Eine zunehmende Zahl von Menschen ist auf eine meist chronische Dialysebehandlung angewiesen. Zu den häufigsten Infektionen in der
Dialyse zählen Infektionen von Dialysekathetern oder Shunts sowie blutassoziierte Virusinfektionen. Durch eine hohe
Compliance mit Standardhygienemaßnahmen können diese Infektionen zuverlässig vermieden werden. Ergänzend sollten alle Patienten konsequent gegen Hepatitis B geimpft sein, auch die Implantation von getunnelten Kathetern oder Shunts statt zentralvenöser Zugänge ist infektionspräventiv. Auch das während der Dialyse verwendete Wasser muss speziell aufbereitet und regelmäßig mikrobiologisch überprüft werden.
Einleitung
Nach den Angaben des statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2006 allein in Deutschland etwa 66.000 Patienten auf eine Dialysebehandlung angewiesen, davon ca. 63.000 auf eine
Hämodialyse (
www.destatis.de). Im Rahmen des demographischen Wandels handelt es sich bei diesen Patienten oft um ältere oder multimorbide Patienten, bei denen meist über viele Jahre eine Dialysebehandlung durchgeführt werden muss. Weltweit ist die
Prävalenz von Dialysebehandlungen im Zeitraum von 1990 bis 2010 um ca. 170 % angestiegen (Thomas et al.
2015).
Prinzipiell stehen an Verfahren die
Hämodialyse und die
Peritonealdialyse zur Verfügung. Bei der Hämodialyse
werden das Blut des Patienten und eine Dialyseflüssigkeit gleichzeitig an einer semipermeablen Membran (Dialysator) entlanggeführt. Durch ein Konzentrationsgefälle diffundieren die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut in die Dialyseflüssigkeit. Das dazu notwendige Blut kann dem Patienten entweder über einen zentralvenösen Katheter oder über einen arteriovenösen Shunt entnommen werden. Der extrakorporale Kreislauf wird über eine Dialysemaschine realisiert, die das Blut des Patienten über ein arterielles und venöses Schlauchsystem durch den Dialysator pumpt und entsprechende Regel- und Kontrollsysteme des Dialysevorgangs durchführt.
Bei der
Peritonealdialyse wird den Patienten ein getunnelter, in der Peritonealhöhle endender Katheter implantiert, über den eine Dialyseflüssigkeit in die Bauchhöhle eingefüllt wird und dort für mehrere Stunden verbleibt. Hier dient das Peritoneum des Patienten selbst als Dialysemembran.
Hämodialyse
An dieses Wasser werden besondere Anforderungen gestellt, die die Anforderungen an die Trinkwasserqualität übersteigen. Für die
Dialyse wird voll entsalztes Wasser
benötigt, Synonyme sind VE-Wasser oder demineralisiertes Wasser. Die Gewinnung von VE-Wasser aus Trinkwasser geschieht heute im medizinischen Bereich in der Regel über eine Umkehrosmoseanlage. Dabei wird Wasser mit hohem Druck durch eine semipermeable, das heißt nur für Wassermoleküle durchlässige Membran gepresst, um so chemisch reines Wasser zu gewinnen (Von Rheinbaben und Werner
2013).
Die technische Wartung einer Umkehrosmoseanlage
wird in der Regel einmal jährlich durch den Hersteller durchgeführt. Mikrobiologische Kontrollen des Permeats sollten alle 6 Monate erfolgen, bei auffälligen Befunden gegebenenfalls auch häufiger (Tab.
1). Ebenfalls sollten Kontrollen nach Eingriffen in die dialysewasserführenden Systeme oder bei Patientenreaktionen mit begründetem Verdacht auf eine mikrobiologische Ursache durchgeführt werden (Werner und von Rheinbaben
2013).
Tab. 1
Mikrobiologische Grenzwerte für Flüssigkeiten in der
Dialyse
Reinwasser (Permeat) | ≤10 2, kein Nachweis von Pseudomonas aeruginosa und coliformen Bakterien in 100 ml Wasser | <0,25 |
Dialyseflüssigkeit | ≤102
| <0,25 |
Die Dialyseflüssigkeit
wird aus Konzentraten hergestellt, die dem aufbereiteten Wasser beigemischt werden. Durch den hohen Gehalt an Salzen und
Glukose bieten die Konzentrate schlechte Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen. Die daraus hergestellte Dialyseflüssigkeit bietet jedoch ein gutes
Nährmedium für bakterielle Erreger. Bei der Verwendung von validierten Bakterien- und Endotoxinfiltern am Dialysegerät ist keine Untersuchung der Dialyseflüssigkeit erforderlich. Falls keine
Filter verwendet werden, sollten mikrobiologische Kontrollen analog zu denen des Permeats durchgeführt werden.
Nach den Empfehlungen der KRINKO für die Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen sind für die Punktion von autologen Shunts keine zusätzlichen Maßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz, Kopfhaube oder steriles Lochtuch erforderlich (KRINKO
2010). Auch bei der Punktion von Kunststoffshunts ist die sorgfältige Vorbereitung der Punktionsstelle die entscheidende infektionspräventive Maßnahme.
Bei der Entfernung der Kanüle sollte der Stichkanal mit einem Tupfer komprimiert werden, um Blut im Stichkanal oder die Bildung von Hämatomen zu vermeiden, die eine Eintrittspforte für Erreger darstellen können (Dialysestandard
2016).
Die Empfehlung, eine Katheteranlage in der V. femoralis zu vermeiden, muss nach einer aktuellen Arbeit von Parienti et al. relativiert werden. Das Risiko von Blutstrominfektionen war zwischen einer Katheteranlage in der V. jugularis und der V. femoralis nicht signifikant unterschiedlich. Bei einer Anlage in der V. subclavia war das Risiko von Blutstrominfektionen und Thrombosen am geringsten, dafür assoziiert dieser Anlageort mit der höchsten mechanischen Komplikationsrate (z. B.
Pneumothorax) (Parienti et al.
2015).
Eradikationsbehandlung bei nasaler
S.-aureus
-Besiedlung
In einem Review von 5 Studien mit insgesamt 2374 eingeschlossenen Patienten zeigte sich bei 26,4 % der Patienten eine nasale Besiedlung mit
S. aureus. Durch die topische Anwendung von Mupirocin
in der Nase wurde das Risiko von Blutstrominfektionen um 82 % signifikant gesenkt (p <0,0001), auch das Risiko von lokalen Infektionen an der Einstichstelle von zentralvenösen Dialysekathetern reduzierte sich signifikant um 87 % (Grothe et al.
2014). Patienten unter einer chronischen Dialysetherapie sollten regelmäßig (z. B. halbjährlich) auf eine nasale Besiedlung mit
S. aureus untersucht werden, um bei einem Nachweis eine entsprechende Eradikationsbehandlung einleiten zu können. Kritisch zu diskutieren ist das Risiko von Resistenzentwicklungen unter routinemäßiger Anwendung von Mupirocin (Patel et al.
2009). Wir empfehlen eine routinemäßige Gabe daher nicht.
Blutassoziierte Virusinfektionen
Alle Dialysepatienten sollten daher regelmäßig auf diese Erreger untersucht werden. Ein Screening auf
Hepatitis A ist dagegen nicht erforderlich.
Standardhygienemaßnahmen
Das Tragen von Einmalhandschuhen und gegebenenfalls Schutzkitteln stellt einen Schutz vor Haut- oder Schleimhautkontakt mit Blut dar und verhindert eine Kontamination der Arbeitskleidung. Gegenstände der Patientenversorgung, wie zum Beispiel Scheren, Klemmen oder Blutdruckmanschetten, müssen zwischen verschiedenen Patienten sorgfältig desinfiziert werden. Mit Blut kontaminierte Flächen sollten ebenfalls sofort desinfiziert werden. Eine regelmäßige Desinfektion aller Flächen in der Patientenumgebung sowie der Oberflächen des Dialysegerätes sollte nach Abschluss jeder
Dialyse erfolgen. Durch eine konsequente Einhaltung dieser Standardhygienemaßnahmen konnte in 14 belgischen Dialysezentren die Neuinfektionsrate mit
Hepatitis C von 1,4 % auf null gesenkt werden, eingeschlossen waren 963 Patienten. Eine getrennte Versorgung von Patienten mit einer Infektion mit HBV, HCV oder
HIV in separaten Räumlichkeiten ist daher nicht erforderlich (Jadoul et al.
1998).
Möchte man jedoch an der traditionellen Trennung festhalten, muss man bedenken, dass es eine diagnostische Lücke zwischen einer Infektion und der Virusnachweismöglichkeit geben kann, sodass auch Patienten an der weißen
Dialyse potenziell als infektiös anzusehen sind. Auch können Patienten simultan mit mehreren Infektionserregern infiziert sein. Weiterhin sind mittlerweile verschiedene Subtypen einzelner Erreger (z. B. HCV) molekularbiologisch identifiziert worden. Das medizinische Personal stellt bei adäquater Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen keinen Vektor für die Übertragung von blutassoziierten Viruserkrankungen dar. Ebenso ist für die unbelebte Fläche bei Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen keine relevante Rolle als sekundäre Quelle in der Erregerübertragung vorstellbar.
Das Vorhalten eigener Geräte, separater Räumlichkeiten und zugeordnetem Personals für jeden Erreger oder gar Kombinationen mehrerer Erreger ist organisatorisch überhaupt nicht möglich; aus einer modernen infektionspräventiven Sicht ist – wie oben dargelegt – dies auch nicht sinnvoll.
Peritonealdialyse
Die
Peritonealdialyse wird heute in der Regel als kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) durch die Patienten selber durchgeführt.
Bei Manipulationen am Katheter, um zum Beispiel das Spülsystem anzuschließen, ist auf eine strikte aseptische Handhabung zu achten. Neben der Desinfektion der Arbeitsfläche muss eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden. Das Anschlussstück des Peritonealkatheters wird mit alkoholischem Hautdesinfektionsmittel eingesprüht, die Einwirkzeit sollte mindestens 30 Sekunden betragen. Anschließend wird das Überleitungssystem in Non-Touch-Technik an den Katheter angeschlossen. Peritonealdialyselösungen werden meist in Weichplastikbehältern mit 2–5 l Inhalt von der Industrie steril und pyrogenfrei angeboten. Vor der Verwendung sind die Gebinde auf Unversehrtheit zu prüfen, trübe Lösungen sollten nicht verwendet werden. Die Patienten müssen angewiesen werden, sich bei einer
Trübung des Dialysats oder bei neu aufgetretenen abdominellen
Schmerzen als Zeichen eines Infektes sofort in ärztliche Behandlung zu begeben (Dialysestandard
2016).
Die wesentlichen Infektionsrisiken
bei der CAPD sind:
Die häufigsten Erreger von Infektionen bei der CAPD sind
S. aureus und koagulasenegative
Staphylokokken, aber auch gramnegative Keime sowie
Candida spp. (Akoh
2012).
Die Anlage eines Peritonealkatheters sollte anhand der anatomischen Voraussetzungen des Patienten geplant werden: Ein Katheteraustritt in Hautfalten oder auf Höhe des Gürtels sollte vermieden werden, ebenso sollte die Austrittsstelle für den Patienten gut sichtbar sein. Die Implantation eines Peritonealkatheters erfolgt unter aseptischen Bedingungen im Operationssaal, das Risiko von Austritts- und Tunnelinfektionen kann durch einen abwärts gerichteten Katheteraustritt vermindert werden. Die Single-Shot-Gabe einer
perioperativen Antibiotikaprophylaxe bei der Implantation verringert das Infektionsrisiko (Dialysestandard
2016).
Zusammenfassung
Im Rahmen des demographischen Wandels ist in den nächsten Jahren mit einer Zunahme an dialysepflichtigen Patienten zu rechnen. Die häufigsten Infektionen in der
Dialyse sind Infektionen von Dialysekathetern und Shunts oder blutassoziierte Virusinfektionen. Durch die Implantation von getunnelten Kathetern in Kombination mit einer hohen
Compliance mit Standardhygienemaßnahmen können Infektionen vermieden werden. Die Übertragung von Virusinfektionen wie HBV, HCV oder
HIV durch das Innere einer Dialysemaschine ist theoretisch vorstellbar, in der Praxis aber zu vernachlässigen. Auch die Zuordnung von Personal oder Dialysemaschinen zu bestimmten Infektionsentitäten ist nicht notwendig. Umso wichtiger ist dagegen eine hohe Compliance mit der hygienischen Händedesinfektion sowie eine konsequente Impfung aller Patienten und Mitarbeiter gegen Hepatitis B sowie eine regelmäßige Desinfektion der Geräteoberflächen. Auch an die hohen Wassermengen, mit denen Patienten während einer Dialyse in Kontakt kommen, werden besondere Anforderungen gestellt. Trinkwasser wird heute meist über eine Umkehrosmose weiter aufbereitet und muss regelmäßig mikrobiologisch untersucht werden.
Bei der Anwendung einer
Peritonealdialyse ist eine sorgfältige Schulung der Patienten im Umgang mit dem implantierten Katheter besonders wichtig, um bei den ersten Anzeichen eines Infektes schnell reagieren zu können.