Patienten mit schweren Verläufen, die auf die oben genannten Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen, sollen mit multimodalen Programmen nach dem deutschen Operationen- und Prozedurenschlüssel OPS und bei psychischer Komorbidität mit störungsspezifischer Psycho- und/oder medikamentöser Therapie behandelt werden (Eich et al.
2017).
Einzelne Therapieverfahren
In der S3-Leiltinie zum FMS wurden folgende Kriterien den Empfehlungen zugrunde gelegt (Häuser und Nothacker
2017):
Aufgrund fehlender Zulassung zur Therapie des FMS in Deutschland, fehlender Nachweise für nachhaltige Effekte nach Beendigung der Therapie sowie potenzieller Risiken erhielt kein Medikament eine starke Empfehlung (Sommer et al.
2017). Eine solche erging hingegen für aerobes Training (Winkelmann et al.
2017) und multimodale Therapien (Schiltenwolf et al.
2017) angesichts der Nachweise für nachhaltige Effekte nach Beendigung der Therapie und weitgehend fehlender Risiken. Amitriptylin und Duloxetin erhielten eine Empfehlung. Amitriptylin ist in Deutschland zur Behandlung chronischer
Schmerzen innerhalb eines multimodalen Therapiekonzeptes zugelassen, Duloxetin bei (komorbiden)
depressiven Störungen oder einer
generalisierten Angststörung. Ein Off-label-Use von Duloxetin (ohne psychische Komorbidität) und der Einsatz von
Pregabalin bei komorbider
generalisierter Angststörung (Zulassung von Pregabalin in Deutschland für generalisierte Angststörung) kann bei Kontraindikationen zum Einsatz von Amitriptylin oder Wirkungslosigkeit von Amitriptylin erwogen werden (s. Übersicht „Therapieverfahren mit offener Empfehlung“).
Die Wirksamkeit einer medikamentösen Therapie ist längstens für eine Behandlungsdauer von 12 Monaten gesichert. Die Zahl der Patienten, die von einer medikamentösen Therapie mit Amitriptylin, Duloxetin und
Pregabalin profitieren, entspricht in kontrollierten Studien der Zahl der Patienten, die wegen Wirkungslosigkeit bzw. Nebenwirkungen die Therapie abbrechen. Weiterhin sind die Warnhinweise der Medikamente zu beachten. Bei
Antidepressiva ist darauf hinzuweisen, dass die empfohlenen Substanzen eine analgetische Wirkung haben, welche weitgehend unabhängig von der antidepressiven Wirkung ist (sog. schmerzmodulierende Substanzen). Ist der Patient ein Medikamentenresponder, können mit ihm die Optionen einer medikamentösen Dauertherapie oder eines Auslassversuches nach 6 Monaten diskutiert werden (Petzke et al.
2017).
Leitlinien sollen auch Aussagen zu nichtempfohlenen Therapieverfahren geben. Die Liste der Verfahren, für die kein Wirksamkeitsnachweis beim FMS vorliegt und/oder relevante Risiken bestehen, ist länger als die Liste der Empfehlungen. Hervorzuheben sind die stark negativen Empfehlungen für starke
Opioide (s. Übersicht „Therapieverfahren mit einer stark negativen Empfehlung“) und die negative Empfehlung für nichtsteroidale Antirheumatika,
Muskelrelaxanzien und Flupirtin (s. Übersicht „Therapieverfahren mit negativer Empfehlung“) (Sommer et al.
2017).
Schwache
Opioide wie
Tramadol und
Tilidin werden in Deutschland ebenfalls häufig beim FMS eingesetzt. Zu Tilidin wurde keine Studie, zu Tramadol eine Studie und eine große randomisierte Studie in Kombination mit
Paracetamol gefunden. Aufgrund der unzureichenden Datenlage erfolgte die Feststellung, dass weder eine positive noch eine negative Empfehlung möglich ist. Dieselbe Feststellung betraf Aspirin,
Metamizol und Paracetamol.
Aufgrund der eingeschränkten externen
Validität von randomisierten klinischen Studien können Betroffene und ihre Behandler auch andere Quellen berücksichtigen. Im deutschen Fibromyalgieverbraucherbericht 2011 berichteten 1661 Betroffene ihre Erfahrungen mit medikamentösen und nichtmedikamentösen Therapieverfahren. FMS-Leitlinie und Verbraucherbericht stimmen in der positiven Bewertung von nichtmedikamentösen Selbstmanagementstrategien und der skeptischen Bewertung von Medikamenten überein (Häuser et al.
2012a).
FMS-Patienten kann für 2 Jahre Rehasport als Funktionstraining (Trocken- und Wassergymnastik) rezeptiert werden.
Dieses Funktionstraining wird von regionalen Gruppen der Deutschen Rheuma-Liga und der Deutschen Fibromyalgie-Vereinigung angeboten.