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Praktische Schmerzmedizin
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Publiziert am: 02.11.2018

Komplementäre Verfahren in der Schmerztherapie

Verfasst von: Bernhard Uehleke, Dominik Irnich, Wolfram Stör, Petra Bäumler und Lorenz Fischer
Eine komplette Darstellung aller komplementärmedizinischen Verfahren unter dem Gesichtspunkt „Schmerz“ würde den Umfang dieses Buches sprengen. Es darf aber keineswegs übersehen werden, dass insbesondere bei Patienten mit chronischen Schmerzen seit Jahrzehnten großes Interesse an einer alternativen oder ergänzenden Behandlung mit anderen, vermeintlich nebenwirkungsärmeren Heilmethoden besteht. Die Inanspruchnahme von komplementärmedizinischen „Therapeuten“ und entsprechende Selbstbehandlungen wird eher selten den behandelnden Ärzten mitgeteilt. Zunächst folgt ein kurzer Überblick über den komplexen Bereich der Komplementärmedizin einschließlich einem allgemeinen Überblick über den Stand der klinischen Evidenz von komplementärmedizinischen Methoden bei Schmerz. Anschließend werden – quasi beispielhaft – drei ausgesuchte und für die Schmerztherapie besonders relevante Methoden ausführlich und für die praktische Anwendung dargestellt: Phytotherapie, Akupunktur und Neuraltherapie.

Einleitung

Was versteht man unter Komplementärmedizin, Alternativmedizin, Naturheilkunde, Traditioneller Medizin und Integrativer Medizin?
Eine fast unüberschaubare Menge an verschiedensten Heilverfahren wird unter Komplementärmedizin oder früher Alternativmedizin zusammengefasst. Angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Verfahren gibt es in den Vereinigten Staaten seit etlichen Jahren Behörden, die sich mit diesen Verfahren befassen und inzwischen über hohe Forschungsbudgets verfügen. Diese verwenden den Begriff CAM für Complementary and Alternative Medicine. Mit diesem Begriff wird man auch in einschlägigen Datenbanken am ehesten fündig. Darunter sind auch traditionelle Medizinsysteme enthalten. Weiterhin wurde auf Betreiben von China in der WHO der Begriff Traditional and Complementary Medicine (T&CM) eingeführt, wobei deren phonetische Ähnlichkeit mit TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) kaum zufällig zustande gekommen ist.
CAM umfasst eine enorme Spannweite: Auf der einen Seite zählen hierzu Naturheilmethoden, die der „normalen“, „westlichen“, „wissenschaftlichen“ Medizin, auch „Schulmedizin“ genannt, und insbesondere der physikalischen Medizin und Ernährungsmedizin, mitunter auch der psychosomatischen Medizin nahestehen oder letztendlich identisch sind. Dazu kommen traditionelle Medizinsysteme aus allen Teilen der Welt sowie die umstrittene Homöopathie. Auf der anderen Seite reicht CAM bis hin zu vielen esoterisch anmutenden Methoden, in denen z. B. von „energetischen“ Schwingungen, Quantenmedizin und anderen pseudowissenschaftlichen Verfahren die Rede ist. Spezifisch in den Vereingten Staaten ist Beten ein häufig verwendetes Verfahren, das zu CAM gezählt wird.
In Deutschland hat sich im 19. Jahrhundert eine Volksbewegung für die aus der Kaltwasserheilkunde erweiterten Naturheilkunde entwickelt, die heute noch mit um die 200.000 in Kneipp-Vereinen organisierten Menschen eine bedeutende Selbsthilfebewegung darstellt. Ziel dieser Bewegung war ursprünglich, eine Bevormundung der Menschen in gesundheitlichen Belangen durch Staat und Monopol der Ärzteschaft zu vermeiden und stattdessen eigenständige Gesundheitsmaßnahmen mit Nutzung von Wasser (Hydrotherapie), Bewegung (Bewegungstherapie), gesunder Ernährung (Ernährungstherapie) und gesundheitsbezogener Lebensordnung (Ordnungstherapie) sowie Heilpflanzen (Phytotherapie), Licht, Luft und Sonne zu betreiben. Die erstgenannten Verfahren sind auch als die „5 Säulen nach Kneipp“ deutschsprachiger Bevölkerung weithin geläufig und werden als vermeintlich „natürliche“ Verfahren den Verfahren der physikalischen Medizin vorgezogen.
Die Definition und Abgrenzung dieser „echten“ oder „klassischen“ Naturheilverfahren wird dadurch unterlaufen, dass andere Verfahren von der Homöopathie bis hin zur Diagnostik und Therapie mit technischen Geräten auch als „natürlich“ beworben werden und damit Begriffe wie „Naturheilverfahren“ bzw. „Naturheilkunde“ quasi synonym mit CAM verwendet werden. Die Ironie der medizinischen Geschichte bringt es mit sich, dass etliche der von Naturheilkunde- und Homöopathieanhängern verfehmten Methoden der „Schulmedizin“ des 19. Jahrhunderts inzwischen von der alternativen Szene der CAM aufgenommen wurden. Gerade im Hinblick auf Wirksamkeit und Praktikabilität bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates sind beispielsweise insbesondere Blutegel und Schröpfen vielversprechend.
Das Problem von derzeit existierenden negativen Definitionen von CAM-Verfahren als solche, die nicht von der modernen Medizin gelehrt und verwendet werden, ist offensichtlich. Sofern die klinische Evidenz irgendwann ausreichend vorliegt, müssten die Verfahren dann ja in die normale Medizin übernommen und von den Kassen bezahlt werden. Die akademischen Vertreter der CAM-Verfahren versuchen heute, über das Konzept einer „integrativen Medizin“ die Wirksamkeit dieser Verfahren durch geeignete klinische Studien erforschen. Von den Methoden her würde man also unter integrativer Medizin am ehesten diejenigen bezeichnen, die gerade im Übergang zur „normalen“ Medizin stehen (und nur noch ein paar Studien oder Reviews benötigen). Versuche, dieses Problem durch Mischbegriffe wie CIM (komplementäre und integrative Medizin) in den Griff zu bekommen, führen sich bei kritischer Betrachtung von selbst ad absurdum. Dazu kommt, dass inzwischen für etliche Verfahren, wie z. B. Phytotherapie oder Akupunktur, moderne wissenschaftliche Erklärungen der Wirkmechanismen vorliegen, die aber in der Praxis längst nicht von allen Therapeuten akzeptiert werden. Daher sollten aus Sicht des Autors die jeweiligen Methoden konkret benannt werden, anstatt zu versuchen, einen Sammelbegriff für ein solches inhomogenes Gebiet zu definieren. Es erscheint aus Sicht des Autors zweifelhaft, dass eine Zusammenfassung der Begriffe zur Bündelung politischer Aktivitäten sinnvoll ist, weil dadurch die Kritiker immer an einem der „schwachen“ und umstrittenen Verfahren angreifen können und damit eigentlich anerkannte Verfahren geschädigt werden. Unter dem Dogma der evidenzbasierten Medizin spielt ein wissenschaftlich plausibler Wirkmechanismus nur noch eine geringere Rolle. Generell sind solche Verfahren benachteiligt, bei denen mangels Firmeninteressen oder staatlichen Interessen keine Studien finanziert werden. Dagegen sind in diesem Bereich vor allem Verfahren aus China, Indien und Persien im Vorteil, wo staatlicherseits der „Export“ der entsprechenden traditionellen Medizinsysteme auf der politischen Agenda steht.
Auch die folgenden aktuellen Reviews sind oft stark davon abhängig, ob gezielt Verfahren in die jeweilige Definition von CAM einbezogen wurden
Klinische Evidenz von CAM-Methoden bei Schmerz
Ein aktueller „Umbrella-Review“ erfasst in 26 Reviews über 18 CAM-Verfahren. Inhalierter Cannabis, Graded Motor Imagery, und Compound Kushen Injektion (ein Mittel der TCM) wurden als diejenigen mit deutlicher klinischer Evidenz identifiziert. Weitere CAM-Verfahren wurden als wirksam bei chronischem Schmerz eingestuft. Allerdings sei unklar, ob diese alternativ oder zusätzlich zur üblichen Schmerztherapie funktionieren und weitere Studien notwendig sind (Houzé et al. 2017).
Ein weiterer aktueller Review untersucht und bewertet ausführlich häufig angewandte CAM-Verfahren bei den am häufigsten vorkommenden chronischen Schmerzen: Rückenschmerzen, Nackenschmerzen und rheumatoide Arthritis (RA). Als häufig angewandte Verfahren werden folgende beschrieben: Akupunktur, Mind-Body-System, Ernährungsumstellung und Fasten sowie Pflanzenheilkunde und Nahrungsmittel („Nutrients“). Verschiedene Verfahren der Akupunktur müssten demnach trotz etlicher Studien bei RA noch weiter untersucht werden. Bei Rückenschmerzen und bei Nackenschmerzen sei genügend Evidenz für eine Behandlungsempfehlung vorhanden, auch wenn noch weitere Studien sinnvoll seien.
Bei den Mind-Body-Methoden werden Meditation, Yoga oder Tai Chi häufig praktiziert, aber auch Achtsamkeit, Autogenes Training, Atemtherapie, Progressive Muskelentspannung, Feldenkrais und Alexandertechnik. Die meisten Studien gibt es zu standardisierten 8-Wochen-Programmen mit Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR). Für RA sei ein Hinweis auf klinische Evidenz von MBSR durch mehrere kleinere Studien gegeben; Yoga bleibe noch unklar, da nur zwei kleinere Studien vorliegen. Bei Rückenschmerz sei die Evidenz trotz eines gegenteilig publizierten systematischen Reviews für MBSR noch nicht überzeugend. Es gebe starke Evidenz, dass Yoga Schmerzen und rückenbedingte Einschränkungen auf kurze Sicht reduziert, während nur mäßige Evidenz für Langzeiteffekte vorliege. Tai Chi und Quigong zeigen bei chronischen Rückenschmerzen nur begrenzte Evidenz. Alexandertechnik zeige sich in einer großen mehrarmigen Studie als deutlich wirksam.
Eine vegetarische Diät oder eine Mittelmeerdiät sei nach kleineren Studien wirksam bei RA. Vorläufige Evidenz sei für Fasten mit anschließender veganer Ernährung gegeben, aber Langzeituntersuchungen fehlen. Bei Rücken- oder Nackenschmerzen gibt es kaum Evidenz durch spezifische Studien, obwohl Übergewicht eindeutig mit Rückenschmerzen assoziiert ist.
Verschiedene Heilpflanzen zeigen nach diesem Review weder eine überzeugende Evidenz bei RA noch bei Rücken- und Nackenschmerzen. Dies gelte auch für traditionelle Medizinsysteme wie Ayurveda, anthroposophische Medizin sowie Schröpfen bzw. Schröpfmassagen.
Insgesamt bleibe ein hoher Bedarf für die weitere Erforschung von CAM im Bereich Schmerzen (Chen und Michalsen 2017).
Ein weiterer Review betont ebenfalls die Schlüsselrolle der Psyche und entsprechender Verfahren. Kognitive Verhaltenstherapie wird als wichtig gesehen, aber auch Biofeedback-Therapie bei chronischem Schmerz. Übungstherapie sei für akute, subakute und chronische Schmerzen als wirksam nachgewiesen. Therapie mit Smartphone und mit Ganzkörperkryotherapie seien neue Verfahren, bei denen weitere Studien notwendig seien (Thomas et al. 2016).
Speziell bei Rückenschmerzen werden einem Review zufolge Akupunktur, Chiropraxis, Osteopathie und Massage sowie selbstmedizierte Verfahren zusätzlich zur konventionellen Behandlung angewendet. Prädiktoren sind Geschlecht (weiblich), Chronizität und frühere Erfahrungen mit CAM, wobei Familie, Freunde und Empfehlungen von Ärzten auch eine Rolle spielen. Mangels Kommunikation zwischen Ärzten und verschiedenen Heilern bleibe oft unklar, welche Verfahren wirklich nützlich waren (Murthy et al. 2015).
Speziell bei Schmerzen im unteren Rückenbereich fand man in einem speziell auf die Frage des Zusammenwirkens mehrerer Verfahren ausgerichteten Review 21 entsprechende Studien mit spinal-manipulativer Therapie (13), Akupunktur (8), Übungsbehandlung (8), Physiotherapie (5), Massage (1) und lokalen Einreibungen (1) sowie konventioneller medizinischer Versorgung (8). Am vielversprechendsten erscheint spinal-manipulative Therapie kombiniert mit Übungsbehandlungen und Akupunktur zusätzlich zur konventionellen medizinischen Versorgung. Die Kombination von CAM mit aktiven Behandlungen erschien wirksam, während die Kombination von passiven Physiotherapieverfahren mit CAM als generell unwirksam dargestellt wird. Beispielsweise zeigt sich in einer Studie die aktive Übungsbehandlung mit heißen Auflagen wirksamer als heiße Auflagen alleine (Kizhakkeveettil et al. 2014).

Phytotherapie

Zum Einstieg

Phytotherapie ist die Behandlung mit ausgesuchten pflanzlichen Zubereitungen, die das natürliche Vielstoffgemisch der Pflanze noch weitgehend enthalten. Demnach gehören isolierte Pflanzenstoffe, z. B. das Menthol aus dem (Pfeffer-)Minzöl, streng genommen nicht mehr zur Phytotherapie; sie sollen hier in Einzelfällen aber dennoch besprochen werden.
In der modernen westlichen Phytotherapie werden keine Pflanzen mit einer geringen therapeutischen Breite (Giftpflanzen) verwendet, sondern – im Gegensatz zu den traditionellen Medizinsystemen (z. B. Traditionelle Chinesische Medizin, Traditionelle Europäische Medizin) – ausschließlich sogenannte mild wirksame Arzneipflanzen mit großer therapeutischer Breite und einer guten Verträglichkeit.
In der Phytotherapie wird das in der Pflanze enthaltene Vielstoffgemisch formal als ein Wirkstoff betrachtet und begründet als ein dogmatisches Charakteristikum die entsprechende „besondere Therapierichtung“. Im Zuge des (Nach-)Zulassungsprozesses haben nämlich Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophische Arzneimittel als „besondere Therapierichtungen“ eigene (Nach-)Zulassungskommissionen erhalten. Für die Phytotherapie war dies die Kommission E, die für über 300 Pflanzen/-teile aus dem gesammelten Erkenntnismaterial Monografien erstellt hat. Heute sind die europäischen Monografien der EMEA relevant.
Die Anhänger der Phytotherapie gehen davon aus, dass dieses natürliche Vielstoffgemisch definierter Heilpflanzen grundsätzlich – bei ausgezeichneter Verträglichkeit – eine durch klinische Prüfung nachweisbare Wirksamkeit aufweist. Neben altbekannten Arzneipflanzen wurden auch Heilpflanzen aus anderen Medizinkulturen zur Anwendung bei rheumatologischen Erkrankungen geprüft, wobei anfangs – wie beim Weihrauch und vor einiger Zeit auch bei Uncaria tomentosa (Mur et al. 2002) – vielversprechende erste Ergebnisse berichtet werden, die sich jedoch in der weiteren klinischen Forschung relativiert haben.
Als Beispiel einer Heilpflanze mit besonders guter Verträglichkeit sei die Kamille genannt, bei der in der üblichen antiphlogistischen Dosierung und selbst bei einer 100-fachen Überdosierung keine Schädigung zu erwarten ist. Die antiphlogistische Wirkung ist eher unspezifisch und wird durch eine Reihe von zusammenwirkenden Inhaltsstoffen erklärt, die auf verschiedenen Ebenen die Entzündung hemmen sollen: Multi-target-Therapy. Allerdings muss bereits hier betont werden, dass die Akutwirkung der Kamille auch bei einer sehr hohen innerlichen Dosierung nicht für eine Behandlung von akuten rheumatischen Beschwerden ausreicht und allenfalls als adjuvante Behandlung einen Beitrag leistet.
In der naturheilkundlich orientierten Phytotherapie spielt neben der internen (systemischen) Therapie die externe Behandlung eine besondere Rolle, auch in Form von Hausmitteln wie Wickeln, Auflagen und Kräuterbädern. Bei einer ausreichenden transkutanen Resorption kann eine externe Therapie durchaus sogar systemisch wirken. Zumeist handelt es sich bei den extern applizierten Antirheumatika jedoch um Reiz- oder Reflextherapien, bei denen die Reizung der Haut über verschiedene kutane Rezeptoren und der entsprechenden neuronalen Verarbeitung reflektorisch schmerzlindernd wirkt.

Pharmakologische Wirkung

Interne Phytopharmaka

Die antiphlogistische Wirkung einiger Phytopharmaka erfolgt – wie bei den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) – durch eine Hemmung der Cyclooxygenase (COX). Eine Differenzierung in COX-1- und COX-2-Hemmung wird seit einiger Zeit auch für pflanzliche Wirkstoffe vorgenommen (Hong et al. 2002; Ringbom et al. 1998). Verschiedene Salicin-Verbindungen, die in Heilpflanzen wie Weidenrinde, Pappelrinde und Pappelblättern sowie in Mädesüß enthalten sind, scheinen eher unselektiv zu wirken.
Die typischen unerwünschten gastrointestinalen Nebenwirkungen der NSAR sind für die entsprechenden Phytopharmaka nicht bekannt geworden. Dies ist wohl weniger auf eine selektive COX-2-Hemmung, sondern zunächst auf die niedrige Gesamtdosierung der Salicin-Verbindungen zurückzuführen. Die verfügbare Salicin-Menge erreicht selbst in angereicherten Extraktzubereitungen nur rund 20–40 % einer 500 mg-Acetylsalizylsäure-Tablette, nämlich für Weidenrindenextrakt laut ESCOP-(European Scientific Cooperative on Phytotherapy-)Monografie (1997) maximal 240 mg Salicin pro Tag. Die bioverfügbare Salizylsäuremenge entspricht nach Einmalgabe dieser Tagesdosis lediglich derjenigen nach Einnahme von 87 mg Acetylsalizylsäure (Schmid et al. 2001). Vor allem bei wässrigen Weidenrindenextrakten können magenprotektive Wirkstoffe, Procyanidine, die gute gastrointestinale Verträglichkeit solcher Phytopharmaka erklären (Iwasaki et al. 2004).
Ein weiterer möglicher antiphlogistischer Wirkmechanismus besteht in einer Hemmung der Leukotrien-Synthese durch die Inhibition der Lipoxygenase. Neben den Boswelliasäuren des Weihrauchs und den Harpagosiden der Teufelskralle hemmen auch die Kaffeoyläpfelsäuren und Zimtsäuren (u. a. in der Brennnessel) die Lipoxygenase (Obertreis et al. 1996).
Zudem kann auch eine Hemmung des NF-κB, einem Transkriptionsfaktor, antiphlogistische Wirkungen induzieren. Für die Helenaline der Arnika wurde eine entsprechende pharmakologische Aktivität nachgewiesen (Schmidt et al. 2002). Schließlich kann im Rahmen einer Phytotherapie durch doppelt ungesättigte Fettsäuren vom Omegatyp das Spektrum der Prostaglandine und Leukotriene verändert werden. Die ungesättigten Fettsäuren kommen in Algen, aber auch in pflanzlichen Ölen vor und werden derzeit meist in Form von Nahrungsmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln angeboten (Lopez 2012). Aus den Algen gelangen die Fettsäuren über die Nahrungskette ins Fischöl, insbesondere von Nordmeerfischen. Durch Dauereinnahme von ungesättigten Fettsäuren erscheint eine allgemeine Entzündungshemmung möglich, wobei die Dosierung bei einer höheren Arachidonsäurezufuhr (fettes Schweinefleisch!) anzupassen, d. h. in diesem Falle zu erhöhen ist.
Verschiedenen Heilkräutern, wie zum Beispiel dem Tausendgüldenkraut (Valentao et al. 2003) oder der Goldrute (Apati et al. 2003), wird eine Wirkung als Radikalfänger zugeschrieben. Einige der in der Rheumatologie verwendeten Heilpflanzen enthalten Vitamin-E-ähnliche Verbindungen oder Vitamin A-ähnliche Carotinoide (z. B. Ringelblume, Schachtelhalm). Eine direkte Entzündungshemmung durch diese Antioxidativa bzw. Radikalfänger ist jedoch angesichts der geringen Dosierung in entsprechenden Phytopharmaka wenig wahrscheinlich.
Weiterhin wird eine Entzündungshemmung durch pflanzliche Enzyme postuliert. Pflanzliche Enzyme sind vorwiegend Proteasen. Sie sind beispielsweise in Bromelain (gefriergetrockneter Rohextrakt aus Ananas) enthalten. Proteasen weisen in vitro bzw. in vivo antiödematöse, entzündungshemmende, antithrombotische und fibrinolytische Wirkungen auf (Maurer 2001). Die Proteasen sollen im Blut zirkulierende Antikörper-Antigen-Komplexe abbauen, Adhäsionsmoleküle beeinflussen und somit immunmodulierend wirken. Die enzymatische Aktivität erstreckt sich über einen weiten pH-Bereich, und das Substratspektrum ist sehr groß (Maurer 2002). An der quantitativ relevanten systemischen Verfügbarkeit von unzerstörten Enzymen bestehen allerdings erhebliche Zweifel. Eine immunmodulierende Wirkung ließe sich theoretisch auch bei fehlender Resorption durch eine Beeinflussung des gastrointestinalen Systems und des darmassoziierten Immunsystems erklären, was bisher jedoch noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Solche indirekten Wirkungen auf das Immunsystem über den Magen-Darm-Trakt sind nicht unplausibel: Entzündungen und Fehlbesiedlungen im Darm fördern über das darmassoziierte Immunsystem die chronische Entzündungsbereitschaft des gesamten Organismus. Daher wird in der Naturheilkunde der Einsatz von Säureblockern kritisch gesehen, da durch unverdaute Proteine das darmassoziierte Immunsystem alarmiert wird und eine Entzündung bis hin zum Leaky-gut-Syndrom entstehen kann. Eine Stabilisierung der Funktionen des Magen-Darm-Trakts durch Bittermittel, ätherische Öle, Ballast- und Quellstoffe wird insbesondere von solchen Rheumapatienten gerne angenommen, die gleichzeitig gastrointestinale Beschwerden haben.
Immunmodulierende Heilpflanzen wie Echinacea, Ginseng, Eleutherococcus hingegen werden bei entzündlichen und rheumatischen Erkrankungen nicht eingesetzt, da man eine Erhöhung der Entzündungsneigung befürchtet.

Externa

Die Schmerzlinderung durch extern applizierte Phytopharmaka wird in erster Linie durch eine Beeinflussung der Schmerzleitung sowie durch eine reflektorische Wirkung nach Reizung von verschiedenen Rezeptoren, beispielsweise Warm- oder Kaltrezeptoren, in der Haut erklärt.
Die als Capsaicin bezeichnete Substanzgruppe des spanischen Pfeffers und der Paprika bewirkt hingegen bei externer Applikation nach initialer Reizung eine Anästhesie der oberflächlich laufenden schmerzleitenden C-Fasern (Sawynok und Sweeney 1989).
Lokale Erwärmungsmittel induzieren eine Hyperämie, die im Sinne einer Reflextherapie vielfältige Prozesse in Gang setzen und dann zu einer Veränderung der Schmerzwahrnehmung führen kann. Noch eindeutiger erscheint die Senkung des Muskeltonus nach der Applikation hyperämisierender Phytopharmaka. Analog zu physikalischen Wärmeapplikationen wird der Muskeltonus anhaltend gesenkt und insbesondere der Druck- und Muskelschmerz werden günstig beeinflusst (Fromy et al. 1998).
Umgekehrt kann auch eine Reizung der Kälterezeptoren reflektorisch analgesierend wirken. Einen Kühleffekt durch „Täuschung“ der Kaltrezeptoren weist vor allem das in (Pfeffer-)Minzöl zu 30–50 % enthaltene Menthol auf. Campher wirkt hingegen schwächer auf die Kälterezeptoren und wird von einer konsekutiv hyperämisierenden Wirkung überlagert. Verdünntes Minzöl hat sich besonders wirksam bei Spannungskopfschmerz bestätigt (Göbel et al. 1994, 1996).

Stellenwert der Phytotherapie

Eine phytotherapeutische Behandlung richtet sich mit externen Maßnahmen vorwiegend gegen Muskelverspannungen und neuralgiforme Schmerzen. Daneben kann versucht werden, die Entzündungsaktivität durch eine systemische antiphlogistische Phytotherapie mit Weihrauch, Teufelskralle oder Brennnessel zu vermindern.
Die Evidenz für eine Wirksamkeit ist bei den häufig vorkommenden Rückenbeschwerden, Arthrosen und bei chronischer Polyarthritis mitunter nicht einmal so schlecht. Ein günstiger Einfluss auf die Häufigkeit und Schwere von Schüben wird nach einer Metaanalyse bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen für möglich eingestuft (Ernst 2003). Hingegen ist sie bei Morbus Bechterew äußerst dürftig: Man stützt sich hier auf Einzelerfahrungen und insbesondere auf Übertragungen von Untersuchungen bei anderen rheumatologischen Krankheitsbildern, insbesondere bei unspezifischen Rückenschmerzen und muskulären Beschwerdebildern.
Bei den Patienten sollte keine übermäßige Erwartungshaltung geweckt oder ihnen eine aussichtsreichere andere Behandlung vorenthalten werden. Andererseits besteht häufig gerade seitens der Patienten der Wunsch nach einer pflanzlichen Therapie. Wenn ein Patient also nach entsprechender Aufklärung über Nutzen und Risiko der möglichen „schulmedizinischen“ bzw. „pflanzlichen“ Behandlungen eine Phytotherapie zur Behandlung seiner rheumatischen Schmerzen präferiert, gibt es entsprechende pflanzliche Therapieoptionen. Auch kann die Kombination einer Phytotherapie mit einer „schulmedizinischen Basistherapie“ in Erwägung gezogen werden. Die pflanzliche Behandlung führt bisweilen zu einer besseren Verträglichkeit der „Basistherapie“ und insgesamt zu besseren Erfolgen. Allerdings liegt keinerlei Evidenz für eine Verhinderung der Gelenkdestruktion wie durch entsprechend dokumentierte „Basistherapien“ vor.
Grundsätzlich ist ein offenes und von Vertrauen geprägtes Arzt-Patient-Verhältnis gerade bei chronischen Schmerzen äußerst wichtig. Einem Patienten, der nach umfassender Information über die gegebenen Therapiemöglichkeiten eindeutig den Wunsch nach einer rein „pflanzlichen Behandlung“ äußert, sollte diese dann auch nicht verweigert werden. Ein „Therapieversuch“ oder eine „Begleittherapie“ mit Phytopharmaka ist bei einer Vielzahl von krankheitstypischen Symptomen aus den genannten Gründen häufig sinnvoll und gerechtfertigt.

Bei chronischen Schmerzen anwendbare Heilpflanzen

Orale Phytotherapeutika

Teufelskralle (Harpagophytum procumbens)
Extrakte aus Teufelskrallenwurzel finden seit einigen Jahren ein zunehmendes Interesse in der Phytotherapie. Ausgangspunkt ist die positive Monografie der Kommission E von 1989, ergänzt durch die ESCOP-Monografie von 1996 (ESCOP-Monographs 1996) mit der Indikation „zur unterstützenden Therapie bei Verschleißerkrankungen des Bewegungsapparates“. Die EMA-Monografie von 2008 nennt allerdings nur eine traditionelle Anwendung als „Traditional herbal medicinal product for relief of minor articular pain“ – auch im aktuellen Entwurf der Revision von 2016.
Harpagoside gelten als eine wirksame Substanzgruppe, da sie auch im menschlichen Blut die 5-Lipoxygenase hemmen. Die Inhibition der Leukotrienbiosynthese lässt sich auch beim Menschen nach Gabe von Extrakten mit 150 mg Harpagosid nachweisen, während sich hier kein Effekt auf die Thromboxan-B2-Biosynthese zeigt (Loew und Simmet 2000). Ferner hemmt ein alkoholischer Extrakt die TNF-Bildung in humanen Monozyten (Fiebich et al. 2001). Neuerdings wurde in isolierten Zellen auch die Hemmung von IL-6 mRNA-Expression und COX-2 gezeigt (Fiebich et al. 2012). Nach externer metabolischer Aktivierung konnte gezeigt werden, dass dosisabhängig die Freisetzung von TNF-α, IL-6 und IL-8 in LPS-stimulierten Monozyten THP-1-Zellen bei nicht zytotoxischen Konzentrationen (50–250 μg/ml) gehemmt wurde, obwohl durch die Aktivierung Harpagosid und Kaffeoylsäuren durch die Metabolisierung abgenommen hatten (Hostanska et al. 2014).
Die empfohlene Tagesdosierung beträgt entsprechend der Monografie der Kommission E 4,5 g Droge. Mit dieser Dosis bzw. mit einem wässrigen Extrakt werden daher bei dem im Deutschen Arzneibuch vorgeschriebenen Mindestgehalt von 1 % Harpagosid mindestens 45 mg Harpagosid zugeführt. Die Monografie der ESCOP empfiehlt höhere Tagesdosierungen bis zu 9 g Droge. Alkoholische Extrakte enthalten verhältnismäßig wenig Harpagosid.
Studien
In einer kontrollierten klinischen Studie (Chrubasik und Conradt 2000) bei Patienten mit unspezifischen chronischen Rückenschmerzen wurden die Effekte bei Dosierungen von 50 bzw. 100 mg Harpagosid untersucht. Das Hauptzielkriterium der Schmerzfreiheit nach 4 Wochen wurde nur bei 5 % der Patienten in der Placebogruppe erreicht, hingegen bei 9 bzw. 15 % in den beiden Verumgruppen, wobei vor allem diejenigen Patienten von der Behandlung profitierten, die innerhalb der vorangegangenen 6 Wochen eine akute Schmerzverstärkung erlitten hatten. In den Zielparametern Schmerzverlauf und Arhuser Rückenschmerzindex zeigte sich kein Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen und der Placebogruppe. Insofern lässt auch diese Studie zur Wirksamkeit von Harpagosid bei unspezifischen Rückenschmerzen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
Eine weitere placebokontrollierte Doppelblindstudie bei unspezifischen Rückenschmerzen mit 2 × 480 mg Trockenextrakt (Ethanol 60 %, 4,4–5,0:1) zeigte einen hochsignifikanten Verlaufs- und Gruppeneffekt (Göbel et al. 2000).
In einer Anwendungsbeobachtung bei 675 Patienten mit Schmerzen infolge von Arthrosen, Spondylosen oder Fibromyalgie ergab sich – unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung – eine relevante Besserung der Symptomatik nach einer durchschnittlich 60-tägigen Behandlung mit 480–960 mg gereinigtem alkoholischem Teufelskrallenwurzelextrakt. Dabei konnte im Verlauf der Therapie mit dem Extrakt die Medikation mit NSAR und Cortison deutlich reduziert werden (Ribbat und Schakau 2001).
Ein Review von 19 placebokontrollierten Doppelblindstudien mit standardisierten Harpagophytum-Präparaten bei rheumatischen Schmerzen unterstützt die Vermutung, dass Harpagophytum im Vergleich zu den nebenwirkungsreicheren COX-Inhibitoren eine Alternative darstellen könnte (Ernst und Chrubasik 2000). Ein weiterer Review über Arthrose berücksichtigt 14 Studien und kommt zu dem Schluss, dass insbesondere für Langzeitanwendungen Wirksamkeit und Sicherheit noch nicht ausreichend belegt seien (Brien et al. 2006). Ein Cochrane-Review über chronische Rückenschmerzen hingegen findet in zwei aussagekräftigen, placebokontrollierten Studien und einer weiteren Studie mit Äquivalenz gegen 12,5 mg Rofecoxibeine eine deutliche Evidenz für eine kurzzeitige Schmerzlinderung und Reduktion des Medikamentenverbrauchs bei Dosierungen entsprechend 50 und 100 mg Harpagosid (Gagnier et al. 2007)
Die Reviews kommen übereinstimmend zum Schluss, dass keine klaren Schlussfolgerungen gezogen werden können und dass weitere Studien notwendig sind, speziell zur Langzeitwirksamkeit und zur Sicherheit (Brendler et al. 2006).
Brennnessel
Brennnesselblätter sind insbesondere wegen ihrer nierenanregenden Wirkung bekannt. Zudem wurde ihnen in der Monografie der Kommission E von 1986 eine Verwendbarkeit „zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden“ zugesprochen, wobei die vorsichtige Formulierung die schlechte Evidenz und die nur sehr indirekte Plausibilität zum Zeitpunkt der Monografieerstellung widerspiegelt.
Erst nachdem mit den in der Brennnessel enthaltenen Kaffeoyläpfelsäuren Lipoxygenase-hemmende Wirkstoffe gefunden wurden, hat das Interesse der Rheumatologie an der Brennnessel deutlich zugenommen. Auch wurde eine Hemmung des Transkriptionsfaktors NF-κB gefunden (Riehemann et al. 1999).
Es liegen eine Reihe von kontrollierten klinischen Studien (z. B. Randall et al. 2000) und Anwendungsbeobachtungen bei verschiedenen Formen rheumatischer Beschwerden vor. Übereinstimmend zeigte sich eine Abnahme der Schmerzen.
In der aktuellen EMA-Monografie werden keine Indikationen im Bereich rheumatischer Beschwerden genannt.
Studien
Eine Schmerzlinderung zeigt sich auch in einer interessanten Pilotstudie, bei der mit der frischen Brennnessel eine Irritationsbehandlung bei Kniearthrose vorgenommen wurde (Randall et al. 2008). Eine weitere doppelblinde placebokontrollierte Studie mit einem Kombinationspräparat (mit Brennnessel, Fischöl und Vitamin E) ergab bei der Behandlung von Arthrosen eine signifikant stärkere Reduzierung der Zielparameter (Analgetikaverbrauch) und eine stärkere Senkung des Beschwerde-Scores WOMAC (Jacquet et al. 2009).
Wegen der ausgezeichneten Verträglichkeit und der guten Verfügbarkeit in allen möglichen Zubereitungsformen (Tee, Saft, Drogenpulverpräparate, Extrakte) kann die Brennnessel vor allem im Rahmen einer vom Patienten angestrebten Selbstmedikation empfohlen werden – auch wenn der Wirksamkeitsnachweis noch weitere Studien erfordert (Di Lorenzo et al. 2013).
Weihrauch
Weihrauch wird in der ayurvedischen Medizin angeblich bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt, allerdings zeigte sich in einer orientierenden klinischen Untersuchung kein Hinweis auf eine Übertragbarkeit der ayurvedischen Krankheitsauffassung auf die westliche Sicht von degenerativen oder entzündlichen Rückenschmerzen (Falkenbach und Oberguggenberger 2003).
Die pharmakologische Untersuchung ergab eine Lipoxygenase-Hemmung, die auf die Gruppe der Boswelliasäuren zurückgeführt werden konnte (Ammon 2002). Die systemische Verfügbarkeit der Boswelliasäuren war gering (Safayhi et al. 2000; Safayhi und Ammon 1997; Schweizer et al. 2000); vor allem die besonders aktive 3-O-Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure ist im Plasma kaum nachweisbar. Aufgrund einer Anregung des Autors aus dem Jahre 1989 wurde danach angestrebt, eine lokale Wirkung am Darminneren bei entzündlichen Darmerkrankungen mit Weihrauch nachzuweisen. Ammon (2002) beschreibt eine Wirksamkeit des Weihrauchs bei den unterschiedlichsten Krankheitsbildern. Neben der rheumatoiden Arthritis sei eine Wirksamkeit auch bei Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma bronchiale und peritumoralen Hirnödemen beobachtet worden. Erst neuerdings gibt es spezielle patentgeschützte Zubereitungen, die eine höhere Bioverfügbarkeit der Boswelliasäuren aufweisen.
Damals reichten die vorgelegten klinischen Studien zur Wirksamkeit bei rheumatischen Beschwerden der Kommission E nicht für eine positive Bewertung aus (Etzel 1996; Sander et al. 1998), sodass entsprechende Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen sind. In Einzelfällen kann das in einem Kanton der Schweiz registrierte Präparat H 15 über internationale Apotheken importiert werden.
Inzwischen sind kontrollierte Studien vorgelegt worden, die eine symptomlindernde Wirkung bei rheumatischen Beschwerden unterschiedlicher Genese bestätigen. Die klinische Wirksamkeit von Weihrauch wurde in 11 Studien geprüft, die allerdings EBM-Kriterien der höheren Stufen nicht standhalten.
Studien
Kimmatkar (2003) hat in einer doppelblinden placebokontrollierten Cross-Over-Studie bei 30 Patienten mit einer Gonarthrose eine signifikante Schmerzminderung und eine Mobilitätssteigerung gezeigt. Der Röntgenbefund des Knies blieb dabei allerdings unverändert. Dennoch wird das Ergebnis als klinisch relevant eingestuft und das Weihrauchpräparat zur Anwendung empfohlen, auch in Kombination mit anderen Entzündungshemmern.
In seinem systematischen Review kommt Ernst (2008) zu dem Schluss, dass die Evidenz bei verschiedenen Indikationen nur gering („encouraging“) sei. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie mit einer neuen Zubereitung (Aflapin) konnte an 60 Patienten die Überlegenheit einer 30-tägigen Behandlung hinsichtlich Schmerz und Funktion gegenüber Placebo gezeigt werden (Vishal et al. 2011).
Weidenrinde
Extrakte aus Weidenrinde verfügen neuerdings durch bessere Extraktionsverfahren über zunehmende Mengen an Salicin-Verbindungen (Salicortin, Tremulacin, 2-O-Acetylsalicortin), die hydrolytisch zu Salicin abgebaut werden. Gegenüber der reinen Salizylsäure sollen sie Vorteile besitzen, obwohl sie selbst in vitro keine Hemmwirkung auf die COX aufweisen (Wagner et al. 1987).
In vivo wirken die Salicin-Verbindungen der Weidenrinde wie eine Prodrug erst nach hydrolytischer Spaltung im Darm und Oxidierung in der Leber. Eine im Vergleich zur Acetylsalizylsäure bessere Verträglichkeit könnte durch die deutlich niedrigere Dosierung an Salicin und der daraus entstehenden Salizylsäure zu erklären sein: Während Tee und ältere Zubereitungen Salicin-Tagesdosen von ca. 25 mg erreichen, kommen hoch dosierte Extrakte auf 60–240 mg. Inzwischen können Tagesdosen bis maximal 1200 mg Weidenrindenextrakt verordnet werden.
Die Maximalspiegel und die Bioverfügbarkeit im Serum an Salicylat liegen dennoch weit unter den Konzentrationen, die nach der Einnahme von 500 mg ASS erreicht werden (Schmid 1997). Somit erscheint es allein aus Gründen der Dosierung verständlich, dass keine unerwünschten Wirkungen auf den Magen-Darm-Trakt auftreten. Auch wird durch die pflanzlichen Zubereitungen keine Thrombozytenaggregationshemmung induziert, da hierfür die Acetylierung der Salizylsäure ausschlaggebend ist.
Wässrige Extrakte enthalten relevante Mengen von antioxidativ und magenschützend wirkenden Procyanidinen. Auf diese interessante zusätzliche Gruppe von wirksamkeitsmitbestimmenden Inhaltsstoffen ist man erst seit wenigen Jahren aufmerksam geworden (Nahrstedt et al. 2007). Ein wässriger Extrakt hemmt TNFα, die mRNA-Expression von TNFα und COX-2 sowie die Freisetzungen von NO. Außerdem wird die Apoptose der proinflammatorisch wirkenden Monozyten induziert (Bonaterra et al. 2010).
Studien
Zur Wirksamkeit bei Cox- und Gonarthrose bzw. chronischen Rückenschmerzen liegen kontrollierte Studien vor. Eine Studie von Schmid et al. (1998) zeigte bei 78 Patienten mit schmerzhafter Cox- oder Gonarthrose eine gegenüber Placebo signifikante Verbesserung nach 1360 mg Trockenextrakt (entsprechend 240 mg Salicin) im WOMAC-Schmerzindex, wobei jedoch ein Einfluss der erlaubten Rescue-Medikation und der physikalischen Therapie nicht auszuschließen ist.
In zwei randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Untersuchungen an Patienten mit einer akuten Exazerbation chronischer Rückenschmerzen zeigte sich nach Weidenrinden-Extraktpräparaten ein dosisabhängig größerer Anteil schmerzfreier Patienten in den Verumgruppen (Chrubasik et al. 2000, 2001). In verschiedenen Reviews wird ethanolischer Weidenrindenextrakt wegen widersprüchlicher Studien kritisch bewertet. Für Schmerzen im unteren Rückenbereich wird immerhin eine moderate Evidenz gefunden (Vlachojannis et al. 2009). Zu den vermutlich wirksameren wässrigen Extrakten müssen noch kontrollierte Studien durchgeführt werden.
Eigene noch nicht publizierte offene Studien mit einem wässrigen Extrakt zeigen eine deutlich größere Schmerzlinderung nach 6-wöchiger Therapie bei Patienten mit Rückenbeschwerden und depressiver Verstimmung im Vergleich zu einer alleinigen Johanniskrautbehandlung (Zielisch 2010). Überdies zeigt sich bei langfristiger Gabe über Monate eine anhaltende Schmerzlinderung und gute Verträglichkeit (Uehleke et al. 2013).
Kombination aus Pappel, Goldrute und Eschenrinde
Eine Kombination aus Pappel, Goldrute und Eschenrinde ist als Phytodolor im Handel und wird häufig angewandt. Dieses Kombinationsarzneimittel wurde pharmakologisch und klinisch wiederholt untersucht. Die Einzeldrogen und die Kombination zeigten dort eine Wirksamkeit, die der Effektivität der NSAR ähnlich war (Okpanyi et al. 1989; von Kruedener et al. 1995).
Studien
Es liegen sowohl unkontrollierte als auch placebo- bzw. referenzkontrollierte klinische Studien vor, die bei degenerativen Gelenkerkrankungen, Wirbelsäulenbeschwerden sowie bei rheumatoider Arthritis im Stadium II und III durchgeführt wurden. Phytodolor war in diesen Studien Placebo überlegen und NSAR gegenüber weitgehend gleichwertig. Eine gute Verträglichkeit und geringe Abbruchraten wurden beschrieben.
Nach einem systematischen Review ist die Wirksamkeit bei degenerativen Gelenkerkrankungen ausreichend belegt (Ernst 1999). Ein neuer Review mit Re-Analyse über 11 kontrollierte Studien zeigt eine gegenüber Placebo signifikant bessere Einschätzung der Wirksamkeit insbesondere bei Rückenschmerzen, die mit der Wirkung von NSAIR vergleichbar war (Uehleke et al. 2011).
Enzyme
Die ödemhemmende Wirkung von Bromelain scheint gegenüber anderen antiphlogistischen Standardpharmaka besonders ausgeprägt und wurde in älteren klinischen Arbeiten auch nach oraler Gabe nachgewiesen (Übersicht bei Maurer 2002). Dennoch werden Enzympräparate (meist Kombinationen aus Bromelain und Papain sowie gegebenenfalls weiteren Enzymen) derzeit vorrangig bei weichteilrheumatischen Beschwerden eingesetzt, weil man dabei eine abschwellende Wirkung anstrebt.
Studien
Eine kontrollierte Doppelblindstudie einer Enzymkombination vs. Diclofenac ergab bei Patienten mit Kniearthrose keinen Unterschied hinsichtlich der Linderung der Beschwerden (Akhtar et al. 2004). Eine ähnlich aufgebaute Studie bei Patienten mit Hüftarthrose ergab ebenfalls eine gleich gute Beschwerdelinderung wie Diclofenac (Klein et al. 2006).

Phytotherapeutika zur äußerlichen Anwendung

Capsicum
Capsicum ist ein Extrakt aus Paprika (Capsicum annuum) oder aus dem spanischen Pfeffer (Capsicum fructescens). Es enthält die scharf schmeckenden Capsaicinoide. Es wird als halbfeste Zubereitung oder als Pflaster extern auf gesunder Haut angewendet.
Die Capsaicinoide stellen ein Gemisch aus zumindest fünf – teils miteinander isomeren – Säureamiden dar. Etwa 70 % des Gemisches bestehen aus dem Vanillylamid der 8-Methyl(trans)-nonen-6-Säure, dem Capsaicin. Weitere Capsaicinoide sind Homo- und Nor-dihydro-Capsaicin.
Auf der Haut erregt Capsaicin die freien Nervenendigungen und erzeugt initial ein brennend-heißes Gefühl mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Erythem. Danach folgt eine Phase der Unempfindlichkeit.
Capsaicin regt die Nozizeptoren und die Synapsen schmerzleitender Fasern (der dünnen nichtmyelinisierten C-Fasern) initial an. Dies führt zu Beginn der Behandlung zu einer schmerzhaften Reizung, die durch Wärme noch verstärkt wird, und einer nachfolgenden Hyperämie.
Die Hemmung von Neurotransmittern (z. B. Substanz P und Somatostatin) führt zu einer viele Stunden anhaltenden Analgesie (Ahluwalia et al. 2003; Forst et al. 2002).
Aus diesem Grunde ist insbesondere bei Salbenzubereitungen entgegen der Angabe in der Monografie der Kommission E von 1990 (Bundesanzeiger Nr. 22a) und somit auch entgegen der Gebrauchsinformation eine wiederholte Anwendung innerhalb von ca. 8–12 h sinnvoll, um die ansonsten erneut auftretende initiale und mitunter schmerzhafte Reizung zu vermeiden.
Bei der externen Anwendung bestehen keine Bedenken vor einer irreversiblen Nervenschädigung (die nach intraperitonealer Applikation bei neugeborenen Ratten gefunden wurde), wie sich aufgrund eigener Beobachtungen zur Reversibilität des anästhetischen Effektes zeigte.
Die Monografie der Kommission E nennt als Anwendungsgebiet für Capsicum „schmerzhafte Muskelverspannung im Schulter-Arm-Bereich sowie im Bereich der Wirbelsäule“.
Die aktuelle EMA-Monografie von 2014 nennt als „well-established use“: „Herbal medicinal product for the relief of muscle pain such as low back pain.“
Hierzu und zu anderen rheumatologischen Indikationen liegen jedoch nur wenig überzeugende klinische Studien vor (Deal et al. 1991; McCarthy und McCarthy 1992; Schnitzer et al. 1992). Demgegenüber gibt es inzwischen mehrere Studien, die bei nicht-rheumatologischen Krankheitsbildern wie Zosterschmerzen, Diabetes-Polyneuropathie, Trigeminusneuralgie oder Pruritus simplex eine Wirksamkeit belegen (Epstein und Marcoe 1994; Forst et al. 2002; Stander und Luger 2003; Watson et al. 1993).
Die Dosierung kann je nach Salbengrundlage auch höher liegen als in der Monografie angegeben und bis zu 0,075 % Capsaicin betragen. Alternativ können Pflaster verwendet werden.
Capsicum könnte vor allem bei eher oberflächlich lokalisierten Schmerzen wirksam werden, während ein tief sitzender Schmerz oder eine tiefer sitzende Muskelverspannung erfahrungsgemäß weniger günstig beeinflusst wird. Auch sind die Erfolgsaussichten eines Therapieversuchs mit Capsicum zur Linderung tief sitzender Kreuzschmerzen beispielsweise bei Morbus Bechterew als eher bescheiden anzusehen.
Studien
Eine neue Studie mit einem hoch dosierten Pflaster bei gesunden Probanden zeigte eine Reduktion der epidermalen Nervendichte und eine eingeschränkte quantitative Sensorik, die sich erst nach 24 Wochen wieder normalisierte (Kennedy et al. 2010).
Ein systematischer Review berücksichtigt 6 „geblindete“ kontrollierte Studien bei neuropathischen Schmerzen und 3 solche Studien bei muskuloskelettalen Schmerzen. Capsaicin habe demnach eine schlechte bis mäßige Wirksamkeit und zeige überdies bei rund einem Drittel der Patienten unerwünschte Hautirritationen. Die „number needed to treat“ liege mit 8 sehr hoch (Mason et al. 2004).
Bei postherpetischen Schmerzen liegen aber neuere Studien mit einem hoch dosierten Pflaster (8 % Capsaicin) vor (Backonja et al. 2008, 2010; Irving et al. 2011; Webster et al. 2010).
Eine neuere größere Studie untersucht eine Capsicum-Creme bei weichteilrheumatischen Beschwerden bzw. chronischen Rückenschmerzen und erzielt dabei weitaus bessere Resultate (Chrubasik et al. 2010).
Somit ergibt sich in systematischen Reviews, dass bei geringen Capsaicin-Konzentrationen die Schmerzlinderung bei Schmerzen verschiedener Ursache als unklar und wenig relevant bewertet wird (Derry und Moore 2012), während mit hohen Konzentration bei über 2000 Patienten (aus 6 Studien) mit postherpetischen bzw. HIV-Schmerzen eindeutig eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo oder niedrig dosierten Capsaicin-Zubereitungen erreicht wurde (Derry et al. 2013).
Durchblutungsfördernde ätherische Öle
Durchblutungsfördernde ätherische Öle sind zum Beispiel Terpentin, Konipherenöle, Kampfer- und Rosmarinöl. Lieferant des Terpentinöls sind verschiedene Pinusarten wie Pinus palustris, Pinus pinaster, Pinus sylvestris und Pinus nigra.
Hauptbestandteile des gereinigten Terpentinöls sind (−)- oder (+)-α-Pinen (60–90 %) sowie β-Pinen. An Begleitterpenen enthält das Öl Limonen, Δ3-Caren, Cadinen, p-Cymol, Terpinolen, Methylchavicol, Bornylacetat und Kampfer. Die Zusammensetzung des Terpentinöls ist stark von der Herkunft und der Gewinnungsweise des Terpentins abhängig. Unter dem Begriff der Konipherenöle werden die durch Wasserdampfdestillation gewonnenen ätherischen Öle der Pflanzen zusammengefasst.
Die genannten ätherischen Öle wirken mild hautreizend und hyperämisierend – vor allem in Verbindung mit Wärme. Dadurch wird reflektorisch eine Muskellockerung bzw. Tonussenkung induziert, wodurch Muskelschmerzen wesentlich gelindert werden können. Die Wirkung kann auch als Counter-irritant-Effekt interpretiert werden (Atkinson und Hicks 1975). Neue präklinische Studien bestätigen auch eine antihyperalgetische und entzündungshemmende Wirkung von α-Terpineol, welches in verschiedenen ätherischen Ölen vorkommt (De Oliveira et al. 2012).
Mit entsprechender Einreibung bzw. Salbe konnte sogar im placebokontrollierten Rechts-Links-Vergleich bei durch Überlastung induziertem Muskelschmerz eine signifikante Wirksamkeit gezeigt werden (Uehleke und Stange 2009).
Neben der Applikation als Salbe sind ätherische Öle auch in sogenannten Rheumabädern enthalten. Soweit verträglich, sollten die Badetemperaturen eher höher eingestellt werden als auf der Gebrauchsinformation mit 36–38 °C angegeben (Uehleke 1996).
Da die externe Therapie mit ätherischen Ölen insgesamt ein sehr günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist, sollten die Behandlungsmöglichkeiten ätherischer Öle bei Symptomen in der ärztlichen Beratung häufiger thematisiert werden. Leider werden seit einigen Jahren in Deutschland viele Präparate auf der Basis von Medizinprodukten angeboten, deren Dosierung und Kombinationen auf theoretischen Überlegungen anstatt auf Erfahrung und Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit begründet sind.
Wegen des nicht vorhersagbaren Einflusses der Galenik mit Hilfsstoffen, Lösungsvermittlern, Konservierungsmitteln etc. kann bei Topika die Wirkstärke und Verträglichkeit von bekannten Wirkstoffen stark von der jeweiligen Zubereitung abhängen, sodass präparatespezifische Eigenschaften nicht übertragbar sind.
Minzöl
(Pfeffer-)Minzöl, ebenfalls ein ätherisches Öl, spielt wegen seines hohen Gehalts an Menthol (30–50 %) eine ganz besondere Rolle für die Behandlung. Menthol reizt die Kälterezeptoren der Haut und setzt damit reflektorische Vorgänge im Sinne einer Reflextherapie in Gang.
Es wird dabei eine durch die kältesensitiven neuronalen Aδ-Fasern induzierte Hemmung des über C-Fasern vermittelten Schmerzes im Bereich der Substantia gelatinosa postuliert (Melzak und Wall 1962). Durch eine Inhibition des Kalziumkanals bzw. des Calmodulins könnte es außerdem zu einer Muskelrelaxation kommen, die allerdings im Bereich der glatten Muskulatur ausgeprägter ist (Göbel et al. 1994). Darüber hinaus kommt es bei geeigneter Dosierung in Abhängigkeit von dem behandelten Körperareal und der Umgebungstemperatur zu einer Hyperämie.
Die Anwendung von Minzöl hat sich bei Triggerpunkten oder lokalisierter Neuralgie besonders gut bewährt. Gut untersucht ist die Wirksamkeit bei Spannungskopfschmerz (Göbel et al. 1996). Während Minzöl bei einer begrenzten Applikation in der Regel als angenehm empfunden wird, ist eine großflächige Anwendung eher unangenehm. Der Zusatz geringer Mengen von (Pfeffer-)Minzöl bzw. Menthol in Kombinationspräparaten soll einer übermäßigen Hitzeempfindung bei der Anwendung hyperämisierender Wirkstoffe entgegenwirken.
Wintergrünöl/Methylsalicylat
Wintergrünöl besteht zu etwa 90 % aus Methylsalicylat. Letzteres ist in etlichen Medizinprodukten bzw. topischen Arzneimitteln enthalten. Neuerdings werden über die COX-Inhibition hinaus weitere Wirkungsmechanismen diskutiert, insbesondere auch direkte Wirkungen auf die Erregbarkeit von Nervenzellen.
Methylsalicylat wird ausgezeichnet transdermal resorbiert und erreicht nach einem 20- bis 30-minütigen Bad in möglichst heißem Badewasser auch therapeutisch relevante systemische Plasmaspiegel. Die lokale externe Anwendung von Wintergrünöl induziert eine leichte kutane Hyperämie, insbesondere in Kombination mit heißem Badewasser.
Die systemische Wirkung von hoch dosierten Bädern dürfte bezüglich der antiphlogistischen und schmerzlindernden Wirkung einfachen, niedrig dosierten Analgetika bzw. NSAR nicht grundsätzlich nachstehen, da durchaus relevante Plasmaspiegel an Salizylsäure nach dem Bad erreicht werden. Unerwünschte Wirkungen im Bereich des Magen-Darm-Trakts wurden bisher nach externer Anwendung nicht beobachtet. Eine Thrombozytenaggregationshemmung wird durch Methylsalicylat und Salicin nicht induziert.
Studie
Ein „Rheumabad“ mit Wacholderöl und Wintergrünöl zeigte in einer randomisierten Doppelblindstudie gegen Placebobäder bei Patienten mit Rückenbeschwerden klinisch relevante, z. T. signifikante Verbesserungen der subjektiven Beschwerden, der Schmerzintensität sowie bei der Druckalgometrie und Beweglichkeit (Finger-Boden-Abstand) (Uehleke 1996).
Heusack
Bei der Heusackbehandlung handelt es sich um eine Applikationsform feuchter Wärme in Verbindung mit pflanzlichen Wirkstoffen. Für Heublumen (Wiesenblume, lat. Flores graminis) liegt eine positive Monografie zur lokalen Wärmetherapie bei degenerativen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises vor (Bundesanzeiger Nr. 85, 1988). Ursprünglich sind Heublumen ein Nebenprodukt der Heugewinnung. Bei eigener Herstellung des Heusacks ist die Zusammensetzung der verschiedenen Blumen und Gräser nicht immer gleich. Gräser wie Ruchgras, Lolch, Fuchsschwanzgras, Trespe etc. stellen heute den größten Anteil. Der Anteil an Wiesenblumen bzw. ätherischen Ölen soll auf hoch gelegenen Bergwiesen, die seltener gemäht werden, höher sein.
Durch die Erhitzung des Heusacks werden flüchtige Inhaltsstoffe der Wiesenblumen freigesetzt. Ätherische Öle und Cumarine sollen an der Haut eine durchblutungsfördernde Wirkung haben und reflektorisch Verspannungen in der Muskulatur lockern.
Die Anwendung von gedämpften Heusäcken spielt innerhalb der Kneipp-Kur eine bedeutende Rolle.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie der Stellenwert innerhalb der Kneipp-Kur wurden in einer Anwendungsbeobachtung an 274 Patienten untersucht. Schon nach der Erstanwendung des Heusacks kam es an allen behandelten Körperstellen – kategorisiert in LWS/BWS, HWS inklusive Schulter- und Armbereiche, Hüfte, Knie und Leib – zu einer erheblichen Besserung der Schmerzen und der Verspannungen (Uehleke und Wöhling 2004).
Arnika
Arnika enthält als antiphlogistische Wirkkomponente die Gruppe von Sesquiterpenlactonen, insbesondere Helenalin. Dieses zeigte in verschiedenen Tiermodellen eine deutliche antiphlogistische Wirkung; die allergene Wirkung fällt bei bestimmten Varietäten der Arnika in Abhängigkeit der Helanalin-Verbindungen deutlich geringer aus (Willuhn 1981). Vor einiger Zeit konnte auch eine Hemmung von NF-κB aufgezeigt werden (Lyss et al. 1997).
In der Traumatologie und bei venösen Stauungen haben sich Arnika-Externa sehr gut bewährt. Bei chronisch-venöser Insuffizienz liegen sogar positive placebokontrollierte Studien vor.
Insofern ist Arnika vor allem bei lokal oberflächlichen Entzündungen und bei Stauungsneigung zu empfehlen. Bei schmerzenden und geschwollenen Fingern im Rahmen einer chronischen Polyarthritis hat sich Arnika in Einzelfällen hervorragend bewährt.
Studien
In einer placebokontrollierten Studie an Sportlern zeigte sich unter topischer Arnikaanwendung eine deutliche Reduktion von Muskelschmerz 3 Tage nach intensivem ekzentrischem Training (Pumpa et al. 2014). Eine weitere Studie zeigte hingegen eine stärkere Schmerzentwicklung unter Arnika (Adkison et al. 2010).
Zur Handarthritis liegt eine Studie vor, bei der gezeigt wurde, dass die Arnikazubereitung gegenüber Ibuprofen nach 3-wöchiger Behandlung nicht unterlegen war (Widrig et al. 2007).

Andere Indikationen

Durchschlafstörungen (bei nächtlichen Schmerzen)

Geeignet ist hier eine orale Dauertherapie mit Baldrian (Tee, Saft oder Extrakt) oder Kombinationen von Baldrian mit Hopfen, Melisse oder Passionsblume.
Der Wirkungseintritt ist dabei oft erst nach ca. 4 Wochen!
Zur Akuttherapie wird ein warm-heißes Bad mit 4–8 g Citronellöl oder 2–4 g Lavendelöl pro 100 Liter Badewasser – passend emulgiert – empfohlen (Uehleke 1996).

Müdigkeit am Tage (Fatigue)

Geeignet sind hier die Aromatherapie durch Einatmen von anregendem Rosmarinöl oder auch ein Rosmarinölbad sowie – in Maßen – koffeinhaltige Getränke (Kaffee, schwarzer bzw. grüner Tee, Cola). Auch kann eine Verbesserung des Schlafs versucht werden durch abendliches Citronellölbad oder Dauermedikation mit Baldrian, Hopfen, Melisse und/oder Passionsblume.

Depressive Verstimmung

Johanniskraut
Cave: Hyperforinreiche Extraktzubereitungen beschleunigen erheblich die Cytochrom-P450-3A4-abhängige Verstoffwechselung von anderen Pharmaka, darunter möglicherweise auch von spezifischen Antirheumatika (Mueller et al. 2009). Im Zweifel ist auf hyperforinarme bzw. -freie Präparate auszuweichen. Aufgrund von präklinischen Studien wird immer wieder eine direkte analgetische Wirkung von Johanniskraut proklamiert; hierzu gibt es jedoch keine aussagekräftigen klinischen Studien (Galeotti 2017). Da aber chemische Antidepressiva durchaus erfolgreich kombiniert mit NSARs eingesetzt werden, wäre eine Behandlung mit Johanniskraut zusätzlich zu einer phyto-analgetischen Behandlung vor allem immer dann plausibel, wenn chronische Schmerzen und depressive Verstimmungen gemeinsam auftreten. Dies ist nach eigenen Untersuchungen bei Patienten mit chronischen Rückenbeschwerden bei der Mehrheit der Patienten deutlich der Fall.
Die maximale antidepressive Wirkung von Johanniskraut tritt erst nach ca. 6 Wochen ein!

Ängste

Lavendelöl wird äußerlich und in der Aromatherapie u. a. zum psychischen Ausgleich und zur Schmerzlinderung eingesetzt. Neuerdings wurde die innerliche Anwendung zur Anxiolyse in Studien erfolgreich geprüft und ein neues Phytoarzneimittel eingeführt (Uehleke und Stange 2009).

Fazit

Die Phytotherapie sorgt bei Patienten mit chronischen Schmerzen oftmals für eine gute Linderung auf Dauer.
Bei den Rückenbeschwerden, insbesondere bei eher oberflächlich lokalisierten Schmerzen, stehen zunächst die topischen Anwendungen (z. B. Salben, Bäder) im Vordergrund. Bei Patienten, bei denen keine aggressive „Basistherapie“ indiziert oder gewünscht ist, bei denen unerwünschte Wirkungen auftreten oder Kontraindikationen bestehen, kann ein phytotherapeutischer „Ersatz“ durchaus in Erwägung gezogen werden.
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind die entzündungshemmenden oralen Phytotherapeutika (Brennnessel, Teufelskralle, Weihrauch, Weidenrinde) nur Behandlungsalternativen der zweiten Wahl und sollten erst nach sorgfältiger differenzialtherapeutischer Abwägung im Hinblick auf den Verlauf der Gelenkdestruktion eingesetzt werden. Dies gilt auch, wenn Phytotherapeutika an die Stelle einer „Basistherapie“ treten sollen.
Zusammenfassend nehmen die lokalen Phytotherapeutika einen wichtigen Platz im Gesamtbehandlungskonzept von Schmerzpatienten ein. Sie können Beschwerden lindern und somit zur Lebensqualität des Patienten beitragen. Die systemischen Effekte der oralen Phytotherapeutika sind vom Nachteil eines verzögerten Wirkeintritts betroffen, was gegen den Vorteil der guten Verträglichkeit in der Langzeitanwendung abzuwägen ist.
Trotz des noch immer unbefriedigenden Wirksamkeitsnachweises der meisten Phytotherapeutika besteht bei den Patienten ein enorm großes Interesse an „pflanzlichen Therapien“ und eine außergewöhnliche Akzeptanz, die aus akademischen Überlegungen heraus nicht leichtfertig negativ kommentiert werden sollte, sondern möglichst positiv für die Umsetzung des gesamten Behandlungskonzeptes genutzt werden kann.

Akupunktur

Zum Einstieg

Die Akupunktur kann ein wertvoller Bestandteil individueller Schmerztherapiekonzepte sein. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Kopfschmerzen und Schmerzen des Bewegungssystems. Dabei zeigt sich die Akupunktur nach großen Studien als sicheres Therapieverfahren. Wirkelemente sind neben physiologischen Wirkungen auch die spezifische Arzt-Patient-Interaktion.
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten bei chronischen Knie- bzw. Rückenschmerzen.

Definition

Akupunktur bezeichnet wörtlich das Stechen definierter Punkte der Körperoberfläche mit Nadeln. Chinesisch „zhen jiu“ bedeutet „stechen, brennen“ und bezieht damit das Erwärmen von Akupunkturpunkten durch das Abbrennen von Beifuß (Moxa) mit ein. Im Hintergrund steht ein Medizin- und Denksystem der alten chinesischen Kultur: die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM).
Unter dem Begriff Akupunktur kommen aber auch westlich orientierte Ansätze wie die Nadelung myofaszialer Triggerpunkte bei Beschwerden des Bewegungssystems, die westlich geprägte Mikrosystemakupunktur (z. B. Ohrakupunktur) und weitere Reizverfahren an Punkten auf der Körperoberfläche, wie Laserakupunktur und die elektrische Stimulation von Akupunkturpunkten (ESA), zur Anwendung.
Weitere Verfahren auf Basis der Akupunkturtheorie sind die Akupressur, verschiedene Formen der Meridianmassage und Tuina als klassisch chinesische Massage und Krankengymnastiktechnik.
Die theoretischen Grundlagen der Akupunktur sind gekennzeichnet durch eine jahrtausendalte Geschichte und Entwicklungen, die von verschiedenen philosophischen, politischen und soziokulturellen Einflüssen geprägt wurden (Unschuld 1997; Beijing College of Traditional Chinese Medicine 1980).
Eine Bewertung der Grundlagen und der zugrunde liegenden Theorien sollte deshalb immer im historischen Kontext vorgenommen werden. Kennzeichen der Akupunkturtheorie ist, dass die Subjektivität der Symptome im Vordergrund steht. Dies steht in einem Gegensatz zur modernen naturwissenschaftlichen Medizin, welche die Objektivierung der Beschwerden des Patienten anstrebt. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Akupunktur nur nach angemessener medizinischer Abklärung indiziert werden sollte.

Wissenschaftliche Grundlagen

Wirkmechanismus der Akupunktur

Es existieren zahlreiche, qualitativ hochwertige Studien, die Effekte der Akupunktur auf die verschiedenen Anteile des peripheren und zentralen Nervensystems, auf eine Vielzahl von Neurotransmittern und auf Faszien beschreiben (Zhang et al. 2014; Bäumler und Irnich 2017; Pomeranz und Stux 2003; Irnich und Beyer 2002), ohne dass eine überzeugende Gesamttheorie der Wirkweise vorliegt. Von einigen Ausnahmen abgesehen konnten bisher keine eindeutigen, punktspezifischen Wirkungen nachgewiesen werden.
Dies mag einerseits an den methodischen Problemen liegen (z. B. Mangel an echten Placebokontrollverfahren), andererseits kann aber auch angenommen werden, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der Wirkung als psychophysiologisches Phänomen aufzufassen ist. Folgende Wirkungen konnten für die Nadelung per se bisher gezeigt werden:
  • Periphere Ausschüttung von Adenosintriphosphat und A1-Rezeptor-vermittelte antinozizeptive Wirkung des Abbauproduktes Adenosin (Goldman et al. 2010).
  • Hinweise auf die Beteiligung von Substanz P und Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) bei der Erhöhung der lokalen Durchblutung, die auch nach Beendigung der Nadelung noch einige Zeit andauern kann.
  • Lokale Effekte auf Fibroblasten, Kollagenfasern und Faszien (mechanosensorische Reiztransduktion; Langevin 2014).
  • Direkte detonisierende Wirkungen auf Muskeltriggerpunkte und damit auf Muskeln (Turo et al. 2015).
  • Regulation des autonomen Nervensystems und damit verbundene blutdrucksenkende Wirkung sowie Effekte (Longhurst und Tjen-A-Looi 2013) auf Viszeralorgane (Konvergenz von Afferenzen aus Haut und Viszera).
  • Zentrale Freisetzung von β-Endorphin, Met-Enkephalin, Dynorphin, Orphanin Q und Endomorphin, Serotonin, Noradrenalin, GABA, D-Phenylalanin, Neurokinin A, Neuropeptide Y (Zhao 2008).
  • Höherfrequente elektrische Stimulation (80–200 Hz) aktiviert die serotonerg-adrenerg vermittelte deszendierende Schmerzhemmung; die niedrigfrequente Punktstimulation (2–15 Hz) wirkt sich dagegen stärker auf die Endorphinausschüttung aus (Han 2004).
  • Auf spinaler Ebene Aktivierung segmentaler (Baeumler et al. 2015) und heterosegmentaler Hemmsysteme (Tobaldini et al. 2014; Bing et al. 1991).
    • Ergebnisse aus der Grundlagenforschung lassen dabei eine Aktivierung segmentaler und heterosegmentaler antinozizeptiver, propriospinaler Neurone durch die Stimulation von C-, Aδ- und Aβ-Fasern und eine Langzeitunterdrückung exzitatorischer postsynaptischer Potenziale im Hinterhorn durch Aδ-Faser-Stimulation vermuten.
    • Hemmung der durch anhaltende noxische Reize ausgelösten Sensibilisierungsmechanismen durch Reduktion der spinalen Konzentration pronozizeptiver Neuropeptide wie Substanz P und Hemmung der Gliazellaktivierung (Lin et al. 2016).
  • Zerebrale Wirkungen
    • Beeinflussung der Aktivität und Konnektivität verschiedener Hirnareale, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind.
    • Die Effekte beziehen sich sowohl auf Areale, die mit somatosensorischen Empfindungen in Verbindung gebracht werden, als auch auf Strukturen, denen kognitive und affektive Funktionen zugeordnet werden (Huang et al. 2012), z. B. limbisches System (affektive Verarbeitung von Schmerzen), sekundärer somatosensorischer Kortex, Hypothalamus, Nucleus accumbens und Gyrus cinguli.
    • In fMRT- und PET-Untersuchungen deutlichere Modulation der entsprechenden zerebralen Aktivitäten unter Verumakupunktur vs. Sham-Akupunktur (Scheinakupunktur) (Harris et al. 2009; Egorova et al. 2015).
    • Die bisher spektakulärsten Ergebnisse erzielte Napadov, der Patienten mit chronischem Karpaltunnelsyndrom mit Akupunktur vs. nichtinvasiver oberflächlicher Stimulation der Haut (Sham-Akupunktur) behandelte; der signifikante klinische Effekt der Verumgruppe korrelierte im fMRT mit dem Rückgang pathologischer neuronaler Umbauvorgänge im Gehirn, möglicherweise interpretierbar als Löschung des „Schmerzgedächtnisses“ durch Akupunktur (Maeda et al. 2017).
    • Interessant hinsichtlich der zerebralen Wirkung der Schädelakupunktur ist außerdem die Tatsache, dass entgegen der gängigen Lehrmeinung extrakranielle Projektionen meningealer Afferenzen z. B. in der perikraniellen Muskulatur beschrieben wurden (Schueler et al. 2013).
  • Psychologische Effekte: Eine Vielzahl psychologischer Faktoren der Akupunkturwirkung werden angenommen. Qualitative Forschung hat gezeigt, dass der Akupunkturbehandlung eine besondere Arzt-Patienten-Interaktion zu eigen sind, welche die Selbstwirksamkeit des Patienten sowie das Vertrauen in die Therapie und Genesung günstig beeinflussen (Hopton et al. 2013). Hierzu zählen beispielsweise die ganzheitliche Wahrnehmung des Patienten (Paterson und Britten 2008) unter Berücksichtigung seiner emotionalen Verfassung, seines sozialen Umfeldes sowie die Beratung und Begleitung bei der Adaptation gesundheitsbezogener Verhaltensweisen (Paterson et al. 2012). Mittels quantitativer Forschungsansätze sind diese Behandlungsaspekte schwer zu fassen. Die Erwartungshaltung des Patienten scheint einen Einfluss auf das Therapieergebnis zu haben, allerdings sind auch hier die Ergebnisse kontrovers und es konnten bisher keine Unterschiede zwischen der Akupunktur und anderen Therapieformen gezeigt werden (Linde et al. 2007; Sheaman et al. 2010). Die Erwartung des Akupunkteurs scheint einen Einfluss auf den Therapieerfolg zu haben (Witt et al. 2012).

Klinisch kontrollierte Studien

Im Bereich der klinischen Forschung existieren mehrere hundert randomisierte kontrollierte Studien zur Akupunkturwirksamkeit, vorwiegend bei Schmerzen, aber auch bei Sucht, Allergie, inneren Erkrankungen und vielen weiteren Indikationen.
Die Wirksamkeit der Akupunktur bei postoperativem Schmerz (Sun et al. 2008) sowie postoperativer Übelkeit und Erbrechen (Lee et al. 2015) ist auf dem Evidenzlevel 1A gemäß den EBM-Kriterien nachgewiesen. Die aktuelle Evidenzlage für verschiedene Schmerzindikationen ist in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Akupunktur bei Schmerzerkrankungen: Ergebnisse systematischer Metaanalysen und Reviews
Indikation
Autor
Journal
Zahl der Studien
Outcome
Bemerkung
Linde et al. 2016
(Cochrane Database Syst Rev)
22
(n = 4985)
- Überlegenheit gegenüber Routine- und keiner prophylaktischen Behandlung direkt nach Therapieende und langfristig (NNT 4)
- Überlegenheit gegenüber Sham-Akupunktur direkt nach Therapieende und langfristig (NNT 11)
- Überlegenheit gegenüber prophylaktischen Medikamenten direkt nach Therapie (NNT 9), langfristig kein Unterschied
- Akupunktur kann als wirksame Therapieform zur Prophylaxe und ergänzenden Behandlung von Migräne gelten. Auf Basis der bestehenden Evidenz kann mindestens von einer Gleichwertigkeit von Akupunktur und einer medikamentösen Migräneprophylaxe ausgegangen werden.
- Nicht-spezifische Effekte scheinen von Bedeutung
Spannungskopfschmerz
Linde et al. 2016
(Cochrane Database Syst Rev)
12
(n = 2349)
- Überlegenheit gegenüber Routine- und nicht-prophylaktischer Behandlung direkt nach Therapieende
- Überlegenheit gegenüber Sham-Akupunktur direkt nach Therapieende und langfristig
- Vergleich zu Massage und Bewegungstherapie aufgrund schlechter Studienqualität unklar
- Akupunktur kann als wertvolle, nichtpharmakologische Therapiemethode in der Behandlung von Patienten mit episodischem oder chronischem Spannungskopfschmerz betrachtet werden
Kopfschmerz und andere Komorbiditäten nach Traumaerfahrung
Lee et al. 2012
(Sys Rev)
52
- Akupunktur scheint effektiv bei Kopfschmerzen
- Es gibt positive Hinweise auf Wirkungen bei Angst, Schlafstörung, Depression und chronischen Schmerzen nach Traumaerfahrung
- Ausgangspunkt ist die „Traumatic stress response“
- Obwohl die Akupunktur generell als sicheres Verfahren gilt, liegen keine Studien zur Sicherheit bei der „Traumatic stress response“ vor. Somit können die Autoren keine endgültigen Empfehlungen aussprechen
Rückenschmerz
Yuan et al. 2015
(PLOSOne)
31
(n = 6656)
- Überlegenheit gegenüber Sham-Akupunktur hinsichtlich der Reduktion der Intensität von chronischem und akutem Rückenschmerz direkt und bis 3 Monate nach Therapie, nicht aber hinsichtlich einer Verbesserung der körperlichen Einschränkung
- Überlegenheit gegenüber Warteliste und Routinebehandlung hinsichtlich Schmerzreduktion und Verbesserung der körperlichen Einschränkung
- Gleichwertig gegenüber Medikamenten und TENS
- Akupunktur ist effektiv zur Reduktion von Rückenschmerzen
- Nicht-spezifische Effekte scheinen bei der Beeinflussung der Funktionseinschränkung bedeutsam
Chronischer Nackenschmerz
Yuan et al. 2015
(PLOSOne)
17
(n = 1434)
- Überlegenheit gegenüber Sham-Akupunktur hinsichtlich der Schmerzintensität und der körperlichen Einschränkung direkt und bis zu einem Monat nach Therapie. Nach 3 Monaten kein signifikanter Unterschied
- Heterogene Ergebnisse hinsichtlich eines Vergleichs gegenüber Medikamenten (max. leichte Überlegenheit der Akupunktur) und manueller Therapie
- Akupunktur ist effektiv zur mittelfristigen, nicht aber zur langfristigen Reduktion von Nackenschmerzen
- Nicht-spezifische Effekte scheinen auch hier bedeutsam
Kniegelenksarthrose
Manheimer et al. 2010
(Cochrane Database Syst Rev)
16
(n = 3498)
- Klinisch relevante und statistisch signifikante Verbesserung durch Akupunktur gegenüber keiner Behandlung
- Keine klinisch relevante Überlegenheit gegenüber Sham-Akupunktur
- Gleiche Effektstärken wie Heimübungsprogramme/Beratungsbroschüren
- Als adjuvante Therapie zur Physiotherapie ergab sich kein weiterer Benefit
- Auch 3 Studien zur Hüftgelenksarthrose und eine gemischte Studie eingeschlossen
- Verwendete Placebokontrollen werden physiologisch als nicht inert erachtet
Kniegelenksarthrose
Corbettt et al. 2013
(Osteoarthritis Cartilage)
11
(n = 878)
- Überlegenheit gegenüber anderen nichtmedikamentösen Verfahren hinsichtlich der Schmerzreduktion
- Überlegenheit gegenüber der Standardtherapie für die meisten nichtmedikamentösen Verfahren
- Qualitativ hochwertige Studien
- Akupunktur stellt eine der primären nichtmedikamentöse Behandlungsoptionen bei Kniegelenksarthrose dar
Schulterschmerz
Green et al. 2005
(Cochrane Database Syst Rev)
9
(n = 525)
- Aufgrund der geringen Anzahl von Studien mit variierender Qualität konnte keine endgültige Schlussfolgerung getroffen werden
- Es bestehen Hinweise auf Kurzzeiteffekte hinsichtlich Schmerzstärke und Funktionseinschränkung
- Auch quasi-randomisierte Studien eingeschlossen
- Notwendigkeit gut geplanter klinischer Studien
Schulterschmerz
Molsberger et al. 2010
(Pain)
1
(n = 424)
- Signifikant stärkere Schmerzreduktion direkt und 3 Monate nach Therapie im Vergleich zur konventionellen orthopädischen Therapie und zur Sham-Akupunktur
- Stärkere Verbesserung der Schultermobilität im Vergleich zu beiden Kontrollgruppen direkt und 3 Monate nach Therapieende
- Sehr gute Evidenz für die Wirksamkeit der Akupunktur bei Schulterschmerzen
- Pragmatische, kontrollierte, Patienten-verblindete Multicenterstudie
- Mit Sham-Akupunktur ist hier Off-Point-Nadelung gemeint (beidseitig im medialen Teil der Tibia)
Deare et al. 2013
(Cochrane Database Syst Rev)
9
(n = 395)
- Moderate Evidenz für die Überlegenheit der Akupunktur gegenüber Standardtherapie
- Keine Überlegenkeit gegenüber Sham-Akupunkturverfahren
- Mittelfristige (1 Monat), aber keine Langzeiteffekte (6 Monate)
- Hinweise auf stärkere Effekte der Elektrostimulationsakupunktur als der manuellen Akupunktur
-Elektrostimulationsakupunktur kann im Rahmen einer multimodalen Therapie in Erwägung gezogen werden
- Größere Studien zum Vergleich mit anderen Therapieformen nötig (generell geringe Effektstärken)
Rückenschmerz, Kniegelenksarthrose, Schulterschmerz, Kopfschmerz
Vickers et al. 2014
(Pain)
39
(n = 20827)
Individuelle Patientendaten-Metaanalyse
- Bei allen Indikationen zeigt sich eine signifikante Überlegenheit der Verum-Akupunktur gegenüber Scheinverfahren und Nicht-Akupunktur-Kontrollen (Warteliste, Standardtherapie)
- Sehr robuste Datenlage
- Unterschiede zu den Scheinverfahren sind mittelgroß als Hinweis auf starke unspezifische Akupunktureffekte
Rückenschmerz, Kniegelenksarthrose, Schulterschmerz, Kopfschmerz
MacPherson et al. 2016
(Pain)
20
(n = 6376)
Individuelle Patientendaten-Metaanalyse
- Überlegenheit gegenüber Scheinverfahren und Nicht-Akupunktur-Kontrollen auch im Langzeit-Follow-Up von bis zu 12 Monaten
- Es kann von langfristigen Therapieeffekten von bis zu einem Jahr ausgegangen werden
Insgesamt kann man aus den in Tab. 1 dargestellten Studien die Schlussfolgerung ziehen, dass die Akupunktur bei ausgewählten Krankheitsbildern ein wirksames und sicheres Verfahren mit hoher Patientenakzeptanz darstellt. Die Verum-Akupunktur erreicht klinisch relevante Responderraten um 50 % (Vickers 2014).
Die individuelle Patientendaten-Metaanalyse von Vickers und Kollegen, der Acupuncture Trialists’ Collaboration (ATC), hat gezeigt, dass auch eine Überlegenheit der Verum- gegenüber der Sham-Akupunktur statistisch darstellbar ist. Die Analyse der ATC berücksichtigte auch die bislang weltweit größten Studien zur Akupunktur, die von einigen deutschen Krankenkassen zu den Indikationen Kopfschmerz, Rückenschmerz und Schmerz bei Gonarthrose durchgeführt wurden (German Acupuncture Trials, GERAC; Acupuncture Randomized Trials, ART) (Endres et al. 2007; Melchart et al. 2006; Witt et al. 2006). Diese sogenannten „Modellvorhaben zur Akupunktur“ zeigten nur teilweise eine Überlegenheit der Verum- gegenüber der Sham-Akupunktur und waren somit Gegenstand intensiver öffentlicher Diskussionen. Diese Kontroverse erklärt sich dadurch, dass die Unterschiede zwischen den Wirkeffekten der Verum- und Sham-Akupunktur in vielen Studien klein sind. Sie lassen sich daher auf Basis einer hohen Fallzahl – wie in einer individuellen Patientendaten-Metaanalyse gegeben –, aber nicht immer in methodisch unterlegenen klassischen Metaanalysen oder Einzelstudien nachweisen. Folglich können spezifische Akupunktureffekte (Punktspezifität, Stichtiefe und Nadelstimulation) auf Basis der Analysen der ATC zwar als gesichert erachtet werden, sie machen aber nur einen Teil der Akupunkturwirkung aus.
Aus physiologischer Sicht lässt sich die gute Wirksamkeit der Sham-Akupunktur als antinozizeptive Reaktion auf einen repetitiven sensorischen Reiz oder als Adaptationsmechanismus erklären. Die entscheidende Bedeutung des Nadelreizes wurde ebenfalls metaanalytisch nachgewiesen (MacPherson et al. 2014).
Diese und weitere Probleme der Studienmethodologie, die häufig zu intensiven Diskussionen von klinischen Studienergebnissen zur Akupunktur führen, sind im Folgenden gesammelt dargestellt:
  • Eine Verblindung des Therapeuten ist bei Studien mit Nadelakupunktur nicht möglich.
  • Es existiert kein echtes, allgemein anerkanntes, inertes Placebokontrollverfahren. In der Diskussion der letzten Jahre wird oft nicht unterschieden, welche Effekte des Nadelstiches untersucht wurden: allgemeine Effekte des gesamten Konzeptes „Akupunktur“ oder der Vergleich zwischen anerkannten Verum-Punkten und Stichen in Areale, die für die entsprechende Indikation nicht als wirksam gelten. Daraus folgte, dass im letzteren Fall häufig die bewiesene klinische Wirksamkeit einer Nadelung fälschlich als „Placebo“ oder „nicht nachgewiesen“ beurteilt wurde. Die Forschung versucht, das Problem mit 3-armigen Studien einzugrenzen.
  • Die Konzepte und Anwendungsformen der Akupunktur sind äußerst vielfältig; dazu gehört auch die Nadelung oberflächlich und/oder außerhalb der klassischen Punkte.
  • Die überlieferte Grundlage der Akupunktur ist das individuelle Vorgehen und die individuelle Punktauswahl.
Unbestritten ist aber heutzutage, dass die Akupunktur einen wissenschaftlich begründeten Stellenwert in der Schmerztherapie besitzt und bei chronischen Schmerzerkrankungen mit biopsychosozialen Komponenten Teil eines multimodalen Therapiekonzeptes sein kann.

Konzepte der Akupunktur

Die Behandlung mit Nadeln kann nach verschiedenen Konzepten durchgeführt werden. Man kann davon ausgehen, dass der Differenzierungsgrad dabei auch Einfluss auf das klinische Ergebnis hat.

Traditionelle chinesische Akupunktur

Die traditionelle chinesische Akupunktur stellt die Basis aller Akupunkturformen dar. Die ihr zugrunde liegende Krankheitslehre basiert u. a. auf der Vorstellung des Ungleichgewichts und des Ausgleichs (Homöostase) (Beijing College of Traditional Chinese Medicine 1980; Stör et al. 2001).
In Bezug auf den Menschen und seine Krankheiten ist eine phänomenologische Sichtweise vorherrschend. Historisch bedingt bedient sie sich einfacher Vergleiche aus der Natur, später aus Landwirtschaft und Kriegskunde, um regelhafte biologische Abläufe und krankhafte Zustände zu beschreiben.
Im Folgenden sollen einige wesentliche Begrifflichkeiten kurz erläutert werden.
Yin Yang
Bezeichneten die Begriffe Yin Yang ursprünglich Licht- und Schattenseite eines Berges, wurden sie bald zum Begriff eines dualen Ordnungsschemas im Kosmos und damit auch in Hinblick auf die Anatomie und Physiologie des Menschen.
Im gesunden Organismus befinden sich beide Prinzipien in ihren vielfältigen Ausprägungen in Harmonie; beim Kranken ist es Aufgabe des Arztes, den Ausgleich durch Stärkung des jeweils Schwächeren und Dämpfung des allzu Starken wieder herbeizuführen.
Qi
Qi bezeichnet die Lebenskraft, die jedem Lebewesen innewohnt. Qi ist dynamisch und zirkuliert im Körper. Es kann schwach sein, in seinem Fluss gestaut („Blockade“, die zu Schmerzen führt) oder nicht ordnungsgemäß verlaufen. Folglich muss es in der Therapie gestärkt, entstaut oder gelenkt werden. Zugang zum Qi des Körpers bieten die Akupunkturpunkte und die sie verbindenden Leitbahnen.
Leitbahnen (Meridiane)
Die ca. 360 klassischen Akupunkturpunkte liegen perlschnurartig auf der Körperoberfläche, vertikal geordnet im Schema von Yin und Yang, erweitert in einer Dreifachordnung entsprechend dem vorderen, hinteren und seitlichen Aspekt des Körpers. Qi zirkuliert in den Leitbahnen.
Innere Organe „Zang Fu“
Für die Beschreibung der inneren Organe wird die dynamische Lehre der 5 Wandlungsphasen (= systematische Entsprechungen) zugrunde gelegt: Jeder Phase entsprechen die Funktionen innerer Organe, erweitert um ein vielfältiges Bezugssystem zu Körperfunktionen und zu psychoemotionalen Zuständen (Abb. 1). Damit verlässt das System die rein anatomische und physiologische Sicht. So fremd dieses Bezugssystem auf den ersten Blick anmutet, ergeben sich doch erstaunliche Parallelen zu unserem Volkswissen über Zusammenhänge zwischen Organ und Emotion:
  • Leber ← → Wut: „Ihm ist eine Laus über die Leber gelaufen“, „Galle überlaufen“
  • Magen ← → Grübeln: „Sie hat’s nicht verdaut“, „Magengeschwür angrübeln“
  • Herz ← → Freude: „Ihm geht das Herz über“, „Das Herz läuft vor Freude über“
Krankheitsursachen
Es gibt vielfältige Krankheitsursachen in der traditionellen Akupunktur. Dazu gehören u. a. klimatische Einflüsse, Emotionen und falsche Lebensweise.
Diagnostische Kriterien (Ba Gang)
Die 8 diagnostischen Kriterien (Außen/Innen, Fülle/Leere, Hitze/Kälte, Yin/Yang) sind ein einfaches Schema, um Krankheitszustände zu differenzieren. Damit wird bestimmt, ob eine Störung in den äußeren Körperschichten (und damit der Akupunktur relativ leichter zugänglich) oder im Inneren angesiedelt ist, ob sich die Punkte, Leitbahnen, inneren Funktionen und Emotionen krankhaft überschießend oder schwach reagierend darstellen („Fülle/Leere“) und ob Hitze oder Kälte das Zustandsbild dominieren.
Untersuchungsmethoden
Die Untersuchung umfasst nur die Phänomene, die ein Arzt mit seinen Sinnen direkt erfassen kann. Die Untersuchungsmethoden umfassen das Befragen, das Betrachten, das Tasten sowie das Hören und Riechen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass vor der Anwendung der TCM immer eine angemessene Diagnostik nach den Grundsätzen moderner Medizin vorausgehen muss.
Praktische Umsetzung der Theorie
Die klassische Akupunkturlehre nutzt vorwiegend die Systematik der Leitbahnen in einem ausdifferenzierten Lehrgebäude für die Wahl der jeweils wirksamsten Punkte. Eine besondere Stärke der Akupunktur ist dabei die Ausnutzung von Reizen, die möglichst entfernt vom Störungsgeschehen gesetzt werden (z. B. Handpunkte zur Abschwellung der Nasenschleimhaut, Fußpunkte zur Behandlung von Kopfschmerzen), die Behandlung von ventralen Schmerzen über dorsale Punkte (segmentaler Zugang) oder die Behandlung exakt kontralateral.
„Innere“ Störungen werden nach dem Zang-Fu-Konzept konstitutionell den fünf inneren Organen zugeordnet und entsprechende Punkte in das Konzept aufgenommen. Für die tägliche Routine gibt es eine Reihe bewährter Punktkombinationen, ausgewählt aus ca. 100–150 Punkten, die das gängige Repertoire für Akupunkturbehandlungen darstellen. Die Auswahl erfolgt als gleichzeitige Behandlung von Symptom, Konstitution und Emotion.
Je nach individuellen Symptomen und Kenntnissen des Akupunkteurs können auch andere Modelle zur Therapie herangezogen werden. Dazu gehören die Theorie von Qi, Blut und den Essenzen, die Schichtentheorie(n) oder auch einfache pragmatische Nadelungen, die auf überlieferten lokalen oder vom Schmerzgeschehen entfernten Punktwirkungen basieren. Grundlage aller Systeme ist die Ordnung der Leitbahnen.

Akupunktur myofaszialer Triggerpunkte (Triggerpunktakupunktur)

Die Triggerpunktakupunktur wurde im Westen in den 1980er-Jahren auf der Basis des Konzeptes des myofaszialen Schmerzsyndroms entwickelt. Je nach Untersucher stimmen 50–90 % aller beschriebenen muskulären Triggerpunkte mit klassischen Akupunkturpunkten überein. Voraussetzung einer erfolgreichen Nadelung ist die exakte Lokalisation myofaszialer Triggerpunkte durch eine anatomisch funktionelle Untersuchung und Palpation. Aktive myofasziale Triggerpunkte werden dann mit der Akupunkturnadel sondiert. Angestrebt wird das Auslösen einer lebhaften Muskelreaktion („local twitch response“) mit nachfolgender Entspannung der Muskulatur. Optimalerweise erfolgt im Anschluss eine Dehnung des betroffenen Muskels.
Daraus ergibt sich auch die besondere Indikation der Triggerpunktakupunktur bei Beschwerden des Bewegungssystems. Vorteile gegenüber manuellen Verfahren und Injektionen ist die Verwendung der atraumatischen Akupunkturnadeln und der Möglichkeit, auch tiefe Triggerpunkte zu behandeln (Irnich 2008).

Mikrosystemakupunktur

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden mehrere Mikrosysteme der Akupunktur entdeckt (Gleditsch 2002). Unter einem Mikrosystem versteht man dabei die kartografische Darstellung des Gesamtorganismus auf einem seiner Teilbereiche. Das bekannteste ist die Ohrakupunktur (Abb. 2). Sie wurde erstmalig in den 1960er-Jahren von dem Franzosen Nogier systematisch beschrieben (Rubach 2000). Weitere bekannte Systeme finden sich in der Yamamoto Neuen Schädelakupunktur, der (koreanischen) Handakupunktur, den Fußreflexzonen und ECIWO (Mikrosysteme entlang aller Röhrenknochen). Darüber hinaus gibt es ca. 10 weitere Systeme.
Die Akupunktur mit diesen Systemen hat den Vorzug des oft schnellen Wirkungseintritts und wird besonders bei Erkrankungen des Bewegungssystems, bei akuten und chronischen Schmerzen und unterstützend zur Suchttherapie – insbesondere bei Alkohol und Drogen – eingesetzt.
Nachteilig ist die oft kürzere Wirkungsdauer. Somatotopie-Akupunktur ist leichter erlernbar als die klassische Akupunktur, genügt aber allein nicht zur qualifizierten Ausübung der Akupunktur.

Japanische Akupunktur

Die japanische Akupunktur ist durch eine ca. 1500-jährige Geschichte wie die traditionelle chinesische Akupunktur gekennzeichnet und beruht in ihren Ursprüngen auch auf der traditionellen chinesischen Theorie. Insgesamt ist die japanische Akupunktur geprägt durch die Integration zusätzlicher Erfahrungen (z. B. Bauchdeckendiagnostik), durch sanftere, oberflächlichere Nadeltechnik und Ausbildung in einem engen Meister-Schüler-Bezug (Büttgen 2011).

Weitere Schulen

In vielen Ländern haben sich lokale Abwandlungen der Akupunktur entwickelt. Dazu gehören insbesondere Korea, Taiwan und Russland. Rezeptionen der Akupunktur in westlichen Ländern haben ebenfalls zu Modifikationen geführt.

Indikationen, Kontraindikationen, unerwünschte Wirkungen und Behandlungsfehler

Indikationen aus traditioneller Sicht

Folgt man den o. g. traditionellen Denk- und Diagnoseschemata, lassen sich daraus allgemein gültige Wirkrichtungen der Akupunktur formulieren:
  • Lebenskräfte harmonisieren (Kräftigung oder Beruhigung)
  • Dysbalancen ausgleichen
  • „Stauungen“ beseitigen
  • Krankmachenden Faktoren entgegenwirken

Indikationen aus westlicher Sicht (allgemein)

  • Beschwerden des Bewegungssystems
  • Psychovegetative Beschwerden
  • Funktionelle Störungen innerer Organe
  • Allergische Erkrankungen
  • Übelkeit und Erbrechen verschiedener Genese
  • Eine Vielzahl weiterer Indikationen und Symptome

Kontraindikationen

Die Akupunktur kennt keine echten Kontraindikationen. Bei bestimmten Krankheiten oder Bedingungen sind allerdings besondere Umsicht und Erfahrung des Behandlers erforderlich. Dazu zählen u. a.:
  • Blutgerinnungsstörungen unterschiedlicher Ursachen
  • Schwangerschaft
  • Akute Psychosen
  • Ausgeprägte Kollapsneigung

Unerwünschte Wirkungen und Behandlungsfehler

Klinisch relevante unerwünschte Wirkungen sind rar.
Unerwünschte Wirkungen
  • Nadelkollaps (Vermeidung: Nadelung i. d. R. nur im Liegen)
  • Erstverschlimmerung (Vorbeugung: vorsichtige Reizdosierung zu Beginn einer Behandlungsserie)
  • Entspannung und Ermüdung nach Akupunktur sind erwünscht und keine unerwünschte Wirkung; keine generelle Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit, jedoch Hinweis auf Ermüdung erforderlich
  • Hämatom (Vermeidung: feines Nadelmaterial, wenig traumatisierende Nadeltechnik, Beachtung von Gerinnungsstörungen)
  • Dauerschmerz nach Einstich: sehr selten
  • Pneumothorax: sehr selten, ca. 2 auf 100.000 Patienten (Vermeidung: oberflächliche Nadelung im Thoraxbereich; gute anatomische Kenntnisse)
  • Infektionsgefahr durch Keimverschleppung: nicht beobachtet; sterile Einmalnadeln vermeiden Krankheitsübertragung (die Anwendung von Gold- und Silbernadeln ist überflüssig)
  • Verbrennung durch Moxa (Vorbeugung: kontinuierliche Überwachung)
Behandlungsfehler
  • Verletzung anderer innerer Organe: weltweit nur vereinzelte Fallberichte aus nichtärztlicher Akupunktur
  • Ein häufiger harmloser Behandlungsfehler sind vergessene Nadeln.

Praktische Durchführung

Der Ausstattungsbedarf ist gering. Wichtig ist ein ruhiger, warmer Raum mit Liege. Der Arzt benötigt Zeit und Ruhe für ein persönliches Gespräch und wache Beobachtung auch feiner klinischer Zeichen, damit die hervorragenden Möglichkeiten der Akupunktur bezüglich Entspannung einerseits und Erkennen psychosomatischer Zusammenhänge andererseits voll ausgeschöpft werden können.
Auf die Erhebung der (Zwischen-) Anamnese erfolgt die Nadelung mit in der Regel 10–20 (1–40) sterilen Einmalnadeln mit anschließender Ruhephase von mindestens 20 min. Während dieser Zeit wird der Patient diskontinuierlich (Moxa: kontinuierlich) überwacht und die Nadeln evtl. durch leichtes Drehen oder Berühren (nach-)stimuliert. Der zu stechende Punkt wird in der Regel zuvor getastet und kann durch besondere Tastungsmethoden mit Nadeln aus elastischem Stahl sehr exakt verifiziert werden, besonders bei Akupunktur der Somatotopien (Very-Point-Methode® nach Gleditsch 2002).
Die eigentliche Nadelung kann oberflächlich oder tief erfolgen, ergänzt durch Elektrostimulation mit biphasischen Rechteckimpulsen (ähnlich TENS), oder sie kann bei Kindern und besonders empfindlichen Personen unter Berücksichtigung der physikalischen Parameter mit Laserlicht erfolgen. Eine klassische Variante ist die sog. Moxibustion durch Erwärmung der Nadeln mittels Abbrennen von getrocknetem Artemisia-sinensis-vulgaris-Kraut z. B. auch auf der Nadel. Moxibustion wird bei sog. Kälteerkrankungen im Sinne der chinesischen Medizin eingesetzt. In diesem Fall geben die Patienten eine Verschlechterung der Beschwerden u. a. bei Kälteexposition an.
Die Nadelzahl und -reizstärke richtet sich nach dem zuvor diagnostizierten funktionellen Zustand des Patienten und folgt i. d. R. dem Prinzip, bei geschwächten Patienten weniger Reiz zu geben, dagegen bei einer überschießenden und heftigen Krankheitsmanifestation stärker zu reizen. Diese Regel entzieht sich jedoch einer Quantifizierung und wird vorwiegend durch die Erfahrung des Behandlers erfüllt.
Am Ende der Behandlung ist auf die vollständige Entfernung der Nadeln und ggf. Blutstillung zu achten.
Ein Effekt der Akupunktur sollte sich i. d. R. spätestens nach 5–6 Behandlungen einstellen. Über 15 Behandlungssitzungen bedürfen einer besonderen Begründung.
Bei der Auswahl des Akupunkteurs sollte auf die Qualifikation geachtet werden. Der gute Akupunkteur erhebt gründliche Anamnesen und nimmt sich ausreichend Zeit für jede Behandlung (Stör 2006).

Akupunktur bei spezifischen Schmerzerkrankungen

Bei chronischen Schmerzen ist eine Einbettung der Akupunktur in ein multimodales Gesamtkonzept notwendig (Bäcker und Hammes 2005).

Kopfschmerzen

Migräne, Spannungskopfschmerz und die unterstützende Behandlung beim Medikamenten-induzierten Kopfschmerz stellen gute Indikationen für die Akupunktur dar. Ein pragmatischer Ansatz mit Fernpunkten an Händen und Füßen, einigen symptomorientierten Punkten (z. B. Pe 6 bei begleitender Übelkeit) sowie lokalen Punkten kann häufig zu einer Reduktion der Intensität und Frequenz führen.
Die Behandlung myofaszialer Triggerpunkte im M. temporalis, M. trapezius, in der paravertebralen Halsmuskulatur und/oder der subokzipitalen Muskulatur kann zusätzlich zu einer Minderung des perikranialen Muskeltonus führen. In großen Studien erwiesen sich die Akupunktur und die Nadelung an Nicht-Akupunkturpunkten der Standardtherapie ebenbürtig (Diener et al. 2006; Meißner et al. 2013).
Im akuten Anfall ist in der Regel eine starke Nadelstimulation notwendig; die Intensität in der Intervallbehandlung hängt von der Konstitution des Patienten ab.
Eine Differenzierung nach Symptomatik entsprechend der chinesischen Syndrommuster bringt aus Sicht der TCM zumindest bei komplizierten Kopfschmerzen Vorteile. Dies ist allerdings noch nicht durch klinische Studien belegt worden. Eine Auswahl häufig verwendeter Punkte findet sich in Abb. 3.

Rückenschmerz en

Die Behandlung von Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule erfordert neben der Auswahl von Fernpunkten auf der den Schmerz durchlaufenden Leitbahn bzw. dem betroffenen Segment häufig eine differenzierte lokale Behandlung. Die Auswahl von Mikrosystempunkten an Ohr und/oder Schädel kann in manchen Fällen eine schnelle Schmerzlinderung herbeiführen.
Die gezielte Behandlung myofaszialer Triggerpunkte, z. B. im M. erector spinae, im M. quadratus lumborum oder im M. piriformis, sind ein wesentlicher Baustein einer differenzierten symptomorientierten Behandlung.
In Abhängigkeit vom Krankheitsmuster stellen die Anwendung von Moxibustion und Schröpfen – auch als Schröpfmassage – ein wesentliches Kriterium einer qualifizierten Akupunktur dar. Eine Auswahl häufig verwendeter Punkte findet sich in Abb. 4.

Schulter-Arm-Schmerzen

Periarthropathien, myofasziale Überlastungen der Schultergürtelmuskulatur und die Epikondylopathie sind gute Indikationen für die Akupunktur. In vielen Fällen ist ein pragmatisches Vorgehen ausreichend.

Schmerzen bei Kniegelenkarthrose

Diese Indikation ist besonders gut wissenschaftlich untersucht und schmerzlindernde Effekte sind nachgewiesen. In der Behandlung spielt insbesondere die lokale Nadelung eine herausragende Rolle, die häufig vorhandene muskuläre Dysbalance sollte mitbehandelt werden (Mm. quadriceps rectus femoris, vastus lateralis und vastus medialis).

Neuropathische Schmerzen

In diesem Bereich liegen nur wenige Studien vor. Die Akupunktur unter Verwendung der Elektrostimulation kann aber nach Erfahrung der Autoren zu einer Reduktion von Frequenz und Intensität einschießender neuropathischer Schmerzen führen.

Ausbildung

In den Jahren 2005–2007 haben alle Ärztekammern Deutschlands eine Zusatzbezeichnung Akupunktur eingeführt. Die Ausbildung umfasst 200 Stunden, davon 120 Stunden Theorie, 60 Stunden Fallseminar und 20 Stunden Supervision eigener Behandlungsfälle in mindestens 2 Jahren, und wird mit einer Prüfung vor der Ärztekammer abgeschlossen. Musterweiterbildungsordnung und Kursbuch beschreiben detailliert die Lerninhalte (www.baek.de/downloads/MKAkupunktur.pdf, S. 144; http://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/aus-weiter-fortbildung/weiterbildung/muster-kursbuecher/).
Es gibt ca. 10 Ausbildungsinstitute in Deutschland. Größter Anbieter und älteste ärztliche Fachgesellschaft seit 1951 ist die Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA) mit ca. 8500 Mitgliedern. Sie gibt zusammen mit anderen Fachgesellschaften die Deutsche Zeitschrift für Akupunktur (DZA) in einer Auflage von 15.000 heraus.
Bei der Auswahl einer Ausbildungsorganisation sollte man auf Zertifizierung durch die zuständige Ärztekammer, Qualität der Referenten, Gruppengröße, Anteil der praktischen Ausbildung, Vielfalt des Angebots, Bezug zur universitären Medizin, kritische Auseinandersetzung mit Tradition und wissenschaftlichen Bezug achten.

Neuraltherapie

Zum Einstieg

In der Neuraltherapie werden Lokalanästhetika zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken eingesetzt. Die Methode nutzt die regulatorischen und plastischen Eigenschaften des Nervensystems einerseits über die lokale und segmentale Therapie, andererseits über das sog. „Störfeld“ (Irritationszone außerhalb des anatomischen Segmentes, die als neuromodulatorischer Trigger wirkt). Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Sympathikus. Gezielte Reize (durch die Nadel) und gleichzeitig selektive Reizlöschung (durch das Lokalanästhetikum) beeinflussen die Organisation im Nervensystem sowie die Gewebeperfusion. Im Schmerzgeschehen kann dadurch ein Circulus vitiosus durchbrochen werden. Die nachgewiesenen Langzeiteffekte bei chronischen Schmerzpatienten lassen sich mit der modernen Pathophysiologie des Schmerzes erklären.

Wichtige Entwicklungsschritte

Die Synthese des praktisch nebenwirkungsfreien Procains gelang Einhorn 1905 und war für die Chirurgie und später für die Neuraltherapie ein entscheidender Schritt. Die von Leriche 1920 erstmals veröffentlichte operative Entfernung des Ganglion stellatum zu therapeutischen Zwecken und die ebenfalls von ihm durchgeführte erste therapeutische „stelläre Infiltration“ stimmten im Vergleich der Ergebnisse prinzipiell überein, sodass er die wiederholte Stellatuminjektion als weniger traumatisierenden Eingriff empfahl. Aus dieser Erkenntnis stammt auch die von Leriche geprägte Bezeichnung der Procaininjektion als „unblutiges Messer des Chirurgen“ (Leriche 1958). Seine therapeutischen Empfehlungen resultierten aus eindrucksvollen klinischen Versuchen wie beispielsweise die Stellatuminjektion bei Lungenembolie (Unterbindung des u. U. tödlichen Reflexgeschehens) oder bei Kopfschmerz.
Schließlich waren es Ferdinand und Walter Huneke, die ab 1925 eine Methode erarbeiteten, um mittels Injektionen von Lokalanästhetika – unter anderem über Haut-, Muskel- und Periostpunkte (Head-/MacKenzie-Zonen) – Einfluss auf innere Organe zu nehmen, d. h. vorerst im segmentalen Bereich der Erkrankungen. 1940 beobachtete Ferdinand Huneke erstmals den übersegmentalen Einfluss eines sog. „Störfeldes“ auf das Schmerz- und Entzündungsgeschehen.
Ricker zeigte 1924 mittels Tierversuche, dass der pathologische Reiz, der zur Entstehung eines zellularpathologischen Befundes notwendig ist, nicht primär an der Zelle selbst ansetzen muss, sondern auch am Sympathikus ansetzen kann. Dabei ist es erstaunlicherweise gleichgültig, ob dieser Reiz physikalischer, chemischer oder mikrobieller Natur ist. Er wird vom Sympathikus nicht qualitativ, sondern quantitativ beantwortet (unterschiedliche Impulsfrequenz). Durch abgestufte Reizungen (in Intensität und Dauer) des perivasalen Sympathikus konnte Ricker Entzündung, Degeneration, Hyperplasie und Nekrose hervorrufen. Weiter konnte er zeigen, dass der Sympathikus wiederholte pathologische Reize speichern kann (Engrammierung).
Der russische Neurophysiologe Speranski (1950) hat vor Jahrzehnten in umfangreichenTierversuchen die Rolle von „Störfeldern“ aufzeigen können. In neuerer Zeit wurde dank der Arbeiten u. a. von Baron und Jänig (Baron und Jänig 1998; Baron et al. 2002; Jänig und Baron 2003, 2011; Jänig 2011) Vieles aus der empirisch entstandenen Neuraltherapie neurophysiologisch erklärbar.

Definition der Neuraltherapie

Die Neuraltherapie ist eine Methode, die Lokalanästhetika zur Diagnostik und Therapie einsetzt. Die Injektionsbehandlung nutzt die regulatorischen Eigenschaften des vegetativen Nervensystems einerseits über den segmentreflektorischen Weg (lokale und segmentale Therapie), andererseits über chronische Irritationszonen (sog. „Störfeld“). Chronische Irritationszonen sind meist asymptomatisch und geben Dauerimpulse in das vegetative Nervensystem sowie in nozizeptive Systeme ab (neuromodulatorische Trigger). Dadurch können unabhängig von der segmentalen Zuordnung an topografisch anderen Orten Schmerzen oder Entzündungen ausgelöst und unterhalten werden.
Gezielte Reize (durch die Nadel) und die gleichzeitige selektive Reizlöschung (durch das Lokalanästhetikum) beeinflussen die Organisation im Nervensystem sowie die Gewebeperfusion. Im Schmerzgeschehen kann mit der Normalisierung der engrammatisch gespeicherten pathologischen Reizbarkeit des Sympathikus und des nozizeptiven Systems in den peripher-spinalen und (indirekt) supraspinalen Reflexbogen eine positive Rückkoppelung (Circulus vitiosus) durchbrochen werden. Deswegen überdauert der therapeutische Effekt in der Regel die Wirkung der Anästhesie bei weitem.
Die in der Schulmedizin gebräuchlichen Termini „diagnostische Lokalanästhesie“ und „therapeutische Lokalanästhesie“ entsprechen der Neuraltherapie.
Die einfachste Art der Neuraltherapie ist die diagnostische und/oder therapeutische lokale Infiltration, zum Beispiel direkt in schmerzhafte Strukturen: in die Haut, in myofasziale Triggerpunkte, an schmerzhafte Sehnenansätze, an das Periost, an Gelenkkapseln, in Gelenke, an periphere Nerven.
Bei der segmentalen Neuraltherapie muss berücksichtigt werden, dass die Haut, der Bewegungsapparat und das entsprechende innere Organ polysegmental reflektorisch untereinander verschaltet sind (Abschn. 4.4). Dadurch ergeben sich kombinierte therapeutische Angriffspunkte zum Beispiel über die Head-Zonen (kuti-viszerale Reflexwege), über die Muskulatur sowie über vegetative Ganglien.
Abgelaufene oder chronisch persistierende Erkrankungen oder Entzündungen und auch Narben können (müssen aber nicht!) zur chronischen Irritationszone („Störfeld“) werden und als neuromodulatorische Trigger wirken: z. B. chronische Tonsillitis, Tonsillektomienarben, verlagerte oder impaktierte Weisheitszähne (Abb. 5), Zahnwurzelreste, Ostitis im Zahnwurzelbereich, Parodontitis, verschiedene Narben, Z. n. Pleuropneumonie, Z. n. Hepatitis, Z. n. Frakturen, chronische Irritationen im Urogenitalbereich usw.
Durch die Infiltration eines Lokalanästhetikums in eine Irritationszone werden die afferente und die efferente Sympathikusreizung sowie die nozizeptive Leitung für kurze Zeit unterbrochen. Dies dient einerseits der Diagnostik, andererseits der Therapie (2–3 Wiederholungen können die engrammatisch gespeicherte pathologische Reizbarkeit des Sympathikus „löschen“). Im Zahn-Kiefer-Bereich bedarf es je nach Befund (Orthopantomogramm) zusätzlich einer zahnärztlichen Sanierung.
An einen neuromodulatorischen Trigger muss gedacht werden, wenn alle lokalen Therapien versagen (z. B. lokale Neural-, Physio-, Chirotherapie usw.). Dessen gezielte Suche und Therapie zeigt, wie relativ der Begriff „Diagnose“ zu interpretieren ist. Bei genauerer Betrachtung wird damit meist nur ein Symptom bezeichnet und nicht die Ätiologie. So kann Spannungskopfschmerz z. B. durch einen impaktierten und verlagerten Weisheitszahn bedingt sein und/oder beispielsweise durch eine Narbe im Sinne eines „Zweitschlages nach Speranski“ bei einem vorbelasteten System („Erstschlag“) (Abschn. 4.2 und 4.7). Diese Zusammenhänge dürfen jedoch nicht dazu verleiten, andere Ursachen wie psychische Belastungen, internistische Erkrankungen usw. nicht zu berücksichtigen.
Andererseits werden neuromodulatorische und neuroinflammatorische Trigger unterschätzt, obwohl Studien solche Zusammenhänge aufzeigen. So fanden z. B. Bahekar et al. 2007 in einer Metaanalyse mit über 100.000 Teilnehmern bei Personen mit Parodontose eine signifikant erhöhte Prävalenz und Inzidenz von koronarer Herzkrankheit.

Neurophysiologische Grundlagen und Wirkmechanismen

Thermodynamische Aspekte

Lebewesen sind als offene Systeme weit weg vom thermodynamischen Gleichgewicht zu betrachten. Das bedeutet, dass die lineare Mathematik und Physik hier nicht anwendbar sind. Es gelten bei der Nichtgleichgewichts-Thermodynamik die Gesetze der nicht linearen Mathematik, d. h. der Chaostheorie.
Ein wesentliches Merkmal der Chaostheorie ist die positive Rückkoppelung (oder „Iteration“). Dies bedeutet mathematisch, dass Teile einer Gleichung wiederholt mit sich selbst multipliziert werden (Kluge und Neugebauer 1994). Somit hängt das Resultat stark von den Ausgangsbedingungen ab (momentaner individueller Zustand des Organismus). Weiter bedeutet dies, dass eine winzige Änderung des initialen Zustandes oder einer Variablen das System in eine völlig andere Richtung treiben kann. Eine eindeutige Voraussagbarkeit (Determiniertheit) ist nicht mehr gegeben, denn das System arbeitet nach einer bestimmten Eingabe selbst weiter (organisiert sich selbst). Zudem können wegen der positiven Rückkoppelung schon geringste geeignete Reize eine große Auswirkung zeigen. Nach Prigogine und Stengers (1981) muss ein solches System als Ganzes handeln können.
Bedeutung für die Neuraltherapie
Die Erkenntnisse der Experimente Speranskis (bezüglich „Störfeldern“ im Tierversuch) und Prigogines (bezüglich positiver Rückkoppelung und Selbstorganisation) sowie die Erkenntnisse neurophysiologischer Zusammenhänge (bezüglich positiv rückgekoppelter Reflexbogen) bilden unseres Erachtens eine wichtige Teilerkenntnis zum Verständnis chronischer Schmerzen und für die Einordnung des übersegmentalen Geschehens in der Neuraltherapie. Mit dem Nadelstich wird in das nicht lineare, komplexe System ein Impuls appliziert und mit dem Lokalanästhetikum eine positive Rückkoppelung (Circulus vitiosus) unterbrochen. Anschließend kann sich das System neu organisieren. Diese Zusammenhänge verdeutlichen ebenfalls, dass kein Lokalanästhetikum von langer Wirkdauer verwendet werden muss, da einerseits der Reiz (Nadelstich) und andererseits nur die kurzzeitige Unterbrechung („Reset“) der Leitungsbogen notwendig sind. Die anschließende Langzeitwirkung beruht dann auf der Selbstorganisation des Organismus und nicht mehr auf der Wirkung des Lokalanästhetikums.

Anatomische Aspekte

Die Darstellung einiger anatomischer Besonderheiten soll dem besseren Verständnis der suprasegmentalen Vorgänge im Schmerzgeschehen dienen. Das vegetative Nervensystem spielt hierbei eine bedeutende Rolle.
  • Die sympathischen Ursprungskerne befinden sich nicht im gesamten Rückenmark, sondern nur im mittleren Bereich, von wo aus der ganze Körper mit sympathischen Fasern versorgt wird. Aus diesem Grund weichen die segmentalen Zuordnungen der somatischen und der sympathischen Innervation insbesondere im Kopf- und Extremitätenbereich stark voneinander ab.
  • Der mit Gefäßen und peripheren Nerven in die Peripherie ziehende Sympathikus sprengt die übliche segmentale Gliederung zusätzlich.
  • Dasselbe gilt bei einem Reizzustand der Ganglien: Durch die Kenntnis des außerordentlich weiten Versorgungsgebietes (z. B. des Ganglion stellatum: alle Organe des seitengleichen oberen Körperviertels) lassen sich verschiedenste Symptome oft einem einzigen Krankheitsbild zuordnen.
  • Bei chronischen Erkrankungen des Zahn-Kiefer-Bereiches, der Nasennebenhöhlen und der Tonsillen finden sich druckdolente, indurierte und verquollene Zonen im Nackenbereich. Die Erfahrung zeigt, dass Letztere nach entsprechender neuraltherapeutischer Behandlung der erwähnten Organe verschwinden. Diese empirisch gefundenen Zusammenhänge können wie folgt erklärt werden: Afferenzen z. B. aus dem Zahn-Kiefer-Bereich führen in den Ncl. tractus spinalis des N. trigeminus, der bis ins Halsmark auf Höhe C2/C3 hinunterreicht und seinerseits über weitere Verbindungen Verspannungen, Verquellungen und Schmerzen (z. B. im Nacken) verursachen kann.
  • Bei Oberbauch- und thorakalen Erkrankungen sprengen neben der Sympathikus-vermittelten Segmentreflektorik vegetative Afferenzen via N. phrenicus und N. vagus den Segmentbegriff zusätzlich (Beispiel: Schulterschmerz bei Gallenkolik).
  • Nach van der Zypen (1967) kann es „an allen Stellen des vegetativen Maschenwerkes blitzartig zur Übertragung eines Reizes kommen“.
Bedeutung für die Neuraltherapie
Zunächst geht es in der Anamnese darum, bestimmte Schmerz- und Beschwerdebilder anatomisch und neurophysiologisch einzuordnen. Das Verständnis solcher Zusammenhänge dient vorerst dem diagnostischen (punktuelles Ausschalten von Irritationszonen) und später dem therapeutischen Vorgehen in der Neuraltherapie.

Myofasziale Triggerpunkte und pseudoradikuläre Syndrome

Bei nozizeptiven Reizen aus der Haut, den inneren Organen oder dem Bewegungsapparat reagiert die Muskulatur als eine mehrere Segmente überschreitende kinetische Muskelkette. Entlang dieser finden sich die pseudoradikuläre Symptomatik („referred pain“) und die myofaszialen Triggerpunkte. Pseudoradikuläre Syndrome (Brügger 1980) zeichnen sich durch Schmerz, Schwäche, muskulären Hypertonus und Verkürzung, nicht dermatombezogene Sensibilitätsstörungen und vegetative Symptome (Vasomotorik, Hyperhidrosis) entlang der Muskelkette und der Haut (Head-Zonen) aus. Myofasziale Triggerpunkte imponieren in Ruhe, bei Bewegung oder nur auf Druck als schmerzhafte Stellen in der Muskulatur (Travell und Simons 1982). Der vom Triggerpunkt projizierte, mitgeteilte Schmerz („referred pain“) entspricht der pseudoradikulären Symptomatik (Abb. 6).
Bedeutung für die Neuraltherapie
Die lokale Infiltration der myofaszialen Triggerpunkte stellt einerseits eine einfache Diagnostik dar (Wegfall der ausstrahlenden Schmerzen und Symptome schließt eine radikuläre Symptomatik weitgehend aus) und ist andererseits gleichzeitig auch die Therapie.

Pathophysiologie des Schmerzes und Neuraltherapie

Nachfolgend sollen nur die für die Neuraltherapie wichtigen Aspekte hervorgehoben werden.
Das Nervensystem, insbesondere das vegetative Nervensystem, ist mitbeteiligt an der Generierung von Ordnungszuständen weit weg vom thermodynamischen Gleichgewicht (s. oben). Diese Nichtlinearität (positive Rückkoppelung, Iteration) sehen wir auch im Schmerzgeschehen mit verschiedenen, sich gegenseitig verstärkenden und positiv rückkoppelnden Reflexbögen.
Projektionssymptome
Eine Reizung von Nozizeptoren kann, muss aber nicht zwangsläufig als Schmerz (Bewusstsein) empfunden werden. Es wird jedoch praktisch immer eine Reflexantwort ausgelöst. In dieser spielt der ubiquitär vorhandene Sympathikus efferent und afferent eine tragende Rolle, wobei die Reflexantwort über verschiedene Reflexbahnen zustande kommt: kuti-viszeral, viszero-kutan, viszero-somatomotorisch usw. (peripher-spinale Reflexbögen). Diese vorwiegend sympathisch vermittelte Reflexantwort zeigt Durchblutungsveränderungen, Hautturgorerhöhungen, eine Hyperalgesie und/oder Hyposensibilität bestimmter Hautbezirke, Dysregulation des metamer zugehörigen inneren Organs sowie eine Erhöhung des Muskeltonus.
Diese „Pauschalantwort“ im Sinne der Projektionssymptome auf eintreffende nozizeptive Signale einer beliebigen Struktur des Segmentes kann mit folgenden Verschaltungen erklärt werden: Nozizeptive Afferenzen aus der Haut, der Muskulatur oder dem entsprechenden inneren Organ konvergieren auf dieselbe Hinterhornregion des Rückenmarks. Hautbezirke, die durch Konvergenz der Afferenzen einem Organ zugeordnet werden, werden z. B. als Head-Zonen des entsprechenden Organs bezeichnet.
Nachdem das Hinterhorn nozizeptive Impulse von einer oder mehreren Strukturen empfangen hat, erfolgt die weitere Verschaltung divergent, und zwar gleichzeitig
1.
über das Seitenhorn zum Sympathikus (von diesem wiederum in alle drei Systeme: inneres Organ, Bewegungsapparat und Haut),
 
2.
über das Vorderhorn zur Skelettmuskulatur sowie
 
3.
zum Gehirn.
 
Auf diese Weise werden sympathische und somatomotorische Kerne gleichzeitig erregt.
Es kommt ein Circulus vitiosus im Schmerzgeschehen zustande, der durch die sympathisch-afferente Koppelung (s. unten) noch verstärkt wird.
Die besondere Topografie der sympathischen Ursprungskerne im Rückenmark bringt es mit sich, dass nozizeptive Impulse des inneren Organs oder des Bewegungsapparates via Rückenmark letztendlich über sympathische Efferenzen zum Beispiel im Kopfbereich zu Dysregulationen, Erkrankungen und Schmerzen führen können.
Bedeutung für die Neuraltherapie
Es gibt demzufolge keine isolierte Segmentreflektorik. Die anamnestische und palpatorische Erfassung der Projektionssymptome hat für das Vorgehen in der Neuraltherapie Konsequenzen.
Aktive Erzeugung von Schmerz und Entzündung durch den Sympathikus
Sympathische Efferenzen können kurzschlussartig auf nozizeptive Afferenzen schalten (Baron und Jänig 1998). Durch diese „sympathisch-afferente Koppelung“ wird der oben erwähnte Circulus vitiosus noch verstärkt im Sinne einer positiven Rückkoppelung (Iteration, entsprechend der nicht linearen Chaostheorie). Die Folge kann eine zentrale Sensibilisierung sein (Baron und Jänig 1998). Beispielsweise können nun Berührungsafferenzen Zugang finden zum nozizeptiven System auf Rückenmarksebene (neuroplastische Veränderungen) und damit den Circulus vitiosus noch verstärken. In diese mehrfachen, sich gegenseitig verstärkenden positiven Rückkoppelungskreise können sich auch negative Emotionen einspeisen. Zudem kann eine Inhibition der deszendierenden Hemmung vom Gehirn zum Rückenmark erfolgen. Jede zusätzliche Aktivierung des Sympathikus (z. B. Emotionen oder zusätzliche Reizung in der Peripherie) kann zu vermehrten Schmerzen und Projektionssymptomen führen. Wegen der beschriebenen positiven Rückkoppelung sind analog chaostheoretischer Überlegungen auch bei geringsten zusätzlichen Reizen große Schmerzen möglich (Fischer 2003).
Zudem kann der Sympathikus unter pathologischen Bedingungen über eine Vasodilatation mit Plasmaextravasation und Sezernierung von proinflammatorischen Neuropeptiden aus seinen eigenen Nervenfasern eine neurogene Entzündung verursachen. Dadurch wird die Reizschwelle der Nozizeptoren herabgesetzt und es werden gleichzeitig „schlafende“ Nozizeptoren aus der Umgebung rekrutiert (periphere Sensibilisierung) (Baron und Jänig 1998). Diese Entzündung unterliegt ebenfalls (wie beim Schmerz dargestellt) einer positiven Rückkoppelung (Iteration), bei welcher der Sympathikus die Hauptrolle spielt.
Bedeutung für die Neuraltherapie
In der Neuraltherapie geht es u. a. darum, diese mehrfache Iteration (Circulus vitiosus) in den Reflexbogen des Schmerz- und Entzündungsgeschehens mittels Applikation von Lokalanästhetika u. a. an den Sympathikus kurzzeitig zu unterbrechen und „Engramme“ zu löschen, damit sich die Systeme neu organisieren können und physiologische Reize anschließend nicht mehr pathologisch beantwortet werden Abb. 7).
Die Gate-Control-Theorie nach Melzack und Wall
Bei der Gate-Control-Theorie geht es um die „Eingangskontrolle“ der Afferenzen, bevor diese im Hinterhorn auf die Transmissionszellen (Übertragungszellen) umschalten. Ziel der Schmerztherapie muss sein, das Tor für nozizeptive Eingänge möglichst zu schließen, damit diese nicht ungehindert das Hinterhorn passieren (Melzack und Wall 1965).
Bedeutung für die Neuraltherapie
Dies gelingt mittels Nadelstich und Lokalanästhetikum im Sinne einer präsynaptischen Hemmung. Die Neuraltherapie hat somit einen günstigen Effekt auf die Hinterhorn-Eingangskontrolle („Tor geschlossen“). Dadurch wird einer pathologischen Schmerzverarbeitung (Circulus vitiosus) sowohl im Zentralnervensystem als auch in der Segmentreflektorik entgegengewirkt.
Der inflammatorische Reflex des vegetativen Nervensystems
Tracey beschrieb 2002 einen inflammatorischen Reflex des vegetativen Nervensystems (Tracey 2002): Dieser reguliert reflektorisch Entzündungs- und Immunantworten des Organismus. Daraus kann gefolgert werden, dass ein irritiertes vegetatives Nervensystem (z. B. durch neuromodulatorische Trigger) Entzündungen („unklarer Ätiologie“) verursachen und Entzündungskaskaden initiieren kann, wie z. B. bei Autoimmunerkrankungen oder dem CRPS („Complex Regional Pain Syndrome“). Dafür sprechen auch die Experimente Speranskis (Abschn. 4.7).
Bedeutung für die Neuraltherapie
Die Regulation des vegetativen Nervensystems mittels Lokalanästhetika (Neuraltherapie) kann die von diesem verursachten oder unterhaltenen Entzündungen reduzieren. Diese Hypothese wird einerseits von unseren klinischen Beobachtungen gestützt, andererseits von der nachfolgend beschriebenen Arbeit von Cassuto et al. (2006).
Die entzündungshemmende Wirkung von Lokalanästhetika
Cassuto konnte 2006 zeigen, dass Lokalanästhetika eine entzündungshemmende Wirkung haben. Sie haben einen Effekt auf die Synthese und Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Eine Inhibition der Sekretion von Prostaglandinen durch topische Lokalanästhetika konnte kürzlich in verbrannter Tierhaut gezeigt werden. Auch eigene Beobachtungen bei sonnenverbrannter Haut mit Lokalanästhetika bestätigen dies.
Bedeutung für die Neuraltherapie
Entzündungshemmende Effekte durch die Neuraltherapie (z. B. bei CRPS, Herpes zoster, Colitis ulcerosa) werden mit den Arbeiten von Cassuto, Tracey, Ricker u. a. erklärbar.
Weitere Pathomechanismen und deren Beeinflussung durch Lokalanästhetika haben wir unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur kürzlich beschrieben (Egli et al. 2015; Fischer et al. 2015; Puente de la Vega et al. 2016).

Indikationen, Kontraindikationen

Indikationen

Die Indikationen ergeben sich aus den in Abschn. 4.4 beschriebenen Wirkmechanismen. Die Neuraltherapie erfolgt hauptsächlich über den Sympathikus. Da der Sympathikus sowohl beim Schmerz- als auch beim Entzündungsgeschehen eine bedeutende Rolle spielt, ergibt sich ein breites Spektrum an Indikationen bei akuten und chronischen Erkrankungen. So können neben Schmerzerkrankungen prinzipiell auch funktionelle, entzündliche, allergisch-immunologische und degenerative Erkrankungen behandelt werden.
Indikationsbeispiele
  • Erkrankungen des Bewegungsapparates (funktionell, degenerativ und entzündlich)
  • Kopf- und Gesichtsschmerzen (Migräne, Spannungskopfschmerzen, Cluster Headache, Trigeminus- und Okzipitalisneuralgie, chronische Sinusitis)
  • Durchblutungsstörungen wie M. Raynaud und bei Diabetes, M. Menière, Erfrierungen
  • „Chronic pelvic pain“ (chronische Zystitis, chronische Prostatitis)
  • Bestimmte Autoimmunerkrankungen
  • Funktionsstörungen innerer Organe (z. B. Colon irritabile)
Injektionsarten und Injektionsorte
  • Quaddeltherapie
  • Injektionen in myofasziale Triggerpunkte
  • Unterspritzen von Narben
  • Peri- und intraartikuläre Injektionen
  • Intra- und perivasale (Sympathikus!) Injektionen
  • Injektionen an Nerven und Nervenaustrittspunkte
  • Injektionen an vegetative Ganglien und vegetative Nervenplexus
  • Injektionen an die Tonsillen und an den Zahn-Kiefer-Bereich
Der therapeutische Effekt wird verbessert, wenn verschiedene Injektionsarten und -orte in derselben Sitzung unter Berücksichtigung der Anatomie und Pathophysiologie logisch kombiniert werden.
Die Neuraltherapie wird entweder als alleinige Therapie (anstelle einer anderen Therapie) angewendet (substitutiv) oder adjuvant (begleitend zwecks Reduktion beispielsweise von Schmerzmedikamenten) oder konsekutiv („second line“ nach Versagen der konventionellen medizinischen Therapien) eingesetzt.

Kontraindikationen

  • Allergie auf Lokalanästhetika
  • Tiefe Injektionen bei Gerinnungsstörungen oder Antikoagulation
  • Alle akuten chirurgischen Indikationen
  • Schwere Hypotonie und schwere kardiale Dekompensation
  • Nur für größere Mengen Lidocain (mehr als 20 ml 1 % pro Sitzung): schwere kardiale Überleitungsstörungen, Bradykardie, akute Hepatopathie
  • Spritzenphobie/vasovagale Synkopen in der Anamnese

Material, Nebenwirkungen, Komplikationen

Material

Materialien, die in der Neuraltherapie verwendet werden, sind Spritze, Nadel und Lokalanästhetikum. Die Nadeln sind je nach Injektionsort verschieden lang. Sie sollen möglichst dünn, aber noch genügend stabil sein. Für den Zahn-Kiefer-Bereich eignen sich Zylinderampullen-Spritzen.
In der Neuraltherapie kommen vorwiegend die Lokalanästhetika Procain und Lidocain zur Anwendung. Sie weisen eine kürzere Wirkdauer auf als andere Lokalanästhetika. Als Neuraltherapeutikum der Wahl hat sich das esterstrukturierte Procain als 1 %ige Lösung bewährt. Die Gefäßdilatation durch Sympathikolyse ist zwar sowohl bei Procain als auch bei Lidocain vorhanden, die Gefäßdilatation durch das Medikament per se (resp. die Spaltprodukte Diethylaminoethanol und Paraaminobenzoesäure) findet sich aber nur bei Procain. Amidstrukturierte Lokalanästhetika wie Lidocain führen am Ort der Injektion sogar zu einer leichten Vasokonstriktion und damit zur Perfusionsverschlechterung, sind zudem deutlich toxischer und haben eine die körpereigenen Regulationen behindernde längere Wirkdauer.
Die Wirkdauer von Procain beträgt lediglich 20–30 min (diejenige von Lidocain ca. 60–120 min). Die Diffusionsfähigkeit von Procain ist allerdings geringer als diejenige von Lidocain. Procain wird in praktisch jedem Gewebe durch die unspezifische Pseudocholinesterase abgebaut, wogegen der Abbau von Lidocain in der Leber erfolgt. Aus diesem Grunde eignet sich Procain besser bei Patienten mit Lebererkrankungen und solchen mit Polypharmazie, da praktisch keine Interaktionen bestehen.
Für Procain ist keine teratogene Wirkung bekannt, weshalb es auch bei Schwangeren eingesetzt werden darf.
Zusätze (Konservierungsstoffe, Adrenalin) werden in der Neuraltherapie nicht verwendet. Einzelheiten u. a. zu den Injektionsmengen finden sich in den Lehrbüchern (Barop 2015; Fischer 2014).
Procain
Am besten untersucht ist die lokalanästhetische Wirkung des Procains. Weitere Eigenschaften wurden in den vergangenen Jahren erforscht.
Allgemein systemisch-medikamentös wirkt das Procain
  • membranstabilisierend,
  • antiarrhythmisch,
  • muskelrelaxierend,
  • bronchospasmolytisch,
  • spasmolytisch am Sphincter Oddi und am Darm,
  • koronarperfusionssteigernd,
  • negativ inotrop,
  • negativ chronotrop,
  • endoanästhetisch (günstige Modulierung von Lungendehnungsrezeptoren, Glomus caroticum, Gefäßrezeptoren, viszeralen Rezeptoren, glatter und quer gestreifter Muskulatur),
  • antikonvulsiv (bei Überdosierung gegenteilig),
  • impulsmodulierend im limbischen System,
  • antihistaminisch,
  • antiinflammatorisch,
  • sympathikolytisch,
  • parasympathikolytisch,
  • gefäßerweiternd,
  • wachstumshemmend in humanen Krebszellen (Villar-Garea et al. 2003).
Die 1 %ige Procain-Lösung ohne jeglichen Zusatz ist ein ideales Neuraltherapeutikum, gut steuerbar und für neuraltherapeutische Zwecke den anderen Lokalanästhetika überlegen.

Nebenwirkungen und Komplikationen

  • Als unerwünschte Nebenwirkungen (v. a. beim Procain) können leichter Schwindel, Metallgeschmack auf der Zunge sowie leichtes Zittern und Schwitzen auftreten. Sie gehen mit normalem Blutdruck und Puls einher, sind harmlos und klingen nach wenigen Minuten spontan wieder ab.
  • Komplikationen sind äußerst selten. Eine allergische Reaktion auf Procain ist extrem selten (Fischer et al. 2005). Weltweit sind in den Datenbanken von MEDLINE und EMBASE nur sieben Fälle von Anaphylaxie nach Procain-Injektionen bekannt. Dabei ist unklar, ob die Allergie durch Procain oder durch die beigefügten Konservierungsmittel verursacht wurde.
  • Ein vollständiger Mangel an Pseudocholinesterase (Häufigkeit ca. 1:250.000 in kaukasischen Bevölkerungen) kann nach Verwendung von Procain zu Komplikationen führen.
  • Hämatome können je nach Lokalisation Beschwerden verursachen, die jedoch in der Regel nach wenigen Tagen abklingen.
  • Versehentliche Injektionen in hirnwärtsführende Gefäße oder in den Liquorraum können u. a. Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Herz- und Atemstillstand hervorrufen. Deshalb muss im Kopf- und Halsbereich immer sorgfältig aspiriert werden, und die Injektionen sollen hier nur langsam und unter stetiger Beobachtung des Patienten erfolgen.
  • Organverletzungen sind bei korrekter Durchführung der Injektionstechniken ebenfalls selten, dennoch wurden zum Beispiel Pneumothoraces oder Hämaturien nach versehentlicher Injektion in die Niere beobachtet.

Neuraltherapeutisches Vorgehen

Anamnese

Zunächst werden alle Operationen, Unfälle, Erkrankungen und Geburten aufgelistet. Wichtig ist auch die Anamnese des Zahn-Kiefer-Bereichs: Frage nach Weisheitszähnen, durchgemachten Infektionen, Wurzelbehandlungen usw. Danach muss eine Gewichtung der Anamnese erfolgen mit der Frage: Welches war die letzte Krankheit oder Operation vor Ausbruch des jetzigen Leidens? Dies dient der Identifikation des sog. „Zweitschlagphänomens“ nach Speranski (Abschn. 4.2). Bereits bestehende neuromodulatorische Trigger oder anderweitige Belastungen können die Systeme labilisieren („Erstschlag“), sie bleiben aber bis zum Zweitschlag noch kompensiert.
Bei Schmerzen müssen besonders die Projektionssymptome erfragt werden (z. B. Head-Zonen, Spannungssymptomatik entlang kinetischer Muskelketten mit myofaszialen Triggerpunkten, pseudoradikuläre Syndrome). Bei komplexen Symptomen kann versucht werden, diese einer anatomischen Struktur zuzuordnen (z. B. Ganglien). Die Schmerzqualität und die Abhängigkeit der Schmerzen von bestimmten Funktionen (Essen, Bewegung) sowie von der Tageszeit sind ebenfalls wichtig.
Niemals darf bei Unklarheiten eine notwendige konventionell-medizinische Abklärung unterlassen werden.

Inspektion

Zunächst wird nach Schwellungen, Rötungen, Atrophien, Narben usw. gesucht. Wichtig sind auch das Erkennen von Asymmetrien des Bewegungsapparates, die Form der Wirbelsäule, das Beachten von Muskelatrophien sowie auch die Inspektion der Mundhöhle (Zähne, Füllungsmaterial, Zahnfleisch usw.).

Untersuchung/Palpation

Grundsätzlich soll bei unklaren Situationen zunächst eine vernünftige konventionell-medizinische Abklärung erfolgen.
Aufgrund der in Abschn. 4.4 dargestellten Verschaltungen insbesondere im Rückenmark kommt es sowohl bei Erkrankungen des inneren Organs (Head- und MacKenzie-Zonen) als auch bei der pseudoradikulären Symptomatik – beispielsweise von Gelenken und Triggerpunkten ausgehend – zu einer Projektionssymptomatik. Diese ist wie folgt charakterisiert: Spontan- oder Druckschmerz, Hyper- oder Hyposensibilität, lokal erhöhter Hautturgor, Hypo- oder Hyperhidrosis, erhöhter Muskeltonus mit weiteren myofaszialen Triggerpunkten und Verkürzung der entsprechenden Muskulatur.
Diese durch manuelle Untersuchung festgestellten Veränderungen deuten auf einen Circulus vitiosus im Schmerzgeschehen mit Beteiligung des Sympathikus hin.
Im Zahn-Kiefer-Bereich wird nach der Inspektion und Palpation ein weiterer Überblick durch eine Panoramaaufnahme (Orthopantomogramm) gewonnen.

Neuraldiagnostik/Reaktionsmöglichkeiten

Bei der weiteren Identifizierung der für die Schmerzen verantwortlichen Strukturen (z. B. Sehnenansätze, Gelenke, myofasziale Triggerpunkte, Nerven, Ganglien) bietet die diagnostische Neuraltherapie durch deren Ausschalten mit dem Lokalanästhetikum eine unvergleichbar präzise Diagnostik. Zum Beispiel kann mit der Umflutung der entsprechenden Strukturen ein pseudoradikulärer von einem radikulären Schmerz unterschieden werden. Damit können oft bildgebende Untersuchungen eingespart werden. Als weiteres Beispiel hilft die Injektion an das Ganglion stellatum bei entsprechenden Schmerzen und Symptomen im Kopf-Nacken-Armbereich herauszufinden, wie groß der Anteil des Sympathikus am Beschwerdebild ist („sympathetically maintained pain“).
Der Wegfall von außerhalb des Segmentes liegenden Beschwerden bei Injektion in eine Irritationszone beweist deren Einfluss.
Weitere Reaktionsmöglichkeiten hat Hopfer (1991) systematisiert.

Allgemeiner Ablauf der Therapie

Vor jeder tiefen Injektion müssen 4 Fragen geklärt sein:
1.
Einstichstelle
 
2.
Einstichrichtung
 
3.
Einstichtiefe
 
4.
Besonderes (z. B. Kontraindikationen)
 
Die injizierende Hand muss abgestützt werden: Das Gefühl für die Gewebestrukturen wird besser, zudem wird dadurch ein Zittern vermieden. Falls möglich, sollten bei der Lagerung des Patienten Symmetrien erhalten bleiben. Dadurch wird die räumliche Vorstellung besser, was sich auf eine exaktere Nadelrichtung auswirkt.
Wird die Indikation zur Neuraltherapie gestellt, soll mit wenigen einfachen Injektionen begonnen werden. Diese Injektionen können sinnvoll kombiniert werden, wie in Abb. 7 dargestellt. Wenn sich z. B. ein Schulterschmerz nach lokal/segmentaler Neuraltherapie deutlich bessert, ist eine Wiederholung angezeigt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Mit jeder Wiederholung muss sich das beschwerdearme bzw. beschwerdefreie Intervall deutlich verlängern und bei Wiederauftreten von Schmerz oder Funktionsstörung muss die Intensität geringer sein.
Ansonsten erfolgt die Suche nach neuromodulatorischen Triggern und deren Therapie wie unter Abschn. 4.4 beschrieben.

Wirksamkeitsnachweis und Wirtschaftlichkeit

In der Schweiz wurden ab 2002 verschiedene Methoden, u. a. auch die Neuraltherapie, evaluiert. Anhand großer Feldstudien, eines Health Technology Assessments (Fischer et al. 2005) und eines Antrags (Fischer et al. 2010), die ab 2002 im Auftrag des Schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit durchgeführt wurden, konnten Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Neuraltherapie nachgewiesen werden.
Studien
2008 verglichen wir in einer „cross-sectional“-Studie bei Grundversorgern mit über 4000 Patienten mit Erkrankungen des Bewegungsapparates die Neuraltherapie mit konventionell-medizinischen Maßnahmen in Hinblick auf die Patientenzufriedenheit und die Behandlungsresultate (Mermod et al. 2008). Bei den neuraltherapeutisch behandelten Patienten waren alle Ergebnisse signifikant besser, es mussten auch weniger Arbeitsunfähigkeitsatteste ausgestellt werden, es waren weniger Nebenwirkungen zu verzeichnen und die Besserung war signifikant häufiger auf die spezifische Behandlung zurückzuführen.
Bei 280 an uns überwiesenen Patienten mit chronischen Schmerzen und Therapieresistenz gegenüber allen konventionell-medizinischen Behandlungen ergaben sich nach einem Jahr nach durchschnittlich nur neun Konsultationen folgende Resultate bezüglich der Zielgrößen Schmerz und Medikamentenverbrauch: Besserung in 78 % (schmerzfrei 15 %), Reduktion der Analgetika in 64 %. Weiterhin therapieresistent blieben 21 %. Komplikationen oder Nebenwirkungen traten keine auf (Egli et al. 2015).
In einer Kostenstudie (Bissig et al. 2008) mit mehr als 4000 Patienten fanden wir keine Differenz bzgl. der totalen jährlichen Kosten zwischen rein konventionell-medizinischen Grundversorgerpraxen und solchen, die die Neuraltherapie integriert haben, obwohl die neuraltherapeutischen Grundversorger schwerer und länger kranke Patienten behandelten. Hingegen fand sich ein Unterschied in der Kostenstruktur insofern, als die Neuraltherapiepatienten beispielsweise signifikant weniger Medikamente benötigten. Zudem wurden in der Neuraltherapiegruppe weniger Arbeitsunfähigkeitsatteste ausgestellt.
Die Zahlen des Konkordats der Schweizer Krankenversicherer zeigen im Vergleich der Grundversorger ohne Neuraltherapie vs. Grundversorger mit integrierter Neuraltherapie, dass die totalen Kosten pro Jahr und Patient und die Medikamentenkosten bei letzteren signifikant niedriger waren (Fischer et al. 2010).
Wichtige Adressen und Ausbildungsangebote
Sekretariat Internationale Ärztegesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke (IGNH)
c/o ZÄN
Promenadenplatz 1, D-72250 Freudenstadt
Geschäftsstelle Schweizerische Ärztegesellschaft für Neuraltherapie nach Huneke (SANTH)
Gemeindemattenstrasse 4, Postfach 659, CH-3860 Meiringen
www.santh.ch, info@santh.ch
Sekretariat Österreichische Medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie und Regulationsforschung (ÖNR)
c/o Gebro
Tannenweg 5, A-2451 Hof am Leithaberge
oenr@tirol.com
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