, PNET primitiv neuroektodermale Tumoren
In der neuropathologischen Diagnostik werden mittels zytologischer und immunhistochemischer Verfahren die zelluläre Differenzierung, die zelluläre und nukleäre Polymorphie, die Tumorzelldichte, die Mitoserate, die Endothelproliferationsrate und die Gewebsnekrosen beurteilt. Molekularbiologische Methoden dienen u. a. zur Abgrenzung bzw. dem Nachweis spezifischer Tumorentitäten (z. B. des atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumors [AT/RT], des diffusen Mittellinienglioms oder des ETMR), dem Nachweis von inaktivierten Tumorsuppressorgenen (z. B. PTCH-oder TP53-Gen), aktivierten Onkogenen (z. B. C-Myc oder N-Myc), zur Beurteilung der Expression spezifischer Proteine (z. B. von beta-Katenin oder Tyrosinkinasen). Gegenwärtig erlauben bereits einige dieser Methoden eine genauere Zuordnung zu einer bestimmten Tumorentität oder zu einer bestimmten Subgruppe einer Entität, was bereits jetzt teilweise eine risikoadaptierte Therapie in Subgruppen spezifischer Tumorentitäten oder eine individuell zielgerichtete Tumortherapie (z. B. beim Medulloblastom) erlaubt.
Klinische Symptome
Die klinischen Symptome sind vor allem abhängig vom Alter des Kindes, d. h. seinem physischen und psychomotorischen Entwicklungsstand, sowie von der Lokalisation, Ausbreitung und Histologie des Tumors. Im Säuglings- und Kleinkindalter ist die Diagnostik durch die mangelnde Kooperationsfähigkeit bzw. -bereitschaft der Kinder erschwert. Ältere Kinder zeigen häufig Symptome, die mit denen bei Erwachsenen vergleichbar sind. Während bei hochgradigen Tumoren die Anamnese in der Regel kurz ist und zumeist nur 2–6 Wochen beträgt, können die ersten Symptome bei benignen Tumoren mehrere Jahre zurückliegen oder gar ein Zufallsbefund bei einer aus anderen Gründen (z. B. nach Trauma) durchgeführten Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) sein.
Neben allgemeinen Symptomen finden sich spezifische neurologische Symptome, die durch die Lage des Tumors und die tumorbedingte Massenzunahme im Gehirn oder Spinalkanal bedingt sind.
Klinische Symptome bei ZNS-Tumoren
1.
Allgemeine Symptome
  • Reizbarkeit, Berührungsempfindlichkeit, Agitation bis Apathie
  • Veränderungen von Schlafrhythmus, Gesichtsausdruck, Persönlichkeit (Wesen, Verhalten, mentale und physische Leistungsminderung, Konzentrationsstörung)
  • Nahrungsverweigerung, Inappetenz, abnorme Gewichtsab- oder -zunahme
 
2.
Neurologische Symptome
  • Zeichen des erhöhten Hirndrucks (Kopfschmerz; Erbrechen, insbesondere nüchtern), Sehstörung (Doppelbilder, Abduzensparese, Stauungspapille, Dyschromatopsie); bedrohlich: zentrale Dysregulation von Atmung und Herz-Kreislauf-System
  • Neurologisch fokale Symptome (Übersicht „Neurologisch fokale Zeichen“)
  • Neuroendokrinologische Störungen
 
Die allgemeinen, unspezifischen Symptome werden zumeist primär durch die Eltern und andere Erziehungspersonen beobachtet und führen oft erst bei längerem Bestehen zum Arztbesuch. Häufig wird erst mit dem Auftreten neurologischer Symptome, wie Hirndruckzeichen, epileptische Anfälle oder fokale neurologische Ausfallserscheinungen, der Verdacht zielgerichtet auf einen ZNS-Tumor gelenkt und die entsprechende Diagnostik eingeleitet.
Neurologisch fokale Zeichen bei Tumoren des ZNS
1.
Supratentorielle Tumoren
  • Hemiparese, fehlendes Krabbeln (Säuglinge)
  • Hemihypästhesie
  • Hirnlokales Psychosyndrom
  • Aphasie, Apraxie, Agnosie, Agrafie
  • Sehstörung
  • Endokrinopathie
  • Dienzephales Syndrom (Essstörung, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus bei hypothalamischen Tumoren)
 
2.
Infratentorielle Tumoren
a.
Hirnstamm – Mittelhirn:
  • Parinaud-Syndrom (komplexe Blickstörung)
  • Konjugierte vertikale Blickparese
  • Reflektorische Pupillenstarre
 
b.
Hirnstamm – Pons:
  • Kontralaterale spastische Hemiparese oder Paraparese, Extremitätenataxie
  • Kontra-/bilaterale Sensibilitätsstörung
  • Störung der Hirnnerven VI und VII
 
c.
Hirnstamm – Medulla oblongata:
  • Störung der Hirnnerven VII, IX und X (spät VI) mit Dysphonie, Dysarthrie, Dysphagie
  • Kopfschiefhaltung
  • Regulationsstörungen vitaler Zentren
 
d.
Kleinhirn (KH):
  • Gang-, Rumpf-, Extremitätenataxie
  • Kopfschiefhaltung, Nackensteifigkeit
  • Störung der Hirnnerven selten, Hörstörung und Fazialisparese (Kleinhirn-Brückenwinkeltumor)
  • Intentionstremor, Nystagmus, Dysdiadochokinese
  • Skandierende Sprache
 
 
3.
Spinale Tumoren:
  • Radikuläre Schmerzen
  • Inkomplettes (selten komplettes) Transversalsyndrom mit motorischen (schlaffe Paresen) und/oder sensiblen Störungen (Hyp-, Hyper-, Parästhesien)
  • Abschwächung bzw. Auslöschung der Muskeleigenreflexe
  • Positive Pyramidenbahnzeichen
  • Nackensteifigkeit (selten)
  • Mastdarm- und/oder Harnblasendysfunktion
  • Kyphoskoliose (bei langsamem Tumorwachstum)
 
Zeichen des erhöhten Hirndrucks
Bei der Diagnosestellung von bösartigen ZNS-Tumoren des Gehirns weist die Mehrzahl der kindlichen Patienten bereits die Zeichen eines erhöhten Hirndrucks (Normaldruck altersabhängig: Schulkind 4–10 cm, Erwachsene 7–20 cm Wassersäule) auf. Dieses ist zum einen durch die häufige mediane Lage der ZNS-Tumoren mit Monroi-Blockade, Verschluss des Aquädukts oder des 4. Ventrikels mit einem konsekutiven Hydrocephalus occlusus und zum anderen durch den Masseneffekt der tumorösen Raumforderung mit perifokalem interstitiellen Ödem und einer venösen Abflussstauung bedingt. Selbst bei spinalen Tumoren ist bei 15 % der Patienten mit einer intrakranialen Druckerhöhung infolge eines Anstiegs des Gesamteiweißes im Liquor und einer damit verbundenen Viskositätserhöhung des Liquors und konsekutivem triventrikulärem Hydrocephalus malresorptivus zu rechnen. Die Zeichen des erhöhten Hirndrucks sind altersabhängig und können akut auftreten oder chronisch bestehen.
Säuglingsalter
Bei Säuglingen sind die Zeichen der intrakranialen Druckerhöhung eine gespannte Fontanelle, dehiszente Schädelnähte, eine opisthotone Körperhaltung und eine unphysiologische Zunahme des Kopfumfangs. Ein Papillenödem wird meist nicht oder erst spät beobachtet. Aber auch unspezifische Symptome wie Gewichtsstagnation, Erbrechen und Verhaltensänderungen können auftreten. Als Zeichen der chronischen Druckerhöhung auf das Mittelhirn findet sich ein sog. Sonnenuntergangsphänomen (vertikale Blickparese).
(Klein-)Kinder
Ältere Kinder zeigen als Zeichen der intrakranialen Druckerhöhung häufig Kopfschmerzen, Erbrechen und eine Parese des N. abducens (langer extraduraler Verlauf des Nervs an der Schädelbasis) mit Doppelbildern und kompensatorischer Kopfschiefhaltung. Eine Stauungspapille ist häufig und oft frühzeitig mit einer Störung des Farbsehens (Dyschromatopsie) und einer Vergrößerung des zentralen Skotoms vergesellschaftet. Langsam zunehmende chronische Druckerhöhung kann zusätzlich zu einer Atrophie des N. opticus (Papillenabblassung), zu Ohrensausen bzw. selten zu einem sog. Wolkenschädel (Verdünnung der Schädelkalotte inklusive der Sella) führen.
Unabhängig vom Alter und der Lage des Tumors ist für das Auftreten der oben genannten Symptomatik die Dynamik der Volumenzunahme entscheidend.
Akuter Hirndruck
Akuter Hirndruck kann sich zusätzlich in einer Bewusstseinsstörung, in einem Krampfanfall, in Regulationsstörungen vitaler Zentren mit Bradykardie und Hypertonus (Cushing-Reflex), Temperaturregulationsstörung, Apnoen, Mydriasis und pathologischen Bewegungsmustern im Sinne von Beuge- und Strecksynergismen äußern. Dieser als Herniation der Kleinhirntonsillen oder Einklemmung bezeichnete Zustand stellt für den Patienten immer eine akute, schwerste Lebensbedrohung dar.
Kopfschmerzen
Der im Rahmen der intrakranialen Druckerhöhung beobachtete Kopfschmerz kann uncharakteristisch diffus und nicht differenzierbar von häufigen Kopfschmerzen anderer Genese sein (z. B. bei respiratorischen Infekten, kindlicher Migräne, Meningitis, post contusionem). Charakteristischerweise treten die Kopfschmerzen bei der Hirndruckerhöhung aber bevorzugt morgendlich oder schlafassoziiert auf, sind mitunter okzipital/nuchal betont (bei Tonsillentiefstand), oft lageabhängig (bei Lagewechsel, bei flachem Liegen), können mit Ohrensausen oder Druckgefühl in den Ohren einhergehen und verstärken sich beim Husten, Pressen oder anderen Valsalva-Manövern. Auch sollte jede Änderung des Kopfschmerzcharakters bei chronisch oder rezidivierend auftretenden Kopfschmerzen anderer Genese unbedingt Beachtung finden. Berührungsempfindlichkeit, Unruhe oder Apathie können mitunter bei Säuglingen und Kleinkindern indirekte Zeichen für Kopfschmerzen sein.
Erbrechen
Ähnlich verhält es sich mit dem Erbrechen, das im Kindesalter sehr häufig andere Ursachen (z. B. gastrointestinale und respiratorische Infekte) hat. Das Erbrechen im Rahmen der intrakranialen Druckerhöhung wird durch die Reizung des Vaguskerns bzw. des Brechzentrums am Boden des 4. Ventrikels ausgelöst. Es tritt häufig morgendlich, z. T. schwallartig, bei nüchternem Patienten und mit nachfolgendem Wohlergehen auf. Dennoch findet es sich auch zu anderen Tageszeiten. Es kann symptomfreie Intervalle und eine Frequenzzunahme geben und bei Häufung von gastritischen Symptomen, wie epigastrischen Schmerzen und Sodbrennen, begleitet sein.
Neurologisch fokale Zeichen
In Abhängigkeit von der Lage des Tumors und seiner Wachstumsdynamik können als spezifische Symptome neurologisch fokale Zeichen und neuroendokrinologische Störungen auftreten (Übersicht „Neurologisch fokale Zeichen“; Übersicht „Klinische Symptome bei Tumoren des ZNS“). Einige wenige Symptome werden nachfolgend detaillierter beschrieben.
Epileptische Anfälle
Im Kindes- und Jugendalter treten bei etwa 15 % der Patienten mit Tumoren des ZNS epileptische Anfälle auf. Das entspricht etwa 1 % aller epileptischen Anfälle in dieser Altersgruppe. Krampfanfälle werden häufig bei supratentoriellen Tumoren (Häufigkeit: temporal > parietal > frontal > okzipital), sehr selten bei infratentoriellen Tumoren (bei Hirndruckerhöhung), häufiger bei kortexnahen Tumoren als bei Tumoren im Marklager, wie auch häufiger bei benignen Tumoren als bei malignen Tumoren beobachtet. Die Anfallsanamnese reicht von wenigen Wochen bis zu mehr als 10 Jahre vor der Tumordiagnose zurück, wobei längere anfallsfreie Intervalle regelhaft sind. Als klinische Erscheinungsformen werden neben einfach-partiellen Anfällen, komplex-partielle Anfälle und fokal beginnende Anfälle mit sekundärer Generalisierung im Sinne eines Grand-mal-Anfalls mit Bewusstlosigkeit beobachtet. Bis zu 80 % der Patienten mit epileptischen Anfällen in der Anamnese sind nach erfolgreicher Tumoroperation anfallsfrei. Bei der Häufigkeit von Epilepsien bei Kindern ist nicht auszuschließen, dass auch solch ein Kind einmal einen ZNS-Tumor entwickeln kann, sodass den Veränderungen im Krampfmuster, im klinisch-neurologischen und EEG-Befund bei diesen Patienten eine besondere Beachtung gebührt.
Hirnlokales Psychosyndrom
Verhaltensänderungen werden häufig als unspezifische Veränderungen im Rahmen der intrakraniellen Druckerhöhung oder spezifisch bei supratentoriellen ZNS-Tumoren beobachtet. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Erfassung spezifischer psychopathologischer Befunde altersbedingt erschwert bzw. nicht möglich. Auch jenseits des Kleinkindalters und bei Erwachsenen hat sich gezeigt, dass spezifische Symptomkonstellationen, die als hirnlokale Psychosyndrome beschrieben wurden, unter Berücksichtigung von bildgebenden und neuropathologischen Befunden nur eine schwache Korrelation zur Tumorlokalisation aufweisen. Dieses wird zusätzlich gestützt durch die Tatsache, dass die Mehrzahl der supratentoriellen Tumoren im Kindesalter häufig mehrere Hirnlappen einbezieht. Bei den hirnlokalen Psychosyndromen werden die Tumoren der jeweiligen betroffenen Region entsprechenden Symptomen zugeordnet:
1.
Frontallappen: Störungen von Affekt, Antrieb, Stimmung, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und der formalen Denkfähigkeit,
 
2.
Temporallappen: Störungen von Wahrnehmung, Merkfähigkeit, Affekt, depressive Verstimmungen und paranoid-halluzinatorische Syndrome,
 
3.
Parietallappen: Lese- und Schreibstörung, apraktische Störungen, räumliche Orientierungsstörung.
 
Sehstörungen
Charakteristisch für Tumoren im Bereich der Sehbahn sind Gesichtsfeldausfälle, die je nach Lokalisation eine homonyme oder kontralaterale Amaurose, Hemi- oder Quadrantenanopsie oder verbreiterte Zentralskotome hervorrufen können. Doppelbilder oder Blicklähmungen werden bei Ausfällen der Hirnnerven III, IV und VI gesehen. Kompensatorisch neigen die Patienten den Kopf zur Gegenseite (Parese N. trochlearis) bzw. drehen diesen zur gleichen Seite (Parese N. abducens). Bei Tumoren im Mittelhirn (Druck auf die obere Vierhügelplatte, vor allem bei Pinealistumoren) wird das sog. Parinaud-Syndrom beobachtet, das durch eine vertikale Blickparese nach oben, eine Konvergenzlähmung bei erhaltener Reaktion auf Akkomodation, aber abgeschwächter/fehlender Reaktion auf Licht, einer Pupillenerweiterung und einen Retraktions- und Konvergenznystagmus gekennzeichnet ist.
Dienzephales Syndrom
Bei Tumoren im vorderen Hypothalamus kann es zur Störung im limbischen System kommen, die sich als dienzephales Syndrom manifestiert. Häufig sind das astrozytäre Tumoren (selten Keimzelltumoren) bei zumeist Kleinkindern, selten bei Jugendlichen. Bei diesen lässt sich ein Gewichtsstillstand bzw. -rückgang bei meist normalem Längenwachstum bei zumeist exzessivem, selten vermindertem Appetit und Hypoglykämien beobachten. Die betroffenen Kinder wirken blass (ohne Anämie), wach, fröhlich, z. T. euphorisch. Die endokrinologischen Ursachen sind unklar. Aufgrund der klinischen Symptomatik muss in der Differenzialdiagnostik der Dystrophie von Säuglingen und Kleinkindern und der Anorexie älterer Kinder (Tumorhäufigkeit <5 %) ein hypothalamischer Tumor einbezogen werden. Im Gegensatz dazu wird bei diesen Tumoren mitunter auch das Bild einer dienzephalen Adipositas mit Inaktivität und Pubertas tarda beobachtet.
Neuroendokrinologische Störungen
Insbesondere Tumoren der Hypothalamus- und Hypophysenregion führen zur endokrinen Dysfunktion. Häufig wird ein Diabetes insipidus centralis (verminderte ADH-Sekretion mit Hypernatriämie, Gewichtsverlust, Exsikkosezeichen mit Fieber und Durst, Krampfanfällen) beobachtet. Bei diesen Tumoren, aber auch bei akuter intrakranieller Druckerhöhung durch andere Tumoren, findet sich mitunter das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, erhöhte ADH-Sekretion mit Hyponatriämie, Gewichtszunahme, Bewusstseinsstörung, Krampfanfällen). Tumoren der Hypophyse können zur partiellen Überfunktion (meist Adenome – im Kindesalter sehr selten; Befunde: Pubertas praecox, Laktation, Hyperthyreose, Cushing-Syndrom, Riesenwuchs und Akromegalie) oder zur partiellen bzw. Panhypophyseninsuffizienz führen (selläre und supraselläre Tumoren: vor allem Kraniopharyngeome, Keimzelltumoren, Langerhans-Zell-Histiozytose; Befunde: Pubertas tarda, hypogonadotroper Hypogonadismus/Infertilität, Hypothyreose, NNR-Insuffizienz, Minderwuchs).
Diagnose
Verschiedene Verfahren kommen zum Einsatz.
Bildgebende Diagnostik
Die computertomografische Diagnostik hat heute nur noch Bedeutung in der
  • Notfalldiagnostik (Neudiagnose, Therapiekomplikationen, Shuntkontrolle),
  • Beurteilung von verkalkten Tumoranteilen (z. B. beim Kraniopharyngeom),
  • Beurteilung von knöchernen Strukturen (z. B. bei Sarkomen, Langerhanszellhistiozytose) und
  • Planung stereotaktischer neurochirurgischer Eingriffe oder der Radiotherapie.
Für die genaue Beurteilung der Tumorlage, -ausbreitung, -vaskularisierung und des perifokalen Ödems und zur Verlaufsdiagnostik über das Ansprechen des Tumors auf die Therapie ist die MRT (nativ und mit Gadolinium; T1-/MPR, T2-, FLAIR, DWI-Sequenzen, Suszeptilitätswichtung) heute unabdingbar. Die Untersuchung sollte zur Beurteilung des Tumorrests postoperativ unbedingt innerhalb von 24–48(–72) Stunden wiederholt werden. Zu einem früheren Zeitpunkt lassen die noch nicht resorbierten, früh postoperativen Lufteinschlüsse nur eine begrenzte Beurteilung zu. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Beurteilung wegen der postoperativen Schrankenstörung erschwert. Bei malignen ZNS-Tumoren ist zusätzlich eine spinale MRT (sagittale und axiale Aufnahmen) zum Ausschluss einer Metastasierung erforderlich. Weitere spezifische Untersuchungen dienen entweder zur differenzialdiagnostischen Beurteilung von vitalen Tumorresten oder Tumorrezidiven gegenüber post-(radio-)therapeutischen Veränderungen (Gliose, Nekrose) wie die MR-Spektroskopie, die Octreotidszintigrafie oder die Positronenemissionstomografie (z. B. als Aminosäure-PET) oder zur Beurteilung der Liquorflussverhältnisse mittels Liquorfluss-Szintigrafie.
Liquordiagnostik
Bei einer intrakraniellen Druckerhöhung darf eine Liquorpunktion nicht primär durchgeführt werden. Nach Druckentlastung sollte bei malignen Tumoren intraoperativ ventrikulär oder postoperativ (nach ≥14 Tagen) lumbaler Liquor zum Ausschluss einer liquorgenen Tumorzellausbreitung entnommen werden. Die Bestimmung von Tumormarkern (α-Fetoprotein [AFP] und β-Choriongonadotropin [HCG]) im Liquor und Serum ist bei dem Verdacht auf einen Keimzelltumor (intraselläre, supraselläre und pineale Tumoren) unbedingt präoperativ erforderlich. Bildgebende Verfahren und Liquordiagnostik erlauben ein Tumorstaging, wobei für alle ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter heute die für Medulloblastome nach Chang et al. (1969) etablierte Stadieneinteilung (Graduierung der Metastasierung) benutzt wird (Tab. 2).
Tab. 2
Stadieneinteilung für Medulloblastome (modifiziert nach Chang et al. 1969)
Stadium
Definition
Metastasen
M0
Kein Hinweis auf subarachnoidale oder hämatogene Metastasen
M1
Mikroskopischer Tumorzellnachweis im Liquor
M2
Makroskopische Metastasen im zerebralen/zerebellären Subarachnoidalraum oder in den Seitenventrikeln oder III. Ventrikel
M3
Makroskopische Metastasen im spinalen Subarachnoidalraum
M4
Metastasen außerhalb des ZNS
Weitere Diagnostik
Bei allen Tumoren des ZNS sollte eine endokrinologische Bestimmung der Basalhormone erfolgen. Eine erweiterte Diagnostik mit gegebenenfalls endokrinologischen Stimulationstesten ist erforderlich bei allen Tumoren vor geplanter radiotherapeutischer Behandlung oder Sitz im Hypophysen-Hypothalamus-Bereich. Zu der weiteren Basal- und gegebenenfalls Verlaufsdiagnostik gehören das EEG, die ophthalmologische Untersuchung (u. a. mit Visus, Gesichtsfeld, Augenhintergrund, Pupillenreaktion), Audiometrie, die neuropsychologische Testung und gegebenenfalls die Ableitung evozierter Potenziale. Skelettszintigrafie und Beckenknochenstanzbiopsien sind nur bei klinischem Verdacht auf eine Skelett- oder Knochenmarkbeteiligung erforderlich. Lebensqualitätsuntersuchungen erfolgen prospektiv im Rahmen von klinischen Studien.
Differenzialdiagnose
Die Differenzialdiagnose von ZNS-Tumoren muss die Abgrenzung der primären ZNS-Tumoren untereinander, die ZNS-Metastasen (z. B. bei Sarkomen, Keimzelltumoren, Melanomen, Retinoblastomen) und die Abgrenzung gegenüber neuroinflammatorischen Erkrankungen (z. B. multiple Sklerose), dysplastischen Prozessen (z. B. Harmatien, fokale kortikale Dysplasie), Abszessen und spezifischen Infektionen, Hämorrhagien, Thrombosen oder vaskulären Malformationen berücksichtigen. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung ist mit den oben genannten Standardmethoden nicht immer möglich, erfordert zumeist eine bioptische Sicherung oder ist gegebenenfalls nur mit klinischen und radiologischen Verlaufskontrollen zu klären.
Prognose
Die Prognose der Tumoren des ZNS ist insbesondere aufgrund der besonderen Lage (Blut-Hirn-Schranke, Operabilität, Resektabilität im Gesunden) etwas schlechter als für andere onkologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Die 10-Jahres-Überlebensrate liegt unabhängig von der Histologie und dem Geschlecht bei ca. 74 %. Sie ist für Patienten mit benignen Tumoren besser als für maligne Tumoren.
Früh- und Langzeitfolgen der Erkrankung und Therapie
Während sich die akute Hirndrucksymptomatik und eine Anfallssymptomatik nach der Tumorresektion und transienter oder permanenter Liquordrainage meist schnell zurückbilden oder nicht wieder auftreten, können die neurologisch fokalen Symptome (z. B. Hemiparesen, Sprachstörungen, Ataxie, Koordinationsstörungen) postoperativ mitunter aggravieren bzw. sie persistieren gegebenenfalls mit Besserungstendenz unter krankengymnastischer, ergotherapeutischer oder logopädischer Behandlung.
Tumoren der Sehbahn führen häufig zu bleibenden Trennung: Seh-störungen, selten kommt es zur einseitigen oder zweiseitigen Erblindung. Bei lang bestehender Druckschädigung oder Infiltration der Sehbahnstrukturen zeigen sie meist keine Besserungstendenz, sondern mitunter trotz effektiver Behandlung auch eine Verschlechterung.
Bei Hypophysen-Hypothalamus-Tumoren können neuroendokrinologische Ausfälle postoperativ persistieren, nach der Tumorresektion erst auftreten oder entwickeln sich bei anderen Tumoren als Folge einer Ganzhirnbestrahlung (am häufigsten Wachstumshormonmangel, primäre, seltener sekundäre Hypothyreose).
Weitere Langzeitfolgen können Störungen der Pubertätsentwicklung, der Fertilität (vor allem Jungen infolge der Chemotherapie mit Alkylanzien), nach spinaler Bestrahlung eine Wachstumsstörung der Wirbelsäule und Sekundärmalignome (kumulative Inzidenz in 30 Jahren ca. 7 % der Patienten, vor allem als Meningeome, Glioblastome, Schilddrüsenkarzinome im Bestrahlungsfeld oder akute myeloische Leukämien nach Chemotherapie vor allem mit hohen kumulativen Dosen von Etoposid) sein.
Neuropsychologische Langzeitfolgen können Folge des Tumors selbst oder der Bestrahlung von Großhirn, Kleinhirn bzw. des gesamten Neurokraniums sein. Sie betreffen häufig Störungen der Konzentration und des Kurzzeitgedächtnisses, führen zu schneller Ermüdbarkeit und erhöhtem Schlafbedürfnis und können das Lernvermögen und damit die mentale Entwicklung der Patienten deutlich verzögern oder diesen bis hin zur Demenz beeinträchtigen. Prinzipiell gilt: Je jünger der Patient, desto höher ist das Risiko für das noch nicht ausgereifte Gehirn (physiologisch: überwiegende Ausreifung und Myelinisierung um das 7. Lebensjahr) Schäden durch eine Bestrahlung und/oder die neurotoxische Chemotherapie (vor allem Methotrexat) zu entwickeln. Neuroradiologisch können bei diesen Patienten Zeichen einer Leukenzephalopathie (LEP, Untergang der weißen Hirnsubstanz mit hyperintensen Veränderungen in der T2-Wichtung der MRT) nachgewiesen werden, die nicht immer streng mit der klinischen Schwere korrelieren. In schwersten Fällen kann diese LEP zu einer schweren, chronisch progredienten Enzephalopathie mit dem Verlust motorischer und geistiger Fähigkeiten bis hin zum Tod führen.
Als akute Nebenwirkungen der Tumortherapie muss ebenfalls auf das Fossa-posterior-Syndrom bzw. den zerebellären Mutismus und das postradiotherapeutische Somnolenzsyndrom hingewiesen werden.
Das Fossa-posterior-Syndrom tritt typischerweise nach Tumoroperationen im Bereich der hinteren Schädelgrube (bei <10 % der Patienten) und bei Tumoren, die den Kleinhirnwurm einbeziehen, auf. Es ist durch einen Mutismus bzw. Sprachstörungen und kognitive Störungen mit Verhaltensauffälligkeiten (vor allem Affektlabilität), z. T. mit Inkontinenz, Essstörung und herabgesetzten Willkürbewegungen gekennzeichnet, die mehrheitlich 1–2 Tage postoperativ einsetzen, transient auftreten (1–16 Wochen postoperativ) und selten persistieren (meist als verlangsamter Sprachfluss).
Das postradiotherapeutische Somnolenzsyndrom tritt etwa 4–10 Wochen nach Ende der Strahlentherapiebehandlung des Neurokraniums auf. Es ist durch eine transiente Somnolenz, Apathie, z. T. mit Übelkeit, Erbrechen, gastritischen Beschwerden und selten mit Fieber gekennzeichnet, hält wenige Tage (selten länger als 10–14 Tage) an und kann durch Gabe von niedrig dosiertem Dexamethason erfolgreich behandelt werden.

Spezifische ZNS-Tumorentitäten

Im Nachfolgenden erfolgt die Beschreibung der Diagnostik, Therapie und Prognose der für das Kindes- und Jugendalter wichtigsten ZNS-Tumorentitäten. Hinsichtlich der seltenen Tumorentitäten muss an dieser Stelle auf die spezifischen Fachbücher für Neuroonkologie verwiesen werden.

Astrozytäre Tumoren

Die häufigsten Astrozytome sind die benignen pilozytischen Astrozytome (>50 %), gefolgt von den diffusen fibrillären Astrozytomen (25–30 %) und den malignen anaplastischen Astrozytomen und Glioblastomen (10–15 %).

Astrozytome mit niedriger Malignität

Niedriggradige Astrozytome (WHO-Grad I und II, LGG) kommen in allen Abschnitten des ZNS vor und sind im Kleinhirn am häufigsten. Unter den primären ZNS-Tumoren des Kindes- und Jugendalters machen sie einen Anteil von 30–40 % aus und zeigen einen Altersgipfel bei 2–5 Jahren. Bei etwa 10 % der Patienten sind diese Tumoren mit einer Phakomatose als Grunderkrankung assoziiert (Neurofibromatose Typ I [NF 1]: bei bis zu 20 % der Patienten in ersten 2 Lebensdekaden Entwicklung eines Sehbahnglioms; tuberöse Sklerose: bei bis zu 15 % der Patienten Entwicklung eines SEGA [subependymales Riesenzellastrozytom]). Selten kommt es bei diesen Tumoren zur liquorgenen multifokalen Tumoraussaat (3–5 % bei Diagnosestellung).
Molekularbiologisch konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des MAP-Kinase-Signalweges eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der pilozytischen Astrozytome spielt, wobei genetische Veränderungen vor allem im BRAF-Onkogen als ursächlich gefunden wurden (mehrheitlich die BRAF-Fusion KIAA1549, aber auch die BRAF-V600E-Mutation, FGFR1-Mutationen, NTRK2-Fusionen, RAF1-Fusionen, KRAS-Mutationen, NF1-Keimbahnmutationen).
Während pilozytische Astrozytome in der MRT vom umgebenden Hirngewebe meist gut abgrenzbar sind und aus einem zystischen und soliden gefäßreichen (gadolinumanreichernden) Tumoranteil bestehen, sind die fibrillären Astrozytome ebenfalls langsam wachsende, aber bereits diffus infiltrierende, jedoch nicht destruierende Tumoren, die wenig Kontrastmittel anreichern und sich in der MRT-T2-Wichtung meist hyperintens darstellen.
Die Prognose der niedriggradigen Astrozytome ist für die Gesamtgruppe mit einer 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 94 % sehr gut. Dennoch wird ihre Therapie und Prognose nicht unerheblich durch die Lokalisation (Kleinhirn, Hirnstamm, Spinalkanal, Sehbahn, Mittellinie, Großhirnhemisphären) bestimmt. Als prognostisch ungünstig haben sich ein supratentorieller Sitz in der Mittellinie, ein dienzephales Syndrom, ein Alter <1 Jahr, eine Tumordissemination und eine inkomplette Resektion erwiesen. Während ca. 90 % der Kinder mit Astrozytomen der Kleinhirnhemisphären durch eine mikrochirurgische Resektion geheilt werden können und selten bei Inoperabilität oder erneutem Wachstum einer Chemotherapie bzw. und/oder Strahlentherapie bedürfen, stellt bei Tumoren mit einer ausgedehnten Hirnstamminfiltration und Rückenmarkinfiltration die Strahlentherapie die wichtigste Therapieoption dar. Bei kleinen Kindern oder Patienten mit einer Phakomatose versucht man bei inoperablen oder teilresezierten Tumoren durch eine Chemotherapie die Strahlentherapie zu vermeiden bzw. hinauszuzögern. Ein SEGA bei tuberöser Sklerose kann heute mehrheitlich erfolgreich durch eine zielgerichtete Therapie mit einem mTOR-Inhibitor (z. B. Everolimus) behandelt werden.
Gliome der Sehbahn
Eine Besonderheit stellen die Gliome der Sehbahn (ca. 5 % aller ZNS-Tumoren im Kindesalter, im Bereich von N. opticus, Chiasma opticum oder Tractus opticus) dar. Ca. 50 % dieser Kinder leiden an einer NF 1. Mehrheitlich sind mehrere Anteile der Sehbahn betroffen, wobei sich in der MRT häufig eine Auftreibung des N. opticus und/oder des Chiasma opticum mit variabler Aufnahme von Gadolinium findet (Abb. 1). Klinisch können variable Sehstörungen bis hin zur Amaurose bestehen, die durch eine Biopsie aggraviert werden können, sodass bei typischem radiologischem Befund bewusst auf eine chirurgische Intervention verzichtet wird. Eine spontane Besserung der Sehstörung ist selten. Bei älteren Patienten (>8 Jahre) ohne eine NF 1 gelingt es durch eine lokale Bestrahlung (45–55 Gy) den drohenden Visusverlust bei 90 % der Patienten aufzuhalten. Insbesondere bei jüngeren Patienten bzw. Patienten mit einer NF 1 wird durch eine Chemotherapie (z. B. Vincristin, Carboplatin bzw. Cyclophosphamid oder auch Vinblastin, z. T. auch mehrfach sinnvoll) versucht, ein weiteres Tumorwachstum mit zunehmender Sehstörung zu verhindern bzw. die Tumoren zu verkleinern bzw. die klinische Symptomatik zu verbessern.
Tumoren der Mittellinie
Ein ähnlich therapeutisches Vorgehen wird bei den Tumoren der Mittellinie (Hypothalamus, Zwischen- und Mittelhirn) gewählt, die zumeist durch Inoperabilität und neben psychomotorischen Störungen durch Sehstörungen bzw. neuroendokrinologische Störungen gekennzeichnet sind. Trotz einer fokalen Strahlentherapie bei älteren Kindern und einer Chemotherapie bei den jüngeren Patienten ist die Prognose dieser Tumoren sehr ungünstig und nur 20 % der Patienten bleiben über die nächsten 5 Jahre progressionsfrei.
Die benignen Gliome der Großhirnhemisphären sind zumeist diffuse fibrilläre Astrozytome (WHO-Grad II), gehen klinisch häufig mit fokalen Krampfanfällen einher und lassen sich meist komplett oder partiell resezieren. Durch die komplette Resektion und gegebenenfalls eine sich anschließende lokale Bestrahlung bei teilresezierten Tumoren bei älteren Patienten bzw. eine adjuvante Chemotherapie bei jüngeren Patienten wird eine 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von >80 % und eine Anfallsfreiheit bei mehr als 50 % der Patienten erreicht.

Astrozytome mit hoher Malignität

Die malignen, hochgradigen Astrozytome (WHO-Grad III und IV, HGG [hochgradige Gliome]) machen ca. 15–23 % der ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter aus, haben einen Altersgipfel um das 10. Lebensjahr und zeigen eine kurze Anamnesedauer von wenigen Wochen. Sie entstehen zumeist de novo, können sich aber selten auch aus niedriggradigen Gliomen oder als sekundäre Malignome nach Radio- und/oder Chemotherapie entwickeln. Sie weisen neben der astrozytären Differenzierung ihrer Tumorzellen vor allem Zeichen der Malignität wie zelluläre Anaplasie, hohe Zelldichte mit einem hohen Mitoseindex, Nekrosen, starke Vaskularisierung und infiltratives Wachstum auf. Übergänge von dem anaplastischen Astrozytom (WHO-Grad III) in das Glioblastoma multiforme (WHO-Grad IV) sind möglich. HGGs kommen häufig supratentoriell, selten multifokal oder mit liquorgener Tumoraussaat bei Diagnosestellung (3–5 %) vor. Molekularbiologisch unterscheiden sich die HGGs der Kinder von denen der Erwachsenen: Es finden sich Gen- und Proteinüberexpressionen für EGFR, PDGFR, PTEN, TP53, RB, Aktivierungen des AKT-/RAS-Signaltransduktionsweges und die H3.3-Mutationen K27M (bei diffusen Mittelliniengliomen) und G34M (in anderen HGGs). IDH1/2-Mutationen kommen eher selten vor; die Rolle der MGMT-Methylierung ist unklar.
Die hochgradigen supratentoriellen Astrozytome stellen sich in der MRT in der T1-Wichtung meist hypointens und in der T2-Wichtung meist hyperintens dar und reichern Gadolinium an. Mehr noch als das anaplastische Astrozytom ist das Glioblastoma multiforme immer von einem deutlichen Ödem umgeben. Letzteres reichert häufig ringförmig Gadolinium an (Abb. 2).
Die Prognose maligner Gliome ist vor allem abhängig von der Histologie (WHO-Grad: III besser als IV), der Resektabilität (komplette Resektion besser als inkomplette), der Lokalisation (diffuse Mittelliniengliome des Thalamus/der Stammganglien oder der Pons [ehemals DIPG] und multifokale Tumoren schlechter, kortikale Tumoren besser) und dem Alter (jüngere Patienten <3 Jahre besser). Trotz des kombinierten Einsatzes einer Lokaltherapie (operative Resektion, lokale Bestrahlung 54–60 Gy) und Chemotherapie (heute zumeist Temozolomid) sind die rezidivfreien 5-Jahres-Überlebensraten gering. Sie betragen beim anaplastischen Astrozytom 30–50 %, beim Glioblastom 10–20 % und beim diffus intrinsischen Ponsgliom 0 %. Innovative Therapieformen, wie die simultane Radiochemotherapie, Immuntherapie, antiangiogenetische und andere zielgerichtete Therapien, werden aktuell in Studien weiter geprüft.
Hirnstammgliome
Eine besondere Stellung nehmen die Hirnstammgliome (10 % aller ZNS-Tumoren des Kindes- und Jugendalters) ein. Diese lassen sich 5 radiomorphologisch und 2 biologisch unterschiedlichen Gruppen zuordnen.
Zu der Gruppe der malignen Tumoren gehört
  • das DIPG (diffuses Mittelliniengliom der Pons, 80 % aller Hirnstammtumoren; kurze Anamnese <6 Monate; MRT: T1-Wichtung hypointens, T2-Wichtung hyperintens; keine relevante Aufnahme von Gadolinium, meist homogen, unscharf begrenzt mit Ausdehnung über mehr als die Hälfte des Ponsquerschnitts bis zur Ponsauftreibung) und
  • das zystische Ponsgliom (selten; MRT: zystisch, ringförmige Kontrastmittel-[KM-]Aufnahme).
Zu der Gruppe der benignen Hirnstammtumoren gehören
  • das fokale Hirnstammgliom (selten; meist Pons betreffend; MRT: scharf begrenzt, exophytisch wachsend, kann in Nachbarstrukturen einwachsen bzw. diese verdrängen),
  • das zervikomedulläre Gliom (selten; meist Adoleszente mit langer Anamnese; MRT: meist dorsal verdrängend wachsend) und
  • die Tektumgliome (selten, z. T. mit NF 1 assoziiert; lange Anamnese mitunter über Jahre, MRT: tektale Lage; Aquäduktstenose häufig).
Trotz des Risikos weiterer neurologischer Schädigungen wird bei den nach radiomorphologischen Kriterien malignen Hirnstammtumoren heute zunehmend häufiger eine Tumorbiopsie durchgeführt, um mehr über die Biologie dieser Tumoren zu lernen, aber gegebenenfalls auch den Patienten nach einer entsprechenden molekularbiologischen Tumoranalyse eine zielgerichtete Therapie anbieten zu können. Bei den radiomorphologisch benigne imponierenden Tumoren wird die Tumor-(Teil-)Resektion/-Biopsie zur Diagnosesicherung angestrebt, um sie dann wie andere niedriggradige Gliome mit guter Prognose zu behandeln.

Ependymome

Ependymome sind gliale Tumoren, die in etwa 60 % infratentoriell lokalisiert sind (dann Ausbreitung in Kleinhirnbrückenwinkel, Hirnstamm, oberes Zervikalmark möglich), in 6–15 % der Fälle bei Neudiagnose bereits liquorgen metastasiert sind und je nach dem Grad ihrer Differenzierung in niedriggradige Ependymome (WHO-Grad I und II) und hochgradige, maligne, sog. anaplastische Ependymome (WHO-Grad III) unterteilt werden. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass die histopathologische Klassifikation (Grad II vs. III) häufig inkonsistent und damit nicht gut zur Abschätzung von Prognose sowie Risikostratifikation nutzbar ist. In der MRT stellen sich Ependymome scharf abgrenzbar, z. T. mit Zysten und Hämorrhagien, hyperintens in der T1-Wichtung und meist homogen gadolinumanreichernd dar (Abb. 3). Bei supratentorieller Lokalisation finden sich in der CT häufiger Zysten und auch Verkalkungen. Einige Ependymome reichern wenig oder kein Kontrastmittel an und sind dann häufig nur gut in der FLAIR-Wichtung zu erkennen.
Die Prognose der Ependymome hängt maßgeblich von der molekularen Zuordnung (siehe unten), der Resektabilität und dem Vorliegen einer Disseminierung ab. Mit einer kompletten Resektion und postoperativer Strahlentherapie werden rezidivfreie 5-Jahres-Überlebensraten von 50–75 % erzielt. Unbestritten ist der Stellenwert der möglichst kompletten neurochirurgischen Resektion durch erfahrene Operateure, während die Bedeutung der Strahlen- sowie Chemotherapie aktuell in klinischen Studien überprüft wird. Das SIOP-Ependymoma-II-Protokoll umfasst 3 Studienarme:
1.
Patienten ≥12 Monate ohne Resttumor erhalten eine konformale Radiotherapie gefolgt von einer Erhaltungschemotherapie oder keiner weiteren Therapie (randomisiert),
 
2.
Patienten ≥12 Monate mit Resttumor erhalten eine adjuvante Chemotherapie gefolgt von konformaler Radiotherapie, gegebenenfalls mit Boost bei Resttumor nach Chemotherapie und
 
3.
Patienten <12 Monate und/oder keine Radiotherapie möglich erhalten eine adjuvante Chemotherapie mit Randomisation mit/ohne einem Histondeacetylase-Inhibitor.
 
Zielgerichtete Therapien werden insbesondere an Rezidivtumormaterial gegenwertig evaluiert.
Molekularbiologische Analysen haben gezeigt, dass sich die Ependymome je nach Lokalisation jeweils in 3 Subgruppen und z. T. noch weitere Subtypen mit klinischer Relevanz aufteilen lassen:
  • supratentoriell (1. Supependymom, 2. anaplastisches Ependymom mit YAP1-Mutation oder 3. mit RELA-Fusion),
  • infratentoriell (1. Subependymom, anaplastisches Ependymom, 2. der PFA-Gruppe und 3. der PFB-Gruppe) sowie
  • spinal (1. Subependymom, 2. myxopapilläres Ependymom, 3. anaplastiches Ependymom mit NF2-Mutation).
Dabei weisen die Ependymome mit RELA-Fusion und der PFA-Gruppe die ungünstigste Prognose auf.

Plexustumoren

Plexustumoren sind selten und machen nur etwa 2 % der ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter aus (im 1. Lebensjahr 20 % aller ZNS-Tumoren). Sie sind Tumoren der Ventrikel und kommen überwiegend in den Seitenventrikeln vor. Selten werden sie bereits pränatal sonografisch diagnostiziert.
Histologisch werden die benignen Plexuspapillome (CPP), von den atypischen Plexuspapillomen (aCPP) und den malignen Plexuskarzinomen (CPC) unterschieden. Erstere zeichnen sich durch langsames Wachstum, meist beträchtliche Größe bei Diagnosestellung und einen hochgradigen Hydrozephalus infolge vermehrter Liquorproduktion und/oder verminderter Liquorresorption aus und werden durch eine Tumorresektion und gegebenenfalls zusätzliche VP-Shuntanlage (bei 80–90 %) meist kurativ behandelt. Bei ca. 20 % der Plexustumoren liegt ein Plexuskarzinom vor, das destruierend und infiltrativ wächst und liquorgen metastasieren kann. Molekularbiologisch (Methylierungsprofil) lassen sich eine pädiatrische und eine adulte Niedrigrisikogruppe von einer pädiatrischen Hochrisikogruppe unterscheiden. Während die Niedrigrisikogruppen eine exzellente Prognose aufweisen (>95 % OS [overall survival, Gesamtüberleben]) gehört die Mehrzahl der CPC-Tumoren zu der Hochrisikogruppe mit einer signifikant schlechteren Prognose.
Klinisch stehen die Zeichen der intrakranialen Drucksteigerung im Vordergrund dieser Tumorentitäten. Die MRT zeigt einen mehr oder weniger gut abgrenzbaren, nodulären, homogen stark Gadolinium aufnehmenden Tumor. In der CT finden sich supratentoriell meist einseitige Verkalkungen, die gerade bei Kleinkindern und Säuglingen an Plexustumoren denken lassen sollten. Auch CPC-Patienten bedürfen möglichst einer kompletten Tumorresektion und erhalten eine adjuvante Chemo- und Radiotherapie. Ca. 60 % dieser Tumoren weisen eine TP53-Mutation auf und zeigen ein medianes 5-Jahres-OS von <15 % (TP53-Mutation) vs. >66 % beim TP53-Wildtyp.

Pinealistumoren

Ca. 2 % aller Tumoren des ZNS im Kindesalter finden sich in der Pinealisloge. Mehrheitlich sind diese Tumoren Keimzelltumoren (60 %). Astrozytäre Tumoren und die eigentlichen parenchymalen Pinealistumoren machen je etwa 15 % aus. Keimzelltumoren und Astrozytome gleichen in ihrer Diagnostik, Biologie und Therapie den anderen supratentoriellen Tumoren dieser Entitäten (Abschn. 1.1 und 1.7).
Als eigentliche Pinealistumoren treten im Kindes- und Jugendalter die Pineoblastome auf, die multimodal behandelt werden. Daneben finden sich die benignen Pineozytome, die vor allem bei Adoleszenten und Erwachsenen auftreten, langsam und umschrieben wachsen und nur bei klinisch-neurologisch bedrohlicher Symptomatik einer operativen Tumorresektion bedürfen.
Pinealistumoren weisen häufig Verkalkungen und zystische Anteile auf und können je nach Entität unterschiedlich Kontrastmittel anreichern. Aufgrund der Lokalisation stehen eine akute Hirndrucksymptomatik und eine vertikale Blicklähmung (Parinaud-Syndrom) oder andere Sehstörungen im Vordergrund. Aber auch ein erhöhtes Schlafbedürfnis und ein Leistungsknick durch Druck auf das mesenzephale retikuläre System sind möglich. Die Prognose richtet sich nach der jeweiligen Tumorhistologie und ist bei Pineoblastomen im jüngeren Alter (<4 Jahre, hier z. T. als trilaterales Retinoblastom vorkommend) und bei metastasierter Erkrankung deutlich ungünstiger als bei älteren Patienten und nichtmetastasierten Tumoren.

Embryonale Tumoren

Zu den embryonalen neuroepithelialen Tumoren des Kindesalters gehören das Medulloblastom als Tumor des Kleinhirns, der atypische teratoide rhabdoide Tumor (AT/RT) und die supratentoriellen embryonalen ZNS-Tumoren (ehemals als primitiv neuroektodermale Tumoren [PNETs]) bezeichnete Tumoren], die sich heute aufsplittern (inklusive Medulloepitheliom, Ependymoblastom/ETANTR/ETMR, ZNS-Neuroblastom, CIC-alterierter Ewing-like-Tumor). Pathogenetisch vermutet man, dass jeder dieser Tumoren aus einer gemeinsamen Progenitorzelle des ZNS ausgeht und die Differenzierungsmerkmale zeigt, die durch das Milieu des Entstehungsorts charakterisiert sind. Der größte Teil der neuroektodermalen Tumoren des ZNS ist undifferenziert, doch sind teilweise lokal oder generalisiert auch Zeichen der neuronalen, astrozytären, ependymalen, mesenchymalen oder oligodendralen Differenzierung zu finden. Das mediane Alter bei der Erstdiagnose der embryonalen neuroepithelialen Tumoren des ZNS liegt bei 6 Jahren, wogegen die Mehrzahl der Patienten mit einem AT/RT jünger als 2 Jahre ist.

Medulloblastom

Das Medulloblastom (MB) ist mit einem Anteil von 85 % der häufigste embryonale Tumor des ZNS und der häufigste maligne ZNS-Tumor im Kindesalter. Er geht zumeist vom Kleinhirnwurm aus, wächst lokal infiltrierend in die Kleinhirnhemisphären, mitunter aber auch in den Hirnstamm, den Okzipitallappen und in den 4. Ventrikel, metastasiert über den Liquor in den gesamten Subarachnoidalraum (bis zu 40 %) und selten hämatogen systemisch (<5 %, unter anderem Knochen, Knochenmark, Lymphknoten).
Klinisch präsentieren sich die Patienten mehrheitlich mit akuten Hirndruckzeichen und typischer Kleinhirnsymptomatik (Übersicht „Klinische Symptome bei ZNS-Tumoren“, Übersicht „Neurologisch fokale Zeichen bei Tumoren des ZNS“). In der Bildgebung findet sich in der T1-Wichtung ein zumeist hypo- bis isointenser und in der T2-Wichtung ein meist hyperintenser Tumor, der meist variabel und selten homogen Gadolinium anreichert (Abb. 4).
Gemäß WHO-Klassifikation von 2016 definiert man heute 4 histologische Subgruppen
  • klassisches MB,
  • desmoplastisches/noduläres MB,
  • MB mit extensiver Nodularität und
  • großzelliges/anaplastisches MB
sowie 4 genetische Subgruppen
  • WNT-aktiviertes MB,
  • oder mit TP53-Wildtyp und als non-WNT-non-SHH-Gruppe,
  • Gruppe 3-MB und 4. Gruppe 4-MB
Beim klassischen MB finden sich flächenhafte Nekrosen, Einblutungen und mitunter Verkalkungen (bis zu 20 %), Zysten sind selten. Eine desmoplastische Variante entwickelt sich häufiger bei Säuglingen und Kleinkindern und bei Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen.
In den verschiedenen molekularen Subgruppen finden sich verschiedene chromosomale Aberrationen mit z. T. relevanter prognostischer Bedeutung. Die häufigste genetische Veränderung ist das Isochromosom 17q (i[17q]) bei mehr als der Hälfte der MB, die vor allem in der Gruppe 3-MB und Gruppe 4-MB zu finden ist. Etwa 20 % der Gruppe 3-MB zeigen eine MYC-Amplifikation, während MYCN-Amplifikationen und ein Verlust von Chromosom 11q gehäuft in der Gruppe 4-MB gesehen werden. In den SHH-aktivierten-MB finden sich gehäuft TP53-Mutationen aber auch PTCH-, SUFU-, SMO- sowie GLI2-Mutationen. Die WNT-MB sind häufig assoziiert mit einer Mutation im beta-Catenin-Gen und einer Monosomie des Chromosoms 6.
In der initialen Therapie ist die primäre Tumorresektion von großer Bedeutung, da die Patienten häufig durch die lokale Raumforderung mit Verschluss des 4. Ventrikels vital bedroht sind. Dennoch sollte die Tumorresektion immer nur so weit wie verantwortbar und unter Vermeidung weiterer neurologischer Ausfälle erfolgen. Mikrochirurgisch kann der Primärtumor bei mehr als der Hälfte der Kinder komplett reseziert werden. Einige Patienten (10–20 %) benötigen einen permanenten ventrikuloperitonealen Shunt bzw. eine Ventrikulozisternostomie zur Regulierung des Liquordrucks bzw. des Liquorflusses.
Ältere Kinder (>4 Jahre) und Jugendliche ohne metastasierte Erkrankung erhalten nach der Tumorresektion wegen der möglichen okkulten Mikrometastasierung über die Liquorwege eine kraniospinale Bestrahlung (15–35 Gy) mit lokaler Aufsättigung des Tumorbetts/der hinteren Schädelgrube (54–72 Gy) und anschließend eine adjuvante Chemotherapie (Standardmedikamente: Cisplatin, Lomustin, Vincristin, Cyclophosphamid). Jüngere Kinder (<4 Jahre) werden nach der Operation ebenso wie ältere Patienten mit metastasierter Erkrankung primär systemisch (siehe oben genannte Medikamente plus Methotrexat) und im deutschsprachigen Raum zumeist auch intraventrikulär (Methotrexat) chemotherapeutisch behandelt. Den jüngeren Patienten wird bei Tumorfreiheit zur Vermeidung möglicher schwerer Spätfolgen keine oder nur bei Resttumor eine lokale Tumorbett-Bestrahlung verabreicht.
Prognostisch bedeutsam sind neben dem Alter die lokale Tumorausbreitung, der Grad der Metastasierung, der Resektionsgrad (totale und subtotale Resektion am günstigsten), die molekularbiologische Subgruppe, biologische Marker und das Ansprechen auf die Chemotherapie. Als prognostisch ungünstig haben sich eine Metastasierung, die Amplifikation des MYC-Onkogens, der großzellig-anaplastische Subtyp, die molekulare Gruppe 3 (geht häufig mit den vorgenannten ungünstigen Merkmalen einher), eine TP53-Mutation (vor allem in SHH-MB-Gruppe relevant) und ein postoperativer Resttumor von >1,5 cm2 erwiesen. Prognostisch günstig sind der desmoplastische und der extensiv nodulare Subtyp (im Alter <4 Jahre) sowie der WNT-Subtyp (beta-Catenin-Mutation, im Alter <16 Jahre). Entsprechend diesem Risikoprofil sehen aktuelle Studien wie die europäische SIOP-PNET5-MB-Studie und die nordamerikanische SJMB12-Studie eine risikoadaptierte Therapiestratefizierung mit einer Therapiedeeskalation bei Niedrig-Risiko-Patienten vor. Voraussetzung hierfür ist die initiale molekulare Tumorcharakterisierung durch einen Genom-weiten Methylierungsarray oder eine Neurogenpanel-Analyse.
Aktuell konnte durch die multimodale Behandlung das 5-Jahres-Überleben insbesondere für die Patienten mit nichtmetastasierter Erkrankung auf über 75 % verbessert werden. Kinder mit primär metastasierter Erkrankung haben eine deutlich schlechtere Prognose, sodass bei diesen experimentelle und intensivierte Therapieansätze sowie auch die Hochdosischemotherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation evaluiert werden.

Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor (AT/RT)

Der AT/RT ist zwar eine seltene Entität (1–2 % aller ZNS-Tumoren des Kindes- und Jugendalters), dennoch ist er der häufigste maligne ZNS-Tumor im Alter unter 1 Jahr und macht 10–20 % der ZNS-Tumoren im Alter unter 3 Jahren aus. Er sitzt überwiegend (~40–60 %) im Kleinhirn, seltener im Großhirn oder spinal und kommt selten synchron mit rhabdoiden Tumoren der Peripherie vor. Das mediane Erkrankungsalter beträgt 17–24 Monate. Histologisch zeigen diese Tumoren polymorphes Gewebe mit Zeichen des neuroektodermalen, mesenchymalen oder epithelialen Typs mit dem namengebenden Rhabdoidgewebe. Molekulargenetisch sind Veränderungen in der Chromosomenbande 22q11 im Sinne einer Alteration (Verlust der Heterozygotie oder eine Mutation oder Deletion) des Tumorsuppressorgens SMARCB1 (nachweisbar bei ~95 % aller Patienten; Keimbahnmutationen von SMARCB1 lassen sich bei bis zu 30 % der Patienten finden) charakteristisch. Tumoren mit ähnlicher Histologie und ohne diese typische Alteration des SMARCB1-Gens werden heute als embryonale ZNS-Tumoren mit rhabdoiden Merkmalen bezeichnet.
Die Prognose dieses Tumors ist aufgrund seiner häufig bereits bei Diagnosestellung vorliegenden Metastasierung, seiner biologischen Aggressivität und häufigen Inoperabilität besonders ungünstig. In multivariaten Analysen haben sich der Einsatz einer Hochdosischemotherapie und einer Radiotherapie sowie das Erreichen einer kompletten Remission als prognostisch günstig herausgestellt. Neue multimodale Therapieschemata mit chirurgischer Tumorresektion, intensiver Chemotherapie und Bestrahlung werden derzeit evaluiert. In den publizierten Studien variiert das mediane Gesamtüberleben in Abhängigkeit vom Alter, wobei Patienten im Diagnosealter unter 2–3 Jahren eine deutlich ungünstige Prognose aufweisen (Rhabdoid 2007-Register: 5-Jahres-Überleben 35 %<3 Jahre vs. 75 %>3 Jahre).
Molekulare Analysen haben auch für AT/RT gezeigt, dass sich 3 Subgruppen (ATRT-TYR, ATRT-SHH, ATRT-MYC) unterscheiden lassen, die genetisch bezüglich der SMARCB1-Alteration zwar ähnlich, aber epigenetisch und prognostisch unterschiedlich sind.

Andere embryonale ZNS-Tumoren

Die anderen embryonalen ZNS-Tumoren wurden früher unter den supratentoriellen PNETs des ZNS subsummiert. Auf der Basis umfangreicher molekularer Analysen hat man in den letzten Jahren nachweisen können, dass eine Vielzahl dieser Tumoren molekular zu anderen Entitäten gehört und entsprechend behandelt werden sollte. Zu den anderen (neben Medulloblastom, dem AT/RT) embryonalen Tumoren des ZNS werden heute histologisch und molekular der ETMR (embryonal tumor with multilayered rosettes) mit und ohne C19MC-Alteration, das Medulloepitheliom, das ZNS-Neuroblastom (FOXR2-Aktivierung, günstige Prognose), das ZNS-Ganglioneuroblastom und nicht näher zu spezifizierende embryonale ZNS-Tumoren gezählt.
Darüber hinaus hat man in dieser PNET-Gruppe andere nichtembryonale Tumoren identifiziert, die sich genetisch eindeutig charakterisieren lassen: das ZNS-Ewing-Sarkom-ähnlich mit CIC-Alteration (methylation class CNS Ewing-sarcoma family tumor with CIC-alteration), der hochgradige neuroepitheliale ZNS-Tumor mit MN1-Alteration und der hochgradige neuroepitheliale ZNS-Tumor mit BCOR-Alteration.
Die oben genannten Entiäten sind selten und kommen überwiegend im Vorschulalter vor. Sie sind häufig im Frontal- und Temporallappen, in der Pinealisregion, seltener in Mittellinienstrukturen lokalisiert. Die sich schnell manifestierende klinische Symptomatik ist von der Lokalisation abhängig und ein Zeichen der biologischen Aggressivität der meisten dieser Tumoren. Wegen der möglichen kraniospinalen Aussaat (ca. 10 % bei Neudiagnose) sind eine zusätzliche Bildgebung des Spinalkanals und die Liquordiagnostik wie beim Medulloblastom obligat. In der Bildgebung zeigen diese Tumoren wegen der Zystenbildung und der Nekrosehöhlen eine Inhomogenität sowie z. T. eine Kalzifizierung und reichern fast immer Kontrastmittel an.
Die aktuelle Therapie orientiert sich an den Protokollen für das Medulloblastom und beinhaltet neben dem Versuch der kompletten Resektion, eine intensive Chemotherapie und je nach Alter und Metastasierung eine lokale oder kraniospinale Bestrahlung mit Aufsättigung des Tumorbetts. Die langfristigen Überlebensraten liegen trotz multimodaler Therapie für die meisten dieser Tumoren mit 10–50 % deutlich niedriger als beim Medulloblastom.

Kraniopharyngeom

Das Kraniopharyngeom ist ein gutartiger epithelialer, nichtglialer Tumor, der sellär und suprasellär wächst und dysontogenetisch aus Überresten der Rathke-Tasche entsteht. Er macht ca. 4 % aller ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter aus mit einem Gipfel im Alter zwischen 5–14 Jahre. Er ist in diesem Alter zumeist vom adamantinomatösen Typ, der im der Regel mit einer aktivierenden beta-Catenin-Gen-Alteration verbunden ist. Bei Diagnosestellung leiden mehr als 50 % der Kinder bereits unter Sehstörungen (Visusbeeinträchtigungen, Gesichtsfeldausfälle), neuroendokrinologischen Defiziten (partieller oder kompletter Hypopituitarismus mit vor allem Kleinwuchs, Störungen der Pubertätsentwicklung, Adipositas und Diabetes insipidus neurohormonalis) und z. T unter einer Hirndrucksymptomatik.
Röntgenologisch finden sich häufig Verkalkungen, eine Aufweitung des Sellabodens oder eine Destruktion des Dorsum sellae. Im T1-gewichteten MRT-Bild sind solide, nativ hypointense, gadoliniumanreichernde Areale neben zystischen Arealen zu sehen (Abb. 5). Letztere stellen sich mit zunehmendem Kolloidgehalt hyperintens dar.
Wenn ohne weitere neurologische oder endokrinologische Ausfälle möglich, ist die mikrochirurgisch komplette Tumorresektion anzustreben (bei ca. 40 % im Kindesalter möglich). Für Patienten mit progredientem Resttumor (meist bei Beteiligung des Chiasmas oder Hypothalamus) wird ab dem Alter von 7–8 Jahren derzeit eine adjuvante, lokale, externe und fraktionierte Radiotherapie, zumeist mit Protonen zur besseren Schonung der Sehbahn und hypothalamischer Strukturen, empfohlen. Bei großzystischen Kraniopharyngeomen (vor allem Säuglinge/Kleinkinder oder im Rezidiv) kann gegebenenfalls eine Zystenkatheterimplantation zur Entlastung oder eine Instillation sklerosierender Substanzen (Bleomycin, alpha-Interferon) notwendig sein.
Perioperativ verdienen die endokrinologischen Störungen eine besondere Beachtung (Flüssigkeitsbilanzierung, gegebenenfalls antiödematöse Therapie mit Dexamethason mit Umsetzung auf Hydrokortison, Vasopressin bei Diabetes insipidus).
Die Wahrscheinlichkeit des rezidivfreien 20-Jahres-Überlebens nach kompletter Resektion beträgt 65 % und unterscheidet sich nicht signifikant von dem einer inkompletten Resektion. Hingegen ist das 20-Jahres-Gesamtüberleben abhängig von dem Vorliegen einer hypothalamischen Tumorbeteiligung (mit vs. ohne: 84 % vs. 95 %, p = 0,006). Die Prognose ist bei ausgedehnt wachsenden Tumoren und im Säuglings- und Kleinkindalter schlechter.

Keimzelltumoren

Keimzelltumoren haben unter den ZNS-Tumoren einen Anteil von ca. 1–3 %. Sie gleichen histologisch und biologisch weitgehend den Tumoren außerhalb des ZNS. Etwa 2/3 sind Germinome und 1/3 die nichtgerminomatösen Tumoren (25 % reife oder unreife Teratome, 10 % maligne Tumoren – embryonales Karzinom, Chorionkarzinom, Dottersacktumor). Sie wachsen überwiegend in der Pinealisregion (ca. 60 %) oder suprasellär, seltener im Bereich des 3. Ventrikels oder anderen Regionen. Die klinische Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation des Tumors. Die unreifen malignen Keimzelltumoren zeigen bei bis zu 15 % eine liquorgene kraniospinale Aussaat, metastasieren aber selten außerhalb des ZNS. Letztere stellen sich in der T1-Wichtung der MRT hypo- bis isointens und häufig als homogen kontrastmittelaufnehmende Raumforderung dar, Zysten und Verkalkungen (letztere sichtbar in der CT/dem Nativ-Röntgenbild) kommen vor. Insbesondere bei den nichtgerminomatösen Keimzelltumoren sind die im Liquor und/oder Serum erhöhten Tumormarker α-Fetoprotein (AFP) und β-HCG entscheidend für die Diagnosestellung und helfen mitunter eine risikovolle Tumorbiopsie zu vermeiden. Sie zeigen einen Altersgipfel zwischen 14–17 Jahren, während Germinome häufiger erst nach dem 10. Lebensjahr und Teratome mitunter schon früher diagnostiziert werden.
Nach alleiniger Strahlentherapie haben Patienten mit metastasierten Germinomen eine langfristige Überlebensrate von über 80 %, nichtmetastasierte Germinome mit Carboplatin-haltiger Chemotherapie und lokaler und/oder Ventrikelbestrahlung eine von >90 %. Bei Patienten mit sezernierenden nichtgerminomatösen Tumoren können mit Tumorresektion, Bestrahlung und auf Cisplatin-basierter Chemotherapie Überlebensraten von ca. 70 % erreicht werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass bei Germinomen aktivierende Mutationen im Kit-, Ras/Raf/Erk- und Akt-Signalweg von pathogenetischer Bedeutung sind und möglicherweise Ansatzpunkte für zukünftige zielgerichtete Therapien darstellen können.

Meningeale Tumoren

Meningeome machen ca. 1 % der kindlichen ZNS-Tumoren sind, die mehrheitlich im Schulalter und der Adoleszenz auftreten und gehäuft mit anderen Grunderkrankungen wie Neurofibromatose Typ 2, Klinefelter-Syndrom oder balanzierten chromosomalen Translokationen und vorangegangener Strahlentherapie assoziiert sind. Sie sind überwiegend (zwei Drittel) supratentoriell lokalisiert, rund 10 % liegen intraventrikulär, wenige intraspinal. Der Anteil maligner atypischer oder anaplastischer Meningeome ist gering (ca. 15–36 %), aber häufiger als bei Erwachsenen. In der Bildgebung finden sich häufig große Tumoren (>5 cm Durchmesser), eine Hyperostose des angrenzenden Schädelknochen, Zeichen des erhöhten Hirndrucks, Verkalkungen im Tumor, z. T. eine Infiltration der Dura und eine mehr oder weniger homogene Kontrastmittelanreicherung im Tumorbereich. Die klinische Symptomatik reicht je nach Lokalisation von Hirndruckzeichen, fokal neurologischen Ausfällen bis hin zu Krampfanfällen.
Die möglichst komplette Resektion ist wie im Erwachsenenalter die wichtigste therapeutische Maßnahme und führt in ca. 2/3 der Fälle zur Rezidivfreiheit. Eine Strahlentherapie und eine Chemotherapie sind im Rahmen der Ersttherapie bisher wenig evaluiert. Sie sollten Patienten mit malignen Tumoren oder inoperablen Rezidiven vorbehalten bleiben.

Spinale Tumoren

Die primären spinalen Tumoren haben einen Anteil von 2–5 % unter den ZNS-Tumoren. Niedriggradige, benigne Astrozytome sind am häufigsten (70–80 %, z. T. assoziiert mit Neurofibromatose Typ 1 und 2), gefolgt von Ependymomen und Tumoren hoher Malignität. Die Tumoren wachsen überwiegend intramedullär und deutlich seltener intradural-extramedullär. Bei den sekundären extraduralen Tumoren handelt es sich überwiegend um Neuroblastome und Ewing-Sarkome, seltener Lymphome und Rhabdoidtumoren. Die primären Gliome niedriger Malignität gehen häufig vom Zervikal- oder Thorakalmark aus und erstrecken sich vielfach über mehrere Segmente. Ependymome vom WHO°II finden sich häufig im lumbosakralen Spinalmark und myxopapilläre Ependymome vom WHO°I im Bereich der Cauda equina. Die Röntgenaufnahme der Wirbelsäule zeigt nicht selten einen aufgeweiteten Spinalkanal mit vergrößertem Abstand der Bogenwurzeln und eine Kyphoskoliose. Bei niedriggradigen Gliomen findet sich in der MRT außer einem soliden Tumoranteil häufig auch eine zystische Formation, die differenzialdiagnostisch auch an eine Syringomyelie oder eine Hydromelie denken lässt.
Eine frühzeitige Diagnosestellung gestattet die Tumorresektion vor Auftreten irreversibler Schäden. Eine komplette bzw. subtotale Resektion primärer spinaler Tumoren von niedriger Dignität gelingt in 50–80 % der Fälle auch bei intramedullärer Lokalisation mit einer rückfallfreien Überlebensrate nach kompletter Resektion von 58–70 %. Dennoch besteht ein hohes Risiko zusätzlicher postoperativer Defizite.
Die Prognose von Patienten mit inoperablen oder malignen Tumoren des Rückenmarks ist schlecht und entitätsabhängig. In der Regel kommt hier eine kombinierte Radiochemotherapie zum Einsatz. Da die Strahlentoleranz des Myelons niedrig ist, sollten keine Bestrahlungsdosen von mehr als 50 Gy appliziert werden.
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