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Endokrine Störungen des Mineralhaushaltes bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Olaf Hiort und Dirk Schnabel
Kalzium und Phosphor sind die hauptsächlichen mineralischen Elemente des Knochens. Dadurch sind diese beiden Metabolite – bezogen auf die im Körper vorhandene Gesamtmenge – fast gänzlich (zu 99 %) dem Knochen zuzuordnen, obwohl sie zudem in vielen anderen Kompartimenten eine gewichtige Rolle spielen. Kalzium wird sowohl extrazellulär als auch intrazellulär als Kofaktor für verschiedene enzymatische Reaktionen verwendet und stellt einen bedeutsamen intrazellulären Botenstoff zur Signalvermittlung dar. Dies gilt insbesondere für die neuromuskuläre Signalübertragung. Im Serum liegt Kalzium etwa zur Hälfte an spezifische Trägerproteine oder Albumin gebunden vor; nur die ionisierte Fraktion ist als biologisch aktiv anzusehen. Phosphor liegt meist als Phosphat vor, davon ist wiederum der überwiegende Teil im Skelett verankert und mitverantwortlich für die altersgerechte Knochenmineralisation. Etwa 15 % des Phosphats sind als organische oder anorganische Fraktionen intrazellulär oder extrazellulär zu finden. Das organische Phosphat spielt eine wesentliche Rolle im Aufbau von vielen Molekülen, so z. B. in Phosphoproteinen, bei Energieträgern wie Adenosintriphosphat (ATP) und anderen Molekülen der intrazellulären Signalübertragung, bei der Zellmembranstabilität, dem Lipidstoffwechsel sowie auf die Aktivität der Muskulatur und der Enzyme.

Endokrine Regulation des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels

Kalzium und Phosphat

Kalzium und Phosphor sind die hauptsächlichen mineralischen Elemente des Knochens. Dadurch sind diese beiden Metabolite – bezogen auf die im Körper vorhandene Gesamtmenge – fast gänzlich (zu 99 %) dem Knochen zuzuordnen, obwohl sie zudem in vielen anderen Kompartimenten eine gewichtige Rolle spielen. Kalzium wird sowohl extrazellulär als auch intrazellulär als Kofaktor für verschiedene enzymatische Reaktionen verwendet und stellt einen bedeutsamen intrazellulären Botenstoff zur Signalvermittlung dar. Dies gilt insbesondere für die neuromuskuläre Signalübertragung. Im Serum liegt Kalzium etwa zur Hälfte an spezifische Trägerproteine oder Albumin gebunden vor; nur die ionisierte Fraktion ist als biologisch aktiv anzusehen. Phosphor liegt meist als Phosphat vor, davon ist wiederum der überwiegende Teil im Skelett verankert und mitverantwortlich für die altersgerechte Knochenmineralisation. Etwa 15 % des Phosphats sind als organische oder anorganische Fraktionen intrazellulär oder extrazellulär zu finden. Das organische Phosphat spielt eine wesentliche Rolle im Aufbau von vielen Molekülen, so z. B. in Phosphoproteinen, bei Energieträgern wie Adenosintriphosphat (ATP) und anderen Molekülen der intrazellulären Signalübertragung, bei der Zellmembranstabilität, dem Lipidstoffwechsel sowie auf die Aktivität der Muskulatur und der Enzyme.
Die Spiegel von Kalzium und Phosphat in den verschiedenen Kompartimenten werden eng kontrolliert. Hierbei spielen sowohl endokrine Regulationsmechanismen eine entscheidende Rolle als auch die Relation zu anderen Mineralien, insbesondere zum Magnesium. Magnesium ist sowohl im Knochen als auch in Muskelgewebe und anderen Organen vorhanden und hat weitreichende Aufgaben bei verschiedenen zellulären Funktionen. Magnesium kann die Kontrolle des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels über indirekte hormonelle Regulation, insbesondere des Parathormons (PTH), mit beeinflussen.
Kalzium und Phosphat werden überwiegend mit der Nahrung über den Darm aufgenommen. Die Aufnahme hängt von der Gesamtzufuhr ab, die für Kalzium bei etwa 0,5–1,5 g pro Tag liegen sollte, in besonderen Situationen, wie z. B. in der Schwangerschaft und Stillzeit, jedoch höher sein muss. Die Ausscheidung erfolgt über den Darm, verschiedene Körperflüssigkeiten (Schweiß, Speichel, Magensaft), insbesondere auch über die Milch in der Stillzeit sowie über den Urin. Kalzium wird nach initialer glomerulärer Filtration fast ausschließlich im renalen Tubulussystem reabsorbiert und zwar zunächst überwiegend passiv im proximalen Tubulus, während ein kleinerer Anteil durch einen aktiven, PTH-kontrollierten Transportmechanismus im distalen Nephron reabsorbiert wird. Somit kann die Gesamtausscheidung von Kalzium sowohl durch die Filtrationsmenge als auch die Reabsorption gesteuert werden. Phosphat wird hauptsächlich im proximalen renalen Tubulus reabsorbiert. Normalerweise wird die fraktionierte tubuläre Reabsorption von Phosphat (TRP) etwa 90 % betragen, jedoch kann dies im Kindesalter erheblich variieren, und Neugeborene und Säuglinge sind zu einer fast 100 %igen Reabsorption fähig. Eine noch zuverlässigere Bestimmung der renalen Steuerung der Phosphatspiegel ist durch die Berechnung der Nierenschwellwerte für Phosphat bezogen auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) möglich (Transportmaximum für Phosphat/GFR). Diese Parameter haben ihre Bedeutung in der Feststellung einer pathologisch veränderten Reabsorption von Phosphat, wie sie u. a. bei den hypophosphatämischen Rachitiden vorliegt.
Die wesentlichen endokrinen Regulatoren des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels sind neben dem PTH vor allem 1,25-(OH)2-Vitamin D3 und der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF-23).
Die Regulation zwischen PTH und Vitamin D innerhalb des Kalziumstoffwechsels ist in Abb. 1 dargestellt.

Parathormon

Parathormon (PTH) ist ein Peptidhormon, das die schnelle Bereitstellung von Kalzium kontrolliert. Es wird aus größeren Propeptiden zu einem aus 84 Aminosäuren bestehendem Peptid geschnitten, das in den vier Nebenschilddrüsen in Vesikeln bereitgestellt wird. Die Sekretion aus den Nebenschilddrüsen in die Zirkulation erfolgt durch Signalgebung des Spiegels an ionisiertem Kalzium durch dessen Bindung an einen Kalzium-Sensing-Rezeptor (CaR). Dabei führen höhere Kalziumspiegel zu einer geringeren Ausschüttung von PTH, verminderte Kalziumspiegel zu einer raschen erhöhten Sekretion von PTH. Der Nachweis dieses hochsensitiven Systems mit einem eigenen Rezeptor für Kalzium hat Letzterem auch Funktionen eines Hormons zugewiesen, das seinen eigenen Serumspiegel kontrolliert.
Die PTH-Stimulation erfolgt ebenfalls durch erhöhte Phosphatspiegel im Serum, da dadurch erniedrigte Kalziumspiegel und erniedrigte 1,25-(OH)2-Vitamin-D3-Spiegel wahrscheinlich über eine Stimulation des FGF-23 hervorgerufen werden. PTH seinerseits reguliert die Synthese des 1,25-(OH)2-Vitamin D3 in den Nieren, sodass zwischen diesen beiden Hormonen eine direkte bidirektionale Abhängigkeit besteht.
Die Wirkung von PTH wird über einen Membranrezeptor vermittelt, ebenso wie bei Kalzium und vielen anderen Peptidhormonen. Der PTH-Rezeptor gehört zu den G-Protein-gekoppelten 7-fach membrangängigen Rezeptoren. Nach Bindung von PTH kommt es zur Initiierung einer intrazellulären Signalkaskade, bei der insbesondere das stimulierende G-Protein (Gs) eine Rolle spielt. Durch Austausch eines Guanosin-Triphosphats (GTP) durch Guanosin-Diphosphat (GDP) an der α-Untereinheit von Gs wird diese vom Rezeptor und von den βγ-Untereinheiten dissoziiert. In der Folge aktiviert Gsα eine Adenylatzyklase, wodurch aus Adenosintriphosphat (ATP) zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) gebildet wird; cAMP führt dann zur Aktivierung von Proteinkinase A und damit zur Zellantwort.
In einer Vielzahl von Geweben, insbesondere in der fetalen Nebenschilddrüse und in der laktierenden Brust, wird ein dem PTH verwandtes Peptid, das „PTH-related peptide“ (PTHrP) exprimiert. Das PTHrP hat eine Übereinstimmung mit PTH in den aminoterminalen Aminosäuren und kann ebenfalls über den PTH-(PTHrP-)Rezeptor seine Wirkung ausüben. Es wirkt vor allem lokal in Assoziation an seine Bildungsstätten und hat dann andere biologische Wirkungen als PTH. Im Knochenstoffwechsel spielt es eine entscheidende Rolle in der Chondrozytendifferenzierung und verhindert damit einen vorzeitigen Schluss der Epiphysenfugen. In der Fetalzeit und während der Stillperiode hat PTHrP durchaus eine kalzitrope Wirkung.

Vitamin D

Vitamin D3 (Cholecalciferol) wird durch UV-Bestrahlung (Sonnenlicht, Wirkungsmaximum 290–315 nm) in den tiefen Schichten der Epidermis gebildet oder mit der Nahrung als Vitamin D3 oder Vitamin D2 (Ergocalciferol) über den Darm aufgenommen. Der Begriff Vitamin D (ohne Suffix) fasst die beiden Substanzen Vitamin D3 und Vitamin D2, die identisch im Organismus umgewandelt werden und wirken, zusammen. 90 % des täglichen Vitamin-D-Bedarfs werden über die Haut gebildet, etwa 10 % enteral aufgenommen. Vitamin-D-haltige Nahrungsmittel sind besonders fetthaltige Fische (Hering, Forelle, Aal, Lachs), deutlich weniger Pilze, Käse und Butter. Da in unseren Breiten (> 35 °N) nur in den Monaten April bis September eine dermale Vitamin-D-Synthese möglich ist, sinkt der 25-OHD-Spiegel in den Wintermonaten meist unterhalb der als ausreichend angesehenen Konzentration von 20 ng/ml bzw. 50 nmol/l ab.
Vitamin D wird in der Leber durch das Enzym CYP2R1 zunächst zu 25-Hydroxy-Vitamin D (25-OHD) hydroxyliert und anschließend im proximalen Nierentubulus durch das Enzym CYP27B1 zum aktiven Vitamin-D-Hormon 1,25(OH)2D hydroxyliert. Im Vergleich zum Vitamin D ist das 25-OHD metabolisch 10-fach, das 1,25(OH)2D 1000-fach stärker wirksam. Die Serumhalbwertzeiten liegen für das Vitamin D bei 24 h, für das 25-OHD bei 2–3 Wochen und für das 1,25(OH)2D bei 4 h.
Der Vitamin-D-Rezeptor wird in fast 40 Geweben exprimiert und gewährleistet dort nach Bindung des Vitamin D die Funktionsfähigkeit des entsprechenden Organs bzw. spezieller Organfunktionen, u. a. die Zunahme der Knochenmineralisation, Hemmung der Zellproliferation, Hemmung der Angiogenese, Stimulation der Insulin-Produktion, Hemmung der Renin-Bildung, Stimulation der Kathelicin-Bildung in den Makrophagen.
CYP24A1 inaktiviert bei ausreichenden Vitamin-D-Konzentrationen sowohl 25-OHD als auch 1,25(OH)2D in das biologisch weniger wirksame 24,25-Dihydroxyvitamin D. Die Aktivität der Gene CYP27B1 und CYP24A1 wird im Wesentlichen reguliert durch die Serumkonzentrationen von 1,25(OH)2D, Kalzium und Parathormon. FGF-23 und sein Transportprotein Klotho beeinflussen die Aktivität von CYP27B1 und damit die Hydroxylierung von 25-OHD in 1,25(OH)2D negativ. Alle Vitamin-D-Metabolite werden im Blut durch dasselbe spezifische Vitamin-D-Bindungsprotein (DBP) transportiert. Das freie 1,25(OH)2D bindet in den Zielzellen, vor allem in Dünndarm und Osteoblasten, an den Vitamin-D-Rezeptor und an einen zusätzlichen Rezeptor (Retinoid-X-Rezeptor). Dieser Komplex stimuliert oder inhibiert die spezifische DNA-, RNA- und Proteinsynthese, z. B. in der Dünndarmzelle ein Kalziumbindungsprotein für den Kalzium-Phosphat-Transport vom Darmlumen durch die Mukosazelle ins Blut (Abb. 2).

Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23

Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF-23) wurde erst kürzlich als wichtiger hormoneller Regulator der Phosphatausscheidung über die Niere entdeckt. FGF-23 ist wahrscheinlich das lange gesuchte „Phophatonin“, das durch das Produkt des PHEX-Gens und durch Dentin-Matrix-Protein 1 (DMP-1) reguliert wird (Abb. 3) und als elementar für die endokrine Signalgebung des Phosphatstoffwechsels in der Kommunikation zwischen Knochen und Niere gilt. FGF-23 inhibiert den natriumabhängigen Phosphattransport in der Niere und im Darm, in dem es die Natrium-Phosphat-Kotransporter herunterreguliert und dadurch die Phosphatausscheidung forciert. Auch wird der Serumspiegel von 1,25-(OH)2-Vitamin D3 durch FGF-23 vermindert, ein Umstand, der bei den hypophosphatämischen Rachitiden eine wichtige Rolle spielt. Der FGF-23 vermittelt seine zelluläre Wirkung über Rezeptoren in Abhängigkeit vom Transportprotein Klotho, das mit dem FGF-Rezeptor 1 Dimere bildet.

Störungen des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels

Die klinischen Symptome von Störungen des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels können sich sehr variabel präsentieren. Dazu gehören Notfallsituationen wie Tetanie oder hypokalzämisch bedingte zerebrale Krampfanfälle. Des Weiteren müssen rachitische Skelettdeformitäten insbesondere mit Genua vara oder valga der unteren Extremität an eine akute Störung des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels denken lassen; ebenso muss auch die Brachymetacarpie als Symptom der hereditären Albright-Osteodystrophie (AHO) zu einer entsprechenden Abklärung führen. Kinder mit chronischer Niereninsuffizienz haben häufig einen 1,25-(OH)2-Vitamin-D3-Mangel. Heutzutage wird bei Kindern nach Chemotherapie, bedingt durch eine onkologische Erkrankung, zunehmend ein sekundär erworbener Nierentubulusschaden diagnostiziert und ein konsekutiver renaler Phosphatverlust. Hier steht häufig eine Wachstumsstörung im Vordergrund (Kap. „Endokrine Störungen der Nierenfunktion und des Wasserhaushalts bei Kindern und Jugendlichen“).
Im Kindesalter sollte immer an eine mögliche genetische Störung gedacht werden und die Familienanamnese muss entsprechend sorgfältig erhoben werden.
Im Folgenden sollen die Störungen anhand ihrer Leitsymptome Hyperkalzämie, Hypokalzämie und Rachitis (hypokalzämisch oder hypophosphatämisch) erklärt werden. Dem spezifischen Knochenstoffwechsel und damit auch der Osteoporose und den Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter ist ein eigenes Kapitel gewidmet (Kap. „Knochenerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“).

Hyperkalzämie

Die Hyperkalzämie ist im Kindes- und Jugendalter ein seltenes Ereignis. Auch hier gilt es, hereditäre Erkrankungen mit einzubeziehen und eine gewissenhafte Familienanamnese zu erheben. Die genetisch bedingten Erkrankungen können sich bereits im Neugeborenenalter manifestieren, jedoch gilt es auch bei einer Hyperkalzämie im Jugendalter an einen genetischbedingten Hyperparathyreoidismus, z. B. durch eine maligne endokrine Neoplasie (MEN), meist Typ 1, zu denken.
Im Vordergrund stehen Erkrankungen, die mit einem Hyperparathyreoidismus einhergehen. Während der primäre Hyperparathyreoidismus meist durch ein Adenom einer Nebenschilddrüse verursacht wird, ist der sekundäre Hyperparathyreoidismus reaktiv, z. B. bedingt durch einen Vitamin-D-Mangel.
Eine Sonderform stellt der tertiäre Hyperparathyreodismus dar. Hierbei handelt es um eine Autonomie der Nebenschilddrüsen nach lang dauernder Stimulation, wie sie u. a. bei lang anhaltender Monotherapie mit Phosphat bei hypophosphatämischer Rachitis vorkommen könnte, oder aber bei einer (unentdeckten) Niereninsuffizienz.
Klinik
Vielfach ist die Symptomatik sehr gering und die Hyperkalzämie wird durch Zufall im Rahmen anderer Abklärungen entdeckt. Eine Hyperkalzämie kann jedoch allgemeine Symptome wie Obstipation, Enuresis, neuromuskuläre und psychische Auffälligkeiten und eine Gedeihstörung auslösen. Spezifische Symptome können Nierensteine (Kalziumoxalat), Knochenschmerzen und Skelettveränderungen mit einem ausgeprägten Knochenumbau durch vermehrte Osteoklastentätigkeit, als Ostitis fibrosa cystica bezeichnet, sein. Die Ostitis fibrosa cystica ist im Kinder- und Jugendalter äußerst selten.
Diagnose
Zur differenzialdiagnostischen Einordnung müssen zunächst Kalzium, Phosphat, alkalische Phosphatase (AP), PTH, 25-OH-Vitamin D3, nur gelegentlich auch 1,25-(OH)2-Vitamin D3 im Serum sowie die Kalzium- und Phosphatausscheidung im Urin bestimmt werden. Eine Nierensonografie sollte zur Beurteilung einer Nephrokalzinose bzw. -lithiasis durchgeführt werden.
Die Darstellung eines Nebenschilddrüsenadenoms bzw. einer -hyperplasie erfolgt meist durch chirurgische Exploration, da sich bildgebende Verfahren gerade im Kindesalter als nicht sehr sensitiv ergeben haben.
Hereditäre Störungen
Sie lassen sich unterteilen in PTH-abhängige und nicht-PTH-abhängige Störungen.
Parathormonabhängige Störungen
Sowohl Nebenschilddrüsenadenome als auch die Nebenschilddrüsenhyperplasie können durch genetische Faktoren bedingt sein. Hieran sollte bei früh auftretenden familiär bedingten Formen des primären Hyperparathyreoidismus gedacht werden. Erst im Jugendalter, meist sogar noch später, tritt der primäre Hyperparathyreodismus der multiplen endokrinen Neoplasien (MEN-Syndrome) auf. MEN Typ 1 wird im Kindes- und Jugendalter selten gesehen, die Tumoren treten ebenfalls erst im Erwachsenenalter auf, beim MEN Typ 2 finden wir jedoch sehr früh schon maligne Tumoren der C-Zellen der Schilddrüse (Kap. „Schilddrüsenneoplasien bei Kindern und Jugendlichen“).
Eine Rarität stellt der Morbus Jansen dar, eine Erkrankung mit schwerer metaphysärer Skelettdysplasie mit disproportioniertem Kleinwuchs. Laborchemisch liegt eine massive Hyperkalzämie bei gleichzeitig supprimiertem PTH vor; es bestehen auch eine massive Hyperkalziurie, eine vermehrte Ausscheidung von cAMP und interessanterweise auch erhöhte 1,25-(OH)2-Vitamin-D3-Werte. Als Ursache wurden aktivierende Mutationen im PTH-Rezeptor nachgewiesen, sodass die PTH-Wirkung imitiert wird (Nampoothiri et al. 2016).
Nicht-PTH-abhängige Störungen
Die Konstellation einer Hyperkalzämie bei normalem oder nur leicht erhöhtem PTH, normalem oder nur leicht erniedrigtem Phosphat im Serum sowie normalen Vitamin-D-Metaboliten und einer geringen Kalziumausscheidung im Urin sollte an eine familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie (FHH) denken lassen. Diese Störung wird autosomal-dominant vererbt und beruht auf inaktiven Mutationen im CaR. Durch die Mutation wird die Rückkoppelung der Kalziumspiegel durch den CaR sowohl in der Nebenschilddrüse als auch in der Niere gestört. Daher kommt es zu einer Heraufregulierung der Serumkalziumspiegel bei normalem PTH und gleichzeitig zur verminderten renalen Kalziumausscheidung. Die Erkrankung ist als gutartig einzustufen und sollte keine therapeutischen Maßnahmen, insbesondere keine Operation der Nebenschilddrüsen, nach sich ziehen. Sehr selten sind allerdings auch homozygote Formen der Erkrankung beschrieben worden, bei denen ein lebensbedrohlicher neonataler Hyperparathyreoidismus mit Atem- und Herzrhythmusstörungen vorlag. Die FHH wird heutzutage durch direkte molekulargenetische Untersuchung des CaR-Gens verifiziert.
Eine bislang ungeklärte Hyperkalzämie ohne Hinweis auf eine Störung im PTH oder Vitamin-D-Metabolismus kann beim Williams-Beuren-Syndrom gefunden werden. Kinder mit diesem Syndrom weisen eine typische „Elfen-Fazies“ auf, haben häufig Herzfehler, meist eine supravalvuläre Aortenisthmusstenose und zeigen einen Kleinwuchs sowie eine psychomotorische Retardierung. Auch hier kann der zugrunde liegende Gendefekt auf Chromosom 7 heutzutage diagnostisch nachgewiesen werden. Manchmal zeigen sich die typischen klinischen Zeichen der Hyperkalzämie, die die Entwicklung der Kinder erheblich beeinträchtigen können.
Bei einer solch klinisch relevanten Hyperkalzämie kann eine Akuttherapie mit Bisphosphonaten zu einer drastischen Senkung der Serumkalziumspiegel führen.
Erworbene Störungen
Bei Neonaten und Säuglingen sollte immer an eine Vitamin-D-Intoxikation durch falsche Gabe der Vitamin-D-Prophylaxe gedacht werden. Hierbei liegen dann eine Hyperkalzämie, teilweise Hypophosphatämie bei supprimiertem PTH sowie eine Hyperkalziurie vor. Die Diagnose wird durch die Anamnese sowie durch die laborchemisch deutlich erhöhten Vitamin-D-Spiegel im Serum gestellt. Die Vitamin-D-Gaben sollten dann natürlich sofort abgesetzt werden. Gegebenenfalls muss eine symptomatische Therapie der Hyperkalzämie erfolgen.
Sehr selten im Kindes- und Jugendalter sind eine tumorassoziierte Hyperkalzämie sowie eine Hyperkalzämie bedingt durch Hyperthyreose oder eine granulomatöse Erkrankung, wie Sarkoidose, Tuberkulose. Bei diesen Erkrankungen wird eine extrarenale 1,25-(OH)2-Vitamin-D3-Synthese als Ursache der Hyperkalzämie angenommen. Die Serumspiegel für 25-OH-Vitamin D3 sind unauffällig.
Therapie
Die Therapie hängt von der Ursache der Hyperkalzämie ab. Bei geringgradiger Hyperkalzämie kann oftmals abgewartet werden, bei der FHH ist eine Therapie sogar kontraindiziert. Für eine Therapie sprechen Gedeihstörung sowie Hyperkalziurie mit der Gefahr einer Einschränkung der Nierenfunktion. Bei einem primären Hyperparathyreoidismus steht die Operation im Vordergrund, auch wenn erste Behandlungsversuche auch im Kindesalter mit Cinacalcet berichtet wurden. Bei der 4-Nebenschilddrüsen-Hyperplasie, z. B. im Rahmen eines MEN 1, wird eine subtotale Parathyreoidektomie mit Belassen eines kleinen Restes einer Nebenschilddrüse im Halsbereich durchgeführt.
Die Hyperkalziurie sollte durch forcierte Hydrierung behandelt werden und kann dann durch Gabe von Diuretika mit beeinflusst werden. Furosemid kann eine Hyperkalziurie auch mit verstärken und bedarf deshalb einer engmaschigen Kontrolle. Eine relevante Hyperkalzämie kann auch durch den Einsatz von Bisphosphonaten therapiert werden. Im Kindesalter ist vorwiegend Pamidronat in einer Dosierung von 0,5–3 mg/kg Körpergewicht (KG) eingesetzt worden. Als Nebenwirkungen können Fieber, grippeähnliche Symptome und/oder eine Hypokalzämie auftreten.

Hypokalzämie

Ursachen einer Hypokalzämie können eine verminderte PTH-Sekretion oder -Wirkung, eine verminderte Verfügbarkeit oder Wirkung von 1,25-(OH)2-Vitamin D3 oder aber auch eine Hyperphosphatämie durch Niereninsuffizienz oder Phosphatfreisetzung (aus Tumoren) etc. sein.
Der Hypoparathyreoidismus als Ausdruck der verminderten PTH-Sekretion ist vom Pseudohypoparathyreoidismus mit gestörter Wirkungsvermittlung des PTH abzugrenzen. Diese Erkrankungen werden jetzt als „inactivating PTH/PTHrP signalling disorders“ (iPPSD) bezeichnet.
Neben den Laborauffälligkeiten unterscheiden sich auch Klinik und Therapie. Auch die verschiedenen Formen des hereditären und erworbenen Vitamin-D-Mangels und der Vitamin-D-Resistenz werden unterschiedlich therapiert (Abb. 4). Störungen des Vitamin-D-Stoffwechsels werden im Abschn. 2.3 abgehandelt.

Hypoparathyreoidismus

Eine verminderte PTH-Synthese führt zu einer Hypokalzämie und einer Hyperphosphatämie, denn die Kalziumresorption aus dem Darm wird als Folge der durch den PTH-Mangel verminderten 1,25-(OH)2-Vitamin-D3-Synthese herabgesetzt. Gleichzeitig ist die renale Kalziumrückresorption vermindert. Die Hyperphosphatämie entsteht durch die Hypokalzämie selbst, aber auch durch die verminderte Hemmung der Phosphatrückresorption durch den PTH-Mangel. Ein Hypoparathyreoidismus kann durch hereditäre Störungen verursacht sein oder aber erworben, z. B. durch Trauma, Tumoren, Operationen (z. B. nach Strumektomie). Ein transitorischer Hypoparathyreoidismus kann bei Neugeborenen als Folge eines Magnesiummangels oder aber auch bei einem primären Hyperparathyreoidismus der Mutter auftreten. Die fetale PTH-Synthese in der Nebenschilddrüse wird durch die mütterliche Hyperkalzämie gehemmt.
Diagnostik
Im Vordergrund steht das gleichzeitige Auftreten einer Hypokalzämie mit einem verminderten oder inadäquat „normwertigen“ PTH. Gleichzeit besteht häufig eine Hyperphosphatämie. Im Urin ist auf die kreatininbezogene Kalziumausscheidung zu achten, die bei der autosomal-dominanten Hypokalzämie (ADH, s. unten) häufig inadäquat hoch oder „normwertig“ ist. In der differenzialdiagnostischen Abklärung sollte immer auch das Magnesium mit bestimmt werden. In Abgrenzung zu den Rachitisformen ist die AP normwertig. In Abhängigkeit von Klinik und laborchemischen Werten sind eventuell genetische Untersuchungen sinnvoll, um angeborene Formen zu differenzieren.
Hereditäre Formen
Genetisch bedingte isolierte Formen des Hypoparathyreoidismus durch Mutationen im PTH-Gen sind selten. Häufiger hingegen ist die autosomal-dominante Hypokalzämie (ADH), bei der eine spiegelbildliche Störung zur familiären FHH besteht. Bei der ADH wurden heterozygote aktivierende Mutationen im CaR nachgewiesen. Diese bleiben oft asymptomatisch, jedoch kann es bei ausgeprägter Hypokalzämie auch zu Krampfanfällen kommen. Laborchemisch besteht häufig die Trias aus Hypokalzämie, messbarem, aber inadäquat niedrigem PTH und gleichzeitig ebenfalls inadäquat im mittleren altersgemäßen Referenzbereich liegender Kalziumausscheidung im Urin. Die Kinder weisen keine besonderen Stigmata auf und entwickeln sich normal. Die Störung ist, genauso wie die FHH, in den meisten Fällen nicht behandlungsbedürftig. Wenn wegen hypokalzämischer Krampfanfälle doch eine Therapie mit Vitamin-D-Metaboliten erfolgt, so ist eine engmaschige Kontrolle der renalen Kalziumausscheidung angezeigt, da es häufig zur Induktion einer deutlichen Hyperkalziurie und dadurch bedingter Nephrokalzinose kommt.
Angeborene Nierenerkrankungen, die die renale Magnesiumrückresorption beeinträchtigen, führen über die Hemmung der PTH-Synthese zu einem sekundären Hypoparathyreoidismus und zu einer Hypokalzämie. Dazu gehören komplexe tubuläre Erkrankungen wie das Fanconi-, das Gitelmann- und das Bartter-Syndrom, aber auch seltene isolierte renale Magnesiumverlustsyndrome.
Ein Hypoparathyreoidismus kann selbst Teil eines komplexen Syndroms sein. Das bekannteste wird durch eine Mikrodeletion auf dem Chromosomenabschnitt 22q11 hervorgerufen und wird auch als CATCH 22 („cardiale“ Auffälligkeiten, auffällige Fazies, Thymushypo- oder aplasie, Gaumenspalten „cleft palate“ und Hypokalzämie) und früher als DiGeorge-Syndrom bezeichnet. Ursächlich sind durch die genetischen Defekte induzierte Störungen der Differenzierung des 3. und 4. Kiemenbogens während der Embryonalzeit. Damit ist oftmals auch die Anlage der Nebenschilddrüsen gestört. Die Patienten weisen häufig auch eine mentale Entwicklungsverzögerung auf. Die Leitsymptome müssen aber nicht alle vorhanden sein, und es gibt viele Patienten mit einer Mikrodeletion 22q11, die keine relevante Hypokalzämie entwickeln.
Andere syndromale Erkrankungen, die mit einem Hypoparathyreoidismus assoziiert sein können, sind das MELAS-Syndrom (Myopathie, Enzephalopathie, Laktatazidose, schlaganfallähnliche Symptome) und das Kearns-Sayre-Syndrom (Ophthalmoplegie, Pigmentdegeneration der Retina, Schwerhörigkeit, kardiale Auffälligkeiten). Eine Besonderheit der syndromalen Formen des Hypoparathyreoidismus stellen die Autoimmunendokrinopathien dar (Kap. „Primäre Nebenniereninsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen“), bei denen es durch Mutationen im AIRE-Gen zu multiplen Ausfällen endokriner Organe kommt. Bei einem im Kindes- und Jugendalter auftretenden Hypoparathyreoidismus, zunächst ohne sonstige Begleitstörungen, sollte immer auch an eine Autoimmunendokrinopathie gedacht werden und eine entsprechende Abklärung und regelhafte Untersuchung der Patienten erfolgen.
Erworbene Formen
Die Nebenschilddrüsen können durch Operationen, Traumata oder in Sekundärfolge anderer Krankheiten geschädigt werden. Ein Hypoparathyreoidismus, sowohl transitorisch als auch permanent, tritt manchmal nach Schilddrüsenoperationen auf. Man nimmt an, dass eine, wenn auch kurzzeitige, Durchblutungsstörung eher als eine Verletzung der Nebenschilddrüsen hierfür verantwortlich ist. Die Eisenbeladung bei Hämosiderose ist eine bekannte Ursache für einen sekundär verursachten Hypoparathyreoidismus.
Therapie
Zum Einsatz kommen im Kindesalter weiterhin Vitamin-D-Metabolite, obwohl mittlerweile rekombinant hergestelltes synthetisches PTH zur Verfügung steht. Letzteres ist aber teurer und muss subkutan verabreicht werden. Verwendet wird entweder 1,25-(OH)2-Vitamin D3 (Calcitriol) oder 1α-(OH)-Vitamin D3 (1α-Diol), vor allem wegen des hohen Wirkpotenzials, aber auch wegen der kürzeren Halbwertszeit und der damit besseren Steuerbarkeit als Vitamin D3 selbst. Die Dosierung liegt bei etwa 15 ng/kg KG, mit dem Ziel, das Serumkalzium in den unteren Referenzbereich anzuheben. Im Gegensatz zum Pseudohypoparathyreoidismus besteht eine größere Gefahr, durch die Therapie eine relevante Hyperkalziurie zu induzieren.

Pseudohypoparathyreoidismus/iPPSD

Beim Pseudohypoparathyreoidismus (PHP) liegt eine Endorganresistenz gegenüber PTH vor. In Abb. 5 ist die Signalkaskade der Wirkungsvermittlung von PTH über den PTH-Rezeptor und die intrazelluläre Kopplung über Gsα-Protein und Adenylatzyklase bis hin zur Generierung von cAMP beschrieben. Normalerweise verursacht eine PTH-Erhöhung einen kräftigen Anstieg der renalen cAMP-Ausscheidung. Beim Hypoparathyreoidismus ist dieser Anstieg nach Gabe von PTH unauffällig, beim PHP Typ 1 bleibt er aus. Beim PHP Typ 2 wird hingegen angenommen, dass es zu einem normalen cAMP-Anstieg kommt, jedoch die Phosphatexkretion – wie beim PHP Typ 1 – gestört ist. Der PHP Typ 2 konnte bislang jedoch ätiopathogenetisch nicht aufgeklärt werden, auch das klinische Bild ist bislang unzureichend beschrieben.
Klassifikation
Kürzlich wurde eine neue Klassifikation für die verschiedenen Formen der Störungen der Signalwege von Parathormon (PTH) oder dem Parathormon-related peptide (PTHrP) vorgeschlagen (Thiele et al. 2016). Ziel der neuen Klassifikation ist es, Störungen der Signalkaskade sowohl klinisch zu erklären als auch ätiopathogenetisch zu verbinden und darüber hinaus weitere Erkrankungen, die auch den Signalweg betreffen, mit einzubeziehen. Allen Erkrankungen ist die Konstellation des erhöhten PTH bei unauffälligem Vitamin-D-Status und ggf. Hypokalzämie und Hyperphosphatämie und/oder die Resistenz gegenüber PTHrP gemein. Aus diesem Grund wurde der übergeordnete Begriff der „inactivating PTH/PTHrP signalling disorders“ (iPPSD) definiert, der dann in Untergruppen anhand der Ätiopathogenese eine genauere Klassifikation vornimmt (Abb. 5).
iPPSD1
Nach der alten Nomenklatur wird der PHP Typ 1 in 3 Gruppen eingeteilt, wobei Typ 1A und 1C jeweils durch das Vorliegen einer hereditären Albright-Osteodystrophie (AHO) gekennzeichnet sind und wahrscheinlich in einigen Fällen nur durch eine technische Auffälligkeit der Gsα-Aktivität fälschlich unterschieden wurden (Thiele et al. 2011). Die neue Nomenklatur unterteilt die Signalstörungen gemäß Abb. 5 zunächst in 6 Gruppen ein. Als iPPSD1 werden Erkrankungen durch inaktivierende Mutationen im PTH-Rezeptor bezeichnet. Dazu gehört der Morbus Blomstrand, eine letale Form einer Chondrodysplasie. Mildere Formen können mit einem erhöhten PTH bei Kleinwuchs einhergehen.
iPPSD2
Der klassische PHP Typ 1A (PHP 1A), der Pseudo-PHP und auch die früher als PHP 1C klassifizierten Patienten mit Mutationen im Gsα-kodierenden Gen GNAS (Locus 20q13.11) werden in die Erkrankungsgruppe iPPSD2 eingeordnet. Die Unterschiede in der klinischen Ausprägung zwischen PHP 1A und Pseudo-PHP (insbesondere die An- bzw. Abwesenheit von Hormonresistenzen) entstehen durch ein unterschiedliches Imprinting des GNAS-Locus. Wird die GNAS-Mutation auf dem mütterlichen Allel vererbt oder tritt sie dort als Neumutation (also sporadisch) auf, so kommt es beim Kind zu einem PHP 1A, bei Mutation des väterlichen Allels zum Pseudo-PHP. In Blutzellen wird jedoch biallel exprimiert, daher der Nachweis der erniedrigten Gsα-Aktivität sowohl beim PHP als auch beim Pseudo-PHP.
Diese Mutationen im GNAS-Gen führen bei mütterlicher Vererbung nicht nur zu einer isolierten PTH- und PTHrP-Resistenz, sondern sind auch mit anderen Peptidhormonresistenzen assoziiert. Meist haben Patienten mit PHP Typ 1A auch eine Erhöhung des thyreoidstimulierenden Hormons (TSH), manche einen Wachstumshormonmangel durch gestörte Wirkung des Growth hormone releasing hormone (GHRH) sowie eine verspätete oder leicht beeinträchtige Pubertätsentwicklung. Nur teilweise ist geklärt, wie die Störung des Gsα oder der anderen Transkriptions- und Translationsprodukte des GNAS-Genlocus das klinische Bild AHO im Detail verursachen. Die Patienten zeigen einen relativen Kleinwuchs zur elterlichen Zielgröße, einen gedrungenen Körperbau, oftmals mit Adipositas (Kap. „Diagnostik der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen“) und eine psychomotorische Retardierung variablen Ausmaßes. Zudem kann es zu subkutanen Verkalkungen kommen (Calcinosis cutis). Ein besonderes Zeichen ist die Brachymetacarpie und Brachymetatarsie, die meist den 4. und 5. Strahl betrifft (Abb. 6). Ein ähnliches klinisches Bild vergleichbar mit AHO, jedoch ohne Störung des Kalziumstoffwechsels und ohne Beeinträchtigung der Gsα-Aktivität wurde bei Patienten mit einer Deletion im Bereich von Chromosom 2q37 beschrieben. Eine Besonderheit ist das früher als Pseudopseudohypoparathyreoidismus bezeichnete Bild der AHO-Zeichen ohne PTH-Resistenz oder andere Endokrinopathien, bei dem eine gestörte Gsα-Aktivität und eine GNAS-Mutation vorliegt. Hierbei handelt es sich jedoch um heterozygote Mutationen, die das paternale Allel betreffen, während bei PHP 1A das maternale Allel betroffen ist. Diese unterschiedlichen Bilder lassen sich nur durch ein unterschiedliches Imprinting erklären, bei dem das maternal geprägte Gen in vielen Geweben vornehmlich exprimiert wird und somit durch Mutationen ein anderer Phänotyp ausgelöst wird.
iPPSD3
Methylierungsstörungen im GNAS-Genlokus, die mit einem PHP einhergehen, wurden bislang als PHP 1B bezeichnet, in der neuen Nomenklatur sind sie als iPPSD3 klassifiziert. Die Methylierungsstörungen bewirken gemischte Bilder einer Hypo- und Hypermethylierung verschiedener kodierender und nichtkodierender Bereiche im GNAS-Gen, sodass Gsα selbst, aber auch andere exprimierte Genabschnitte einer veränderten Transkription unterliegen. Die betroffenen Patienten haben meist eine PTH-Resistenz, jedoch keine oder nur gering ausgeprägte Merkmale einer AHO. Unterschieden werden müssen sporadische und hereditäre Formen. Während die sporadischen Formen meist komplexe Muster der Methylierungsstörung aufweisen, sind die hereditären Formen durch eine Hypomethylierung im Bereich des Exons A/B im GNAS-Gen gekennzeichnet und weisen Deletionen im vorangeschalteten Kontrollgen STX-16 auf (Bastepe et al. 2003; Dixit et al. 2013).
iPPSD4
In der neuen Klassifikation werden die klassischen Formen des Pseudohypoparathyreoidismus um neu aufgeklärte Krankheitsbilder erweitert, bei denen klinisch auch eine PTH-Resistenz vorliegt und deren molekulare Ursachen in stromabwärts gelegenen Signalwegen liegen. Die iPPSD4 beschreibt das klinische Bild der Akrodysostose, einer ausgeprägteren Skelettdysplasie mit fazialen Auffälligkeiten, Brachydaktylie und teilweise mentaler Retardierung, die durch Mutationen im PRKAR1A-Gen hervorgerufen wird (Linglart et al. 2011). Dadurch kommt es zu einer Störung der Proteinkinase A, die nicht auf eine cAMP-Stimulation reagieren kann. Meist liegen auch bei diesen Patienten multiple Hormonauffälligkeiten vor, es gibt damit auch eine klinische Überlappung zur AHO und dem Bild des PHP 1A.
iPPSD5 und iPPSD6
Auch Mutationen im PDE4D-Gen, das für die Phosphodiesterase Typ 4 kodiert, verursachen eine Akrodysostose, jedoch sind endokrinologische Auffälligkeiten wohl selten. Sie werden als iPPSD5 bezeichnet, während das Hypertonie-und-Brachydaktylie-Syndrom (HTNB) durch Mutationen im PDE3A-Gen als iPPSD6 firmiert. Auch diese Phosphodiesteraseaktivität ist in den Kreislauf des cAMP eingebunden (Abb. 5).
Therapie
Zur Vermeidung von Hypokalzämien werden die Patienten ähnlich wie beim Hypoparathyreoidismus mit hochaktiven Vitamin-D-Metaboliten (Calcitriol oder 1α-Diol) behandelt. Allerdings sollte der Zielbereich für das Kalzium im Serum durchaus im mittleren Referenzbereich liegen, denn das Risiko für eine Hyperkalziurie durch die Therapie ist beim PHP geringer als beim Hypoparathyreoidismus. Somit startet man meist mit einer Dosis von etwa 15–20 ng/kg KG des aktiven Vitamin-D-Metaboliten und adaptiert die Dosis dann entsprechend der kreatininbezogenen Kalziumausscheidung im Urin und des PTH-Wertes. Ziel ist es, das PTH in den Referenzbereich zu bekommen, ohne eine signifikante Hyperkalziurie mit nachfolgender Nephrokalzinose auszulösen. Kontrollen des Kalziumstoffwechsels sind etwa 3- bis 4-mal pro Jahr sinnvoll und zusätzlich regelmäßige sonografische Untersuchungen der Nieren zur Beurteilung einer eventuellen Nephrokalzinose.

Rachitis

Rachitis ist charakterisiert durch eine Mineralisierungsstörung und Desorganisation der Wachstumsfuge, Osteomalazie durch eine gestörte Mineralisierung von Spongiosa und Kompakta. Während beim Erwachsenen nach Epiphysenfugenschluss daher lediglich eine Osteomalazie auftreten kann, kommen beim Kind beide Defekte gleichzeitig vor.
Ätiologie und Pathogenese
Nach Tiosano und Hochberg (2009) kommt es bei den meisten Rachitisformen durch den vorwiegenden Phosphatmangel zur Hemmung der Apoptose der hypertrophischen Chondrozyten, die zur Rachitis führt, sowie zur Hemmung der Reifung und Mineralisation in den Osteoblasten (Osteomalazie). Pathogenetisch können 2 Gruppen unterschieden werden:
  • Kalzipenische Rachitis, bedingt durch einen vorwiegenden Kalziummangel als Folge einer verminderten endogenen Bildung, einer verminderten exogenen Aufnahme von Vitamin D oder sehr selten auch durch einen alleinigen Mangel der Kalziumzufuhr.
  • Hypophosphatämische Rachitis, bedingt durch eine Herabsetzung der Phosphatrückresorption im proximalen Nierentubulus, bei Frühgeborenen auch durch eine zu geringe Phosphatzufuhr.
Diagnose und Differenzialdiagnose
Die Rachitis wird diagnostiziert durch die klinische Symptomatik (Skelettveränderungen wie Kraniotabes, Genua valga oder vara, verdickte Hand- und Fußgelenke, rachitischer Rosenkranz, aber auch Myopathie, Tetanie, epileptischer Krampfanfall), radiologische Veränderungen (Auftreibung und Becherung der metaphysären Wachstumsfugen, verminderte Mineralisation, Deformierungen, Abb. 7) sowie eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP). Ausnahmen von dieser Trias sind die kongenitale Hypophosphatasie sowie Zustände mit länger bestehender Azidose (z. B. renal tubuläre Azidose).
Die radiologischen Veränderungen erlauben in der Regel keine exakte ätiologische Zuordnung zu den verschiedenen Formen der Rachitis. Für die weitere differenzialdiagnostische Aufarbeitung ist deshalb die laborchemische Diagnostik wegweisend.
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Formen der Rachitis, nämlich die kalzipenische und die hypophosphatämische Rachitis. Der Parameter, mit dem man beide Formen unterscheiden kann, ist das Parathormon. Bei der hypophosphatämischen Rachitis ist das PTH normal, während es bei der kalzipenischen Rachitis pathologisch erhöht ist.
Kalzipenische und hypophosphatämische Rachitiden können angeboren oder erworben sein.

Kalzipenische Rachitis

Stadieneinteilung und Pathophysiologie
Ein Mangel an Vitamin D, eine gestörte Umwandlung von Vitamin D in das aktive Vitamin-D-Hormon, 1,25(OH)2D-Resistenz oder eine stark verminderte Kalziumzufuhr führen zur kalzipenischen Rachitis. Alle Störungen rufen durch eine nicht ausreichende 1,25(OH)2D-stimulierte intestinale Kalziumaufnahme einen Kalziummangel hervor mit Tendenz zur Hypokalzämie (Stadium I). Regulativ wird vermehrt PTH sezerniert, das zunächst durch eine erhöhte Kalziumfreisetzung aus dem Skelett eine Normokalzämie und infolge einer vermehrten renalen Phosphatausscheidung eine Hypophosphatämie hervorruft (Stadium II). Hält der Kalziummangel weiter an, ist trotz eines ausgeprägten sekundären Hyperparathyreoidismus nicht mehr genügend Kalzium aus dem Skelett mobilisierbar, sodass neben der Hypophosphatämie wieder eine Hypokalzämie auftritt (Stadium III). Insbesondere in den Phasen II und III ist die Aktivität der AP als Ausdruck einer kompensatorisch gesteigerten Osteoblastentätigkeit, also eines gesteigerten Knochenumsatzes, erhöht.
Pathologisch-anatomisch findet man eine starke Wucherung von neugebildetem, unregelmäßig mit Kapillaren durchsetztem osteoidem Gewebe. Die Zone des proliferierenden Säulenknorpels verkalkt nicht. Die Epiphysenfugen sind stark verbreitert. Neben der enchondralen ist auch die perichondrale Ossifikation gestört, was an einer subperiostalen Wucherung nicht verkalkten Osteoids, insbesondere entlang der Schäfte der langen Röhrenknochen und am Schädel, zu erkennen ist.
Klinik
Je nach Schweregrad und Dauer der Vitamin-D-Stoffwechselstörung lassen sich Hypokalzämiesymptome wie Tetanie oder epileptische Anfälle, Skelettveränderungen, Myopathie (Bewegungsarmut, Muskelhypotonie, schlechte Kopfkontrolle) und, bei längerer Dauer ohne Behandlung, Verzögerung von Wachstum und psychomotorischer Entwicklung, Zahnschmelzdefekte, Infektanfälligkeit und Anämie nachweisen.
Die wichtigsten Skelettveränderungen sind klinisch zu erfassen: Verdickung von Hand- und Fußgelenken, Quadratschädel, Sitzkyphose, Genua valga oder vara. Kraniotabes bezeichnet Erweichungsherde am Hinterkopf, die einen Tastbefund ergeben, wie man ihn beim Eindrücken eines Tischtennisballes hat. Die Kraniotabes muss von der Kuppenweichheit des Schädels abgegrenzt werden, die bei frühgeborenen, aber auch termingerecht geborenen jungen Säuglingen vorkommt und auf eine ungenügende Verkalkung vor allem der Scheitelbeine zurückzuführen ist, jedoch keine Beziehung zur Rachitis hat (sog. nichtrachitische Kraniotabes). Als rachitischen Rosenkranz bezeichnet man die Auftreibung der Knorpel-Knochen-Grenze im Bereich der vorderen Rippenenden. Das Marfan-Zeichen besteht in einer Doppelhöckerbildung am äußeren Knöchel, die Harrison-Furche ist eine Abflachung und horizontale Einbuchtung der seitlichen Thoraxpartien, die durch inspiratorische Einziehungen der weichen Rippen entsteht.
Diagnose
Diese stützt sich auf den Nachweis von Labor- und Röntgenuntersuchungen (Tab. 1). Die wichtigsten Laborbefunde der kalzipenischen Rachitiden sind: erhöhte Aktivität der Serum-AP, niedrig-normale Serumkalziumkonzentrationen, sekundärer Hyperparathyreoidismus, Hypophosphatämie infolge herabgesetzter tubulärer Phosphatrückresorption und Hypokalziurie.
Tab. 1
Differenzialdiagnose, Therapie und Ursachen verschiedener Rachitisformen
Laborwert
Vitamin-D-Mangel-Rachitis
Vitamin-D-25-Hydroxylase-Mangel
VDAR Typ 1
VDAR Typ 1A/B
Phosphatdiabetes
HHRH
Kalzium im Serum
n/↓
n
n
Phosphat im Serum
n/↓
n/↓
n/↓
n/↓
Alkalische Phophatase
n
n
25-OHD
n
n
n
n
1,25(OH)2D
n
n/↓
Ursache
Vitamin-D-Mangel
Mutationen im CYP2R1-Gen
Mutationen im CYP27B1-Gen
Mutationen im Vitamin-D-Rezeptor-Gen
PHEX-Genmutationen
Mutationen im SLC34A3-Gen
11p15.2
12q13.3
12q12–q14
Xp22.1
9q34
Therapie
Für jeweils 3 Monate:
Bis 12. Monat: 2000 IE Vitamin D3 und 0,5 g Kalzium/Tag
oder einmalig (>3. Monat: 50.000 IU i.m.)
2.–12. Lebensjahr:
3000–6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1 g Kalzium/Tag
oder einmalig 150.000 IU i.m.)
<13. Lebensjahr:
6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1 g Kalzium/Tag
oder einmalig 300.000 IU i.m.)
Bis zu 50.000 IE Ergocalciferol (D2) oder Cholecalciferol (D3) täglich
0,5–2,0 μg Calcitriol/Tag
Zunächst: bis zu 50 μg Calcitriol und 0,5–2,0 g Kalzium/Tag
Später: bis zu 5 g Kalzium/m2 KOF und Tag
20–40 mg Phosphat/kg KG und Tag
20–30 ng Calcitriol/kg KG und Tag
oder Alfacalcidol 50 ng/kg KG und Tag
70–100 mg Phosphat/kg KG und Tag
VDAR Vitamin-D-abhängige Rachitis; HHRH hereditäre hyperphosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie; KG Körpergewicht; KOF Körperoberfläche; n normal; ↑ erhöht; ↓ erniedrigt.
Eine weitere differenzialdiagnostische Abgrenzung gelingt meistens durch Anamnese, klinische Untersuchung und die zusätzliche Bestimmung von Vitamin-D-Metaboliten im Serum: Die Serumspiegel von 25-OHD und 1,25(OH)2D sind in Abhängigkeit von der jeweiligen Rachitisform verändert. Der Serum-25-OHD-Spiegel ist bei Rachitis infolge von Vitamin-D-Mangel, hepatobiliären oder gastrointestinalen Erkrankungen und hereditärem Vitamin-D-25-Hydroxylase-Mangel unter antikonvulsiver Behandlung erniedrigt. Der Serum-1,25(OH)2D-Spiegel kann bei den genannten Erkrankungen in Abhängigkeit vom Stadium erhöht, normal oder erniedrigt sein, ist hier also differenzialdiagnostisch nicht wegweisend. Dagegen ist der Serumspiegel des Vitamin-D-Hormons bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz und Vitamin-D-abhängiger Rachitis Typ 1 (VDAR I) erniedrigt und bei VDAR II erhöht (Tab. 1). Röntgenologisch findet man in fortgeschrittenen Rachitisstadien eine Auftreibung und Bescherung der Wachstumsfugen, Kalkarmut und Deformierung des Skeletts, Grünholzfrakturen, kolbige Auftreibungen der vorderen Rippenenden und bisweilen subperiostale Knochenresorptionen als Folge des sekundären Hyperparathyreoidismus.
Vitamin-D-Mangel-Rachitis
Ätiologie und Pathogenese
Voraussetzung für das Auftreten einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis, der bei uns häufigsten kalzipenischen Rachitisform, ist die eingeschränkte physiologische Vitamin-D-Bildung in der Haut durch herabgesetzte Sonneneinwirkung in Kombination mit einer zu geringen Vitamin-D-Zufuhr mit der Nahrung bzw. mit einer unzureichenden Vitamin-D-Prophylaxe. In Deutschland ist nur von April bis September eine dermale Vitamin-D-Synthese möglich.
Prädilektionsalter sind wegen der hohen Wachstumsrate mit entsprechendem hohen Vitamin-D- und Kalziumbedarf vorwiegend die ersten beiden Lebensjahre, seltener auch die Pubertät.
Durch einen Vitamin-D-Mangel sind in Deutschland vor allem die folgenden 3 Personengruppen bedroht:
  • Säuglinge, die keine ausreichende Vitamin-D-Prophylaxe und Sonneneinwirkung erfahren
  • Säuglinge und Kleinkinder mit vegetarischer oder makrobiotischer Ernährung ohne altersentsprechende Kalzium-, Vitamin-D- und Fettzusätze
  • Jugendliche, deren Familien vorwiegend aus dem Vorderen Orient bzw. Asien und Afrika stammen. Diese Patienten zeichnen sich durch ethnische Besonderheiten aus: vegetarische, häufig kalzium-/Vitamin-D-arme-Ernährung, unzureichende intestinale Kalziumabsorption durch die phytatreiche Ernährung (faserreiches Getreide und Hülsenfrüchte), sehr dunkles Hautpigment (erschwerte dermale Vitamin-D-Synthese) sowie eine geringe Sonnenexposition (traditionelle Bekleidung).
Diagnose
Sie wird in der Regel bereits durch die Anamnese vermutet und durch den Nachweis erniedrigter Serum-25-OHD-Spiegel (<30 nmol/l bzw. 12 ng/ml) in Verbindung mit den übrigen laborchemischen, klinischen und radiologischen Untersuchungen (s. oben) gesichert.
Therapie
Eine wirksame Behandlung der Vitamin-D-Mangel-Rachitis besteht im Säuglingsalter in der Gabe von 2000 IE Vitamin D3 und 0,5 g Kalzium/Tag für die Dauer von 3 Monaten, alternativ können bei Compliance nach dem 3. Lebensmonat 50.000 IU Vitamin D i.m. appliziert werden. Vom 2. bis zum 12. Lebensjahr werden 3000–6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1,0 g Kalzium/Tag für 3 Monate appliziert, alternativ einmalig 150.000 IU Vitamin D i.m. Ab dem 13. Lebensjahr sollte die Therapie in der täglichen Gabe von 6000 IE Vitamin D3 und 0,5–1,0 g Kalzium/Tag für die Dauer von 3 Monaten, alternativ der einmaligen i.m. Injektion von 300.000 IU Vitamin D bestehen. Weiterhin sinnvoll wäre es, eine Ernährungsadaptierung sowie eine häufigere Sonnenexposition zu erreichen. Als erstes Zeichen der Ausheilung der Rachitis normalisieren sich die Serumspiegel von Kalzium, Phosphat und PTH (innerhalb von 1–2 Wochen), während sich die radiologischen Skelettveränderungen und die Hyperphosphatasie (die AP kann vorübergehend sogar unter Behandlung noch ansteigen!) erst nach Wochen bis Monaten zurückbilden. Die Therapie sollte aber in den 3 Monaten mittels Laborparametern (PTH, Serumkalzium, ggf. Kalzium/Kreatinin-Quotient im Spontanurin) auf Effektivität und ggf. Toxizität überprüft und ggf. adaptiert werden. Nach Beendigung der Rachitistherapie sollte einem Rezidiv durch entsprechende prophylaktische Maßnahmen, ggf. durch eine regelmäßige Vitamin-D-Supplementation vorgebeugt werden (Munns et al. 2016).
Rachitis durch Störung der Vitamin-D-25-Hydroxylase
Ätiologie und Pathogenese
Cheng et al. (2004) berichtete erstmals über das in der Leber exprimierte mikrosomale CYP2R1 als Schlüsselenzym für die 25-Vitamin-D-Hydroxylase, die die Umwandlung von Vitamin D in 25-Hydroxyvitamin D3 katalysiert.
Aus vorhandener DNA zweier Patienten, die im Jahre 1994 publiziert wurden, gelang der Nachweis einer homozygoten Mutation im Exon 2 des CYP2R1-Gens, das auf dem Chromosom 11p15.2 lokalisiert ist.
Klinik
Die Erkrankung wird sich sicherlich im ersten Lebensjahr mit den gleichen klinischen, radiologischen und laborchemischen Veränderungen wie die Vitamin-D-Mangel-Rachitis manifestieren, auch wenn die beiden afrikanischen Patienten, bei denen nunmehr die Mutation Leu99Pro im CYP2R1-Gen nachgewiesen wurde, erstmals im Alter von 2 bzw. 7 Jahren wegen Beindeformierungen, Schmerzen beim Laufen und Kleinwuchs vorgestellt wurden.
Diagnose
Laborchemisch fanden sich bei den Patienten deutlich erhöhte AP- und PTH-Konzentrationen sowie Hypokalzämie und Hypophosphatämie. Die 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel waren erniedrigt, während die 1,25-Dihydroxyvitamin-D-Konzentrationen im Normbereich lagen. Außer dem direkten molekulargenetischen Nachweis sind somit nur die Anamnese (durchgeführte Vitamin-D-Prophylaxe, ausreichende Kalziumaufnahme) und das fehlende laborchemische und radiologische Ansprechen der hoch dosierten Vitamin-D-Therapie als Abgrenzung zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis möglich.
Therapie
Die Behandlung besteht aus der lebenslangen Substitution mit bis zu 50.000 IE Vitamin D2 (Ergocalciferol) oder 25-Hydroxyvitamin D3 (Cholecalciferol) täglich bei altersentsprechender Kalziumzufuhr mit der Nahrung.
Rachitis bei hepatobiliären und intestinalen Erkrankungen
Ätiologie und Pathogenese
Es gibt keine überzeugenden Hinweise darauf, dass auch bei schweren Lebererkrankungen eine relevante Einschränkung der Umwandlung von Vitamin D in 25-OHD auftreten kann. Erkrankungen, die mit einer Fettresorptionsstörung (Gallenwegserkrankungen, chronische Pankreatitis, Mukoviszidose) oder einer Malabsorption (Morbus Crohn, Zöliakie, Kurzdarmsyndrom) einhergehen, führen zu den laborchemischen und radiologischen Veränderungen einer Rachitis. Der wesentliche pathogenetische Mechanismus von Kalziumstoffwechselstörungen dürfte in einer Malabsorption von Kalzium und den Vitaminen D und K zu suchen sein. Ein Mangel an 25-Hydroxy-Vitamin D als Folge der Lebersynthesestörung ist sicher nur bei chronischer Leberinsuffizienz nachweisbar.
Therapie
Sie besteht in der Behandlung der Grundkrankheit sowie der Gabe von Kalzium und Vitamin D (evtl. auch parenteral) in einer ähnlichen Dosierung wie bei der klassischen Vitamin-D-Mangel-Rachitis.
Bei Lebersynthesestörungen und Gallenwegserkrankungen ist ggf. auch die Gabe von Vitamin K zum Knochenaufbau erforderlich. Therapieziele sollten eine Normalisierung von AP und PTH bei normaler Kalziumausscheidung im Urin sein.
Rachitis antiepileptica
Ätiologie und Pathogenese
Die unter antiepileptischer Langzeitbehandlung, vorwiegend mit Phenobarbital oder Phenytoin, auftretende Rachitis ist multifaktoriell bedingt. Sie entsteht durch direkte Hemmung der intestinalen Kalziumaufnahme und gesteigerten Vitamin-D-Metabolismus mit Reduktion der 25-OHD-Serumspiegel als Folge einer hepatischen Enzyminduktion sowie durch zusätzliche Risikofaktoren wie mangelnde Sonnenlichtexposition, kalzium- und Vitamin-D-arme Ernährung und verminderte körperliche Aktivität. Auch eine konstitutionelle Komponente sowie eine antikonvulsiv bedingte Hemmung der Kalzitoninsekretion sind evtl. von Bedeutung.
Therapie
Die Behandlung sollte mit 0,25–1 μg 1,25(OH)2D (z. B. Rocaltrol) erfolgen.
Renale Osteopathie
Im Rahmen der chronischen Niereninsuffizienz kann es über die Schädigungen der Mitochondrien der proximalen Tubuluszellen zu einem Enzymmangel an CYP27B1 kommen. Aus der Störung der renalen Hydroxylierung des 25-OHD resultiert ein 1,25(OH)2D3-Mangel. In der Folge kann sich eine renale Osteopathie mit laborchemischen Veränderungen einer schweren kalzipenischen Rachitis mit ausgeprägten Mineralisationsstörungen des Skelettsystems entwickeln.
Wahrscheinlich triggert zusätzlich das im Rahmen der Niereninsuffizienz stark erhöhte FGF-23 ebenfalls die renale Osteopathie.
Therapie
Die Behandlung sollte frühzeitig mit 0,25–1 μg 1,25(OH)2D (z. B. Rocaltrol) erfolgen, ggf. ist bei ausgeprägtem Hyperparathyreoidismus noch die zusätzliche Gabe von Cinacalcet erforderlich.
Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 1
Ätiologie und Pathogenese
Diese seltene, autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung (VDAR I, 1α-Hydroxylase-Mangel) wurde 1961 erstmals von Prader und Mitarbeitern als „hereditäre Pseudomangelrachitis“ beschrieben.
Die Erkrankung manifestiert sich in den ersten 12 Lebensmonaten mit einer Wachstumsstörung, Gedeihstörung, Muskelschwäche und/oder rachitisbedingten Skelettdeformierungen. Die 1α-Hydroxylierung des 25-OHD3 in der Niere wird durch das Schlüsselenzym für die Synthese des aktiven Vitamin D3, dem mitochondrealen Enzym Cytochrom P450c1α katalysiert. Das Gen ist lokalisiert auf Chromosom 12q13.1–13.3. Seit der Klonierung des CYP27B1-Gens im Jahre 1997 sind über 40 verschiedene Mutationen beschrieben worden. Die Mutationen führen zu unterschiedlich starken Enzymaktivitätsverlusten der 1α-Hydroxylase. Die Klinik der Patienten ist damit variabel.
Klinik
Die VDAR I manifestiert sich meist in den ersten 12 Lebensmonaten mit einer Muskelhypotonie, Muskelschwäche, dem fehlenden bzw. verspäteten freien Laufen, einer Wachstumsstörung, Gedeihstörung und/oder rachitisbedingten Skelettdeformierungen, gelegentlich aber auch mit hypokalzämiebedingten Tetanien und Krampfanfällen. Neben den gleichen klinischen, radiologischen und laborchemischen Veränderungen wie bei der Vitamin-D-Mangel-Rachitis können sich ein verzögerter Fontanellenschluss, zögerlicher Milchzahndurchbruch und bei älteren Kindern Zahnschmelzdefekte finden.
Diagnose
Laborchemisch finden sich die oben genannten Veränderungen einer meist fortgeschrittenen kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder III. Im Unterschied zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis sind aber die 25-OHD-Spiegel normal, die Serumkonzentrationen von 1,25(OH)2D dagegen deutlich erniedrigt (<5 pmol/l bzw. 12 pg/ml).
Therapie
Die Behandlung der VDAR I besteht in den Anfangsmonaten aus einer Kombination von 0,5–2 μg 1,25(OH)2D (z. B. Rocaltrol) oder Alphacalcidol 50 ng/kg KG und Kalzium. Nach Absättigung der Kalziumspeicher („hungry bone“) ist eine Kalziumsubstitution in der Regel nicht mehr erforderlich. Es ist dann nur noch auf eine ausreichende Kalziumzufuhr mit der Nahrung zu achten, die Einnahme des 1,25(OH)2D ist hingegen lebenslang erforderlich.
Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ 2 (VDAR IIA/IIB)
Ätiologie und Pathogenese
Dieser auch als hereditäre 1,25(OH)2D-resistente Rachitis bezeichneten Rachitisform liegt eine angeborene Endorganresistenz von Darm und Skelett, aber auch der Nieren und Nebenschilddrüsen gegenüber 1,25(OH)2D zugrunde, die an kultivierten Fibroblasten, Knochen- und Epidermiszellen nachweisbar ist. Ursache der autosomal-rezessiv erblichen Erkrankung sind homozygote Mutationen im VDR(Vitamin-D-Rezeptor)-Gen. Dieses ist lokalisiert auf Chromosom 12q13–q14. Mehr als 50 verschiedene Mutationen sind in der DNA-bindenden oder hormonbindenden Domäne des Rezeptors beschrieben. Man unterscheidet Patienten mit Alopezie (VDAR IIA), die dann oftmals auch spärliche Wimpern und Augenbrauen haben, von denen ohne Alopezie (VDAR IIB). Die Alopezie ist assoziiert mit dem Schweregrad der Hormonresistenz.
Epidemiologie
Seit der Erstbeschreibung im Jahre 1978 wurden über 100, vorwiegend aus Arabien und Japan stammende Familien, beschrieben. In den meisten Fällen besteht eine Konsanguinität.
Klinik
Die Rachitis manifestiert sich meist in den beiden ersten Lebensjahren, bisweilen erst im Alter von 3–15 Jahren, mit klinischen, radiologischen und laborchemischen Zeichen einer kalzipenischen Rachitis. In etwa der Hälfte der Fälle besteht eine Alopezie. Diese kann angeboren sein, tritt aber meist in den ersten beiden Lebensmonaten, spätestens im Alter von 4 Jahren auf.
Diagnose
Laborchemisch bestehen die oben genannten Veränderungen einer kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder meist III. Bisweilen findet man normale oder leicht erhöhte Serumphosphatspiegel. Im Unterschied zur VDAR I sind die 1,25(OH)2D-Konzentrationen im Serum bei unbehandelten Patienten stark erhöht (320–2400 pmol/l bzw. 132–1000 pg/ml, normal etwa 30–100 pg/ml) und steigen unter Therapie auf z. T. exzessive Werte an. Die Serum-25-OHD-Spiegel sind bei unbehandelten Patienten normal. Neben einer molekulargenetischen Untersuchung kann der Enzymdefekt selbst an Rezeptoren von Hautfibroblasten nachgewiesen werden. Eine prognostische Aussage über das Ausmaß des Defektes ist durch die Messung der 1,25(OH)2D stimulierten 25-OHD-24-Hydroxylase-Aktivität, einer normalerweise nachweisbaren Vitamin-D-Hormonwirkung, möglich. Bei Patienten mit fehlender Stimulierbarkeit dieses Enzyms in Fibroblasten kann die Hypokalzämie auch durch maximale Dosen von Vitamin D oder 1,25(OH)2D meist nicht beeinflusst werden.
Therapie
Die Therapie ist schwierig. Bei nach gering erhaltener Enzymrestaktivität des Rezeptors sollte zunächst immer ein Behandlungsversuch mit Calcitriol (bis zu 50 μg/Tag) oder mit Vitamin D3 (bis zu 5 Mio. E/Tag) unternommen werden. Bei ausbleibendem Anstieg des Serumkalziums können nächtliche Kalziuminfusionen über Wochen bis Monate bis zur Absättigung der Kalziumspeicher („hungry bone“) erforderlich sein. Es gelingt aber durchaus auch mit hohen oralen Kalziumdosen (5 g Kalzium/m2 KOF pro Tag), eine Normalisierung des Knochenumsatzes und eine Normokalzämie zu erreichen. Einige Patienten, besonders diejenigen mit Alopezie, bleiben trotz aller Maßnahmen hypokalzämisch, weisen schwere Rachitiszeichen auf und versterben bisweilen in den ersten Lebensjahren meist an den Folgen einer Pneumonie. Andere Patienten zeigen im Alter zwischen 7 und 15 Jahren eine ungeklärte Spontanheilung, die keine weitere Therapie mehr notwendig macht.

Hypophosphatämische Rachitis

Leitsymptom der hypophosphatämischen Rachitis ist der deutlich erniedrigte Serumphosphatspiegel, der aus einem renalen Phosphatverlust, einem verminderten tubulären Transportmaximum für Phosphat (TmP/GFR), resultiert. Zusätzlich weisen die Patienten inadäquat normale 1,25(OH)2D3-Serumspiegel bezogen auf die Hypophosphatämie auf. Die Berechnung der tubulären Phosphatrückresorption bzw. des diagnostisch besser verwertbaren TmP/GFR (Phosphatschwelle) erfolgt anhand der gleichzeitig zu bestimmenden Phosphat- und Kreatininwerte im Serum und Urin.
Die hypophosphatämischen Rachitiden lassen sich in zwei Gruppen differenzieren:
  • renaler Phosphatverlust bedingt durch pathologisch erhöhte FGF-23-Konzentrationen und
  • nicht-FGF-23 vermittelter Phosphatverlust.
In Tab. 2 finden sich verschiedene Formen der hypophosphatämischen Rachitis differenziert nach der Ursache ihres Phosphatverlustes.
Tab. 2
Formen der hypophosphatämischen Rachitis differenziert nach Ursache ihres Phosphatverlusts
Krankheitsbild
Serumphosphat
Mutiertes Gen
Mechanismus
FGF-23-vermittelt
   
X-chromosomale hypophosphatämische Rachitis („Phosphatdiabetes“)
Erniedrigt
PHEX
Verminderte Proteolyse des FGF-23
Autosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis
Erniedrigt
FGF-23
Verminderte Proteolyse des FGF-23
Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis 1
Erniedrigt
DMP-1
Vermehrte Transkription des FGF-23
Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis 2
Erniedrigt
ENPP1
Unbekannt
Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis 3
Erniedrigt
FAM20c
Unklar
Mc-Cune-Albright-Syndrom
Erniedrigt
GNAS1
Hypersekretion von FGF-23 durch die Knochenzellen
Tumorinduzierte Osteomalazie (TIO)
Erniedrigt
Erworben
Hypersekretion von FGF-23 durch die Tumorzellen
Nicht-FGF-23-vermittelt
   
Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie (HHRH)
Erniedrigt
SLC34A3
Unbekannt
X-gebundene rezessive Hypophosphatämie (XLRH)
Erniedrigt
CLCN5
Unbekannt
Fanconi-Syndrom (angeboren)
Nephropathische Zystinose
Erniedrigt
SLC34A1 u. a.
Unbekannt
Lowe-Syndrom
Low
OCRL
Unbekannt
Dent-Syndrom
Low
CLCN5/OCRL
Unbekannt
Fanconi-Syndrom
Erniedrigt
Erworben
Nephrotoxische Substanzen (z. B. Ifosfamid, Cisplatin)
Die wichtigsten hypophosphatämischen Rachitiden sind das erworbene renale Fanconi-Syndrom sowie die X-chromosomal erbliche hypophosphatämische Rachitis.
X-chromosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis („Phosphatdiabetes“)
Ätiologie und Pathogenese
Die X-chromosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis wird durch verschiedene, auf dem distalen Anteil des kurzen Arms des X-Chromosoms lokalisierte Mutationen des PHEX-Gens (Phosphate regulating gene with homologies to endopeptidases located on the X-chromosome) hervorgerufen. Genetische Störungen im PHEX-Gen führen zu einer verminderten Aktivität einer neutralen Endopeptidase, die normalerweise das in den Osteozyten und Osteoblasten gebildete FGF-23 inaktiviert. Folge der erhöhten FGF-23-Konzentrationen ist eine verminderte Expression der für die Phosphatrückresorption wichtigen Natrium-Phosphat-Kotransporter Typ 2 (NaPi-2a und NaPi-2c) mit nachfolgendem massiven renalen Phosphatverlust. Des Weiteren kommt es über das erhöhte FGF-23 zu einer verminderten CYP27B1-Transkription mit nachfolgender verminderter Hydroxylierung vom 25-OHD zum 1,25(OH)2D. Die bei einer Hypophosphatämie normalerweise ausgelöste gesteigerte Synthese von 1,25(OH)2D unterbleibt somit. Im Serum finden sich trotz ausgeprägter Hypophosphatämie inadäquat niedrig-normale 1,25(OH)2D-Spiegel. Die Hypophosphatämie bzw. das herabgesetzte Kalzium-Phosphat-Produkt im Serum führt zur Rachitis und Osteomalazie. PHEX wird ebenfalls in den Osteoblasten und den Odontoblasten exprimiert. Mutationen im PHEX-Gen können somit auch zu verminderter Mineralisation sowohl der Osteoblasten als auch der Odontoblasten führen.
Vererbung und Epidemiologie
Leitparameter für die Erkrankung ist die Hypophosphatämie, die nicht immer mit einer klinischen Symptomatik einhergeht. Der Erbgang des Phosphatdiabetes, der fehlerhaft auch als „Vitamin-D-resistente Rachitis“ bezeichnet wird, ist X-chromosomal-dominant: Bei einer Erkrankung des Vaters sind also alle Töchter betroffen und alle Söhne gesund, während die Hälfte der Söhne und die Hälfte der Töchter einer hypophosphatämischen Mutter erkranken. Mädchen sind doppelt so häufig betroffen wie Knaben. Die Schwere der Erkrankung variiert stark innerhalb und zwischen den Familien. Obwohl betroffene weibliche Individuen eine normale und eine mutierte Kopie des krankheitsverursachenden Gens tragen, besteht nur eine geringe Unterscheidung in der Schwere der klinischen Ausprägung zwischen Männern und Frauen. Bisher sind über 260 Mutationen im PHEX-Gen beschrieben worden, die sich über das gesamte Gen verteilen. Es liegt eine hohe Inzidenz an Neumutationen vor. Vereinzelt wurden Familien mit autosomal-dominantem oder autosomal-rezessivem Erbgang beschrieben. Mit einer Häufigkeit von etwa 1:20.000 Neugeborenen ist der Phosphatdiabetes die häufigste erbliche Rachitisform.
Klinik
Die Erkrankung manifestiert sich meist erst am Ende des 1. oder häufiger im 2. Lebensjahr. Die betroffenen Kinder fallen dann durch einen watschelnden, breitbeinigen Gang, zunehmenden Kleinwuchs und rachitische Beindeformitäten auf. Der klinische Ausprägungsgrad korreliert nicht mit dem Ausmaß der Hypophosphatämie, Muskelschmerzen treten nicht auf. Nicht selten kommen Zahnschmelzdefekte und Zahnabszesse vor. Unbehandelte erwachsene Patienten können beschwerdefrei sein oder Verkalkungen im Bereich von Sehnen, Gelenkkapseln und Ligamenten sowie eine Innenohrschwerhörigkeit aufweisen und über Knochenschmerzen klagen.
Diagnose
Die wichtigsten Laborbefunde sind eine Hypophosphatämie (Serumphosphat im 1. Lebensjahr <1,6 mmol/l bzw. 5 mg/dl, bei älteren Kindern <1,3 mmol/l bzw. 4 mg/dl, bei Erwachsenen <0,6 mmol/l bzw. <2 mg/dl) und Verminderung der tubulären Phosphatrückresorption (TRP), die deutlich unter 80 % liegt, bzw. des auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezogenen Transportmaximums für Phosphat (TmP/GFR) (altersabhängige Normwerte). Die alkalische Phosphataseaktivität ist als Ausdruck einer gesteigerten Osteoblastentätigkeit mäßig erhöht. Die laborchemischen Veränderungen lassen sich meist schon in den ersten Lebensmonaten, nie aber unmittelbar nach Geburt nachweisen. Kalzium, PTH, 25-OHD im Serum sowie Urinkalzium sind bei unbehandelten Patienten meist normal, der 1,25(OH)2D-Serumspiegel ist altersentsprechend, jedoch für die Hypophosphatämie zu niedrig.
Die Röntgenbefunde sind altersabhängig. Im Säuglingsalter überwiegen Auftreibung und Bescherung der metaphysären Wachstumszone im Bereich der langen Röhrenknochen von Unterarmen und Beinen, später stehen die Veränderungen im Bereich der Knie- und Sprunggelenke im Vordergrund. Charakteristisch ist eine mediale Verbreiterung der Epiphysen am distalen Femur und an der proximalen Tibia sowie eine O-Beinstellung der Unterschenkel mit einem keilförmigen Defekt der statisch überbelasteten medialen Tibiametaphyse. Mit zunehmendem Alter ist bei unbehandelten Patienten eine grobe Trabekelzeichnung der Röhrenknochen und paradoxerweise eine Erhöhung der Knochendichte (exzessive Anhäufung von intermittierend verkalktem Osteoid) erkennbar.
Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch bei positiver Familienanamnese über die bereits in den ersten Lebensmonaten erhöhte alkalische Phosphatase und bei unklaren Fällen über eine Mutationsanalyse des PHEX-Gens möglich.
Therapie
Die Behandlung erfolgt mit 4–6 über den Tag verteilten Dosen von Phosphat (z. B. als Reducto spezial oder Phosphatlösung). Die Dosierung beträgt je nach Lebensalter und Verträglichkeit etwa 20–40(–60) mg/kg KG und Tag, wobei sich die angegebene Menge auf den Gehalt an elementarem Phosphor bezieht. Um einer phosphatinduzierten Tendenz zur Hypokalzämie mit sekundärem oder tertiärem Hyperparathyreoidismus entgegenzuwirken und eine Ausheilung der Mineralisierungsstörung im Bereich von Spongiosa und Kompakta zu erzielen, wird zusätzlich 1,25(OH)2D (Calcitriol) in einer Dosis von 20–30 ng/kg KG täglich oral in 2 Einzeldosen verabreicht. Die Richtlinien für die Calcitriolbehandlung (Urinkalziumausscheidung, Absetzen bei Immobilisierung, Ultraschalluntersuchungen) entsprechen denen der Therapie des Hypoparathyreoidismus. Calcitriol muss bei einem Hinweis auf eine Hyperkalziurie (Nephrokalzinose und Hyperkalzämie) reduziert und bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus erhöht werden. Die Phosphatdosis soll bei herabgesetzter Wachstumsrate und/oder erhöhter Serum-AP-Aktivität gesteigert werden. Laborchemische Untersuchungen von Blut und Urin sollten möglichst 3-monatlich, Ultraschalluntersuchungen der Nieren etwa alle 9–12 Monate erfolgen, um Effektivität und Toxizität der Therapie zu überprüfen.
Primäres Therapieziel ist eine Normalisierung des Knochenumsatzes (1. Therapiejahr), nicht die Normalisierung des Serumphosphatspiegels. Letzteres ist wegen der zugrunde liegenden Pathophysiologie in der Regel nur mit gleichzeitiger Hyperkalzämie und Hyperkalziurie möglich. Nach 2–3 Therapiejahren sollte es zu einer Reduktion der Beinfehlstellung (2 cm/Jahr) sowie zu einem Aufholwachstum kommen.
Calcitriol muss bei einem Hinweis auf eine Hyperkalziurie (Nephrokalzinose und Hyperkalzämie) reduziert und bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus erhöht werden. Die Phosphatdosis soll bei herabgesetzter Wachstumsrate und/oder erhöhter Serum-AP-Aktivität gesteigert werden, was allerdings wegen gastrointestinaler Symptome und sekundärem Hyperparathyreoidismus nicht immer möglich ist.
Der klinische Nutzen einer Frühtherapie mit Phosphat und Vitamin D (<3. Monat) bei einem zweiten Kind nach einem Indexfall in der Familie ist noch nicht abschließend beurteilbar; sicherlich sollte bei ansteigender alkalischer Phosphatase, spätestens aber ab dem 6. Lebensmonat, eine medikamentöse Substitutionstherapie erfolgen. Die Mitbetreuung durch einen Kinderorthopäden ist erforderlich, bei ausgeprägten und im Wachstumsalter nicht selten progredienten Fehlstellungen sind Korrekturosteotomien bisweilen nicht zu umgehen. Bei einem Teil der erwachsenen Patienten ist eine Fortsetzung der Therapie nicht notwendig, während andere wegen einer erneut auftretenden Symptomatik lebenslang behandelt werden sollen.
Insgesamt ist die Behandlung des Phosphatdiabetes aufwendig, sie sollte in der Hand erfahrener pädiatrischer Endokrinologen oder Nephrologen liegen und unter Einbeziehung eines interdisziplinären Teams (Kinderorthopäden, Kinderzahnarzt, Kinderradiologen) erfolgen. Trotzdem sind die Behandlungsergebnisse nicht immer zufriedenstellend.
Ein interessanter und wahrscheinlich die aktuelle Therapie revolutionierender, weil pathophysiologischer, Ansatz ist die Verwendung eines rekombinanten menschlichen IgG1- monoklonalen Antikörpers. Die Antikörper-Therapie mit Burosumab (CrysvitaR) ist seit 02/2018 für Kinder mit molekulargenetisch gesicherter XLH verordnungsfähig und wird auch von den Krankenkassen erstattet. In 2 klinischen Studien konnten in einem Zeitraum von 64 (5- bis 12-jährige XLH-Patienten) bzw. 40 Wochen (1- bis 4-jährige XLH-Patienten) die Wirksamkeit des Medikaments nachgewiesen werden. Über eine Neutralisierung des erhöhten körpereigenen FGF-23 durch Burosumab kam es schon nach wenigen Injektionen über eine Normalisierung der tubulären Phosphatrückresorption und der Aufhebung der Synthesehemmung von Calcitriol zu einem Anstieg des Serum-Phosphats in den unteren Normbereich. Die AP normalisierte sich und es zeigte sich am Ende der Studie eine nahezu vollständig normalisierte Mineralisation an den Wachstumsfugen von Hand und Knie (Rachitis-Schweregrad-Score, RSS) (Carpenter T et al. 2018).
Die empfohlene Anfangsdosis von Burosumab beträgt 0,4 mg/kg Körpergewicht alle 2 Wochen subkutan appliziert, die übliche Erhaltungsdosis liegt bei 0,8 mg/kg. Es sollte ein Serum-Phosphatwert im unteren Normbereich angestrebt werden (Carpenter et al. 2014, 2018).
Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie (HHRH)
Ätiologie und Pathogenese
Bei dieser sehr seltenen vorwiegend autosomal-rezessiv vererbten phosphopenischen Rachitis liegt eine inaktivierende Mutation des Gens SLC34A3 vor, das den Natrium-Phosphat-Kotransporter NaPi-2c reguliert. Die 1,25(OH)2D-Serumspiegel sind im Gegensatz zum Phosphatdiabetes stark erhöht als Hinweis einer adäquaten Reaktion auf den renalen Phosphatverlust. Die Störung betrifft lediglich die tubuläre Phosphatrückresorption, nicht aber wie beim klassischen Phosphatdiabetes zusätzlich die Hydroxylierung des 1,25(OH)2D. Durch die erhöhte 1,25(OH)2D-Sekretion kommt es zur vermehrten Aufnahme von Kalzium aus dem Darm, einer Tendenz zur Hyperkalzämie und Nebenschilddrüsensuppression mit der Folge einer Hyperkalziurie.
Klinik
Es handelt sich um ein Spektrum von Symptomen, das von einer asymptomatischen Hyperkalziurie bis zum schweren Ausprägungsgrad mit Rachitis, Nephrokalzinose, Nephrolithiasis und Kleinwuchs reicht.
Diagnose
Sie stützt sich auf den Nachweis einer Hyperkalziurie und einer Erhöhung der 1,25(OH)2D-Serumkonzentrationen bei unbehandelten Patienten mit hypophospatämischer Rachitis, die übrigen laborchemischen Veränderungen entsprechen dem Phosphatdiabetes.
Die Konzentration des FGF-23 ist normal. Der molekulargenetische Mutationsnachweis sichert die Diagnose.
Therapie
Die Behandlung besteht in der alleinigen oralen Phosphatsubstitution, die bis auf 70–100 mg/kg KG elementaren Phosphor in 5–6 Einzeldosen gesteigert werden muss, um einen guten Therapieeffekt [Normalisierung des 1,25(OH)2D] zu erzielen.
Tumorinduzierte Osteomalazie (TIO)
Ätiopathogenese
Es handelt sich meist um benigne mesenchymale Tumoren (z. B. nichtossifizierende Fibrome, Fibroangiome, Riesenzellgranulome), die an unterschiedlichen Stellen des Körpers lokalisiert sind und lange durch ihre geringe Größe unerkannt bleiben. In diesen Tumoren erfolgt eine Überexpression des FGF-23, der die Phosphatrückresorption und 1,25(OH)2D-Synthese im proximalen Nierentubulus hemmt und zu den klinischen, laborchemischen und radiologischen Veränderungen einer phosphopenischen Rachitis führt.
Epidemiologie
Seit der Erstbeschreibung durch Prader 1959 wurde die Kombination einer hypophosphatämischen Rachitis bzw. Osteomalazie mit einem Tumor in etwa 50 Einzelbeobachtungen, meist bei Erwachsenen, aber auch bei Kindern beschrieben.
Klinik
Im Gegensatz zum Phosphatdiabetes manifestiert sich die Tumorrachitis im späteren Kindes- oder im Erwachsenenalter mit Knochenschmerzen, Muskelschwäche, progredienten Beindeformierungen und gelegentlich Spontanfrakturen. Bei jeder „sporadischen hypophosphatämischen Rachitis oder Osteomalazie“, die mit Knochenschmerzen einhergeht und sich nicht bereits im Kleinkindalter manifestiert, sollte an eine Tumorrachitis gedacht werden.
Diagnose
Die laborchemischen und radiologischen Befunde entsprechen denen beim Phosphatdiabetes (s. oben), wobei die Serum-1,25(OH)2D-Spiegel oft deutlich niedriger liegen. Die FGF-23-Serumkonzentrationen sind deutlich erhöht.
Die Lokalisation des Tumors ist häufig schwierig, meist ist eine umfangreiche radiologische Diagnostik (konventionelles Röntgen, MRT-, ggf. auch Octreotid-Szintigrafie) erforderlich.
Therapie
Nach Entfernen des Tumors normalisieren sich die laborchemischen und röntgenologischen Veränderungen. Falls der Tumor inoperabel ist, erfolgt eine Therapie der Rachitis wie beim Phosphatdiabetes (s. oben).
Medikamenteninduziertes renales Fanconi-Syndrom
Bestimmte Substanzen können über eine Nierenfunktionsstörung des proximalen Tubulus zu einem Verlust von Glukose, Aminosäuren, Kalium, Eiweiß und Phosphat über den Urin führen. Folge einer starken Nierentubulusstörung kann eine erworbene hypophosphatämische Rachitis mit ihren typischen laborchemischen und radiologischen Veränderungen sein.
Zu den potenziellen Substanzen gehören u. a. alkylierende und platinhaltige Substanzen, Antibiotika (Tetrazykline, Aminoglykoside), Fe-Chelatbildner, Antiepileptika (Valproat), Antivirusstatika.
Autosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis
Die ADHR ist deutlich seltener als die X-chromosomale hypophosphatämische Rachitis. Ihre Prävalenz wird auf 1:100.000 geschätzt. Die autosomal-dominant erbliche Rachitis unterscheidet sich laborchemisch und röntgenologisch nicht vom klassischen Phosphatdiabetes. Sie kann sich klinisch erst im Verlauf des Kindesalters oder im Erwachsenendalter manifestieren. Patienten mit ADHR weisen Mutationen im FGF-23-Gen auf. Normalerweise wird das sezernierte FGF-23 über Endopeptidasen abgebaut. Bei Patienten mit ADHR führten Mutationen in zwei eng benachbarten Argininresten (Arg 176 und Arg 179) jedoch zu einer veränderten Proteinstruktur im Bereich der proteolytischen Spaltstellen des Proteins, sodass dessen Abbau gestört ist und biologisch aktives FGF-23 im Körper akkumuliert.
Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis Typ 1
Bei der ARHR Typ 1 kommt es durch inaktivierende Mutationen im Dentin-Matrix-Protein (DMP) 1 zur erhöhten Transkription von FGF-23 in den Osteozyten. Die pathologisch erhöhten FGF-23-Konzentrationen führen über die Hemmung des Na-Pi-Kotransportersystems zum renalen Phosphatverlust mit den Konsequenzen Störung des Kalzium-Phosphat-Produkts und nachfolgender Rachitis. Laborchemisch finden sich ein deutlich erhöhtes FGF-23, Hypophosphatämie, renaler Phosphatverlust sowie inadäquat niedrige 1,25(OH)2D-Serumspiegel.
Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis Typ 2
Lorenz-Depiereux et al. beschrieben erstmals in 4 Familien mit hypophosphatämischer Rachitis inaktivierende Mutationen im EctoNucleotide-Pyrophosphatase/Phosphodiesterase-1-Gen (ENPP1-Gen). ENPP1 ist die Hauptquelle für extrazelluläres Pyrophosphat (PPi), das die kristalline Ablagerung von Hydroxyapatit verhindert und das Wachstum hemmt. Mutationen im ENPP1-Gen gehen bei Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis (ARHR Typ 2) mit der gleichen Laborkonstellation wie bei der ARHR Typ 1 einher. Da diese Mutationen auch bei dem schwerwiegenden Krankheitsbild GACI (generalisierte Verkalkung der Arterien im Kleinkindalter) gefunden wurden, stellt der renale Phosphatverlust bei den Patienten mit gleichzeitig vorhandener hypophosphatämischer Rachitis möglicherweise einen „Schutzmechanismus“ vor der starken arteriellen Verkalkung dar. Eine Substitutionstherapie der hypophosphatämischen Rachitis sollte deshalb nur unter strengen laborchemischen und sonografischen Kontrollen (Gefäße, Herz, Niere) erfolgen.
Möglicherweise sind regelmäßige Bisphosphonat-Infusionen sinnvoll, die dem Organismus Pyrophosphat zuführen und damit weitere extrazelluläre kristalline Ablagerungen von Hydroxyapatit verhindern.

Störungen der alkalischen Phosphatase

Die Osteoblasten benötigten die alkalische Phosphatase (AP) für den physiologischen Knochenaufbau. Die gewebeunspezifische alkalische Phosphatase (TNSALP), ein Isoenzym der AP, spaltet auf der Oberfläche der Osteoblasten anorganisches Pyrophosphat (PPi) in Phosphat (Pi).
Das entstandene Phosphat verbindet sich mit Kalzium zum kristallinen Hydroxylapatit und bildet so die Knochengrundsubstanz, die in die Kollagenmatrix des Knochens eingelagert wird.

Hypophosphatasie (HPP)

Ätiologie und Pathogenese
Der Mangel an TNSALP führt zu einer Akkumulation der Substrate Pyridoxal 5’-Phosphat (PLP), Phosphoethanolamin (PEA) und anorganisches Pyrophosphat (PPi). Diese extrazelluläre Anhäufung von PPi verhindert die Hydroxyapatitkristallbildung, die für die regelhafte Mineralisation von Zähnen und Knochen eine wesentliche Rolle spielt. Folge ist die Störung der desmalen und enchondralen Ossifikation. Ursache sind inaktivierende Mutationen im Gen der gewebeunspezifischen AP (TNSALP). Der Genlocus befindet sich auf Chromosom 1p36.1–p34. Es besteht eine gute Phänotyp-Genotyp-Korrelation, d. h., die Höhe der Restaktivität der TNSALP korreliert gut mit dem Beschwerdebild.
In der Regel liegt eine autosomal-rezessive Vererbung vor, Spätformen und mildere Verlaufsformen folgen eher einer autosomal-dominanten Vererbung.
Klinik
Bei der HPP finden sich folgende Laborparameter:
  • AP deutlich vermindert (<110 U/l, bitte Altersreferenzwerte beachten)
  • Serumkalzium normal bis leicht erhöht
  • Serumphosphat normal
  • Parathormon normal bis erniedrigt
  • 25-OHD normal
  • Kalzium/Kreatinin-Quotient im Urin erhöht
Tab. 3 eine Übersicht über die Subtypen der HPP nach deren Manifestationsalter.
Tab. 3
Subtypen der Hypophosphatasie. (Adaptiert nach Hofmann und Girschick 2015)
Perinataler Subtyp
in utero/bei Geburt
• Schwerste Form der HPP, auch „perinatal letal“
• Häufig Totgeburt/Tod innerhalb der ersten Lebenstage/-wochen
• Hohe Mortalität aufgrund des sekundären respiratorischen Versagens
• Störungen im Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel
• Zerebrale Krampfanfälle
• Schwerste Mineralisationsstörungen, Skelett nahezu fehlend
• Sekundäre Lungenhypoplasie, rezidivierende pulmonale Infektionen
• Langzeitbeatmung
Pränataler, benigner Subtyp
in utero/bei Geburt
• Pränatal verkürzte/deformierte lange Röhrenknochen
• Postnatal spontane klinische Verbesserung der ossären Auffälligkeiten
• Unklarer Langzeitverlauf (evtl. auch Zufallsbefund einer milden HPP?)
Infantiler Subtyp
<6 Lebensmonate
• Erste Symptome in den ersten 6 Lebensmonaten
• Schwere Mineralisationsstörungen/rachitisähnliche Veränderungen
• Kraniosynostosen, Chiari-I-Malformation, Hydrozephalus, Hydrosyringomyelie
• Schluckstörungen, Irritabilität
• Gastrointestinaler Reflux, rezidivierendes Erbrechen, Trinkschwäche mit ausgeprägter Gedeih-/Wachstumsstörung
• Zerebrale Krampfanfälle
• Ausgeprägte muskuläre Schwäche
Nephrokalzinose, Hyperkalzurie
• Häufig schlechte Prognose, hohe Mortalität im 1. Lebensjahr
• Z. T. kontinuierlicher Übergang/Überlappung der kindlichen Form
Kindlicher Subtyp
≥6 Lebensmonate bis 18. Lebensjahr
• Erste Symptome nach dem 1. Lebensjahr
• Rachitisähnliche klinische Veränderungen
• Kraniosynostosen
Kleinwuchs, Gedeihstörung
• Verzögerte motorische Entwicklung, verzögertes Laufenlernen
• Watschelgang aufgrund von Knochendeformitäten, muskulärer Schwäche, chronischen Schmerzen in den unteren Extremitäten
• Vorzeitiger Milchzahnverlust (mit intakter Wurzel), Karies
• Gastrointestinale Probleme (Appetitmangel, Übelkeit)
Odontohypophosphatasie
Kleinkind-/Schulkindalter
• Vorzeitiger Zahnverlust (Milch-/permanente Zähne)
• Karies, abnorme Zahnform (Struktur, Farbe)
• Parodontose, Parodontitis
• Verzögerter Zahndurchbruch
• Keine assoziierten muskuloskelettalen Probleme
Die Inzidenz der HPP wird auf etwa 1:100.000 Einwohner geschätzt. Adulte Fälle werden häufig nicht erkannt, da sie mit ihren Beschwerden in verschiedenster fachärztlicher Betreuung sind.
Therapie
Seit 2015 ist die Substitutionstherapie mit einem humanen rekombinanten, gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase-Fc-Deca-Aspartat-Fusionsprotein möglich.
Die Dosierung der Asfotase α erfolgt mit 2 mg/kg KG bei 3-mal wöchentlicher s.c. Injektion, alternativ kann das Medikament mit 1 mg/kg KG auch 6-mal in der Woche s.c. injiziert werden.
Unter der Substitutionstherapie kommt es zur Normalisierung der Werte von PPi und PLP sowie zur Normalisierung der Phosphathomöostase. Diese Veränderungen führen nach einem längeren Therapieintervall zu einer deutlichen Verbesserung bzw. Normalisierung der Knochenmineralisation.
Die Patienten benötigen des Weiteren eine multiprofessionelle Betreuung (u. a. Pädiater, Radiologen, Kinderorthopäden, Neurochirurgen, Kieferorthopäden, Physiotherapeuten, Ernährungsberater).
Die Indikationsstellung zur Behandlung und die Therapie der Patienten sollten einem spezialisiertem Zentrum vorbehalten sind.

Isolierte Erhöhung der alkalischen Serumphosphatase

Nach Ausschluss hepatobiliärer Erkrankungen oder einer Osteopathie durch Dokumentation von Normalwerten für Leberenzyme, Kalzium und Phosphat im Serum, einer normalen Parathormonkonzentration sowie einer unauffälligen Röntgenaufnahme der linken Hand wird eine erhöhte Aktivität der alkalischen Serumphosphatase als isolierte Hyperphosphatasie bezeichnet. Diese kann transitorisch oder permanent sowie auch familiär auftreten.
Transitorische Hyperphosphatasie
Sie kommt bei Säuglingen und Kleinkindern relativ häufig vor und normalisiert sich spontan nach 6–12 Wochen. Bei vielen der betroffenen Kinder besteht zum Zeitpunkt der Hyperphosphatasie ein Infekt der oberen Luftwege oder eine Durchfallerkrankung. Ursächlich wird eine transitorisch gestörte Enzym-Clearance durch ein noch unbekanntes infektiöses Agens vermutet. Die dabei meist zufällig gefundenen AP-Konzentrationen liegen nicht selten in Konzentrationsbereichen von mehreren Tausend U/l. Diese Konzentrationen werden auch bei einer ausgeprägten Rachitis zumeist nicht erreicht.
Persistierende Hyperphosphatasie
Diese ist viel seltener, sie kann idiopathisch oder hereditär auftreten, die hereditäre Form kann vermutlich dominant oder rezessiv vererbt werden.
Die rezessiv vererbte Form sowie die idiopathische Hyperphosphatasie können mit geistiger Behinderung, Anfällen und neurologischen Auffälligkeiten einhergehen, deren Assoziation zur Hyperphosphatasie bisher ungeklärt ist.
Bei einer isolierten transitorischen oder persistierenden Hyperphosphatasie sind eine weiterführende Diagnostik wie Knochenszintigrafie oder -biopsie oder eine probatorische Vitamin-D-Behandlung unangebracht.

Störungen des Kalziumstoffwechsels in der Neugeborenenperiode

Das Skelettsystem eines reifen Neugeborenen enthält ungefähr 30 g Kalzium und 20 g Phosphor.
Im letzten Trimenon der Schwangerschaft kommt es besonders stark zur Einlagerung von Kalzium und Phosphor. Der Fet benötigt dann täglich 150 mg Kalzium sowie 70 mg Phosphor pro Kilogramm Körpergewicht für die altersgerechte Skelettmineralisation. Frühgeborene <32 Schwangerschaftswochen haben postnatal einen erhöhten Kalzium- und Phosphatbedarf.

Neugeborenenhypokalzämie

Definition
Die Neugeborenenhypokalzämie wird bei term eutrophen Neugeborenen und Frühgeborenen >1500 g definiert als Unterschreiten der Gesamtserumkalziumkonzentration von 2,2 mmol/l (ionisiert 1,2 mmol/l) und bei Frühgeborenen <1500 g bei einem Gesamtkalzium von 1,75 mmol/l (ionisiert 1,0 mmol/l). Da Faktoren wie eine Hypalbuminämie oder der ph-Wert das Serumkalzium beeinflussen können, wird die Bestimmung des ionisierten Kalziums empfohlen.
Die Neugeborenenhypokalzämie kann in Abhängigkeit des zeitlichen Auftretens in eine frühe und eine späte Form unterteilt werden.
Ätologie und Pathogenese
Bei Frühgeborenen spielt das abrupte Sistieren der hohen diaplazentaren Kalziumzufuhr, vermutlich auch eine vorübergehende Endorganresistenz gegenüber PTH und eine überschießende Kalzitoninsekretion eine Rolle. Bei Kindern diabetischer Mütter werden pathogenetisch eine verminderte PTH-Sekretion infolge Hypomagnesiämie, eine erhöhte Kalzitoninsekretion oder ein vermehrter Kalziumbedarf aufgrund des größeren Skeletts dieser meist übermaßigen Kinder vermutet. Ursache der neonatalen Hypokalzämie Neugeborener mit perinataler Asphyxie oder anderen Geburtskomplikationen könnte ein vermehrter Übertritt von intrazellulärem Phosphat in den Extrazellulärraum sein, der einen Serumkalziumabfall hervorruft.
Ein weiterer Pathomechanismus, der besonders für die späte Form der Neugeborenenhypokalzämie verantwortlich sein dürfte, ist ein transitorischer Hypoparathyreoidismus, oft aggraviert durch eine vermehrte Phosphatzufuhr mit der Nahrung.
Klinik
Die frühe Form ist die bei Weitem häufigste der Neugeborenenhypokalzämien. Sie manifestiert sich in den ersten 3 Lebenstagen, meist schon in den ersten 12–24 h besonders bei Frühgeborenen (etwa 50 %), Neugeborenen diabetischer Mütter (etwa 50 %) und bei Neugeborenen mit Geburts- bzw. postnatalen Komplikationen, wie perinatale Asphyxie, Atemnotsyndrom, Sepsis (etwa 30 %). Die betroffenen Säuglinge sind klinisch meist asymptomatisch. Gelegentlich fallen sie durch Zittern, Übererregbarkeit und selten Neugeborenenkrämpfe auf.
Die späte Form der Neugeborenenhypokalzämie ist viel seltener und manifestiert sich unabhängig vom Gestationsalter zwischen dem 4. und 28. Lebenstag, meistens mit generalisierten Neugeborenenkrämpfen.
Diagnose
Sie stützt sich auf den Nachweis von Hypokalzämie, meist Hyperphosphatämie und normaler Aktivität der alkalischen Serumphosphatase. Das Serum-PTH ist meist erniedrigt, kann selten aber auch als Hinweis auf eine transitorische Endorganresistenz erhöht sein.
Differenzialdiagnostisch müssen zahlreiche Erkrankungen berücksichtigt werden, die im Folgenden zusammengefasst sind (s. Übersicht).
Immer soll bei einer Neugeborenenhypokalzämie an eine intrauterine und postnatal vorübergehend anhaltende Suppression der PTH-Sekretion durch eine mütterliche Hyperkalzämie, z. B. im Rahmen eines primären Hyperparathyreoidismus, gedacht werden.
Hypo- und Hyperkalzämien
Hypokalzämien :
  • Frühe From der Neugeborenenhypokalzämie:
    • Frühgeborene
    • Hypotrophe Neugeborene
    • Neugeborene diabetischer Mütter
    • Neugeborene mit Geburts-/postnatalen Komplikationen (perinatale Asphyxie, Atemnotsyndrom, Sepsis)
    • Iatrogen (Tokolyse, Zitratgabe beim Blutaustausch, Natriumbicarbonat, Fettsäuren)
  • Späte Form der Neugeborenenhypokalzämie:
Hyperkalzämien :
Therapie
Sie besteht in der langsamen intravenösen Injektion einer 10 %igen Kalzium-Glukonat-Lösung in einer Dosierung von 2 ml/kg KG über 5–10 min unter Kontrolle der Herzfrequenz. Die Dosis kann nach 10–15 min erneut verabreicht werden. Bei asymptomatischer Hypokalzämie kann die Kalzium-Glukonat-Lösung in einer Dosierung von 5–10 ml/kg KG und 24 h per os, verteilt auf die Mahlzeiten, zugeführt werden. Bei Fortbestehen der Hypokalzämie ist eine zusätzliche Behandlung mit Vitamin D3 in einer Dosierung von etwa 2000 IE/Tag unter regelmäßiger Überwachung der Serum- und Urinkalziumwerte zu erwägen. Bei einem Hypoparathyreoidismus wird das Absetzen dieser Behandlung nach wenigen Wochen ergeben, ob es sich um eine transitorische oder permanente Form handelt. Im letzteren Falle ist eine zusätzliche Diagnostik und Therapie entsprechend Abschn. 2.2 notwendig.
Bei Vorliegen einer schweren Hypomagnesämie als mögliche Ursache der Hypokalzämie sollte Mg-hydrogen-L-glutamat (10 %) 1 ml/kg KG langsam intravenös appliziert werden.
Spezielles Vorgehen bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g
Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unterhalb von 1500 g erhalten eine mit Kalzium und Phosphat angereicherte Muttermilch. Trotzdem finden sich bei etwa 10–20 % der Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1000 g radiologische Zeichen der Rachitis. Besonders betroffen sind Frühgeborene mit den besonderen Risikofaktoren:
  • Frühgeborene <27. Schwangerschaftswoche
  • Langzeit-parenterale Ernährung (länger als 4–5 Wochen)
  • Schwere bronchopulmonale Dysplasie unter Schleifendiuretika (z. B. Furosemid) und Flüssigkeitsrestriktion
  • Langzeit-Steroidtherapie
  • Mangelndes Vertragen von Formulanahrungen oder von angereicherter Muttermilch mit hohem Mineralgehalt
Frühgeborene sollten eine Supplementation von 120–140 mg/kg KG Kalzium, 60–90 mg/kg KG Phosphat und 800–1000 IU Vitamin D täglich erhalten. Ein Monitoring des Knochenstoffwechsels wird ab der 3. Lebenswoche mit Untersuchung der Parameter Serumphosphat und alkalischer Phosphatase in 14-tägigen Abständen empfohlen.
AP-Konzentrationen >800 U/l und/oder einem Serumphosphat <1,32 mmol/l sind hochgradig verdächtig auf die Osteopenia praematurorum. Dieser Verdacht sollte eine Überprüfung der Supplementation (Serumkalzium, Serumphosphat, 25-OHD) nach sich ziehen sowie eine Cholestase (direktes Bilirubin <2 mg/dl) ausschließen. Gegebenenfalls ist eine Röntgenaufnahme des Knies sinnvoll. Liegt eine Osteopenia praematurorum vor, so wird ein vorsichtiges Handling, aber auch die Förderung der motorischen Aktivität empfohlen. Der Einsatz von Steroiden, Furosemid, Methylxanthinen ist in dieser Situation kritisch zu prüfen. Für die Dauer von 3 Monaten sollten täglich 2000 IU Vitamin D sowie 50 mg/kg KG als Kalziumtagesdosis gegeben werden.

Neugeborenenhyperkalzämie

Definition
Eine Hyperkalzämie, definiert als Überschreiten einer Gesamtserumkalziumkonzentration von 2,65 mmol/l bzw. 10,6 mg/dl oder des ionisierten Kalziumspiegels von 1,4 mmol/l. bzw. 5,5 mg/dl, tritt bei Neugeborenen selten auf.
Ätiologie und Pathogenese
Die wichtigsten Ursachen einer Neugeborenenhyperkalzämie sind in der Übersicht oben zusammengefasst. Ein Teil der Hyperkalzämien wurde in Abschn. 2.1 besprochen. An dieser Stelle wird nur auf die Neugeborenenhyperkalzämie infolge einer mütterlichen Hypokalzämie, eines neonatalen primären Hyperparathyreoidismus und einer Adiponecrosis subcutanea eingegangen.
Mütterliche Hypokalzämie
Ätiologie und Pathogenese
Eine chronische mütterliche Hypokalzämie als Folge eines nicht oder schlecht eingestellten Hypoparathyreoidismus oder Pseudohypoparathyreoidismus bewirkt über einen erniedrigten diaplazentaren Kalziumgradienten beim Feten eine intrauterine Stimulation von PTH, vermutlich auch PTHrP, mit erhöhtem Skelettabbau und osteolytischen Veränderungen.
Hauptursache der fetalen Kalzium-Minderversorgung ist sicherlich aber der schwere mütterliche Kalzium-/Vitamin-D-Mangel. Diesem können u. a. folgende maternale Ursachen zugrunde liegen:
  • Anorexie
  • Malnutrition, insbesondere mit geringer Vitamin D- und Kalziumzufuhr
  • Malabsorption (Zöliakie, Pankreasinsuffizienz …)
  • Laktoseintoleranz
  • Medikation, die den Vitamin-D-Metabolismus beeinflusst
  • Schwangere mit Migrationshintergrund und Risikofaktoren (verminderte Sonnenexposition, Vitamin-D-arme Kost …)
Klinik
Diese sind abhängig vom Auftreten einer Hyperkalzämie oder Hypokalzämie (s. dort).
Diagnose
Bei den meisten Neugeborenen ist die Serumkalziumkonzentration trotz des zunächst anhaltenden Hyperparathyreoidismus vermindert, bei einigen tritt jedoch eine transitorische postnatale Hyperkalzämie im Sinne eines tertiären Hyperparathyreoidismus auf.
Therapie und Verlauf
Die Therapie richtet sich nach der Symptomatik und ist abhängig vom Auftreten einer Hyper- oder Hypokalzämie. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus bildet sich postnatal spontan nach einigen Wochen zurück, die Röntgenveränderungen normalisieren sich erst nach Monaten.
Neonataler primärer Hyperparathyreoidismus
Ätiologie und Pathogenese
Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, die nichthereditär oder hereditär, dann autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant oder im Rahmen einer familiären hypokalziurischen Hyperkalzämie, d. h. einer inaktivierenden Mutation des Gens für den Kalziumrezeptor, auftritt.
Klinik
Der neonatale primäre Hyperparathyreoidismus stellt eine Notfallsituation dar, unbehandelte Säuglinge sterben oft in den ersten 6 Monaten an den Folgen einer respiratorischen Insuffizienz aufgrund von Thoraxdeformierung und Rippenfrakturen.
Diagnose
Die Gesamtkalziumkonzentration kann auf Werte zwischen 3,75 und 7,5 mmol/l bzw. 15 und 30 mg/l erhöht sein, das Serumphosphat ist meist erniedrigt, die AP-Aktivität deutlich erhöht. Diagnostisch entscheidend ist der Nachweis einer massiv erhöhten Konzentration des Serum-PTH sowie ggf. eine positive Familienanamnese.
Therapie und Verlauf
Zunächst ist ein konservativer Behandlungsversuch mit Flüssigkeitszufuhr, NaCl- und Furosemidinfusionen und Kalzitonin, ggf. Infusionen mit Bisphosphonaten sinnvoll. Vereinzelt sind auch Therapieversuche mit Cinacalcet beschrieben.
Bei ausgeprägtem primärem Hyperparathyreoidismus ist allerdings die Therapie der Wahl die Entfernung aller 4 hyperplastischen Nebenschilddrüsen. Postoperativ ist dann bei erfolgreicher Entfernung aller Epithelkörperchen aufgrund des dann vorliegenden Hypoparathyreoidismus eine Dauersubstitution mit aktivem Vitamin D ggf. in Kombination mit Kalzium erforderlich.
Adiponecrosis subcutanea
Ätiologie und Pathogenese
Als Ursache der Hyperkalzämie wird eine erhöhte 1,25(OH)2D-Sekretion aus makrophagenähnlichen Zellen in der Fettgewebsnekrose angenommen.
Klinik
Es handelt sich um besonders am Rumpf auftretende ausgedehnte Fettgewebsnekrosen mit tief subkutan gelegenen Verhärtungen und blau-roter Verfärbung der darüber gelegenen Haut, die besonders bei Neugeborenen nach perinatalen Komplikationen vorkommen und mit schweren Hyperkalzämien einhergehen können.
Diagnose
Durch die unregulierte, gesteigerte Vitamin-D-Hormonbildung kommt es über eine vermehrte intestinale Kalziumaufnahme zur Hyperkalzämie mit der Folge von PTH-Suppression und Hyperkalziurie, evtl. Nephrokalzinose. Bei Kindern mit Adiponecrosis sollte innerhalb der ersten 2 Lebensmonate immer eine Diagnostik des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels veranlasst werden.
Therapie und Verlauf
Die spontane Rückbildung der Hyperkalzämie erfolgt mit der Normalisierung der Hautveränderungen. Da dies allerdings mehrere Wochen dauern kann, muss eine kalzium- und Vitamin-D-arme Kost verabreicht werden, oft ist auch eine zusätzliche Glukokortikoidbehandlung (1–2 mg/kg KG Prednison) notwendig. Die Vitamin-D-Prophylaxe sollte für den Zeitraum der Hyperkalzämie unterbrochen werden.
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