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Pädiatrische Rheumatologie
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Publiziert am: 16.01.2021

Rheumatisches Fieber bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Ulrich Neudorf
Das akute rheumatische Fieber tritt als immunologisch vermittelte Erkrankung nach einer Streptokokkeninfektion mit Erregern der Lancefield-Gruppe A auf. Zwischen Infektion und erneuter Erkrankung liegt ein typischerweise symptomfreies Intervall. Die Diagnose wird mithilfe der modifizierten Jones-Kriterien (Gewitz 2015) gestellt. In der letzten Revision dieser Kriterien sind zwei erhebliche Veränderungen vorgenommen worden. Erstens gibt die Einteilung in niedriges Risiko (Inzidenz <0,2/100.000) oder mittleres/hohes Risiko (>0,2/100.000); jeweils Kinder von 4–14 Jahren. Deutschland gehört dabei zu den Ländern mit niedrigem Risiko. Für diese beiden Gruppen gibt es eine unterschiedliche Definition der Haupt- und Nebenkriterien. Zweitens wird die Echokardiografie zur Diagnose der Karditis eingeführt. So kann nach den dazu definierten Kriterien die Karditis auch ohne Geräusch oder Symptome als „subklinische“ Karditis diagnostiziert werden. Die Therapie besteht in der antibiotischen Therapie der Streptokokken und dann je nach kardialem Befund in der antibiotischen Dauerprophylaxe. Die wandernde Arthritis ist in der Regel passager und selbstlimitierend, spricht aber gut auf nichtsteroidale Antiphlogistika an. Die Chorea kann mit Monaten Abstand auftreten und kann mit z. B. Valproat behandelt werden. Die Langzeitprognose wird durch die Herzschädigung, v. a. an den Klappen, bestimmt.

Definition

Das akute rheumatische Fieber (ARF) wird als immunologisch vermittelte Folgeerkrankung nach abgelaufener Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Lancefield-Gruppe A (GAS) angesehen. Es kommt ein inflammatorischer Prozess in Gang, der Gewebe in verschiedenen Organsystemen treffen kann. Die typische vorangehende Infektion ist eine Tonsillopharyngitis. Mit einer Latenz von 2–3 Wochen nach der eigentlichen bakteriellen Infektion manifestiert sich dann das ARF. In dem Intervall dazwischen ist der Patient typischerweise asymptomatisch. Im Verlauf nach der akuten Phase der Krankheit wird die kardiale Beteiligung als rheumatische Karditis beschrieben.
Zur Diagnosestellung nutzt man die Jones-Kriterien. Diese wurden zum ersten Mal 1944 beschrieben, 1992 revidiert und zuletzt 2015 mit deutlichen Modifikationen neu publiziert (Jones 1944; American Heart Association 1992; Gewitz et al. 2015). Die Änderungen beinhalten, dass zum ersten Mal die Echokardiografie einbezogen wird, eine Risikostratifizierung erfolgt, und die Kriterien für die Risikogruppen angepasst werden. Hinzu kommen neue Kriterien für das Rezidiv des ARF. Unverändert werden Hauptkriterien und Nebenkriterien definiert, die sich aus dem Erscheinungsbild der Krankheit ergeben. Für die zwei Gruppen (mittleres/hohes und niedriges Risiko) wurden die Kriterien spezifiziert (Gewitz et al. 2015).
  • Hauptkriterien: Karditis (klinisch oder subklinisch), Arthritis/Arthralgie, Chorea minor, Erythema marginatum und subkutane Knötchen.
  • Nebenkriterien: Arthralgie, Fieber, Entzündungsparameter (BSG und/oder CRP), Verlängerung der PQ-Zeit (entspricht dem PR-Intervall).
Aus der Zusammenschau der Ergebnisse, unter Berücksichtigung der Risikogruppen, wird dann die Diagnose etabliert.
Das rheumatische Fieber ist eine immunologisch vermittelte Folgeerkrankung von Infektionen mit Streptokokken der Gruppe A. Zur Diagnose folgt man den revidierten Jones-Kriterien.

Häufigkeit

Das ARF war weltweit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gleichmäßig verbreitet und trug auch in Europa erheblich zu Morbidität und Mortalität im Kindes- und Jugendalter bei. Im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung und Verbesserung der Lebensbedingungen, Hygiene und Verfügbarkeit von Antibiotika ist die Inzidenz erheblich zurückgegangen. Waren es früher in Westeuropa 100–200/100.000 Neuerkrankungen, so sind es jetzt 0,5–3/100.000 (Griffiths und Gersony 1990; Gewitz et al. 2015). In den Entwicklungs- oder auch Schwellenländern ist die Häufigkeit unverändert hoch. Bestimmte Volkszugehörigkeiten scheinen eine höhere Inzidenz mit sich zu bringen. Dies gilt beispielsweise für die indigenen Völker Australiens und Neuseelands (Milne et al. 2012). Dort steigen teilweise die Inzidenzen entgegen dem Trend bei der nichtindigenen Bevölkerungsgruppe. In Australien lag die Inzidenz bei den Aborigines zwischen 153 und 380 Fällen auf 100.000 im Alter von 5–14 Jahren (Parnaby und Carapetis 2010). In der Türkei war die Zahl zwischen 1980 und 2009 zwischen 21 und 60/100.000 im Alter von 5–15 Jahren (Orün et al. 2012).
Die Altersgruppe zwischen 5 und 15 Jahren ist am häufigsten vom ARF betroffen. Unter 5-Jährige sind aber nicht ausgenommen; 5 % der Betroffenen stammen aus dieser Altersgruppe (Tani et al. 2003).

Klassifikation

Eine Klassifikation der Krankheit existiert nicht. Um die Diagnose ARF zu stellen, müssen die abgewandelten Jones-Kriterien benutzt werden. Dabei ist die exakte Anwendung der aktuellen Kriterien, der korrekte Einsatz der Echokardiografie und die Einordnung in die Risikogruppen erforderlich. Niedriges Risiko besteht bei einer Inzidenz ≤0,2 pro 100.000 Kinder zwischen 4 und 14 Jahren (gilt für Deutschland und Westeuropa). Ein mittleres/hohes Risiko besteht bei >0,2 pro 100.000, z. B. in der Türkei und Saudi-Arabien (Alqanatish et al. 2019; Orün et al. 2012).
Bezüglich der Streptokokken-Folgeerkrankungen werden noch mehrere Manifestationsvarianten beschrieben:
  • Poststreptokokken-reaktive Arthritis,
  • Erythema nodosum,
  • Streptokokkeninduzierte akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM),
  • pediatric autoimmune neuropsychiatric disorders associated with streptococcal infections (PANDA).

Ätiologie

Das rheumatische Fieber ist als „Komplikation“ einer Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A anzusehen. Dabei scheint das Zusammenspiel einer bestimmten Keimstruktur mit der genetischen Prädisposition des Menschen wichtig zu sein. Die Hauptursache ist eine durch Streptokokken der Gruppe A ausgelöste Tonsillopharyngitis. Es wird davon ausgegangen, dass <2–3 % vorher gesunder Menschen nach Streptokokkeninfekt ein ARF entwickeln.

Pathogenese und Pathologie

Die β-hämolysierenden Streptokokken werden nach Lancefield in 20 Serogruppen (A–H und K–V) eingeteilt. Als Kriterium werden dabei die immunologischen Eigenschaften der Zellwand und deren Polysaccharide benutzt. Das ARF gilt dabei als ein typisches Beispiel einer immunologischen Kreuzreaktivität, wobei im Rahmen der Immunantwort auf Streptokokkenantigene eine Kreuzreaktion mit körpereigenem Gewebe erfolgt. Dabei scheint das M-Protein von besonderer Bedeutung zu sein und die Immunantwort auszulösen. So wird die Herzbeteiligung als Folge von kreuzreagierenden Antikörpern zwischen M-Protein und Herzmuskel (Myosin, Aktin, Keratin etc.) angesehen. Zusätzlich gibt es eine genetische Disposition. Bestimmte HLA-Merkmale, DRB1*16, DR3, DR4, DR7 und D8/17, scheinen begünstigend zu sein (Abb. 1).
Die Gewebsschädigung ist nicht Ausdruck einer direkten zytopathischen Wirkung des Bakteriums, sondern ein immunvermittelter Prozess. Kreuzreagierende Antikörper führen zu einem inflammatorischen Vorgang am Herzen, in Gelenken und am Gehirn. Dies entspricht dem Bild einer Vaskulitis. Es kommt zu einer Proliferation von Endothelzellen, woraufhin sich eine Valvulitis oder Perikarditis entwickelt. Im Verlauf kommt es dann an den Klappen zu einem Heilungsvorgang. Dies kann zu einer Besserung der Situation oder durch Bildung von Narbengewebe (Fibrose) und Verkalkungen zu den üblichen Herzklappenfehlern führen und wird dann als rheumatische Karditis bezeichnet.
anzunehmen.
Das akute rheumatische Fieber entsteht als Folge eines Infekts mit Streptokokken der Lancefield-Gruppe A. Durch eine immunologische Kreuzreaktion der Antikörper gegen Streptokokkenbestandteile und humanen Antigenen. Eine genetische Prädisposition ist anzunehmen.

Klinische Symptome

Die Arthritis ist mit ca. 70 % das häufigste klinische Symptom. Es bestehen die typischen klinischen Entzündungszeichen mit Rötung, Schwellung, Überwärmung, Bewegungseinschränkung.
Primär sind große Gelenke (Knie, Ellenbogen) involviert, wobei in bis zu 25 % der Fälle auch Finger-, Zehen- und Zwischenwirbelgelenke betroffen sind. Die Arthritis wird dabei als migratorisch beschrieben. Charakteristisch ist, dass die Beschwerden nach wenigen Stunden verschwinden und an einer anderen Stelle wieder auftauchen können. Die Arthritis ist nicht destruierend, nach ca. 4 Wochen ist sie meist auch spontan rückläufig. Meist wird die Gelenkbeteiligung als Polyarthritis (betroffen >4 Gelenke) auftreten. Besonders in Regionen mit hohem Risiko wird in bis zu 20 % jedoch auch eine Monarthritis beschrieben. Davon sind die Arthralgien abzugrenzen, die einen schmerzhaften Gelenkbefund zeigen, aber die klinischen Entzündungszeichen vermissen lassen.
Eine kardiale Beteiligung ist bei mehr als der Hälfte der Patienten klinisch zu diagnostizieren, unter Berücksichtigung der Echokardiografie sogar bei >80 % (Güler et al. 2019). Die Karditis ist der wichtigste Faktor für Morbidität und Mortalität und bestimmt damit die Prognose. Es können alle Gewebsschichten des Herzens betroffen werden, das Endo-, Myo- und Perikard (Abb. 2). Die Myokarditis ist Teil der initialen Manifestation und kann mit Zeichen der Herzinsuffizienz (ca. 5 %) oder Rhythmusstörungen einhergehen (AV-Block, andere Rhythmusstörungen und Verlängerung des PR-Intervalls). Die Endokarditis bedeutet v. a. eine Valvulitis der Aorten- und Mitralklappe.
Typisch ist ein neu aufgetretenes Herzgeräusch, dass in der Regel Ausdruck einer Mitralinsuffizienz (Abb. 3) sein wird, die allein in etwa 65 % der Fälle auftritt. Die Aorteninsuffizienz ist oft so gering ausgeprägt, dass sie auskultatorisch nicht wahrzunehmen ist. Wenn Klappen beteiligt sind, dann in >90 % die Mitral- und/oder Aortenklappe. Im weiteren Verlauf kann es durch Fibrinauflagerungen auf der Klappe zur sogenannten Endokarditis verrucosa rheumatica kommen. Die weitere Entwicklung beinhaltet durch Fibrose und Verkalkung eine zunehmende Stenosierung der Klappen, sodass operative Maßnahmen erforderlich werden können. Mit der letzten Revision der Jones-Kriterien wird die Echokardiografie zur Diagnose der kardialen Beteiligung eingeführt. Gibt es eindeutige echokardiografische Befunde und keinen typischen Auskultationsbefund, spricht man von einer subklinischen/silent Karditis. Um physiologische Veränderungen auszublenden, werden dazu Kriterien definiert.
Die Chorea minor oder Chorea Sydenham bedeutet die inflammatorische Mitbeteiligung der Basalganglien und betrifft etwa 15 % der Patienten. Das Intervall zwischen dem initialen Streptokokkeninfekt und der klinischen Manifestation ist hier besonders lang und beträgt in der Regel 2–4 Monate, kann aber auch in Einzelfällen bis zu 12 Monaten andauern (Abb. 4). Typisch sind unwillkürliche, einschießende, schraubende und unkoordinierte Bewegungen. Im Schlaf verschwinden die Symptome. Innere Unruhe und emotionale Labilität liegen vor. Die Symptomatik verschwindet in der Regel nach 2–3 Wochen, sie kann aber auch Monate bis Jahre bestehen bleiben.
Als Hauterscheinung ist das Erythema marginatum typisch, tritt aber nur bei etwa 5 % der Patienten auf. Es ist ein flüchtiges girlandenartiges Exanthem, das vorwiegend den Stamm betrifft.
Subkutane Knötchen sind eine Rarität. Sie treten präferenziell an den Streckseiten von Gelenken wie Ellenbogen und Knie, sowie im Bereich von Sehnenscheiden oder Periost auf und haben eine Größe von 0,5–2 cm. Sie erinnern an pseudorheumatische Knötchen.
Die klinischen Manifestationen des rheumatischen Fiebers sind Arthritis/Arthralgie, Karditis, Chorea minor (Sydenham-Chorea), Erythema marginatum und subkutane Knötchen.

Diagnose

Die Diagnose im Rahmen der initialen Manifestation folgt den seit 1944 bekannten und zuletzt 2015 revidierten Jones-Kriterien. Die letzte Revision verlangt, dass das Risiko der Population in niedrig, sowie mittel/hoch festgelegt wird. Deutschland gehört zu den Ländern mit niedrigem Risiko, während z. B. in der Türkei ein mittleres/hohes Risiko besteht. Für diese beiden Gruppen werden dann die Haupt- und Nebenkriterien spezifisch definiert (Tab. 1 und 2). Dies führt wahrscheinlich zu einer Veränderung in der Häufigkeit der Diagnose. Es besteht die Sorge, dass mit den klinischen Kriterien die Krankheit unterdiagnostiziert, jetzt eher überdiagnostiziert wird (Alqanatish et al. 2019).
Tab. 1
Modifizierte Jones-Hauptkriterien (Majorkriterien)
1992
Ab 2015: Population mit niedrigem Risiko (<0,2/100.000; für Kinder von 4–14 Jahre)
Ab 2015: Population mit mittlerem/hohem Risiko (>0,2/100.000; für Kinder von 4–14 Jahre)
Arthritis
Polyarthritis
Mon- oder Polyarthritis/Polyarthralgie
Karditis
Karditis, klinisch ± subklinisch*
Karditis, klinisch ± subklinisch*
Chorea
Chorea
Erythema marginatum
Erythema marginatum
Erythema marginatum
Subkutane Knötchen
Subkutane Knötchen
Subkutane Knötchen
*Subklinisch: Darstellung der Klappenbeteiligung nach echokardiografischen Kriterien
Tab. 2
Modifizierte Jones-Nebenkriterien (Minor-Kriterien)
1992
Ab 2015: Population mit niedrigem Risiko (<0,2/100.000; für Kinder von 4–14 Jahre)
Ab 2015: Population mit mittlerem/hohem Risiko (>0,2/100.000; für Kinder von 4–14 Jahre)
Arthralgie
Polyarthralgie
Monarthralgie
Körpertemperatur ≥38,5 °C
Körpertemperatur ≥38 °C
Erhöhte Akut-Phase-Proteine
BSG ≥60 mm/h ± CrP ≥30 mg/l
BSG ≥30 mm/h ± CrP ≥30 mg/l
Verlängerte PQ-Zeit
Verlängerte PQ-Zeit, außer Karditis ist bereits Hauptkriterium
Verlängerte PQ-Zeit, außer Karditis ist bereits Hauptkriterium
Die Hauptkriterien sind dabei v. a. klinische Kriterien. Es muss die Arthritis – mit vorhandenen klassischen klinischen Entzündungszeichen – diagnostiziert und die Zahl der betroffenen Gelenke ermittelt werden. Ebenso wird die Zahl der schmerzhaften Gelenke definiert. Die Diagnose der Karditis verlangt eine klinische Untersuchung mit Erheben eines kardialen Auskultationsbefundes, ein EKG und eine echokardiografische Untersuchung. Nach festgelegten Kriterien wird die Aorten- bzw. Mitralinsuffizienz diagnostiziert (s. Übersicht), um dies von physiologischen Regurgitationen abzugrenzen (Brand et al. 1992).
Echokardiografische Kriterien der subklinischen, „silent“ Karditis
Pathologische Mitralinsuffizienz (alle 4 Kriterien sollen erfüllt sein):
1.
Darstellung des Befundes in 2 Ebenen,
 
2.
Jetlänge >2 cm, mindestens in einer Ebene,
 
3.
Maximale Flussgeschwindigkeit >3 m/s,
 
4.
Pansystolischer Jet mit guter Hüllkurve.
 
Pathologische Aorteninsuffizienz (alle 4 Kriterien sollen erfüllt sein):
1.
Darstellung des Befundes in 2 Ebenen,
 
2.
Jetlänge >1 cm, mindestens in einer Ebene,
 
3.
Maximale Flussgeschwindigkeit >3 m/s,
 
4.
Pandiastolischer Jet mit guter Hüllkurve.
 
Diagnose der initialen Attacke des akuten rheumatischen Fiebers bei Evidenz für eine Streptokokken Gruppe-A-Infektion (Jones-Kriterien, Revision 2015)
Die Diagnose kann gestellt werden, wenn
  • 2 Hauptkriterien oder
  • 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien erfüllt sind.
Voraussetzung: Hinweise auf eine Infektion mit Streptokokken der Gruppe A durch:
  • Positiven Rachenabstrich,
  • Streptokokkenantikörper-Erhöhung oder
  • Anstieg im Verlauf.
Ein akutes rheumatisches Fieber gilt initial als diagnostiziert, wenn 2 Hauptkriterien oder 1 Hauptkriterium und 2 Nebenkriterien erfüllt sind.
Ausnahmen sind:
  • Karditis (mit klarem anamnestischem Bezug zu vorangegangenem Streptokokkeninfekt),
  • Chorea minor (nach Ausschluss anderer ZNS-Erkrankung. Auszuschließen sind dabei systemischer Lupus erythematodes, Morbus Wilson, Chorea Huntington, Tics, Konversionsreaktionen, Medikamenteneffekte.) und
  • Rezidiv des Rheumatischen Fiebers. Die Rezidivdiagnose ist möglich mit 2 Hauptkriterien, 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien oder 3 Nebenkriterien.
Die Jones-Kriterien ermöglichen die Diagnose des akuten rheumatischen Fiebers, beweisend sind sie nicht. Die einzelnen Kriterien müssen penibel aufgearbeitet werden. Die echokardiografische Untersuchung spielt erstmals eine Rolle.

Therapie

Die initiale antibiotische Therapie bei ARF erfolgt als primäre Prävention (Streptokokkeneradikation) und wird von der prophylaktischen, sekundären Prävention unterschieden.
Mit Diagnose des ARF wird nach Entnahme eines Rachenabstrichs zur Streptokokkeneradikation (unabhängig vom Befund) eine antibiotische Therapie empfohlen. Die Therapie einer GAS-Tonsillopharyngitis erfolgt in erster Linie mit Penicillin V mit 100.000 IE/kg/Tag in 2–3 Gaben, maximal 2 Mio. IE. Die Therapiedauer wird mit 7 Tagen angegeben. Alternativ stehen Cephalosporine, Clindamycin und Makrolide zur Verfügung (Scholz et al. 2013). Diskutiert wird die Notwendigkeit der konsequenten antibiotischen GAS-Therapie in Ländern mit niedrigem Risiko (wie auch Deutschland). Die Vermeidung von Folgeerkrankungen als primäre Indikation begründet nach Meinung der Fachgesellschaft (DGPI) eine systematische antibiotische Therapie nicht mehr (Scholz et al. 2013).
Weiterhin erfolgt dann im Prinzip eine symptomatische Therapie. Die symptomatische Karditis wird mit Steroiden behandelt, begleitet von einer Therapie der Herzinsuffizienz mit Diuretika, Nachlastsenkern. Die Arthritis gilt als eher harmlos und kann mit nichtsteroidalen Antiphlogistika, z. B. Naproxen (10–15 mg/kg/Tag) therapiert werden (Hashkes et al. 2003).
Die Chorea kann mild verlaufen, Ruhe und Vermeidung von physischem und psychischem Stress mag ausreichend sein. Bei schweren Verläufen werden Antikonvulsiva wie Valproat eingesetzt. Haloperidol kann ebenfalls hilfreich sein. Steroide scheinen keine Rolle zu spielen.
Wichtig ist als zweites die Reinfektionsprophylaxe als sekundäre Prävention bei abgelaufenem ARF. Empfohlen wird Benzathin-Penicillin G intramuskulär alle 4 Wochen – bei erhöhtem Risiko, wie in Endemiegebieten, bei Umgebungserkrankungen oder fixiertem rheumatischem Herzfehler, alle 3 Wochen (Berner et al. 2013). Die üblichen amerikanischen Empfehlungen geben für <27 kg KG 600.000 IE, >27 kg 1,2 Mio. IE in dem Zeitfenster an. Die intramuskuläre Injektion ist schmerzhaft und wird nicht immer toleriert. Bei guter Compliance werden oral 2-mal täglich 200.000 IE empfohlen (Scholz et al. 2013; Berner et al. 2013). Die intramuskuläre Gabe erscheint aber zuverlässiger (Lue et al. 1986). Bei eindeutigen Penicillinallergien steht in der Regel Erythromycin als Ausweichpräparat zur Verfügung.
Die Dauer wird durch die Art der Herzbeteiligung bestimmt und liegt zwischen 5 Jahren und evtl. lebenslänglich (Abb. 5). Dabei scheint das erste Jahr nach ARF am wichtigsten (Dajani et al. 1995; Gerber et al. 2009).
Die Therapie des ARF erfolgt als primäre antibiotische „Streptokokkeneradikation“ und entsprechend der initialen Symptome. Die konsequente antibiotische Sekundärprophylaxe spielt weiterhin eine Rolle. Dies wird entschieden durch die kardiale Beteiligung im Sinne der rheumatischen Karditis.

Prognose

Die Prognose wird meist von dem Ausmaß der Herzbeteiligung, seltener von der Schwere der Chorea bestimmt. Entscheidenden Einfluss wird die Aufmerksamkeit bezüglich der antibiotischen Sekundärprophylaxe haben.
Probleme sind akute oder bleibende Herzschäden, die zur Herzinsuffizienz führen können oder operative/interventionelle Maßnahmen an den betroffenen Klappen erforderlich machen.
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