Definition und Häufigkeit
Eine Pleuraergussbildung im Rahmen einer
ambulant erworbenen Pneumonie ist häufig. In westlichen Ländern ist bei hospitalisierten Patienten die parapneumonische Ergussbildung nach der
Herzinsuffizienz die zweithäufigste Ursache von Pleuraergüssen. Etwa 90 % der Ergüsse sind unkompliziert und bilden sich ohne weitere Intervention zurück. Die verbleibenden 10 % entwickeln sich jedoch zu komplizierten parapneumonischen Ergüssen bzw. zu Empyemen.
Unkomplizierte und komplizierte parapneumonische Ergüsse bzw. Empyeme unterscheiden sich durch die Entwicklung bzw. das Stadium eines Entzündungsprozesses in der Pleurahöhle. Diese Unterschiede lassen sich durch eine Reihe von Parametern beschreiben bzw. definieren (Tab.
1).
Tab. 1
Charakteristika und Definition von unkomplizierten und komplizierten parapneumonischen Ergüssen bzw. Empyemen
Morphologie der Pleura | Weitgehend unversehrt | Fibrinexsudation, Membranbildungen | Ausgeprägte Entzündung mit Pleuraverdickung und Ausbildung von Kammern |
Pleuraergusspunktat | Klar | Trübe | Eitrig |
pH | ≥7,3 | <7,3 | <7,2 |
LDH | Niedrig, meist <500 U/l | Hoch, meist >> 1000 U/l | Hoch, meist >> 1000 U/l |
Glucose | >60 mmol/l | <40 mmol/l | <40 mmol/l |
| Zellarmer Erguss, wenig Neutrophile | Reichlich Neutrophile | Reichlich Neutrophile |
Kultur des Ergusspunktats | Steril | Meist steril, gelegentlich positiv | Häufig positiv |
Pathophysiologisch gesehen besteht bei unkomplizierten Ergüssen eine Permeabilitätssteigerung der Pleura, die allerdings noch nicht mit einer Zerstörung ihrer Oberflächenintegrität verbunden ist (exsudatives Stadium). Dies geschieht erst im Rahmen einer massiven Inflammation als Antwort auf eine Bakterieninvasion (fibro-purulentes Stadium). Schreitet diese weiter fort, kommt es zu einer Invasion von Fibroblasten, die eine Verdickung der Pleuraoberflächen und eine ausgeprägte Kammerbildung innerhalb der Pleurahöhle zur Folge hat. Am Schluss steht eine Schwartenbildung (Stadium der Organisation).
Parapneumonische Ergüsse sind immer
Exsudate entsprechend der Definition von Light (Pleuraexsudat liegt vor bei Erfüllung mindestens eines Kriteriums: Pleura-LDH/
Serum LDH > 0,6; Pleuraeiweiß/Serumeiweiß > 0,5; Pleura-LDH > 2/3 der Serum LDH).
Klinische Symptomatik und Befunde
Die klinische Symptomatik ist wenig charakteristisch.
Fieber,
Husten und Dyspnoe als Ausdruck raumfordernder Ergüsse sind nicht von der Pneumonie-bedingten Symptomatik zu unterscheiden. Einzig der Thoraxschmerz kann als Leitsymptom angesehen werden, wenngleich auch dieser zunächst lediglich Ausdruck einer Pleurareizung und somit ein unspezifisches Symptom ist. Der typische Thoraxschmerz bei komplizierten Ergüssen tritt im Verlauf der Behandlung nach initialer Besserung auf.
In der klinischen Untersuchung können ab einem Ergussvolumen > 500 mL ggf. die physikalischen Zeichen eines
Pleuraergusses gefunden werden.
Erregerspektrum
Neben Streptococcus pneumoniae sind insbesondere alpha-hämolysierende (viridans)
Streptokokken vorherrschend. Auch Staphylococcus aureus wird gefunden. Gramnegative
Enterobakterien sind demgegenüber seltener zu finden, vor allem kaum bei jüngeren und nicht komorbiden Patienten. Aerob/anaerobe
Mischinfektionen werden häufiger angetroffen, die relevanten Anaerobier umfassen vor allem Bacteroides, Fusobakterien, Peptostreptokokken und Prevotella spp. (Tab.
2).
Tab. 2
Erregerspektrum des parapneumonischen Ergusses/Empyems
Streptococcus pneumoniae | ++ |
Alpha-hämolysierende (viridans) Streptokokken | +++ |
Streptococcus-milleri-Gruppe: S. anginosus, S. constellatus, S. intermedius Streptococcus-oralis-Gruppe: S. mitior, S. mitis, S. sanguis | +++ ++ |
Staphylococcus aureus | + |
Enterobakterien | (+) |
Anaerobier (alleine oder in Mischinfektion) - Peptostreptokokken - Fusobakterien - Bacteroides spp. - Prevotella spp. | +++ |
Fehlende Erregernachweise, die in bis zu 35 % beobachtet werden, sind begründet in den Limitationen der Anaerobierdiagnostik sowie einer meist bestehenden
antimikrobiellen Therapie.
Risikofaktoren
Diese umfassen
Alkoholismus, i.v.-Drogenkonsum, Grunderkrankungen wie
Lungenkarzinom,
Diabetes mellitus, ZNS-Erkrankungen mit Schluckstörungen sowie Ösophaguserkrankungen. Zudem sind folgende Laborparameter prädiktiv:
Albumin < 30 g/L,
Natrium < 130 mmol/L, Thrombozytose > 400.000/μL, CRP > 10 mg/dL. Eine
COPD wurde als protektiver Faktor identifiziert.
Diagnostik
Aufgrund der unspezifischen bis fehlenden Symptomatik entgehen komplizierte Ergüsse bzw. Empyeme immer wieder der frühen Diagnose. Eine solche ist jedoch wichtig, um die Ausbildung bzw. Ausbreitung und damit die Morbidität und Letalität dieser Komplikation zu limitieren.
Das einzige Mittel, eine solche Komplikation früh zu erfassen, besteht in der Aufrechterhaltung einer hohen Aufmerksamkeit für diese Komplikation. Diese beinhaltet:
Der Thoraxsonographie kommt in der Diagnostik des parapneumonischen Ergusses eine zentrale Bedeutung zu. Sie hat die höchste Sensitivität (Ergüsse bereits ab 10 mL erkennbar), sie erlaubt eine Darstellung der Echotextur (vor allem auch von Septen und Kammern) und sie ist beliebig wiederholbar und daher sehr gut zur Verlaufskontrolle geeignet. Darüber hinaus ist sie unverzichtbar in der Lokalisation einer Punktionsstelle.
Die CT des Thorax mit i.v. KM hat besondere zusätzliche Stärken in der Darstellung der Pleuradicke (pleural reichert sich KM an) sowie der Verhältnisse im Thorax im benachbarten Lungenparenchym. In der Darstellung der Septen und Kammern ist sie der
Sonographie unterlegen.
Die Pleuraergusspunktion ergibt bereits optisch und olfaktorisch wichtige Informationen. Wenn die Ergussflüssigkeit bernsteingelb und klar ist, besteht sicher kein komplizierter Erguss, wird hingegen Eiter aspiriert, steht die Diagnose eines Empyems bereits fest. Im Falle einer getrübten Pleuraergussflüssigkeit sind weitere Untersuchungen zwingend (Tab.
3). In manchen Fällen ist die Ergussflüssigkeit übelriechend, zuweilen geradezu bestialisch; diese Geruchsbildung beweist eine anaerobe Infektion des Pleuraraums und bedeutet, dass ein Empyem vorliegt.
Tab. 3
Untersuchung des Pleuraergusspunktats (Punktat trübe, jedoch kein Eiter)
Biochemisch | Eiweiß, LDH | LDH >> 1000 U/l: V. a. komplizierten Erguss bzw. Empyem |
Glucose | Korreliert mit pH, nicht zwingend erforderlich |
pH (Ergussflüssigkeit in BGA-Röhrchen und pH-Bestimmung im BGA-Gerät) | Wichtigster Parameter für weitere therapeutische Entscheidungen |
Zytologisch | Neurophile? Tumorzellen? | Hohe Neutrophilenzahl: v. a. komplizierten Erguss bzw. Empyem |
Mikrobiologisch | Erreger? | Erregernachweis beweist komplizierten Erguss bzw. Empyem |
Unter den Laborparametern aus der Pleuraergussprobe kommt der pH-Bestimmung die zentrale Bedeutung für therapeutische Entscheidungen zu.
Ein pH-Wert ≥ 7,3 spricht für einen unkomplizierten Reizerguss und kann lediglich beobachtet werden; pH-Werte zwischen ≥ 7,2 und < 7,3 entsprechen bereits einem komplizierten parapneumonischen Erguss und sollten in der Regel drainiert werden. pH-Werte < 7,2 müssen in jedem Fall drainiert werden.
Die Glucose-Werte in der Ergussprobe folgen den pH-Werten. Die LDH-Werte reflektieren das Ausmaß der entzündlichen Verletzung der Pleuraoberfläche.
Therapie
Die Therapie der komplizierten Ergüsse bzw. Empyeme ist komplex. Sie beinhaltet drei Komponenten, über die differenziert entschieden werden muss:
Antimikrobielle Therapie
Im Rahmen der
Pneumonie ist immer einer
antimikrobielle Therapie über 7 Tage indiziert. Ist diese erfolgt, der Patient mit einer Drainage versorgt und klinisch stabil ohne Zeichen einer fortbestehenden Inflammations- bzw. Infektionssymptomatik, kann die antimikrobielle Therapie beendet werden.
Ambulant erworbene komplizierte Ergüsse bzw. Empyeme werden entsprechend der
ambulant erworbenen Pneumonie antimikrobiell behandelt. Entsteht diese Komplikation im Verlauf des stationären Aufenthalts, ist eine nosokomiale Situation gegeben und eine
antimikrobielle Therapie mit breiterem Spektrum indiziert (z. B. Piperacillin/Tazobactam).
Drainagetherapie
Unkomplizierte Ergüsse werden komplett entleert, falls erforderlich auch wiederholt. Eine Drainage ist nur bei sehr großen und rasch nachlaufenden Ergüssen zu erwägen.
Komplizierte Ergüsse werden immer mit einer Drainage versorgt. Häufig genügt eine Drainage, ggf. wird (bei größeren Kammern) eine zweite erforderlich. Dünnlumige (8–16 French) sind dicklumigen Drainagen (22 bis 36 French) entgegen häufig geäußerter Meinung nicht prinzipiell unterlegen. Die Drainage sollte an eine kontinuierliche Saugdrainage (15–20 cm H2O) angelegt werden. Spülungen mit isotoner Kochsalzlösung sollten 1- bis 2-mal täglich erfolgen.
In einer Klinik mit einer Thoraxchirurgie kann bereits bei komplizierten Ergüssen eine VATS eine Option sein, insbesondere im Falle inadäquater Flüssigkeitsmobilisation oder größerer Kammerbildungen. Alternativ kann ein Versuch mit Fibrinolytika (
Urokinase oder r-TPA) erwogen werden. Dieser ist besonders bei Patienten in eingeschränktem Allgemeinzustand erwägenswert. In Situationen, in denen beide Möglichkeiten offen stehen, sollte der Wille des Patienten nach ausführlicher Aufklärung entscheidend sein.
Empyeme und Therapieversager einer Drainagetherapie sollten stets einer VATS zugeführt werden, sofern Gründe des Allgemeinzustands dem nicht entgegenstehen.