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Pädiatrische Rheumatologie
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Publiziert am: 10.09.2021

Orthopädische Differenzialdiagnosen und häufige Krankheitsbilder in der pädiatrischen Rheumatologie

Verfasst von: Thomas Wirth
Die Kinder- und Jugendorthopädie beschäftigt sich mit kongenitalen und erworbenen Krankheitsbildern des muskuloskelettalen Systems im Wachstumsalter. Für die differenzialdiagnostischen Überlegungen zu den primär entzündlichen Erkrankungen der Knochen und Gelenke spielen viele erworbene Erkrankungen des Skelettsystems und Traumafolgen eine Rolle. Es handelt sich im Bereich der entzündlichen Erkrankungen um akute und chronische infektiöse Osteomyelitiden und Arthritiden mit altersbedingt unterschiedlichen Häufigkeitsgipfeln und Keimspektren. Ebenfalls mit einem typischen Altersspektrum behaftet, kommen viele verschiedene lokalisierte avaskuläre Nekrosen an den unterschiedlichsten Stellen des Skeletts vor, die im differenzialdiagnostischen Spektrum zu berücksichtigen sind. Maligne und benigne Tumoren und tumorähnliche Veränderungen können die Gelenke oder gelenknahen Regionen betreffen und Symptome ähnlich denen entzündlicher Gelenkaffektionen auslösen. Hauptsymptome sind Schmerzen und auch intraartikuläre Ergussbildungen, die als Leitsymptome differenzialdiagnostisch die wesentliche Rolle spielen. Das Hüftgelenk kann hier als typisches Beispiel fungieren: Gelenkschmerzen und Hüftgelenkerguss können beispielsweise in Zusammenhang mit einer Coxitis fugax, einer bakteriellen oder sympathischen Begleitarthritis, einer Perthes-Erkrankung, einer Erkrankung der Synovialis oder einem intraartikulär gelegenen Osteoidosteom und auch bei Epiphyseolysis capitis femoris oder Schenkelhalsfraktur auftreten.
Das muskuloskelettale System des heranwachsenden Menschen kann durch die verschiedenartigsten kongenitalen und erworbenen Erkrankungen betroffen werden. Zu den erworbenen Krankheitsbildern gehören im Wesentlichen durch akute und chronische Entzündungen, durch lokale aseptische Nekrosen oder durch Traumata und Tumoren verursachte pathologische Veränderungen. Alle Krankheitsbilder beeinflussen die Statik und die Funktion des Bewegungsapparats. Deshalb sind eine sorgfältige Anamnese und eine systematische Untersuchung des Betroffenen unter v. a. funktionellen Gesichtspunkten die Grundvoraussetzung zur Erfassung der komplexen Pathologie und ihrer Auswirkung auf den gesamten Bewegungsapparat.

Wirbelsäule

Rückenschmerzen im Wachstumsalter sind in den letzten Jahren zu einem häufigen Problem in der kinderorthopädischen Sprechstunde geworden. Sie nehmen mit rund 39 % (Roth-Isigkeit et al. 2004) Platz vier in der Rangliste der häufigsten Schmerzursachen im Kindes- und Jugendalter ein. Allerdings kommen sie in der Mehrzahl jenseits des 10. Lebensjahrs vor.
Folglich bedürfen Rückenschmerzen in der ersten Lebensdekade besonderer Aufmerksamkeit und konsequenter Abklärung. Ein wichtiges Leitsymptom ist hier der Nachweis einer Hüftlendenstrecksteife.
Kongenitale Fehlbildungen der Wirbelsäule kommen eher selten vor und sind oft mit Begleitfehlbildungen assoziiert oder Teil syndromaler Erkrankungen. Wir kennen eine ganze Reihe von Malformationen wie Blockwirbelbildungen, einseitige oder balancierte Halbwirbel, Keilwirbel, die zu konnatalen Kyphosen führen oder unilaterale unsegmentierte Knochenbrückenbildungen. Die Auswirkungen sind unterschiedlich. Bewegungseinschränkungen und Verkürzung des Rumpfabschnitts sind die Folgen von Blockwirbeln, an der Halswirbelsäule beispielsweise als Klippel-Feil-Syndrom bekannt. Teilweise sehr schwere und rasch progrediente angeborene Skoliosen können aus einseitig angelegten Halbwirbeln oder unilateraler Knochenbrückenbildung resultieren (Abb. 1).
Immer wieder findet man aber auch akute oder chronische Entzündungen, also Spondylitiden und Spondylodiszitiden, insbesondere bei jüngeren Kindern mit akuten oder chronischen Rückenschmerzen. In einzelnen Fällen muss an eine spezifische Entzündung, wie beispielsweise die Tuberkulose, gedacht werden.
Über 6 % der erwachsenen Bevölkerung haben eine lumbale Spondylolyse, die sich in der Kindheit oft als eine symptomatische Episode von Lumbalgien bemerkbar gemacht haben kann. Dabei liegen lokale oder ausstrahlende Schmerzen der unteren Lendenwirbelsäule und eine massive Bewegungseinschränkung als Hauptsymptome vor. Die meisten Kinder führen eine hyperlordosierende Sportart durch, z. B. Geräteturnen. Aus dieser Spondylolyse kann sich ein Wirbelgleiten entwickeln. Die Spondylolisthesis muss aber später nicht zu Rückenschmerzen führen.
Hinter einer Reihe von chronisch-rezidivierenden Rückenschmerzen stecken tumoröse Veränderungen der Wirbelsäule, weshalb eine sehr sorgfältige Abklärung hartnäckiger Schmerzen zwingend geboten ist. Man findet dann Veränderungen, die durch eine Langerhanszellhistiozytose hervorgerufen werden (Abb. 2), oder eine aneurysmatische Knochenzyste (Abb. 2b). Eine sehr wichtige Differenzialdiagnose ist außerdem die chronisch rezidivierende multifokale Osteomyelitis (CRMO). Bei nächtlichen Schmerzen kann ein Osteoidosteom vorliegen (Abb. 2c). Maligne Primärtumoren der kindlichen Wirbelsäule sind sehr selten.
Strukturelle Formveränderungen kommen meistens in der Adoleszenz vor. Dabei ist die häufigste strukturelle Deformität die Skoliose, die nach neueren Erkenntnissen gar nicht so selten mit Rückenschmerzen assoziiert ist. Über ein Drittel der Patienten mit idiopathischer Adoleszentenskoliose gaben Rückenschmerzen an (Théroux et al. 2017). Auch beim idiopathischen Rundrücken des Adoleszenten, der Scheuermann-Kyphose, können v. a. die thorakolumbalen und lumbalen Formen, aber auch die thorakale Scheuermann-Erkrankung, in der floriden Phase mit starken Rückenschmerzen einhergehen. Nicht immer findet man im Röntgen- oder MRT-Bild die typischen seriellen Keilwirbel oder die Schmorl-Knötchen (Abb. 3).
Ein seltenes Krankheitsbild im Kindesalter ist der Bandscheibenvorfall. Bei Kindern und Jugendlichen kommt eher ein Abriss der Randleiste als traumaassoziiertes Geschehen vor als ein echter Bandscheibenvorfall. Neurologische Begleitsymptome sind außergewöhnlich. Dagegen liegt oft eine eindrucksvolle Hüftlendenstrecksteife vor.
Vor allem bei Jugendlichen bleibt die Abklärung akuter und chronischer Rückenschmerzen in vielen Fällen ergebnislos. Muskuläre Ursachen mögen eine Rolle spielen, aber auch fehlhaltungsbedingte Rückenschmerzen gelten als häufig. Andere Gründe für lumbale Rückenschmerzen im Wachstumsalter sind u. a. rasches Wachstum, langes Sitzen oder psychosoziale Faktoren (Poussa et al. 2005).

Gelenkerkrankungen

Schultergelenk

Primäre Erkrankungen des Schultergelenks sind im Kindesalter selten. Sie treten meist im Zusammenhang mit einer Grunderkrankung, beispielsweise im Sinne einer Instabilität oder Kontraktur als Folge einer oberen Plexuslähmung, oder bei einem traumatischen Ereignis auf. Kongenitale Schultergelenkveränderungen sind ausgesprochen selten und werden oft erst bei Eintreten sekundärer Symptome aufgedeckt. Hierzu gehört die kongenitale Pseudarthrose der Klavikula, die sehr häufig gar keiner spezifischen Therapie bedarf.
Die wichtigste angeborene Veränderung des Schultergürtels ist der angeborene Schulterblatthochstand, die Sprengel-Deformität (Harvey et al. 2012). Ein- oder beidseitig vorkommend, ist sie oft mit einer kongenitalen Halswirbelsäulenveränderung (Klippel-Feil-Syndrom) mit Kopfschiefhaltung und erheblicher Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und des Schultergelenks vergesellschaftet (Abb. 4). Es gibt aber auch leicht ausgeprägte Formen, die funktionell keine schwerwiegenden Einschränkungen bewirken. Eine kongenitale Schulterluxation ist eine absolute Rarität.
Beim Säugling kommen hingegen verschiedene mit einer Pseudoparalyse des Arms assoziierte Schulteraffektionen vor. Unmittelbar postpartal muss an ein geburtstraumatisches Geschehen gedacht werden. Dabei ist die Klavikulafraktur die häufigste Verletzung, gefolgt von der oberen Plexuslähmung. Eine seltene, aber gelegentlich übersehene Verletzung ist die Epiphysenlösung des Humeruskopfs, die immer wieder auch als Schulterluxation fehlgedeutet wird. Das Schultergelenk des Säuglings ist nicht selten Prädilektionsort für das Auftreten einer akuten bakteriellen Arthritis. In vielen Fällen ist der eigentliche Ausgangspunkt die Metaphyse des proximalen Humerus (Danilov et al. 2020).
Eine recht häufige Erkrankung des Schultergelenks im Schulalter ist die habituelle Schulterluxation. Sie wird auch willkürliche Schulterluxation genannt und ist in der Regel von einer multidirektionalen Instabilität bestimmt. Der Luxationsweg ist zwar sehr oft nach dorsal, doch ist das Gelenk auch nach vorne und unten instabil. Der Luxationsvorgang ist praktisch nie von Schmerzen begleitet. Es kommt entweder im Schlaf oder bei zufälligen Ereignissen wie beim Niesen zu schmerzlosen Ausrenkphänomenen mit Spontanreposition. Die Therapie besteht in strikter Vermeidungsstrategie und Physiotherapie, nie operativ (Huber und Gerber 1994). Von der habituellen Schulterluxation müssen die primär traumatische und die posttraumatisch rezidivierende Schulterluxation streng abgegrenzt werden. Es sind oft jugendliche Sportler betroffen. Ein adäquates Trauma ist Auslöser der Luxation, die meist nach vorne stattfindet, und in der Bildgebung können die intraartikulären Schäden, die Hill-Sachs- und die vordere Labrumläsion (Bankart-Läsion) nachgewiesen werden. Die Therapie dieser Verletzung erfolgt in Anlehnung an die Therapie des Erwachsenen zunehmend primär operativ.
Der proximale Humerus ist eine beliebte Lokalisation verschiedener benigner und auch maligner Knochentumoren. Am proximalen Humerus kommt die juvenile Knochenzyste am häufigsten vor, wird allerdings nur bei Infraktionen oder echten pathologischen Frakturen symptomatisch. Anders verhält es sich mit der aneurysmatischen Knochenzyste, die durch ihr expansives Wachstum zu Schmerzen führen kann. Meist asymptomatisch verhält sich das Enchondrom, während die Langerhanszellhistiozytose, das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom des Humerusschafts oder des proximalen Humerus Schulterschmerzen auslösen können.

Ellenbogengelenk

Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen des Ellenbogengelenks lassen sich auf kongenitale, erworbene und mit einem Trauma zusammenhängende Störungen zurückführen.
Die wichtigsten kongenitalen Deformitäten fallen meist erst ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr auf, wenn die Kinder eine zunehmende Selbstständigkeit in ihren manuellen Fertigkeiten erlangen. Es handelt sich um die kongenitale Radiusköpfchenluxation und die angeborene proximale radioulnäre Synostose. Beide führen zu einer eingeschränkten Umwendbewegung des Unterarms und gelegentlich auch Beweglichkeit des Ellenbogengelenks. Das Handgelenk ist oft in einer Pronationsstellung fixiert. Die meisten Alltagsverrichtungen können über eine Kompensation aus dem Schultergelenk heraus gemeistert werden. Bei sehr schweren Fehlstellungen muss allerdings über eine operative Unterarmkorrektur nachgedacht werden (Abb. 5).
Eine Blockierung der Unterarm-Umwendbewegung kommt beim Kleinkind nach Zug am Arm oft temporär vor und ist Folge einer Radiusköpfchensubluxation Typ Chassaignac (Pronatio dolorosa).
Mit zunehmender Popularisierung von Wurfsportarten oder Wurfballspielen wie dem Baseball nehmen auch in unserer Praxis chronische Überlastungsschäden an den Sehnenansätzen des Ellenbogens (sogenannter little league elbow) zu. Es ist wichtig, daran zu denken und seine Anamnese in diese Richtung zu erweitern.
Im Jugendalter findet man als Korrelat chronisch rezidivierender Ellenbogenschmerzen nicht selten eine Osteochondrosis dissecans (OD) des Capitulum humeri (Morbus Panner). Hierbei löst sich ein osteochondrales Fragment allmählich aus dem Capitulum heraus und verursacht anfangs rezidivierende, später andauernde Belastungsschmerzen. Bei partieller oder vollständiger Ablösung kommen Blockierungen und rezidivierende Gelenkergüsse hinzu. Viele der betroffenen Jugendlichen üben einen Wurfsport aus, beispielsweise Handball. Seltene andere Lokalisationen der OD des Ellenbogengelenks sind der Condylus ulnaris und das Radiusköpfchen.
Das Ellenbogengelenk wird im Kindesalter am zweithäufigsten durch traumatische Ereignisse in Mitleidenschaft gezogen. Schmerzhafte Funktionseinschränkungen sind folglich oft auf ein Trauma zurückzuführen. Man findet persistierende Ergussbildungen, Beuge- und Streckhemmungen sowie Blockierungen ohne morphologisches Korrelat. Es gilt dann, die ganze Bandbreite der entzündlichen Gelenkerkrankungen bis hin zu einer posttraumatischen septischen Arthritis mit in die Differenzialdiagnostik einzubeziehen (Witt und Mittlmeier 2007).

Hand- und Fingergelenke

Beschwerden im Bereich der Hand und der Finger gehören zu den seltenen Krankheitsbildern im Kindes- und Jugendalter. Neben den offensichtlichen Fehlstellungen bei longitudinalen Fehlbildungen im Sinne einer radialen Klumphand oder einer Makrodaktylie kommen subtilere angeborene Veränderungen vor. Es handelt sich meist um eine Überlänge oder Verkürzung der Ulna. Beschwerden stellen sich aber oft erst in der Adoleszenz ein. Gelegentlich findet man symmetrische Fingerfehlstellungen, die aber nur extrem selten zu funktionellen Problemen führen. Syndaktylien gehören zu den häufigeren angeborenen Erkrankungen und werden frühzeitig operativ getrennt.
Überlastungssyndrome an der Hand und den Fingern sind im Wachstumsalter ungewöhnlich. Am häufigsten sind sie ein erstes Zeichen auf das Vorliegen einer entzündlichen Grunderkrankung. Selten finden wir in der Adoleszenz eine Lunatummalazie als Ursache.
In einigen Fällen können tumoröse Veränderungen zu Beschwerden führen, die sich dann in der Regel als Enchondrome oder kartilaginäre Exostosen entpuppen.
Aufgrund des exzellenten Remodellierungspotenzials der Region des distalen Unterarms kommen posttraumatische Schmerzzustände am Handgelenk nur nach Eintreten von Wachstumsstörungen vor.

Hüftgelenk

Erkrankungen des Hüftgelenks manifestieren sich im Wachstumsalter durch Schmerzen in der Leisten- oder sehr häufig auch in der Kniegelenksregion, durch Funktionseinschränkungen wie Hinken oder unterschiedlich starke Bewegungseinschränkungen des Hüftgelenks. Ein Fehlwachstum am koxalen Femurende äußert sich meist als muskuläres Problem über eine Insuffizienz der glutealen Muskulatur mit einem Trendelenburg-Hinken. Eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks ist oft mit einem sonografisch sichtbaren Hüftgelenkerguss verknüpft. Die Symptome der verschiedenen Hüfterkrankungen bei Kindern ähneln sich. Bei chronischen oder weniger akuten Problemen stehen Hinken und Bewegungseinschränkung, bei akuten eher Schmerzsymptomatik und Belastungsschwäche des Beins im Vordergrund.
Die wichtigsten Erkrankungen des kindlichen Hüftgelenks können spezifischen Altersabschnitten zugeordnet werden. Im Säuglingsalter sind die Hüftdysplasie, die aber selten mit Schmerzen verknüpft ist, und die septische Coxarthritis die wichtigsten Diagnosen. Im Grundschulalter kommen der Morbus Perthes und die Coxitis fugax und in der Adoleszenz die Epiphyseolysis capitis femoris am häufigsten vor.

Bakterielle (septische) Coxarthritis

Die septische Arthritis des Hüftgelenks ist eine für das Hüftgelenk sehr bedrohliche Erkrankung, wenn sie nicht schnell erkannt und konsequent therapiert wird. Die klassischen Befunde sind die Schonhaltung des Beins in Hüftbeugestellung, die starke hochschmerzhafte Bewegungseinschränkung und Allgemeinsymptome wie hohes Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl. Im Labor sind eine Leukozytose und eine deutliche CRP-Erhöhung nachweisbar. Das Ultraschallbild zeigt einen eindeutigen Erguss. Gelegentlich sieht man im Röntgenbild des Beckens eine Schenkelhalsosteolyse als Zeichen einer primären Osteomyelitis des Schenkelhalses, die sich ins Gelenk ausgedehnt hat oder eine beginnende Luxation des Hüftkopfs (Abb. 6).
Sobald die Diagnose gestellt ist, muss eine chirurgische Entlastung des Gelenks erfolgen, entweder arthroskopisch (Fernandez et al. 2015) oder durch offene Arthrotomie. Außer bei der septischen Arthritis der Säuglingshüfte werden alternative Therapieverfahren über repetitive Aspirationen mit gutem Therapieerfolg propagiert (Pääkkönen et al. 2010). Eine begleitende Osteomyelitis muss zusätzlich chirurgisch angegangen werden. Eine Verschleppung der chirurgischen Therapie führt zu einer progredienten Zerstörung und zu einer Wachstumsstörung des Hüftkopfes mit schwerwiegenden Auswirkungen für das weitere Leben.

Morbus Perthes

Der Morbus Perthes bezeichnet die zu den aseptischen Osteochondrosen zählende partielle oder komplette Hüftkopfnekrose im Wachstumsalter, die als Folge einer temporären Durchblutungsstörung eintritt. Trotz einer Reihe von Theorien zur Genese der Erkrankung, die von arteriellen Embolien über eine Neigung zur Thrombophilie bis zu Ernährungs-, metabolischen und sozialen Faktoren reichen, ist die Ursache unbekannt. Auch genetische Aspekte werden diskutiert. Viele Patienten weisen eine teils erhebliche Skelettretardierung von zwei und mehr Jahren auf und haben zum Zeitpunkt der Erkrankung eine dem chronologischen Alter entsprechend geringere Körpergröße. Beides holen die Kinder im weiteren Wachstum wieder auf.
Die Inzidenz des Morbus Perthes ist abhängig von der ethnischen Zugehörigkeit, zeigt aber auch eine große Variabilität innerhalb einer Bevölkerungsgruppe. Die häufigste aseptische Osteonekrose kommt in unseren Breiten mit einer Inzidenz von etwa 10 pro 100.000 Kinder unter 15 Jahren vor (Wiig et al. 2006). Sie ist in der schwarzen und asiatischen Bevölkerung seltener. Das männliche Geschlecht wird 4-mal häufiger betroffen.
Das Erkrankungsalter des Morbus Perthes erstreckt sich zwischen dem 3. und dem 12. Lebensjahr. Am häufigsten sind Kinder im Alter von 5 bis 8 Jahren betroffen. Beginnt die Erkrankung früher, spricht man von einem Früh-Perthes, nach dem 9. Lebensjahr von einem Spät-Perthes. Dies hat prognostische Bedeutung. Patienten mit einem Früh-Perthes zeigen regelmäßig bessere Endergebnisse als Kinder mit einem höheren Erkrankungsalter (Herring et al. 2004).
Der Morbus Perthes folgt einem stadienhaften Erkrankungsablauf. Das Initialstadium ist radiologisch fast nicht erkennbar, es sei denn man findet eine Gelenkspaltverbreiterung im Seitenvergleich. Im MRT kann man die Durchblutungsstörung der Epiphyse allerdings bereits in diesem Stadium nachweisen. Im zweiten Stadium, dem Kondensationstadium, verdichtet sich die Epiphyse des Hüftkopfs, es kommt zusätzlich zu einer Abflachung des Femurkopfs (Abb. 7). Im weiteren Verlauf zerfällt der Hüftkopf in mehrere Fragmente und verliert weiter an Höhe (Fragmentationsstadium). Der Kopf tritt dann in das Regenerationsstadium ein und baut sich sukzessive wieder auf. Nach Abschluss dieses Wiederaufbaus ist das Endstadium erreicht, das entweder von einer völligen Restitutio ad integrum oder einer mehr oder weniger starken Defektheilung gekennzeichnet ist. Die Krankheitsphasen eins bis vier ziehen sich über 2–3 Jahre hin, das Endstadium ist letztlich erst mit Abschluss des Wachstums erreicht.
Die Diagnostik des Morbus Perthes und die Verlaufskontrollen führt man regelhaft konventionell radiologisch durch (Beckenübersicht, Hüfte axial). Das MRT ist zwar in der Frühdiagnostik von großem Vorteil, aber es liefert nach heutigem Wissen keine Erkenntnisse, die sich auf die Behandlungsstrategie auswirken. Mit dem Perfusions-MRT kann das Nekroseareal zu einem sehr frühen Zeitpunkt erfasst werden, bisher ohne therapeutische Konsequenz (Kim et al. 2014). Die Ultraschalldiagnostik kann durch den Nachweis eines Ergusses wertvolle Hinweise zur Erklärung akuter Krankheitsepisoden liefern. Bis ins Fragmentationsstadium hinein können solche Episoden mit gleichzeitiger Ergussbildung für akute Symptomatiken sorgen (Wirth et al. 1993).
Aus der radiologischen Diagnostik haben sich wichtige Klassifikationen zur Beschreibung der Ausdehnung des nekrotischen Areals und zur Prognose der Erkrankung durchgesetzt. Die Catterall-Klassifikation (Catterall 1971) beschreibt die Ausdehnung des Nekroseareals des Hüftkopfs in vier Gruppen. Die Herring-Klassifikation nutzt die Höhe des lateralen Epiphysenpfeilers, um vier Gruppen zu definieren, die sich in der prognostischen Bewertung der Krankheit unterscheiden (Herring et al. 1992). Zur Bewertung des Endergebnisses und Abschätzung des möglichen langfristigen Arthroserisikos ist die Stulberg-Klassifikation geeignet, die Hüftkopfform und Gelenkkongruenz in drei Gruppen zusammenfasst (Stulberg et al. 1981).
Die Therapie des Morbus Perthes hat in der Vergangenheit alle Facetten konservativer und auch operativer Möglichkeiten genutzt. Aktuell orientiert man sich an klinischen und radiologischen Risikofaktoren, von denen die wichtigsten die Bewegungseinschränkung und das Alter bei Erkrankungsbeginn auf der einen und die zunehmende Lateralisation mit Subluxation des Hüftkopfes auf der anderen Seite sind (Abb. 7a). Ein großes nekrotisches Kopfareal und ein stark abgeflachter lateraler Pfeiler (Catterall III und IV, Herring C) gelten als prognostisch eher ungünstig. Die konservativen Therapiemaßnahmen erstrecken sich auf eine Schmerztherapie durch Antiphlogistika und Entlastung des Beins im Rollstuhl oder an Unterarmgehstützen in den akuten Krankheitsphasen und auf das Erreichen und Beibehalten einer möglichst guten Beweglichkeit durch intensive Krankengymnastik. Eine wie auch immer geartete Schienenbehandlung zur Entlastung des Hüftgelenks hat sich als nicht hilfreich erwiesen. Für die Dauer der floriden Phase besteht ein generelles Sportverbot, von dem nur Fahrradfahren auf der Ebene und Schwimmen ausgenommen sind. Die operative Behandlung des Morbus Perthes orientiert sich am Prinzip des Containments. Dabei kommt es darauf an, geeignete chirurgische Verfahren einzusetzen, um eine optimale Einfassung des Hüftkopfes durch die Pfanne zu gewährleisten. Dies kann durch einfache intertrochantere Umstellungsosteotomien an der koxalen oder azetabulären Seite des Hüftgelenks erfolgen oder auch durch komplexere Verfahren wie die Dreifachbeckenosteotomie auf azetabulärer Seite. In schwierigen Fällen empfiehlt sich die Kombination beider Verfahren (Abb. 7b). Die große Schwierigkeit besteht in der individuellen Indikationsstellung zur Operation. Dabei sind folgende Kriterien Argumente für den chirurgischen Eingriff:
  • Alter jenseits des 6. Lebensjahrs,
  • anhaltend schlechte Beweglichkeit des Hüftgelenks,
  • zunehmende Lateralisation und
  • Subluxation des Hüftkopfs.
Das Ziel der Behandlung ist es, im Endstadium der Erkrankung einen runden Hüftkopf und ein kongruentes Hüftgelenk zu erzielen. Leider kommt es in den meisten Fällen zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Defektheilung mit Entwicklung eines verkürzten Schenkelhalses und eines pilzförmig verbreiterten überdimensionierten Hüftkopfs (Coxa magna et brevis). Der resultierende Trochanterhochstand kann aufgrund der Verkürzung der pelvitrochanteren Muskulatur ein Trendelenburg-Hinken unterhalten. Wenn die Pfanne mitreagiert, kann das Gelenk trotzdem kongruent sein. Prognostisch ungünstig im Hinblick auf eine Früharthrose sind hingegen die Fälle, deren Hüftgelenke mit einer asphärischen Inkongruenz enden (Stulberg et al. 1981).
Die Gesamtprognose wird stark beeinflusst vom Erkrankungsalter und der verbleibenden Remodellierungszeit. Deshalb haben Kinder mit einem Früh-Perthes viel bessere Heilungschancen als diejenigen mit Erkrankungsbeginn jenseits des 9. Lebensjahrs (Abb. 7c) und deswegen zeigen Mädchen einen Trend zu schlechteren Ergebnissen, da ihnen durchschnittlich zwei Jahre Remodellierungszeit fehlen.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen zum Morbus Perthes sind alle Arten entzündlicher Hüftgelenkerkrankungen, allen voran die Coxitis fugax und die juvenile idiopathische Arthritis. Obwohl einige Perthesfälle wie eine Coxitis fugax beginnen können, ist ein direkter kausaler Zusammenhang dieser beiden Erkrankungen nie nachgewiesen worden.

Epiphyseolysis capitis femoris (ECF)

Die Epiphyseolysis capitis femoris ist ein entweder schleichend über Wochen und Monate oder akut binnen maximal 3 Wochen entstehender Abrutsch der Hüftkopfepiphyse nach hinten unten (Abb. 8a). Sie kommt in ihrer klassischen Form im Adoleszentenalter vor. Die akute Form setzt sich fast immer auf eine zuvor unbemerkte chronische ECF auf. Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen. Das Altersspektrum reicht von 9–14 Jahren bei Mädchen und von 10–16 Jahren bei Jungen. In bis zu 50 % der Fälle ist die Erkrankung beidseitig.
Die Ursache der ECF ist nicht ganz geklärt. Neben den in der Pubertät ablaufenden Wachstumsprozessen spielen hormonelle Faktoren eine Rolle. So kommt die ECF bei Kindern und Jugendlichen mit einer manifesten Hormonstörung außerhalb der typischen Altersgrenzen mit Abweichungen nach unten und oben vor. Die meisten Kinder zeigen einen relativen Hochwuchs bei gleichzeitiger Übergewichtigkeit. Als Ursache für die ECF werden auch mechanische Faktoren, die die Stabilität der Wachstumsfuge des Schenkelhalses kompromittieren, angeführt. Eine zunehmende Schrägstellung der Fuge und eine relative Retrotorsion machen die Epiphyse vulnerabler gegenüber den vorhandenen Scherkräften.
Das klinische Erscheinungsbild der chronischen ECF kann lange sehr unterschwellig sein.
Deshalb muss man bei Jugendlichen mit entsprechendem Habitus immer an eine ECF denken, wenn Kniegelenkbeschwerden, ein leichtes Hinken oder aber eine zunehmende Gangstörung mit außenrotierter Fußstellung zum Arzt führen.
Bei der klinischen Untersuchung weicht das Bein bei Hüftbeugung in eine Außenrotationstellung ab (Drehmann-Zeichen). Die akute ECF oder besser die akute Exazerbation einer chronischen ECF hat eine kürzere Anamnese von höchstens 3 Wochen. Es liegen sehr viel ausgeprägtere Symptome vor wie Hinken, Hüft- und Knieschmerzen und eine massive Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks. Meist kann das betroffene Bein nicht belastet werden. Die Außenrotationstellung des Oberschenkels ist offensichtlich. Im Ultraschall findet man bei den akuten Fällen immer einen blutigen Gelenkerguss, der bei der chronischen Variante fehlt.
Die Diagnose wird radiologisch in der Beckenübersicht und der obligaten axialen Aufnahme gestellt. Dort kann auch das Ausmaß des Abrutschs bestimmt werden. Eine Sonografie beantwortet die Frage nach dem Erguss und rundet die Diagnostik ab. Das MRT besitzt keinen Stellenwert.
Die Behandlung der Epiphyseolysis capitis femoris ist immer operativ. Sie wird von den Theorien des femoroazetabulären Impingements beeinflusst und als Modellfall für die Entstehung der Coxarthrose angesehen. Neue Therapiestrategien zielen darauf ab, diese Impingement-Problematik in den Therapiealgorithmus einzubeziehen. Mittel- und langfristige Daten fehlen aber, sodass die alten Therapiegrundlagen weiterhin gültig sind. Bei der chronischen ECF orientiert man sich am Abrutschwinkel. Liegt dieser unterhalb von 30°, erfolgt die Fixierung der Epiphyse in situ. Zwischen 30° und 60° Abrutsch wird die Fixierung der Epiphyse mit einer reorientierenden Osteotomie, die sowohl intertrochantär oder auch auf der Ebene des Schenkelhalses erfolgen kann, kombiniert. Bei einem größeren Abrutsch kann allein durch eine Schenkelhalsosteotomie eine Achskorrektur mit Normalisierung der Artikulation des Hüftgelenks erreicht werden (Abb. 8b). Dieses Verfahren birgt aber ein hohes Risiko der Hüftkopfnekrose und ist sehr kritisch zu würdigen (Wirth 2011a).
Die Therapie der akuten ECF hingegen wird als Notfallsituation gehandhabt. Die chirurgische Behandlung soll möglichst schnell nach Diagnosestellung eingeleitet werden. Es ist entweder die vorsichtige geschlossene Reposition der abgerutschten Epiphyse auf das vor dem akuten Abrutsch bestehende Ausmaß mit gleichzeitiger offener Entlastung des Hämarthros oder die direkte offene Reposition möglich. Die reponierte Epiphyse wird wieder mit Drähten oder einer Schraube fixiert (Parsch et al. 2009). Aufgrund der hohen Rate der Bilateralität wird an den meisten Einrichtungen die prophylaktische Fixierung der Gegenseite empfohlen und durchgeführt.
Für den weiteren Verlauf der Erkrankung sind zwei Aspekte von Bedeutung. Die residuelle Deformierung des Hüftkopfs bei der chronischen ECF kann mittel- bis längerfristig zu einer arthrotischen Umformung des Hüftgelenks mit allen Konsequenzen führen. Durch Umsetzung der Erkenntnisse zum femoroazetabulären Impingement in eine geänderte Therapiestrategie besteht hier ein mögliches Verbesserungspotenzial. Bei der akuten ECF liegt das Hauptproblem in der hohen Rate avaskulärer Nekrosen des Hüftkopfes von 5–20 %. Ist eine Kopfnekrose eingetreten, ist das Erreichen einer normalen Gelenkfunktion praktisch nicht mehr möglich.

Andere Hüftgelenkerkrankungen

In seltenen Fällen können anlagebedingte Achsabweichungen des koxalen Femurendes Hüftgelenkbeschwerden hervorrufen. Dazu gehören Abweichungen in der Frontalebene wie die Coxa vara und die Coxa valga und Torsionsanomalien wie die Coxa antetorta und die Coxa retrotorta. Oft liegen kombinierte Achsfehler vor. Dabei korrigiert sich die Coxa valga antetorta im Wachstum fast immer selbst und kommt nur in Einzelfällen als Ursache für Beschwerden in Frage. Die Coxa vara und die Coxa retrotorta haben hingegen kein gutes Korrekturpotenzial und neigen viel stärker zu sekundärer Arthrosebildung, weshalb die chirurgische Korrektur generell empfohlen wird.
Benigne und maligne Tumoren der Hüftregion gehören eher zu den häufigeren Lokalisationen der Tumoren des Skelettapparats, machen zahlenmäßig dennoch eine geringe Menge aus. Die wichtigsten benignen Veränderungen sind die kartilaginären Exostosen, die zystischen Veränderungen wie die juvenilen und aneurysmatischen Knochenzysten und das Osteoidosteom. Letzteres kommt sehr gern in der Schenkelhalsregion vor und kann trotz teils erheblicher klinischer Symptome lange unentdeckt bleiben. In der Hüftregion findet sich das Ewing-Sarkom als der häufigste maligne Knochentumor. Eine frühzeitige Diagnose kann die Prognose erheblich verbessern.
Bei Jugendlichen können chronisch rezidivierende Hüftarthralgien durch eine pigmentierte villonoduläre Synovialitis oder eine Gelenkchondromatose ausgelöst werden. Hier muss die Diagnose histologisch über eine arthroskopisch unterstützte Biopsie gestellt werden.

Kniegelenk

Das Kniegelenk kann im Wachstumsalter durch anlagebedingte und erworbene Störungen in seiner Funktion beeinträchtigt werden. Die wichtigsten kongenitalen Deformitäten sind
  • die angeborene Kniegelenkluxation,
  • die kongenitale Patellaluxation,
  • die Aplasie oder Hypoplasie der Kreuzbänder und
Nur die kongenitale Knieluxation ist als überstrecktes Kniegelenk bereits bei Geburt als charakteristische Fehlstellung erkennbar. Die angeborene Patellaluxation wird oft erst nach Beginn des Laufalters durch eine persistierende Streckhemmung und Entwicklung einer valgischen Beinachse auffällig. Gleiches gilt für die Kniegelenkinstabilität bei Kreuzbandaplasie, die erst im Laufalter symptomatisch wird. Auch der Außenscheibenmeniskus fällt durch sein klassisches Schnappen über dem lateralen Gelenkspalt meist im Alter von 4–5 Jahren auf.
Die erworbenen Kniegelenkserkrankungen betreffen die Beinachse, die Instabilitäten des Femoropatellargelenks und die große Gruppe der avaskulären Osteonekrosen, die sehr häufig für Kniegelenkbeschwerden verantwortlich sind. Die Kniegelenkregion ist darüber hinaus der Prädilektionsort für viele benigne und maligne Knochentumoren, an die man bei persistierenden Lokalbeschwerden immer denken muss.
Die wichtigsten klinischen Symptome sind die Bewertung der Achsausrichtung der unteren Extremität und das Bewegungsausmaß des Kniegelenks. Beuge- und Streckhemmungen müssen von Gelenkblockierungen abgegrenzt werden. Außerdem sind lokale und Gelenkschwellungen mit und ohne Rötungen und Veränderungen der Gefäßzeichnung zu bewerten. Eine präzise Lokalisation des Druckschmerzes kann in der weiteren Einschätzung der geklagten Symptome helfen. An bildgebender Diagnostik werden primär die konventionelle Röntgendiagnostik, teils mit Anwendung von Spezialaufnahmen, und die MRT eingesetzt. Die Sonografie bleibt speziellen Fragestellungen vorbehalten.
Risikosportarten haben die Zahl traumatischer Kniegelenksereignisse zunehmen lassen, v. a. die Rupturen des vorderen Kreuzbandes sind deutlich angestiegen.

Achsfehler

Die Beinachse verändert sich im Laufe des Wachstums. Im Lauflernalter liegt oft ein physiologisches Genu varum mit Innenrotationskomponente des Unterschenkels vor. Zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr findet man dann häufig ein physiologisches Genu valgum. Außerhalb dieser physiologischen Achsabweichungen ist das Genu valgum und das Genu varum als pathologisch zu bewerten. Man muss aber auch an sagittale Achsfehler wie das Genu recurvatum oder die Malrotationsprobleme denken, die v. a. peripatellare Schmerzen unterhalten können.

Außenscheibenmeniskus

Beim Scheibenmeniskus handelt es sich um eine angeborene scheibenartige Fehlanlage des Außenmeniskus. Es kommen in Anlehnung an Watanabe 3 Varianten vor: der komplette, der inkomplette und der Wrisberg-Typ (Abb. 9). Der Wrisberg-Typ weist eine gelockerte ligamentäre Aufhängung auf und verursacht früh Beschwerden.
Die Symptome treten erst ab dem 3. Lebensjahr, oft erst mit 5 und 6 Jahren auf.
Der klassische Befund bei einem Außenscheibenmeniskus ist das bewegungsabhängige Schnappen des Außenmeniskus im anterolateralen Gelenkspalt.
Beim Beugen drückt es den Meniskus anterolateral heraus, was zu einer richtigen Beule führen kann, die in Streckstellung des Kniegelenks verschwindet. Da der Scheibenmeniskus auch eine größere Dicke zeigt, kommt es mit der Zeit zu einer frühzeitigen Degeneration des Meniskus und Rissbildungen. Dann entsteht auch eine Bewegungseinschränkung mit Streckhemmung und Schmerzen über dem Gelenkspalt. Diese Symptome machen den Scheibenmeniskus zu einer wichtigen Differenzialdiagnose der monartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA).
Die Verdachtsdiagnose wird letzten Endes durch ein MRT bestätigt, das beim Kleinkind eine Narkose erfordert. Im Röntgenbild ist gelegentlich einer Verbreiterung des lateralen Gelenkspalts erkennbar.
Die Therapie des symptomatischen Außenscheibenmeniskus ist operativ. Über einen arthroskopischen Eingriff wird der Meniskus verkleinert und der normalen Form des Meniskus angepasst. Die größere Dicke des Meniskus kann chirurgisch kaum korrigiert werden. Ein Meniskusriss bestimmt allerdings das Ausmaß der Resektion. Die Langzeitergebnisse der partiellen arthroskopischen Resektion sind gut. Je weniger Meniskusgewebe geopfert werden muss, desto geringer ist der Arthrosegrad (Ahn et al. 2015). Die Ergebnisse nach kompletter Außenmeniskektomie münden hingegen in eine frühzeitige laterale Gonarthrose (Räber et al. 1998).

Chondropathia patellae und femoropatellare Instabilität

Das Femoropatellargelenk stellt eine häufige Lokalisation von Kniegelenkschmerzen im Wachstumsalter dar. Gerade Jugendliche haben des öfteren mit peripatellaren Schmerzzuständen zu tun, die man morphologisch nicht erklären kann.
Die sogenannte Chondropathia patellae ist somit oft eine Fata morgana, deren Symptome nach Abschluss der Pubertät in aller Regel verschwinden. Dieses Krankheitsbild zeigt eine dreifach häufigere Betroffenheit des weiblichen Geschlechts. Klinisch dominiert der retropatellare Knieschmerz als Schmerz beim Treppab- oder Bergabgehen und nach längerem Sitzen mit gebeugten Kniegelenken. Bei der Untersuchung liegt ein Patelladruck- und -verschiebeschmerz mit positivem Zohlen-Zeichen vor.
Die Erklärung für die Beschwerden ist bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Man vermutet ein wachstumsbedingtes Ungleichgewicht zwischen der muskulären und ligamentären Führung der Patella oder ein zeitlich begrenztes Missverhältnis in der Größe der Patella und dem Patellagleitlager. Es gibt aber auch einige sehr eindeutige Befundkonstellationen, die die schmerzhaften Episoden erklären können. Die bereits angesprochenen Achsfehler im Valgussinne oder die Fehlrotation der ganzen unteren Extremität mit nach innen zeigenden Kniescheiben können zu peripatellaren Schmerzen führen. Andere Auffälligkeiten sind eine verstärkte laterale Kippung der Kniescheibe (sogenannter patellar tilt). Diese Fehlstellungen bedingen einen höheren patellaren Anpressdruck der Kniescheibe in der Beugephase, v. a. der lateralen Facette, der als Erklärung für die Schmerzhaftigkeit dient.
Die Diagnostik beinhaltet konventionelle Röntgenaufnahmen des Kniegelenks und die Patellatangentialaufnahme in 30°-Beugung sowie zum Ausschluss einer intraartikulären Läsion ein MRT. Die Beurteilung konzentriert sich auf die Evaluation des femoropatellaren Gleitlagers mit Messung des Sulcus- und lateralen patellofemoralen Winkels und auf den Nachweis eines möglichen Patellahochstands. Auch die Form (Wiberg-Typen) und Kippung der Kniescheibe müssen beurteilt werden. Bei der Chondropathia patellae sind die objektivierbaren Abweichungen vom Normalbefund nicht nachweisbar.
Die Therapie ist symptomatisch. Man lässt eine Kräftigung der kniegelenkstabilisierenden Muskulatur durchführen, die Wirkung externer Hilfsmittel ist nicht nachgewiesen. Eine Indikation zu operativen Interventionen ergibt sich im Normalfall nicht. Lediglich bei nachgewiesener verstärkter Patellakippung im Sinne eines lateralen Hyperkompressionssyndroms kann ein laterales Release erfolgreich sein.
Die femoropatellare Instabilität ist in der Regel Folge eines zurückliegenden Traumas im Sinne einer rezidivierenden posttraumatischen Instabilität oder einer Anlagestörung des femoropatellaren Gelenks. So entstehen die habituelle oder auch die permanente Patellaluxation. Der permanenten Luxation liegen oft syndromale Erkrankungen wie das Down-Syndrom zugrunde (Abb. 10). Insbesondere bei der habituellen und der permanenten Instabilität sind die radiologischen Parameter (der Sulcus- und der patellofemorale Winkel sowie der Insall-Salvati-Index [Patellahochstand]) im pathologischen Bereich. Klinisch lässt sich die Kniescheibeninstabilität gut nachweisen und man findet auch häufiger ein retropatellares Reiben während des Bewegungsvorgangs (Wirth 2011b).
Die Therapie der femoropatellaren Instabilität orientiert sich am vorliegenden Befund. In leichten Fällen ist die Therapie konservativ. Kräftigungsübungen für die kniestabilisierenden Muskeln sind am wirksamsten. Bleibt diese Therapie ohne Erfolg, können operative Verfahren eingesetzt werden. Dabei kommen meist Kombinationen aus Weichteiloperationen mit lateralem Release, Rekonstruktion des Ligamentum patellofemorale mediale (MPFL) und medialen Retinakulum und Distalisierung des Vastus medialis als wichtigste Maßnahmen zum Einsatz. Die MPFL-Plastik mit Quadrizeps- oder Semitendinosussehne hat sich als Operationsverfahren der ersten Wahl durchgesetzt. Ergänzend können zusätzliche Patellazügelungsmaßnahmen und auch die Versetzung des Ansatzes des Ligamentum patellae vorgenommen werden. Dabei darf im Wachstumsalter die Fuge der Tuberositas tibiae nicht verletzt werden. Allerdings besteht auch nach operativen Eingriffen eine gewisse Rezidivneigung, die von der Anwendung und Anwendbarkeit des gewählten Verfahrens abhängig ist. Sie liegt zwischen 5 und 20 %.

Osteochondrosis dissecans und aseptische Osteochondronekrosen

Osteochondrosis dissecans
Die Osteochondrosis dissecans (OD) ist eine fokale avaskuläre Nekrose des subchondralen Knochens, die zu einer herdförmigen Ablösung des betroffenen Areals mit Ausstoßung ins Gelenk führen kann.
Die häufigste Lokalisation der OD ist das Kniegelenk gefolgt vom oberen Sprunggelenk und anderen seltener betroffenen Gelenken. Am Kniegelenk kommt sie in den meisten Fällen am medialen Femurkondylus (77 %), seltener an der lateralen Kondyle (16 %) und der Patella (6 %) vor (Hefti 2006). Im Wachstumsalter kommen zwei Verlaufsformen vor: Es kommt nach Belastungsreduktion zu einer spontanen Einheilung des Dissekats oder aber der Herd löst sich ab und wird als Gelenkmaus ins Gelenk ausgestoßen.
Die Ursache der OD ist nicht geklärt. Ätiologisch werden repetitive Mikrotraumata, örtlich begrenzte Durchblutungsstörungen und auch eine gestörte Ossifikation diskutiert. Auch genetische Aspekte scheinen eine Rolle zu spielen, kommen OD-Herde in ca. 10 % doch familiär gehäuft und multifokal vor. Die meisten Patienten üben regelmäßig eine gelenkbelastende Sportart wie beispielsweise Fußball aus. Die Erkrankung kommt sowohl am Kniegelenk wie auch am oberen Sprunggelenk in einem Zehntel der Fälle bilateral vor (Hefti et al. 1999). Es gibt zwei Formen der Erkrankung: die häufigere juvenile OD und die OD des Erwachsenen, die praktisch keine Spontanheilungsrate zeigt.
Wie viele aseptische Osteonekrosen zeigt auch die OD einen stadienhaften Ablauf. Im Initialstadium (Stadium I) kommt es zur fokalen Abgrenzung des Herdes mit Ausbildung der subchondralen Osteonekrose. Der Gelenkknorpel ist intakt. Im weiteren Verlauf schreitet die Abgrenzung durch Bildung einer radiologisch sichtbaren Randsklerose voran (Stadium II). Der Gelenkknorpel ist weiterhin intakt. Im Stadium III findet man eine beginnende Ablösung des Dissekats oder eine Lockerung im Mausbett. Der Knorpelüberzug reißt ein, der OD-Herd wird von Gelenkflüssigkeit unterspült und instabil. Schließlich trennt sich der OD-Herd vom Mausbett und wird zum freien Gelenkkörper (Stadium IV).
Die klinischen Symptome sind stadienabhängig sehr unterschiedlich. Ein Stadium I wird praktisch nur als Zufallsbefund im Rahmen der Abklärung anderer Erkrankungen erkannt. Anfangs spielen belastungsabhängige unspezifische Kniegelenksschmerzen, meist nach dem Sport, eine Rolle. Erst mit zunehmender Ablösung des Dissekats werden die Schmerzen stärker und dauerhafter. Im Falle eines freien Gelenkkörpers entwickeln sich Einklemmungsphänomene und Gelenkblockierungen. Die apparative Diagnostik ist durch ein Röntgenbild in 2 Ebenen oft ausreichend. Das Stadium kann aber präziser im MRT beurteilt werden. Die MRT eignet sich auch gut zur Verlaufskontrolle, wenngleich der Verlauf einfacher und oft auch ausreichend gut im konventionellen Röntgenbild dargestellt werden kann.
Die Therapie orientiert sich an den klinischen und radiologischen Befunden und am vorliegenden Stadium. Bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen sollte zuerst ein konservativer Therapieversuch erfolgen. Dieser besteht eigentlich nur aus einer konsequenten Reduktion der sportlichen Belastung. Verlaufskontrollen finden alle 6 Monate statt. In 60 % der Fälle kommt es zu einer spontanen Ausheilung (Hefti et al. 1999; Abb. 11). Schreitet der Ablösungsvorgang voran oder bleibt eine Heilung über einen längeren Zeitraum aus, können operative Maßnahmen notwendig werden. Dazu gehören die arthroskopisch gestützte retrograde Herdanbohrung und die retrograde Spongiosaunterfütterung. Im Falle der Dissekatablösung besteht die Möglichkeit der Refixation. Freie Gelenkkörper können entfernt werden. Bleiben große Defektzonen in der Gelenkfläche zurück, besteht die Möglichkeit der Oberflächenrekonstruktion über eine Mosaikplastik oder Knorpelknochentransplantation.
Die Gesamtprognose der Erkrankung ist günstig. Zwar sind im unbehandelten Fall sekundäre Arthrosen im Langzeitverlauf möglich, doch kann die OD im Allgemeinen mit den skizzierten Behandlungsmethoden zur Ausheilung gebracht werden.
Morbus Osgood-Schlatter
Beim Morbus Osgood-Schlatter handelt es sich um die aseptische Osteonekrose der Tuberositas tibiae. Sie kommt am häufigsten bei sportlichen Jungen im Alter von 10–15 Jahren vor und resultiert aus einer chronischen Überbelastung durch repetitiven Stress des Ansatzes des Ligamentum patellae an der Tuberositas. Die Erkrankung ist bei sportlich aktiven Kindern 4-mal häufiger als bei Gelegenheitssportlern und kommt in einem Viertel der Fälle beidseitig vor.
Die klinischen Symptome können im floriden Stadium der Erkrankung sehr stark sein. Neben Ruheschmerzen, die manchmal die Belastung des Beins sehr erschweren können, werden v. a. belastungsabhängige lokale Schmerzzustände beobachtet. Es kommt regelhaft zu einer anfänglich weichteiligen, später zunehmend knöchernen Schwellung der Tuberositas tibiae. Die Streckung des Kniegelenks gegen Widerstand oder das Anheben des gestreckten Beins sind schmerzhaft. Im seitlichen Röntgenbild des Kniegelenks kann dann die Diagnose gestellt werden. Die Tuberositas tibiae ist erhaben und fragmentiert. Im weiteren Verlauf kommt es zur knöchernen Konsolidierung der Fragmente und Ausheilung mit etwas prominenterer Tuberositas. Nur in Einzelfällen findet ein Fragment keinen knöchernen Anschluss und verursacht fortgesetzt Schmerzen.
Therapeutisch wird streng symptomorientiert vorgegangen: Sportpause im floriden Stadium und Belastungsaufbau je nach Schmerzhaftigkeit. Manchmal sind auch lokal antiphlogistische Maßnahmen angezeigt. Eine Ruhigstellung des Gelenks kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Persistiert ein schmerzhaftes Ossikel, kann dieses chirurgisch entfernt werden.
Morbus Sinding-Larsen-Johansson
Die aseptische Knochennekrose des distalen Patellapols wird Morbus Sinding-Larsen-Johansson- genannt. Sie ist weitaus seltener als der Morbus Osgood-Schlatter, betrifft aber die gleiche Patientengruppe. Ätiologisch sind wiederholte Zugbelastungen am Streckapparat des Kniegelenks für das Krankheitsbild verantwortlich. Das klinische Hauptsymptom ist der belastungsabhängige Schmerz am distalen Patellapol. Dieser wird von einer eher diskreten lokalen Schwellung begleitet. Radiologisch sieht man eine Verdichtung des knöchernen Ansatzes des Ligamentum patellae an der Kniescheibe, selten auch eine Fragmentierung. Der Befund ist im konventionellen Röntgenbild schwer erkennbar, weshalb sich die kernspintomografische Diagnostik anbietet.
Die Therapie folgt den Prinzipien der Therapie des Morbus Osgood-Schlatter. Die Prognose des Morbus Sinding-Larsen-Johansson ist gleichermaßen günstig.

Andere Kniegelenkerkrankungen

Die meisten gut- und bösartigen Tumoren des Skelettsystems kommen in der Kniegelenksregion vor. So sind das distale Femur und die proximale Tibia die häufigste Lokalisation für das harmlose nichtossifizierende Fibrom und für die kartilaginären Exostosen. Aber auch die juvenile und aneurysmatische Knochenzyste, der Riesenzelltumor, das Osteo- und Chondroblastom oder das Chondromyxoidfibrom haben ihren Prädilektionsort im Kniegelenksbereich. Das Osteosarkom sitzt in 70 % der Fälle entweder am distalen Femur oder an der proximalen Tibia.
Die Patienten fallen mit uncharakteristischen Schmerzen auf, beim nichtossifizierenden Fibrom wird die Diagnose zufällig gestellt. Die kartilaginäre Exostose zeigt sich in der typischen knochenharten Prominenz. Manche Tumoren führen zu einer zunehmenden Weichteilschwellung im betroffenen Bereich. Erst spät kommt eine Einschränkung der Belastbarkeit der Extremität hinzu. Die Diagnose wird durch das Röntgenbild und MRT vorbereitet und nach Probebiopsie histologisch gestellt.
Exkurs: Nächtlicher Wachstumsschmerz
Eine andere Problematik betrifft ebenfalls sehr häufig die Kniegelenksregion und äußert sich v. a. durch nächtliche Schmerzen mit wechselnder Intensität und auch wechselnder Lokalisation (Kap. „Schmerzerkrankungen des Bewegungsapparats im Kindes- und Jugendalter“). Ganz typisch ist, dass dieser kniegelenknahe Schmerz belastungsunabhängig nachts auftritt und beidseitig vorkommt. Er betrifft v. a. Kinder im Vor- und Grundschulalter. Die klinische und apparative Untersuchung verläuft im Leeren. Schlussendlich wird die Diagnose „nächtlicher Wachstumsschmerz“ im Sinne einer Verlegenheitsdiagnose gestellt. Die Diagnose darf aber nur gestellt werden, wenn die oben skizzierten ernsthaften Krankheitsbilder ausgeschlossen wurden.

Sprunggelenk und Fuß

Schmerzen in der Sprunggelenksregion und im Fuß kommen bei Kindern und Jugendlichen relativ häufig vor. In der Beurteilung müssen das Alter des Kindes und begleitende Deformitäten oder Gelenkfehlstellungen des ganzen Beins Berücksichtigung finden.
Es ist besonders wichtig, dass man sich das getragene Schuhwerk bei der Bewertung kindlicher Fußschmerzen genau ansieht: Ist es passgenau, wie wird die Sohle abgelaufen?
Der kindliche Fuß ist bis etwa zur Einschulung in der Regel ein sogenannter physiologischer flexibler Knicksenkfuß. Auch wenn später ein flexibler Knicksenkfuß bestehen bleibt, verursacht er nur ganz selten Schmerzen. Man kann das Ausmaß der Pathologie gut von der Fußbeschwielung ableiten. Natürlich kommen auch viele andere Fußformen wie der Spreizfuß, der hochgesprengte und der Hohlfuß vor. Bilden sie sich sekundär aus einem initial normalen Fuß, dann sind eine erweiterte, insbesondere neurologische Zusatzdiagnostik und auch eine Einstufung als pathologische Fußform notwendig. Ab dem 10. Lebensjahr finden wir rigide Knicksenkfüße. Sie haben meist eine tarsale Coalitio der Knochen des Rückfußes als Ursache. Eine erweiterte Diagnostik durch MRT oder CT erbringt die Diagnose (Abb. 12). In der gleichen Altersgruppe verursachen akzessorische Knochen oder ossäre Varianten schmerzhafte Druckstellen am Fuß. Am häufigsten findet man mediale Druckschmerzen als Folge eines Os tibiale externum oder Os naviculare cornutum in Kombination mit einem Knicksenkfuß. Wenn die Schuhwahl keine Linderung schaffen kann, dann können in diesen speziellen Fällen Einlagen für Abhilfe sorgen.
Vor allem im Vorschulalter kommen okkulte Frakturen als Ursache von Fußschmerzen in Betracht. Das Fußskelett ist noch weich, die Knochen des Fußes sind überwiegend spongiös und deshalb empfänglich für radiologisch kaum nachweisbare Fissuren und Frakturen.
Auch im Bereich des oberen Sprunggelenks und Fußes findet man Arthritiden, Osteomyelitiden und benigne oder maligne Tumoren. Aseptische Osteonekrosen des Fußes und die Osteochondrosis dissecans des oberen Sprunggelenks gehören zu den häufigen Lokalisationen der jeweiligen Entität.

Osteochondrosis dissecans tali und aseptische Osteonekrosen des Fußes

Osteochondrosis dissecans tali
Die Osteochondrosis dissecans (OD) des Talus ist die zweithäufigste Lokalisation überhaupt und kommt zu über 90 % an der medialen Talusschulter vor. Die Ursachen sind repetitive Mikrotraumata und wiederholte Supinationsverletzungen beim Sport. Die Kinder klagen über belastungsabhängige Sprunggelenksbeschwerden. Nur selten kommt es zu Schwellungen oder gar Gelenkblockaden (Steinhagen et al. 2001). Die Stadieneinteilung wird analog zur OD des Kniegelenks vorgenommen. Allerdings spricht die Therapie der OD des oberen Sprunggelenks nicht sehr gut auf konservative Maßnahmen an – je höher das Stadium, desto weniger (Heyse et al. 2015). Auch die einfache retrograde Anbohrung des OD-Herdes hat meist keine Ausheilung zur Folge. Selbst bei jungen Betroffenen mit noch weit offenen Wachstumsfugen wird eine Spontanheilung nur selten beobachtet. In unserem Patientengut haben wir den besten Kompromiss zwischen minimalinvasivem Vorgehen und guter Heilungsquote durch die arthroskopisch unterstützte retrograde Spongiosaplastik erzielt. Diese Methode verlangt aber einen intakten Gelenkknorpel. Bei Zerstörung des Gelenkknorpels oder bei Ablösung des Dissekats ist eine Arthrotomie, die oft nur durch gleichzeitige Innenknöchelosteotomie möglich ist, zur stadiengerechten chirurgischen Behandlung nötig.
Unsere Therapieempfehlung ist die Durchführung einer Arthroskopie des oberen Sprunggelenks mit retrograder Spongiosaplastik nach erfolgloser, durch ausbleibende Befundverbesserung im MRT dokumentierter konservativer Therapie (Sportpause). Bei Herdablösung oder Gelenkknorpelschädigung kommen die Spongiosaunterfütterung und Refixation oder die Knorpelknochentransplantation über Arthrotomie des OSG zum Einsatz.

Aseptische Knochennekrosen

Die aseptischen Osteonekrosen des Fußes gehören zu den häufigeren Lokalisationen der Osteonekrosen im Wachstumsalter. Sie betreffen nicht nur den Mittelfuß und Fußwurzelknochen, sondern kommen auch im Bereich von Apophysen vor. Es findet immer der klassische Erkrankungsablauf statt: Nach der Fragmentierung des betroffenen Nekroseareals kommt es zum Wiederaufbau mit unterschiedlichem Ergebnis von Restitutio ad integrum bis hin zu schweren Deformierungen. Viele der aseptischen Nekrosen werden im floriden Stadium nicht erkannt, da sie asymptomatisch verlaufen. Meist aber zeigen sich lokale Belastungsschmerzen mit einer unterschiedlich stark ausgeprägten Schwellung. Im Gelenkbereich der Mittelfußköpfchen kommt eine Bewegungseinschränkung hinzu. Der Heilungsverlauf dauert Monate bis mehrere Jahre, wobei sich die Schmerzphase meist auf den floriden Krankheitsabschnitt begrenzt. Selten sind operative Maßnahmen erforderlich.

Os naviculare (Morbus Köhler)

Die aseptische Osteonekrose des Os naviculare kommt zwischen dem dritten und zehnten Lebensjahr vor. Der Häufigkeitsgipfel liegt im Alter von 5 und 6 Jahren. Es handelt sich um eine passagere Durchblutungsstörung des Knochens, deren Ursache ungeklärt ist. Das männliche Geschlecht ist 4-mal so oft betroffen wie das weibliche. Ein beidseitiger Befall kommt etwa in einem Drittel der Fälle vor (Köhler 1913).
Die Symptomatik umfasst belastungsabhängige lokalisierte Mittelfußschmerzen, Schwierigkeiten beim Abrollvorgang und lokale Druckschmerzen sowie Schwellungszustände. Radiologisch findet man im Frühstadium eine Verdichtung des Knochenkerns, später eine Fragmentierung. Je nach Alter des Kindes ist die Abgrenzung gegenüber dem Normalbefund wegen der altersabhängigen Knochenkerngröße nicht ganz einfach. Das Endstadium zeigt in der Regel eine Restitutio ad integrum ohne verbleibende Deformierung.
Die Therapie ist symptomatisch. Eine Entlastung des Beins im akuten Stadium kann nötig sein, meist reicht jedoch die Verordnung einer weichbettenden Einlage aus. Sobald der Fuß nicht mehr schmerzhaft ist, kann der Patient zur Normalbelastung des Fußes zurückkehren.

Metatarsaleköpfchen (Morbus Freiberg-Köhler)

Die aseptische Osteonekrose der Köpfchen der Metatarsalia betrifft v. a. das Os metatarsale II. Die anderen Mittelfußknochen erkranken erheblich seltener. Diese avaskuläre Knochennekrose tritt in der zweiten Lebensdekade auf und kommt überwiegend beim weiblichen Geschlecht vor (Köhler 1920).
Die Patientinnen klagen über teils heftige Schmerzen über dem betroffenen Mittelfußköpfchen, v. a. auch beim Abrollvorgang. Sprungbelastungen sind unmöglich, Schwellungen treten regelmäßig zusätzlich auf. Es zeigen sich ein starker lokaler Druckschmerz und eine deutliche Einschränkung der Dorsalextension im Grundgelenk.
Radiologisch sieht man die Verdichtung oder Fragmentation des Mittelfußköpfchens, nicht selten mit einem Einbruch der Gelenkfläche. Diese flacht sich stark ab und wird inkongruent.
Die Therapie besteht bei akuten Symptomen in einer Entlastung des Fußes, einer retrokapitalen Stützung der Mittelfußknochen und in antiphlogistischer Behandlung. Bei starker Deformierung des Köpfchens kann die extendierende subkapitale Osteotomie Linderung verschaffen.

Apophysitis calcanei (Morbus Sever)

Bei dieser ebenfalls als aseptische Nekrose angesehenen Erkrankung kommt es zu einer Osteonekrose der Apophyse des Fersenbeins. Nach einer Verdichtung des Knochens zerfällt dieser in multiple Fragmente und baut sich im Verlauf wieder komplett auf. Das Krankheitsbild betrifft häufig beide Füße und kommt hauptsächlich bei Jungen im Alter zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr vor.
Die Kinder äußern rezidivierende belastungsabhängige Fersenschmerzen. Sie vermeiden gelegentlich, die Ferse direkt zu belasten. Auch lokale Schwellungen werden beobachtet. Zum Zeitpunkt des Auftretens der Schmerzen kann das Röntgenbild noch normal sein, da nur eine schlechte Korrelation zwischen klinischer Symptomatik und radiologischem Stadium besteht.
An therapeutischen Möglichkeiten hat sich die Entlastung der Ferse als am geeignetsten erwiesen. Sportpause und Weichbettungen der Ferse haben sich bewährt. Die Symptome verschwinden im Verlauf üblicherweise vollständig.
Von großer Bedeutung können differenzialdiagnostische Überlegungen sein. Der Fersenschmerz des Jugendlichen kann ein erstes Zeichen einer rheumatischen Erkrankung mit Enthesitis darstellen. Kalkaneuszysten verursachen nur in den seltensten Fällen Schmerzen und auch Achillessehnenbeschwerden sind im Kindes- und Jugendalter selten. Es kommen aber immer wieder Osteomyelitiden im Fersenbein vor, wie beispielsweise die chronisch rekurrente multifokale Osteomyelitis. Auch maligne Tumoren sparen den Calcaneus nicht aus.

Frakturen und Gelenkverletzungen

Knöcherne Verletzungen

Das Erscheinungsbild und die Therapie der kindlichen Frakturen unterscheiden sich signifikant von denen beim Erwachsenen. Die knöchernen Verletzungen betreffen das wachsende Skelett, dessen physiologische Wachstumsprozesse und anatomische Besonderheiten in die Behandlungsstrategie einfließen müssen. Die Wachstumszonen der langen Röhrenknochen, die Epiphysenfugen, sind besondere anatomische Strukturen, die auf Verletzungen auf unterschiedliche Weise reagieren können. Im Falle einer direkten Beschädigung der Wachstumsfuge können schwere Wachstumsstörungen resultieren. Die Fuge kann aber auch durch Frakturen in der Metaphyse und im Schaftbereich über eine Durchblutungssteigerung stimuliert und zu verstärktem Wachstum angehalten werden. Die einzelnen Wachstumsfugen haben ein unterschiedliches Wachstumspotenzial. Am proximalen Humerus und am distalen Radius leisten die Fugen beispielsweise 80 % des Längenwachstums des jeweiligen Knochens. Daraus ergibt sich, dass Frakturen am distalen Unterarm und proximalen Humerus posttraumatische Fehlstellungen durch wachstumsbedingte Remodellierungsphänomene viel besser ausgleichen können als solche am distalen Humerus.
Für die Behandlung einer Fraktur im Kindes- und Jugendalter muss das altersabhängige Remodellierungspotenzial einer jeden Fraktur bekannt sein, um die adäquate Therapie einzuleiten. So können beispielsweise Fehlstellungen einer distalen Radiusfraktur von 40° bei einem 4-Jährigen und von 20° bei einem 10-Jährigen noch toleriert werden, da sie komplett korrigieren. Hingegen muss eine suprakondyläre Humerusfraktur im Kindesalter immer exakt reponiert und gesichert werden, da dort ab dem 5. Lebensjahr praktisch keine Remodellierung mehr stattfindet. Ad latum-Fehlstellungen einer ganzen Schaftbreite sind im Vorschulalter unproblematisch, denn sie werden vollständig korrigiert. Nur Rotationsfehlstellungen dürfen nicht so großzügig bewertet werden. Ihre Korrekturmöglichkeit beträgt höchstens 20° am Oberschenkel und Oberarm. Am Unterschenkel sind Rotationsfehler über 10° inakzeptabel. Gegen Ende der Wachstumsperiode gleichen sich die Behandlungsprinzipien denen der Erwachsenentraumatologie immer mehr an, da dann die Remodellierungsmöglichkeiten sehr stark zurückgehen.
Das kindliche Skelett ist für Frakturen aufgrund seiner biologischen Beschaffenheit sehr empfänglich. Im Kindesalter beobachten wir Bandverletzungen viel seltener, da die kindlichen Ligamente meist höheren Zugkräften Stand halten als die Knochen. Die meisten knöchernen Verletzungen ereignen sich beim Spielen und Toben (ca. 50 %), ein weiterer großer Teil beim Sport (30–40 %) und der kleinste Teil als Folge von Verkehrsunfällen (10–20 %). Das Polytrauma ist im Kindesalter glücklicherweise selten.
Im Kindesalter unterscheidet man verschiedene Brucharten (Abb. 13):
  • den Wulstbruch,
  • den Grünholzbruch und
  • den kompletten Bruch.
Als Besonderheit kann es in einzelnen Fällen auch nur zur Verbiegung eines langen Röhrenknochens kommen. Außerdem gibt es Frakturen, die die Wachstumsfuge direkt betreffen und die deshalb eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Der Wulstbruch kommt ausschließlich metaphysär vor und weist keine Unterbrechung der Kortikalis auf, sondern nur eine Einknickung. Eine Achsfehlstellung ist möglich. Beim Grünholzbruch, der bevorzugt im Schaftbereich eines langen Röhrenknochens auftritt, kommt es wie bei frischem Holz zum Bruch nur einer Kortikalis, während die andere intakt bleibt. Der komplette Bruch weist die knöcherne Unterbrechung beider Kortikales auf (von Laer 2007). Es gibt vier verschiedene Typen von Verletzungen mit Beteiligung der Wachstumsfuge:
  • Wenn die Frakturlinie ausschließlich durch die Wachstumsfuge und nicht in den benachbarten Knochen geht, liegt die Verletzung meist in der Kalzifikationszone der Fuge mit geringem Risiko für eine Wachstumsstörung (Salter-Harris I).
  • Am häufigsten geht der Frakturverlauf vom metaphysären Knochen in die Ebene der Wachstumsfuge (Salter-Harris II).
  • Seltener zieht die Frakturlinie von der Epiphysenfuge in die Epiphyse des Knochens (Salter-Harris III) oder
  • durchquert die Fuge von der Metaphyse in die Epiphyse (Salter-Harris IV).
Die beiden letzten Frakturtypen sind Gelenkfrakturen und als solche mit dem Potenzial für eine Unterbrechung der Gelenkfläche ausgestattet. Die einzelnen Typen der Epiphysenfugenfrakturen haben ein unterschiedliches Risiko, zu einer Wachstumsstörung zu führen. Ein frakturbedingtes Fehlwachstum hat die Entstehung einer die Fuge übergreifenden Knochenbrücke zur Voraussetzung. Dieses Risiko ist bei der Salter-Harris-III- und -IV-Fraktur am höchsten, bei der Salter-Harris-II-Fraktur moderat und bei der reinen Epiphyseolyse gering.
Die Diagnosestellung und exakte Analyse einer kindlichen Fraktur erfolgen konventionell radiologisch. Dabei ist die Abbildung des ganzen betroffenen Knochens mit seinen benachbarten Gelenken notwendig.
Es gibt aber auch Frakturen, v. a. bei kleinen Kindern mit noch größeren knorpeligen Anteilen der Knochen, die sich dem Röntgenbild entziehen. Hier kann gelegentlich eine Ultraschalluntersuchung oder auch ein MRT weiterhelfen. Die Computertomografie ist ausschließlich speziellen Fragestellungen vorbehalten.
Die Therapie von Frakturen im Wachstumsalter ist prinzipiell primär konservativ. Allerdings hat in den letzten Jahren mit dem Blick auf eine kindgerechte und gleichzeitig frühe funktionelle Behandlung ein Umdenkungsprozess eingesetzt, der dazu geführt hat, dass eine nicht geringe Zahl von Brüchen operativ versorgt wird. Die Prinzipien der konservativen Therapie berücksichtigen die Lokalisation des Bruchs und das Alter des Kindes.
An der oberen Extremität werden Unterarmschaftfrakturen bis ins Alter von 6 Jahren vorzugsweise konservativ therapiert. Die distalen Radius- und Unterarmfrakturen sind grundsätzlich eine Domäne der konservativen Behandlung. Auch am Oberarm überwiegt der konservative Therapieansatz, doch werden Schaft- und proximale Humerusfrakturen bei Jugendlichen, v. a. wenn eine erhebliche Achsabweichung besteht, intramedullär stabilisiert und frühfunktionell therapiert.
An der unteren Extremität liegt die altersbedingte Grenze der konservativen Behandlung beim Femur bei vier und beim Unterschenkel bei etwa 7–8 Jahren. Je nach Frakturtyp und Dislokationsgrad erfolgt die Immobilisation in Analgosedierung oder unter Allgemeinanästhesie mit anschließender Ruhigstellung im anmodellierten Gipsverband. Die Indikation zum operativen Vorgehen ist bei Unterarmschaftfrakturen ab dem 6. Lebensjahr und an der unteren Extremität am Femur ab dem 4., am Unterschenkel jenseits des 7. Lebensjahrs gegeben. Dabei hat sich die Technik der intramedullären Stabilisierung mittels elastischer Nägel als Verfahren der Wahl durchgesetzt.
Ein weiterer Grund zur operativen Vorgehensweise sind Brüche, die eine starke Gefahr beinhalten, die Repositionsstellung zu verlieren, oder solche, deren spontanes Korrekturpotenzial gegen Null geht. Die Klassiker sind hier die dislozierte suprakondyläre Fraktur und die proximale Radiusschaftfraktur. Bei Jugendlichen ist die Indikation zum operativen Vorgehen analog zur Therapie des Erwachsenen sehr viel häufiger zu stellen. Es gibt aber auch Frakturtypen, bei denen eine chirurgische Vorgehensweise fast immer zwingend geboten ist. Es handelt sich um Gelenkfrakturen, z. B. der Bruch des Condylus radialis und die Frakturen, die die Wachstumsfuge betreffen. Bei diesen Verletzungen kann nur die exakte anatomische Reposition vor Folgeschäden und Wachstumsstörungen schützen. Deshalb ist fast immer auch eine offene Reposition notwendig.
Die Dauer der Ruhigstellung ist abhängig vom Alter des Kindes und vom betroffenen knöchernen Bereich. Meist sind Immobilisationszeiten zwischen 3 und 6 Wochen ausreichend.
Die Komplikationen der Frakturbehandlung im Wachstumsalter entsprechen den üblichen unerwünschten Ereignissen. Störungen der Frakturheilung oder gar die Entstehung einer Pseudarthrose gehören zu den Raritäten. Immer wieder kommt es aber zu intolerablen posttraumatischen Fehlstellungen, im englischen Sprachgebrauch Malunion, die sich nicht spontan korrigieren können und Fehlfunktionen bedingen. Die größte Gefahr für die Extremität geht von der Entwicklung eines Kompartmentsyndroms aus. Diese posttraumatischen Schwellungszustände, die zu einer Ischämie der Extremität führen, kommen am häufigsten am Unterschenkel und am Unterarm vor. Als Frühzeichen gelten therapieresistente Schmerzen, dann eine Sensibilitätsstörung und die Bewegungseinschränkung als Folge schwindender Muskelfunktion. Sobald erste Anzeichen eines Kompartmentsyndroms vorliegen, müssen chirurgische Maßnahmen im Sinne einer Notfallintervention ergriffen werden.
Weitere Komplikationen betreffen durch das Trauma bedingte oder im Rahmen der Reposition entstehende neurologische Schädigungen. Die meisten Nervenschäden sind reversibel. Gefäßverletzungen sind bei Frakturen im Wachstumsalter sehr selten.
Die weitaus größte Zahl kindlicher Frakturen wird durch Gipsruhigstellung therapiert. Immobilisationsbedingte Gelenkkontrakturen gehören zu den seltenen Problemen der Frakturbehandlung im Wachstumsalter. Ähnliches gilt auch für die Entstehung sympathischer Reflexdystrophien.
Im Wachstumsalter kommen außerdem auch pathologische und Ermüdungsfrakturen vor. Differenzialdiagnostisch hilft eine sorgfältige Anamneseerhebung. Bei der pathologischen Fraktur liegt oft ein relativ banales Trauma vor. Im Röntgenbild findet man in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine solitäre Knochenzyste. Die Ermüdungsfraktur erfordert eine regelmäßige langandauernde repetitive Überlastung einer Extremität, in der Regel durch sportliche Aktivitäten. In Zweifelsfällen kann eine erweiterte Diagnostik, beispielsweise durch ein MRT, für Klärung sorgen.

Kniebinnenverletzungen

Die wichtigsten Binnenverletzungen des Kniegelenks bei Kindern und Jugendlichen betreffen die Menisken und die Kreuzbänder. Beide Verletzungsarten sind in den vergangenen Jahren häufiger geworden. Außerdem kommen Knorpelfrakturen und osteochondrale Abscherungen vor, meist in Verbindung mit Patellaluxationen.

Meniskusverletzungen

Die Inzidenz von Meniskusläsionen im Wachstumsalter hat nach zwei schwedischen Studien von 7 pro 100.000 in den 1960er auf 25 pro 100.000 in den 1980er-Jahren zugenommen. Trotzdem sind Meniskusverletzungen bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum Erwachsenen seltene Ereignisse und kommen in der ersten Lebensdekade nur sporadisch vor.
Ursächlich für Meniskusverletzungen sind Krafteinwirkungen auf das gebeugte oder überstreckte Kniegelenk mit gleichzeitigem Rotationsstress. Der eigentliche Unglücksmechanismus ist im Wachstumsalter aber oft gar nicht rekonstruierbar.
Die klinische Untersuchung ist weniger aussagekräftig als beim Erwachsenen und liegt in ihrer Vorhersagewahrscheinlichkeit nur zwischen 30 % und 60 %.
Das akut verletzte Kniegelenk kann hochschmerzhaft und kaum zu untersuchen sein. Schwellungen, Blockierungen und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung sind die Hauptsymptome, bei längerer Anamnese Pseudoblockierungen oder Instabilitätszeichen wie Giving-way-Symptomatiken.
Die Diagnose wird nach Durchführung eines konventionellen Röntgenbildes, das unauffällig ist, meist im MRT gestellt. Die Diagnosesicherheit liegt im MRT aber nur bei einer Sensitivität von maximal 79 % und einer Spezifität zwischen 83 % und 92 %. Je jünger die Kinder sind, desto unsicherer ist die kernspintomografische Diagnose. Letzten Endes besteht bei unklaren und weiterhin andauernden Symptomen auch bei negativem MRT die Indikation zur Arthroskopie des Kniegelenks. Die Rissformen beim Kind und Jugendlichen gleichen denen des Erwachsenen.
Die Therapie unterscheidet sich im Wachstumsalter von der Therapie des Erwachsenen. Durch die gut erhaltene Durchblutung der Meniskusbasis sind rekonstruktive Verfahren, also Meniskusrefixationen, auch bei großen Rissen im Kindesalter viel erfolgreicher und Therapiemethode der Wahl. Alle erprobten Meniskusnahtverfahren sind anwendbar. Nur bei völlig zerstörten Menisken oder sehr komplexen Rissmustern wird eine Resektion des lädierten Meniskusstücks vorgenommen.

Kreuzbandverletzungen

Im Kindes- und Jugendalter kommt es in den meisten Fällen zu Verletzungen des vorderen Kreuzbandes. Hintere Kreuzbandrupturen erfordern sehr hohe Krafteinwirkungen und sind Raritäten.
Unter den vorderen Kreuzbandläsionen kommen zwei Verletzungsmuster vor: der knöcherne distale vordere Kreuzbandausriss oder die Eminentiaverletzung und die intraligamentäre Ruptur. Der Verletzungsmechanismus umfasst einen Valgus- und Außenrotationsstress des flektierten, manchmal aber auch hyperextendierten Kniegelenks. In Einzelfällen kann auch eine forcierte Innenrotation vorkommen. Man vermutet, dass bei geringerer Verletzungsgeschwindigkeit eher eine Avulsionsverletzung und bei höherer eine intraligamentäre Ruptur resultiert. Die Klinik ist gekennzeichnet durch eine hochschmerzhafte Bewegungseinschränkung des verletzten Kniegelenks mit starker Hämarthrosbildung. Die Gelenke sind im akuten Stadium nur eingeschränkt untersuchbar. Die Instabilität und das positive Lachmannzeichen bzw. die deutlich fühlbare vordere Schublade lassen sich erst nach Abklingen der akuten Symptome nachweisen.
Die Basisdiagnostik besteht immer aus einem Röntgenbild des Kniegelenks in zwei Ebenen, um die knöcherne Ausrissverletzung nachzuweisen oder auszuschließen. Die intraligamentäre Ruptur des vorderen Kreuzbandes wird im MRT diagnostiziert. Bei beiden Verletzungen kommen Meniskus und Kollateralbandrupturen als Begleitläsionen vor. Bei der intraligamentären vorderen Kreuzbandruptur sind immerhin in 30–80 % begleitende Meniskusrisse und in 2–5 % Kollateralbandrupturen nachgewiesen worden.

Ausriss der Eminentia intercondylaris

Die knöchernen vorderen Kreuzbandausrisse werden nach Myers und McKeever nach ihrem Dislokationsgrad in 3 Schweregrade eingeteilt (Meyers und McKeever 1970). Die nicht oder gering dislozierten Verletzungen sind einer konservativen Therapie durch Immobilisation in einem Oberschenkeltutor für 4–6 Wochen zugänglich. Bei moderater und starker Dislokation des Fragments wird die arthroskopisch kontrollierte Reposition und Fixation empfohlen. Immer wieder zeigt sich dann, dass das anteriore intermeniskale Band oder Meniskusanteile in den Frakturspalt eingeklemmt sind und als Repositionshindernis wirken.

Intraligamentäre vordere Kreuzbandruptur

Die Therapie des intraligamentären vorderen Kreuzbandrisses (Abb. 14) hat sich stark gewandelt, da sich herausgestellt hat, dass unbehandelte Kreuzbandrisse bei Kindern und Jugendlichen in bis zu 50 % sekundäre Meniskusrisse nach sich ziehen (Aichroth et al. 2002). Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass die vordere Kreuzbandruptur eine eindeutige Indikation zur Kniestabilisierung darstellt. Eine direkte Naht des vorderen Kreuzbands ist auch im Wachstumsalter keine chirurgische Option, sodass als alleinige operative Maßnahme die Ersatzplastik bleibt. Lange Zeit hatte man großen Respekt vor einem Fehlwachstum durch eine iatrogene Verletzung der Wachstumsfuge und war zurückhaltend mit fugenkreuzenden Rekonstruktionstechniken. In der Zwischenzeit ist die technisch sehr anspruchsvolle rein intraepiphysäre vordere Kreuzbandplastik nach Anderson durch transepiphysäre Rekonstruktionsmöglichkeiten ergänzt worden. Es wurde zwar vereinzelt über Fälle mit vorzeitigem Fugenschluss berichtet, dennoch gilt die fugenkreuzende Technik derzeit als das etablierte Standardverfahren (Lukas et al. 2007). An Transplantaten werden alle üblichen Materialien verwendet, am häufigsten die Semitendinosussehne. Es muss sehr genau darauf geachtet werden, dass kein knöchernes oder gewindetragendes Osteosynthesematerial im Bereich der Wachstumsfuge zu liegen kommt. Mit der Rekonstruktion des Kreuzbandes werden begleitende Meniskusrisse nach den beschriebenen Methodiken mitversorgt. Die Ergebnisse der vorderen Kreuzbandplastiken im Wachstumsalter sind sehr gut. Sekundäre Meniskusrisse lassen sich weitgehend vermeiden und die klinischen Befunde zeigen eine sehr gute Funktion und die Rückkehr zur Sportfähigkeit in etwa 90 % der Fälle. Konservative Therapieoptionen gibt es nach den aktuellen Erkenntnissen nicht. Nur im Falle von Teilrupturen kommt die Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur als sinnvolle konservative Behandlung zum Einsatz.

Akute traumatische Patellaluxation

Die akute traumatische Patellaluxation ist eine im Kindes- und Jugendalter häufige Verletzung, die regelhaft auf Sportunfälle zurückgeht. Es kommt zum Luxieren der Patella über den lateralen Femurkondylus. Dabei findet sich im klassischen Fall eine Kontusion oder Abscherung der medialen Patellafacette und des lateralen Femurkondylus. Eine Spontanreposition ist möglich, oft muss die luxierte Kniescheibe aber unter Analgosedierung reponiert werden. Es bildet sich bei der akuten Luxation immer ein ausgeprägtes Hämarthros aus. Der Verletzungsmechanismus kann in den meisten Fällen nachvollzogen werden, sodass die Diagnose selten zweifelhaft ist.
Die Primärdiagnostik ist dann konventionell radiologisch durch eine Aufnahme des Kniegelenks in zwei Ebenen und eine Patellatangentialaufnahme. Das Augenmerk richtet sich auf die Entdeckung osteochondraler Fragmente, die bei der Luxation von der Patellarückfläche oder dem lateralen Kondylus abgeschert wurden. Eine Avulsion des Ligamentum patellofemorale mediale am medialen Patellapol ist in der Tangentialaufnahme erkennbar. Fehlen eindeutige knöcherne Pathologien, so ist eine Kernspintomografie zur Verfeinerung der Diagnostik angezeigt. Man sucht nach reinen Knorpelabscherungen, nach Rissen im Verlauf des medialen patellofemoralen Bandes und den üblichen Kontusionsherden.
Liegen intraartikuläre chondrale oder osteochondrale Fragmente vor, ist eine Operationsindikation gegeben. Fehlen sie, so kann zunächst durch Immobilisierung des Kniegelenks für 4 Wochen im Oberschenkeltutor konservativ vorgegangenen werden. Nach der Ruhigstellung schließt sich ein konsequenter Aufbau der Oberschenkelmuskulatur an. Bei sehr massiven Weichteilschäden und sportlich aktiven Patienten hat sich ein Trend zur primären operativen Behandlung ergeben. Dabei wird besonders auf die Naht oder Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments Wert gelegt. Im Anschluss an die operative Stabilisierung ist das Gelenk für etwa 6 Wochen eingeschränkt funktionstüchtig.

Chondrale und osteochondrale Frakturen

Knorpelige und knöchern-knorpelige Frakturen sind am häufigsten die Folge von akuten traumatischen Patellaluxationen oder direkten Anpralltraumata. Es kommt zur Ablösung unterschiedlich großer chondraler oder osteochondraler Fragmente, die sich im Gelenk befinden und Einklemmungserscheinungen auslösen können. Meist lassen sie sich konventionell radiologisch oder im MRT lokalisieren. Therapeutisch strebt man die möglichst rasche Refixation des Fragments an. Im Wachstumsalter können auch rein knorpelige Fragmente erfolgreich refixiert werden und einheilen. Im Falle osteochondraler Bruchstücke ist die Einheilungsschance noch höher. Zur Fixierung werden resorbierbare Stifte und Schrauben oder nicht resorbierbare Osteosynthesematerialien je nach Größe und Beschaffenheit des Fragments verwendet (Abb. 15). Ist eine Refixation des abgelösten Stücks nicht möglich, kann der Herd angebohrt werden, um eine Ersatzknorpelbildung zu ermöglichen, oder aber durch Resurfacing-Maßnahmen wie Mosaikplastik, Knorpelknochen- oder Chondrozytentransplantation gedeckt werden.

Knochentumoren

Gutartige Knochentumoren

Im Wachstumsalter kommt eine Vielzahl benigner knöcherner Tumoren vor, deren altersbezogene Häufigkeit aus Tab. 1 hervorgeht.
Tab. 1
Tumor-like und benigne tumoröse Läsionen des Knochens
Tumor-like Läsion
Tumorart
Häufigkeit
Knochenregion
Topische Lokalisation
Konventionelle Radiologie
MRT
Originäres Gewebe
Besonderheiten
Therapiepflicht
Rezidivneigung
Verhalten
Juvenile Knochenzyste
Häufig
Metaphyse
Zentrisch
Zystisch, osteolytisch
Flüssigkeitssignal
tumor-like lesion
Pathologische Frakturen („fallen fragment“)
Ja
Hoch
Lokal aggressiv
Nicht selten
Metaphyse
Exzentrisch
Expansiv, mehrkammerig
Spiegelbildung
tumor-like lesion
Kombiniert mit Riesenzelltumor
Ja
Sehr hoch
Aggressiv
Häufig
Metaphyse
Exzentrisch
Exophytisch breitbasig oder gestielt
Dicke der Knorpelkappe
Knorpel
Sehr große Ausmaße möglich
Wenn störend
Niedrig
Benigne
Selten
Epiphyse
Zentrisch, exzentrisch
Scharf begrenzt, osteolytisch
Knorpelsignal
Knorpel
Evtl. zentral verkalkt
Ja
Hoch
Lokal aggressiv
Chondromyxoid-fibrom
Sehr selten
Metaphyse
Zentrisch bis exzentrisch
Osteolyse
Uneinheitliches Signal
Knorpel
Sehr häufig proximale Tibia
Ja
Hoch
Benigne
Häufig
Metaphyse, Diaphyse
Zentrisch
Wabenartige Aufhellung
Knorpelsignal, Verkalkung
Knorpel
Kann multipel vorkommen (Morbus Ollier)
Wenn Beschwerden
Niedrig
Fast immer benigne
Nicht ossifizierendes Fibrom
Sehr häufig
Metaphyse
Exzentrisch intrakortikal
Traubenförmig zystisch
Uneinheitliches Signal
Fibrohistiozytär
Sehr unterschiedliche Größe
Nur große Läsionen
Sehr niedrig
Spontan regredient
Nicht selten
Metaphyse, Diaphyse, Epiphyse
Exzentrisch intrakortikal
Zentraler Nidus
Positive Kontrastmitteldynamik
Knochen
Nachtschmerz, Aspirintest
Ja
Hoch
Benigne
Selten
Metaphyse
Zentrisch, exzentrisch
Osteolytisch, >1 cm Durchmesser
Hohe Vaskularität
Knochen
50 % Wirbelsäule
Ja
Hoch
Lokal destruktiv
Langerhanszellhistiozytose
Selten
Diaphyse
Zentrisch
Osteolytisch, unscharf begrenzt
Uneinheitliches Signal
Proliferation LCH-Zellen
Mono- oder multifokal, Vertebra plana
Abhängig vom Stadium
Niedrig
Benigne
Dabei zeigen viele dieser Veränderungen ein im Röntgenbild charakteristisches Erscheinungsbild, welches die differenzialdiagnostischen Überlegungen im Zusammenspiel mit der Lokalisation erleichtert. Deshalb ist es sehr wichtig, die intraossären Tumoren nach ihrer Lokalisation (epiphysär, metaphysär, diaphysär; zentrisch, exzentrisch) einzuordnen. Weil sich sehr verschiedene Tumoren radiomorphologisch sehr ähnlich sein können, ist in allen unklaren Fällen die Biopsie der definitiven Therapie unbedingt voranzustellen. Dabei muss der Zugangsweg so gewählt werden, dass er bei der endgültigen chirurgischen Therapie im Erforderungsfalle mit dem Tumor exzidiert werden kann (Campanacci 1990).

Chondroblastom

Zu den seltenen fast ausschließlich epiphysär gelegenen gutartigen Tumoren des Wachstumsalters gehört das Chondroblastom (Abb. 16). Es kommt an den langen Röhrenknochen und im Becken vor und ist ein Tumor des zweiten Lebensjahrzehnts.
Das klinische Erscheinungsbild ist anfänglich von uncharakteristischen Gelenkbeschwerden dominiert, die über eine längere Zeit von Wochen und Monaten unerklärt bleiben, weil oft weder eine äußerliche Schwellung noch eine Bewegungseinschränkung sichtbar werden. Diese Befunde gehören bereits in das weiter fortgeschrittene Stadium der Erkrankung. Somit kommt man dem Chondroblastom eigentlich erst mit Einleitung der Bildgebung auf die Spur. Im konventionellen Röntgenbild findet sich dann ein meist scharf begrenzter osteolytischer Herd in der Epiphyse, der sich nur sehr gelegentlich bis in die Metaphyse erstreckt. Manchmal findet man zentrale Verkalkungen, die aber nicht regelmäßig auftreten. Trotzdem wird allein durch die Lokalisation der Verdacht auf das Vorliegen eines Chondroblastoms gelenkt. Im MRT findet sich ein ebenfalls glatt begrenzter Tumor, dessen Zentrum die Signaleigenschaften von Knorpel aufweist.
Das Problem beim Chondroblastom ist seine lokal aggressive Verhaltensweise mit großem örtlichem Zerstörungspotenzial und seine Rezidivneigung nach ausschließlicher Kürettage oder marginaler Resektion. Deshalb erzielt man mit der En-Bloc-Resektion und knöchernen Rekonstruktion des Defekts die besten Resultate. Dies ist aber nicht immer möglich. Dann muss man sich mit einer limitierten Resektion oder einer Kürettage zufriedengeben. Differenzialdiagnostisch kommen die epiphysär gelegene Osteomyelitis, der Riesenzelltumor, fokale Osteonekrosen und primär metaphysär gelegene in die Epiphyse expandierende Tumoren wie das Osteoblastom und das Chondromyxoidfibrom in die Diskussion.

Nichtossifizierendes Fibrom – fibröser Kortikalisdefekt

Das nichtossifizierende Fibrom ist eine metaphysär gelegene fibrohistiozytäre Knochenveränderung. Sie ist gleichzeitig der häufigste gutartige Knochenprozess überhaupt. Der Prädilektionsort des nichtossifizierenden Fibroms ist die Kniegelenksregion. Im Allgemeinen ossifizieren die Fibrome im Laufe des Wachstums und sind beim Erwachsenen oft nur noch als sklerosierter Bereich sichtbar. Die Läsionen werden bei den Kindern beiderlei Geschlechts in der ersten und zweiten Lebensdekade gefunden und weisen ganz unterschiedliche Ausmaße auf.
Das nichtossifizierende Fibrom wird meistens als Zufallsbefund bei der Durchführung von Röntgenaufnahmen aus anderen Anlässen entdeckt. Der Röntgenbefund ist sehr charakteristisch. Es handelt sich um ein intrakortikal gelegenes, die Kompakta etwas vorwölbendes metaphysäres traubenförmiges, gelegentlich zystiformes Gebilde. Der Tumor ist scharf begrenzt und hebt sich metaphysär durch einen Sklerosesaum ab. Dieses charakteristische Erscheinungsbild erfordert normalerweise keine weiterführende Diagnostik. Für sich genommen ist das nichtossifizierende Fibrom nur in Ausnahmefällen für ein eigenes Beschwerdebild verantwortlich. Dabei werden uncharakteristische Schmerzen angegeben. Größere Tumoren zeigen ein blasiges Erscheinungsbild und können eine Stabilitätsminderung der Knochenregion bedingen, bis hin zur Entstehung pathologischer Frakturen (Abb. 17).
Eine spezielle Therapie ist unter normalen Gegebenheiten nicht notwendig. Nur bei besonders großen Tumoren mit Stabilitätsgefährdung kann in Einzelfällen eine Ausräumung und Spongiosaplastik sinnvoll sein. Pathologische Frakturen werden in Analogie zur allgemeinen Frakturbehandlung versorgt.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen des großen nichtossifizierenden Fibroms sind die fibröse Dysplasie, die juvenile und aneurysmatische Knochenzyste und das Chondromyxoidfibrom.

Juvenile (solitäre) Knochenzyste

Die juvenile Knochenzyste ist eine expansiv wachsende, metaphysär gelegene, zystische, mit seröser Flüssigkeit gefüllte Veränderung des Knochens. Sie kommt in den beiden ersten Lebensdekaden vor. Sie tritt mit einem Verhältnis von 2:1 vermehrt bei Jungen auf. Die Hauptlokalisation der juvenilen Knochenzyste ist der proximale Humerus, gefolgt vom proximalen Femur. Grundsätzlich findet man sie aber in allen Abschnitten des Skelettsystems.
Die juvenile Knochenzyste ist eine häufige Erkrankung im Wachstumsalter, die sich oft durch ihre Neigung zu pathologischen Frakturen Aufmerksamkeit verschafft. Darüber hinaus bleibt die Zyste asymptomatisch, es sei denn der kortikale Knochen ist so schwach geworden, dass eine spürbare Instabilität zu belastungsabhängigen lokalen Schmerzen führt. Im Röntgenbild findet sich ein sehr charakteristisches Bild: Man findet in der Metaphyse des langen Röhrenknochens eine in der Regel einkammerige, mitunter aber auch mehrkammerige Aufhellung. Die umgebende Kortikalis ist stark ausgedünnt, manchmal etwas ausgebeult. Die Zyste ist immer glatt begrenzt. Liegt gleichzeitig eine Fraktur vor, so zeigt sich gelegentlich ein sogenanntes „fallen fragment“, ein Kortikalisstück, in der Zyste. Anfangs weisen die Zysten eine große Nähe zu den Epiphysenfugen auf, überschreiten sie aber nur in Einzelfällen. Mit weiterem Längenwachstum wandern sie von der Wachstumsfuge weg und können zum Abschluss des Wachstums dann diapysär zu liegen kommen.
Die Therapie richtet sich nach den Beschwerden und der Größe der Zyste. Es gibt eine Reihe von therapeutischen Ansätzen, die alle eine nicht unerhebliche Rezidivquote beinhalten. Deshalb kann die Behandlung langwierig sein und das ganze Wachstumsalter andauern. Danach beruhigen sich die Zysten meist und der Knochen erreicht eine voll belastbare Stabilität. Am verbreitetsten ist die Therapie durch wiederholte Cortisoninstillationen in die Zyste, verbunden mit einer Probeentnahme zur histologischen Diagnosesicherung. Auch die Instillation von autologem Knochenmark oder die Drainierung über eine Schraube erbringt vielfach Erfolge. Große Zysten, denen eine Frakturgefährdung innewohnt, werden durch intramedulläre Nagelung stabilisiert. Diese Maßnahme führt oft zur spontanen Ausheilung. Im Falle einer eingetretenen Fraktur stehen konservative und operative Verfahren zur Verfügung. Die Knochenheilung ist nicht gestört. Viele Zysten heilen in Rahmen der Frakturheilung auch aus oder werden kleiner. Pathologische Frakturen an der unteren Extremität oder Frakturen des Humerus bei älteren Kindern jenseits des neunten Lebensjahrs werden operativ durch intramedulläre Nagelung stabilisiert (Abb. 18a). Die Nägel sollten bis zur sicheren Ausheilung der Zyste belassen werden. Eine gewisse Anzahl an Knochenzysten erweist sich als sehr hartnäckig. Dann greift man zum Mittel der Kürettage und Eigen- oder Fremdspongiosaplastik. Die endgültige Ausheilung in den hartnäckigen Fällen gelingt in der Regel nach Wachstumsabschluss (Traub et al. 2016). In den letzten Jahren hat sich außerdem die Zystenauffüllung mit verschiedensten synthetisch hergestellten, aber biologisch abbaubaren Materialien mit gutem Erfolg verbreitet.
Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die aneurysmatische Knochenzyste.

Aneurysmatische Knochenzyste

Die aneurysmatische Knochenzyste ist ein meist exzentrisch gelegener, expansiv den Knochen auftreibender Tumor der Metaphyse langer Röhrenknochen. Sie kommt aber auch im Becken und an der Wirbelsäule vor. Die aneurysmatische Knochenzyste ist durch mehrkammerige blasenartige Hohlräume gekennzeichnet, die den Knochen quasi von innen aufblasen (Abb. 18b). Eine Ausdehnung weit in die umliegenden Weichteile ist möglich. Der Inhalt der Zysten besteht aus gemischten soliden und flüssigen, meist blutigen Anteilen. Ein kombiniertes Vorkommen mit anderen benignen Knochentumoren (fibröse Dysplasie, Osteoblastom, Chondroblastom, Riesenzelltumor) ist möglich. In den soliden Anteilen sind Übergänge zu malignen Knochentumoren, wie dem Osteosarkom, beschrieben worden.
Die aneurysmatische Knochenzyste kommt seltener als die juvenile Knochenzyste vor. Sie kann bereits in früher Kindheit auftreten, bevorzugt aber die zweite Lebensdekade.
Durch das konsequente expansive Wachstum bekommen die Betroffenen früher oder später Symptome. Es kommt zu lokalen Schwellungen, Schmerzen oder aber auch zu Bewegungsschmerz und Bewegungseinschränkung der benachbarten Gelenke. Hartnäckige Rückenschmerzen oder Fehlhaltungen ohne und später auch mit radikulärer Symptomatik bei jungen Menschen sollten an diesen Tumor denken lassen. Bei sehr ausgedehnten Zysten können auch pathologische Spontanfrakturen geschehen.
In der Röntgendiagnostik findet man exzentrische metaphysäre blasige und mehrkammerige Zysten, die oft sehr dicht an die Wachstumsfuge heranreichen und sie nicht überschreiten. Die Knochengrenzen verdämmern, die Kortikalis löst sich auf oder wird hauchdünn. Eine MRT-Diagnostik ist erforderlich. Dort sieht man die sehr charakteristische Spiegelbildung in der Zyste.
Vor einer endgültigen Therapie muss die aneurysmatische Knochenzyste histologisch gesichert werden, v. a. wegen der zahlreichen Differenzialdiagnosen und den Übergängen zu anderen Tumorformen und Malignomen.
Die definitive Therapie der aneurysmatischen Knochenzyste ist operativ. Eine Resektion mit Rekonstruktion des Knochens ist die Therapie der Wahl. Oft muss aber wegen der anatomischen Lage eine Kürettage mit Spongiosaauffüllung vorgenommen werden. Diese Operation muss sehr sorgfältig gemacht werden, da die Zysten zu Rezidiven neigen. So kann man durchaus bei großen Tumoren eine temporäre Knochenzementplombe einbringen und die endgültige Spongiosaplastik sekundär bei eindeutiger Rezidivfreiheit vornehmen. Auch die selektive arterielle Embolisation kann therapeutisch eingesetzt werden, insbesondere, wenn die Resektabilität an der Wirbelsäule eingeschränkt ist.
Die Liste der Differenzialdiagnosen der aneurysmatischen Zyste ist lang: juvenile Knochenzyste, Riesenzelltumor, Osteoblastom, fibröse Dysplasie, großes nichtossifizierendes Fibrom, Osteosarkom.

Chondromyxoidfibrom

Das Chondromyxoidfibrom ist ein sehr seltener, in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter auftretender metaphysär lokalisierter benigner Knochentumor. Er ist histologisch aus einer Mischung knorpeliger, myxomatöser und fibröser Anteile aufgebaut. Hauptlokalisationen sind die proximale Tibia und andere Regionen der unteren Extremität.
Das Chondromyxoidfibrom löst unterschwellige lokale und belastungsabhängige Beschwerden aus. Man findet nur selten eine lokale Schwellung, kann aber Klopfschmerzen über dem Tumorgebiet provozieren. Das Röntgenbild zeigt dann eine überwiegend osteolytische, oft exzentrisch gelegene Läsion in der Metaphyse eines langen Röhrenknochens. Im MRT sieht man eine glatt begrenzte Formation, die aber keine einheitliche Signalgebung aufweist und deshalb radiologisch nicht identifizierbar ist. Die Diagnose wird histologisch durch Biopsie gestellt.
Das Chondromyxoidfibrom sollte wegen seiner Rezidivfreudigkeit im Ganzen reseziert und der Defekt entsprechend aufgefüllt werden. Eine maligne Transformation ist eine Rarität und die Gesamtprognose sehr günstig.

Enchondrom

Das Enchondrom ist ein sich gegen Ende der Wachstumsperiode manifestierender knorpeliger Tumor in der Metaphyse und der Diaphyse langer Röhrenknochen. Wahrscheinlich entwickeln sich die Enchondrome aus intramedullär verbliebenen und weiterwachsenden Resten des Wachstumsknorpels. Sie gehören zu den häufigen gutartigen Knochentumoren.
Die hauptsächliche Lokalisation der Enchondrome sind die Metaphysen der langen Röhrenknochen, wo sie wegen ihres asymptomatischen Verhaltens zufällig entdeckt werden. Anders ist es mit den Befunden an einer weiteren Prädilektionsstelle, den Phalangen der Finger und Zehen und an den Rippen. Dort fallen sie durch spindelförmige Auftreibungen und gelegentlich auch durch pathologische Spontanfrakturen auf.
Im Röntgenbild sieht man wabenartige Aufhellungen, die glatte Grenzen und oft zentrale Kalkspritzer haben. Sie sind sowohl zentral als auch exzentrisch lokalisiert. Sehr selten wachsen Enchondrome rascher und haben eine osteolytische Begrenzung, also radiologische Malignitätszeichen. In solchen Fällen benötigt man zur weiteren Abklärung eine MRT-Untersuchung und gelegentlich auch eine bioptische Absicherung.
Eine Therapie ist nur bei symptomatischen Enchondromen in Betracht zu ziehen. Asymptomatische Herde können in Ruhe beobachtet werden. Die Beschwerden verursachenden Enchondrome der Phalangen und Metacarpalia oder Metatarsalia bedürfen einer Kürettage und sind damit in der Regel ausreichend therapiert. Eine Frakturstabilisierung ist oft nicht erforderlich. Größere Tumoren werden ausgeräumt und die Defekte mit Spongiosa aufgefüllt. Dies gilt v. a. für stammnah gelegene Enchondrome, deren Entartungsrate allgemein höher eingeschätzt wird.
Die Rate der malignen Transformation ist beim Enchondrom nicht bekannt, wird aber für die stammnahen als höher erachtet. Liegen multiple Enchondrome vor – man spricht je nach einseitigem oder beidseitigem Befall von Morbus Ollier (Abb. 19) oder einer Enchondromatose – ist das Entartungsrisiko viel höher und liegt in einer Größenordnung von 30 %. Die Entwicklung des Chondrosarkoms kann dabei durchaus erst nach vielen Jahrzehnten eintreten.

Kartilaginäre Exostose, Osteochondrom

Unter einer kartilaginären Exostose versteht man eine exzentrische knöcherne Vorwölbung mit aufliegender Knorpelkappe, die sich in unmittelbarer Nähe zur Epiphysenfuge in der Metaphyse langer Röhrenknochen befindet und mit dem allgemeinen Wachstum expandiert. Man vermutet periostal versprengten Wachstumsknorpel als Ursache dieses tumorösen Gebildes. Das Wachstum ist vom Gelenk weg, also zur Diaphyse hin gerichtet. Ist die Wachstumsrichtung nach epiphysär orientiert, spricht man von der Metachondromatose.
Es kommen zwei voneinander zu differenzierende Krankheitsbilder vor:
Bei der solitären kartilaginären Exostose liegt genau ein einziges Osteochondrom vor. Die multiple hereditäre Exostosenerkrankung (MHE) ist vom gleichzeitigen Vorliegen zahlreicher Exostosen gekennzeichnet und wird autosomal-dominant vererbt.
Die kartilaginäre Exostose ist eine primär harmlose gutartige Tumorart. Sie wird meist mit dem Erreichen einer gewissen Größe entdeckt, sodass eine Vielzahl der Patienten die Exostose erst kurz vor oder in der Pubertät wahrnimmt. Dies ist in Familien mit MHE anders, da meist frühzeitig gezielt nach den Exostosen gesucht wird. Hauptlokalisation ist die Kniegelenksregion, gefolgt vom proximalen Humerus, dem distalen Unterschenkel und dem distalen Unterarm. Kartilaginäre Exostosen kommen auch am Becken, dem Schulterblatt, dem Thorax und der Wirbelsäule vor.
Viele Exostosen verursachen keine Symptome. Erst wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben oder an einer ungünstigen Stelle sitzen, verursachen sie lokale Beschwerden wie Schmerzen, Irritationen von Sehnen und Gewebe oder Bewegungseinschränkungen benachbarter Gelenke. Eine Exostose kann wegen ihres typischen Erscheinungsbildes auf dem einfachen Röntgenbild zweifelsfrei diagnostiziert werden. Osteochondrome weisen entweder einen breitbasigen oder schlanken Stiel auf. Die Knorpelkappe kann nur sonografisch oder im Kernspintomogramm beurteilt werden. Informationen zur Dicke der Knorpelkappe sind aber nur in Ausnahmefällen, bei sehr großen oder schnell wachsenden Exostosen, erforderlich. Eine kartilaginäre Exostose kann eine mehr oder weniger bedeutsame Wachstumsstörung mit Entstehung von Gelenkfehlstellungen oder Achsfehlern auslösen (Abb. 20a, b). Dann kann es auch notwendig werden, dass nicht schmerzhafte Osteochondrome entfernt werden müssen. Nach Abschluss des Skelettwachstums ist üblicherweise auch das Größenwachstum der Exostosen beendet (Abb. 20c).
Die meisten kartilaginären Exostosen sind symptomfrei und bedürfen deshalb keiner Therapie. Man sollte sie aber im Wachstum und auch danach regelmäßig beobachten und kontrollieren. Lokal störende Exostosen werden chirurgisch mit dem ganzen sie tragenden Stiel entfernt. Exostosen, die beginnen, eine Wachstumsstörung, also Gelenk- oder Achsfehlstellung zu verursachen, sollten frühzeitig beseitigt werden. Nicht selten muss zusätzlich auch eine Achs- oder Fehlstellungskorrektur vorgenommen werden (Abb. 20a, b). Bei der Resektion sehr epiphysenfugennah gelegener Osteochondrome darf die Wachstumsfuge nicht verletzt werden.
Die Prognose der kartilaginären Exostosen ist generell sehr gut, wenngleich eine maligne Entartung zum Chondrosarkom in sehr geringem Umfang, insbesondere bei stammnahen Exostosen, beschrieben wird. Deshalb müssen Osteochondrome, die nach Beendigung des Wachstums an Größe weiter zunehmen oder deren Erscheinungsbild im Röntgenbild inhomogener wird, sorgfältig abgeklärt werden.

Osteoidosteom, Osteoblastom

Das Osteoidosteom ist ein benigner osteoidbildender Tumor des Knochens, der einen von einem sklerosierten harten Knochen umgebenen gefäßreichen Nidus im Zentrum aufweist. Das Osteoidosteom ist in der Kortikalis des Knochens lokalisiert. Die Tumorgröße beträgt <1 cm.
Das Osteoidosteom kommt in allen Abschnitten des Wachstumsalters und bei jungen Erwachsenen vor. Es ist mit einem Anteil von ca. 11 % an den benignen Knochentumoren keine seltene Erkrankung. Es kommt v. a. in der Schenkelhalsregion, der Tibia und auch an der Wirbelsäule vor, kann aber alle Knochen betreffen.
Die Symptome des Osteoidosteoms können sehr irreführend sein, werden aber durch das Symptom Schmerz dominiert. Im klassischen Falle ist es der nächtliche Schmerz, der den Patienten wach werden lässt und der nach Gabe von Acetylsalicylsäure schlagartig verschwindet.
Einschränkungen der benachbarten Gelenke oder auch der Gehleistung und Fehlstellungen der Wirbelsäule oder eine Hüftlendenstrecksteife bei Betroffenheit der Lendenwirbelsäule gehören ebenfalls zu den Symptomen des Osteoidosteoms.
Die Diagnose wird heutzutage im Röntgenbild und im Kernspintomogramm gestellt. Im Röntgenbild findet man das klassische Bild des in der Kompakta des Knochens liegenden verdickten spindelförmigen Skleroseherdes mit einem ausgestanzten kleinen Aufhellungsherd, dem sogenannten Nidus (Abb. 21). Da der Tumor sehr klein sein kann, entzieht er sich immer wieder im Röntgenbild dem Auge des Betrachters. Im MRT, das für diese Fragestellung mit einer sogenannten Kontrastmitteldynamik durchgeführt werden muss, ist es zweifelsfrei zu erkennen und zu diagnostizieren (von Kalle et al. 2009). Außerdem ist die Computertomografie zur Diagnosestellung und Therapie sehr geeignet. Durch die verbesserte kernspintomografische Diagnostik ist die Skelettszintigrafie in ihrer Bedeutung zur Diagnostik des Osteoidosteoms stark gesunken.
Die Therapie des Osteoidosteoms besteht in der Entfernung des Nidus. Das Spektrum der Therapien umfasst die En-Bloc-Resektion, die Kürettage und Ausbohrung des Nidus oder die CT-gesteuerte Thermoresektion oder Radiofrequenzablation. Eine neue Methode ist die magnetresonanzgesteuerte fokussierte Ultraschalltherapie (MRgFUS). Die Rezidivrate liegt bei allen Verfahren im Bereich von 4 bis 15 %.
Die Differenzialdiagnose umfasst die chronische Osteomyelitis, den Brodie-Abszess, die Ermüdungsfraktur und das Osteoblastom.
Das Osteoblastom ist der „große Bruder“ des Osteoidosteoms. Es kommt als osteoidbildender benigner osteoblastärer Tumor im spongiösen Knochen vor und hat eine Größe von >1 cm. In etwa der Hälfte der Fälle ist das Osteoblastom an der Wirbelsäule lokalisiert. Histologisch sind Osteoidosteom und Osteoblastom identisch, und auch die klinischen Beschwerden ähneln sich. In der Röntgendiagnostik findet man größere Läsionen, weshalb bei peripherer Lokalisation auch Schwellungszustände auftreten können. Die Röntgenbilder werden von osteolytischen Herden bestimmt, die sklerotische Randzone fehlt. Im MRT findet man einen sehr stark durchbluteten Kern, auch der destruktive Charakter des Tumors ist abbildbar. Therapeutisch ist eine En-Bloc-Resektion die Therapie der Wahl, die aber an der Wirbelsäule oft nicht möglich ist. Deshalb bleibt die lokale Kürettage mit dem Risiko des Rezidivs, das in bis zu 20 % der Fälle vorkommt. Differenzialdiagnostisch sind die Osteomyelitis, die aneurysmatische Knochenzyste, andere metaphysär gelegene Knochentumoren und das eosinophile Granulom zu berücksichtigen.

Langerhanszellhistiozytose (LZH, eosinophiles Granulom)

Die Langerhanszellhistiozytose ist eine mit einer mono- oder multifokalen Osteolyse einhergehende Erkrankung des Knochens, die ein typisches histologisches Bild mit Nachweis eosinophiler Granulozyten, mehrkerniger Riesenzellen und Langerhanszellen bietet. Meist ist die Diaphyse langer Röhrenknochen oder die Wirbelsäule betroffen. Andere Lokalisationen sind der Schädel, der Thorax und das Becken. Außerdem finden sich bei multilokulärem Auftreten auch disseminierte Formen mit unter anderem Diabetes insipidus.
Die Erkrankung betrifft beide Geschlechter mit Bevorzugung der Jungen in den ersten beiden Lebensdekaden. Die Patienten klagen über unterschwellige bis mäßig starke lokale Schmerzen, die in der konventionellen Radiologie in osteolytischen Herden ihren Niederschlag finden. An der Wirbelsäule zeigt sich im klassischen Sinne ein abgeplatteter Wirbelkörper, die Vertebra plana (Abb. 2). Allgemeinsymptome und echtes Krankheitsgefühl sind extrem selten und nur bei generalisierten Verläufen vorhanden. Das MRT hilft in der Differenzialdiagnostik bedingt weiter. In Einzelfällen werden Spiegel wie bei der aneurysmatischen Knochenzyste beobachtet, in anderen eine gewisse Weichteilkomponente. Die Diagnose wird histologisch gestellt. Man findet die typischen Riesenzellen und v. a. ein eigenwilliges immunhistochemisches Reaktionsmuster, das diagnostisch ist. Ist die Diagnose gestellt, sollte eine Ganzkörpermagnetresonanztomografie, die die Skelettszintigrafie verdrängt hat, zum Ausschluss eines multifokalen Befalls durchgeführt werden.
Therapeutisch genügt bei den unifokalen Fällen die Kürettage als Therapie im Rahmen der Biopsie fast immer. Bei generalisierter Erkrankung ist eine medikamentöse Behandlung, eventuell sogar eine Chemotherapie indiziert. Die Langerhanszellhistiozytose hat per se eine sehr gute Prognose, die bei einzelnen systemischen Verläufen nicht zutrifft.
Die Differenzialdiagnose ist oft schwierig. Es kommen die chronische (multifokale) Osteomyelitis, die aneurysmatische Knochenzyste und das Ewing-Sarkom in erster Linie und alle weiteren osteolytischen Knochenprozesse in zweiter Reihe infrage.
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