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Störungen der Geschlechtsreife

Verfasst von: Berthold P. Hauffa und Sabine Heger
Die Pubertät als Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter ist der Lebensabschnitt, in dem sich die sekundären Geschlechtsmerkmale bis zur kompletten Ausprägung des adulten weiblichen oder männlichen Phänotyps entwickeln, der Pubertätswachstumsschub abläuft und die Fertilität erreicht wird. Diese Entwicklungsphase wird von tief greifenden psychischen Veränderungen begleitet.

Normale Geschlechtsreife

Die Pubertät als Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter ist der Lebensabschnitt, in dem sich die sekundären Geschlechtsmerkmale bis zur kompletten Ausprägung des adulten weiblichen oder männlichen Phänotyps entwickeln, der Pubertätswachstumsschub abläuft und die Fertilität erreicht wird. Diese Entwicklungsphase wird von tief greifenden psychischen Veränderungen begleitet.

Biologische Voraussetzungen der Geschlechtsreife

Die körperlichen und psychischen Veränderungen in der Pubertät sind normalerweise Ergebnis der Zunahme stimulierender und Aufhebung hemmender zentralnervöser Einflüsse auf den hypothalamischen Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Pulsgenerator bei gleichzeitiger Abnahme der Sensitivität des hypothalamohypophysären negativen Feedbacksystems auf zirkulierende gonadale Steroide. Vorpubertär niedrige Plasmakonzentrationen von Östrogenen oder Testosteron bewirken dann nur noch eine schwache Inhibierung der Gonadotropinausschüttung. Beide Ereignisse bilden die Grundlage für eine verstärkte episodische GnRH-Sekretion, die wiederum eine pulsatile Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH) und follikelstimulierendem Hormon (FSH) auslöst (Abb. 1; Grumbach et al. 1974).
Mit steigender Amplitude und Frequenz der pulsatilen Gonadotropinsekretion nehmen die Keimdrüsen deutlich an Größe zu (Abb. 2 und Tab. 1), die Plasmakonzentration der gonadalen Steroide (Östradiol, Testosteron) steigt an.
Tab. 1
Normalwerte für die sonografische Darstellung der Ovarien im Verlauf der weiblichen Pubertät. (Mod. nach Salardi et al. 1985)
Ovarvolumen und –binnenstruktur
Alter
Patientenzahl
Ovarvolumen (m)
Ovarzysten <9 mm
Ovarzysten ≥9 mm
(Jahre)
m
1 SD
(%)
(%)
2
5
0,75
0,41
3
6
0,66
0,17
4
14
0,82
0,36
14,3
5
4
0,86
0,03
6
9
1,19
0,36
11,1
7
8
1,26
0,59
25,0
8
10
1,06
0,58
20,0
9
11
1,98
0,76
54,5
10
12
2,22
0,69
50,0
11
12
2,52
1,30
58,3
12–13
10
3,95
1,70
60,0
20
m Mittelwert,1 SD einfache Standardabweichung
Dies führt zu den äußerlich erkennbaren und sonografisch erfassbaren Änderungen der Geschlechtsmerkmale in Richtung auf einen adulten Phänotyp (Kap. „Klinische Untersuchung in der pädiatrischen Endokrinologie“ und Tab. 2).
Tab. 2
Gestreckt gemessene Penislänge von gesunden Jungen und Männern. (Mod. nach Feldman und Smith 1975; Flatau et al. 1975; Schonfeld und Beebe 1942; Soydan et al. 2012)
Alter
Mittelwert
1 SD
Mittelwert
(cm)
2,5 SD (cm)
Frühgeborene (30 Wochen)
2,5
0,4
1,5
Frühgeborene (34 Wochen)
3,0
0,4
2,0
Reifgeborene
3,5
0,4
2,4
0–5 Monate
3,9
0,8
1,9
6–12 Monate
4,3
0,8
2,3
>1–2 Jahre
4,7
0,8
2,6
>2–3 Jahre
5,1
0,9
2,9
>3–4 Jahre
5,5
0,9
3,3
>4–5 Jahre
5,7
0,9
3,5
>5–6 Jahre
6,0
0,9
3,8
>6–7 Jahre
6,1
0,9
3,9
>7–8 Jahre
6,2
1,0
3,7
>8–10 Jahre
6,3
1,0
3,8
>10–11 Jahre
6,4
1,1
3,7
13–15 Jahre
PH 1
7,1
1,1
4,4
PH 2
8,4
1,3
5,1
PH 3
10,5
1,3
7,3
PH 4
11,7
1,3
8,5
PH 5
12,3
1,3
9,2
Erwachsene
13,3
1,6
9,3
SD Standardabweichung; PH Stadium der Schambehaarung nach Tanner
Beginn und Verlauf der Pubertät folgen einem zeitlichen Muster, das beeinflusst wird durch
  • (epi-)genetische Determinanten,
  • die Ernährungssituation,
  • das sozioökonomische Umfeld,
  • Umweltfaktoren (endokrine Disruptoren)
  • den individuellen Gesundheitszustand,
  • körperliche Aktivität.

Zeitlicher Ablauf der normalen Geschlechtsreife

Die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse zu Beginn der Pubertätsentwicklung stellt kein neues Ereignis dar. Sie muss vielmehr als Wiederaufnahme einer erhöhten Aktivität nach einer Ruhephase angesehen werden, die sich zwischen dem 4. Lebensjahr und dem Beginn der Pubertät erstreckt (Styne und Grumbach 2008).
Die Hauptereignisse der Pubertät und das mittlere Alter bei ihrem Eintreten gemäß den Daten der „1. Züricher longitudinalen Wachstumsstudie“ sind in Abb. 3 dargestellt.
Erste Schambehaarung (Pubarche) tritt bei Mädchen im Mittel bei einem Alter von 10,4 Jahren auf und geht bei der Hälfte der Mädchen dem Beginn der Brustentwicklung voraus, meist um ein halbes Jahr. Schambehaarung kann im Zusammenhang mit dem Pubertätsbeginn auftreten, kann jedoch auch isoliert als prämature Teilentwicklung (prämature Pubarche) dem Pubertätsbeginn um Jahre vorauseilen. Der Pubertätsbeginn ist beim Mädchen daher klinisch eindeutig und ausschließlich definiert durch die Entwicklung einer subareolären Brustdrüsenknospe mit Erhebung der Brust und Papille über Thoraxniveau und Vergrößerung des Areolendurchmessers (Thelarche, Tanner-Stadium B2). Mit der Thelarche ist im Mittel mit 10,9 Jahren zu rechnen. Unmittelbar mit Pubertätsbeginn setzt beim Mädchen der Wachstumsspurt ein und erreicht seinen Höhepunkt schon ein Jahr später. Die Menarche ist als ein Ereignis der fortgeschrittenen Pubertät bei einem Alter von 13,4 Jahren zu erwarten. Sie tritt im Durchschnitt 2,2 Jahre nach Beginn der Brustentwicklung auf. Hat die Pubertätsentwicklung einmal begonnen, schreitet sie kontinuierlich voran. Der mittlere Zeitbedarf für das Durchlaufen der weiblichen Pubertät (B2–B5/P5) beträgt 3,1 Jahre. Die Pubertätsentwicklung des Mädchens ist mit einem mittleren Alter von 14,0 Jahren mit Erreichen eines adulten weiblichen Phänotyps (B5, P5) abgeschlossen.
Bei den Jungen ist das zuverlässigste Zeichen für den Pubertätsbeginn das Erreichen eines Hodenvolumens von ≥3 ml, im Mittel mit 11,8 Jahren. Oft ist bereits in den 6 Monaten zuvor eine Zunahme des Peniswachstums zu verzeichnen. Erste Schambehaarung tritt mit 12,2 Jahren auf. Auch bei Jungen kann die Schambehaarung als prämature Pubarche der Pubertätsentwicklung um Jahre vorangehen. Diese prämature Pubarche ist aber nicht von einem pubertären Hodenwachstum begleitet. Nach Einsetzen der Pubertät müssen die Jungen noch etwa 2,5 Jahre auf den Höhepunkt ihres Pubertätswachstumsspurts warten, sie werden dabei in ihrem Längenwachstum von den Mädchen oft überholt. Der mittlere Zeitbedarf für das Durchlaufen der männlichen Pubertät (G2–G5/adultes Hodenvolumen) beträgt 3,5 Jahre. Ein erwachsener männlicher Phänotyp ist bezüglich der Genitalentwicklung (G5) mit 14,7 Jahren, bezüglich des Hodenwachstums mit 15,3 Jahren erreicht.

Definition der normalen Geschlechtsreife

Innerhalb einer Population unterliegt das zeitliche Eintreten der Meilensteine der Pubertätsentwicklung einer natürlichen Streuung, die obigen Angaben stellen nur Mittelwerte dar. Die normalen Altersstreubereiche für das Auftreten einiger Pubertätsmerkmale bei Kindern in Zentraleuropa sind in Tab. 3 dargestellt. Diese Daten sind zur Beurteilung einer zu frühen oder ausbleibenden Pubertät heranzuziehen.
Tab. 3
Normbereiche für das zeitliche Auftreten der Pubertätsmerkmale. (Mod. nach Largo und Prader 1983a, b)
Pubertätsmerkmal
Mädchen
Jungen
(Jahre)
(Jahre)
Beginn Brustentwicklung (B2)
8,5–13,3
Beginn Hodenwachstum (±3 ml)
10,0–13,6
Beginn Genitalentwicklung (G2)
8,2–14,2
Beginn Schambehaarung (PH 2)
7,4–13,4
8,5–15,9
Beginn Pubertätswachstumsschub
7,5–12,3
9,6–13,6
Höhepunkt Pubertätswachstumsschub
10,1–14,1
12,8–15,8
Erreichen von 99 % der Erwachsenengröße
13,2–17,2
14,6–19,0
Menarche
11,2–15,6
B2, G2, PH2 Pubertätsstadien nach Tanner. Die Bereiche entsprechen ±2,0 SD (Schambehaarung: ±2,5 SD)
Unter Berücksichtigung des Menarchealters und anderer Meilensteine hat sich der Pubertätsbeginn in den letzten 140 Jahren um etwa 4 Jahre vorverlagert. Im gleichen Zeitraum ist es zu einer Erhöhung der mittleren Erwachsenengröße um etwa 14,5 cm gekommen. Diese Tendenz („säkularer Trend“) wird den allgemein günstigeren Lebensbedingungen mit Verbesserung der Ernährungssituation und der Eindämmung von chronischen Krankheiten und Seuchen zugeschrieben. In den letzten Jahren hat sich der säkulare Trend allerdings verlangsamt. Zudem bestand das in den letzten Dekaden beobachtbare frühere Eintreten in die Pubertät vor allem in einem früheren Erreichen eines Stadiums B2 bei Mädchen. Die anderen Meilensteine der Entwicklung und die hormonellen Veränderungen traten nicht früher ein (Sorensen et al. 2012). Daher sind die Referenzdaten der Züricher longitudinalen Wachstumsstudie auch heute noch für die klinische Beurteilung der Pubertät bei europäischen Kindern gut geeignet.

Vorzeitige geschlechtliche Reifeentwicklung

Eine vorzeitige Geschlechtsreife bei einem Mädchen ist anzunehmen bei der Entwicklung subareolären Brustdrüsengewebes (B2) – mit oder ohne Wachstum von Pubesbehaarung (P2), mit oder ohne Menarche – mit deutlicher Progressionstendenz vor einem chronologischen Alter von 8 Jahren. In wenigen Fällen ist eine isolierte prämature Menarche ohne sonstige begleitende Reifemerkmale das erste Zeichen einer vorzeitigen Reifeentwicklung.
Bei einem Jungen liegt eine vorzeitige Geschlechtsreife vor bei Vergrößerung des Penis (G2) und des Skrotums mit Rötung, Verdünnung und Fältelung der Skrotalhaut mit deutlicher Progressionstendenz vor einem Alter von 9 Jahren. Dies kann mit oder ohne Wachstum von Schambehaarung, mit oder ohne Zunahme des Hodenvolumens über 3 ml einhergehen. Das Ausbleiben einer pubertären Volumenzunahme des Hodens muss in Fällen der vorzeitigen Reifeentwicklung als Hinweis darauf gewertet werden, dass pubertäre Testosteronspiegel durch außerhalb der hypothalamohypophysären Regulation liegende Faktoren aufrechterhalten werden.
Bei Progredienz der Reifeentwicklung folgt das Wachstum der Kinder einem charakteristischen Muster. Unter dem Einfluss der gonadalen Steroide nimmt die Wachstumsgeschwindigkeit zu, die Wachstumskurve schneidet die Normperzentilen nach oben. Das Skelettalter nimmt überproportional zu. Ohne Behandlung erfolgt die Fusion der Wachstumsfugen verfrüht, das Längenwachstum wird meist vor Erreichen der Zielgröße im kleinwüchsigen Bereich beendet (Abb. 4).
In Nordeuropa liegt die gemeinsame Prävalenz aller krankhaften Formen einer vorzeitigen Reifeentwicklung bei Mädchen bei 0,2 %, bei Jungen unter 0,05 %. Die Zahl der betroffenen Mädchen überwiegt die der Jungen im Verhältnis von 5–10:1. Bei Mädchen sinkt die Inzidenz ausgehend von 5:100.000 pro Jahr in den ersten beiden Lebensjahren zunächst ab, um dann in den beiden Jahren vor dem 8. Geburtstag auf 25 und 67:100.000 pro Jahr anzusteigen. Bei Jungen liegt die Inzidenz vor dem 8. Geburtstag unter 2:100.000 pro Jahr und steigt im Jahr vor dem 9. Geburtstag auf etwa 8:100.000 pro Jahr an (Teilmann et al. 2005).

Normvarianten der vorzeitigen Reifeentwicklung

Je näher der vorzeitige Pubertätsbeginn an der Altersgrenze für die normale Pubertät liegt, umso wahrscheinlicher ist es, dass eine Normvariante ohne Krankheitswert vorliegt. Bei einem Pubertätsbeginn zwischen 6 und 8 Jahren beim Mädchen und kurz vor Vollendung des 9. Lebensjahrs beim Jungen findet man häufig eine positive Familienanamnese für einen frühen Pubertätsbeginn. Die Kinder sind immer bei den Größten ihres Alters gewesen und weisen ein akzeleriertes Skelettalter auf. Bei Folgeuntersuchungen kann aber eine weitere überproportionale Zunahme der biologischen Reife nicht festgestellt werden. In diesem Fall spricht man von konstitutioneller Entwicklungsbeschleunigung. Die betroffenen Kinder schließen ihre Pubertätsentwicklung früher ab als ihre Altersgenossen, haben ihre Längenwachstum früher beendet und erreichen ohne spezifische Therapie eine Endgröße im Streubereich der Zielgröße. Als Einflussfaktoren für das Entstehen einer konstituellen Entwicklungsbeschleunigung lassen sich Adipositas und vermehrte und verfrühte Sekretion adrenaler Androgene (prämature Adrenarche) ausmachen.
Cave
Die konstitutionelle Entwicklungsbeschleunigung als nicht behandlungsbedürftige Normvariante ist eine Ausschlussdiagnose. Eine krankheitsbedingte vorzeitige Reifeentwicklung, der Tumorerkrankungen zugrunde liegen können, darf nicht übersehen werden.

Formen krankhafter vorzeitiger Reifeentwicklung und ihre Ursachen

Wichtigstes Hinweiszeichen auf eine krankhafte vorzeitige Reifeentwicklung ist ein früher Beginn und eine rasche Progredienz der Veränderungen. In Bezug auf die Krankheitsmechanismen und die später einzuschlagende therapeutische Strategie bietet sich eine Einteilung in GnRH-abhängige Formen (Pubertas praecox hypothalamica, Pubertas praecox vera) und GnRH-unabhängige Formen (Pseudopubertas praecox) an.

GnRH-abhängige Pubertas praecox

Die GnRH-abhängigen Formen entstehen durch vorzeitige Aktivierung des hypothalamischen GnRH-Pulsgenerators mit sich anschließender Aktivierung der gesamten Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Die Reifeentwicklung erfolgt isosexuell. In 5 % aller Fälle tritt die Pubertas praecox hypothalamica familiär auf, in einzelnen Patientenserien wird ein Anteil der familiären Formen von bis zu 27,5 % berichtet. Autosomal-rezessive und autosomal-dominante Erbgänge mit geschlechtsabhängig reduzierter Penetranz sind beschrieben. Mit der Untersuchung informativer Familien ließen sich in Einzelfällen monogenische Formen der hypothalamischen Pubertas praecox identifizieren (aktivierende Mutationen der Gene für den KISS1-Rezeptor und seinen Liganden Kisspeptin) (Teles et al. 2008; Brito et al. 2008). Am häufigsten lassen sich bei familiärer Pubertas praecox inaktivierende Mutationen des MKRN3-Gens, eines väterlich geprägten, hypothalamisch exprimierten pubertätsinhibierenden Gens, nachweisen (Abreu et al. 2013). Bei einigen Syndromen (Williams-Beuren-Syndrom u. a.) ist häufiger als bei gesunden Kindern mit dem Auftreten einer behandlungsbedürftigen zentralen Pubertas praecox zu rechnen, ohne dass der zugrunde liegende Mechanismus bekannt ist (Partsch et al. 2002). Untersuchungen des ZNS mit bildgebenden Verfahren zeigen bei zentraler Pubertas praecox in etwa 20–30 % der Mädchen und über 50 % der Jungen Fehlbildungen oder Läsionen. Bei vielen Kindern findet sich aber trotz Einsatz dieser und anderer aufwendiger Untersuchungsmethoden keine Ursache (idiopathische Pubertas praecox).
ZNS-Tumoren und ihre Therapie (ZNS-Bestrahlung) sowie nichttumoröse ZNS-Erkrankungen (Meningitis, Enzephalitis, vaskuläre ZNS-Erkrankungen, ZNS-Trauma, Neurofibromatose und andere Phakomatosen, granulomatöse Erkrankungen, Hydrozephalus, Myelomeningozele, Arachnoidalzysten, Zustand nach Hirnödem, Zustand nach neonataler Hypoxämie) können pubertätsinhibierende ZNS-Strukturen so schädigen, dass eine Pubertas praecox eintritt. Besonders Raumforderungen im Bereich des posterioren Hypothalamus führen zur Pubertas praecox. Bei jeder zentralen Pubertas praecox muss differenzialdiagnostisch an das Vorliegen eines ZNS-Tumors gedacht werden. Häufig handelt es sich um Optikusgliome, Astrozytome, Ependymome und primitive neuroektodermale Tumoren. Nach ZNS-Bestrahlung wegen Tumoren oder Leukämien, insbesondere im Dosisbereich unter 40 Gy, entsteht nicht selten eine zentrale Pubertas praecox in Kombination mit einem Wachstumshormonmangel. Diese Situation wird, beim Jungen mehr als beim Mädchen, klinisch-diagnostisch leicht verkannt, da bei Mitigierung eines vorzeitigen Pubertätswachstumsspurts durch einen koexistierenden Wachstumshormonmangel eine normale Wachstumskurve resultieren kann. Auch sind unter dem Einfluss der inadäquat erhöhten gonadalen Steroide die Konzentrationen des Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) im Serum nicht so erniedrigt, wie man dies beim isolierten Wachstumshormonmangel erwarten würde. Unbehandelt sind diese Kinder, bedingt durch vorzeitigen Schluss der Wachstumsfugen und unzureichendes Wachstum in der verfrühten Pubertätsphase, als Erwachsene sehr kleinwüchsig. Eine regelmäßige Untersuchung mit Dokumentation der Pubertätsstadien und des Skelettalters ermöglicht hier eine rechtzeitige Intervention.
Eine Sonderform von ZNS-Raumforderungen stellen die Hamartome dar. Diese liegen oft als gestielte Tumoren zwischen dem Tuber cinereum und den Corpora mamillaria. Es handelt sich um gutartige Fehlbildungstumoren ohne Wachstumsneigung, die über in ihnen enthaltene GnRH-Neurone und gliale Elemente eine zentrale Pubertät auslösen können. In Serien magnetresonanztomografisch untersuchter Kinder mit zentraler Pubertas praecox fanden sich bei 18 % der Mädchen und bis zu 33 % der Jungen ein Hamartom (Ng et al. 2003; De Sanctis et al. 2000). Bei einigen Kindern mit Hamartom und Pubertas praecox treten gelastische Anfälle (Lachanfälle) auf.
Nach Beendigung einer Langzeitexposition mit exogenen Östrogenen oder Androgenen oder nach verspäteter Aufnahme einer Therapie mit Glukokortikoiden bei virilisierenden Formen des adrenogenitalen Syndroms kann es zur Entwicklung einer zentralen Pubertas praecox kommen. Man geht davon aus, dass dem durch extragonadale Steroide in der Reifung vorangeeilten Skelettalter auch eine vorangeeilte, pubertäre Reifung des Hypothalamus entspricht. Dieser nimmt nach Wegfall der inhibitorischen Wirkung der exogenen Steroide oder des aus adrenalen Quellen stammenden Testosterons dann vorzeitig seine pubertäre Funktion auf.
Kinder aus Ländern mit niedrigem Entwicklungsstand, die jenseits eines Alter von 3 Jahren, aber in der Vorpubertät in europäische Familien adoptiert werden, entwickeln überdurchschnittlich häufig eine zentrale Pubertas praecox (Virdis et al. 1998). Zum Zeitpunkt der Adoption oft nicht mehr klärbare Faktoren wie Pubertätseintritt der leiblichen Eltern, intrauterine Wachstumsretardierung oder Exposition im Herkunftsland mit Chemikalien, die als endokrine Disruptoren in die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse eingreifen können, spielen möglicherweise eine Rolle. Dazu kommen eine im Vergleich zum Herkunftsland bessere Ernährungssituation, Gesundheitsvorsorge und verbesserte psychosoziale Situation, die auf die Kinder eine entwicklungsbeschleunigende Wirkung ausüben können.

GnRH-unabhängige Pubertas praecox

Grundlage der GnRH-unabhängigen Pubertas praecox (Pseudopubertas praecox) sind Vorgänge, die im kindlichen Organismus unter Umgehung des Hypothalamus eine vorzeitige Östrogen- oder Androgen-Wirkung im Sinne einer pubertären Umformung hervorrufen. Da bei Jungen und Mädchen unterschiedliche gonadale Steroide involviert sind, sind Ätiologie und Pathogenese der Pseudopubertas praecox meist geschlechtsspezifisch.
McCune-Albright-Syndrom
Eine Ausnahme bildet das bei beiden Geschlechtern vorkommende McCune-Albright-Syndrom (Dumitrescu und Collins 2008). Das McCune-Albright-Syndrom kann im typischen Fall anhand der klassischen Trias klinisch diagnostiziert werden. Diese besteht aus einer monostotischen oder polyostotischen fibrösen Dysplasie im Bereich der langen Röhrenknochen oder des Keilbeins (Abb. 5), unregelmäßig begrenzten großflächigen Café-au-lait-Flecken der Haut (Abb. 6) und einer GnRH-unabhängigen vorzeitigen Geschlechtsreife. Die fibröse Dysplasie des Knochens wird durch lokale Präosteoblastenproliferation hervorgerufen. Es entstehen zystische Umbauzonen des Knochens mit vermehrter Strahlentransparenz, die zu schmerzhaften Mikrofrakturen und chirurgisch schwer zu stabilisierenden pathologischen Spontanfrakturen neigen. Einige Patienten weisen nach Jahren der Krankheit große Knochendeformitäten mit Gliedmaßen- oder Gesichtsasymmetrie auf. Die Knochenherde sind meist multilokulär und können mittels Technetium-Skelettszintigrafie bereits entdeckt werden, bevor sie im Röntgenbild sichtbar werden. Weiteres radiologisches Zeichen des McCune-Albright-Syndroms ist eine Sklerose der Schädelbasis (Abb. 7). Durch den dysplastisch proliferierenden Knochen kann es zu einer Einengung des Canalis N. optici mit Visusverlust kommen. Eine chirurgische Dekompression gestaltet sich schwierig, da durch operative Eingriffe am Knochen die Neigung zur Proliferation noch verstärkt wird (Lee et al. 2002).
Die vorzeitige Pubertätsentwicklung bei Mädchen mit McCune-Albright-Syndrom ist durch einen schubweisen Verlauf gekennzeichnet. Hormonelle Ruhephasen sind von Phasen der erhöhten ovariellen Aktivität gefolgt. In solchen Phasen kommt es für manchmal nur kurze Zeit zum Aufschießen östrogenproduzierender ovarieller Zysten. Diese sind zum Zeitpunkt der Untersuchung oft sonografisch bereits nicht mehr nachweisbar. Solange die Zysten bestehen, sind die Plasmaöstradiolkonzentrationen erhöht und die Gonadotropinkonzentrationen supprimiert. Nach Spontanrückbildung der Zysten kann es zu einer Abbruchblutung kommen. Einige Mädchen berichten in der Zeit abfallender Östradiolkonzentrationen über Unruhe und Hitzewallungen. In der dann folgenden Ruhephase sind wieder normale präpubertäre Konzentrationen des Östradiols und der Gonadotropine anzutreffen. Bei manchen Mädchen folgen die Schübe erhöhter ovarieller Aktivität so schnell aufeinander, dass die Pubertätsentwicklung und das Skelettalter kontinuierlich fortschreiten. Bei Jungen mit McCune-Albright-Syndrom und Pseudopubertas praecox liegen dauerhaft erhöhte Testosteronkonzentrationen und supprimierte Gonadotropine vor. Die Hodenvolumina sind für den Stand der erreichten Pubertätsentwicklung meist zu klein.
Oligosymptomatische Formen des McCune-Albright-Syndroms mit isoliertem Haut-, Knochen- oder Gonadenbefall sind möglich.
Das McCune-Albright-Syndrom kann bei beiden Geschlechtern mit einer Anzahl anderer endokriner Überfunktionszustände vergesellschaftet sein. Dazu gehören eine Hyperthyreose (mit oder ohne intrathyreoidale Knoten), ein Hyperkortisolismus mit nodulärer Dysplasie, von den somatomammotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens ausgehende, Wachstumshormon oder Prolaktin produzierende Adenome, ein Hyperparathyreoidismus sowie eine hypophosphatämische Rachitis durch Überproduktion von Fibroblast growth factor 23 (FGF-23) im dysplastischen Gewebe. Diesen Überfunktionszuständen ist gemein, dass sie ohne Einfluss des zugehörigen glandotropen Hormons und anderer exogener Faktoren entstehen. Bei der Hyperthyreose ist das thyreoidstimulierende Hormon (TSH) supprimiert, aktivierende TSH-Rezeptor-Autoantikörper sind nicht nachweisbar. Beim Hyperkortisolismus ist das adrenokortikotrope Hormon (ACTH), bei der Überproduktion der gonadalen Steroide sind die Gonadotropine supprimiert. Zu den nichtendokrinologischen Manifestationen gehören eine cholestatische Lebererkrankung, Skelettmuskelmyxome und kardiale Arrhythmien.
Als gemeinsame Ursache aller Überaktivitätszustände fanden sich somatische aktivierende heterozygote Mutationen des GNAS-Gens auf Chromosom 20q13.2–13.3 (Weinstein et al. 2004), die in den betroffenen Zellen zu einer konstitutiven Aktivierung des intrazellulären Gsα-Proteins, des Vermittlers zwischen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und nachgeschalteter zellulärer Aktivität, führt. Diese Aktivierung wird bewirkt und aufrechterhalten durch eine Verminderung der intrinsischen GTPase-Aktivität des G-Proteins. In der Folge verhält sich die Zelle so, als sei der Rezeptor ständig aktiviert, auch wenn kein Ligand an den Rezeptor andockt. Die Zelle reagiert mit Überaktivität oder Hyperplasie. Die weite Verbreitung G-Protein-gekoppelter Rezeptoren im Organismus erklärt die Pleiotropie beim McCune-Albright-Syndrom. In einigen Geweben ist die Aktivierung offenbar selbstlimitierend. Damit könnte der Übergang in eine Pubertas praecox hypothalamica erklärt werden, die von einigen Patientinnen mit McCune-Albright-Syndrom berichtet wurde.
Sonstige Ursachen
Bei Jungen kommen weitere Ursachen für die GnRH-unabhängige Pubertas praecox in Frage. Humanes Choriongonadotropin (hCG) aus hCG-sezernierenden Tumoren kann die Leydig-Zellen bei Jungen zur pubertären Testosteronproduktion anregen. Bei Kindern mit solchen Tumoren lassen sich erhöhte hCG-Konzentrationen im Serum oder im Liquor messen. HCG stimuliert die Leydig-Zellen, die nur etwa 6 % des Hodenvolumens ausmachen. Daher sind die Testes bei Pseudopubertas praecox durch hCG-produzierende Tumoren nur wenig über das präpubertäre Maß vergrößert. Bei den hCG-sezernierenden Tumoren handelt es sich Hepatome, Hepatoblastome oder Keimzelltumoren (Schneider et al. 2004). Aus dieser Gruppe von biologisch außerordentlich unterschiedlichen Tumoren sind es vor allem die Chorionkarzinome und selten einmal Teratome, die hCG sezernieren. Bei den Lebertumoren und gemischten Keimzelltumoren mit Dottersackanteil wird oft zusätzlich eine Sekretion von α-Fetoprotein beobachtet. Unter dem Einfluss hoher hCG-Konzentrationen produziert das Hodengewebe neben Testosteron vermehrt Östradiol. Gelegentlich enthält der Keimzellanteil der Tumoren eine hohe Aromataseaktivität. Dann wird ein signifikanter Anteil des vorzeitig im Hoden gebildeten Testosterons im Tumor zu Östradiol aromatisiert. Beide Mechanismen können dazu führen,dass über die isosexuelle Pseudopubertas praecox hinaus noch Symptome der Feminisierung, meist eine Gynäkomastie, beobachtet werden können. Zusätzlich zur Pseudopubertas praecox können die Lebertumoren klinisch durch eine tastbare Lebervergrößerung beim Kleinkind erkennbar werden. HCG-sezernierende Keimzelltumoren können bei intrakranieller Lage Hirndrucksymptomatik, neurologische Ausfallserscheinungen, einen Diabetes insipidus und Zeichen eines Hypohysenvorderlappenausfalls hervorrufen. Vom Hoden ausgehende Keimzelltumoren können an einer asymmetrischen Hodenvergrößerung erkennbar werden.
Dass hCG-produziende Tumoren über eine direkte hCG-Wirkung zur Pseudopubertas praecox bei Mädchen führen, ist nicht zu erwarten; präpubertäre Ovarien benötigen zur Aufnahme der Östrogenproduktion eine kombinierte Einwirkung von LH (hCG) und FSH.
Aus dem gleichen Grund führen LH-produzierende Mikroadenome der Hypophyse bei Mädchen nicht zu einer Pseudopubertas praecox, sie stellen bei Jungen als Auslöser einer Pubertas praecox eine Rarität dar (Snyder 1985).
In einigen Fällen konnten bei Jungen aktivierende Mutationen des LH-Rezeptors an den Leydig-Zellen des Hodens als Ursache der Pseudopubertas praecox ausgemacht werden. Die Leydig-Zellen verhalten sich bei dieser Erkrankungsform auch ohne LH-Bindung an den Rezeptor so, als würden sie ständig durch LH stimuliert. Diese Erkrankung wird autosomal-dominant geschlechtsgebunden männlich vererbt (Themmen und Huhtaniemi 2000).
Formen des einfach virilisierenden adrenogenitalen Syndroms (AGS) vom Typ des 21- oder 11-Hydroxylase-Mangels (Kap. „Primäre Nebenniereninsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen“) ähneln beim Jungen im Verlauf einer GnRH-unabhängigen Pubertas praecox, können aber anhand des typischen Präkursorsteroidmusters im Blut (Erhöhung der Leitsteroide 17-Hydroxyprogesteron und 21-Deoxykortisol beim 21-Hydroxylase-Mangel, des Leitsteroids 11-Desoxykortisol beim 11-Hydroxylase-Mangel) oder der Metaboliten im Urin identifiziert werden. Die bei diesen Erkrankungen vorkommenden Nebennierenresttumoren des Hodens entsprechen versprengten Nebennierenrindenresten, die bei schlechter medikamentöser Einstellung des AGS an Größe zunehmen und zu asymmetrischer Hodenvergrüßerung führen (Claahsen-van der Grinten et al. 2009). Bei inaktivierenden Mutationen des Glukokortikoidrezeptor-Gens beim Jungen werden vermehrt Androgene bereitgestellt. Selten einmal kann die kongenitale Nebennierenhypoplasie infolge einer DAX-1-Mutation im frühen Kindesalter temporär mit einer GnRH-unabhängigen Pubertas praecox einhergehen (Landau et al. 2009). Im pubertätsreifen Alter liegt dagegen typischerweise ein hypogonadotroper Hypogonadismus vor (Abschn. 3.2).
Unilaterale oder bilaterale noduläre Vergrößerung der Hoden muss bei Fehlen der AGS-typischen biochemischen Veränderungen differenzialdiagnostisch immer an den seltenen Leydig-Zell-Tumor denken lassen.
Rein virilisierende Nebennierenrindentumoren als Ursache einer Pseudopubertas praecox sind selten. Nebennierenrindentumoren produzieren meist Glukokortikoide, gelegentlich auch Östrogene, sodass zusätzlich Zeichen eines Cushing-Syndroms und in wenigen Fällen auch eine Brustentwicklung gefunden werden.
Eine Exposition mit Androgenen ist sicher selten, ist aber akzidentell durch Kontamination mit im Haushalt vorhandenen transdermalen Testosteronpräparaten denkbar; sie kann durch genaue Anamnese herausgefunden werden.
Zu den Ursachen einer GnRH-unabhängigen Pubertas praecox bei Mädchen gehört die bei über längere Zeit unbehandelter, erworbener primärer Hypothyreose auftretende vorzeitige Pubertät. Diese wird als durch begleitend vermehrt sezerniertes LH und FSH im Gefolge der TSH-Erhöhung verursacht angesehen (Browne et al. 2008).
Eine weitere Ursache sind östrogenproduzierende Ovarialzysten, die auch isoliert außerhalb des Krankheitsbilds eines McCune-Albright-Syndroms auftreten können. Hierbei handelt es sich meist um autonome Follikelzysten.
Ovarielle östrogenproduzierende Tumoren sind bei präpubertären Mädchen selten. Granulosazelltumoren können oft schon sonografisch von einfachen Ovarialzysten abgegrenzt werden. Außer den hohen Östradiolkonzentrationen können bei diesen Tumoren Anti-Müller-Hormon (AMH) und Inhibin als biochemische Marker dienen. Selten können sich auch aus Streifengonaden entstandene Gonadoblastome, ovarielle Kystadenome und Karzinome durch verfrühte Östrogenproduktion bemerkbar machen. Östrogenproduzierende Tumoren kommen beim Peutz-Jeghers-Syndrom gehäuft vor. Nebennierenrindenadenome, die sich überwiegend über eine vermehrte Östrogenproduktion zu erkennen geben, sind eine Rarität.
Ebenso sind aktivierende Mutationen des Aromatase-Gens seltene Ursachen einer GnRH-unabhängigen Pubertas praecox (Martin et al. 2003).
Exposition mit exogenen Östrogenen kommt dagegen häufiger vor, wie Berichte über regionale Kontamination von Lebensmitteln und Trinkwasser mit östrogen wirksamen Substanzen belegen.

Diagnostik bei vorzeitiger geschlechtlicher Reifeentwicklung

Mit geeigneten diagnostischen Maßnahmen müssen mit vorzeitiger Reifeentwicklung einhergehende Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse von anderen endokrinen Erkrankungen abgegrenzt werden. Es muss zwischen Normvarianten und behandlungsbedürftigen Formen der Pubertas praecox sowie zwischen GnRH-abhängigen und unabhängigen Formen unterschieden werden. Die Quelle der verfrüht gebildeten gonadalen Steroide muss identifiziert und ein möglicherweise zugrunde liegender Tumor erkannt werden. Die dazu benötigten Verfahren sind in der folgenden Übersicht aufgeführt.
Diagnostische Checkliste bei vorzeitiger Geschlechtsentwicklung
  • Familienanamnese: Andere Familienmitglieder mit frühem Pubertätsbeginn („Frühentwickler“), endokrinen oder ZNS-Erkrankungen, oder Syndromen (Peutz-Jeghers-Syndrom); Größe beider Eltern (aktuelle Messungen) mit Berechnung der Zielgröße; Pubertäts- und Wachstumsverlauf der Eltern, Menarche der Mutter <11 Jahre?
  • Eigenanamnese: Aus einem Land mit niedrigem Entwicklungsstand adoptiert? Zusammenstellung aller bisher vorgenommenen Körpermessungen (Kindervorsorgeuntersuchungsheft) in einer Wachstumskurve, Alter bei Thelarche, Pubarche, Beginn des Peniswachstums, Geschwindigkeit der Veränderungen, Pubertätswachstumsschub, Menarche? Bartwuchs? Vermehrte Erektionen, Vorkommen von Ejakulationen? Hormonmedikation (Anabolika, lokale Applikation östrogen- oder androgenhaltiger Externa, Behandlung eines AGS?), vermehrte tägliche Trinkmenge, erhöhte Urinmenge (nächtliches Wasserlassen), OP/Radiatio der Gonaden, des ZNS, ZNS-Trauma, ZNS-Erkrankungen? Kopfschmerzen, Visusverschlechterung, Nüchternerbrechen, unklare Lachanfälle?
  • Befund: Körperhöhe, Gewicht, Pubertätsstadien nach Tanner, Virilisierung (Mädchen), Feminisierung (Jungen), Sekretion aus den Mamillen, Aspekt des äußeren Genitale: Introitus vaginae (Östrogeneinfluss? Ausfluss?), gestreckte Penislänge, Hodenvolumen, Palpationsbefund des Skrotalinhalts, Haut: Fibrome, Café-au-lait-Flecken, „white spots“; Knochendeformitäten, Gesichtsasymmetrie, Lebervergrößerung, abdomineller Tumor? Neurologische Untersuchung, syndromverdächtige Zeichen, andere Zeichen endokriner Hyperaktivität
  • Endokrinologische Laboruntersuchung: TSH, freies T4, LH, FSH, Östradiol/Testosteron, GnRH-Test, IGF-1, Kortisol, DHEA-S, 17-Hydroxyprogesteron, 11-Desoxykortisol; β-hCG, α1-Fetoprotein; selten: Stufenkatheter mit hormoneller Probennahme.
  • Bildgebende Verfahren: Röntgen linke Hand (Skelettalter, Wachstumsprognose); Knochenszintigrafie (okkulte Knochenbeteiligung bei McCune-Albright-Syndrom), magnetresonanztomografische Untersuchung des Kopfes mit Darstellung der Hypothalamus-Sella-Region in Dünnschichttechnik mit und ohne Kontrastmittel, sonografische Untersuchung der Nebennierenregion und des kleinen Beckens/der Hoden: Uterusgröße, Konfiguration, Ovargröße, Binnenstruktur, Tumoren, Zysten, Mikrolithiasis testis?
  • Sonstige Untersuchungen: Ophthalmologische Untersuchung (Augenhintergrund, Gesichtsfeldprüfung), EEG; ggf. kinder- und jugendgynäkologische Untersuchung; gezielt molekulargenetische Zusatzuntersuchungen (KISS1R, KISS1, MKRN3, LHR, GNAS)
Das Fundament der Diagnostik bildet die sorgfältige Analyse der Wachstumskurve und die klinische Untersuchung. Mit wenigen Ausnahmen (s. oben) geht eine signifikante vorzeitige Pubertätsentwicklung immer mit einer Beschleunigung des Längenwachstums einher. Zusätzlich zu den Stadien der Brustentwicklung nach Tanner ist beim Mädchen ein Östrogeneinfluss am Zustand der Schleimhaut des Introitus vaginae abzulesen: Ohne Östrogeneinfluss stellt sich die Scheidenschleimhaut hellrot und durchscheinend dar. Durch Epithelverdickung kommt es unter Östrogeneinfluss zu einem düsterroten, matt-lividen Erscheinungsbild. Basale Laboruntersuchungen bilden selbst fortgeschrittene Stadien der Pubertätsentwicklung oft nicht adäquat ab. Gebräuchliche Immunonachweisverfahren zur Messung von Östradiol sind für die höheren Plasmakonzentrationen erwachsener Frauen optimiert. Mit diesen Nachweisverfahren ist eine zeitgerechte Erfassung des Östradiolanstiegs zu Beginn einer vorzeitigen Pubertätsentwicklung nicht möglich. Die meisten LH- und FSH-Nachweisverfahren sind nicht sensitiv genug, um Unterschiede zwischen der normalen vorpubertären Situation und einer Suppression bei GnRH-unabhängiger Pubertas praecox zu entdecken. Testosteronanstiege erfolgen bei Pubertätsbeginn in den Vormittagsstunden, bei Nachmittagblutentnahme kann eine pubertäre Erhöhung verpasst werden. Die klinisch begonnene Pubertät spiegelt sich bei den Basalwerten oft nur in einer Erhöhung von IGF-1 wider. Daher ist bei klinischem Verdacht auf vorzeitige Geschlechtsentwicklung ein GnRH-Test angezeigt (Kap. „Testverfahren in der pädiatrischen Endokrinologie“). Damit kann zwischen Gonadotropinsuppression, präpubertärem Normalzustand und vermehrt stimulierbaren Gonadotropinen bei Pubertas praecox hypothalamica unterschieden werden. Die Bestimmung des Skelettalters informiert über den Einfluss der vorzeitigen Pubertät auf das Längenwachstum. Wiederholung dieser Untersuchungen in größeren, mindestens 6-monatigen Abständen kann Aufschluss über die Dynamik der Entwicklung geben.
Bei Nachweis einer GnRH-abhängigen Form muss sich immer eine Magnetresonanztomografie des Kopfes anschließen. Bei den GnRH-unabhängigen Formen muss unter Einsatz der Sonografie und anderer bildgebender Techniken auf die Suche nach dem Ursprung der Östradiol- oder Testosteronerhöhung gegangen werden. Gelegentlich kann dazu ein Stufenkatheter mit Probennahme zur Messung von Östradiol, Testosteron oder β-hCG nötig werden. Der differenzialdiagnostische Algorithmus in Abb. 8 und 9 gibt Hinweise zum zweckmäßigen Ablauf der Untersuchungen.
Die aktivierenden Mutationen des GNAS-Gens beim McCune-Albright-Syndrom finden sich im Exon 8 des Gens und führen zu einem Austausch der Aminosäure Arginin durch Cystein, Histidin, Glycin oder Leucin. Sie sind einer molekulargenetischen Diagnostik im Prinzip gut zugänglich. Wegen des unterschiedlichen Anteils betroffener Zellen im Gewebe müssen sensitive Methoden verwendet werden. Damit gelingt der Nachweis einer Mutation aus dem Blut bis zu 35 %, aus dem Ovargewebe bis zu 66 %, aus der Ovarflüssigkeit in 40–80 % und aus Knochen in bis zu 70–80 % (Kalfa et al. 2006).

Therapie der Formen vorzeitiger Reifeentwicklung

Die Therapie der vorzeitigen Reifeentwicklung soll den Ablauf der Pubertätsentwicklung bis zum Erreichen eines normalen pubertätsreifen Alters anhalten und die bestehenden Pubertätszeichen zurückbilden. Mit der Therapie sollen Konflikte aus der Diskrepanz zwischen fortgeschrittener körperlicher Reifung und nicht angepasster psychosozialer Entwicklung vermieden werden. Das zu schnelle Fortschreiten der Knochenreifung soll unterbrochen, ein Kleinwuchs bei zu frühem Verschluss der Wachstumsfuge verhindert und das Erreichen einer normalen Erwachsenengröße ermöglicht werden. Die Therapie muss zugrunde liegende Tumorerkrankungen miteinbeziehen. Dabei soll eine spätere Fertilität erhalten werden. Bei Mädchen sollen zu frühe Schwangerschaften verhindert und das bei früher Menarche erhöhte Mammakarzinomrisiko vermindert werden.

Therapie der GnRH-abhängigen Pubertas praecox

Bei der Entscheidung zur Therapie müssen Geschwindigkeit und Ausmaß der Pubertätsentwicklung sowie die Akzeleration der Knochenreifung und das zu erwartende Ausmaß der Beeinträchtigung der Endlänge berücksichtigt werden. Kinder mit Pubertätsbeginn in zeitlicher Nähe zum normalen Altersbereich, geringer Progressionstendenz und normal bleibender Endlängenerwartung bedürfen meist keiner Therapie, sollten aber in Beobachtung bleiben.
Bei den GnRH-abhängigen Formen wird die Therapie mit GnRH-Superagonisten durchgeführt. Als Reaktion auf eine Langzeitexposition mit GnRH-Agonisten hoher Wirkstärke werden die GnRH-Rezeptoren der gonadotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens internalisiert, die Anzahl der Rezeptoren auf der Zelloberfläche verringert sich. Für das endogene hypothalamische GnRH stehen dann nicht mehr genug Rezeptoren zur Verfügung. Die LH- und FSH-Sekretion sinkt, in der Folge sinken auch die Konzentrationen der gonadalen Steroide. Hoden-, Ovar- und Uterusvolumen gehen in den präpubertären Bereich zurück. Die suppressive Wirkung auf die Hypophysen-Gonaden-Achse hält nur so lange an, wie die Therapie fortgeführt wird. Es kommen Retardpräparate mit monatlicher und 3-monatlicher Injektionsfrequenz zum Einsatz (Tab. 4).
Tab. 4
In der Therapie der Pubertas praecox eingesetzte GnRH-Superagonisten
Name
Hersteller
Aminosäuresequenz
Relative Wirkstärke
Dosierung
Natives GnRH
 
1 pGlu-
2 His-
3 Trp-
4 Ser-
5 Tyr-
6 Gly-
7 Leu-
8 Arg-
9 Pro-
10 Gly
1 -NH2
1
 
Triptorelin Monatsdepot
Ferring
     
D-Trp
    
-NH2
36
(26–56)
KG <20 kg: 1,875 mg
KG 20–30 kg: 2,5 mg
KG >30 kg: 3,75 mg
alle 4 Wochen s.c.
Leuprorelin Monatsdepot
Takeda
     
D-Leu
   
-
-NEt
20
KG <20 kg: 1,875 mg
KG ≥20 kg: 3,75 mg
alle 4 Wochen s.c.
Leuprorelin Dreimonatsdepot
Takeda
     
D-Leu
   
-
-NEt
20
KG <20 kg: 5,625 mg
KG ≥20 kg: 11,25 mg
alle 3 Monate s.c.
Ist zu Therapiebeginn die Zahl der Oberflächenrezeptoren noch nicht abgesunken, überwiegt für kurze Zeit der stimulierende Effekt der Superagonisten. In dieser Zeit kann es zu einer vorübergehenden Verstärkung der Pubertätssymptomatik kommen. Unter der initialen gonadotropen Stimulation können bei Mädchen Ovarialzysten auftreten, die zur Stieldrehung des Ovars Anlass geben können. Die Eltern müssen informiert werden, dass in den ersten Wochen der Therapie plötzlich auftretende Bauchschmerzen umgehend sonografisch abzuklären sind. Um diese Zeit zu verkürzen, werden beim Monatsdepot die ersten 3–4 Injektionen im 2-Wochen-Abstand verabreicht. Nach Abfall der Östrogene in den präpubertären Bereich kann bei Mädchen mit längerer Krankheitsvorgeschichte und aufgebautem Endometrium eine Entzugsblutung auftreten. Eltern und Kinder müssen darauf vorbereitet sein. Bei unzureichendem Ansprechen muss die Dosis erhöht oder bei älteren Kindern das Dosierungsintervall verkürzt werden.
Gegenüber der Endlängenerwartung zu Beginn der Therapie gewinnen die Kinder im Mittel 5–6 cm hinzu, der endlängenbewahrende Effekt der Therapie ist gut. Die Therapie wird gut vertragen. Gelegentlich kommt es zu lokalen Reaktionen an der Injektionstelle. Nach Beendigung der Therapie bei Erreichen eines pubertätsreifen Alters kehrt die Hypothalamus-Hypophysen-Achse nach wenigen Wochen bis Monaten in ihren altersentsprechenden Zustand zurück. Die Regel tritt im Mittel 1,2–1,5 Jahre nach Therapieende ein. Aus Nachbefragungen von Frauen ein bis zu 4 Jahrzehnte nach Therapieende ist keine Beeinträchtigung der reproduktiven Funktion durch die Therapie bekannt geworden. Beim Vergleich mit unbehandelten Patientinnen mit zentraler Pubertas praecox ist sogar von einem fertilitätsprotektiven Effekt einer GnRH-Agonist-Therapie auszugehen (Lazar et al. 2013). Ein signifikanter Einfluss auf die Knochendichte besteht bei normaler Therapiedauer nicht (Heger et al. 2006).
GnRH-Agonisten wirken bei zentraler Pubertas praecox mit Hamartom ebenso gut wie bei idiopathischer zentraler Pubertas praecox. Eine Operation der schwer zugänglichen Hamartome ist risikoreich, ein neurochirurgisches Vorgehen nur zur Behandlung der Pubertas praecox ist nicht indiziert. Einer medikamentösen Therapie nicht zugängliche gelastische Anfälle konnten durch Entfernung des Hamartoms geheilt werden. Damit kam es auch zu einer Remission der Pubertas praecox. Heute wird in der Epilepsiechirurgie der endoskopischen Diskonnektion dieser Tumoren der Vorzug gegeben. Über den Einfluss dieses Vorgehens auf die Pubertas praecox liegen keine Daten vor.

Therapie der GnRH-unabhängigen Pubertas praecox

DieTherapie bei Pseudopubertas praecox ist im Fall von Tumoren auf deren Beseitigung ausgerichtet und geschieht nach den Richtlinien der pädiatrischen Onkologie, (Neuro-)Chirurgie und Strahlenmedizin. Virilisierende Enzymdefekte der Nebennierenrinde sind einer Therapie mit Glukokortikoiden zugänglich (Kap. „Primäre Nebenniereninsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen“). Die Pubertas praecox bei langzeitunbehandelter Hypothyreose verschwindet mit Aufnahme einer L-Thyroxin-Substitution.
Cave
Unbeabsichtigte Exposition mit Östrogenen und Androgenen kann in der Regel aufgedeckt und dann vermieden werden.
Schwieriger ist die Therapie bei Mädchen und Jungen mit McCune-Albright-Syndrom, Jungen mit aktivierenden LH-Rezeptor-Mutationen und Kindern, bei denen hormonaktive Tumoren nicht völlig unter Kontrolle zu bringen sind. Hier können Substanzen eingesetzt werden, die hemmend in die Biosynthese von Östrogenen und Testosteron eingreifen oder die Hormonwirkung am Rezeptor hemmen (Hauffa 2002). Diese Substanzen sind sämtlich nicht zur Behandlung der GnRH-unabhängigen Pubertas praecox zugelassen; es handelt sich um eine Off-label-Anwendung.
Zur Klasse der Enzyminhibitoren gehören bei Mädchen die Aromatasehemmer (vorzugsweise Letrozol), bei Jungen Ketokonazol, bei beiden Geschlechtern Medroxyprogesteron-acetat. Zur Klasse der Rezeptorantagonisten gehören bei Mädchen Antiöstrogene (Tamoxifen), bei Jungen die Antiandrogene Cyproteronacetat, Bicalutamid und Spironolakton. In allen genannten Einsatzbereichen gelingt die Kontrolle der vermehrten Wirkung der gonadalen Steroide nur schlecht, sodass meist eine Kombination von Enzyminhibitoren und Rezeptorantagonisten erforderlich ist. Letrozol 1 mg/Tag p.o. kann die Östrogenwirkung bei McCune-Albright-Syndrom nur teilweise kontrollieren und wird deswegen gelegentlich mit Tamoxifen 10–20 mg/Tag p.o. kombiniert. Als Nebenwirkungen des Tamoxifens sind Hepatotoxizität und Hypertrichose bekannt. Medroxyprogesteronacetat wird in Dosen von 10–50 mg/Tag p.o. oder 50–100 mg alle 2 Wochen i.m. eingesetzt. Nebenwirkungen wie Ödeme, Kopfschmerz, Gewichtszunahme, Entwicklung von Striae rubrae und Nebennierenrindeninsuffizienz begrenzen die Anwendung. Auch Ketokonazol und Cyproteronacetat können zu Nebennierenrindeninsuffizienz führen: Ketokonazol direkt über eine Enzyminhibition, Cyproteronacetat über seine glukokortikoide Partialwirkung und ACTH-Suppression bei Beendigung der Therapie. Ketokonazol wird bei Jungen in einer Dosis bis 200 mg/Tag p.o. eingesetzt Cyproteronacetat in Dosen von 50–150 mg/m2/Tag p.o. Gastrointestinale Unverträglichkeit kann bei beiden Substanzen den Einsatz limitieren. Wegen der Hepatotoxizität ist eine i.v.-Gabe von Ketokonazol kontraindiziert.

Teilformen der vorzeitigen Reifeentwicklung

Brustdrüsenschwellung des Neugeborenen, prämature Thelarche

Die Brustdrüsenschwellung des Neugeborenen ist durch mütterliche Östrogene verursacht und als physiologisch anzusehen. Nichtentzündliche Sekretion aus den Mamillen, auch blutiges Sekret, ist meist vorübergehender Natur und harmlos. Gelegentlich geht die Brustdrüsenschwellung des Neugeborenen bei Mädchen in eine prämature Thelarche über. Sonstige Pubertätszeichen wie Wachstumsbeschleunigung, Skelettalterakzeleration und Schambehaarung fehlen. Erhöhte Östrogenkonzentrationen lassen sich nicht nachweisen. Die prämature Thelarche ist durch Fluktuation der Östrogenspiegel aus den in den ersten 4 Lebensjahren hormonell sehr aktiven Ovarien bedingt, in Kombination mit einer individuell erhöhten Empfindlichkeit der Brustdrüsen gegenüber niedrigen Konzentrationen von Östrogenen.
Als Normvariante bedarf sie keiner Therapie, gewinnt jedoch ihre Bedeutung dadurch, dass sie in eine Pubertas praecox übergehen kann. Regelmäßige Kontrollen sind daher angezeigt.

Prämature Adrenarche

Ein isoliertes Auftreten von Schambehaarung (Pubarche), manchmal in Kombination mit Axillarbehaarung, Hautunreinheiten und Erwachsenenschweißgeruch ohne die oben genannten Zeichen der Geschlechtsreife kann der Pubertätsentwicklung zeitlich vorausgehen und ist dann als Zeichen für die Adrenarche zu werten. Als Adrenarche wird ein von der Pubertät unabhängiger physiologischer Wachstumsvorgang der Zona reticularis der Nebennierenrinde bezeichnet, der zwischen dem 6. und 8. Lebensjahr stattfindet und mit Mehrproduktion adrenaler Androgene, insbesondere Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEA-S) einhergeht. Treten die biochemischen Veränderungen vor dem 6. Lebensjahr auf, spricht man von prämaturer Adrenarche. Eine mehr klinisch orientierte Definition geht von einer prämaturen Adrenarche aus, wenn einige der klinischen Zeichen einer verstärkten Androgenwirkung mit oder ohne Pubarche, aber ohne weitere Pubertätszeichen in Kombination mit über die Altersnorm erhöhten Konzentrationen adrenaler Androgene bei Mädchen vor vollendetem 8. Lebensjahr (bei Jungen vor dem 9. Lebensjahr) auftreten.
Bei prämaturer Adrenarche kommt es meist zu einer geringen Akzeleration der Knochenreifung und einer vorübergehenden leichten Wachstumsbeschleunigung. In ausgeprägten Fällen müssen ein Late-onset-AGS vom Typ des 21- und 11-Hydroxylase-Mangels oder eines 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-/Δ4,Δ5-Isomerase-Mangels oder Hyperandrogenämien anderer Genese differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden (Kap. „Primäre Nebenniereninsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen“). Eine hohe Konzentration adrenaler Androgene in der Vorpubertät ist mit einem früheren Beginn einer Brustentwicklung (Mädchen) oder der Genitalentwicklung (Jungen) und einem verkürzten Pubertätswachstumsspurt vergesellschaftet (Übersicht bei Idkowiak et al. 2011).

Pubertätsgynäkomastie

Diese Teilform der vorzeitigen Reifeentwicklung hat in der täglichen Praxis eine große Bedeutung.
Definition der Gynäkomastie und klinische Diagnose
Die Gynäkomastie ist ein Symptom. Es handelt es sich um eine vom umliegenden Fettgewebe palpatorisch abgrenzbare oder mit sonstigen Methoden nachgewiesene benigne Vermehrung männlichen Brustdrüsengewebes. Wird bei adipösen Jugendlichen eine Brustdrüsenvergrößerung durch eine Fettvermehrung nur vorgetäuscht, spricht man von einer Lipomakromastie. Bei der Abgrenzung beider Formen hilft die vergleichende Palpation des perimamillären Bereichs mit dem Fettgewebe der vorderen Axillarfalte. Täuschen submamilläre Tumoren (z. B. Lipome) eine Gynäkomastie vor, spricht man von Pseudogynäkomastie. Die sonografische Untersuchung kann nur selten zur Unterscheidung beitragen und spielt, wie andere radiologische Verfahren, für die Diagnostik eine eher untergeordnete Rolle.
Cave
Die Durchführung einer Mammografie in den initialen Stadien der Diagnostik einer Pubertätsgynäkomastie muss als Kunstfehler gelten.
Die Pubertätsgynäkomastie ist eine physiologisch in zeitlichem Zusammenhang mit der Pubertätsentwicklung neu auftretende, meist transiente Vergrößerung der männlichen Brustdrüse ohne Nachweis einer zugrunde liegenden Erkrankung. Der tastbare Drüsenkörper ist selten größer als 3,5 cm, der äußere Aspekt geht selten über ein Tanner-Stadium 2 hinaus.
Eine klinisch signifikante Gynäkomastie, die eine weitere Abklärung erfordert, liegt vor, wenn die Größe des tastbaren Drüsenkörpers 4 cm im Durchmesser überschreitet, der Drüsenkörper rasch an Größe zunimmt und begleitende Beschwerden oder Hinweise auf Begleiterkrankungen existieren.
Epidemiologie der Gynäkomastie im Jugendalter
Die Prävalenz der Gynäkomastie in der Gruppe der 14- bis 14,5-jährigen Jungen beträgt 65 %. In der überwiegenden Mehrzahl handelt es sich in diesem Alter um die physiologische Pubertätsgynäkomastie. In etwa einem Viertel aller Fälle mit Pubertätsgynäkomastie beginnt die Vergrößerung einseitig. In einer großen Längsschnittuntersuchung war nach 2 Jahren der Anteil der Jungen mit tastbarem Brustdrüsengewebe von 55,8 % auf 7,7 % zurückgegangen (Nydick et al. 1961). Die Gynäkomastie im Jugendalter ist also in der Regel ein transitorisches Phänomen.
Endokrinologische Aspekte
Auch für die männliche Brustdrüse sind Östrogene der wichtigste Wachstumsfaktor. Es stammen nur 15 % des in den Blutkreislauf sezernierten Östradiols direkt aus dem Hoden; die größere Menge wird in der Körperperipherie durch Aromatisierung aus Testosteron gebildet. Eine weitere Östrogenquelle sind die als Substrat für die Aromatase dienenden adrenalen Androgene, insbesondere Androstendion.
Entscheidend für die trophische Stimulation der männlichen Brustdrüse ist das Verhältnis von Östrogen- und Androgenwirkung. So führen Erkrankungen mit gestörter Testosteronbiosynthese oder Testosteronwirkung, aber vermehrter Bereitstellung von Östrogenen zum relativen Überwiegen der Östrogenwirkung und damit zu einem Wachstumsreiz auf die Brustdrüse. Bei der Pubertätsgynäkomastie wird eine temporäre Östrogen-Testosteron-Imbalance als Ursache angenommen. Diese muss zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung nicht mehr nachweisbar sein.
Prolaktin hat keine direkte Wirkung auf das Wachstum der männlichen Brustdrüse, seine Erhöhung kann aber auf zugrunde liegende Erkrankungen hinweisen.
Differenzialdiagnose der klinisch signifikanten Gynäkomastie im Jugendalter
Bei etwa 5 % der Jugendlichen mit Pubertätsgynäkomastie erreicht diese ein klinisch bedeutsames Ausmaß.
Eine zahlenmäßig nicht unbedeutende Untergruppe stellen die Patienten mit Gynäkomastie bei hypergonadotropem Hypogonadismus dar. In diesem Rahmen ist das Klinefelter-Syndrom (Prävalenz 1:500–1:1000) eine der häufigsten Ursachen einer pathologischen Gynäkomastie in der Pubertät. Die dysgenetischen Testes beim Klinefelter-Syndrom sind klein und derb, ihr Volumen geht in der Pubertät selten über 6 ml hinaus. Eine als Folge der Tubulusdysgenesie erhöhte FSH-Konzentration lässt die Aromataseaktivität ansteigen und führt zu vermehrter Umwandlung von Testosteron in Östrogene. Bis zu 88 % aller Klinefelter-Patienten haben eine Gynäkomastie, die meist recht ausgeprägt ist und bei Beginn einer Testosteronsubstitution noch zunehmen kann. Für die Diagnose beweisend ist ein XXY-Karyotyp, einschließlich Mosaike oder Varianten mit mehr X-Chromosomen. Die kongenitale Anorchie, aber auch erworbene Schädigungen beider Hoden nach Orchitis, Bestrahlung, mechanischem Trauma, bei neurologischen Erkrankungen und chronischer Niereninsuffizienz führen zu einer Gynäkomastie durch relatives Überwiegen der Östrogene nach Absinken der Testosteronproduktion.
Andere Ursachen einer pathologischen Gynäkomastie sind selten. Von den Enzymdefekten der Testosteronbiosynthese sind besonders der 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-Defekt und der 17-Ketosteroid-Reduktase-Defekt zu nennen. Hinweisend auf diese seltenen angeborenen Enzymdefekte sind begleitende Zeichen einer unvollständigen männlichen Differenzierung des Genitales, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Dies gilt auch für mäßig ausgeprägte Formen einer Androgenresistenz. Auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine unvollendete männlichen Differenzierung (Mikropenis, Hypospadien höheren Grades) bei einer Gynäkomastie in der Pubertät müssen deshalb Anlass zu weiterführender Diagnostik (Kap. „Störungen der Geschlechtsentwicklung“) sein.
Ein prolaktinproduzierender Tumor, der über eine Hemmung der Gonadotropine zu einer Verminderung der Testosteronsynthese und dadurch zu einer Gynäkomastie führt, ist in der Pubertät selten.
Eine Östrogenzufuhr durch Nahrung, Medikamente oder perkutane Aufnahme muss anamnestisch ausgeschlossen werden. Medikamente können über eine direkte Wirkung als Östrogen, über eine Steigerung der Östrogenbiosynthese, über eine Verlangsamung des Östrogenmetabolismus, über eine Verminderung der Androgenbiosynthese oder der Androgenwirkung eine Gynäkomastie verursachen. In vielen Fällen ist der Mechanismus nicht bekannt (s. Übersicht).
Medikamente und Substanzen, bei deren Anwendung eine Gynäkomastie auftreten kann
  • Substanzen mit Östrogenwirkung, Östrogenpräkursoren
  • Substanzen, die die Östrogenproduktion steigern
    • Gonadotropine
  • Substanzen, die mit Androgenbiosynthese/dem Androgenrezeptor interferieren
    • Cimetidin
    • Cyproteronazetat
    • Etomidate
    • Flutamid
    • Ketokonazol
    • Metronidazol
    • Spironolakton
    • Ranitidin
    • Zytostatika (Kombinationschemotherapie)
  • Substanzen mit unbekanntem Wirkmechanismus
Vielen Krankheiten ist eine erhöhte gonadale Östrogenproduktion gemeinsam. Gynäkomastie kann das erste Zeichen eines ansonsten klinisch okkulten Hodentumors sein. Bis zu 10 % aller Patienten mit fortgeschrittenem Hodentumor haben eine Gynäkomastie. Keimzelltumoren – wie embryonale Karzinome, Chorionkarzinome, Teratome und weniger häufig Seminome – stimulieren über tumoreigenes hCG die testikuläre Östrogenproduktion. Hier stellen erhöhte β-hCG- oder α1-Fetoprotein-Konzentrationen nützliche Tumormarker dar. Leydig-Zell- und Sertoli-Zell-Tumoren können über eine erhöhte Aromataseaktivität selbst Östrogene produzieren. Klinisch okkulte Tumoren, die der sorgfältigen Palpation entgehen, können in vielen Fällen durch Ultraschalluntersuchung des Hodens diagnostiziert werden.
Im Prinzip können alle ektop hCG-produzierenden Tumoren über erhöhte gonadale Östrogenproduktion zur Gynäkomastie führen. In Frage kommende Tumoren wie Hepatoblastom, Bronchialkarzinom und extragonadales Dysgerminom sind in der Pubertät jedoch eher selten.
Eine andere Gruppe differenzialdiagnostisch bedeutsamer Krankheiten führt zur vermehrten Östrogenproduktion über vermehrte Bereitstellung von Präkursorhormonen, die in peripheren Geweben des Körpers durch vorhandene Aromatase in Östrogene umgewandelt werden. Hierzu zählen neben hormonaktiven Nebennierentumoren und Enzymdefekten der Nebenniere vom 11-Hydroxylase-, seltener vom 21-Hydroxylase-Mangel-Typ, schwere Lebererkrankungen und die Hyperthyreose. Ein ähnlicher Mechanismus wird für die Gynäkomastie in der Erholungsphase nach einer Kachexie angenommen. Messung von spezifischen Vorläufersteroiden, Analyse der individuellen Urinsteroide, Messung der Schilddrüsenhormone oder leberspezifischer Laborparameter führt hier zur Diagnose.
In wenigen Fällen meist familiärer Gynäkomastie konnte man eine deutlich gesteigerte periphere Aromataseaktivität als Ursache für die gesteigerte Östrogenproduktion verifizieren. In vielen Fällen bleibt trotz sorgfältiger Untersuchungen die der Gynäkomastie zugrunde liegende Störung unbekannt.
Bei normalem Ausfall der Basisdiagnostik und Assoziation der Gynäkomastie mit dem Pubertätsbeginn kann eine Pubertätsgynäkomastie angenommen werden. In diesem Fall sind regelmäßige klinische Kontrollen zur Bestätigung einer Rückbildung im Pubertätsverlauf angezeigt.
Therapie
Bei einer nur mäßig ausgeprägten Pubertätsgynäkomastie führt ein ausführliches Gespräch über die benigne, transiente Natur des Phänomens zur größeren Akzeptanz und Selbstsicherheit im Umgang des Jugendlichen mit der Brustdrüsenvergrößerung. Bei gleichzeitig bestehender Adipositas und Lipomakromastie ist eine Gewichtsreduktion anzustreben. Bei schmerzhafter Pubertätsgynäkomastie kann medikamentös behandelt werden: Das in Deutschland für diese Indikation nicht zugelassene Antiöstrogen Tamoxifen (20 mg/Tag in 2 Dosen) führt nach 2–4 Wochen Behandlung zu einem Verschwinden der Schmerzen. In ausgeprägten Fällen mit starker psychischer Belastung kann eine chirurgische Entfernung des Drüsenkörpers erforderlich werden. Diese definitive Therapie sollte von einem mit plastisch-chirurgischen Verfahren vertrauten Chirurgen durchgeführt werden. Im Falle des Klinefelter-Syndroms stellt sie gleichzeitig eine Prophylaxe des bei dieser Erkrankung vermehrt vorkommenden Mammakarzinoms dar.

Ausbleibende, verlangsamte oder zum Stillstand gekommene Reifeentwicklung (Pubertas tarda)

Bei Jungen geht man vom Vorliegen einer Pubertas tarda aus, wenn jenseits eines chronologischen Alters von 14 Jahren noch keine Pubertätszeichen vorhanden sind, wenn der Zeitbedarf für das Durchlaufen der Pubertät von den ersten Zeichen bis zum Erreichen eines Tanner-Stadiums P5 G5 mehr als 5,5 Jahre beträgt oder wenn eine begonnene Pubertätsentwicklung länger als 18 Monate stillsteht.
Bei Mädchen spricht man von einer Pubertas tarda bei Fehlen von Zeichen einer Pubertätsentwicklung jenseits eines chronologischen Alters von 13,5 Jahren, einem Zeitbedarf für das Durchlaufen der Pubertät von den ersten Zeichen (B2) bis zur Menarche von mehr als 5 Jahren oder bei Stillstand einer begonnenen Pubertätsentwicklung von länger als 18 Monaten.

Normvarianten der Pubertas tarda

Den meisten Fällen einer Pubertas tarda liegt die Normvariante einer konstitutionellen Entwicklungsverzögerung zugrunde. Diese hat eine deutliche familiäre Komponente: Bei 80 % aller Jungen und 75 % aller Mädchen mit konstitutioneller Entwicklungsverzögerung gibt es Verwandte 1. Grades, die ebenfalls nach dem Muster einer Entwicklungsverzögerung gewachsen sind (Wehkalampi et al. 2008). Bei dieser Normvariante ist der Zeitbedarf bis zum Abschluss von Längenwachstum und Pubertät erhöht, die Meilensteine der Pubertät und des pubertären Wachstums sind auf der Zeitachse in Richtung eines höheren Alters verschoben. Die biologische Reife tritt verzögert ein, entsprechend ist das Skelettalter gegenüber dem chronologischen Alter retardiert. Die Synchronizität zwischen dem Skelettalter und den Pubertätsstadien ist jedoch erhalten. Die Wachstumsgeschwindigkeit kann besonders hinter dem der Altersgenossen zurückbleiben, wenn diese in ihren Pubertätswachstumsspurt eintreten. Die klinische Untersuchung fällt normal aus. Auch bei Laboruntersuchungen fehlen pathologische Befunde, wenn man die Patientendaten auf vorpubertäre Referenzwerte bezieht. Die Endgröße liegt gewöhnlich im unteren Drittel des Zielgrößenbereichs. Im pubertätsreifen Alter kann das Nichteintreten der pubertären Veränderungen bei den Jugendlichen mit konstitutioneller Entwicklungsverzögerung für psychisch erheblich belastende Konfliktsituationen sorgen.
Cave
Die konstitutionelle Entwicklungsverzögerung als Normvariante ist eine Ausschlussdiagnose. Ein zugrunde liegender Wachstumshormonmangel oder ein Hypogonadismus dürfen nicht übersehen werden.

Formen einer krankhaft verspäteten, inkompletten oder ausbleibenden Reifeentwicklung und ihre Ursachen

Bei den krankhaften Formen der Pubertas tarda unterscheidet man zentrale Formen, die durch Störungen von Hypothalamus und Hypophyse entstehen, von peripheren Formen, die durch eine primär gonadale Störung bedingt sind. Bei der ersten Gruppe ist die pubertäre Aktivierung der GnRHergen Neurone des Hypothalamus oder der gonadotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens gestört. Als Folge bleiben Gonadenwachstum und pubertäre Produktion gonadaler Steroide aus. Im Blut der Patienten sind die basalen Konzentrationen von LH, FSH und Östradiol/Testosteron altersinadäquat präpubertär niedrig (hypogonadotroper Hypogonadismus).
Bei primär gestörter Gonadenfunktion ist die Funktion von Hypothalamus und Hypophyse und die Feedbackkommunikation zu diesen Strukturen gewöhnlich erhalten. Als Reaktion auf die unzureichende Produktion gonadaler Hormone steigen daher die Gonadotropine im Blut massiv an. Diese Kombination von massiv erhöhten Gonadotropinen und präpubertär niedrigen gonadalen Steroiden wird als hypergonadotroper Hypogonadismus bezeichnet.

Zentraler (hypogonadotroper) Hypogonadismus

ZNS-Tumoren, ZNS-Erkrankungen und ZNS-Traumen, die die Strukturen von Hypothalamus und Hypophyse zerstören, führen zu einem hypogonadotropen Hypogonadismus. Unter diesen Tumoren ist das meist zystisch wachsende, sich rasch intra- und suprasellär ausbreitende Kraniopharyngeom häufig. Germinome und intrakranielle Keimzelltumoren können bei hypothalamus- und hypophysennaher Lage durch Druckschädigung einen hypogonadotropen Hypogonadismus auslösen. Optikusgliome, Astrozytome und intrahypophysäre Adenome (z. B. Prolaktinome) kommen als Ursache in Frage, ebenso postinfektiöse oder durch Schädel-Hirn-Trauma verursachte Läsionen, Gefäßprozesse sowie eine Langerhans-Zell-Histiozytose. Eine Schädelbestrahlung mit Dosen >40 Gy ist mit einem hohen Risiko für einen hypogonadotropen Hypogonadismus vergesellschaftet. Angeborene Hirnfehlbildungen, insbesondere mit Mittelliniendefekten, und Mutationen der Gene einiger Transkriptionsfaktoren, die für die normale Entwicklung der hypothalamohypophysären Einheit bedeutsam sind, können einen hypogonadotropen Hypogonadismus verursachen (Kap. „Hypothalamus und Hypophyse: Anatomie, Physiologie und Erkrankungen“). Die o. g. Erkrankungen schädigen nicht nur die gonadotrope Achse, sie gehen auch meist mit multiplen hypothalamohypophysären Hormonausfällen einher.
Ein isolierter Ausfall der gonadotropen Achse wird beim Kallmann-Syndrom durch einen GnRH-Mangel hervorgerufen. Diese Erkrankung kann mit Entwicklungsstörungen des Riechhirns und Anosmie oder Hyposmie einhergehen. Da den Patienten dieser sensorische Defekt oft nicht bewusst ist, muss er mit einem formellen Riechtest objektiviert werden. Häufig assoziiert finden sich zerebrale Anfälle, Kleinhirnataxie, Nystagmus, sensorischer Hörverlust, unilaterale Nierenagenesie und, bei der X-chromosomal vererbten Form, Spiegelbewegungen der oberen Extremität (bimanuelle Synkinesie). Mittlerweile sind 5 monogenische Defekte als Auslöser des Kallmann-Syndroms bekannt (Cadman et al. 2007). Inaktivierende Mutationen von Genen der KISS-KISS1R-Achse, des GnRH-Rezeptors, des LHβ-Gens (Jungen) und des FSHβ-Gens (beide Geschlechter) sind als Ursachen des isolierten hypogonadotropen Hypogonadismus bekannt geworden (Kalantaridou und Chrousos 2002). Ein hypogonadotroper Hypogonadismus begleitet die angeborene Nebennierenrindenhypoplasie bei DAX1-(NR0B1-)Gen-Mutationen.
Interessanterweise gehen die monogenischen Adipositasformen mit Ausnahme der Mutationen des POMC-Gens und des MC4-Rezeptor-Gens mit einem zentralen Hypogonadismus einher. Bei mehreren Syndromen ist ein hypogonadotroper Hypogonadismus Bestandteil der Erkrankung.
Ein funktioneller Gonadotropinmangel ist schließlich Folge vieler chronischer Endokrinopathien und schwerer Allgemeinerkrankungen (einschließlich Ernährungsstörungen, Anorexia nervosa, Bulimie).

Hypergonadotroper Hypogonadismus

Hypergonadotroper Hypogonadismus bei Jungen
Mit einer Prävalenz von 1:500–1000 ist das Klinefelter-Syndrom die häufigste Ursache eines hypergonadotropen Hypogonadismus bei Jungen. Grundlage ist das Vorhandensein eines zusätzlichen X-Chromosoms. Bei 80 % der Betroffenen liegt ein Karyotyp 47,XXY vor. Bei den anderen 20 % der Klinefelter-Patienten finden sich Mosaike oder Varianten mit einer höheren Anzahl von X-Chromosomen. Die Häufigkeit und Schwere neurologischer Symptome nimmt mit steigender Zahl der X-Chromosomen zu. Einige Patienten werden im Rahmen einer Pränataldiagnostik diagnostiziert. Wegen der im pädiatrischen Altersbereich gering ausgeprägten, variablen Symptomatik wird ansonsten die Diagnose oft erst im Erwachsenenalter gestellt. Eine Klinodaktylie des 5. Fingers, Hypertelorismus, hoher Gaumen, Ellenbogendysplasie und ein reduzierter Muskeltonus sind häufig anzutreffende Befunde (Visootsak und Graham Jr. 2006). Bereits im vorpubertären Alter sind Hoden und Penis kleiner als bei den Altersgenossen. Jenseits eines Hodenvolumens von 2 ml ab einem Alter von 12 Jahren finden sich kaum mehr Ad-Spermatogonien in den Tubuli des Hodens, es entwickelt sich eine interstitielle Fibrose, eine hyaline Umformung der Tubuli mit Sertoli-Zell-Dysfunktion und eine Leydig-Zell-Hyperplasie. Während die Testosteronkonzentrationen zu Pubertätsbeginn noch normal ansteigen, fallen die Inhibinkonzentrationen ab, das FSH im Serum steigt an. Das erhöht die Aromataseaktivität, Testosteron wird vermehrt in Östradiol umgewandelt. Die meisten Jungen entwickeln unter Einfluss dieses erhöhten Östradiol/Testosteron-Quotienten in der Pubertät eine hüftbetonte Fettverteilung und eine ausgeprägte rückbildungsresistente Gynäkomastie, aus der überdurchschnittlich häufig Mammakarzinome entstehen. Ab einem Pubertätsstadium 3 steigt auch das LH im Serum an. Darunter kann noch einige Zeit lang ein normaler Testosteronanstieg aufrechterhalten werden, schließlich stagnieren die Testosteronkonzentrationen unterhalb des adulten Normbereichs und sinken gelegentlich noch ab. Im Erwachsenenalter wird ein Hodenvolumen von 6 ml nur selten überschritten. Die Patienten sind infertil oder subfertil. In manchen Fällen kann in Lakunen des Hodens eine Spermatogenese erhalten sein, sodass dann bioptisch Spermien für eine spätere In-vitro-Fertilisierung gewonnen werden können (Lanfranco et al. 2004). Ein Hochwuchs bildet sich offenbar schon ab dem 2. Lebensjahr heraus, früher als bisher angenommen. Im pubertätsreifen Alter nimmt wegen zunehmender Beinlänge der Oberlängen/Unterlängen-Quotient ab. Die Erwachsenengröße ist mit +0,6 SD gegenüber der Bevölkerung erhöht. Dies entspricht im Mittel einem Zuwachs von 6–7 cm, der ausschließlich durch den Zuwachs an Unterlänge bedingt ist (Schibler et al. 1974). Bei vielen Jungen sind Spracherwerb und psychomotorische Entwicklung verzögert, sie benötigen eine Sprachförderung und weisen im Schulalter Lernschwierigkeiten und Verhaltensstörungen auf. In der Mittellinie des Körpers liegende, hCG-produzierende Keimzelltumoren kommen bei Kindern und Jugendlichen mit Klinefelter-Syndrom gehäuft vor.
46,XX-Individuen mit männlichem Phänotyp weisen zu 80 % eine Translokation Y-chromosomalen Materials, einschließlich des Testis determinierenden Faktors (SRY), auf ein X-Chromosom auf und verhalten sich dann endokrinologisch wie Klinefelter-Männer.
Es hatten 90 % der Feten, die im Rahmen einer Amniozentese mit einem Karyotyp 45,X/46,XY diagnostiziert wurden, bei Geburt einen normalen männlichen Phänotyp und anscheinend normale Hoden. Bei einigen 45,X/46,XY-Jungen entwickelt sich später im Rahmen einer testikulären Dysgenesie ein hypergonadotroper Hypogonadismus.
Das Noonan-Syndrom hat mit einer Reihe klinisch überlappender Syndrome den Kleinwuchs, ein charakteristisches Spektrum angeborener Herzfehler und kraniofaziale Auffälligkeiten gemein. Diese Gruppe von Erkrankungen ist durch Mutationen verursacht, die Komponenten der intrazellulären RAS-MAPK-Signalkaskade betreffen (Jorge et al. 2009). Bei Jungen mit Noonan-Syndrom liegt in 75 % aller Fälle eine Pubertätsverzögerung vor. Das Spektrum der Veränderungen der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse ist variabel. Ein signifikanter Anteil der Jungen weist einen hypergonadotropen Hypogonadismus auf, der einerseits durch Sekundärschäden nach Hodenhochstand, andererseits durch eine primäre testikuläre Insuffizienz bedingt sein kann.
Bei einer großen Gruppe von Jungen mit hypergonadotropem Hypogonadismus ist dieser das Resultat einer primären testikulären Insuffizienz bei Anorchie oder nach Noxen. Hierzu gehören Traumen, Infektionen (Orchitis), Exposition mit toxischen Substanzen, Radiatio und Kombinationschemotherapie. Eine komplette Leydig-Zell-Insuffizienz tritt bei einer Hodenbestrahlung erst ab Dosen von 30 Gy ein. Im Rahmen einer Kombinationschemotherapie weisen Alkylanzien (Ifosfamid, BCNU, CCNU, Chlorambucil, Busulfan) und Procarbazin das höchste Risiko für eine Hodentoxizität auf. Von einer Strahlen- und Chemotherapietoxizität ist der Tubulusapparat des Hodens stets mehr betroffen als die Leydig-Zellen, sodass bei LH- und FSH-Anstieg nach Therapie im Kindesalter Vorhersagen über die Notwendigkeit eines späteren Testosteronersatzes schwierig sind.
Eine primäre testikuläre Insuffizienz kann auch Begleiterscheinung einer schweren chronischen Systemerkrankung sein. Gelegentlich sind die Hoden bei der autoimmun bedingten Polyendokrinopathie Typ 1 (mit und ohne Mutation der AIRE-Gens) oder Typ 2 beteiligt.
Partiell inaktivierende Mutationen des LH-Rezeptor-Gens und partielle Defekte der Testosteronbiosynthese führen beim Jungen mit erhaltenem männlichen Phänotyp zum hypergonadotropen Hypogonadismus.
Hypergonadotroper Hypogonadismus bei Mädchen
Bei Mädchen steht bei den Ursachen des hypergonadotropen Hypogonadismus mit einer Prävalenz von 1:2000–2500 weiblichen Individuen das Ullrich-Turner-Syndrom und seine Varianten im Vordergrund. Der Phänotyp des Ullrich-Turner-Syndroms ist gekennzeichnet durch einen früh einsetzenden Kleinwuchs ohne Hinweise auf Wachstumshormonmangel, eine primäre Ovarialinsuffizienz und zusätzliche klinische Zeichen wie Epikanthus, Strabismus, Ptosis, Mikrognathie, hoher Gaumen, nach oben gerichteter Nackenhaaransatz, Pterygium colli, flacher Thorax mit lateralisierten Mamillen, multiple Pigmentnävi, steil ansetzende, hyperkonvexe Fingernägel, Lymphödeme der Fuß- und Handrücken im Neugeborenenalter, Cubitus valgus, kurzes 4. Metakarpale und Fehlbildungen des linken Herzens (bikuspide Aortenklappe, Aortenisthmusstenose, Aortenaneurysma) und der Nieren („Hufeisenniere“, Fehlrotationen, Duplikationen). Endokrinologisch werden die Mädchen durch eine ausbleibende oder sistierende Pubertätsentwicklung oder eine primäre Amenorrhö auffällig. Eine Autoimmunthyreopathie und ein Diabetes mellitus (Typ 1 und 2) kommen häufiger vor als bei nichtbetroffenen Gleichaltrigen.
Grundlage des Ullrich-Turner-Syndroms ist das Fehlen X-chromosomalen Materials. Bei 50 % liegt ein 45,X-Karyotyp vor. Etwa 20 % der Patientinnen weisen ein X-Isochromosom und 10 % der Patientinnen ein Mosaik einer 45,X-Zelllinie mit einer 46,XX-Zelllinie auf. Varianten mit Y-chromosomalem Material werden in weniger als 5 % angetroffen. Es sind 2/3 des Kleinwuchses von etwa –3 SD (entspricht –20 cm Unterschied zum Endgrößenmittelwert gesunder erwachsener Frauen) durch eine Haploinsuffizienz des SHOX-Gens in der pseudoautosomalen Region des X-Chromosoms (Xp22) bedingt. Dagegen sind für die prämature Ovarialinsuffizienz verantwortliche Gene auf dem distalen langen Arm des X-Chromosoms lokalisiert. Bis zur 18. Fetalwoche enthalten die Ovarien von Mädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom eine normale Zahl von Keimzellen. Anschließend kommt es zu einer schnell fortschreitenden Keimzellapoptose, die bei den meisten Patientinnen vor dem Erreichen eines pubertätsreifen Alters zu einem vollständigen Keimzellverlust geführt hat. Die Ovarien sind zu bindegewebigen Strängen umgewandelt. Bei etwa 10–20 % aller Mädchen mit Ulrich-Turner-Syndrom reicht vorhandenes Ovarrestgewebe für die Aufnahme einer spontanen Pubertätsentwicklung aus. Diese wird jedoch meist nicht zu ihrem Ende fortgeführt. Bei bis zu 7,6 % aller Frauen mit Ullrich-Turner-Syndrom im gebärfähigen Alter wurden spontane Schwangerschaften berichtet. Hierbei handelt es sich aber überwiegend um Patientinnen mit Mosaiken vom Typ 45,X/46,XX und 46,XX mit Varianten im Sinne eines X-Isochromosoms (Gravholt 2004).
Im Gegensatz zu Jungen sind Mädchen mit Noonan-Syndrom selten von einer Ovarialinsuffizienz betroffen. Ähnlich wie bei Jungen führen bei Mädchen Noxen durch Traumen, Infektionen (Oophoritis), Exposition mit toxischen Substanzen, Radiatio und Kombinationschemotherapie, eine Galaktosämie sowie schwere chronische Systemerkrankungen oder eine autoimmun bedingte Polyendokrinopathie Typ 1 (mit und ohne Mutation der AIRE-Gens) oder Typ 2 zu primärer Ovarialinsuffizienz mit hypergonadotropem Hypogonadismus.
Partielle Defekte der Östradiolbiosynthese und speziell der Aromatasemangel gehören bei Mädchen zu den seltenen Ursachen der Pubertas tarda. Komplett inaktivierende Mutationen des LH-Rezeptor-Gens und vollständig ausgeprägte Defekte der Testosteronbiosynthese haben bei männlichem Karyotyp einen weiblichen Phänotyp mit ausbleibender Pubertätsentwicklung zur Folge. Klinischer Hinweis auf das Vorliegen dieser Störungen ist das Fehlen von Uterus und Tuben (Sonografie, Laparoskopie).

Diagnostik der verspäteten, inkompletten oder ausbleibenden Reifeentwicklung

Am Anfang der Diagnostik steht die Unterscheidung zwischen der Laborkonstellation eines hypogonadotropen und eines hypergonadotropen Hypogonadismus durch Messung der basalen Konzentrationen von LH, FSH und Testosteron/Östradiol. Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass in einem Alter zwischen 4 und 9 Jahren trotz völligen Fehlens von Gonadengewebe die typische Konstellation eines hypergonadotropen Hypogonadismus mit hohen Gonadotropinkonzentrationen und präpubertär niedrigen gonadalen Steroiden oft nicht nachweisbar ist. Dies wird durch in diesem Alter wirksame inhibierende zentralnervöse Einflüsse erklärt. Die Gonadotropine können vorübergehend präpubertär niedrig sein und eine normale Situation vortäuschen. Das darf bei klinischem Verdacht nicht von der Durchführung einer Chromosomenanalyse zum Nachweis einer numerischen Aberration der Geschlechtschromosomen (Ullrich-Turner-, Klinefelter-Syndrom) abhalten.
Im Fall niedriger Gonadotropine und gonadaler Steroide schließt sich ein GnRH-Agonist-Test an, der bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von konstitutioneller Entwicklungsverzögerung (KEV) und isoliertem hypogonadotropem Hypogonadismus dem GnRH-Test deutlich überlegen ist. Offenbar ist die Stimulation durch den GnRH-Agonisten im Vergleich zu nativem GnRH stärker ausgeprägt und prolongiert, sodass es bei der KEV im Testverlauf zu einem signifikanten Gonadotropinanstieg kommt. Dieser bleibt beim hypogonadotropen Hypogonadismus aus. Das Testprotokoll ist in Abb. 10 dargestellt. Von den meisten Autoren wird ein LH-Anstieg nach 4 h um mehr als 4 IU/l als normal angesehen. Einzelbestimmungen von Inhibin B wird eine ähnliche Treffsicherheit in der Unterscheidung zwischen KEV und isoliertem hypogonadotropen Hypogonadismus nachgesagt. Mit dieser Methode liegen derzeit noch weniger Erfahrungen vor (Harrington und Palmert 2012).
Im Falle eines hypogonadotropen Hypogonadismus ist immer die Durchführung einer magnetresonanztomografischen Untersuchung des Kopfes mit besonderer Darstellung von Hypothalamus, Hypophyse, Bulbi und Sulci olfactorii angezeigt. Bei einer Gonadotropinerhöhung des Jungen gibt ein hCG-Test über die funktionelle Leydig-Zell-Reserve Auskunft. Bei einer Gonadotropinerhöhung beim Mädchen kann bei Unklarheiten über eine erhaltene Ovarfunktion ein rhLH/rhFSH-Test (Kap. „Klinische Untersuchung in der pädiatrischen Endokrinologie“) indiziert sein. Unterschreitet die prospektive Endlänge die Zielgröße oder sind auf eine Chromosomenaberration hinweisende klinische Zeichen vorhanden, ist bei beiden Geschlechtern eine Chromosomenanalyse angezeigt. Über weitere Untersuchungstechniken gibt die folgende Übersicht Auskunft.
Diagnostische Checkliste bei ausbleibender, verlangsamter oder zum Stillstand gekommener Geschlechtsentwicklung
  • Familienanamnese: andere Familienmitglieder mit spätem Pubertätsbeginn („Spätentwickler“), mit endokrinen oder ZNS-Erkrankungen; Größe beider Eltern (aktuelle Messungen): Berechnung der Zielgröße; Pubertäts- und Wachstumsverlauf der Eltern: Menarchealter der Mutter >15,5 Jahre?
  • Eigenanamnese: Zusammenstellung der Ergebnisse aller bisher vorgenommenen Körpermessungen (Kindervorsorgeuntersuchungsheft) in einer Wachstumskurve. Falls schon durchlaufen: Alter bei Thelarche, Pubarche, Pubertätswachstumsschub, Menarche? Rasieren? Vorkommen von Erektionen, Ejakulationen? Nahrungsaufnahme/Essverhalten, Wettkampfsport, Ausdauersportarten, Ballett? Tägliche Trinkmenge, Urinmenge (nächtliches Wasserlassen), OP/Radiatio der Gonaden, des ZNS? Zustand nach Chemotherapie? Riechkraft, Kopfschmerzen, Visusverschlechterung, Nüchternerbrechen?
  • Befund: Körperhöhe, Armspanne, Oberlänge, Unterlänge (Proportionen), Gewicht, Pubertätsstadien nach Tanner, Virilisierung (Mädchen), Feminisierung (Jungen), gestreckte Penislänge, Hodenvolumen, Haut: Fibrome, Café-au-lait-Flecken, „White spots“, neurologische Untersuchung, Riechversuch, Hörtest, Mittelliniendefekte? Gaumenspalte? Andere syndromverdächtige Zeichen? Mukokutane Candidiasis? Klinische Hinweise auf weitere Hormonmangelzustände (Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison)?
  • Laboruntersuchung: TSH, freies T4, Prolaktin; LH, FSH, Östradiol/Testosteron; GnRH-Agonist-Test, hCG-/hMG-Test mit Steroidprofil (GC-MS, LC-MS/MS); weitere Hormonparameter nach klinischem Verdacht
  • Bildgebende Verfahren: Röntgen linke Hand (Skelettalter); magnetresonanztomografische Untersuchung des Kopfes mit Darstellung der Hypothalamus-Sella-Region in Dünnschichttechnik mit und ohne Kontrastmittel, sonografische Untersuchung des kleinen Beckens/der Hoden: Uterusgröße, Konfiguration, Ovargröße, Binnenstruktur, Mikrolithiasis testis?
  • Sonstige Untersuchungen: Ophthalmologische Untersuchung (Augenhintergrund, Gesichtsfeldprüfung), kinder- und jugendgynäkologische Untersuchung; ggf. Laparoskopie; Chromosomenanalyse, molekulargenetische Zusatzuntersuchungen
Der differenzialdiagnostische Algorithmus in Abb. 11 und 12 gibt Hinweise zum zweckmäßigen Ablauf der Untersuchungen. Ein Riechversuch sollte die Einschränkung des Riechvermögens quantifizieren können. Untersuchungen mit geeigneten Riechbestecken werden in HNO-Kliniken angeboten. Eine sonografisch erfassbare Mikrolithiasis testis gibt Hinweise auf abgelaufene testikuläre Noxen und findet sich häufig bei Hodenbeteiligung im Rahmen eines McCune-Albright-Syndroms (Wasniewska et al. 2004).

Therapie der Pubertas tarda

Eine Hormontherapie zur Pubertätsinduktion im pubertätsreifen Alter hat letztlich das zeitgerechte Erreichen eines adulten weiblichen oder männlichen Habitus zum Ziel, geht aber in vielen Aspekten darüber hinaus. Die Modalitäten der Therapie sollen die Physiologie des Pubertätsalters berücksichtigen und die physiologische Entwicklung so gut wie möglich nachbilden. Unter Substitutionstherapie soll ein normaler Pubertätswachstumsspurt durchlaufen und eine am genetischen Ziel orientierte normale Erwachsenengröße erreicht werden. Die Serumkonzentrationen gonadaler Steroide sollen über die gesamte Pubertät im altersphysiologischen Bereich liegen. Am Ende der Pubertätsinduktion soll eine bezüglich der fettfreien Körpermasse, der regionalen Fettverteilung und der Knochendichte normale Körperzusammensetzung erreicht sein. Die Pubertätsinduktion soll eine altersgemäße psychosexuelle Entwicklung gewährleisten. Am Ende sollen normale Libido, Potenz und, wenn bei der jeweiligen Grunderkrankung möglich, Fertilität erreicht sein.
Beim zentralen Hypogonadismus hypothalamischer Genese ist es bereits im pubertätsreifen Alter prinzipiell möglich, mit langfristiger pulsatiler GnRH-Applikation (Pumpe) einen pubertären Anstieg der gonadalen Hormone, Gonadenwachstum und Keimzellreifung zu induzieren. Bei hypophysärer Ursache konnte der gleiche Effekt mit einer kombinierten hCG-hFSH-Therapie erzielt werden (Rohayem et al. 2017). Diese technisch aufwendigen, teuren Therapieverfahren haben in der Pubertätsinduktion eine begrenzte Bedeutung, z. B. bei Jungen mit hohem Leidensdruck wegen unzureichenden Hodenwachstums unter klassischer Testosteronersatztherapie. Sie sind aber fester Bestandteil der Reproduktionsmedizin bei Erwachsenen mit zentralem Hypogonadismus und Kinderwunsch.
Im pubertätsreifen Alter werden wegen ihrer guten Steuerbarkeit und Verträglichkeit überwiegend gonadale Steroide zur Substitution eingesetzt. Bezüglich der Therapiemodalitäten wird zwischen konstitutioneller Entwicklungsverzögerung, isoliert oder in Kombination mit anderen hypothalamohypophysären Ausfällen auftretendem hypogonadotropen Hypogonadismus und einem hypergonadotropen Hypogonadismus unterschieden (Hauffa 2008).

Therapie der ausbleibenden Reifeentwicklung beim Jungen

Die Substitutionstherapie mit Testosteron zum Zweck der Pubertätsinduktion beim Jungen ist in Abb. 13 dargestellt.
Die Effektivität und Verträglichkeit alternativer Behandlungskonzepte ist ebenfalls belegt. So kann initial im niedrigen Dosisbereich oral verabreichbares Testosteron-Undecanoat in einer Dosis von 40 mg/Tag zur Pubertätsinduktion eingesetzt werden. Die erreichten Testosteronserumkonzentrationen variieren jedoch stark, die Therapiekosten der oralen Therapie liegen deutlich über denen der Therapie mit injizierbaren Testosteronestern. Die orale Testosterongabe sollte deshalb besonderen Situationen vorbehalten bleiben, in denen intramuskuläre Injektionen vermieden werden müssen (Erkrankungen mit erhöhter Blutungsneigung) (Ranke und Dörr 2009). Alternativ könnte in solchen Situationen auch auf transdermale Präparate ausgewichen werden. Zumindest in Kurzzeitstudien ist belegt, dass damit im pubertätsreifen Alter konstante Testosteronserumkonzentrationen erreicht werden können (Mayo et al. 2004). Fehlen von Langzeiterfahrung und -studien sowie das Fehlen von Zubereitungen in niedrigen Dosierungsstufen, wie sie bei der Pubertätsinduktion erforderlich sind, haben bislang eine breite Anwendung der transdermalen Präparate verhindert.
Mit wenigen sehr seltenen Ausnahmen (schwerer 5α-Reduktase-Mangel, inkomplette Androgenresistenz) ist die Wirksamkeit einer Testosteronersatztherapie praktisch immer vorhanden, wenn man als Endpunkt das Erreichen eines adulten männlichen Habitus ansieht. Probleme können sich aber auf dem Weg zu diesem Endpunkt ergeben, wenn dieser zu schnell (schmerzhafte Erektionen, starke Libido, beschleunigter Verschluss der Wachstumsfugen) oder zu langsam (hinter den Gleichaltrigen zurückbleibende Entwicklung) angesteuert wird. Als Maß für das richtige Tempo der Anhebung der Testosterondosis kann die klinische Pubertätsentwicklung und die Entwicklung des Skelettalters herangezogen werden. Die Pubertätsentwicklung sollte sich am physiologischen Zeitbedarf für das Durchlaufen der Pubertätsstadien orientieren.
Davon zu unterscheiden sind Probleme, die durch Interaktion der steigenden Testosteronserumspiegel mit vorbestehenden Verhaltensauffälligkeiten und psychiatrischen Komorbiditäten bedingt sind. Die monatliche Injektion eines Testosteronenanthatpräparats führt in den Tagen nach einer Injektion meist zu über den Altersnormbereich angehobenen Testosteronserumspiegeln, in den Tagen vor der nächsten Injektion liegen die Spiegel dann unter der Altersnorm. Bei empfindlichen Individuen können diese Schwankungen die Leistungsfähigkeit beeinflussen. Mit intramuskulär injizierbarem Testosteronundecanoat lassen sich stabile Testosteronserumspiegel im adulten Bereich über 10–14 Wochen aufrechterhalten („3-Monats-Spritze“). Wegen dieser Eigenschaft ist diese Substanz zur Pubertätsinduktion nicht geeignet, stellt jedoch nach Abschluss der Pubertät und Beendigung des Längenwachstums eine vorteilhafte Therapiealternative dar.
Auch bei langjähriger Anwendung sind Nebenwirkungen der Testosteronsubstitution selten. Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms bei seit der Kindheit mit Testosteron substituierten hypogonadalen Männern ist nicht belegt.

Therapie der ausbleibenden Reifeentwicklung beim Mädchen

Östradiol ist das wirksamste der natürlichen, im menschlichen Organismus vorkommenden Östrogene. Es wird daher vorzugsweise, in seiner Form als Valeratester, zur Ersatztherapie im pubertätsreifen Alter benutzt. Erfahrungen bestehen auch mit dem Gebrauch konjugierter Östrogene (standardisiertes Gemisch variabler Zusammensetzung aus dem Harn schwangerer Stuten). Ethinylöstradiol wird verzögert inaktiviert, hat in vielen Geweben eine deutlich höhere Wirkstärke als die vorgenannten Substanzen und hat ein ungünstigeres Partialwirkungsprofil (Tab. 5). Ethinylöstradiol wird daher praktisch nur zur Zyklusstabilisierung in Ovulationshemmern (Ziel: Kontrazeption) eingesetzt.
Tab. 5
Partialwirkungen verschiedener Östrogene. (Mod. nach Leidenberger et al. 2004)
Wirkungsort
Östradiol
Konjugierte Östrogene
Ethinylöstradiol
Vaginalepithel
+++
+++
+++
Proliferation desEndometriums
++
(+)
+++
Suppression derGonadotropine
+/++
(+)
+++
Leberproteine
Bindungsproteine (TBG, CBG, SHBG)
+
+/(++)
+++
+
+/(++)
+++
Renin-Angiotensin-System (Aktivierung)
+
+/(++)
+++
Die Partialwirkungen auf andere Organe werden nicht nur durch die östrogene Substanz selbst, sondern auch durch den Aufnahmeweg beeinflusst. Nach der oralen Gabe von Östradiolvalerat haben die hohen Östradiolkonzentrationen während der ersten Leberpassage durchaus eine signifikante Wirkung auf den hepatischen Stoffwechsel. Bei einer transdermalen oder perkutanen Gabe sind die Blutspiegel, die die Leber erreichen, niedrig, die Stoffwechselwirkungen fallen geringer aus, die Verträglichkeit ist oft besser.
Bei längerer Gabe höherdosierter Östrogene müssen zusätzlich Gestagene eingesetzt werden. Gestagene bewirken die sekretorische Transformation des unter Östrogeneinfluss proliferierten Endometriums, haben aber noch eine Reihe meist positiver östrogenmodulierender Partialwirkungen in anderen Organsystemen. Es sind verschiedene Klassen synthetischer Gestagene verfügbar. Am besten verträglich sind neben mikronisiertem Progesteron die vom 17α-Hydroxyprogesteron abgeleiteten Derivate. Dazu gehören Chlormadinonacetat, Medroxyprogesteronacetat und Dydrogesteron.
Ein vielfach erprobtes Schema für die Ersatztherapie bei Pubertas tarda, bedingt durch weiblichen Hypogonadismus, ist in Tab. 6 dargestellt. Dieses Schema hat sich bezüglich der Geschwindigkeit der induzierten Pubertätsveränderungen und der Erhaltung des Längenwachstums bewährt. Während bei den niedrigen Anfangsdosierungen Erfahrungen mit Östrogenpflastern und -gelen gering sind, können bei Erreichen höherer Dosisstufen alternativ transdermale Systeme eingesetzt werden. Ein Vorteil des transdermalen Östradiols im Vergleich zur oralen Gabe bei Patientinnen mit Ullrich-Turner-Syndrom ist der signifikant bessere Einfluss dieser Therapieform auf die Uterusgröße (Nabhan et al. 2009). In Einzelstudien wurde eine durchgängig mit transdermaler Applikation von Östradiol durchgeführte Pubertätsinduktion bei Ullrich-Turner-Mädchen untersucht. In einer Studie wurde täglich Östradiolgel beginnend mit einer Dosis von 0,1 mg Östradiol/Tag appliziert. Diese Dosis wurde über 5 Jahre bis zu einer Enddosis entsprechend einem Wirkstoffgehalt von 1,5 mg Östradiol/Tag gesteigert (Piippo et al. 2004). Eine andere Empfehlung geht von einer Startdosis bestehend aus ¼ Matrixpflaster mit 2 mg Östradiol 2-mal/Woche (entspricht einer täglichen Wirkstoffabgabe von 6,25 μg Östradiol) aus. Diese Dosis soll über einen Zeitraum von 3–4 Jahren auf eine tägliche Wirkstoffabgabe von 100–200 μg/Tag unter Verwendung geeigneter Matrixpflaster angehoben werden (Bondy 2007). Einschränkend ist zu sagen, dass eine Teilung des Matrixpflasters vom Hersteller auch in den zugelassenen Indikationen nicht vorgesehen ist, eine Teilung somit zum Wegfall der Herstellerhaftung führt.
Tab. 6
Schema zur Pubertätsinduktion und späteren Dauersubstitution bei Mädchen
Therapiezeitpunkt
Östradiolvalerat (mg/Tag) p.o.
Monatstag
Dydrogesterona (mg/Tag) p.o.
Monatsstag
Bis 6. Monat
0,2b
Durchgehend
6.–12. Monat
0,5b
Durchgehend
c
Im 2. Jahr
1,0–1,5
1–28
10
15–28
Ab 3. Jahr
2,0d
1–28
10
15–28
aAlternativ wahlweise 200 mg mikronisiertes Progesteron abends p.o., 2 mg Chlormadinonacetat p.o. oder 5 mg Medroxyprogesteronacetat p.o.
bNiedrige Dosisstufen von Östradiolvalerat sind nicht vorgefertigt erhältlich, sie müssen vom Apotheker aus Tabletten mit höherem Wirkstoffgehalt hergestellt werden
cIm Fall von Schmierblutungen muss schon zu diesem Zeitpunkt ein Gestagen zugesetzt werden
dAlternativ wahlweise ab dem 3. Jahr Östradiolmatrixpflaster mit Wirkstoffabgabe von 100–200 μg/Tag oder Östradiolgel 1,5 mg Östradiol/Tag
Der Therapiestart sollte bei gesicherter Diagnose eines persistierenden Hypogonadismus ab dem 12. Lebensjahr in Erwägung gezogen und der Beginn möglichst nicht über das Ende des 13. Lebensjahr hinausgeschoben werden. Bei Aufnahme einer Therapie mit niedrigen Dosen zu diesem Zeitpunkt sind Beeinträchtigungen der Endlänge auch bei gleichzeitiger Wachstumshormontherapie nicht bekanntgeworden.
Unter Therapie sollten Körperhöhe, BMI und Tanner-Stadien in mindestens 6-monatlichen Abständen kontrolliert werden. Alle 6–12 Monate ist eine Skelettalterbestimmung und eine sonografische Untersuchung des Uterus (Volumen, Konfiguration, Endometriumband) zu empfehlen. Damit lassen sich eine zu schnelle oder zu langsame Dosissteigerung vermeiden.
Ethinylöstradiolhaltige Präparate sollten nur dort zum Einsatz kommen, wo eine Kontrazeption erforderlich ist. Diese Situation scheint zunächst bei Patientinnen mit der Notwendigkeit einer Östrogensubstitutionstherapie nicht gegeben zu sein. Bei einigen Patientinnen mit Ullrich-Turner-Syndrom (z. B. Mosaike) ist jedoch die Möglichkeit einer Schwangerschaft nicht ganz auszuschließen. In diesem Fall kann die Substitutionstherapie nach Abschluss einer Wachstumshormontherapie auf ethinylöstradiolhaltige orale Kontrazeptiva umgestellt werden.
Literatur
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