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Dissoziative Störungen

Verfasst von: Hans-Peter Kapfhammer
Der Begriff der Dissoziation wird uneinheitlich gebraucht. Er schließt in einem breiten Verständnis normalpsychologische Phänomene, wie z. B. das Nichtwahrnehmen automatisierter motorischer Handlungen, eine Neigung zu Tagräumen, Fantasie, mentale Absorption oder das Persönlichkeitsmerkmal Hypnotisierbarkeit ein. Er beschreibt andererseits in einer klinischen Perspektive auch pathologische Phänomene. Dissoziative Störungen sind durch einen teilweisen oder völligen Verlust der integrativen Funktionen des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der personalen Identität sowie durch qualitative Veränderungen der Selbst- und der Umweltwahrnehmung gekennzeichnet. Zu den dissoziativen Störungen werden die dissoziative Amnesie, die dissoziative Fugue, die dissoziative Identitätsstörung, andere dissoziative Störungen sowie die Depersonalisation und Derealisation gezählt. ICD-10 führt die Konversionsstörung ebenfalls unter den dissoziativen Störungen auf. DSM-5 subsumiert sie hingegen in die Gruppe der somatischen Belastungsstörung und verwandter Störungen. Ursache und Entstehung dissoziativer Störungen sind multifaktoriell bedingt. Traumatische Einflüsse spielen häufig eine grundlegende Rolle. Es kommen unterschiedliche Schweregrade und Verlaufstypen vor. Differenzierte störungsbezogene psychotherapeutische Ansätze sind modellhaft entwickelt worden und werden auch in internationalen Guidelines differenziert aufgeführt. Eine eingehende empirische Validierung in kontrollierten Studien steht aber mehrheitlich noch aus. Auch für pharmakotherapeutische Interventionen, die zielsyndromorientiert hilfreich sein können, existieren nur wenige Studien.

Einleitung

Historische Entwicklung

Nur wenigen psychischen Störungen haftet eine schillerndere Qualität ihres klinischen Erscheinungsbildes und ihrer theoretischen Konzeptualisierung an als den dissoziativen Störungen. Nicht weniger wechselhaft ist ihr Status innerhalb der psychiatrischen Nosologiegeschichte seit dem 19. Jahrhundert. Im engen Zusammenhang zur Hysteriediskussion des ausgehenden 19. Jahrhunderts legen dissoziative Störungen nahe, dass die Einheit der Persönlichkeit bzw. des Selbst illusionär, eine Kontinuität und Kohärenz im bewussten Erleben und Erinnern nicht selbstverständlich, sondern vielmehr mannigfaltigen Irritationen ausgesetzt sein können. Untrennbar mit der Untersuchung dissoziativer Phänomene geht die Problematisierung des „Bewusstseinsbegriffs“ einher und resultiert die provokative Annahme eines Unbewussten (van der Hart und Dorahy 2009).
Beispiel
Zur Attraktivität einer wissenschaftlichen Betrachtung wie auch zu einem allgemeinen Öffentlichkeitsinteresse haben nicht zuletzt brillante Fallschilderungen beigetragen, die aufs engste mit J. Breuer und S. Freud, J. M. Charcot (Abb. 1) und P. Janet sowie M. Prince und W. James verknüpft sind (Dobmeier und Kapfhammer 2001). Anna O. und Dora, Marie, Leonie und Madelaine, aber auch Sally Beauchamp veranschaulichen in ihrer bunten Klinik nicht nur die erstmals wissenschaftlich definierten Mechanismen von Konversion und Dissoziation. Sie verweisen auch direkt auf jene jungen Frauen der Moderne, die wie Sybil oder Eve als Protagonistinnen einer „gespaltenen“ oder „multiplen Persönlichkeit“ auch einem breiten zeitgenössischen Publikum vorgestellt worden sind.
Auch wenn die psychoanalytische Theorienbildung letztlich zu einem vorübergehenden Verschwinden des Dissoziationsbegriffs aus der psychiatrischen Literatur grundlegend beigetragen hat, kann beispielsweise die Fallgeschichte der Anna O. das originäre Verständnis von „Dissoziation“ besser illustrieren als das psychodynamische Konzept von „Verdrängung“, das ersteres in der Folgezeit ersetzen sollte (van der Kolk 2000). Anna O. wurde von J. Breuer und S. Freud noch als eine Patientin beschrieben, die 2 Bewusstseinszustände zeigte, noch nicht ein Bewusstsein und ein Unbewusstes:
Während des ganzen Krankheitsverlaufs bestanden die zwei Bewußtseinszustände nebeneinander, der primäre, in welchem die Patientin psychisch ganz normal war, und der ‚zweite‛ Zustand, den wir wohl mit dem Traume vergleichen können entsprechend seinem Reichtum an Phantasmen, Halluzinationen, den großen Lücken der Erinnerung, der Hemmungs- und Kontrollelosigkeit der Einfälle. In diesem zweiten Zustand war die Patientin alieniert. … der psychische Zustand der Kranken (war) durchaus abhängig von dem Hereinragen dieses zweiten Zustands in den normalen. … Es ist schwer, dem Ausdruck aus dem Wege zu gehen, die Kranke sei in zwei Persönlichkeiten zerfallen, von denen die eine psychisch normal und die andere geisteskrank war. … Aber so scharf die beiden Zustände getrennt waren, es ragte nicht bloß der ‚zweite‛ Zustand in den ersten hinein, sondern es saß, wie die Patientin sich ausdrückte, mindestens häufig auch bei ganz schlimmen Zuständen in irgendeinem Winkel des Gehirns ein scharfer und ruhiger Beobachter, der sich das tolle Zeug ansah (Freud und Breuer 1895a, S. 242 f.).

Dissoziationsbegriff bei P. Janet

Das Verständnis dissoziativer Vorgänge wurde wesentlich von P. Janet (1889) gefördert, wobei er selbst den Begriff „désagrégation“ verwendete. Janet betrachtete das mentale Leben als zusammengesetzt aus psychischen Elementen, die er als „psychologische Automatismen“ bezeichnete. Jedes dieser Elemente bestehe aus einer komplexen Handlungstendenz, die auf eine definierte Reizsituation gerichtet sei und sowohl eine Vorstellung als auch eine Emotion umfasse. Normalerweise seien die „psychologischen Automatismen“ in einem phänomenalen Bewusstsein vereint und auch einer willentlichen Kontrolle zugängig. Unter traumatischen Belastungsbedingungen könnten vereinzelte Automatismen jedoch abgespalten, vom übrigen Bewusstsein dissoziiert werden und eigendynamisch wirken. Genetisch vermittelte Temperamentseigenschaften, aber auch frühere Erfahrungen und aktuelle Besonderheiten der physischen Kondition definierten jeweils die psychische Integrationskapazität einer Person gegenüber neuen Informationen im Allgemeinen, gegenüber traumatischen Erfahrungen im Besonderen.
Wenngleich Janets Modell der Dissoziation traumapsychologisch ausgerichtet ist, fußt es doch wesentlich in einer konstitutionellen Prädisposition zur Dissoziation („dégénérescence“), stellt also tatsächlich eine Theorie von „Diathese-Stress“ dar. Der prämorbiden Vulnerabilität eines Individuums zu dissoziativen Störungen kommt somit eine entscheidende Bedeutung zu. Keineswegs muss eine Dissoziation immer durch ein intensives äußeres Trauma ausgelöst werden. Vielmehr ist es oft die persönlichkeitsinhärente Reagibilität eines Individuums zu überschießenden Emotionen, die zur psychopathologischen Störung führt.

Freuds Konzept der Verdrängung

Die ursprüngliche Position S. Freuds u. J. Breuers (1895b) war der von P. Janet noch durchaus gleichzusetzen. Auch sie sahen den Zusammenhang von traumatischer Exposition in einem sensiblen Entwicklungsabschnitt und der Entstehung von dissoziativer Psychopathologie, von situationsabhängiger Erinnerungsfähigkeit und psychogener Amnesie oder Fugue, von veränderten Bewusstseinszuständen und Störungen der personalen Identität als entscheidend an. Auch sie erkannten die Bedeutung einer zu Abwehr traumatischer Erfahrungen eingesetzten Autosuggestion in der Pathogenese dissoziativer Syndrome sowie den besonderen Stellenwert hypnotischer Verfahren in der Behandlung dieser speziellen Störung.
Intrapsychische Gefahrensituationen
Im Fortgang der psychoanalytischen Theorienbildung kam es aber zu einer bedeutsamen Schwerpunktverlagerung in der psychodynamischen Traumakonzeption. Dominierte anfänglich die Orientierung an äußeren Ereignissen mit subjektiv nicht mehr zu bewältigenden traumatischen Erregungen und hieraus resultierenden Gefühlen einer psychophysischen Hilflosigkeit, identifizierte Freud später immer stärker den Einfluss unbewusster Fantasien in der Bedeutungsattribution an „traumatische Situationen“. Nicht mehr die mit einem äußeren Ereignis verknüpfte, quantitativ unkontrollierbare Erregung, sondern das triebbestimmte unbewusste Bedeutungserleben eines Individuums bildete fortan den Fokus seines psychoanalytischen Interesses.
Aus einer äußeren Traumasituation wurde eine intrapsychische Gefahrensituation, auf die sich eine Ich-Instanz antizipatorisch mit dosierter Signalangst einstellen und aktiv mit spezifischen Abwehrmechanismen z. B. mit Verdrängung reagieren konnte (Freud 1926).
Reale Traumata
Keineswegs leugnete aber Freud die Existenz und klinische Relevanz von realen Traumata auch weiterhin. Sein Hinweis, dass überwältigende traumatische Erlebnisse zu einer ungezügelten Freisetzung von aggressiven Impulsen mit konsequenter Selbstdestruktion und intensiver Angst einerseits, zu einem „Wiederholungszwang“, d. h. unwillkürlichen Wiederbeleben traumatischer Szenen auch „jenseits des Lustprinzips“ andererseits führen (Freud 1920), ist auch mit einem modernen Verständnis posttraumatischer Reaktionen gut vereinbar. Freuds Konzept der „Verdrängung“ und der „Abwehrneurosen“ wurde aber in der Folgezeit zum führenden Paradigma der dynamischen Psychiatrie, das Janets Konzept der Dissoziation über viele Jahrzehnte in Vergessenheit geraten ließ (Nemiah 1998).

Neodissoziationstheorie von Hilgard

Im Zuge der aufstrebenden kognitiven Psychologie legte Hilgard (1986) eine Neodissoziationstheorie vor, die wieder stark an die Psychologie von Janet anknüpfte. Nach Hilgard existiert eine Fülle von experimentalpsychologischen und hypnosetherapeutischen Daten, die ein Modell eines „geteilten Bewusstseins“ begründen können. Dieses Modell betrachtet die Psyche als ein organisiertes System verschiedener mentaler Strukturen, die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsprozesse in unterschiedlichen Bereichen steuern. Die mentalen Subsysteme ähneln in gewisser Weise den „psychologischen Automatismen“ Janets, sind in anderer Hinsicht aber den Modulen und kognitiven Einheiten vergleichbar, wie sie die kognitiven Theorien zur Parallelverarbeitung von Informationen konzipieren. Im Prinzip kann jedes dieser Subsysteme unabhängig von den anderen Input und Output regulieren, wenngleich die einzelnen Subsysteme normalerweise untereinander kommunizieren.
Zentral im Gesamtsystem ist eine Struktur, welche die exekutiven Funktionen von Beobachtung und Kontrolle ausübt. Diese Struktur bereitet auch die mentale Basis für die Erfahrung eines phänomenalen Bewusstseins und einer willentlichen Kontrolle. Hilgard sieht die Möglichkeit, dass diese zentrale Exekutive eingeengt und die Integration und Organisation der individuellen Kontrollstrukturen aufgehoben wird. Hierdurch kann ein Zustand eines „geteilten Bewusstseins“ entstehen. Die Argumente Hilgards gründen vorrangig in hypnosepsychologischen Experimenten bei seelisch gesunden Probanden. Sie sind aber auch relevant für ein modernes Verständnis dissoziativer Vorgänge in psychopathologischen Zuständen. Parallel zu seinen Überlegungen kam es aber auch von klinischer Seite zu einer Renaissance zentraler Positionen der Traumapsychologie P. Janets (van der Kolk und van der Hart 1989).

Konzept der Dissoziation

Der Dissoziationsbegriff entzieht sich nach wie vor einer klaren begrifflichen Bestimmung (Jureidini 2004; Dorahy und van der Hart 2007). Er erscheint einmal in einer sehr breiten, ein andermal in einer sehr eingeengten Bedeutung. Er bezieht sich einerseits auf eine Reihe normalpsychologischer Phänomene wie automatische Verhaltensweisen, Perzeption ohne bewusste Wahrnehmung, unterschiedliche Typen des Gedächtnisses (z. B. implizites und explizites Erinnern), Meditation, fokussierte Konzentration oder Hypnose. Andererseits beschränkt er sich auf pathologische Phänomene wie Störungen des Gedächtnisses, der Identität, des Bewusstseins und der Wahrnehmung von Selbst und Umwelt oder schließt auch spezielle neurologische Syndrome mit ein. Der Begriff wird sowohl deskriptiv als auch erklärend gebraucht. Es ist nach wie vor unentschieden, ob normalpsychologische und pathologische Zustände einer Dissoziation auf einem Kontinuum anzuordnen oder aber treffender als 2 disjunktive Kontinua zu konzipieren sind. Unklar bleibt dann aber, wie beide Bereiche aufeinander zu beziehen sind.

Unterschiedliche Domänen von Dissoziation

Cardeña (1994) unterschied in einer feinen Analyse mehrere Domänen eines breiten Dissoziationskonzeptes (s. Übersicht). Für einen engeren klinisch-psychopathologischen Standpunkt sollte „Dissoziation“ nicht auf Phänomene ausgedehnt werden, die aufgrund neurophysiologisch-struktureller Voraussetzungen oder Grenzen der Aufmerksamkeit nicht bewusstseinsfähig sind oder ggf. nur durch besondere technische Vorrichtungen wie z. B. über Biofeedback für ein Individuum wahrnehmbar gemacht werden können (s. Übersicht, Punkt I. A.). Stattdessen bezieht sich „Dissoziation“ auf einen „Ausschluss aus dem Bewusstsein und die Unzugänglichkeit für eine willentliche Erinnerbarkeit von mentalen Ereignissen“ (Nemiah 1991, S. 250).
Das Bedeutungsfeld der Dissoziation. (Nach Cardeña 1994)
I.
Dissoziation als nichtbewusste oder nichtintegrierte mentale Module oder Systeme
A.
Dissoziation als fehlende bewusste Perzeption auftreffender Wahrnehmungsreize oder anhaltender Verhaltensweisen
  • Registrieren subliminaler Stimuli
  • Automatisierte motorische Handlungen z. B. beim Autofahren
 
B.
Dissoziation als Koexistenz getrennter mentaler Systeme, die normalerweise im Bewusstsein, im Gedächtnis oder in der Identität einer Person integriert sind
  • Mentale Prozesse wie Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Willensakte, Erinnerungen, Aspekte der Identität, die erwartbar im Bewusstseinserleben oder autobiografischen Selbst verfügbar sein sollten, aber nicht sind
  • Zustandsabhängige Amnesie für mentale Prozesse während verschiedener Schlafstadien
  • Medikamenteninduziertes, zustandsabhängiges Lernen
  • Existenz des „verborgenen Beobachters“ („hidden observer“) in Hypnosexperimenten
 
C.
Dissoziation als Inkonsistenz von Verhaltens- und Wahrnehmungsebene und introspektivem verbalen Bericht bei einer Person
  • „Repressiver“ Copingstil mit chronischer Diskonnektion von verbalem Bericht und objektivierbarer physiologischer Reaktionslage
  • Hypnose als Form einer strukturierten und kontrollierten Dissoziation
  • Konversionssyndrome
  • Bestimmte neurologische Syndrome
  • Diskonnektionssyndrome nach Kommissurotomie
 
 
II.
Dissoziation als verändertes Bewusstsein mit einer Entfremdung von Selbst- und Umwelterfahrung
  • Ekstaseerlebnisse, mystische Erfahrungen
  • „Out-of-body-Erlebnisse“
  • Autoskopische Phänomene (Trugwahrnehmung der eigenen Gestalt)
 
III.
Dissoziation als Abwehrmechanismus
  • Zweckgerichtete und funktionalistische Abwehr oder grundlegender mentaler Rückzugsmodus vor einer überwältigenden physiologischen oder psychologischen Bedrohung
 
Wesentlicher Bestandteil dieser klinisch ausgerichteten Bedeutung von „Dissoziation“ ist das Versagen einer normalerweise erwartbaren Integration von zentralen Funktionen der Persönlichkeit (s. Übersicht, I. B.). Diese Konzeptualisierung erfasst typische Diskrepanzen zwischen der introspektiven Schilderung und objektivierbaren Veränderungen auf einer physiologischen oder Verhaltensebene (s. Übersicht, I. C.). Er schließt in diesem Verständnis konsequenterweise auch neurologische Funktionsstörungen, sog. Konversionssyndrome ein. „Dissoziation“ beinhaltet ferner auch besondere Bewusstseinsveränderungen, in denen eine Entfremdung der Beziehung zum personalen Selbst und/oder zur Umwelt imponieren (s. Übersicht, II.).
Eine Ausweitung auf alle unter I. und II. der Übersicht aufgeführten Aspekte hingegen würde den Dissoziationsbegriff klinisch-psychopathologisch überfrachten. Abb. 2 gibt eine Anordnung der in der vorliegenden Darstellung interessierenden dissoziativen Phänomene in den Koordinaten von „pathologisch vs. normal“ und „neurologisch vs. psychologisch“ wieder.

Dissoziation vs. Verdrängung

Während die in den Übersichtspunkten I und II skizzierten dissoziativen Phänomene im Wesentlichen deskriptiv gehalten sind, verweist Punkt III auf einen Prozess der Abwehr, der die oben geschilderten psychopathologischen Zustände vielmehr erklären soll. In der Bestimmung von „Dissoziation als Abwehr“ bestehen erhebliche Schwierigkeiten einer konzeptuellen Abgrenzung gegenüber anderen Abwehrmechanismen z. B. der Verdrängung (Erdelyi 1985). Eine psychodynamische Unterscheidung betont bei der Verdrängung
  • insbesondere die verstellte und verborgene Information in der Verdrängung,
  • die daher notwendige Übersetzung der impliziten Bedeutungen z. B. in Träumen mittels Deutung und Bezug auf die Übertragung,
  • ferner die üblicherweise fehlende zeitliche Organisation verdrängter seelischer Inhalte und
  • die entscheidende Auslösung durch intrapsychische Konflikte.
Bei der Dissoziation hingegen ist
  • die Information nicht transformiert,
  • sie kann oft durch direkte psychotherapeutische Techniken z. B. Hypnose bewusst gemacht werden,
  • sie bezieht sich in der Regel auf einen zeitlich umschriebenen Ausschnitt der Biografie und
  • stellt einen grundlegenden Copingmodus aus einer psychisch unerträglichen Realität dar.
Dissoziation bezieht sich als Abwehrmechanismus explizit auf ein externes Trauma.

Klassifikation von dissoziativen Symptomen und Störungen

ICD-10 und DSM-5 weisen eine unterschiedliche Extension und Klassifikationslogik dissoziativer Phänomene auf. DSM-5 definiert dissoziative Symptome einerseits als eine unerwünschte Unterbrechung des Bewusstseins und Verhaltens, die mit einem Verlust der Kontinuität des subjektiven Erlebens einhergeht, anderseits als eine Unfähigkeit, willentlich auf normalerweise verfügbare Informationen zurückgreifen oder intakte psychische Funktionen kontrollieren zu können. Dissoziative Symptome betreffen also die normale Integration von Bewusstsein, Gedächtnis, Identität, Wahrnehmung, Emotionen, Körperbild, Kontrolle motorischer Funktionen und Verhalten. Es werden sowohl „positive“ als auch „negative Symptome“ erfasst, die sich prinzipiell auf eine psychologische und eine körperliche Domäne beziehen können. Nijenhuis (2000) entwickelte hierzu einen klinisch gut einsatzbaren Somatoformen Dissoziationsfragebogen (Somatoform Dissociation Questionnaire, SDQ-20; deutsche Validierung: Mueller-Pfeiffer et al. 2010, Tab. 1).
Tab. 1
Phänomenologische Kategorisierung von psychologischen und körperlichen dissoziativen Symptomen. (Mod. nach Nijenhuis 2000; van der Hart et al. 2006)
 
Psychologische dissoziative Symptome
Körperliche dissoziative Symptome
Negative dissoziative Symptome
– Gedächtnisverlust: dissoziative Amnesie
Depersonalisation mit Trennung zwischen beobachtendem und erlebendem Persönlichkeitsanteil
– Verlust der Affektivität: emotionale Anästhesie
– Verlust bestimmter Persönlichkeitscharakteristika
– Verlust der Sensibilität: Anästhesie
– Verlust des Schmerzempfindens: Analgesie
– Verlust motorischer Handlungen: Unfähigkeit sich zu bewegen, gehen, stehen, sprechen, schlucken etc. (Konversionssymptome)
Positive dissoziative Symptome
– Psychische Intrusionssymptome (bestimmte Symptome nach K. Schneider) wie Hören voninneren Stimmen, „gemachte“ Emotionen, Gedanken
– Somatoforme Intrusionssymptome wie„gemachte“ Sensationen (z. B. Schmerzen) oder Bewegungen (z. B. Tics)
– Pseudoepileptische Anfälle
– Psychische Aspekte der Traumaerinnerungenin Form von intrusiven visuellen oder akustischen Wahrnehmungen, Affekten, Vorstellungen
– Somatoforme Aspekte der Traumaerinnerungen wie besondere traumabezogene Sensationenund Körperbewegungen
– Psychische Aspekte des Alternierens zwischendissoziativen Teilen der Persönlichkeit
– Somatoforme Aspekte des Alternierens zwischen dissoziativen Teilen der Persönlichkeit
In klassifikatorischer Hinsicht hat DSM-5 zwei grundsätzliche Entscheidungen getroffen: Es hat die Störungsgruppe der dissoziativen Störungen bewusst in die unmittelbare Nähe der „Trauma- und belastungsbezogenen Störungen“ sowie in jene der „somatischen Belastungsstörung und verwandter Störungen“ positioniert. Auch bei der akuten und posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) finden sich zahlreiche dissoziative Symptome wie z. B. Amnesie, Flashbacks, emotionale Betäubung und Depersonalisation/Derealisation. Die PTBS führt sogar einen eigenständigen „dissoziativen Subtypus“ auf (Kap. Traumafolgestörungen). Andererseits ordnet es die Konversionsstörungen wie früher der Gruppe der „somatoformen Störungen“ nunmehr der „somatischen Belastungsstörung und verwandten Störungen“ zu (Kap. Somatoforme Störungen). In einer engeren Fokussierung auf die vorrangig psychologisch bestimmten Domänen der Dissoziation spielen folgende dissoziative Symptomcluster eine wegweisende Rolle:
  • Amnesie: Vergessen von persönlichen Informationen, das ausgeprägter ist als durch eine gewöhnliche Vergesslichkeit erklärbar;
  • Identitätskonfusion/Identitätsveränderung: subjektives Gefühl von Unsicherheit, Verwirrung oder Konflikt hinsichtlich der persönlichen Identität, oder aber Wechsel in Rolle oder Identität einer Person mit möglichem Gebrauch unterschiedlicher Namen und Biografien, der Demonstration von sonst nicht verfügbarem Wissen und persönlichen Fertigkeiten;
  • Depersonalisation/Derealisation: verändertes oder verzerrtes Erleben und Wahrnehmen der eigenen Person und des eigenen Körpers mit Gefühlen der Selbstentfremdung und emotionalen Distanzierung von sich, meist kombiniert mit einem Gefühl der Entfremdung und emotionalen Distanzierung gegenüber der Umwelt mit einer möglichen Konnotation von Unwirklichkeit.
Das DSM-5 führt in der Gruppe der dissoziativen Störungen auf:
  • dissoziative Identitätsstörung als paradigmatische und umfassendste Störung; in einer interkulturellen Perspektive ist die dissoziative Bessessenheit hiermit konzeptuell konkordant;
  • dissoziative Amnesie und als Subtypus hiervon dissoziative Fugue;
  • Depersonalisation und Derealisation;
  • andere dissoziative Störungen, bei denen nicht die vollen Kriterien der obigen dissoziativen Störungen erfüllt sein müssen, die aber ebenfalls mit psychologischem Disstress oder mit psychosozialer Beeinträchtigung einhergehen, sich auch auf spezielle Auslösekontexte wie z. B. Identitätsstörungen infolge anhaltender und intensiver Manipulation unter Zwangsbedingungen beziehen wie z. B. Gehirnwäsche, Folter, Gefängnis etc., als akute dissoziative Reaktionen auf Belastungen, oder aber als dissoziative Trancezustände außerhalb akzeptierter religiöser und kultureller Praktiken auftreten.
ICD-10 definiert im Vergleich zu DSM-5 eine breitere Gruppe dissoziativer Störungen. Sie betrachtet die dissoziative Amnesie als paradigmatische Störung; dissoziative Fuge, dissoziativer Stupor, Trance- und Bessenheitszustände, dissoziative Bewegungsstörungen, Krampfanfälle und Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen folgen. Unter den sonstigen dissoziativen Störungen werden das Ganser-Syndrom und die multiple Persönlichkeitsstörung benannt.
Sowohl DSM-5 als auch ICD-10 betonen, dass dissoziative Störungen empirisch häufig nach bedeutsamen aktuellen Belastungen und Traumata auftreten oder mit frühen aversiven und traumatischen Entwicklungsbedingungen assoziiert sind. Dieser externe Belastungskontext wird aber als grundlegendes diagnostisches Kriterium für dissoziative Störungen nur in ICD-10 formuliert, in DSM-5 hingegen nicht explizit gefordert. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Klassifikationssystemen ist, dass ICD-10 die Konversionsstörungen als dissoziative Störungen konzeptualisiert und damit an das urspüngliche breite dissoziative Störungsspektrum von P. Janet (1894) anschließt. Die Depersonalisations- und Derealisationsstörung hingegen gliedert ICD-10 aus den dissoziativen Störungen als eine eigenständige diagnostische Kategorie aus.
Konversionssyndrome in ICD-10
Für die Subsumierung der neurologischen Konversionsstörungen in die Gruppe der dissoziativen Störungen lassen sich sowohl in theoretischer als auch in empirischer Hinsicht prinzipiell gute Argumente finden. Psychologische wie neurologische Funktionsstörungen verweisen beide auf Störungen in der bewussten Erlebnissphäre. Spezielle, gegenwärtige und vergangene Erfahrungen sind zeitweilig der bewussten Aufmerksamkeit entzogen, beeinflussen aber weiterhin in der Form impliziter Perzepte und Erinnerungen die Erlebnisse, Vorstellungen und Handlungen einer Person. So können einerseits bestimmte bewusst geplante, zielgerichtete Handlungen nicht ausgeführt werden. Andere Handlungen wiederum, die außerbewusst organisiert sind, werden bei Manifestation als unwillkürlich erlebt (Brown 2004). Und in einer empirischen Perspektive treten sowohl körperliche als auch psychologische Dissoziationssymptome in einem sehr hohen Ausmaß jeweils gemeinsam auf (Nijenhuis et al. 2004; Maaranen et al. 2005a,b; Näring und Nijenhuis 2005; van der Hart et al. 2006; Brown et al. 2007).
Depersonalisations- und Derealisationssyndrome in ICD-10
ICD-10 behandelt die Depersonalisations- und Derealisationssyndrome in einer eigenen, nachgeordneten diagnostischen Kategorie „andere neurotische Störungen“. Steele et al. (2009) beurteilen die dissoziativen Symptome der Wahrnehmung, des Gedächtnisses und des Identitätsgefühls primär als Ausdruck einer traumatisch induzierten strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit (Abschn. 1.5). Sie betrachten Veränderungen des Bewusstseinsfeldes, wie sie in Depersonalisation und Derealisation zentral vorliegen, hingegen als eigenständige psychopathologische Phänomene. Diese sind häufig, aber nicht unbedingt mit dissoziativer Symptombildung vergesellschaftet. Sie verweisen auch auf eine unterschiedliche Pathogenese.

Epidemiologie

Entgegen einer früheren Einschätzung, die auch noch die Sichtweise bei Einführung von ICD-10 bestimmte (Dilling et al. 1993), sind dissoziative Störungen in der Allgemeinbevölkerung durchaus häufig. Mit der Entwicklung von standardisierten Messinstrumenten wurde eine Reihe von epidemiologischen Studien in Nordamerika und Europa initiiert. Allerdings ist die Streubreite in den einzelnen Untersuchungen hoch (Tab. 2; nach Sar 2011). In methodischer Hinsicht müssen insbesondere Aspekte wie Stichprobenzusammensetzung, Stichprobengröße, verwendete Messinstrumente, als konfundierende Variablen psychiatrische Komorbiditäten und Risikogruppen, aber auch nationale und kulturelle Besonderheiten diskutiert werden (Gast und Rodewald 2004). Werden diese konfundierenden Einflüsse kontrolliert, scheinen keine bedeutsamen Geschlechterunterschiede zu bestehen (Freyberger und Spitzer 2005). Ein allmählicher Anstieg der Inzidenz dissoziativer Störungen zeichnet sich mit der Spätadoleszenz ab (Lieb et al. 2000). Speziell bei der Diagnosestellung der dissoziativen Identitätsstörung ist zu beachten, dass in früheren Versionen enthaltene Kriterien wie z. B. bestehende amnestische Barriere zwischen Alter Egos oder ein beobachtbarer Wechsel zwischen unterschiedlichen Identitätszuständen im Rahmen von epidemiologischen Untersuchungen nur schwerlich verifiziert werden können.
Tab. 2
Prävalenz von dissoziativen Störungen in unterschiedlichen Untersuchungskontexten (Modifiziert nach Sar 2011)
Studie
Anzahl der Patienten/Probanden
Diagnostisches Instrument
Cut-off im DES-Screening
Dissoziative Störungen – allgemein (%)
Dissoziative Identitätsstörung (%)
Stationäres Setting
Tutkun et al. (1998)
166
DDIS
30
10,2
5,4
Modestin et al. (1996)
207
DDIS
5,0
0,4
Gast et al. (2001)
115
SCID-D
20
4,3
0,9
Friedl und Draijer (2000)
122
SCID-D
25
8,0
2,0
Ginzburg et al. (2010)
120
SCID-D
12,0
0,8
Saxe et al. (1993)
172
DDIS
25
13,0
4,0
Ross et al. (1991)
484
DDIS
20
20,7
5,4
Lipsanen et al. (2004)
39
DDIS
21,0
Ross et al. (2002)
407
DDIS
40,8
7,5
Poliklinisches Setting
Sar et al. (2000)
150
DDIS
30
12,0
2,0
Sar et al. (2003)
240
SCID-D
25
13,8
2,5
Foote et al. (2006)
82
DDIS
29,0
6,0
Lipsanen et al. (2004)
39
DDIS
14,0
Notaufnahme
Sar et al. (2007a)
43
SCID-D
25
34,9
14,0
Allgemeinbevölkerung
Akyüz et al. (1999)
994
DDIS
17
1,7
0,4
Sar et al. (2007b)
628
DDIS
18,3
1,1
Johnson et al. (2006)
658
SCID-D
8,6
1,5
Ross (1991)
454
DDIS
11,2
3,1
In Komorbiditätsstudien zeigten sich relevante Assoziationen von dissoziativen Störungen mit anderen Achse-I-Störungen (Angststörungen: 25–90 %; Depressionen: 70–90 %; somatoforme Störungen: ca. 15 %; Dammann und Overkamp 2004). In einer Studie stellte sich eine besonders ausgeprägte Assoziation auch mit Persönlichkeitsstörungen dar (Cluster A: 58 %, Cluster B: 68 %, Cluster C: 37 %; Johnson et al. 2006).

Ätiopathogenese

Es werden 2 grundlegende Zugangsweisen zum Verständnis der Entstehung von dissoziativen Zuständen thematisiert:
  • ein komplexer Reaktionsmodus auf eine äußere Traumatisierung,
  • bestimmte Eigenheiten der Primärpersönlichkeit, die das Auftreten von Dissoziation fördern können.
Der erste Aspekt bringt Dissoziation bzw. dissoziative Symptombildungen in einen engen pathogenetischen Zusammenhang zu akuten bzw. posttraumatischen Belastungsstörungen (Kap. Traumafolgestörungen). Der zweite Aspekt verweist auf dissoziative Tendenzen der Normalpersönlichkeit, auf die Verteilung solcher Tendenzen in der Allgemeinbevölkerung und stellt Querbezüge zu anderen Persönlichkeitskonstrukten wie z. B. Hypnotisierbarkeit, mentale Absorption, Fantasieneigung u. ä. her. Beide Aspekte beinhalten somit normalpsychologische und traumapsychologische Faktoren, die prinzipiell in ein „Diathese-Stress-Modell“ integriert werden können.

Dissoziation und dissoziative Tendenzen in der „Normalpersönlichkeit“

Der epidemiologischen Erforschung dissoziativer Störungen liegt die Annahme eines Kontinuums von leichteren Formen einer Dissoziation im Alltagsleben hin zu schwerwiegenden psychopathologischen Zuständen einer Dissoziation, im Extremfall einer dissoziativen Identitätsstörung zugrunde (Kihlstrom et al. 1994). In dieser Sichtweise würden nicht distinkte Symptomcluster zwischen gesunden Probanden und Patienten mit dissoziativen Störungen unterscheiden, sondern vielmehr das quantitative Ausmaß, die Häufigkeit und Intensität der dissoziativen Symptome.
Dissociative Experiences Scale/Fragebogen zu dissoziativen Symptomen
Die von Bernstein und Putnam (1986) entwickelte Selbstratingskala zu dissoziativen Erfahrungen (Dissociative Experiences Scale, DES) beruht auf eben dieser konzeptuellen Voraussetzung. Sie erfragt die Häufigkeit dissoziativer Phänomene in den Bereichen Gedächtnis, Kognition, Bewusstsein und Identität. In der von Freyberger et al. (1998) vorgelegten deutschen Adaptation und Validierung sind die 28 Items der Originalversion noch um weitere 16 Items ergänzt worden, die auch neurologische Konversionssymptome erfassen. Eine gute diskriminative Sensitivität und Spezifität für „DES-High-Scorer“ bezüglich diagnostisch validierter dissoziativer Störungen ist nachgewiesen (Spitzer et al. 2005).
Unterschiedliche Häufigkeitsangaben
Die Schwelle zwischen einer „normalen“ und einer „pathologischen“ Dissoziation wird in einzelnen Studien jedoch mit einem Cut-off-Score von 15–20 einerseits (Steinberg et al. 1991) bzw. von 30 andererseits (Carlson et al. 1993) sehr variabel angesetzt. Große Diskrepanzen in epidemiologischen Schätzungen von dissoziativen Störungen in der Allgemeinbevölkerung sind deshalb unvermeidbar, wenn sie ausschließlich auf dem DES-Instrument beruhen. Die Häufigkeitsangaben schwanken z. B. in einer Studie an einer Erwachsenenpopulation je nach Cut-off-Punkt zwischen 5,0 % und 12,8 % (Ross et al. 1990). Untersuchungen, die vorrangig an Studentenstichproben durchgeführt worden sind, tendieren dazu, das Ausmaß der Prävalenz dissoziativer Störungen noch weiter z. T. massiv zu überschätzen (Kihlstrom et al. 1994). Mit zunehmendem Lebensalter fällt der durchschnittliche DES-Score signifikant ab (Ross et al. 1991).
Die Kernannahme eines dimensionalen Übergangs von normaler zu pathologischer Dissoziation, wie sie der Konstruktion des DES zugrunde liegt, ist konzeptuell und methodisch nicht unwidersprochen geblieben. Speziell im Fall komplexer dissoziativer Symptombildungen wie bei der dissoziativen Identitätsstörung wurde eine kategoriale Konstruktion eines pathologischen Dissoziationstaxons, das sich auf definierte Kernitems aus der DES (dissoziative Amnesie, Depersonalisation, Derealisation, Identitätsveränderungen) stützt, als wesentlich aussagekräftiger und valider erachtet als eine uniforme dimensionale Sichtweise (Waller et al. 1996, Waller und Ross 1997; Ross und Ellason 2005). Dieses psychometrische Vorgehen scheint für ein sensitives Erfassen von klinisch relevanten Depersonalisationszuständen aber wiederum unzureichend zu sein (Simeon et al. 2003a). Empirische Validierungsversuche des DES-Taxons an unterschiedlichen Stichproben führten bisher zu recht widersprüchlichen Ergebnissen (Leavitt 1999; Allen et al. 2002; Watson 2003; Modestin und Erni 2004; Merritt und You 2008).
„Normale“ vs. „pathologische“ Dissoziation
Die grundlegende adaptive Funktion einer „normalen“ Dissoziation besteht in der Automatisierung von Verhaltensweisen, die eine geteilte Aufmerksamkeit bei der Durchführung komplexer Aufgaben gestattet. Die „Dissoziabilität“ einer Person kann zunächst als Funktion der Häufigkeit und Dauer definiert werden, mit der eine Person spontan in einen solchen Bewusstseinszustand unter natürlichen Bedingungen eintritt. In dieser Perspektive wäre eine „pathologische“ Dissoziation dann gegeben, wenn das quantitative Ausmaß der „Dissoziabilität“ negativ mit geforderten psychosozialen Anpassungsleistungen interferierte. Die „Dissoziabilität“, ausgedrückt in DES-Scores, scheint stark von psychologischen Stressoren beeinflusst zu sein (Putnam 1995).
Dissoziation und Hypnotisierbarkeit
Janet (1889) sah einen sehr engen Zusammenhang zwischen Hysterie und Hypnose. Er meinte, dass beide Zustände denselben Dissoziationsvorgang reflektierten. Er war auch überzeugt, dass wohl nur „hysterische Patienten“ hypnotisierbar seien.
In einer modernen Konzeptualisierung wird Hypnose als ein kontrollierter und strukturierter dissoziativer Prozess beschrieben, der durch eine vollständige Absorption, Kompartmentalisierung der Erfahrung und erhöhte Suggestibilität charakterisierbar sei (Vermetten und Spiegel 2007).
In der Tat ist Hypnotisierbarkeit in der Allgemeinbevölkerung sehr verbreitet und kennzeichnet ein nichtpathologisches Persönlichkeitsmerkmal, das über standardisierte psychometrische Instrumente (z. B. Stanford Hypnotic Susceptibility Scale/SHSS) reliabel gemessen werden kann.
Das Merkmal besitzt seine stärkste Ausprägung in den frühen Schuljahren und nimmt normalerweise mit zunehmendem Lebensalter und im Zuge der kognitiv-affektiven Reifung ab. Es kann aber auch infolge konstitutioneller Bedingungen oder früher Entwicklungserfahrungen relativ unverändert ins Erwachsenenalter hinein persistieren. Traumatische Lebensumstände üben hierbei einen ungünstigen Effekt aus, da sie die üblichen Copingfertigkeiten und Abwehrmechanismen eines Kindes leicht überfordern. Autosuggestion und -hypnose können zu einem Weg werden, auf dem traumatische Eindrücke in dissoziativen Zuständen kanalisiert werden (Putnam 1995). In der erwachsenen Allgemeinbevölkerung sind ca. 10 % der Personen High-Scorer in Hypnotisierbarkeitsskalen (Hilgard 1986).
Wenngleich Individuen mit einer pathologischen Dissoziation in der Regel auch verstärkt hypnotisierbar sind, so muss eine hohe Hypnotisierbarkeit umgekehrt nicht notwendigerweise mit Zeichen einer pathologischen Dissoziation einhergehen (Vermetten und Spiegel 2007).
Die Korrelationsmaße z. B. zwischen DES und Hypnotisierbarkeit sind in epidemiologischen Studien nur sehr bescheiden (Dienes et al. 2009).
Hypnotisierbarkeit und andere Persönlichkeitsmerkmale
Hypnotisierbarkeit ist als „Trait-Variable“ auch mit anderen Persönlichkeitseigenschaften wie z. B. „Offenheit gegenüber einem Sichversenken und andere selbstverändernde Erfahrungen“ („absorption“; Roche und McConkey 1990) oder einer besonderen „Neigung zu Fantasie und Imagination“ („phantasy proness“; Rhue und Lynn 1987) hoch korreliert. Auch diese Persönlichkeitseigenschaften verweisen nicht primär auf einen psychopathologischen Zustand. Sie können aber in einen komplexen Abwehr- bzw. Copingvorgang miteinbezogen werden. Das Modell einer Autosuggestion bzw. -hypnose für das Verständnis von Dissoziation sollte also vorläufig nur als klinische Heuristik verstanden werden, die empirisch weiter überprüft werden muss (Putnam und Carlson 1998).
Eine kritische Bewertung des Zusammenhangs zwischen „normaler“ und „pathologischer“ Dissoziation, zwischen dem Ausmaß von DES-Werten, positiven DES-Taxon-Scores und diagnostisch verifizierten dissoziativen Störungen, zwischen assoziierten Persönlichkeitsmerkmalen von Dissoziabilität, Hypnotisierbarkeit, Suggestibilität, Fantasieneigung, mentaler Absorption und dissoziativen Störungen einerseits und traumatologischem Bedingungskontext andererseits verweist nach wie vor auf zahlreiche offene konzeptuelle und klinische Fragen (Butler 2006; Giesbrecht et al. 2008a, b; Dalenberg und Paulsen 2009; Pastucha et al. 2009). In einer Langzeitperspektive erscheint bedeutsam, dass der Prozentsatz der DES-High-Scorer in der Allgemeinbevölkerung im Verlauf von 3 Jahren deutlich abnimmt, der prozentuale Anteil von Personen mit initialer positiver DES-Taxonzuordnung noch deutlicher sinkt, und die Persistenz oder das Neuauftreten von hohen Werten im DES signifikant mit dem Ausmaß depressiver Symptome (BDI) korreliert ist (Maaranen et al. 2008).
Dissoziabilität, Hypnotisierbarkeit, Suggestibilität, mentale Absorption, Phantasieneigung und soziokognitives Modell dissoziativer Störungen
Der enge Zusammenhang von Dissoziabilität und weiteren Persönlichkeitsmerkmalen bildeten den Ausgang für ein soziokognitives Modell dissoziativer Störungen, das insbesondere im Hinblick auf das in der psychiatrischen Kommunität nicht unumstrittene Konzept der dissoziativen Identitätsstörung einen konkurrierenden Erklärungsansatz zu einem dominanten posttraumatischen Modell darstellt (Lynn et al. 2012). Dieses Modell besagt, dass spezielle Phänomene einer „multiplen Persönlichkeit“ keineswegs natürlich auftreten, sondern auf den Kontext einer handlungsorientierten und regelgeleiteten Rolleninszenierung verweisen, in der das gezeigte Verhalten konsequent im Sinne der impliziten Verhaltenserwartung auftritt. Diese Rollenskripte verdanken sich oft literarischen oder filmischen Darstellungen von eindrücklichen „Fällen“. Iatrogene Einflüsse in suggestiv gelenkten Therapiekontexten, persönliche Überzeugungen, Imitationen und Simulationen, aber auch obige Persönlichkeitsmerkmale können einen maßgeblichen Einfluss auf den „Schöpfungsprozess“ zahlreicher sogenannter Alter Egos nehmen (Spanos 1994). Dieser soziokognitive Zugang erscheint bedeutsam für das Verständnis von zu gewissen historischen Zeiten in bestimmten sozialen und kulturellen Kontexten geradezu endemisch beschriebenen Inzidenzen komplexer dissoziativer Phänomene, wie sie beispielsweise für die 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts in den USA hoch kontroversiell diskutiert worden sind (Piper und Merskey 2004a, b; Kihlstrom 2005). Dieser Ansatz besitzt seinen Stellenwert auch in der Debatte um „wiedergefundene Erinnerungen“ („recovered memories“) oder das „Syndrom der falschen Erinnerungen“ („false memory syndrome“; Knecht 2005). Empirische Daten aus dem soziokognitiven Modell haben bisher noch keinen prägenden Einfluss auf die Konzeptualisierungen der dissoziativen Störungen in offiziellen psychiatrischen Klassifikationssystemen erlangt. Sie stellen jedoch einen wichtigen Gegenpart zum derzeit favorisierten posttraumatischen Paradigma dar. Vorliegende Befunde sind in erster Linie empirisch zu diskutieren und zu klären (Boysen und Vanbergen 2013a; Brand et al. 2012; Dell 2013). In einem ausgewogenen biopsychosozialen Verständnis beziehen sich die theoretischen Annahmen und empirischen Erkenntnisse aus dem soziokognitiven Modell auf jene soziokulturelle Ebene, die einen grundlegenden pathoplastischen Einfluss auf psychische Störungen im Allgemeinen, auf dissoziative Störungen im Speziellen nehmen können. In dieser Perspektive schließen sich soziokognitives und posttraumatisches Modell keineswegs prinzipiell aus, sondern ergänzen sich vielmehr in einer empirisch gelenkten kritischen Diskussion (Boysen und Vanbergen 2013b; Sar et al. 2013).

Dissoziation als Reaktion auf ein Trauma

Sehr viele Patienten mit dissoziativen Störungen berichten über gravierende psychologische Traumatisierungen sowohl in der aktuellen Gegenwart als auch während früher Entwicklungsjahre. Hierunter imponieren v. a. Schilderungen von sexuellem/körperlichem Missbrauch, von emotionaler Vernachlässigung und Deprivation (Spiegel et al. 2011, 2013). Die meisten dieser in der Literatur publizierten Angaben beruhen auf retrospektiv ermittelten Daten. Sie beinhalten also methodisch bedingt mögliche Verzerrungen. In der Beurteilung des Dilemmas von „historischer“ vs. „narrativer Wahrheit “ in den Spontanberichten über frühkindliche Traumatisierungen als wesentlichen Bedingungen für dissoziative Störungen ist das Lager der Wissenschaftler und Therapeuten weiterhin polarisiert. Von einigen Autoren wird die spezielle Reaktion auf ein reales Trauma hervorgehoben (Allen 2005; Nijenhuis und van der Hart 2011; Dorahy und van der Hart 2015), andere betonen eher eine hereditär prädisponierende Persönlichkeit in der dissoziativen Reaktion auf Traumata und Belastungen (Paris 2009). Der epidemiologische Zusammenhang von Trauma und Dissoziation scheint eng zu sein, er darf aber weder unilinear noch monokausal betrachtet werden. Die Interrelationen von Trauma, Erinnerung und Dissoziation sind stets vielschichtig zu analysieren (Briere 2006; Giesbrecht und Merckelbach 2005; McNally 2007; Dalenberg et al. 2012, 2014; Lynn et al. 2014).
In einer allgemeinen ätiopathogenetischen Perspektive auf traumatisch bedingte dissoziative Phänomene konzentrieren sich psychologische wie neurobiologische Modelle auf zwei grundlegende Domänen: einerseits auf Störungen von normalerweise miteinander in integrierten Funktionseinheiten kommunizierenden Systemen und Modulen, die zu einer aufgetrennten Informationsverarbeitung in einzelnen Subsystemen („compartmentalization“) führen; andererseits auf eine grundlegende Veränderung und Einengung der Bewusstseinslage, die eine Entfremdung und pathologische Abwandlung in Selbst- und Umweltwahrnehmung („detachment“) bedingen (Brown 2002; Allen 2005; Holmes et al. 2005). Empirische Forschungsansätze richten sich hierbei auf die Entstehung und Organisation des Gedächtnisses traumatischer Erfahrungen und möglicher Konsequenzen für das autobiografische Gedächtnis und das personale Identitätsgefühl zum einen, auf die Mechanismen und die symptomatischen Auswirkungen von Depersonalisation und Derealisation zum anderen. Beide Themenkreise sind für das Verständnis sowohl von dissoziativen Störungen als auch von traumabezogenen Störungen wie akute und posttraumatische Belastungsstörungen gleichermaßen grundlegend. Empirische Befunde hierzu beruhen in beiden diagnostischen Störungsgruppen auf denselben Forschungsansätzen. Es sollen hier nur Aspekte zur allgemeinen Orientierung skizziert werden. Spezielle Befunde werden bei den einzelnen dissoziativen Störungen und bei der akuten und posttraumatischen Belastungsstörung näher ausgeführt (Kap. Traumafolgestörungen).
Grundlagen dissoziativer Störungen des Gedächtnisses
Sowohl intrusive Traumaerinnerungen als auch spezielle Amnesien weisen auf grundlegende dissoziative Prozesse nach schwerwiegenden Traumata hin. Diese dissoziativen Störungen lassen sich auf mehreren hierarchischen neuroanatomischen Ebenen der Informationsverarbeitung beschreiben. Zunächst stellt das Gedächtnis keine einheitliche neuronale Organisation dar. Es besteht vielmehr aus distinkten Subsystemen, die ihre je typischen neuroanatomischen Regelkreise besitzen. Prinzipiell werden ein explizites und ein implizites Gedächtnis unterschieden (Markowitsch 2000).
Explizites/deklaratives Gedächtnis
Das explizite oder auch deklarative Gedächtnis ist abhängig von aktiver Aufmerksamkeit und fokussierter Konzentration. Seine Inhalte sind verbalisierbar. Sie beziehen sich einerseits auf zeitlich und örtlich bestimmbare Situationen, die in einer bedeutsamen Beziehung zur Person des Erinnernden stehen (episodisches Gedächtnis) und schließlich zu einem lebensgeschichtlichen Narrativ konstruiert werden (autobiografisches Gedächtnis). Kerndaten der Biografie wie Geburt, zentrale Lebensstationen, die weniger erinnert als vielmehr gewusst werden, gehören als semantische Subkomponente dem autobiografischen Gedächtnis an. Es werden davon andererseits bewusst abrufbare allgemeine faktische Wissensinhalte und Kenntnisse des semantischen Gedächtnisses unterschieden. Diese sind unabhängig von einer zeitlichen und räumlichen Einordnung und auch ohne speziellen Bezug zur betreffenden Person.
Implizites/prozedurales Gedächtnis
Das implizite oder auch prozedurale Gedächtnis speichert zunächst erlernte Fertigkeiten, automatisierte Gewohnheiten und Handlungen. Es läuft unbewusst ab, ist ebenfalls ohne zeitliche, räumliche und personale Organisation. Das Wissen über diese Fertigkeiten ist in seiner Vermittlung nicht auf Sprache angewiesen. Priming, assoziatives Lernen nach dem klassischen und operanten Konditionierungsparadigma und nichtassoziatives Lernen wie Sensitivierung und Habituation gehören diesem Gedächtnistypus an.
Explizite Wissensinhalte resultieren aus einer komplexen Verarbeitung sensorischer/sensibler Informationen. Thalamus, Assoziationskortizes und Hippokampus organisieren auf vielschichtigen Stationen eine differenzierte kognitive Landkarte. Im Hippokampus werden die polymodalen Sinneseindrücke in eine räumlich und zeitlich strukturierte Episode integriert. Entscheidende Prozesse der Konsolidierung des deklarativen/expliziten Langzeitgedächtnisses vollziehen sich hier. Endgültig engrammiert aber werden die expliziten Gedächtnisinhalte polymodal in einzelnen neokortikalen Arealen. Der Hippokampus spielt bei einer Wiedererinnerung erneut eine wichtige Rolle.
Daneben existiert ein paralleler Pfad der Informationsverarbeitung, der rasch und unmittelbar vom Thalamus zur Amygdala führt. Hier erfahren die sensorischen Informationen eine basale emotionale Bewertung. Durch diese affektive Verstärkung ist die Amygdala entscheidend an der im Hippokampus vermittelten Konsolidierung von Gedächtnisinhalten beteiligt. Die Amygdala organisiert wesentlich assoziatives Lernen nach dem klassischen und operanten Konditionieren. Sie ist die zentrale Schaltstelle des emotionalen Gedächtnisses (LeDoux 2007). Im Zusammenspiel mit dem Hippokampus entsteht eine Konditionierung an den Kontext der auslösenden Situation. Vor allem über präfrontale, daher prinzipiell bewusstseinsfähige Einflüsse des expliziten Gedächtnisses können diese automatisierten Konditionierungsreaktionen modifiziert und auch gehemmt werden.
Von grundlegender Relevanz für ein neuropsychologisches Verständnis dissoziativer Gedächtnisstörungen wie z. B. der dissoziativen Amnesie sind die Aspekte eines auf ein Selbst bezogenen semantisch-faktischen und autobiografisch-episodischen Gedächtnisses. Letzteres beinhaltet die Elemente einer subjektiven Zeitdimension, eines autonoetischen Bewusstseins und eines speziellen emotionalen Selbsterlebens (Reinhold und Markowitsch 2009). Autobiografische Erinnerungen werden vorrangig in limbischen und dienzephalen Strukturen gebildet und gespeichert. Die Integration von emotionalen Informationen in einem speziellen Selbstbezug unterstreicht aber auch eine notwendige Beteiligung präfrontaler Strukturen, v. a. des orbitofrontalen Kortex (Cabeza und St. Jacques 2007; Brand et al. 2009a; Northoff et al. 2009).
Traumainduzierte dissoziative Gedächtnisstörungen
Unter den Bedingungen einer traumainduzierten Übererregung lassen sich auf den sukzessiven Ebenen der zentralen Informationsverarbeitung folgende prinzipielle Störungen als Voraussetzungen für dissoziative mnestische Symptome beschreiben (Watson und Berntsen 2015):
  • Die Korrektheit des sensorischen Transfers vom Thalamus an nachgeschaltete kortikale Strukturen wird bei Einwirkung massiver Stressoren beeinträchtigt. Das Wahrnehmungsfeld engt sich ein, fokussiert auf wenige zentrale Aspekte mit besonderer Gefahrenrelevanz und klammert periphere Kontextaspekte aus. Das Wahrnehmungsfeld kann auch vollständig desintegrieren. Veränderungen in Zeiterleben, visueller Wahrnehmung (Gestalt, Farbe, Größe), Kontextwahrnehmung (Nähe, zeitliche Relation), Propriozeption (Körpergestalt, Haltung), Schmerzwahrnehmung (Analgesie) gehen als dissoziative Symptome hiermit einher.
  • Die in den neuronalen Schaltkreisen von Thalamus-limbische Strukturen-Kortex zu lokalisierenden Enkodierungsprozesse werden nachhaltig gestört, sodass eine Diskonnektion von emotionalen, kognitiv-faktischen und autobiografischen Gedächtnissystemen resultieren kann. Ein extremes emotionales Arousal in der Amygdala interferiert negativ mit hippokampalen Funktionen. Erinnerungen werden vorrangig als affektive Zustände in somatischen Sensationen und visuellen Bildern enkodiert. Erinnerungen an das Trauma werden vorrangig im impliziten Gedächtnis gespeichert und sind im hohen Maße „state-dependent“. Diese amygdalagestützten emotionalen Erinnerungen beruhen typischerweise nur auf wenig koordinierten Informationsdetails über die externe Realität.
  • Dissoziative Symptome wie emotionale Betäubung und motorisches Erstarren einerseits, diffuse Angst, Panik, Horror, sexuelle Erregung und autonomes Hyperarousal andererseits sind mit dieser traumainduzierten Funktionalität assoziiert, aber auch die typischen Erinnerungsmodi von detailbezogener Hypermnesie, umschriebener Amnesie und Flashbackrekollektion. Ein Verlust der selbstreflexiven Visualisierung in der Erinnerung ist ein typisches Merkmal der bei exzessiver Erregung auftretenden Dysfunktionalität im Amygdala-Hippokampus-Komplex.
  • Die in einer hierarchischen Dimension der Informationsverarbeitung auf unterschiedlichen neuroanatomischen Ebenen nachweisbare Kompartmentalisierung findet auch im Hinblick auf die Funktionalität beider Hirnhemisphären eine zusätzliche Entsprechung. Der Verlust von autobiografischer Kontextualisierung und Selbstreflexivität stützt sich auf eine vorrangige rechtshemisphärale Aktivität, die im Extremfall keinen Anschluss mehr an sprachliche Ausdrucksmuster der linken Hirnhälfte findet.
  • Es ist ferner zu diskutieren, ob bei Extremstress auch der angrenzende Temporallappen durch den Amygdala-Hippokampus-Komplex miterregt wird und ähnlich wie bei komplex-partiellen Anfällen eine bizarre (pseudo-)halluzinatorische Bilderwelt anstoßen kann. Zeichen eines Hypnoids, einer Trance mit hoher Suggestibilität können vorliegen. Zudem können Zustände von Depersonalisation und Derealisation, aber auch grundlegende Veränderungen des Selbst- und Identitätsgefühls imponieren (Devinsky und Lai 2008; Eliott et al. 2009a, b; Geschwind 2009).
Diese komplexen Zusammenhänge können in einer manchmal unentwirrbaren Vermengung von historischer Realtraumatisierung, traumainduzierter Störung der Informationsverarbeitung auf hierarchischen neuronalen Ebenen sowie möglicher endogener Bilderwelt, erhöhter Suggestibilität und Fantasietätigkeit die subjektiven Erinnerungsleistungen an ein Trauma massiv beeinflussen, verzerren oder blockieren.
Grundlagen dissoziativer Störungen der Selbst- und Umweltwahrnehmung
Erwerb und Organisation des traumatischen Gedächtnisses erfolgen unter den Bedingungen eines autonomen Hyperarousal. Bei einer bedeutsamen Subgruppe von Personen wird während und nach einer Traumaexposition ein massiv gegensteuernder Prozess aktiviert, dem eine evolutionär verankerte Schutzwirkung zukommt und mit den Symptomen von Depersonalisation und Derealisation einhergeht (Lanius 2015). Er betrifft wesentlich das Zusammenspiel von Emotionen, sensorischen Wahrnehmungen und Körpergefühlen. Er schließt auf einer hierarchisch höheren Integrationsebene wahrscheinlich auch Störungen des Körperschemas, des körperlichen und visuellen Raumgefühls, des Körperbildes ein. Der biologische Mechanismus zielt angesichts einer Extrembedrohung auf eine Minimierung der durch das Trauma ausgelösten affektiven und physiologischen Erregung.
Sierra und Berrios (1998) postulierten 2 parallel interagierende Mechanismen in zentralen Stationen der Emotionsverarbeitung, die zum Auftreten dieser Entfremdungsgefühle führen könnten. Grundlegend ist einerseits eine aktive Hemmung emotionaler Erregung durch den medialen präfrontalen Kortex, der in besonderer Weise an dem Monitoring und der Modulation von Emotionen beteiligt ist. Übersteigt die Angst eine bestimmte Schwelle, hemmt diese Struktur die emotionale Prozessierung in der Amygdala, reduziert hierüber den sympathischen Output und verringert damit die emotionale Aufladung sensorischer Informationen. Eine linksseitige Lateralisierung dieses präfrontal-kortikalen Hemmvorgangs auf das emotionale limbische System wird als wahrscheinlich erachtet. Eine indirekte Mithemmung des anterioren Zingulum mit seiner funktionalen Bedeutung für die emotionale Bewertung von Schmerzwahrnehmungen sowie für Aufmerksamkeitsprozesse wird ebenso gefolgert wie eine Hemmung der viszeralen Enterozeption. Initial hohe Affekterregung in Amygdala und ARAS (aszendierendes retikuläres Aktivationssystem) aktivieren andererseits speziell den rechten präfrontalen Kortex, der wiederum das anteriore Zingulum hemmt. Eine unterdrückte Schmerzwahrnehmung zum einen, ein Zustand der erhöhten Vigilanz bei eingeschränkter fokussierter Aufmerksamkeit zum anderen sind Folgen dieser veränderten neuronalen Funktionalität (Sierra 2009; Stein und Simeon 2009). Die unterschiedliche traumabezogene Erinnerungsmodalität unter den Bedingungen eines autonomen Hyperarousal vs. einer dissoziativ-hemmenden Gegenregulation kann in traumaskriptgestützten fMRI-Untersuchungen und parallelen psychophysiologischen Messungen illustriert werden (Tab. 3).
Tab. 3
Traumabezogene Erinnerungsmodalitäten im Zustand des autonomen Hyperarousal vs. der dissoziativ-hemmenden Gegenregulation in Neuroimaging- und psychophysiologischen Studien von Patienten mit PTBS. (Nach Lanius et al. 2005)
 
Klinische Phänomenologie
Autonomes Reaktionsmuster
Neuronale Aktivierung in Kernregionen
Hyperarousal
Emotionale Übererregung, Hypervigilanz, Erlebenvon Traumaerinnerungen als emotionale und sensorische Fragmente
Erhöhte Herzrate, erhöhte galvanische Hautreaktion, erhöhter systolischer/diastolischer Blutdruck
↓ Anteriores Zingulum (ACC)
↓ Medialer PFC
↑ Amygdala
↓ Thalamus
Dissoziation – Depersonalisation
Emotionale Distanzierung,Emotionslosigkeit, Veränderungen in derWahrnehmung des Körpers, der Intensität/Qualität von visuellen/akustischen Stimuli, des Zeitgefühls; manchmal völlige Entfremdung vom Körper
Variable Herzrate (erhöht – verringert – unverändert) wenn erhöhte Herzrate, deutlich geringer als im Zustand eines Hyperarousal
↑ Temporaler Kortex
↑ Parietaler/okzipitaler Kortex
↑ ACC
↑ bessere
↑ Medialer PFC
↑ Insel
Neurochemische und neuroendokrine Aspekte
Eine Reihe von neurochemischen Veränderungen begleiten dissoziative Prozesse nach einer traumatischen Exposition. Notgedrungen ergeben sich umfangreiche Überschneidungen mit Befunden aus der PTBS-Forschung (Kap. Traumafolgestörungen). Daten zu dysfunktionalen Neurotransmittersystemen bei der PTBS müssen hierbei auf den grundlegenden Reaktionszustand einer autonomen Übererregung einerseits, auf den einer betont dissoziativen Gegenregulation hin andererseits unterschieden werden. Einige Erkenntnisse können auch mit Methoden der experimentellen Neuropharmakologie gewonnen werden (Tab. 4). Im Hinblick auf traumainduzierte Gedächtnisstörungen sind v. a. noradrenerge, glutamaterge und opioiderge Befunde besonders hervorzuheben.
Tab. 4
Zusammenstellung von Pharmaka mit indirekter/direkter Induktion von dissoziativen Zuständen. (Nach Krystal et al. 1998)
Substanz
Gesunde Probanden
PTBS-Patienten
Yohimbin
x
m-CPP
x
x
Sedativa/Hypnotika
xa
Benzodiazepinantagonisten
NMDA-Antagonisten (z. B. Ketamin)
x
xb
x
?
Serotonerge Halluzinogene (z. B. LSD)
x
?
PTBSposttraumatische Belastungsstörung („posttraumatic stress disorder“); m-CPP Metachlorophenyl-Piperazin; NMDA N-Methyl-D-Aspartat; − = nicht mit Dissoziation assoziiert; x = mit Dissoziation assoziiert; ? = unklare Beziehung
a Dissoziation gefördert durch eine gelenkte Erinnerung.b Nicht gezielt bei PTBS-Patienten untersucht
Noradrenalin
Noradrenalin steuert u. a. entscheidend die Konsolidierung der Traumaerinnerung (McGaugh 2000). Das noradrenerge Locus-coeruleus-System zeigt sich bei extremem, prolongiertem, v. a. unkontrollierbarem Stress sehr anfällig. Eine Sensitivierung des posttraumatischen Reaktionssystems mit Hyperarousal wird gebahnt (Southwick et al. 2007). Hierdurch wird einerseits eine Überkonsolidierung der Gedächtnisspuren in der Amygdala gefördert, andererseits eine adäquate Informationsverarbeitung durch Hippokampus und präfrontale kortikale Strukturen stark beeinträchtigt. Dies ist auch in Wiedererinnerungsphasen bedeutungsvoll. So werden bevorzugt intrusive Erinnerungen in typischer Phänomenologie getriggert, gleichzeitig aber die Chancen zur Löschung dieser automatisierten Reaktionsmuster stark vermindert (Roozendaal et al. 2009).
Glutamat
Die grundlegende Rolle der exzitatorischen Aminosäure Glutamat in der Regulation von Bewusstsein und Lernen macht es verständlich, dass dem Glutamat in der Vermittlung posttraumatischer Reaktionen, speziell dissoziativer Prozesse, eine Sonderstellung zukommt (Murray et al. 2013). Wichtige Erkenntnisse hierzu stammen aus der experimentellen Pharmakologie: Yohimbin (noradrenerg) oder m-CPP (serotonerg) sind offenkundig nur über den Umweg einer Induktion von Panikaffekten imstande, dissoziative Zustände auszulösen. Der NMDA-Antagonist Ketamin führt über GABAerge Interneurone zu einer hyperglutamatergen Übererregung und kann direkt ein breites Spektrum von dissoziativen Symptomen triggern. In Abhängigkeit von der applizierten Dosis kommt es perzeptiv zu Benommenheit, Einengung des Wahrnehmungsfeldes, Veränderungen in Lebhaftigkeit, Form und Kontext sensorischer Erfahrungen bis hin zu Störungen des Körperbildes. Kognitiv treten Lern- und Gedächtnisstörungen auf, höhere Denkleistungen werden nachhaltig irritiert bis hin zu einer Inkohärenz der formalen Denkabläufe, einem beeinträchtigten Einsichtsvermögen und der Überzeugung, das Identitätsgefühl verloren zu haben. Die affektiven Veränderungen reichen von initialer Euphorie bis hin zu Angst und Panik (Krystal et al. 1998). In einer Pharmako-MRT-Studie an gesunden Probanden bewirkte intravenös appliziertes Ketamin eine rasche Deaktivierung im ventromedialen präfrontalen Kortex einschließlich orbitofrontalen Kortex und subgenualen Zingulum. Dieses regionale Deaktivierungsmuster war einerseits stark mit dissoziativen Symptomen korreliert und ging andererseits mit einer Aktivierung im mittleren posterioren Zingulum, Thalamus und temporalen Kortex einher. Eine medikamentöse Vorbehandlung mit dem ebenfalls über einen glutamatergen Mechanismus wirksamen Lamotrigin konnte sowohl diese neuronalen Muster als auch die dissoziativen Symptome größtenteils verhindern (Deakin et al. 2008). Eine glutamaterge Dysfunktionalität in dissoziativen Symptombildungen wird möglicherweise auch durch eine assoziierte Störung in der GABA-Serotonin-Interaktion entscheidend mitbedingt (D’Souza et al. 2006). Eine hyperglutamaterge Neurotransmission wird außerdem mit einer hippokampalen Dysfunktionalität in Verbindung gebracht (Bremner et al. 2008).
Opioidsystem
Das endogene Opiatsystem ist bedeutsam an einer dissoziativen Gegenregulation gegenüber einem noradrenergen Hyperarousal beteiligt. Eine über Opioide vermittelte psychomotorische Erstarrung, affektive Betäubung und Analgesie tragen zu einer Diskonnektion des Amygdala-Hippokampus-Komplexes von höheren kortikalen Steuerzentralen bei. Gleichzeitig werden Realitätskontrolle und aktive Copingstrategien beeinträchtigt (Schmahl und Bohus 2007; Merenlender-Wagner et al. 2009).
Stresshormon-(HPA-)System
Das bei einer traumatischen Einwirkung regelhaft mitaktivierte Stresshormon-(HPA-)System beeinflusst die Funktionalität des Traumagedächtnisses ebenfalls grundlegend. Wiederum müssen typische Befunde von PTBS und Dissoziation sehr wahrscheinlich kontrastiert werden. Kurze traumatische Stressepisoden mit Anstieg von Kortisol scheinen die Gedächtniskonsolidierung zu verstärken, wobei ähnlich dem Noradrenalinwirkprofil eine Abhängigkeit von der Konzentrationshöhe im Sinne einer umgekehrten U-Kurve besteht. Kortisol scheint neben einer initialen Förderung der Gedächtniskonsolidierung zusätzlich aber auch eine sog. Retrieval-Störung zu bewirken, d. h. Gedächtnisinhalte sind unter akuter Kortisoleinwirkung für eine Weile schlechter abrufbar (de Quervain et al. 1998, 2000). Steht Kortisol nur in geringem Ausmaß für die posttraumatische Verarbeitung zur Verfügung, so bedeutet das auch ein nur unzureichendes Gegengewicht gegenüber den noradrenerg vermittelten traumatischen Erinnerungsmodi, wie dies paradigmatisch in den intrusiven Flashbacks angezeigt wird. Werden in klinischen Untersuchungen nach schweren Traumata dissoziative Symptome und typische PTBS-Symptome erfasst, dann scheint Dissoziation positiv mit der Höhe des verfügbaren Kortisol korreliert zu sein (Delahanty 2004; Ginzburg et al. 2009).
Bewertung der Prozesse
Die hier nur skizzierten neurobiologischen Prozesse der traumatischen Gedächtnisbildung und traumabezogenen Wiedererinnerung beleuchten einige klinisch relevante Aspekte. Dissoziative Mechanismen können sowohl die Speicherung von traumatischen Erlebnissen als auch den Modus ihrer Wiedererinnerung bzw. Wiedererinnerbarkeit verändern. Als dissoziativ muss gewertet werden, wenn im Zustand eines autonomen Hyperarousal systemisch normalerweise funktionell interagierende neuroanatomische Zentren desintegrieren, wie auch, wenn eine Gegenregulation die unkontrollierte limbische Affektgenerierung zu hemmen versucht. Erstere dissoziative Prozesse der Informationsverarbeitung betreffen die mögliche Verzerrung des polymodalen Wahrnehmungsfeldes bereits auf thalamischer Ebene, eine Überkonditionierung von sensorischen und affektiven Details einer geringergradig strukturierten oder gar fragmentierten äußeren Realität in der Amygdala, eine sukzessiv reduzierte und schließlich erliegende Kontextualisierung und kognitive Relativierung durch den Hippokampus sowie im Extremfall eine Abtrennung vom sprachlich organisierten autobiografischen Gedächtnis. Letztere dissoziative Prozesse beziehen sich vorrangig auf die klinischen Phänomene von Depersonalisation und Derealisation. Zumindest bei komplexen Traumatisierungen spricht viel dafür, dass bedeutsame Details der realen Traumaszene entweder überhaupt nicht gespeichert werden, oder aber stark verzerrt sein können. Selbst prägnante Erinnerungseindrücke in Flashbacks oder Albträumen belegen nicht unbedingt die historische Objektivität der dargestellten traumatischen Realität, auch wenn sie eindringlich darauf verweisen. Im weiteren Verlauf ist zu bedenken, dass eine starke visuelle Gestaltung von intrusiven Wiedererinnerungen ohne eine verbal strukturierte Gegenkontrolle auch eine höhere Suggestibilität und damit auch eine stärkere Anfälligkeit gegenüber verzerrten oder gar falschen Erinnerungsleistungen implizieren kann (Bremner et al. 2000; Mazzoni und Memon 2003; Gonsalves et al. 2004). Die besonderen neurobiologischen Rahmenbedingungen bei Speicherung und Wiederabruf von Traumaerinnerungen machen das häufige klinische Dilemma von dissoziativer Amnesie, detailbezogener Hypermnesie, Erinnerungsverzerrung und möglicher falscher Erinnerung verständlicher.
Grundlagen der dissoziativen Störung des Identitätsgefühls
Van der Kolk et al. (1996) definierten eine Entwicklung von „Ich-Zuständen, die eine traumatische Erfahrung oder komplexe Identitäten mit umrissenen kognitiven, affektiven und Verhaltensmustern beinhalten“, als strukturelle Voraussetzung für eine dissoziative Identitätsstörung. Bei dieser komplexen dissoziativen Störung erscheinen Persönlichkeitsstrukturen zur Bewältigung der Alltagsanforderungen einerseits, zum defensiven Coping mit traumatischen Erinnerungen andererseits als prinzipiell getrennt.
Van der Hart et al. (2006) haben ein klinisch überzeugendes Modell einer traumaassoziierten strukturellen Dissoziation der Persönlichkeit vorgelegt. Grundlegend auf einer Ebene der primären strukturellen Dissoziation ist zunächst die Unterscheidung zwischen 2 distinkten Persönlichkeitsanteilen. Ein Persönlichkeitsanteil kann offenkundig nach einer schwerwiegenden Traumaexposition die Funktionsweise im sozialen Alltagsleben noch oder wieder organisieren und aufrechterhalten, zeigt aber in den Handlungstendenzen typische Strategien der Verhaltensvermeidung gegenüber externen traumaassoziierten Stimuli sowie der mentalen Vermeidung gegenüber Traumaerinnerungen einschließlich hiermit verbundener Gedanken, Gefühle und Wünsche. Ein anderer Persönlichkeitsanteil beinhaltet die emotionale und kognitive Erfahrung des Traumas und ist meist in Handlungstendenzen fixiert, die während der Traumaexposition aktiviert worden sind. In Anlehnung an eine Begriffswahl von C. S. Myers (1940) wird erstere „Persönlichkeit“ als ANP („apparently normal personality“), letztere „Persönlichkeit“ aber EP („emotional personality“) bezeichnet. Bei chronisch persistierenden Traumatisierungen kann es zu einer weiteren Auftrennung der „emotionalen Persönlichkeit“ (EP) in mehrere Persönlichkeitskompartmente kommen, die grundlegenden psychobiologischen Überlebensstrategien wie „Angriff“, „Flucht“, „Erstarren“ oder „Unterwerfung“ entsprechen. Auf dieser Ebene der sekundären strukturellen Dissoziation existiert ebenfalls nur eine „anscheinend normale Persönlichkeit“ (ANP), die aber in ihrer adaptiven und integrativen Alltagskompetenz wesentlich rigider erscheint. Und auf einer Ebene der tertiären strukturellen Dissoziation kann auch diese ANP ihrerseits in diverse Persönlichkeitskompartmente desintegrieren, um aus defensiven Gründen bestimmte Alltagsrollen überhaupt noch ausüben zu können (Abb. 3).
Zwei klinisch relevante Aspekte sind an diesem Modell hervorzuheben. Zum einen beschreibt die strukturelle Dissoziation einen traumainduzierten Verlust der Persönlichkeitskohäsion und -einheit in einem zunehmenden Ausmaß. Zwischen den dissoziierten Persönlichkeitsanteilen können partielle oder vollständige amnestische Barrieren bestehen. Es kann aber in dissoziativen Symptombildungen zu einem Eindringen von Erlebens- und Verhaltensaspekten aus einem Persönlichkeitskompartment in ein jeweils anderes kommen, wenn z. B. ANP traumatische Erinnerungsintrusionen aus EP erlebt. Zum anderen liegt den strukturellen Dissoziationen im Falle von EP ein selektiver Rückgriff auf evolutionär verankerte psychobiologische Reaktionssysteme, im Falle von ANP eine selektive soziokonstruktive Auswahl von Alltagsrollen zugrunde. Wenngleich die sprachliche Bezeichnung von „Persönlichkeiten“ ein reifizierendes Verständnis fördern könnte, muss in diesen Begrifflichkeiten vielmehr ein fortschreitender Desintegrationsprozess der personalen Einheit und Identität erkannt werden. Die Autoren korrelieren die Modellebene der primären strukturellen Dissoziation mit den klinischen Zuständen der akuten und der posttraumatischen Belastungsstörung, jene der sekundären strukturellen Dissoziation mit der komplexen (Kap. Traumafolgestörungen) und jene der tertiären strukturellen Dissoziation mit der dissoziativen Identitätsstörung. Während die Ebene der primären strukturellen Dissoziation mehrheitlich auf Realtraumatisierungen im Erwachsenenleben anzuwenden ist, implizieren die Ebenen der sekundären und tertiären strukturellen Dissoziation wesentlich auch entwicklungspsychopathologisch zu konzipierende chronische Traumatisierungen der frühen Lebensgeschichte.

Spezielle dissoziative Störungen

Dissoziative Amnesie

Definition und Konzept

Eine dissoziative Amnesie oder sog. psychogene Amnesie drückt ein Vergessen von wichtigen persönlichen Informationen aus, das weder durch eine „gewöhnliche“ Vergesslichkeit noch durch eine hirnorganische oder internistische Erkrankung erklärt werden kann. Typischerweise ist die Amnesie retrograd, bezieht sich also auf eine Episode oder einen Zeitraum vor einem definierten Ereignis, das meist unangenehmer, belastender oder traumatischer Natur ist. Das Vergessen darf nicht unter Einfluss massiven Alkoholkonsums („black-out“) oder anderer psychotrop wirksamer Substanzen (z. B. Benzodiazepine) erfolgen. Die Amnesie ist in der Regel reversibel. Eine dissoziative Amnesie kann in seltenen Fällen mit einer dissoziativen Fugue einhergehen oder aber häufiges integrales Symptom einer dissoziativen Identitätsstörung sein, wird dann aber diagnostisch nicht als eigene Störung geführt.

Epidemiologie

Nach Ross et al. (1990, 1991) erfüllten 6 % der Probanden aus der Allgemeinbevölkerung die diagnostischen Kriterien für eine dissoziative Amnesie Ross et al. (1990, 1991). In der Studie von Johnson et al. (2006) war die Rate mit 0,8 % deutlich niedriger.
Die Häufigkeiten von dissoziativen oder „psychogenen“ Amnesien sind wahrscheinlich in Kontexten nach massiver Traumaexposition insgesamt höher anzusetzen. Von 53 überlebenden schwedischen Opfern der Estonia-Katastrophe zeigten 29 Symptome einer dissoziativen Amnesie (Eriksson und Lundin 1996). Es überrascht nicht, dass die Prävalenzzahlen bei Patienten, die in Spezialambulanzen für „dissoziative Störungen“ vorstellig werden, z. T. exzessiv hoch sind (Coons und Milstein 1992). Andererseits sollte Skepsis gegenüber einem unilinearen Zusammenhang von dissoziativer Amnesie und Trauma angemeldet werden, wenn keine detaillierte Exploration der erinnerbaren Umstände eines Traumas erfolgt ist (Pope et al. 1998).
Es bestehen keine signifikanten Geschlechtsunterschiede. Der Häufigkeitsgipfel wird in der Literatur zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr angegeben, wobei Fälle auch für Personen im höheren Lebensalter sowie im Kindesalter beschrieben worden sind (Staniloiu und Markowitsch 2014). In diesem Zusammenhang sind die Untersuchungen von Terr (1988) an 20 Kindern mit juristisch dokumentierten Extremtraumatisierungen vor dem 5. Lebensjahr von klinischem und auch wissenschaftlichem Interesse. Praktisch alle Kinder v. a. mit Mehrfachtraumatisierung waren imstande, in wiederholten Verhaltensinszenierungen, Albträumen oder intrusiven Bildern die erlebten Traumatisierungen mit z. T. erschreckender Exaktheit zu „erinnern“, wenngleich das verbale Erinnerungsvermögen eingeschränkt war. Bei einem Einmaltrauma war diese verbale Erinnerungsfähigkeit in der Regel nicht wesentlich beeinträchtigt.
Werden diese frühen traumatischen Erfahrungen wieder bewusst, so erfolgt dies häufig sensorisch und perzeptiv (van der Kolk und Fisler 1995; Williams 1994, 1995). Gerade bei diesen Wiedererinnerungen sind aber mögliche Suggestiveffekte in der aktuellen verbalen Besprechung zu bedenken.

Ätiopathogenese

Die kontroverse Debatte um den allgemeinen Bedingungszusammenhang von dissoziativen Störungen und Traumaexposition bestimmt begreiflicherweise auch die ätiopathogenetische Diskussion bei der „dissoziativen Amnesie“. Festzuhalten ist zunächst bei klinischen Inanspruchnahmepopulationen die praktisch in allen systematischen Studien und Übersichten wiederkehrende hohe, z. T. extreme Assoziation zu multiplen Traumaerfahrungen. Als Beispiel für diesen empirischen Trend beschrieben etwa Coons und Milstein (1992) bei ihrer Serie von 25 Patienten vielfältige Auslöser mit starker innerseelischer Belastung und Konfliktträchtigkeit:
  • ehelicher Streit (24 %),
  • deviantes Sexualverhalten (16 %),
  • Suizidversuch (16 %),
  • kriminelles Verhalten (12 %),
  • Tod eines nahen Angehörigen (4 %),
  • Weglaufen (4 %),
  • unbekannt (16 %).
Insgesamt 72 % der untersuchten Patienten hatten in ihrer eigenen frühen Entwicklung selbst einschneidende traumatische Erfahrungen erlebt (sexueller Missbrauch: 52 %, körperlicher Missbrauch: 40 %, emotionale Vernachlässigung: 16 %, Aussetzung: 12 %). Der Einfluss von Traumaerfahrungen auf das Gedächtnissystem mit den unterschiedlichen mnestischen Funktionen kann daher berechtigt in den Mittelpunkt kausaler Betrachtungen gerückt werden.
Es ist von Bedeutung, dass eine traumatisch bedingte mnestische Störung im obigen Sinne nicht selten von wiederkehrenden intrusiven Gedanken, Bildern, Träumen und Emotionen begleitet wird, die einen Bezug zur ursprünglichen traumatischen Episode aufweisen (Horowitz 2011). Auch können Patienten mit einer dissoziativen Amnesie mit heftigen Affekten auf dargebotene, scheinbar neutrale Stimuli regieren, ohne die emotionale Bedeutung bewusst zu verstehen oder sie explizit in den Kontext des früheren Traumas stellen zu können (Loewenstein 1993).
In Fällen einer klinisch-phänomenologisch und neuropsychologisch objektivierten dissoziativen Amnesie scheint vorrangig das episodisch-autobiografische Gedächtnis betroffen zu sein, das Erinnerungen an autobiografische Erlebnisse in einer zeitlich-räumlichen Organisation mit speziellem Bezug zum Selbst als Akteur oder Beobachter beinhaltet (Markowitsch 2003). Während es einer Person mit dissoziativer Amnesie nicht gelingt, intentional ein definiertes Ereignis verbal zu erinnern, mag ihr aktuelles Handeln implizit sehr wohl einen Bezug zu jener früheren Episode aufzeigen. Es müssen hierbei keine begleitenden Defizite im semantisch-prozeduralen Gedächtnis vorliegen (Kihlstrom und Schacter 2000), das aber mitbetroffen sein kann (van der Hart und Nijenhuis 2001). Ausführliche klinische und neuropsychologische Profile liegen sowohl für Patientengruppen mit „funktioneller Amnesie“ (Kritschevsky et al. 2004; Stracciari et al. 2008; Brand et al. 2009a) als auch als detaillierte Einzelfallstudien vor (Hennig-Fast et al. 2008; Levine et al. 2009; Reinhold und Markowitsch 2007, 2009). Die Autoren betonten einen vielschichtigen Bedingungskontext von eingreifenden Traumatisierungen, lang anhaltenden psychosozialen Problemen, bedeutsamen depressiven und Angstsymptomen, gelegentlich auch nach banalen Schädel-Hirn-Traumata.
Komplexe neurobiologische, funktionelle wie strukturelle Veränderungen sind bei dissoziativen Gedächtnisstörungen zu beachten (Abschn. 1.5).
Außerhalb eines unmittelbaren PTBS-Untersuchungskontextes existieren nur wenige Neuroimaging-Befunde zu Patienten, bei denen sowohl klinisch-psychopathologisch als auch neuropsychologisch die Diagnose einer dissoziativen Amnesie objektiviert wurde. Einen herausragenden Beitrag leistete die Studie von Brand et al. (2009a) an 14 Patienten mit dissoziativer Amnesie im Anschluss an belastende oder traumatische Ereignisse. In einer subtilen neuropsychologischen Analyse stellte sich der Verlust zentraler autobiografischer Gedächtnisinhalte dar. Bei ca. der Hälfte der Patienten bestanden sowohl anterograde Gedächtnisdefizite als auch exekutive Dysfunktionen. In einem FDG-PET zeichnete sich für die Patientengruppe im Vergleich zu 19 gesunden Probanden unter Ruhebedingungen eine signifikant verringerte Glukoseutilisation im rechten inferolateralen präfrontalen Kortex dar. Ein dysfunktionaler rechter präfrontaler Kortex mit seiner grundlegenden Relevanz für selbstbezogene Informationen schien maßgeblich mit den klinisch imponierenden Störungen des autobiografischen Gedächtnisses korreliert zu sein. Ähnliche Befunde wurden auch in Einzelfallstudien an Patienten mit dissoziativer Amnesie gefunden (Fujiwara et al. 2008; Hennig-Fast et al. 2008; Levine et al. 2009; Thomas-Antérion et al. 2014; Übersicht: Staniloiu und Markowitsch 2014). Zwei einander ergänzende traumabezogene Modelle zur neurobiologischen Erklärung einer dissoziativen Amnesie liegen vor: Kopelman (2000) postulierte, dass unter psychologischem Stress das frontale Exekutivsystem in Mitleidenschaft gezogen werde und insbesondere die Wiederabrufleistung, den Retrieval-Prozess aus dem autobiografischen Gedächtnis beeinträchtigen könne. In der Tat wiesen jene Patienten einen höheren Schweregrad an retrograder dissoziativer Amnesie auf, die auch in standardisierten Tests zu Exekutivfunktionen erniedrigte Werte im Vergleich zu jenen mit normalen Scores aufwiesen (Fujiwara et al. 2008). In diesem Zusammenhang betonten Fujiwara und Markowitsch (2003), dass das Exekutivkontrollsystem maßgeblich an der Ausklammerung unerwünschter und belastender Erinnerungen aus dem Selbstbewusstsein beteiligt sei. Ein neuroendokrin vertieftes Erklärungsmodell fokussierte wiederum auf einen unter traumatischem Stress durch Kortisolanstieg ausgelösten Gedächtnisblock, der vorrangig in rechtshemispheralen frontotemporalen Regionen nachgewiesen werden könne, nicht nur engere Aspekte des autobiografischen Gedächtnisses erfasse, sondern auch andere Persönlichkeitsdimensionen wie Theory of Mind, autonoetisches Bewusstsein und Affektivität beeinträchtige (Markowitsch und Staniloiu 2013). In einer integrativen Beurteilung der vorliegenden Befunde wurde klar gestellt, dass organische und psychologische Faktoren auf dieselben neurobiologischen Gedächtnissysteme einwirkten. Fälle von dissoziativer Amnesie werden häufig nach leichten Schädel-Hirn-Traumata beobachtet. Eine Diffusion-Tensor-Imaging-Studie zeigte mikrostrukturelle Veränderungen in der weißen Substanz. Mit den skizzierten Modellen gut konkordant beeinträchtigen diese diskreten Defizite offenkundig die exekutive Leistungskapazität und tragen so zu einem leichteren Auftreten von dissoziativ-amnestischen Symptomen bei (Lipton et al. 2009).
Kritische experimentalpsychologische Bewertung der traumatologischen Perspektive
Experimentalpsychologische Untersuchungen belegen, dass eine Exposition gegenüber aversiven und potenziell traumatisierenden Ereignissen zu einer vorrangigen Aufmerksamkeitsfokussierung auf zentrale Inhaltsaspekte führt, aber häufig zu Lasten der peripheren und kontextuellen Aspekte einer Situation geht, die später nur schwer oder überhaupt nicht explizit erinnert werden können (Loftus 1993). Befunde der modernen Gedächtnisforschung begründen eine skeptische Haltung gegenüber einer überzogenen und v. a. monokausal verstandenen Assoziation von Erinnerungsproblemen und traumatischen Einzelereignissen. Eine unvollständige Enkodierung in der traumatischen Erlebnisszene, eine normale Alltagsvergesslichkeit, reale hirnorganische Einwirkungen bei einer Traumaexposition, eine infantile Amnesie speziell im Hinblick auf frühkindliche Vorfälle, ein motiviertes Nichtmitteilen von traumatischen Erfahrungen bei Befragung sowie ein lebensgeschichtlich und situativ bedingtes Sich-nicht-beschäftigen mit bestimmten traumatischen Erfahrungen können zum klinischen Eindruck einer „traumatischen dissoziativen Amnesie“ beitragen (McNally 2005, 2007). Und auch bei jenen eher raren Fällen einer „psychogenen Amnesie“, die mit einer plötzlichen, massiven retrograden Amnesie auch bezüglich der personalen Identität einhergehen, liegen sehr wahrscheinlich komplexe psychodynamische und nicht ausschließlich traumatologische Einflüsse vor (Kihlstrom und Schacter 2000; Bennett 2007).

Symptomatologie

Bereits Janet (1894) unterschied mehrere Typen einer dissoziativen Amnesie, die auch für eine moderne klinische Sicht noch gültig sind:
  • Umschriebene Amnesie: Unfähigkeit, sich an Ereignisse in einem definierten Zeitabschnitt zu erinnern;
  • selektive Amnesie: Fähigkeit, sich zwar an einige, aber nicht an alle relevanten Ereignisse in einem definierten Zeitabschnitt zu erinnern;
  • generalisierte Amnesie: Versagen in der Erinnerung an das ganze persönliche Leben einschließlich des eigenen Namens;
  • kontinuierliche Amnesie: Versagen, sich an sukzessiv auftretende Ereignisse zu erinnern;
  • systematisierte Amnesie: Amnesie für ganz bestimmte Gedächtniskategorien wie z. B. Erinnerungen an die eigene Familie oder an eine bestimmte Person.
Im subjektiven Erleben einer Person stellt sich eine dissoziative Amnesie symptomatisch als ein „Blackout“, als ein unklarer „Zeitverlust“ im Ablauf der zurückliegenden Tage oder Wochen dar. Patienten werden von Drittpersonen mit einem Verhalten konfrontiert, das ihnen nicht erinnerlich ist und befremdlich erscheint. Es tauchen unbekannte Gegenstände in ihrem Besitz auf. Oder aber in ihren Beziehungen ist es zu verwirrenden Veränderungen gekommen, für die sie keine aktuelle Erklärung haben. Gelegentlich können sie ihre Biografie nur sehr lückenhaft darstellen, oder sie zeigen ungewöhnliche Fluktuationen in ihren Fertigkeiten, Gewohnheiten, Vorlieben oder Kenntnissen. Wiederkehrende unerklärte falsche Identitätserfahrungen sind bei ihnen möglich, wie auch fugueähnliche Episoden. Zuweilen erleben sie kurze, tranceähnliche amnestische Episoden („Mikroamnesien“). Nicht selten imponiert bei den Patienten zunächst eine Periode der Verwirrtheit, bevor sie den „Gedächtnisverlust“ als solchen kognitiv realisieren und über dieses Konzept ihre Lebensumstände zu reorganisieren versuchen (Loewenstein 1996).

Verlauf und Prognose

Die gängige klinische Lehrmeinung ging von einem akuten, plötzlichen Beginn und einer meist raschen Remission einer in der Regel einmaligen dissoziativen Amnesie aus. Coons und Milstein (1992) zeigten aber in einer Fallserie, dass diese mnestischen Störungen gelegentlich auch chronisch sein oder sich nur sehr allmählich zurückbilden können. Bis zu 40 % der Patienten hatten mehrfache amnestische Episoden in ihrer Vorgeschichte. Nicht immer waren bloß aktuelle Ereignisse (46 %), sondern auch weiter zurückliegende Vorfälle (60 %) oder aber aktuelle und zurückliegende Ereignisse (24 %) betroffen. Eine Amnesie bezüglich früherer Vorfälle mochte auf mehrere Jahre zurückgehen, war gewöhnlich selektiv, konnte aber auch generalisiert sein. Es existieren gut dokumentierte und mit modernen Neuroimaging-Methoden analysierte Fälle von persistierender dissoziativer Amnesie (Markowitsch et al. 1997; Reinhold und Markowitsch 2009).

Diagnostik und Differenzialdiagnose

Drei Charakteristika legen diagnostisch eine dissoziative Amnesie nahe:
  • Typ der mnestischen Störung: Episodisches/explizites Gedächtnis betroffen, prozedurales Gedächtnis intakt; relativ umfängliche Gruppen von Erinnerungen einschließlich hiermit assoziierter Affekte nicht mehr bewusst und willentlich verfügbar;
  • Zeitstruktur: In der Regel retrograd eine oder mehrere zeitlich umrissene Episoden nicht mehr erinnerbar, hingegen neue Informationen anterograd ohne Probleme erlernbar bei Intaktsein der allgemeinen kognitiven und sprachlichen Fertigkeiten;
  • Typ der vergessenen Ereignisse: Gewöhnlich traumatisch, unangenehm, belastend; verbunden mit auf den Alltag bezogenen Fragen: „Wer bin ich? Was habe ich getan? Mit wem habe ich gesprochen? Was habe ich zu einer bestimmten Zeit gedacht, gefühlt usw.?“
Dissoziierte Erinnerungen werden häufig in verstellter Form durch intrusive visuelle Bilder, somatoforme Symptome, Konversionssyndrome, Albträume oder Verhaltensinszenierungen angezeigt (Loewenstein 1996). Der Einsatz eines strukturierten, an den diagnostischen Kriterien des DSM-IV-TR orientierten klinischen Interviews kann den diagnostischen Entscheidungsprozess erheblich erleichtern (Steinberg 2000).
Der Verdacht auf eine dissoziative Amnesie kann mittels moderner Neuroimaging-Verfahren durch den Nachweis neurobiologischer Korrelate erhärtet werden (Calabrese und Markowitsch 2003). In einer klinischen Perspektive sollten aber die differenzialdiagnostischen Überlegungen breit sein.
Diagnostik
Neben einer umfassenden psychiatrischen Anamnese, psychopathologischen Befunderhebung und psychodynamischen Evaluation ist zur Sicherung der Diagnose einer dissoziativen Amnesie daher immer auch eine eingehende internistische Untersuchung, ein sorgfältiger neurologischer Status einschließlich EEG, CCT, MRT, ggf. neuropsychologische Testung und spezielle EEG-Langzeitableitung notwendig. Grundlegende Laboruntersuchungen sollten vorliegen, in Verdachtsfällen auch ein Medikamenten- und Drogenscreening durchgeführt werden.
Andere dissoziative Störungen
Die dissoziative Amnesie kann Symptom einer anderen dissoziativen Störung, wie z. B. einer dissoziativen Fugue oder dissoziativen Identitätsstörung sein (van der Hart et al. 2006). Sie kann im Kontext einer akuten oder posttraumatischen Belastungsstörung auftreten (Kap. Traumafolgestörungen), ebenso mit einer somatoformen, speziell einer Konversionsstörung einhergehen (Kap. Somatoforme Störungen), oder aber bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliegen (Zanarini und Jager-Hyman 2009).
Simulation
Die dissoziative Amnesie kann sich klinisch-psychopathologisch als Simulation oder als artifizielle Störung erweisen (Jenkins et al. 2009; Kapfhammer et al. 1998).
Neurologische Störungen oder toxische Einflüsse
Amnestische Episoden können zu Beginn einer demenziellen Entwicklung oder während eines Delirs auftreten, mit einem epileptischen Anfallsleiden oder einer Migräne einhergehen und sich als transiente globale Amnesie manifestieren. Neben diesen neurologischen Störungen sind ferner toxische Einflüsse wie massiver Alkoholkonsum, Einnahme von Barbituraten, Benzodiazepinen, Phencyclidin, LSD und Steroiden als mögliche Ursachen zu bedenken, ebenso zahlreiche metabolische Störungen wie z. B. Urämie, Hypoglykämie oder Porphyrie (Cummings und Mega 2003; David et al. 2009). Ein Verlust des autobiografischen Gedächtnisses nach Elektrokrampftherapie ist beschrieben worden (Zaidner et al. 2010).
Schädel-Hirn-Traumata
Eine schwierige Differenzialdiagnose in der Abwägung „psychogener“ vs. „organischer“ Einflüsse kann sich zuweilen nach diskreten Schädel-Hirn-Traumata z. B. im Falle einer postkontusionellen Amnesie stellen (McKay und Kopelman 2009, Abb. 4 und Tab. 5).
Tab. 5
Gegenüberstellung von organischen und psychogenen retrograden Amnesien. (Nach McKay und Kopelman 2009; Reinhard und Markowitsch 2009)
 
Psychogene Amnesien
Auslösesituation
– Oft schwerwiegendes neurologisches Ereignis (Schädel-Hirn-Trauma, Apoplex etc.)
– Psychosoziale Stressoren möglich
– Meist schwerwiegende psychosoziale Stressoren, Traumata
– Nicht selten leichtes Schädel-Hirn-Trauma
Strukturelles CCT/MRT
Diverse bilaterale Läsionen, v. a. rechtshemisphäral (temporopolar, inferolateral präfrontal)
Keine, ggf. geringfügige Läsionen
Funktionelles MRT
 
Inferolateral präfrontal, anterior temporalreduzierter Hirnmetabolismus, v. a. rechts
Kongruenz: organischer Befund – Amnesie
In der Regel: ja
In der Regel: nein
Klinische Phänomenologie
Kein Verlust der Selbstidentität
unsicher, ängstlich, häufiges
Fragestellen (z. B. TGA)
Verlust der Selbstidentität (Fugue, DID)
„belle indifférence“, aber auch mögliche andere psychopathologische Symptome
Psychopathologie
In der Regel keine vorbestehendepsychische Störung oder Persönlichkeitsstörung
Oft vorbestehende psychische Störung und/oder Persönlichkeitsstörung
– Zeitlicher Gradient der retrograden Amnesie (jüngere Erinnerungen stärker als ältere betroffen)
– Umgekehrter Gradient der retrograden Amnesie bezüglich autobiografischem Gedächtnis
– Manchmal totaler Gedächtnisverlust
– Manchmal Amnesie nur für bestimmte Situationen
– Anterogrades Gedächtnis beeinträchtigt
– Anterogrades Gedächtnis oft intakt
– Variable intellektuelle Funktionsstörungen
– Intellektuelle Funktionen meist grob unauffällig oder nur partiell/vorübergehend beeinträchtigt

Dissoziative Fugue

Definition und Konzept

Eine dissoziative Fugue (lateinisch: „fugare“) ist durch ein plötzliches, unerwartetes Verlassen der häuslichen Umgebung oder des gewohnten Arbeitsplatzes charakterisiert. Die Person ist sich hierbei nicht im Klaren darüber, warum und wohin sie geht oder fährt. Meist an einem fremden Ort angetroffen ist sie nicht imstande, zur persönlichen Vergangenheit Angaben zu machen. Ein dissoziativ-amnestisches Erleben imponiert, es ist aber breiter als im Falle einer dissoziativen Amnesie. Es besteht eine Verwirrung hinsichtlich der personalen Identität, gelegentlich wird teilweise oder vollständig auch eine neue Identität angenommen. Eine dissoziative Fugue kann Symptom der dissoziativen Identitätsstörung sein, wird dann aber nicht als eine eigenständige Störung diagnostiziert. Sie darf nicht durch eine neurologische Störung z. B. eine Temporallappenepilepsie, durch Alkohol- oder Medikamentenabusus oder durch eine andere medizinische Bedingung erklärt werden. Traumatische und emotional belastende Ereignisse spielen eine entscheidende Rolle in der Auslösesituation. DSM-5 konzeptualisiert die dissoziative Fugue als einen zu spezifizierenden Typus der dissoziativen Amnesie.

Epidemiologie

Nach der klassischen Abhandlung von W. James (1890) über den Fall des Reverend Ansel Bourne wurden in der psychiatrischen Literatur zahlreiche weitere Kasuistiken veröffentlicht. Hacking (1998) berichtete über eine epidemische Erscheinungsform im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts in einer spannenden kulturhistorischen Studie. Trotzdem liegen bis jetzt kaum verlässliche epidemiologische Studien zur dissoziativen Fugue vor. In der Publikation von Ross et al. (1990, 1991) betrug die Prävalenz einer dissoziativen Fugue 0,2 % Ross et al. (1990, 1991). In einem repräsentativen Sample von 628 Frauen aus der türkischen Allgemeinbevölkerung befand sich nur 1 Probandin mit dieser Diagnose (Sar et al. 2007). Ähnlich niedrig war auch die Prävalenzziffer mit 1,3 % in einer chinesischen Studie an 304 Patienten eines psychiatrischen Versorgungszentrums (Xiao et al. 2006). Es besteht Übereinstimmung darin, dass die dissoziative Fugue im Vergleich zur dissoziativen Amnesie oder dissoziativen Identitätsstörung sehr viel seltener ist, aber in Kriegsumständen, nach Naturkatastrophen oder Gewalteinwirkungen häufiger aufzutreten scheint (Fisher 1945; Fisher und Joseph 1949). An eine dissoziative Fugue sollte auch in Fällen eines „Ausreißens“ („runaway behaviour“) von Jugendlichen aus einem aggressionsgeladenen Familienklima gedacht werden (Loewenstein 1996).

Ätiopathogenese

Die unter der dissoziativen Amnesie beschriebenen Bedingungsfaktoren sind auch bei der dissoziativen Fugue von Bedeutung (s. oben). Neben traumatologischen Einflüssen werden ebenfalls andere wichtige psychodynamische Faktoren diskutiert, die sich speziell auf eine prämorbide Psychopathologie und einen ungünstigen familiären Hintergrund beziehen. Einige Patienten lassen erhebliche Trennungsängste, depressive Verstimmungen, suizidale und fremdaggressive Impulse sowie primitive Verleugnungstendenzen erkennen (Ross 2009a). Auch ein Wunscherfüllungscharakter z. B. bei Ausbruch aus einer unerträglichen ehelichen Situation kann erkannt werden. Oft entsteht gerade im Kontext einer Straftat der Verdacht auf eine Simulation, ein mehr oder weniger bewusstseinsnahes Bestreben, die Schuldfähigkeit und Verantwortlichkeit für das eigene Handeln zu reduzieren (Coons 1999). Müdigkeit, Schlafdeprivation und starker Alkoholkonsum sind möglicherweise prädisponierende Faktoren. Nicht selten geht einer Fugue ein diskretes Schädel-Hirn-Trauma voraus (McKay und Kopelman 2009). In der Literatur existieren bisher nur wenige Berichte über eine methodisch sorgfältig durchgeführte neuropsychologische Untersuchung (Schacter et al. 1982; Henning-Fast et al. 2008). Die testpsychologischen Resultate zeigten eine selektive Störung des episodischen Gedächtnisses für personales Erleben und Wissen bei weitgehender Intaktheit des semantischen Gedächtnisses für kontextfreie Informationen. Seltene Neuroimaging-Befunde waren mit jenen zur dissoziativen Amnesie konkordant (Thomas-Antérion et al. 2014).

Symptomatologie

Während der Fugue-Zustände erscheint das Verhalten des Patienten durchaus geordnet und zielgerichtet. Gedächtnisverlust und Verunsicherung bzw. Störung des Identitätsbewusstseins stehen in einem auffälligen Kontrast zu den übrigen intakten höheren kortikalen Funktionen. Die meisten Fugues beinhalten keineswegs die Annahme einer neuen Identität. So unterscheidet Fisher (1945) 3 klinische Typen einer dissoziative Fugue:
  • Amnesie bezüglich der eigenen Biografie, Wechsel der Identität und Leben an einem fremden Wohnort („klassische Fugue“),
  • lediglich Amnesie bezüglich der personalen Identität ohne Wechsel des Identitätsstatus,
  • Rückkehr zu einer früheren Periode im eigenen Leben mit Amnesie für die Zwischenzeit bis zur Gegenwart ohne Wechsel des Identitätsstatus.
Wenn eine neue Identität angenommen wird, so trägt sie im Vergleich zur früheren Identität oft großzügigere und weniger gehemmte Grundzüge der Persönlichkeit. Entsprechend der soziokulturellen Erwartungen bewegt sich die Person mit einem Wechsel des Identitätsstatus in der neuen Umgebung meist völlig integriert und angepasst (Hilgard 1986). Eine erhebliche seelische Erschütterung begleitet die allmähliche Rückkehr einer Person zur ursprünglichen Identität und ihre Verarbeitung der amnestischen Zeitspanne (Kihlstrom et al. 1994).

Verlauf und Prognose

In der Regel sind sowohl der Beginn als auch das Ende einer dissoziativen Fugue plötzlich. Die Remission setzt nicht selten nach einem vorausgegangenen Schlaf ein. Wiederholungen von dissoziativen Fugues bei einer Person sind möglich, ebenso auch das spätere Hinzutreten von anderen dissoziativen Syndromen. Die Prognose ist meist günstig einzustufen (Berrington et al. 1956; Loewenstein 1996).

Diagnostik und Differenzialdiagnose

Patienten mit einer dissoziativen Fugue wenden sich meist erst nach Abklingen des Syndroms an einen Psychiater oder werden vorgestellt, wenn sie beispielsweise einer amtlichen Person gegenüber nicht schildern können, wer sie sind oder was sie in einem bestimmten Zeitraum getan haben. Der Bericht über den Verlust der personalen Identität ist pathognomonisch. Die zwischenzeitliche Annahme einer neuen Identität ist nicht obligat, aber in seltenen Fällen möglich. Ein Zusammenhang zu einem traumatischen, unangenehmen oder belastenden Auslöseereignis ist für die Diagnose zu fordern. Auch nach Auflösung der für den Patienten befremdlichen Episode bleibt oft eine amnestische Insel für die Zeitperiode der Fugue selbst (Kihlstrom et al. 1994). Speziell wenn die Auslösesituation einen persönlich beschämenden oder juristisch heiklen Kontext verrät, ist die Möglichkeit einer Simulation stets zu bedenken.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen einer dissoziativen Fugue sind postiktal auftretende ziellose Wanderzustände bei einer komplex partiellen Epilepsie mit retrograder Amnesie und Desorientiertheit. Ferner sind eine Poriomanie, andere nichtepileptische hirnorganische Störungen wie z. B. Migräne oder Gehirntumoren, Schizophrenie, alkohol- und drogeninduzierte Fugues auszuschließen (Akhtar und Brenner 1979; Good 1993).

Therapie von dissoziativer Amnesie und dissoziativer Fugue

EbM-Info
Es existiert derzeit kein auf empirischer Evidenz basiertes Management und therapeutisches Vorgehen bei der dissoziative Amnesie und dissoziativen Fugue (Staniloiu und Markowitsch 2014). Es wurde lediglich eine anregende Fallstudie mit kognitiv-behavioralen Strategien und den Prinzipien von Mindfulness und Akzeptanz mit einer anschließenden Follow-up-Untersuchung publiziert (Cassel und Humphreys 2015).
Im Urteil von Experten setzt eine baldige Wiederherstellung der vollen Erinnerungsfähigkeit und der Integration vormals dissoziierter Erinnerungen als therapeutisches Ziel einen sicheren und verlässlichen Behandlungsrahmen voraus und fußt in einem stabilen Arbeitsbündnis. Die allgemeine therapeutische Haltung orientiert sich an einem Behandlungsmodell posttraumatischer Syndrome, d. h. Therapeut und Patient müssen auf ein möglicherweise, unter Umständen abrupt erfolgendes traumatisches Wiedererleben mit heftigen Affekten und Gefühlen des Kontrollverlustes vorbereitet sein. Dies beinhaltet ein behutsames Tempo in der therapeutischen Fokussierung auf amnestische Lücken. Ein forciertes Vorgehen ist als therapeutisch unproduktiv anzusehen und kann suizidale Krisen auslösen (Gudjonnsson und Haward 1982; Takahashi 1988).
Wiedererinnerung
Befinden sich Patienten in einem sicheren therapeutischen Rahmen, ist das auslösende traumatische Ereignis vorbei, so kommt es häufig zu einer spontanen Wiedererinnerung. Ist dies nicht der Fall, so kann eine vorsichtige Erhebung der Anamnese, begleitet von einer wiederholten Versicherung und Ermutigung zur Erinnerung dieses Ziel fördern.
Bei der Wiedererinnerung ist es entscheidend, dem Patienten die Selbstbestimmung über die Geschwindigkeit des Erinnerungsprozesses zu belassen und dadurch ein Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit zu vermitteln (Kluft und Loewenstein 2007).
Verhalten des Therapeuten
Ein aktives, für die Sicherheit des Patienten Sorge tragendes Einschreiten des Therapeuten ist gefordert, wenn während des Erinnerungsprozesses suizidale, parasuizidale oder fremdaggressive Krisen auftreten. Eine vorübergehende Hospitalisierung ist in solchen Fällen zu erwägen. Therapeut und Patient müssen schließlich darauf hinarbeiten, das Wissen über die personale Identität und die besonderen Lebensumstände der Auslösesituation wiederherzustellen. Dieses beinhaltet letztlich immer eine Konfrontation mit dem auslösenden Trauma bzw. eine Fokussierung und Durcharbeitung der vorliegenden Konflikte.
Auf eine sehr wahrscheinlich komplexere psychodynamische Ausgangslage ist bei Patienten mit einer dissoziativen Fugue zu achten. Ein tolerantes Aufgreifen häufig vorliegender Beschämungs- und Schuldgefühle wegen sexueller Konflikte, sozialem Fehlverhalten, ehelichen Zwistigkeiten, finanziellen Sorgen, juristischen Verfehlungen usw. ist oft notwendig. Die Konfrontation mit Verhaltensweisen während der Fugue-Episode und die allmähliche Integration bzw. manchmal nur die bloße Akzeptanz dieser Verhaltensweisen, die in einer großen Diskrepanz zu den sonst verinnerlichten moralischen Standards und Selbstansprüchen der Person stehen können, spielen eine grundlegende Rolle (Coons und Milstein 1992).
Psychopharmakotherapie
Treten mit der Wiedererinnerung traumatischer Auslöseereignisse heftige affektive, psychotische, zwanghafte, Angst-, PTBS-Symptome oder Symptome einer gestörten Impulskontrolle auf, dann sind differenzielle psychopharmakologische Interventionen unbedingt indiziert und fördern die therapeutisch notwendige Aufmerksamkeit in der Bearbeitung der Amnesie (Kap. Traumafolgestörungen).
Integration der Wiedererinnerungen
In der Regel müssen die vormals dissoziierten, unter Therapie wiedererinnerten Informationen wiederholt in unterschiedlichen Sitzungen aufgegriffen und bearbeitet werden, bis eine harmonische Integration erreicht wird.
Eine psychopathologische Komplizierung des Wiedererinnerungsvorgangs ist in solchen Fällen häufig, in denen sich die zunächst als primär eingestufte „einfache“ dissoziative Amnesie oder Fugue als Symptom einer komplexen dissoziativen Störung herausstellt. Eine Modifikation des Behandlungsrahmens in eine längerfristig angelegte Psychotherapie ist dann nötig (Abschn. 2.4).
Hypnotische Techniken oder durch Amobarbital gestützte Interviewführung
Diese Techniken werden nach wie vor in der Behandlung dissoziativer Amnesien und Fugues verwendet und erzielen überwiegend gute Symptomremissionen, wenngleich hierzu keine kontrollierten Studien vorliegen (Kluft und Loewenstein 2007; McKay und Kopelman 2009). Der Einsatz dieser Therapiemodalitäten erfordert aber eine noch intensivere Beachtung der geschilderten allgemeinen therapeutischen Prinzipien. Insbesondere muss das Risiko einer therapeutisch induzierten Erinnerung im Sinne einer „false memory“ bedacht werden (Brown et al. 1998; Brewin 2009).
Förderung eines ausgewogenen Schlafverhaltens
Ein jüngst vorgestelltes psychophysiologisches Modell, das ein vermehrtes Auftreten dissoziativer Symptome im Kontext eines labilen Schlaf-Wach-Zyklus und einer vorliegenden Insomnie diskutierte, legte ein verstärktes Augenmerk auf die Behandlung eben solcher koexistenter Schlafstörungen (van der Kloet et al. 2013).

Depersonalisations-/Derealisationsstörung

Definition und Konzept

Depersonalisation drückt ein Gefühl der Entfremdung gegenüber dem eigenen Körper und dem personalen Selbst aus. Derealisation beschreibt ein analoges Gefühl der Person gegenüber der Umwelt. In beiden Fällen ist das Realitätsurteil aber intakt. Die subjektiv verspürten Veränderungen in der Wahrnehmung sind unangenehm und oft nur schwer verbalisierbar. Beschreibungen tragen dann meist den Charakter eines „als wie …“. Depersonalisation und Derealisation stellen ein Kontinuum dar, sie können zusammen oder aber getrennt im Erleben auftreten. Die Syndrome wurden ursprünglich von Krishaber (1872) beschrieben, die Bezeichnungen stammen von Dugas und Moultier (1911).
Depersonalisation und Derealisation können Symptome bei einer Vielzahl von psychiatrischen Störungen sein, z. B. bei Angst- und Panikstörungen, Zwang, Depression, Schizophrenie oder Borderline-Persönlichkeitsstörung. Sie sind ferner häufige Symptome bei einer Reihe von somatischen Erkrankungen, z. B. bei Epilepsien, Migräne, Substanzmissbrauch, Entzugssyndromen, unerwünschten psychischen Arzneimittelwirkungen. Sie können aber auch als eigenständige klinische Syndrome imponieren. Depersonalisation und Derealisation begleiten als Symptome auch andere dissoziative Störungen. In milden Formen kennzeichnen sie in der Allgemeinbevölkerung häufig verbreitete Phänomene einer veränderten Selbst- und Umweltwahrnehmung (Sierra 2009).

Epidemiologie

Nach modernen diagnostischen Standards erhobene Prävalenzzahlen liegen für eine Depersonalisationsstörung zwischen 1 % und 3 % (Ross et al. 1991; Hunter et al. 2004). Michal et al. (2009) wiesen in einer repräsentativen Stichprobe nach, dass 1,9 % der deutschen Allgemeinbevölkerung an einer Depersonalisationsstörung litten.Werden auch mildere Ausprägungsgrade hinzugezählt, so muss die Lebenszeitprävalenz in der Allgemeinbevölkerung vermutlich als deutlich höher geschätzt werden (Hunter et al. 2004). Auch wenn Frauen insgesamt häufiger einzelne Depersonalisationssymptome angeben (Aderibigbe et al. 2001), besteht hinsichtlich der Depersonalisationsstörung ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (Hunter et al. 2004).
Etwa 30–40 % der Personen, die einer lebensbedrohlichen Gefahr ausgesetzt waren, berichten über ein vorübergehendes Depersonalisationssyndrom (Spiegel et al. 2011). Depersonalisation ist ein sehr häufiges Symptom bei Angst-, Zwangs- und depressiven Störungen (Michal et al. 2011). In einem Versorgungskontext erscheint bedeutsam, dass Depersonalisation häufig mit Schwindelsymptomen assoziiert ist und dann zu einem verstärkten medizinischen Inanspruchnahmeverhalten führt (Tschan et al. 2013). Depersonalisation kann bei Jugendlichen als eigenständiges Syndrom charakterisiert werden und eine typische Reifungs- und Entwicklungsproblematik ausdrücken (Fagioli et al. 2015; Michal et al. 2015). In einer prospektiven Longitudinalstudie stellten sich prominente kindliche Ängste als einzige signifikante Prädiktorvariable für eine Depersonalisationsstörung im Erwachsenenalter dar (Lee et al. 2012).

Ätiopathogenese

Es wird eine multifaktorielle Genese der Depersonalisations-/Derealisationssyndrome diskutiert. Sowohl psychologische als auch neurobiologische Modellvorstellungen (Sierra 2009) konvergieren in der Ansicht, dass dominante Hemmprozesse einer allgemein veränderten emotionalen Reagibilität (Deaffektualisation), speziell einem Verlust des emotionalen Tonus in der Wahrnehmung der eigenen Person (Depersonalisation), des eigenen Körpers (Desomatisation) und der Umwelt (Derealisation) zugrunde liegen (Philipps und Sierra 2003; Medford et al. 2005; Sierra 2009).
In der Beurteilung von Depersonalisation als Symptom bei anderen psychiatrischen Störungen wird v. a. auf eine primäre spezifische Affektstörung verwiesen wie im Falle des „phobischen Angst-Depersonalisations-Syndroms“ (Roth 1959) oder der „Entfremdungsdepression“ bzw. der „teilnahmslosen Depression“ (Leonhard 1995). Ferner können auch Zwangsstörungen, psychotische Prodromalstadien und diverse Persönlichkeitsstörungen mit prominenten Depersonalisationssymptomen einhergehen (Sierra 2009). Gegen eine Hypothese von Depersonalisation als unspezifischem Sekundärphänomen spricht die Existenz primärer Syndrome, die empirisch durch große Fallserien von mehreren hundert Patienten mit einer primären Depersonalisationsstörung belegt ist (Baker et al. 2003; Simeon et al. 2003b). Dem Auslösekontext traumatischer Erfahrungen, intensiver emotionaler Belastungen, aber auch körperlicher Anstrengungen und Krankheiten kommt pathogenetisch ein eigenständiger Stellenwert zu (Philipps et al. 2001; Simeon et al. 2001a).
Psychodynamische Modelle
In der psychodynamischen Literatur wurden komplexe Abwehrprozesse herausgearbeitet, die zur Depersonalisation führen können (Schilder 1925; Federn 1926; Oberndorf 1935; Levy und Wachtel 1978; Torch 1987; Michal und Beutel 2009). So wird speziell die Bedeutung von selbstobjekthaften Erfahrungen für die Ausbildung einer kohäsiven Selbstorganisation betont. Ein fundamentaler Mangel oder einschneidende Brüche in der Verlässlichkeit der primären Beziehungen begünstigt hingegen eine Fragmentierung des Selbstgefühls mit resultierender Depersonalisation (Lichtenberg 1991).
Weit ins Psychosomatische eines Individuums reichende negative Auswirkungen solcher Defizit- oder Traumaerfahrungen zeigen sich, wenn diese Depersonalisationszustände von einer Analgesie begleitet werden. Diese stellt zwar evolutionär einen primitiven Schutzmechanismus dar, der implizite Selbstverlust kann aber zuweilen eine unerträgliche Dimension annehmen und dann zu selbstverletzenden und suizidalen Handlungen drängen (Eckhardt-Henn und Hoffmann 2004).
Depersonalisation ohne externe Belastungssituation
Ein Perspektivenwechsel von einer vorrangigen Orientierung an externen Belastungen zu einer intrapsychischen Verarbeitungsbereitschaft oder biologischen Reaktionstendenz wird dann entscheidend, wenn man die nicht so seltenen Fälle einer Depersonalisation (20–40 %) verstehen will, in denen Patienten über keinerlei emotional belastende Ereignisse im zeitlichen Vorfeld berichten können und sich zuweilen sogar in einer Ruhe- oder Entspannungsphase befunden haben (Sedman 1970). Eine Übersicht über verschiedene Formen der Depersonalisation in ihren je typischen Bedingungskontexten bietet Tab. 6.
Tab. 6
Formen einer normalen und pathologischen Depersonalisation. (Nach Steinberg 1994)
 
Häufige milde Form einer Depersonalisation (I)
Vorübergehende Form einer Depersonalisation (II)
Pathologische Form einer Depersonalisation (III)
Kontext
Tritt als isoliertes Symptom auf
Tritt als isoliertes Symptom auf
Tritt innerhalb einer Konstellation von anderen dissoziativen oder nichtdissoziativen Symptomen auf
Häufigkeit
Eine oder wenige Episoden
Eine vorübergehende Episode
Persistierende oder wiederkehrende Depersonalisation
Dauer
Kurz, Sekunden bis Minuten
Begrenzt, Minuten bis Wochen
Chronische und habituelle Depersonalisation über Jahre
Auslösefaktoren
Extreme Müdigkeit, sensorische Deprivation, hypnagoge und hypnopompe Zustände,Drogen-/Alkoholintoxikation,Schlafentzug,somatische Krankheit,Intoxikation,schwerer psychosozialer Stress
Lebensbedrohliche Gefahr nach Autounfällen, Erfahrungen von Todesnähe, schwerwiegendes psychologisches Einmaltrauma
Nicht assoziiert mit Faktoren aus I und II, kann durch eine Traumaerinnerung angestoßen sein, kann durch ein externes stressvolles Ereignis ausgelöst werden, aber auch ohne ein solches auftreten, tritt in Abwesenheit eines schweren akuten Einmaltraumas auf
Organische Erkrankungen und Induktion durch Substanzen
Unterschiedliche organische Erkrankungen, hierunter v. a. Epilepsien, Migräne, vestibuläre Störungen, Schädel-Hirn-Traumata oder Kleine-Levin-Syndrom (Lambert et al. 2002; Sang et al. 2006; Sierra 2009; Medford 2014) sowie zahlreiche Medikamente (z. B. Antihistaminika, Benzodiazepine, Indometacin, Koffein, Minocyclin) und psychotrope Substanzen (v. a. Alkohol, LSD, Marihuana) können ebenfalls Depersonalisationssymptome auslösen (Medford et al. 2003; Cohen 2004; Simeon et al. 2009).
Neuroimaging-Befunde
Mittlerweile liegen Daten aus mehreren Neuroimaging-Studien vor, die trotz unterschiedlicher Methodik (PET, fMRT) und variierendem Untersuchungsparadigma eine Überprüfung des neurobiologischen Modells der Depersonalisation von Sierra und Berrios (1998; Abschn. Grundlagen dissoziativer Störungen der Selbst- und Umweltwahrnehmung) erlauben. Die berichteten Ergebnisse sind nicht einheitlich. Sie weisen auf eine hohe neuronale Interkonnektivität bei der Depersonalisation hin, sind aber mit den Modellvorstellungen grundlegend kompatibel.
  • In einer ersten PET-Studie an 8 Patienten mit einer primären Depersonalisationsstörung zeigten Simeon et al. (2000) v. a. funktionelle Störungen in jenen Arealen des sekundären sensorischen und cross-modalen Kortex (visuell, akustisch, somatosensorisch), die hoch bedeutsam für ein integriertes Körperschema sind. Weniger Dysfunktionen im Temporallappen und medialen Anteilen des limbischen Systems, sondern vielmehr in den hierarchisch nachgeschalteten Assoziationsarealen des parieto-okzipitalen Übergangs um den Gyrus angularis wiesen auf die besondere Bedeutung des Körperselbst für ein grundlegend gestörtes Selbstgefühl in der Depersonalisation hin.
  • Interessanterweise wurden bei speziellen neurologischen Störungen des Körperschemas mit „Out-of-body-experiences“ oder Autoskopie, die auch bei komplexen Depersonalisationsstörungen beobachtet werden (Brown 2002; Brugger 2002), ganz analoge zerebrale Aktivierungsmuster gefunden (Tong 2003; Blanke et al. 2004; Bünning und Blanke 2005).
  • Experimentell durch Tetrahydrocannabinol induzierte Depersonalisationssymptome bei 59 gesunden Probanden führten in einer PET-Studie zu einem erhöhten Metabolismus im rechten Frontalhirn sowie im rechten Zingulum bei gleichzeitiger Hemmung subkortikaler limbischer Strukturen (Mathew et al. 1999).
  • Der Einsatz des glutamaterg wirksamen Ketamin führte in einer fMRT-Studie bei 8 gesunden Probanden einerseits zu einer Reduktion in limbischen Arealen bei Betrachten von Gesichtern mit Angstexpression, andererseits zu einer Aktivierung des visuellen Kortex bei emotionsneutralen Stimuli (Abel et al. 2003).
  • In einer funktionellen MRT-Untersuchung an 6 Patienten mit Depersonalisationsstörung und 2 Kontrollgruppen mit Zwangspatienten und gesunden Personen reagierten die Patienten mit Depersonalisationssymptomen v. a. mit einer starken Aktivierung im rechten ventralen präfrontalen Kortex auf emotional-aversive Bilder. Die beiden Kontrollgruppen wiesen eine signifikant ausgeprägtere Reaktion in jenen Zentren wie Insel und temporo-okzipitalem Kortex auf, die grundlegend für die Wahrnehmung des Ekelaffektes, aber auch für andere polymodale Körpersignale sind. Patienten mit Depersonalisationsstörung aktivierten die Inselregion nur bei emotionsneutralen Bildern (Phillips et al. 2001).
  • Eine weitere MRT-Studie an 14 Patienten mit chronischer Depersonalisation deckte ein ganz ähnliches Aktivierungsmuster auf. Im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden reagierten die Patienten auf Vorlage unangenehmer emotionaler Bilder mit einer Aktivierung des rechten ventrolateralen PFC bei gleichzeitiger Nichtaktivierung von Amygdala und Inselregion (Medford et al. 2006).
  • In einer ähnlich konzipierten MRT-Studie konnten Lemche et al. (2007, 2008) nachweisen, dass Patienten mit einer Depersonalisationsstörung auf Bilder mit traurigen und glücklichen Gesichtern einer steigenden Intensität im Gegensatz zur gesunden Kontrollgruppe eine verringerte Aktivierung von Amygdala und Hippokampus zeigten. Eine Aktivierung im dorsolateralen PFC (DLPFC) war bei der Patientengruppe, nicht aber bei der Kontrollgruppe negativ mit dem Ausmaß der autonom-nervösen Reagibilität korreliert. Dem DLPFC schien also eine wichtige hemmende Funktion auf limbische Aktivierungsprozesse zuzukommen.
Aus diesen Neuroimaging-Studien lassen sich 2 Hauptpunkte herauskristallisieren: Depersonalisation scheint einerseits mit einer erhöhten präfrontal-kortikalen Aktivität einherzugehen. Es sind speziell jene Regionen involviert, die mit der Kontextualisierung und Bewertung von emotional bedeutsamen Informationen und weniger mit der Induktion von Affektzuständen per se befasst sind. Diese erhöhte präfrontale Aktivität übt einen grundlegenden Hemmeffekt auf subkortikale limbische Zentren, v. a. auf die Amygdala aus. Sie kann auch wichtige viszerale Informationen aus Körperzuständen, die über die Insel vermittelt werden, blockieren (Craig 2009). Die besondere Bedeutung des anterioren Zingulum in der Mitregulation emotionaler Reaktionen ist hervorzuheben, seine differenziellen Funktionen bei der Depersonalisation sind aber noch weiter zu klären. Andererseits sind auch höhere kortikale Assoziationsareale beteiligt, die für die polymodale Integration des Körperschemas benötigt werden (Phillips und Sierra 2003; Smith und Darlington 2013). Es scheinen v. a. parietale Mechanismen den Gefühlen einer Körperfremdheit und einer mangelnden Handlungskontrolle im und über den eigenen Körper zugrunde zu liegen (Sierra und David 2011).
Psychophysiologische Studien
Sie belegen im Prinzip modellkonform, dass die für eine Depersonalisation postulierte Hemmung der emotionalen Prozessierung mit einer zentralen Dämpfung autonom-vegetativer Reaktionen einhergeht (Owens et al. 2015). Patienten mit chronischen Depersonalisationssymptomen wiesen gegenüber Angstpatienten und gesunden Kontrollprobanden eine signifikant verzögerte Hautleitreaktion auf emotional-aversive Bilder auf. Die Latenz auf neutrale Bilder war sowohl bei Patienten mit Depersonalisation als auch bei Angstpatienten hingegen kürzer als bei der gesunden Kontrollgruppe. Depersonalisierte Patienten antworteten wiederum früher auf unspezifische Schreckreize. Es erschien plausibel, dass die in der Depersonalisation reduzierte emotionale Reagibilität bei gleichzeitig erhöhter Vigilanz durch eine selektive Hemmung der emotionalen Verarbeitung verursacht wurde (Sierra et al. 2002). In einer vergleichbaren Studie wurden eine Patientengruppe mit Angststörungen, eine Patientengruppe mit Depersonalisationsstörungen und eine gesunde Kontrollgruppe hinsichtlich ihrer autonom-nervösen Reaktion (galvanischer Hautwiderstand) auf die Vorlage von Bildern mit glücklichen und ekelerfüllten Gesichtern miteinander verglichen. Angstpatienten reagierten auf die aversive Stimulation mit der stärksten autonomen Aktivierung. Patienten mit Depersonalisationsstörung verhielten sich sehr ähnlich den Kontrollprobanden, obwohl sie subjektiv ein ähnlich hohes Angstniveau in den vorgelegten Angstskalen signalisierten. Bei positiver Stimulation bestanden keine Unterschiede zwischen den 3 Gruppen (Sierra et al. 2006a). Werden einzelne Dimensionen der Wahrnehmung, der kognitiven und emotionalen Bewertung von körperlichen Signalen in komplexeren psychophysiologischen Untersuchungsparadigmata bei Patienten mit Depersonaliationsstörung näher analysiert, so scheint keine globale Beeinträchtigung beispielsweise der enterozeptiven Wahrnehmung vorzuliegen, sondern vielmehr eine attentive, kognitive und emotionale Abstimmungsproblematik im Hinblick auf ein integriert erlebbares Körperselbst hin zu bestehen (Michal et al. 2013, 2014; Schulz et al. 2015).
Die neurobiologische Hypothese einer Hemmung der Inselregion durch den ventrolateralen PFC bei der Depersonalisationsstörung wurde durch ein Proof-of-Concept-Experiment mittels repetitiver Magnetstimulation überprüft und hierdurch eine Abnahme der Depersonalisationssymptome erzielt (Jay et al. 2014).
Neurochemische Aspekte
In neurochemischer Hinsicht wurde vorrangig eine serotonerge Dysfunktion diskutiert (Hood et al. 2006). In der Tat können die Halluzinogene LSD, Psilocybin oder Dimethyltriptamin (DMT) über agonistische Wirkungen an den 5-HT2A und 5-HT2C-Rezeptoren Depersonalisationssymptome auslösen. Auch der 5-HT2C-Agonist m-CPP kann bei prädisponierten Personen mit unterschiedlichen psychischen Störungen (soziale Phobie, Zwangsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung) in einem variierenden Ausmaß Depersonalisationssymptome provozieren (Simeon 2009). Positive Besserungen auf SSRI in offenen Studien konnten jedoch in der einzigen bisher vorliegenden doppelblinden, plazebokontrollierten Studie mit Fluoxetin nicht bestätigt werden (Simeon et al. 2004).
Andere Neurotransmittersysteme wie z. B. das Glutamatsystem sind ebenfalls von Bedeutung (Pikwar 2011). Eine glutamatabhängige Bahn mit Ursprung im ventromedialen PFC und Hemmwirkung auf limbische Strukturen ist für emotionales Verhalten nachgewiesen (Akirav und Maroun 2007). Das glutamaterge Anästhetikum Ketamin kann dissozative Symptome auslösen (Krystal et al. 1998). Lamotrigin, das auf den NMDA-Rezeptor einwirkt, kann wiederum diese ketamininduzierten dissoziativen Effekte erfolgreich antagonisieren (Anand et al. 2000), konnte bisher aber noch nicht überzeugen.
Das System der endogene Cannabinoide und Opoide scheint ebenfalls involviert zu sein (Simeon 2004). So hemmt wahrscheinlich das endogene Opiatsystem entscheidend die Schmerzwahrnehmung und reduziert noradrenerg getriggerte Panikaffekte (Frew und Drummond 2007; Schmahl und Bohus 2007). Eine ausgelöste affektive Betäubung erlaubt dem Organismus, einen überwältigenden Stress nicht bei klarem Bewusstsein in relativer Schmerzfreiheit zu überstehen, allerdings auf Kosten einer nicht exakten Enkodierung der traumatischen Erfahrung. Hohe Opiatkonzentrationen interagieren negativ mit Lern- und Gedächtnisprozessen. Ein antidissoziativer Effekt von Opiatantagonisten zeichnete sich in den bisher einzigen Studien an Patienten mit einer primären Depersonalisationsstörung ab, die mit Naloxon (Nuller et al. 2001) bzw. Naltrexon (Simeon und Knutelska 2005) behandelt wurden. Die mögliche Beteiligung des endogenen Cannabinoidsystems wird unterstrichen, wenn ein Cannabiskonsum bei einer Reihe von Jugendlichen persistierende Depersonalisationssyndrome induzieren kann (Hürlimann et al. 2012).
Stresshormon-(HPA-)Achse
Eine Depersonalisationsstörung geht möglicherweise mit einem anderen Aktivierungsmuster der Stresshormon-(HPA-)Achse einher als für die posttraumatische Belastungsstörung einerseits, für die Major Depression andererseits beschrieben worden ist (Simeon et al. 2001b, 2008). Depersonalisation ist mit einer normalen oder erhöhten basalen Kortisolsekretion sowie einem verringertem negativen Feedback bei niedrig dosierter Vorbehandlung mit Dexamethason assoziiert; auf psychosozialen Stress wird oft eine reduzierte Kortisolantwort beobachtet. Die PTBS hingegen zeigt reduziertes basales Kortisol, ein erhöhtes negatives Feedback und auf Stress eine erhöhte Response. Bei einer Major Depression findet sich wiederum eine basale Hyperkortisolämie, ein reduziertes oder aufgehobenes negatives Feedback sowie eine verstärkte Reaktion auf Stress (Yehuda 2006). Insgesamt wird der Zusammenhang von Depersonalisation und eventueller HPA-Dysfunktion weiterhin noch nicht gut verstanden (Sierra 2009).

Symptomatologie

Schilder (1935) beschreibt Depersonalisation wie folgt:
Das Individuum fühlt sich vollständig verändert im Vergleich zu dem, was es vorher war. Diese Veränderung ist gegenwärtig im Selbst wie auch in seiner Außenwelt, das Individuum erkennt sich selbst nicht mehr als eine Persönlichkeit. Seine Handlungen erscheinen ihm als automatisch. Er beobachtet seine Handlungen und sein Verhalten vom Standpunkt eines äußeren Betrachters. Die Außenwelt ist ihm fremd und neu und nicht so wirklich wie zuvor (S. 138).
Dieses Gewahrwerden von Selbst und Umwelt enthält eine intensiv unangenehme, zuweilen quälende Affektqualität. Die als Selbstverlust registrierte veränderte Selbstwahrnehmung geht regelhaft mit dem Gefühl eines geminderten Selbstwertes einher. Es imponiert eine profunde Beschämung oder soziale Isoliertheit, die nicht mehr kommunizierbar ist. Angst auch vor körperlichem Kontrollverlust oder vor Verlust der geistigen Gesundheit sind häufige Begleitaffekte von Depersonalisation, besonders im Anschluss an eine Traumaerfahrung (Roth und Argyle 1988; Nathanson 1989; Lewis 1990). Dem Aspekt der schweren Beschreibbarkeit von Depersonalisation kann eine eigene psychopathologische Wertigkeit zugesprochen werden (Oka 2006).
Nicht selten gehen diffuse Somatisierungssymptome, eine beunruhigende Benommenheit, ein elementares Schwindelgefühl oder ein Verlust der klaren Zeitwahrnehmung mit einer Depersonalisation einher. Autoskopische Phänomene (Wahrnehmung des eigenen Körpers außerhalb der eigenen Person als einer zweiten, identischen Person), Metamorphopsien und Störungen des Körperschemas können zusätzlich auftreten (Oyebode 2008). Der Kontakt zur Umwelt erscheint verloren, ohne die übliche affektive Konnotation, vielmehr emotional unbeteiligt, traumhaft entrückt, flach usw. In Tab. 7 werden die symptomatischen Hauptdimensionen der Depersonalisation zusammengefasst.
Tab. 7
Symptomatische Hauptdimensionen des Depersonalisation-Derealisation-Syndroms. (Nach Sierra 2009)
Abnorme Körperwahrnehmung
(Desomatisierung)
Gefühlsbetäubung
( Deaffektualisierung )
– Gefühl der Nicht-Selbstzugehörigkeit des Körpers, der körperlichen Entfremdung
– Verlust des personalen Handlungsgefühls
– Gefühl außerhalb des eigenen Körpers zu sein (Out-of-body-experiences, Heautoskopie)
– Somatosensorische Verzerrungen
– Erhöhte Selbstbeobachtung gegenüber dem nicht mehr selbstverständlich erlebten Körper
– Verlust eines nuancierten positiven wien egativen emotionalen Empfindens
– Gefühl der Gefühllosigkeit, der emotionalen Betäubung
– Gefühl von basalem Leiden, objektloser Qual
– Vorhandene kognitive Empathiefähigkeit ohne emotionale Resonanz
– Subjektive Gefühlsbetäubung vs. differenzierte objektive Affektexpressionen
Abnorme subjektive Erinnerungen
( Deideation )
Entfremdung von der Umwelt
(Derealisation)
– Erinnerungen ohne persönliche Bedeutungen
– Erinnerungen in einer „Außenposition“
– Blasse, farblose innere Vorstellungswelt
– Verlust des subjektiven Zeitgefühls
– verändertes Gefühl der Zeitdauer
– Gefühl der zeitlichen Diskontinuität
– Gefühl der psychischen Leere
– Der Wahrnehmung der Dinge in der Umwelt als fern, fremd, unwirklich
– Verlust der hedonischen Komponente in der Wahrnehmung der Dinge in der Umwelt

Verlauf und Prognose

Obwohl der Beginn einer Depersonalisation/Derealisation gewöhnlich als plötzlich beschrieben wird, erfolgt er gelegentlich auch allmählich (Chee und Wong 1990). Die Verlaufsdauer ist abhängig von der Form der Depersonalisation und den zugrunde liegenden Bedingungen (Tab. 6).
Die primäre Depersonalisationsstörung ist nicht selten chronisch-persistierend (Baker et al. 2003). Ein hiermit assoziiertes erhöhtes Suizidrisiko ist zu bedenken (Foote et al. 2008).

Diagnostik und Differenzialdiagnose

Die diagnostischen Kriterien fordern ein anhaltendes oder wiederkehrendes Gefühl der Selbstentfremdung, eine als unwirklich verändert erlebte Wahrnehmung des eigenen Körpers, der intrapsychischen Abläufe oder der Umweltvorgänge. Diese Veränderungen in Selbst- und Umweltwahrnehmung müssen von erheblichem Ausmaß sein und bedeutsame negative Auswirkungen auf das seelische Befinden und psychosoziale Leben haben. Eine sorgfältige Exploration der Auslösesituation ist grundlegend.
Die häufige Komorbidität von Depersonalisation und Derealisation mit anderen psychiatrischen Störungen ist zu beachten. Hierbei kommt den diversen Angst- und depressiven Störungen eine besondere differenzialdiagnostische Bedeutung zu. Auch andere dissoziative Störungen müssen gezielt eruiert werden. Dies geschieht am günstigsten mit einem hierfür spezifisch entwickelten strukturierten klinischen Interview (z. B. Structured Clinical Interview for Dissociative Disorders, SCID-D- R, Steinberg 2000; Structured Clinical Interview for Depersonalization-Derealization Spectrum, SCI-DER, Mula et al. 2008). Mit der Cambridge Depersonalization Scale (Sierra und Berrios 2000) liegt ein psychometrisch gut validerter Selbstfragebogen vor.
Die Intaktheit eines Realitätsurteils ist psychopathologisch das entscheidende abgrenzende Merkmal gegenüber Psychosen.
Wie auch bei den anderen dissoziativen Störungen müssen mögliche organische Bedingungsfaktoren gezielt überprüft werden. Eine eingehende internistische und neurologische Befundung, ein EEG-, CCT/MRT-Status, ein Drogen- und Medikamentenscreening (z. B. Marihuana) sollten also vor einer Diagnosestellung erfolgt sein.

Therapie

Der allgemeine therapeutische Zugang zu Personen mit einer primären Depersonalisations-/Derealisationsstörung beinhaltet
  • eine psychoedukative Aufklärung über die Natur der häufig sehr beunruhigenden Symptome,
  • eine Wahrnehmungschulung gegenüber möglichen Auslösereizen,
  • eine Information über verfügbare Behandlungsansätze,
  • spezifische Techniken zur Symptomerleichterung (Baker et al. 2007; Kluft und Loewenstein 2007).
„Erdung oder Reorientierungstechniken“
Der Patient wird instruiert, bei Depersonalisation einen körperlichen Kontakt mit den Objekten seiner vertrauten Umgebung zu suchen, Gegenstände zu berühren und sich hierbei auf die verspürten Empfindungen zu konzentrieren, den eigenen Namen, den augenblicklichen Ort oder andere positive Umstände laut zu verbalisieren und hierüber einen selbstversichernden und -unterstützenden Effekt zu bewirken.
Ablenkungstechniken
Ein bewusstes sich Versenken in eine angenehme Aktivität, z. B. ein intensives Gespräch mit Vertrauenspersonen, kann den inneren Circulus vitiosus an negativen Gedanken und Emotionen unterbrechen, die mit einem Depersonalisationserleben regelhaft einhergehen.
Kontrollierte Dissoziation
Der Patient wird systematisch angehalten, willentlich die Intensität des Depersonalisationsgefühls zu erhöhen oder zu verringern, wann immer eine Episode auftritt. Hierdurch lässt sich ein Gefühl der Kontrolle über das dissoziative Symptom zurückgewinnen, das meist hilflos, ohnmächtig und überwältigend erlebt wird.
Kreative Visualisierung
Der Patient wird angehalten, sich eine für ihn ganz individuell typische, positive Erinnerung, einen angenehmen Ort, eine vertraute, sichere Situation möglichst plastisch vor dem inneren Auge auszugestalten und dadurch das Depersonalisationserleben abzudrängen.

Psychotherapeutische Ansätze

Hypnotische Techniken werden gelegentlich mit Erfolg eingesetzt (Spiegel 1988).
Verhaltenstherapeutische Ansätze mit Exposition gegenüber Auslösesituationen wurden in Einzelfällen mit guten Resultaten erprobt (Sierra 2009).
Kognitive Strategien spielen eine große Rolle in der Bearbeitung von kognitiven Verzerrungen, die regelhaft eine traumatisch bedingte Depersonalisation begleiten. Über eine Erfolg versprechende Studie an 21 Patienten mit Depersonalisationsstörung, die mit kognitiver Verhaltenstherapie in einem offenen Design behandelt wurden, berichten Hunter et al. (2005).
Biofeedback kann körperliche Wahrnehmungsprozesse prinzipiell fördern. Die Ergebnisse der bisher einzigen offenen Studie bei Patienten mit primärer Depersonalisationsstörung waren aber enttäuschend (Schoenberg et al. 2012).
Modifizierte psychodynamische Verfahren konzentrieren sich auf Depersonalisation als ein Symptom einer pathologischen Abwehr, die zu einer fragmentierten Selbst- und Objektwahrnehmung führt. Eine selbstpsychologisch und objektbeziehungstheoretisch geleitete therapeutische Haltung erscheint vorteilhaft (Torch 1987; Eckhardt-Henn und Hofmann 2004; Michal et al. 2006, 2007).
Ein klassisches psychoanalytisches Behandlungssetting mit der hier suspendierten visuellen Modalität in den therapeutischen Interaktionen ist hingegen in den meisten Fällen einer chronischen Depersonalisation kontraindiziert.

Psychopharmakologische Ansätze

Unterschiedlichste psychopharmakologische Strategien mit Substanzen aus allen Hauptwirkgruppen wurden in der Behandlung von Depersonalisationssyndromen versucht. Wenngleich Depersonalisationssymptome im Kontext anderer primärer Störungen in der Regel durch die Behandlung der Grundstörung, z. B. Depression oder Angst, ebenfalls zurückgehen, so sind die Resultate bei einer primären Depersonalisationsstörung bisher widersprüchlich und nicht voll überzeugend (Sierra 2008).
Eine frühere Konzeptualisierung der Depersonalisation als Zwangsspektrumsstörung (Simeon et al. 1995) und die hiermit assoziierte Hypothese einer serotonergen Dysfunktion favorisierte den Einsatz speziell von selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern. Hollander et al. (1990) berichteten positive Erfahrungen aus einer offenen Studie mit Fluoxetin und Fluvoxamin. Mehrere Behandlungskasuistiken dokumentierten eine erfolgreiche Kombination von Fluoxetin und Buspiron bei therapierefraktärer Depersonalisation (Abbas et al. 1995). Die bisher einzige doppelblinde, plazebokontrollierte Studie mit Fluoxetin konnte das serotonerge Behandlungsprinzip allerdings nicht bestätigen, wenngleich einige Patienten unter Fluoxetin diskrete Besserungen verspürten (Simeon et al. 2004). Für den SNRI Venlafaxin liegt eine interessante Fallstudie vor (Preve et al. 2011).
Auch der Einsatz von Benzodiazepinen wie Clonazepam (Stein und Uhde 1989; Sachdev 2002) muss unter kontrollierten Bedingungen weiter untersucht werden.
Eine Beteiligung des Opiatsystems an der Pathogenese von Depersonalisationssyndromen erscheint als relativ gesichert. Opiatantagonisten wie Naloxon zeigten im einfachblinden und plazebokontrollierten Design (Nuller et al. 2001) oder Naltrexon im offenen Studiendesign (Simeon und Knutelska 2005; Pape und Wöller 2015) jeweils positive Ergebnisse. Depersonalisationssymptome bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung besserten sich in einer offenen Studie unter Naltrexon gut (Bohus et al. 1999). In einer nachfolgenden kontrollierten Studie konnte dies bestätigt werden. Es bestand aber kein signifikanter Unterschied zwischen Naltrexon und Plazebo (Philipsen et al. 2004).
Das in einer theoretischen Diskussion interessante, über den glutamatergen NMDA-Rezeptor aktive Lamotrigin (25–250 mg/die) war in einer ersten plazebokontrollierten Studie enttäuschend (Sierra et al. 2003). Ein weiteres RCT mit Lamotrigin (25–300 mg/die) zeigte gegenüber Plazebo hingegen signifikante Verbesserungen (Aliyev und Aliyev 2011). Es bestehen klinische Hinweise auf eine möglicherweise vorteilhafte Kombination von Lamotrigin mit SSRI (Sierra et al. 2006b).
EbM-Info
Evidenzbasierte psychotherapeutische und psychopharmakologische Ansätze liegen bei der Depersonalisationsstörung erst in Ansätzen vor (Somer et al. 2013).
Für störungsorientierte kognitiv-verhaltenstherapeutische und psychodynamische Behandlungen werden positive Ergebnisse aus offenen Studien und Fallserien berichtet (Evidenzgrad II/III).
Unter den diversen psychopharmakologischen Studien ist die potenzielle Wirksamkeit von Lamotrigin zumindest in 1 RCT angezeigt worden (Aliyev und Aliyev 2011; Evidenzgrad Ib/II). Analoges gilt für die Opiatantagonisten Naloxon/Naltrexon (Evidenzgrad Ib/II).

Dissoziative Identitätsstörung

Definition und Konzept

Nur wenige psychiatrische Störungen haben mehr wissenschaftliche, klinische und medienwirksame Kontroversen provoziert als das Phänomen der multiplen Persönlichkeit bzw. der dissoziativen Identitätsstörung. Nach einer Definition von Kluft (1991) wird hierunter verstanden:
…eine komplexe, chronische dissoziative Psychopathologie, die durch Störungen des Gedächtnisses und der Identität charakterisiert ist. Sie unterscheidet sich von anderen psychischen Störungen durch eine anhaltende Koexistenz von relativ konsistenten, aber wechselnd auftretenden, subjektiv getrennten Identitäten und durch wiederkehrende Episoden einer verzerrten Erinnerungsfähigkeit, einer offenkundigen Amnesie oder beides. (S. 161)
Die anhaltende wissenschaftliche Kontroverse um die dissoziative Identitätsstörung in der psychiatrischen Kommunität betrifft v. a. 2 Hauptaspekte, die ätiologische Diskussion zum einen, den Validitätsstatus der dissoziativen Störung als distinkter diagnostischer Kategorie zum anderen. Während einige Proponenten in der dissoziativen Identitätsstörung v. a. eine iatrogene Genese oder eine soziokulturell vermittelte literarische Fiktion erblicken und daher das diagnostische Konzept strikt ablehnen (Piper und Merskey 2004a, b; Spanos 1994), sehen andere Vertreter einen ätiologisch engen Zusammenhang zu schwerwiegenden frühkindlichen Traumatisierungen als einen kaum vernünftig zu bezweifelnden, empirischen Sachverhalt an und favorisieren ein differenziertes traumatologisches Diathese-Stress-Modell (Kluft und Loewenstein 2007; Dell 2009; Spiegel et al. 2011, 2013).
Eine sorgfältige empirische Analyse des Validitätsstatus der diagnostischen Kategorie „dissoziative Identitätsstörung“ belegt zunächst eine vergleichbar gute Fundierung wie bei anderen, offiziell anerkannten psychiatrischen Störungen. So gelingt eine zufriedenstellende Abgrenzung zu psychotischen, speziell schizophrenen Störungen, auch mehrheitlich zur Borderline-Persönlichkeitsstörung bei allerdings hoher Komorbidität, zu definierten neuropsychiatrischen Störungen wie z. B. der Temporallappenepilepsie; zur Somatisierungsstörung (Briquet-Syndrom) und zur posttraumatischen Belastungsstörung, speziell komplexen PTBS-Bildern, bestehen symptomatologisch aber bedeutsame Überlappungen (Gleaves et al. 2001; Dorahy et al. 2014). Einige Autoren diskutieren eher einen dimensionalen Übergang zwischen dissoziativer Identitätsstörung, nicht anderweitig spezifizierter dissoziativer Störung einerseits und komplexer posttraumatischer Belastungsstörung (Disorders of Extreme Stress Not Otherwise Specified, DESNOS; van der Kolk 2002) und Borderline-Persönlichkeitsstörung andererseits (Driessen et al. 2002; van der Hart et al. 2006).
In einer klinischen Perspektive ist kritisch zu reflektieren, dass soziokulturelle Rahmenbedingungen und v. a. unkontrollierte, suggestive therapeutische Einflüsse zur Auftretenshäufigkeit der Diagnosestellung einer dissoziativen Identitätsstörung verfälschend beitragen können (Boysen und VanBergen 2013a, b).
Die Diagnose einer multiplen Persönlichkeitsstörung wird in ICD-10 unter den weiteren dissoziativen Störungen aufgeführt. In DSM-5 wird die dissoziative Identitätsstörung hingegen als die paradigmatische dissoziative Störung herausgehoben. Hinsichtlich früherer DSM-Versionen sind 2 diagnostische Kriterien aufgegeben worden, die eine Diagnosestellung erheblich erschwerten: der Nachweis anamnestischer Barrieren zwischen einzelnen Identitätszuständen zum einen, ein in einem klinischen Interview beobachteter Wechsel zwischen einzelnen Identitätszuständen zum anderen.

Epidemiologie

Die Entwicklung geeigneter Diagnoseinstrumentesowohl von Screening-Fragebögen (Dissociative Experiences Scale, DES, dt. Version FDS: Spitzer et al. 2005; AMDP-Modul zu Dissoziation und Konversion, AMDP-DK: Spitzer et al. 2004; The Somatoform Dissociation Questionnaire, SDQ-20: Nijenhuis 2000; Multidimensional Inventory of Dissociation 6.0, MID: Dell 2002) als auch von speziellen strukturierten Interviews (The Dissociative Disorders Interview Schedule, DDIS: Ross et al. 1989a; Structured Clinical Interview for DSM-IV Dissociative Disorders, SCID-D-R: Steinberg 2000, dt. Version SKID-D: Gast et al. 2000) hat die klinische Diagnosestellung deutlich erleichtert.
Einer frühen amerikanischen epidemiologischen Studie zufolge soll 1–3 % der Personen in der Allgemeinbevölkerung an einer dissoziativen Identitätsstörung leiden Ross et al. (1990, 1991). Diese Prävalenzrate entspräche damit Häufigkeiten anderer bedeutsamer psychiatrischer Störungen. In einer kritischen Sicht der verfügbaren epidemiologischen Befunde ist diese Häufigkeit aber vermutlich zu hoch angesetzt und auf ca. 1 % zu korrigieren (Gast 2004; Sar 2011). Die Diagnose einer dissoziativen Identitätsstörung ist bei stationär behandelten psychiatrischen Patienten aber höher zu vermuten (3–5 %; Gast 2004; Sar 2011). Detaillierte Berichte über große Fallserien von je bis zu mehreren hundert Patienten liegen mittlerweile weltweit vor. Nach wie vor besteht aber in der psychiatrischen Versorgung eine große Diskrepanz, durch wen diese Diagnose gestellt wird, und durch wen nicht. Ganz offenkundig werden Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung von nur wenigen Experten oder in spezialisierten traumatherapeutischen Einrichtungen diagnostiziert, während die große Mehrheit der in Klinik oder ambulanter Versorgung tätigen Psychiater und Psychotherapeuten im Laufe ihres Berufslebens höchst selten oder nie solchen Patienten zu begegnen angibt.
Diskrepanz zwischen Empirie und Praxis
Wie erklären sich diese offenkundigen Diskrepanzen in den empirischen Befunden einerseits und in den weit verbreiteten Einstellungen von Psychiatern und Psychotherapeuten zu diesem Phänomen andererseits? Eine nach wie vor kontrovers geführte Diskussion um den diagnostischen Status ist sicherlich ein wesentlicher Aspekt (Pope et al. 1999; Leonard et al. 2005). Mögliche andere Gründe könnten darin zu sehen sein, dass entgegen vereinzelter spektakulärer Berichte in den Medien, die nicht selten auch auf einen heiklen juristischen Kontext verweisen, sich Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung im klinisch-therapeutischen Alltag gewöhnlich sehr viel unauffälliger darstellen und höchst selten spontan über ihre Grundproblematik sprechen. Stattdessen imponiert bei ihnen eine Vielzahl anderer psychiatrischer Störungen (s. unten). In typischen Fällen dauerte es viele Jahre, bis die Diagnose durch erfahrene Kliniker gestellt werden konnte (Loewenstein und Ross 1992).
Geschlechterverteilung und Alter bei Diagnosestellung
In den vorliegenden Studien an stationären Patienten zeigte sich ein starkes Überwiegen von Frauen mit einem Verhältnis von ca. 9:1 (Bliss 1980: 100 %; Putnam et al. 1986: 92 %; Coons et al. 1988: 92 %; Schultz et al. 1989: 90 %; Ross et al. 1989a, b: 88 %). Das Symptommuster bei männlichen Patienten scheint aber nicht sehr verschieden von dem weiblicher zu sein (Loewenstein und Putnam 1990). Das durchschnittliche Lebensalter bei Diagnosestellung liegt bei ca. 30–35 Jahren.

Ätiopathogenese

Zahlreiche Modelle wurden zur Erklärung der dissoziativen Identitätsstörung entwickelt. Sie betonen jeweils unterschiedliche Facetten in der multifaktoriellen Genese dieses komplexen psychopathologischen Phänomens. Aussagen in den einzelnen Modellen sind nicht als exklusiv zu werten, sondern können vielmehr in einer Ergänzungsreihe angeordnet werden. Zu beachten ist aber, dass nicht alle Modelle schon durch entsprechende empirische Daten validiert worden sind und häufig nur einen spekulativen oder heuristischen Charakter tragen. Kluft (1996) gibt eine Übersicht über gängige Erklärungsansätze:
  • Transpersonale Modelle: Sie stellen die bei einer multiplen Persönlichkeit möglichen Alter Egos in den religiösen und soziokulturellen Traditionskontext von Besessenheitsphänomenen. Der Zusammenhang zu historisch berichteten Endemien wird aufgezeigt (Freisen 1991).
  • Psychologische Modelle: Diese Modelle heben die Bedeutung einer gestörten frühkindlichen Entwicklung von Trennung und Individuation sowie eines desorganisierten/desorientierten Bindungsstils für eine besondere Vulnerabilität gegenüber Traumatisierungen hervor. Ein enger Zusammenhang zur entwicklungspsychopathologisch erworbenen Disposition für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung wird postuliert, es werden aber auch psychodynamische Unterschiede der beiden klinischen Störungen herausgearbeitet (Loewenstein und Ross 1992).
  • Soziologische Modelle: Sie sehen in dissoziativen Lebensformen einen existenziellen Versuch, sich in einer hochkomplex organisierten Gesellschaft mit raschem Wertewandel und Rollenwechsel zu behaupten, v. a. auch deviante Lebensentwürfe sanktioniert auszuagieren (Gergen 1991).
  • Soziokognitive Modelle: Sie behaupten, dass Phänomene einer „multiplen Persönlichkeit“ keineswegs natürlich auftreten, sondern stets auf den Kontext einer handlungsorientierten und regelgeleiteten Rolleninszenierung verweisen, in der erwartbare Konsequenzen das gezeigte Verhalten unterhalten (Spanos 1994).
  • Modelle der Trance und Autohypnose: Sie unterstreichen die hohe Suggestibilität und Hypnotisierbarkeit von Personen mit einer dissoziativen Identitätsstörung und knüpfen an frühe kausale Überlegungen von Janet, Breuer und Freud an (Bliss 1986).
  • Modelle der hemispäralen Lateralität: Diese Modelle sehen in Befunden der Split-brain-Forschung wichtige heuristische Anregungen für das Verständnis einer Identitätsdissoziation bzw. Identitätsdiskonnektion (Sidis 1986).
  • Modelle des „Kindling“ komplex-partieller Epilepsien: Sie weisen auf die zahlreichen Parallelen von neuropsychiatrischen und neuropsychologischen Syndromen bei Temporallappenanfällen und „multipler Persönlichkeit“ hin (Cummings und Mega 2003).
  • Modelle behavioraler Zustände des Bewusstseins: Sie sind konsistent mit den Kenntnissen über die Entwicklung von unterschiedlichen psychischen Zuständen und Selbststrukturen und basieren auf einer Reihe von empirischen Studien der Entwicklungspsychologie und Psychophysiologie (Putnam 1991; Forrest 2001).
  • Modelle des neuronalen Netzwerks und der Informationsverarbeitung: Sie bieten einen Zugang zum Verständnis von Alter Egos als Kreation und Aktivierung bestimmter Knotenpunkte in einem besonderen neuronalen Netzwerk an (Li und Spiegel 1992).
  • Neodissoziations- und Ich-Zustand-Modelle: Sie gehen davon aus, dass die menschliche Psyche aus mehreren parallel und simultan operierenden Modulen mit autonomer kognitiver Aktivität bestehe und am besten als „multiple Selbste“ konzeptualisiert werde. Bei Kongruenz dieser Module werde die Illusion einer phänomenalen Einheit von Persönlichkeit vermittelt. In konflikthaften Zuständen sei aber ein alternierendes Auftreten von unterschiedlichen bewusstseinsfähigen Zentren möglich (Hilgard 1986).
  • Modell der Primäraffekte: Dieses Modell betont bei einigen Persönlichkeiten die mögliche Organisation entlang unterschiedlicher Primäraffekte und Affektskripte mit biografisch aufgespalteten, fortan separaten Entwicklungslinien (Nathanson 1992).
Pragmatisches klinisches Modell
Ein pragmatisches klinisches Modell der dissoziativen Identitätstörung favorisiert eine in mehreren Stufen erfolgende ätiopathogenetische Entwicklungsreihe (Braun 1993; Kluft 1996; Mollon 1998; Putnam 1995; Forrest 2001; Lyons-Ruth et al. 2006; van der Hart et al. 2006; Dorahy et al. 2014):
Fähigkeit zur Dissoziation
Als grundlegend wird eine Fähigkeit zur Dissoziation erachtet. Hierbei handelt es sich nicht schon um ein psychopathologisch relevantes Phänomen, sondern um eine psychobiologische Variable der allgemeinen Hypnotisierbarkeit, die eine diskrete Verteilung in der Allgemeinbevölkerung zeigt, ihre stärkste Ausprägung im frühen Schulalter besitzt und normalerweise mit zunehmendem Lebensalter abnimmt (s. oben).
Abwehr und Copingstruktur bei Traumata
Infolge konstitutioneller Bedingungen, v. a. aber infolge früher traumatischer Entwicklungserfahrungen kann die Fähigkeit zur Dissoziation auch unverändert ins Erwachsenenalter hinein persistieren. Eine durch Autosuggestion und -hypnose verstärkte Dissoziationsfähigkeit stellt sich als eine grundlegende Abwehr- und Copingstruktur für die Kanalisierung überwältigender Traumata dar. In diesem Zusammenhang ist pathogenetisch bedeutsam, dass bei einem extrem hohen Prozentsatz von Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung in der Kindheitsanamnese eine schwerwiegende Missbrauchsproblematik nachgewiesen werden kann. Neben gravierenden sexuellen, insbesondere inzestuösen Traumatisierungen, körperlichen Misshandlungen oder fortgesetzten Verletzungen des narzisstischen Gleichgewichts scheinen aber auch einschneidende Verlusterlebnisse wichtiger Bezugspersonen in der Kindheit, die unmittelbare Beobachtung des physischen Todes, Suizide oder anderer selbstdestruktiver Akte von nahen Angehörigen oder eigene ernsthafte körperliche Erkrankungen mit anhaltend starken Schmerzzuständen eine pathogenetische Rolle zu spielen. In einer kritischen Sichtweise muss allerdings festgehalten werden, dass nur eine Subgruppe von schwer traumatisierten Kindern in der weiteren Folge tatsächlich auch eine dissoziative Identitätsstörung entwickelt, und umgekehrt auch nicht alle späteren Patienten mit dieser Diagnose auf solch widrige äußere Entwicklungsbedingungen zurückblicken. Hierbei muss entwicklungspsychopathologisch bedacht werden, dass relevante Kindheitstraumata überwiegend einer „versteckten“ Natur sind und höchst nachteilige Folgen für die Etablierung von Beziehungsmodellen häufiger in emotionaler Vernachlässigung, interpersonaler Nichtverfügbarkeit oder fortgesetzter familiärer Disharmonie zu suchen sind als in singulären äußerlichen Traumatisierungen.
Mangelnde Kompensation
Neben einem desorganisierten Bindungsmuster muss als zusätzlicher Faktor in der Festschreibung des dissoziativen Modus zur Erledigung traumatischer Erfahrungen ein grundlegender Mangel an tröstenden oder kompensatorisch stützenden Beziehungen nach einer traumatischen Exposition oder neben einer traumatischen Erziehungswelt erblickt werden, so dass ein Trauma nicht als eine endliche und begrenzbare, sondern als eine anhaltende persönliche Realität kodiert wird.
Ausgestaltung der Alter Egos
Wiederholte, für das Kind nicht zu bewältigende und integrierende Traumatisierungen führen über Dissoziation zu einer Kompartmentalisierung des biografischen Gedächtnisses. Vielfältige Aspekte wie divergierende Lebenserfahrungen, entscheidende Personen in der kindlichen Welt (über Introjektion, Internalisierung und Identifikation), imaginäre Spielgefährten oder extrinsische Einflüsse (Ermutigung zu Rollenspielen, widersprüchliche Erziehungsanforderungen oder Belohnungssysteme, Identifikation mit einem dissoziativen Elternteil) bereiten den innerseelischen Nukleus für die Bildung und die phantasmatische Ausgestaltung von Alter Egos.
Die endgültige Formung der Erwachsenenpsychopathologie einer multiplen Persönlichkeitsstörung wird aber neben individuell-kreativen ebenso sehr von interpersonal-therapeutischen wie auch von soziokulturellen Faktoren bestimmt. Vielfältige Transformationen und Überarbeitungen der ursprünglichen frühkindlichen Traumaerfahrungen bringen es mit sich, dass in der Erwachsenenpsychopathologie Reminiszenzen von exakten biografischen Details zuweilen unentwirrbar mit abwehrbestimmten Konfabulationen, Kontaminationen und Fehlinterpretationen einhergehen können, sodass eine historische Objektivierung geschilderter Sachverhalte unmöglich werden kann.
Dissoziative Identitätsstörung in speziellen soziokulturellen Kontexten
Ein traumatisch bedingter Persönlichkeitswandel oder ein durch Indoktrination und „brainwashing“ induzierter Wechsel des personalen Identitätsstatus zeigen eine eigene Dynamik und eine unterschiedliche symptomatische Konfiguration (Lifton 1976). Diese dissoziativen Störungen der Identität können nunmehr in DSM-5 eigenständig als „Identitätsstörungen infolge anhaltender und intensiver Manipulation unter Zwangsbedingungen“ notiert werden.
Phänomene einer endemischen Entdeckung von multiplen Identitäten im Kontext von fragwürdigen Großgruppenveranstaltungen verlangen wiederum einen Erklärungsansatz, in dem unkontrollierte gruppendynamische Prozesse, ideologische Manipulation, religiöser Fundamentalismus und paranoide Gesellschaftskritik gleichermaßen als die entscheidenden Einflussfaktoren diskutiert werden müssen (Spanos 1994; Kapfhammer und Möller 1995).
Dissoziative Identitätsstörung und komplexe Traumafolgestörung
Das pragmatische klinische Modell ist wesentlich traumapsychologisch und entwicklungspsychopathologisch ausgerichtet. Es betont eine große Nähe der dissoziativen Identitätsstörung zur posttraumatischen Belastungsstörung einerseits, fordert aber die Beachtung der besonderen entwicklungspsychologischen, d. h. kognitiven und affektiven Voraussetzungen eines Kindes in der Exposition gegenüber multiplen Traumatisierungen andererseits.
Dieses Modell impliziert, dass entwicklungsmäßig unbelastete Erwachsenenpersonen selbst auf schwere Traumaerfahrungen in der Regel keine der multiplen Persönlichkeit analoge Psychopathologie entwickeln, sondern das klinische Syndrom einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Entwicklungspsychopathologische Studien belegen, dass Kinder im Kontext früher traumatischer Erfahrungen ein erhöhtes Risiko eines desorganisierten Bindungstypus aufweisen. Desorganisiert gebundene Kinder aber sind in der sukzessiven Integration multipler Repräsentationen des Selbst massiv behindert. Divergente und diskontinuierliche Selbsterfahrungen in soziokognitiven Beziehungen werden von ihnen mehrheitlich in fragmentierter Form gespeichert (Liotti 2009; Lyons-Ruth et al. 2006). Eine metakognitive Funktion einer selbstreflexiven Vermittlung und Integration kann hierbei nur sehr schwer ausgebildet werden (Fonagy et al. 2002). Eine neurobiologische Hypothese fokussiert auf die Funktionalität des orbitofrontalen Kortex in seiner protektiv-hemmenden Rolle für die zeitliche Organisation von Verhalten, die emotionale Regulation und die Integration des Selbstsystems unter normalen Entwicklungsbedingungen einerseits, auf die traumainduzierte Dysfunktionalität dieser steuernden kortikalen Struktur mit einer überwiegenden lateralen Hemmung konfliktreicher Subgruppierungen von Selbstrepräsentationen andererseits (Forrest 2001; Schore 2009). Die neuronale Repräsentation des Selbstsystems und grundlegender Beziehungsmodelle ist topografisch sehr wahrscheinlich auf das Zusammenspiel recht unterschiedlicher Strukturen angewiesen (Buchheim et al. 2006; Northoff et al. 2009).
Frewen und Lanius (2006) betonen die großen konzeptuellen und methodischen Schwierigkeiten, diesen hypothetischen neurobiologischen Zugang zur Erforschung von alternierenden Persönlichkeitszuständen im Kontext einer dissoziativen Identitätsstörung mittels Neuroimaging-Verfahren zu beschreiten.
Dissoziative Identitätsstörung in einer neurobiologischen Perspektive
Neuro- und psychophysiologische Befunde
Experimentell nachgewiesen in faszinierenden Einzelfällen sind „multiple Persönlichkeiten“ mit unterschiedlicher Händigkeit, unterschiedlicher allergischer Reagibilität, unterschiedlichen Reaktionsmustern auf dargebotene Stimuli, unterschiedlichem EEG-Pattern, unterschiedlichen psychophysiologischen Reaktionsmustern usw. (Übersicht: Nijenhuis und den Boer 2009). Ein hohes methodenkritisches Bewusstsein ist bei der Interpretation dieser Befunde zu fordern (Merckelbach et al. 2002). Dies gilt auch für die aus Neuroimaging-Verfahren gewonnenen Befunde (Reinders 2008; Dorahy et al. 2014).
Neuroimaging-Befunde
Mittlerweile liegen mehrere Untersuchungen mit unterschiedlichen Methoden des Neuroimaging vor. Die bisherigen Ergebnisse bieten trotz offener konzeptueller und wissenschaftstheoretischer Fragen einen interessanten Einblick in die komplexe psychologische Funktionsweise von Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung (DID).
  • Eine erste PET-Studie an 11 Frauen mit DID legten Reinders et al. (2003) vor. Die Patientinnen hatten im Rahmen ihrer Therapie die Fähigkeit erlernt, zwischen alltagsorientierten und traumabezogenen Zuständen der Persönlichkeit selbst-initiiert und selbst-kontrolliert zu wechseln. In einem experimentellen Design wurde in Abhängigkeit eines unterschiedlichen Identitätsstatus die neuronale Aktivität einmal unter Eindruck eines autobiografischen Traumaskripts, ein andermal unter Anhören einer affektiv-neutralen, nicht persönlichen Geschichte gemessen. Die Hirnaktivierung bei neutralem Skript unterschied nicht zwischen Zuständen der „Normalpersönlichkeit“ und der „Traumapersönlichkeit“. Beim Traumaskript reagierte die „Traumapersönlichkeit“ mit einer stärkeren linksseitigen Aktivierung des parietalen Operkulum und der Insel, die „Normalpersönlichkeit“ hingegen zeigte eine stärkere Aktivierung im rechten medialen präfrontalen Kortex, bilateral im mittleren frontalen Kortex, im intraparietalen sowie im parieto-okzipitalen Kortex. Die „Normalpersönlichkeit“ reagierte auf Traumaskript und Nichttraumaskript in vergleichbarer Weise. Die Autoren bezogen diese differenziellen Befunde auf Unterschiede in autobiografischen und nichtautobiografischen Aspekten des episodischen Gedächtnisses, das vorrangig über den medialen präfrontalen Kortex vermittelt wird. Den reduzierten Blutfluss in der parieto-okzipitalen Region der „Traumapersönlichkeit“ brachten sie in Verbindung mit einem niedrigen Niveau des somatosensorischen Bewusstseins und einer mangelhaften Integration unterschiedlicher Körperzustände bei traumatischen Erinnerungen (s. oben).
  • In einer weiteren methodisch analog aufgebauten, aber mit subjektiven Ratings (emotional, sensomotorisch) und psychophysiologischen Messungen (systolischer, diastolischer Blutdruck, Herzratenvariabilität) erweiterten PET-Studie an ebenfalls 11 DID-Patientinnen konnten Reinders et al. (2006) die Befunde aus ihrer ersten Studie im Wesentlichen replizieren. Zustände der „Traumapersönlichkeit“ waren bei Konfrontation mit einem traumatischen Erinnerungsskript mit typischen Veränderungen im regionalen Blutfluss (rCBF) korreliert, wie sie aus analogen PTBS-Hyperarousal-Untersuchungsparadigmata bekannt sind (s. oben). Emotionale, sensomotorische und psychophysiologische Aktivierungen gingen hiermit stimmig einher. In Zuständen einer „Normalpersönlichkeit“ fanden sich keine dieser Aktivierungsmuster.
  • In einer folgenden Studie wurden 11 DID-Patienten 10 Probanden mit einer hohen Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals „Phantasieneigung“ („phantasy proness“) und 8 Probanden mit niedriger „Fantasieneigung“ gegenübergestellt, um einen eventuellen Suggestiveinfluss gemäß des soziokognitiven Modells (s. oben) kontrollieren zu können. Wiederum wurde ein autobiografisches Traumaskript und ein neutrales Skript als Untersuchungsparadigma gewählt, die neuronalen Aktivierungsmuster während der provozierten Erinnerungen jeweils mittels PET erfasst und korrelierte physiologische Maße erhoben. Die Probanden hatten zusätzlich die Instruktion erhalten, einmal einen auf ein Trauma bezogenen, ein andermal einen neutralen Identitätsstatus zu inszenieren. Die DID-Patienten zeigten analoge Unterschiede je nach traumatisch-emotionaler vs. neutraler Vorlage wie in den Vorstudien. Auch die Probanden mit hoher vs. niedriger Fantasieneigung zeigten differenzielle Aktivierungsmuster unter den beiden Provokationsbedingungen, die sich aber sowohl in der neuronalen Aktivierung als auch in den psychophysiologischen Arousalmustern klar von jenen der DID-Patienten unterschieden. Auch nach Kontrolle gegenüber möglichen Suggestiveinflüssen (beide Kontrollgruppen) wurde ein stimmiges neuronales und psychophysiologisches Abbild für die DID-Patienten in einem traumabezogenen vs. einem neutralen Identitätsstatus erhalten (Reinders et al. 2012).
  • Differentielle neuronale fMRI- und psychophysiologische Reaktionsmuster von DID-Patienten konnten in Abhängigkeit des jeweils methodisch provozierten (neutral: „apparently normal“ vs. traumatisch: „emotional“) Identitätsstatus bei Vorlage von maskierten ärgerlichen vs. neutralen Gesichtern reliabel gemessen und valide von erneut intentional instrukturierten Kontrollprobanden unterschieden werden (Schlumpf et al. 2013).
  • Hierzu sehr stimmige Ergebnisse erbrachte auch eine weitere fMRI-Studie unter Ruhebedingungen mit klaren Unterschieden für einen traumatisch-emotionalen vs. neutralen Identitätszustand bei den DID-Patienten und erneut deutlichen Differenzen gegenüber Kontrollprobanden mit hoher vs. niedriger Suggestibilität (Schlumpf et al. 2014).
  • In einer volumetrischen MRT-Studie fanden Vermetten et al. (2006) an 15 Patientinnen mit dissoziativer Identitätsstörung im Vergleich zu gesunden Probandinnen signifikant reduzierte Volumina sowohl in der Amygdala als auch im Hippokampus. Insbesondere das Verhältnis von Hippokampus- zu Amygdalavolumen diskriminierte zwischen beiden Untersuchungsgruppen. Ein Zusammenhang zu neurobiologischen Veränderungen nach schwerwiegenden Traumatisierungen wurde diskutiert (Kap. Traumafolgestörungen).
  • In einer analog konzipierten MRT-Studie konnten Weniger et al. (2008, 2009) an 24 jungen Frauen mit schwerwiegender Kindheitstraumatisierung und aktueller dissoziativer Amnesie bzw. dissoziativer Identitätsstörung diese Volumenreduktionen in Amygdala und Hippokampus nur bei Patientinnen mit koexistenter PTBS-Diagnose bestätigen, nicht aber bei jenen ohne PTBS.
Selbstverständlich kann bei diesen Studien methodenkritisch eingewendet werden, dass eine therapeutisch erlernte Fähigkeit von DID-Patienten, einen Identitätswechsel zwischen traumatischen und neutralen Erlebniszuständen kontrollieren zu können, nicht mehr die unbeeinflusste Variabilität eines natürlichen Verlaufs einer komplexen dissoziativen Störung abbildet. Trotzdem muss festgehalten werden, dass keine der in den Kontrollbedingungen aus dem soziokognitiven Modell abgeleiteten Hypothesen, beim Versuch einen solchen DID-Wechsel zu simulieren, bestätigt werden konnte.

Symptomatologie

Es ist typisch, dass Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung häufig nicht wegen der zugrunde liegenden Primärstörung um psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe nachsuchen. In der Regel haben diese Patienten während eines schon mehrjährigen Krankheitsverlaufs recht unterschiedliche Diagnosen erhalten, die meist anhand der komplizierenden sekundären psychiatrischen Störungen gestellt worden sind. In der Tat ist die psychiatrische Komorbidität zum Zeitpunkt der Diagnosestellung exzessiv und umspannt vielfältigste psychopathologische Syndrome. Kluft (1996) gibt eine Zusammenstellung anhand der verfügbaren empirischen Studien:
  • Angstsymptome (psychophysiologisch: 100 %, phobisch: 60 %, Panikattacken: 55 %, Zwänge: 35 %),
  • affektive Symptome (depressiv: 90 %, hypomanisch: 15–73 %),
  • assoziierte dissoziative Symptome (Amnesie: 57–100 %, Fugue: 48–60 %, Depersonalisation: 38 %),
  • somatoforme Symptome (allgemein: 90 %, Konversion: 60 %, sexuelle Dysfunktion: 60–84 %),
  • Suizidversuche (60–68 %) und Selbstverletzungen (34 %),
  • Substanzmissbrauch (40–45 %),
  • Essstörungen (16–40 %),
  • Symptome mit Hinweischarakter auf Schizophrenie (abhängig von Symptomen: 35–73 %),
  • Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (70–85 %),
  • Merkmale einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (70 %).
Sehr viele Patienten zeigen nur vorübergehend, oft erst nach längerem Therapieverlauf, die noch in DSM-IV-TR und ICD-10 als zentral geforderte Symptomatik einer dissoziativen Identitätsstörung, nämlich das Auftreten von Alter Egos, den Wechsel von einer personalen Identität in eine andere. Meist erfolgten die Hinweise hierauf nur sehr diskret (Franklin 1990; Ross und Ness 2010). In DSM-5 ist dieses diagnostische Kriterium aufgegeben worden.
Auftreten der Alter Egos
Das Auftreten von Alter Egos im therapeutischen Gespräch kann spontan erfolgen oder aber erst nach einer therapeutischen Fokussierung auf offenkundige amnestische Symptome und der Aufforderung an den Patienten, den jeweiligen Kontext näher zu eruieren. Die Koexistenz subjektiv getrennter, unterschiedlicher Identitäten bei einer Person wird hierbei konzeptualisiert als „hoch diskrete Bewusstseinszustände, die um einen speziellen Affekt, ein Selbstgefühl (einschließlich eines Körperbildes) mit einem begrenzten Repertoire von Verhaltensweisen und einer Menge zustandsabhängiger Erinnerungen organisiert sind“ (Putnam 1989). Braun (1993) fasst die gleichermaßen faszinierende wie verwirrende Phänomenologie einer typischen dissoziativen Identitätsstörung zusammen:
  • Der Patient wird durch eine von 2 oder mehreren Persönlichkeitszuständen zu einem gegebenen Zeitpunkt bestimmt (gelegentlich ein Persönlichkeitsteil mit exekutiver Handlungskontrolle, ein anderer in der Beobachterposition oder in der Rolle eines Ratgebers).
  • In jedem der unterschiedlichen Persönlichkeitszustände ist ein vollständiger oder nahezu vollständiger Satz an unterschiedlichen, häufig gegensätzlichen Persönlichkeitsmerkmalen verfügbar.
  • Übergänge zwischen den einzelnen Identitätszuständen können abrupt oder allmählich erfolgen. Einige Patienten können in Anwesenheit des Therapeuten diesen Übergang bewirken.
  • Amnestische Barrieren können, müssen aber nicht zwischen den Identitätszuständen bestehen.
  • Jeder Identitätszustand weist typischerweise „Zeitlücken“ auf, die Perioden markieren, in denen andere Persönlichkeitsteile die Exekutivkontrolle ausüben. In der Regel umspannt die Summe der Erinnerungen durch die diversen Alter Egos einen größeren Zeitraum als die jeweils tatsächlich verstrichene Zeit.
Einige anamnestische Hinweise auf das mögliche Vorliegen einer dissoziativen Identitätsstörung. (Nach Dell 2002)
  • Berichte über zeitliche Lücken, Verzerrungen, Diskontinuitäten in der Biografie
  • Schilderungen über Verhaltensweisen durch Drittpersonen, woran sich der Patient nicht erinnern kann
  • Der Patient wird erkannt oder namentlich angesprochen von Personen, die er nicht kennt
  • Merkliche Verhaltensänderungen eines Patienten, die von einem zuverlässigen Beobachter registriert werden
  • Entdecken von Zeichnungen, Schriftstücken oder anderen Produktionen und Gegenständen (z. B. Ausweisen, Kleidungsstücken usw.) im persönlichen Besitz, die nicht erkannt oder erklärt werden können
  • Hören von Stimmen, die nicht als getrennt identifiziert werden und innerhalb des Kopfes vernommen werden
  • Anamnese von schwerwiegender emotionaler oder körperlicher Traumatisierung als Kind (in der Regel vor dem 5. Lebensjahr)
Typisierung
In einer Typisierung der unterschiedlichen „Persönlichkeiten“ zeigte sich bei einer Gruppe von 236 Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung in 86 % eine „Kind-Persönlichkeit“, in 84,5 % eine „Persönlichkeit aus einer anderen Altersstufe“, in 84 % eine „Beschützer-Persönlichkeit“ und in 84 % eine „Täter-Persönlichkeit“ (Ross et al. 1989a). Klinisch bedeutsam ist es, zwischen solchen Persönlichkeitsanteilen zu unterscheiden, die ganz offenkundig für eine normale Alltagsbewältigung wichtig sind, und jenen Persönlichkeitsanteilen, die evolutionär angelegte Anpassungssysteme bei traumatischer Bedrohung betreffen, wie Besorgnis, Furcht/Panik, Kampf, Freezing-Verhalten/Analgesie, Unterwerfung/Anästhesie, Erholung und Rückkehr des Schmerzempfindens. Nijenhuis et al. (2004) und van der Hart et al. (2006) sprechen in diesem Zusammenhang von einer strukturellen Dissoziation der Persönlichkeitsstruktur (Abschn. Grundlagen der dissoziativen Störung des Identitätsgefühls).
Phänomenologisches Modell
In einer detaillierten psychometrischen Studie an 220 Patienten mit nach SKID-D diagnostizierter dissoziativer Identitätsstörung wies Dell (2006) darauf hin, dass die diagnostischen Kriterien von DSM-IV-TR nicht den vollen phänomenologischen Bereich abdecken und die hier geforderten vollständigen amnestischen Barrieren zwischen Alter Egos eher einen selteneren klinischen Subtypus definieren. Das klinische Bild einer dissoziativen Identitätsstörung wird in der Regel durch ein sehr viel breiteres Cluster pathologischer Dissoziationen bestimmt. So imponiert eine bunte Fülle abwechselnder dissoziativer und posttraumatischer Symptome mit Amnesien, Depersonalisation und Derealisation, passiven Beeinflussungserlebnissen, plötzlich umschlagenden Verhaltensweisen, intrusiven visuellen Bildern im Sinne von Flashback-Erlebnissen, ein im Kopf lokalisiertes Stimmenhören. Berichte über merkwürdige Zeitlücken, Fugue-Episoden, widersprüchliche Verhaltensweisen, für die keine subjektive Erklärung gegeben werden kann, sowie eine verwirrende Vergesslichkeit sind typisch. Eine pathologische Dissoziation kann praktisch jeden Aspekt der menschlichen Erfahrung betreffen. Intrusionen und Amnesien stellten die Hauptformen dieser pathologischen Dissoziation dar. Vor allem die häufig berichteten passiven Beeinflussungserlebnisse, aber auch die akustischen und visuellen Halluzinationen stellen wesentlich Intrusionen von Alter-Ego-Zuständen in die exekutive Funktionsweise des Alltagsselbst dar. Die meisten dissoziativen Symptome aber sind entgegen der Konzeptualisierung in DSM-IV nicht vollständig dem Bewusstsein entzogen, sondern nur partiell.
Auftreten getrennter Identitäten im therapeutischen Prozess
Die speziellen Rahmenbedingungen des jeweils gewählten therapeutischen Zugangs gilt es bei den Schilderungen über Alter Egos mitzureflektieren, um das Phänomen der „multiplen Persönlichkeit“ kritischer zu fassen. Eine skeptische Haltung besagt, dass die unterschiedlichsten, alternierenden Identitäten eines Patienten sich im Laufe eines Therapieprozesses nicht als quasi ontologische Entitäten präsentieren, sondern erst dadurch ausgeformt werden, dass ein individueller Patient in einem emotional intensiven Kontakt zu einem Therapeuten steht.
Das Auftreten eines bisher unbekannten Erlebniszustands, der nicht selten eben erst durch die therapeutische Ansprache schamerfüllter und schmerzvoller Erinnerungen geweckt worden ist, kann zunächst als persönlichkeitsfremd gewertet werden. Er stellt sich aber aus Abwehrgründen in der Gestalt einer verborgenen Identität dar. Hierbei handelt es sich nicht um ein rekonstruktives Aufdecken einer neuen Wesenseinheit im Patienten, sondern viel eher um eine gemeinsame therapeutische Konstruktion, die im Kontext der aktuellen Übertragung und Gegenübertragung verstanden werden muss. Die Entstehung einer „neuen Identität“ hängt also maßgeblich von den unbewussten Kreationen des Patienten, aber ebenso sehr auch von der theoretischen Bereitschaft des Therapeuten ab, das Übertragungsgeschehen auch als Ausdruck eines distinkten Persönlichkeitsanteils des Patienten zu werten und narrativ in die Legende einer „multiplen Persönlichkeit“ überzuführen.
Dies kann für die Behandlung fruchtbar genutzt werden, solange die therapeutische Prämisse beachtet wird, dass es sich hierbei um eine Metapher und nicht um eine Reifikation im Therapieprozess handelt, und solange gültig bleibt, dass die Behandlung auf ein „Individuum“ zielt, das letztlich Verantwortung auch für dissoziativ abgespaltene Erlebnis- und Erinnerungszustände zu übernehmen lernen muss, so schmerzvoll auch immer diese sein mögen.
Wird das Therapiegeschehen aber leichtgläubig und unkritisch aus der Warte einer neugierigen Entdeckungsreise betrieben, so kann es nicht überraschen, wenn im Laufe einer Behandlung nicht nur 2 oder 3 getrennte „Identitäten“, sondern Dutzende mit z. T. fantastischer Ausgestaltung „angetroffen“ werden. Dieser Prozess mag gänzlich entgleiten, wenn die Erfahrungen nicht im Rahmen ernsthafter professioneller Therapiebemühungen oder wissenschaftlicher Untersuchungen, sondern im Kontext fragwürdiger, nicht selten ideologisch fixierter oder sektenartiger Großgruppenveranstaltungen gemacht werden (Kapfhammer und Möller 1995). In diesem Kontext ist nochmals an die traumatisch induzierte Fragmentierung der Gedächtnissysteme, die bedeutsame Anfälligkeit für Erinnerungsverzerrung und falsche Erinnerung, die bedeutsam ausgeprägte Assoziation zu Fantasieneigung und Suggestibilität bei Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung zu erinnern (Abschn. 1.5.1).

Verlauf und Prognose

Der natürliche Verlauf einer dissoziativen Identitätsstörung zeichnet sich durch eine hohe Chronizität aus. Fast alle Informationen hierüber stammen aus Berichten von nur sehr wenigen Autoren. Kluft (1985) etwa zeigte anhand seiner Follow-up-Untersuchungen von nicht behandelten Fällen, dass kaum spontane Vollremissionen eintraten, wohl aber sich die symptomatische Darstellung des klinischen Bildes im Laufe der Zeit veränderte. Patienten in einem Alter zwischen 20 und 30 Jahren demonstrierten eine Fülle dissoziativer Symptome, während in der Zeit von 30–40 Jahren eher depressive, ängstliche und Zwangssymptome vorherrschten. Patienten, die zwischen 40 und 50 Jahren erstmals als multiple Persönlichkeit diagnostiziert wurden, war es oft gelungen, über längere Zeit die Identitätsstörung vor sich zu verbergen, bis bedeutsame negative Lebensereignisse wieder zu einem Aufflammen der Grundproblematik führen konnten. Bei Patienten jenseits des 50. Lebensjahres zeigten die Persönlichkeitssysteme der Alter Egos in der Regel eine vereinfachte, weniger dramatische Konfiguration. Eine ähnliche Beobachtung machten auch Rosenbaum und Weaver (1980), die eine kasuistische Langzeitstudie an einem Patienten über 30 Jahre vorlegten.
Hohe psychosoziale Behinderungsgrade charakterisieren den meist chronischen Verlauf, wobei sich die dissoziativen Identitätssymptome nachteiliger auf das soziale Funktionsniveau auswirken als beispielsweise Depersonalisations- und Derealisationssymptome (Müller-Pfeifer et al. 2012).
Hinsichtlich der Prognose kommt den inhärenten Komplikationen und Risiken durch die sekundären psychiatrischen Komorbiditäten ein eigenständiger Stellenwert zu (Cardeña und Spiegel 1996).
Speziell auf das hohe Suizidalitätsrisiko (Suizidversuch: 72 %, vollzogener Suizid: 2,1 %, n = 236) ist im Verlauf der dissoziativen Identitätsstörung zu achten (Ross et al. 1989a).
Der mögliche Einfluss von Therapiemaßnahmen auf den Verlauf muss diskutiert werden (Ellason und Ross 1997; Coons und Bowman 2001).

Diagnostik und Differenzialdiagnose

Zentral für die Diagnosestellung sind Störungen in den normalen integrativen Funktionen der Identität, des Gedächtnisses und des Bewusstseins. Diese treten aber häufig erst im Laufe eines gefestigten therapeutischen Kontaktes hinter einer zunächst im Vordergrund stehenden anderen, meist sekundären Symptomatik als wesentlich hervor. Screeninginstrumente (z. B. DES) können erste wichtige Hinweise geben. Die Durchführung eines strukturierten Interviews (z. B. SKID-D-R, DDIS) empfiehlt sich bei begründeter Verdachtsdiagnose.
Anamneseerhebung
Das klinische Interview beinhaltet eine sorgfältige Anamneseerhebung. Diese schließt eine behutsame Exploration von Erinnerungen an traumatische Ereignisse während der frühen Entwicklungsjahre ein, die aber situations- bzw. krisenabhängig auch aufzuschieben ist (Brand et al. 2006).
Für das Erkennen der eigentlich zugrunde liegenden dissoziativen Störung entscheidend sind gravierende Diskrepanzen in der Selbsterfahrung eines Patienten mit der Entfaltung unterschiedlichster Selbstkonzepte, mit auffälligen Lücken im autobiografischen Gedächtnis, abrupten Unterbrechungen des personalen Identitätsgefühls sowie zahlreichen anderen psychologischen und körperlichen dissoziativen Symptomen (Sar 2014).
In der diagnostischen oder therapeutischen Gesprächssituation kann ein unvorhergesehenes Alternieren zwischen extrem heterogenen Erlebniszuständen auftreten, denen offenkundig eine selbstbewertende und selbstbeobachtende Integration unter eine einheitliche Persönlichkeitsorganisation fehlt. Ausgeprägte amnestische Lücken über Zeiträume können mit einer üblichen Störung der Merk- oder Erinnerungsfähigkeit nicht erklärt werden. Typisch sind umfassende Erinnerungslücken für Ereignisse während der Lebensjahre 6–11 (Kluft 1996). Dell (2006, 2009) empfiehlt eine breite phänomenologische Analyse pathologischer Dissoziationen, wie sie vorteilhaft über das Multidimensional Inventory of Dissociation (MID) möglich ist. Über weiterführende testpsychologische Methoden berichten Brand et al. (2006).
Komorbidität
In der Diagnosestellung muss neben der umfassenden dissoziativen Pathologie die umfangreiche psychiatrische Komorbidität eigenständig beachtet werden (Rodewald et al. 2011a, b). Eine Koexistenz von dissoziativer Identitätsstörung und Borderline-Persönlichkeitsstörung ist zu diskutieren (Ross et al. 1989a, b, 2014).
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten können entstehen, wenn Patienten angeben, in sich unterschiedliche Wesen zu spüren, von diesen beeinflusst zu werden oder aber über andere Symptome ersten Rangs berichten, z. B. kommentierende Stimmen zu vernehmen, die sie in der Regel innerhalb des Kopfes orten (Foote und Park 2008; Ross 2009b; Sar und Öztürk 2009). Wenngleich entscheidende andere diagnostische Kriterien für die Annahme einer schizophrenen Psychose bei diesen Patienten fehlen, wird nicht selten doch diese Diagnose mangels alternativer Konzepte als für wahrscheinlich erachtet. Sonst unter dieser Indikationsstellung wirksame psychopharmakologische Therapiemodalitäten wie etwa die Gabe von Antipsychotika versagen hier aber meist.
In der Differenzialdiagnose müssen ferner auch Fälle einer artifiziellen Störung sowie einer Simulation erwogen werden (Frankel und Dahlenberg 2006; Reinders 2008).

Therapie

Dissoziative Identitätsstörungen zeichnen sich durch eine große Variabilität der führenden Syndrome, ein breites Intensitätsspektrum, eine unterschiedliche Akuität vs. Chronizität sowie durch ein differenzielles Ausmaß an psychiatrischer Komorbidität aus. Der epidemiologisch mittlerweile gut belegten bedeutsamen Prävalenz und dem damit begründeten therapeutischen Handlungsbedarf stehen derzeit keine systematischen, in kontrollierten Studien empirisch erprobten Behandlungsansätze gegenüber. Dies gilt sowohl für psychotherapeutische Verfahren als auch für biologische, speziell psychopharmakologische Interventionen. In der einschlägigen Literatur dargestellte Therapieprinzipien tragen nach wie vor einen aus der klinischen Praxis destillierten Allgemeincharakter, wenngleich spezifische Behandlungsprobleme anschaulich fokussiert werden (Liotti et al. 2005; van der Hart et al. 2006; Brand et al. 2012, 2014; Myrick et al. 2015).
Einigkeit unter den Experten besteht darin, dass Planung und Durchführung einer Therapie in einem hohen Maße individualisiert erfolgen müssen. Insgesamt wird den psychotherapeutischen Strategien eine eindeutige Vorrangstellung vor biologischen Ansätzen eingeräumt.
Angesichts der Bedeutung von schwerwiegenden Traumata in der Ätiopathogenese der einfachen und insbesondere der komplexen dissoziativen Störungen wird einhellig auf die mögliche Gefahr einer durch Therapiemaßnahmen induzierten Retraumatisierung hingewiesen.
Behandlung komorbider Störungen
Die Behandlung einer komorbiden psychiatrischen Störung orientiert sich an den jeweils hierfür etablierten Therapiestandards, ist aber auf die spezifische Gestaltung des therapeutischen Umgangs mit Patienten zu beziehen, die an dissoziativen Störungen leiden. Eine syndromorientierte, v. a. psychopharmakologische Therapie dieser psychiatrischen Komorbidität kann dann Priorität beanspruchen, wenn aus ihr psychiatrische Notfälle resultieren oder aber wenn ein indizierter psychotherapeutischer Zugang blockiert ist (Gentile et al. 2013).
Die Psychotherapie von Patienten mit einer dissoziativen Identitätsstörung ist in der Regel langwierig und von häufigen Rückschlägen gekennzeichnet. Diese resultieren meist aus dem therapeutischen Bemühen, die dem Störungsbild oft zugrunde liegenden Extremtraumatisierungen zu erfassen und zu bearbeiten. Eine Orientierung am Behandlungsmodell posttraumatischer Störungen einerseits, eine Beachtung der Prinzipien einer psychodynamischen Psychotherapie andererseits werden als entscheidende Voraussetzungen für einen erfolgsversprechenden Umgang mit diesen Patienten erachtet (Howell 2011). Guidelines für die Behandlung von Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung wurden von der International Society for the Study of Dissociation (2011a, b; Brown 2011) vorgelegt. Die Angaben zu einzelnen Therapieansätzen und therapeutischen Problemstellungen sind hier sehr detailliert aufgeführt und vermutlich von hoher klinischer Relevanz. Unter Gesichtspunkten einer Evidenzbasierung muss jedoch festgehalten werden, dass sich die Empfehlungen in der konzeptuellen Therapiegestaltung noch stark auf Expertenmeinungen stützen, die empirische Datenlage über Therapieergebnisse derzeit nur aus offenen Studien stammt (Courtois und Ford 2009).
EbM-Info
Eine Metaanalyse von 8 nichtkontrollierten offenen Studien zum psychotherapeutischen Vorgehen bei DID-Patienten zeigte im intraindividuellen Vorher-nachher-Vergleich mittlere bis ausgeprägte Effektstärken in der Reduktion der Symptomausprägung von Dissoziation, Angst, emotionalem Disstress und Depression, ferner in verringerten Achse-I- und II-Diagnosen sowie eine Stabilität der erzielten Therapieeffekte über 2 Jahre (Brand et al. 2009b, c; Evidenzgrad II/III). Wichtige Ergebnisse stammen aus einer internationalen, prospektiv konzipierten Behandlungsstudie an 230 DID-Patienten mit analog ermutigenden Ergebnissen sowohl hinsichtlich einer symptomatischen Besserung als auch einer günstigeren psychosozialen Entwicklung (Brand et al. 2013a, b).

Behandlungsziele

Nicht immer ist das oberste Therapieziel einer Integration und Vereinigung der divergenten Identitätszustände in eine einheitliche personale Identität auch realistisch zu erreichen. Dann erscheint eine Harmonisierung der internen Spannungen zwischen den „Persönlichkeiten“ ohne eine Integration schon als die äußerste Grenze des therapeutisch Erreichbaren. In noch komplizierteren Fällen ist selbst dies nicht zu bewerkstelligen. Dann stehen Versuche im Vordergrund, dem Patienten zumindest in der Bewältigung der vordringlichen aktuellen Lebensschwierigkeiten supportiv und problemlösend zu helfen (Liotti et al. 2005).

Therapietechnik

Steele et al. (2005) und van der Hart et al. (2006) betonen eine notwendige Planung der Therapie in 3 grundlegende Abschnitte mit jeweils auch unterschiedlicher Akzentuierung der Therapietechnik:
  • Phase der Sicherheit: supportive Interventionen, Ich-Stärkung, empathischer Fokus auf Selbstwahrnehmung und selbstobjekthafte Übertragungsmuster;
  • Phase der Erinnerung und Trauer: posttraumatisches Behandlungsmodell;
  • Phase der Verknüpfung: traditionelle psychodynamische Behandlungsprinzipien.

Vorgehen bei Therapiebeginn

Vorbedingungen für die Aufnahme weiterer Therapieschritte sind
  • eine sichere therapeutische Atmosphäre,
  • die Herstellung einer vertrauensvollen, informierenden und bestärkenden Beziehung und
  • die Etablierung eines verlässlichen und belastbaren Therapiebündnisses.
Es ist notwendig, die bereits in dieser Phase erkennbaren Identititätszustände anzusprechen und zu halten. Ein Kontrakt gegen vorzeitigen Therapieabbruch, suizidale Akte, selbstverletzende Handlungen usw. ist zu schließen und eine maximal mögliche Symptomentlastung zu bewerkstelligen. In der Erhebung der Anamnese können die unterschiedlichen Persönlichkeitszustände in ihren wesentlichen Charakteristika, in ihren Ursprüngen und ihren Beziehungen untereinander besser kennengelernt werden. In dieser frühen Phase spielen zur Kontrolle sehr störender und auch gefährlicher psychopathologischer Symptome spezielle psychotherapeutische Strategien eine wichtige Rolle, wie sie auch in der Behandlung von Patienten mit Bordeline-Persönlichkeitsstörungen erfolgreich erprobt worden sind (Brand et al. 2012). Eine differenzielle, syndromorientierte Psychopharmakotherapie kann hier ebenfalls sehr nützlich sein (Gentile et al. 2013). In diesem Stadium des Therapieprozesses darf keineswegs schon eine forcierte Erinnerungsarbeit angestrebt werden. Gerade in der Anfangsphase ist zu beachten, dass zu dichte Therapiekontakte das pathologische Bindungssystem der Patienten unkontrollierbar aktivieren und dramatische Verhaltensänderungen auslösen können (Liotti et al. 2005).
Wenn es Therapeut und Patient zusammen nicht gelingt, die Sicherheitsbasis der ersten Phase herzustellen, ist eine aktive Traumaarbeit mit dem regelhaften Auftauchen von heftigsten Affekten und desorganisierenden Erinnerungen zu unterlassen.
Colrain und Steele (1991) geben eine Übersicht über jene Faktoren, die als Kontraindikationen für ein Aufdecken von dissoziierten Erinnerungen auch in der Langzeitpsychotherapie zu verstehen sind (s. Übersicht).
Kontraindikationen für das Aufdecken dissoziativer Erinnerungen
  • Frühe Therapiestadien
  • Instabiles therapeutisches Bündnis
  • Gegenwärtiger oder anhaltender Missbrauch
  • Gegenwärtige akute äußere Lebenskrisen
  • Hohes Lebensalter, schwere körperliche Handicaps und/oder terminale Erkrankungen
  • Mangel an Ich-Stärke, inklusive schwere Borderline- und psychotische Zustände oder massive Regression
  • Unkontrolliertes, abruptes Alternieren der unterschiedlichen Alter Egos
  • Unkontrollierte Flashbacks
  • Schwere Konflikte und mangelhafte Kooperation im Alter-Ego-System
  • Schwere primäre Alexithymie
  • Zeitweilig: bevorstehende Abwesenheiten des Therapeuten, Übergangszeiten im Lebenszyklus des Patienten
Therapeutische Haltung
Der Umgang mit traumatischen Erinnerungen erfordert ein hohes Maß an Einfühlsamkeit, ein Gespür für Belastbarkeit und Dosierung in der Konfrontation. Ein Abreagieren von hiermit assoziierten heftigen Affekten per se ist selten schon auch therapeutisch wirksam. Ohne Einbettung in eine sicher geteilte therapeutische Beziehungsrealität, die zunächst einmal jegliche Berichte über z. T. auch unglaubhafte Traumatisierungen als subjektive Realität des Patienten akzeptiert und als alarmierende Mitteilung an den Therapeuten versteht, ist eine entscheidende Voraussetzung (Howell 2011). Ebenso ist das Wissen um die Formen der möglichen Erinnerungen u. a. in visuellen Flashbacks, somatisierten Empfindungen oder krassen Verhaltensinszenierungen grundlegend (van der Hart et al. 2006).
Dies schließt aber auch mit ein zu erkennen, dass Erinnerungen dieser Art wohl auf einen realen Kern in einem Abschnitt der gelebten Biografie eines Patienten verweisen können, keinesfalls aber immer eine Blaupause des tatsächlich Erlebten darstellen, sondern mannigfaltig transformiert sein können.
Zum Schutz des Patienten, aber auch zur Absicherung der eigenen Professionalität ist es wichtig, den Patienten auf das mögliche und sehr wahrscheinliche Auftauchen schlimmer Traumaerinnerungen vorzubereiten, sich aber hierbei an das „Prinzip der informierten Unsicherheit“ (Appelbaum und Gutheil 1991) hinsichtlich der sich in ihnen manifestierenden subjektiven Realität zu halten.
Die Komplexität des Abwehrprozesses in der Erinnerungsarbeit eines Patienten wird offenkundig, wenn Angaben einzelner Alter Egos sich ganz offenkundig widersprechen, völlig unlogisch und bizarr sind, und Konfabulationen mehr einem basalen Schutzbedürfnis dienen als zur Wahrheitsfindung beitragen. Es darf nicht Aufgabe in diesem Abschnitt sein, als Therapeut auf die historische Klärung der berichteten Fakten zu drängen. Nicht selten befände er sich dann in der Position einer projektiven Identifikation gefangen, unbewusst durch den Patienten gezwungen, die schier undurchdringliche Realität und Irrealität von dessen Biografie kurzzuschließen und ihm gleichzeitig dadurch die Gelegenheit zu geben, sie als extern aufoktroyiert wieder zurückweisen zu können. So engagiert und aktiv zuweilen therapeutisches Handeln sein muss, gerade wenn suizidale, fremdaggressive oder desorganisierende Krisen auftreten, so sehr muss sich ein Therapeut um eine weitgehend neutrale Haltung in der Aufnahme der Mitteilungen des Patienten bemühen.
Das in der Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung recht erfolgreiche EMDR-Verfahren (Eye Movement Desensitization and Reprocessing; Kap. Traumafolgestörungen) sollte v. a. bei Patienten mit schweren frühen Traumaerfahrungen mit großer Vorsicht eingesetzt werden, da ein pathologischer Dissoziationsprozess noch verstärkt werden kann (Mollon 2001).
Der therapeutische Stellenwert von Hypnoseverfahren wird mittlerweile sehr differenziert beurteilt. Hypnosetechniken können eine wertvolle Hilfe für eine immer wieder einmal notwendig werdende Distanzierung von einem zu heftigen Affektgeschehen sein. Eine aktive Traumaerinnerungsarbeit mittels Hypnose ist aber angesichts des hohen Risikos einer therapeutisch induzierten Erinnerungsfälschung abzulehnen (Liotti et al. 2005).
Übertragungs- und Gegenübertragungsthemen
Wichtige Übertragungs- und Gegenübertragungsthemen bestimmen den Therapieprozess in diesem Abschnitt unverwechselbar im Vergleich zu anderen Patientengruppen (Loewenstein 1993; Kluft 1996; Liotti et al. 2005; Howell 2011).
Traumatische Übertragung
Der Therapeut wird konkret als Misshandler aus der Vergangenheit erlebt, worauf der Patient mit größter Ängstlichkeit und Abwehrhaltung reagiert, gelegentlich auch die Realitätskontrolle verliert.
Hypnotische Übertragung
Die hohe Hypnotisierbarkeit des Patienten bestimmt das therapeutische Feld und damit auch den Therapeuten mit Phänomenen einer völligen Absorption, fokussierten Aufmerksamkeit und Amnesie, Wahrnehmungstäuschungen, kognitiven Verzerrungen wie konkretistischem Verstehen des Gesagten oder Rationalisierung und Akzeptanz offenkundiger Widersprüche.
Pseudopositive, submissive Übertragung
Der Patient reagiert scheinbar positiv auf die Therapie und spiegelt dem Therapeuten auch ein hohes Engagement in den therapeutischen Bemühungen, inszeniert indes aber eine höchst negative Übertragung, indem er den Therapeuten in Wirklichkeit als den Misshandler der Vergangenheit erlebt, der oft darauf bestand, dass ihm Liebe und Wertschätzung bekundet werde, und dass der faktische Missbrauch eigentlich eine Wohltat und vom Patienten auch so gewünscht worden sei.

Weiterer Therapieverlauf

Faszination und Überengagement des Therapeuten bestimmen häufig die Aufnahme einer Psychotherapie mit solchen Patienten. Diesem initialen Enthusiasmus folgen aber ebenso oft zahlreiche Enttäuschungen, erschöpfende Rückschläge und Verwirrtheitsgefühle im weiteren Therapieverlauf. Kluft (1996) beschreibt häufige Reaktionsmuster der Therapeuten hierauf:
  • Rückzug in eine Unerreichbarkeit als Person, skeptisches Detektivspiel zur Objektivierung der historischen Wahrheit;
  • Überzeugung, dass ein „durchschnittliches“ Therapiesetting diesen schwer traumatisierten Patienten abträglich, sondern nur „Liebe“ hilfreich sei in den mannigfaltigen Variationen einer therapeutischen Grenzverletzung;
  • Übernahme der Rolle eines Rechtsanwalts, der den Patienten in einen Klienten wandelt, ihn zur juristischen Klage gegen erlittenes Unrecht drängt;
  • der Therapeut ist in einer Gegenidentifikation mit dem Patienten gefangen und entwickelt selbst posttraumatische Belastungssymptome.
Pragmatisch-therapeutische Haltung
Ausgewiesene Experten berichten, dass gerade diese mittleren Therapieabschnitte nicht linear und planbar verlaufen. Der Integration der unterschiedlichsten Persönlichkeitsanteile stehen viele Hindernisse im Weg. Eine kohäsive personale Identität in einem gemeinsam gestalteten Narrativ über die Biografie ist oft nicht erreichbar und auch selten ganz abgeschlossen. Neben einer grundlegenden rekonstruktiven Arbeit in der Therapie kommt dem Erlernen neuer Copingfertigkeiten im Umgang mit aktuellen Lebensproblemen ohne dissoziative Abwehrmechanismen ein gleich bedeutsamer Stellenwert zu. Die in der Regel multimodal konzipierte Therapie von Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung wird klar, wenn in einer pragmatisch-therapeutischen Haltung neben kognitiv-analytischen Techniken auch zeitlich begrenzte Hospitalisierungen, Kunsttherapie und eine syndromorientierte Pharmakotherapie zum Einsatz kommen (Putnam und Loewenstein 1993). Die vorliegenden Ergebnisse aus Follow-up-Studien an Patienten, die innerhalb eines solchen Therapiesettings behandelt wurden, sind durchaus ermutigend (Übersicht: Brand et al. 2009b, c, 2013; Dorahy et al. 2014).

Andere dissoziative Störungen

Ganser-Syndrom

1898 beschrieb Ganser an 3 inhaftierten Personen ein Syndrom, das zunächst durch eine merkwürdige Tendenz gekennzeichnet war, auf Fragen entweder durch ein systematisches knappes Verfehlen des Gefragten zu antworten, in der Antwortintention aber den richtigen Kern zu demonstrieren, oder aber völlig unsinnige, dumme Antworten zu geben. Dieses als Ganser-Symptom bezeichnete „Vorbeireden“ (McGrath und McKenna 1961), eine psychopathologische Bezeichnung, die Ganser selbst nie benutzte, wird im Ganser-Syndrom ergänzt durch visuelle und akustische (Pseudo-)Halluzinationen, eine fluktuierende Bewusstseinstrübung, eine Reihe von „hysterischen“ Stigmata wie Analgesie und situativ definierte Auslöser. Diese bestanden in der Originalpublikation in einem fieberhaften Infekt (Typhus) und je einem Schädel-Hirn-Trauma mit Bewusstseinsverlust. Ganser (1904) sah in dem klinischen Zustandsbild eine Variante des „hysterischen Dämmerzustands“.
Der nosologische Status des Ganser-Syndroms war in der Folgezeit außerordentlich umstritten, umspannte Fälle einer organischen, einer endogenen, einer psychogenen Psychose, einer Pseudodemenz, einer hysterischen Neurose des dissoziativen Typus, einer besonderen Ausdrucksform der Haftpsychose, schließlich auch einer psychopathischen Simulationshaltung (Enoch und Ball 2004).
In einer heutigen Konzeptualisierung wird einerseits eine (atypische) dissoziative Störung angenommen, andererseits auf den sehr häufigen Zusammenhang zu unterschiedlichen hirnorganischen Störungen hingewiesen (Dalfen und Anthony 2000; Ladowsky-Brooks und Fischer 2003; Dwyer und Reid 2004; Dike et al. 2005; Wirtz et al. 2008; Staniloiu et al. 2009). Einigkeit besteht darin, dass ein Ganser-Syndrom als Vollbild klinisch sehr selten angetroffen wird, dann stets eine sorgfältige Organdiagnostik erfordert (Magnin et al. 2014; Kaphan et al. 2014). Das Ganser-Symptom „Vorbeireden“ hingegen ist sehr viel häufiger und kann bei zahlreichen psychiatrischen Störungen auftreten (Whitlock 1982; Sigal et al. 1992; Haddad 1993). Eine testpsychologische Aufdeckung von simulierten Ganser-Symptomen ist möglich (Merckelbach et al. 2006).

Dissoziative Trance- und Besessenheitsstörungen

Zustände von Trance und Besessenheit sind in vielen Gesellschaften und Ethnien häufig verbreitet. Sie sind integrale Bestandteile von religiösen und kulturellen Ritualen, die einem normativen Regelwerk unterliegen (Seligman und Kirmayer 2008). Trance beschreibt eine veränderte Bewusstseinslage mit eingeschränkter oder selektiv ausgerichteter Empfänglichkeit für Umweltreize. Stereotype Verhaltensweisen und Bewegungsmuster gehen häufig hiermit einher. Besessenheit wiederum impliziert darüber hinaus die vorübergehende Suspendierung des normalen Identitätsgefühls und die Ersetzung durch eine neue Identität. Diese wird einem Geist, einer göttlichen Kraft oder einer anderen herausragenden historischen Persönlichkeit der sozialen Gruppe zugesprochen, die für die Zeit der Trance Kontrolle über das Individuum ausüben. Nach dem Trancezustand besteht meist eine vollständige oder teilweise Amnesie (Cardeña et al. 2009).
Kulturell sanktionierte und ritualisierte Zustände von Trance und Besessenheit sollten entsprechend einer ethnopsychiatrischen Relativierung durch DSM-5 und ICD-10 nicht als dissoziative Störungen konzeptualisiert werden, auch wenn sie auf einem dissoziativen Mechanismus beruhen (During et al. 2011).
Als dissoziative Störungen werden sie nur bei Auftreten außerhalb des für den jeweiligen Kulturkreis oder die religiöse Gemeinschaft üblichen Manifestationskontextes angesehen und auch dann nur, wenn sie für das Individuum mit klinisch bedeutsamen Einbußen in persönlichen und psychosozialen Funktionen verknüpft sind (Spiegel et al. 2011). Dissoziative Trancestörungen tragen häufig noch unverkennbare Merkmale der Zugehörigkeit zu einer bestimmten geografischen Region oder einem Kulturkreis und werden als „kulturgebundene bzw. -spezifische Störungen“ bezeichnet (González et al. 1997; Moreira-Almeida und Cardeña 2011). Dissoziative Besessenheitszustände werden in der diagnostischen Konzeptualisierung von DSM-5 als transkulturelle Varianten einer dissoziativen Identitätsstörung behandelt (Spiegel et al. 2011, 2013; Sar et al. 2014). Sowohl dissoziative Trancestörungen als auch dissoziative Besessenheitszustände werden vorteilhaft in einem kultursensibel adaptierten therapeutischen Setting behandelt, das auch vorteilhaft die Unterstützung durch traditionelle Heiler miteinbezieht (Spiegel et al. 2013).

Forensische Aspekte

Nur kursorisch angemerkt werden soll, dass dissoziative Störungen recht häufig auch in einem forensischen Kontext bewertet werden müssen (Frankel 2009). Zwei hauptsächliche juristische Sachverhalte sind herauszuheben: Eine behauptete dissoziative Störung als Schuld mindernde oder exkulpierende psychische Störung zum Zeitpunkt einer inkriminierten Tat einerseits, die aus einer therapeutischen Behandlung einer dissoziativen Störung resultierende juristische Klage wegen einer als kausal-bedingend eingestuften traumatisierenden Missbrauchserfahrung andererseits.

Dissoziation und Gewaltverbrechen

In einer früheren Reviewarbeit zum Zusammenhang von Dissoziation und Verbrechen fand Schacter (1986), dass zwischen 23 % und 65 % der wegen Totschlags/Mords angeklagten Täter vor Gericht behaupten, an den Tathergang keine Erinnerung zu besitzen. Selten liegt eine komplette retrograde Amnesie vor, sehr häufig spielen Alkohol oder andere Drogen einen Einfluss, extremer emotionaler Aufruhr kann der Tat vorausgehen. Das selten exakt zu lösende Dilemma von Simulation und dissoziativer Störung bei geschilderter Amnesie verschärft sich in Fällen einer behaupteten dissoziativen Identitätsstörung (Bourget und Whitehurst 2007; Sachs und Galton 2008; Wortzel und Arciniegas 2008; Drob et al. 2009; Jenkins et al. 2009; Pyszora et al. 2014).

Frühkindliche Traumatisierung

Die Diskussion um die Häufigkeit frühkindlicher Traumatisierungen, speziell sexueller Missbrauchserfahrungen, ist in einem hohen Maße politisch. Der Zusammenhang zwischen solchen Traumata während der frühen Entwicklungsjahre und psychopathologischen Störungen im Erwachsenenalter ist Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Kontroverse (Goodman et al. 2004). Diese verschärft sich noch zusätzlich, wenn es um die historische Objektivität von erstmals während Therapien oder anderen Selbsterfahrungssettings (wieder-)entdeckten Missbrauchserfahrungen geht, und hieraus justitiable Anschuldigungen gegenüber identifizierten Täterpersonen resultieren. Das Thema des wissenschaftlichen Status „wiederentdeckter Erinnerungen“ vs. eines „Syndroms der falschen Erinnerung“ („false memory syndrome“) ist nicht abschließend zu beurteilen (Knecht 2005). Nur einige grundlegende Positionen sollen angeführt werden.
Erinnerungsfähigkeit
Eine Mehrzahl der Erwachsenen mit schlimmen frühkindlichen Traumatisierungen vergisst diese Erfahrungen nicht. Sie berichtet aber häufig über eine sich im Laufe der persönlichen Entwicklung wandelnde Einstufung der Bedeutung dieser Erfahrungen. Anderseits ist es wiederum glaubhaft, wenn eine Subgruppe von Patienten mit extern objektiv dokumentierten Missbrauchsereignissen versichert, dass ihnen im Verlauf mehrerer Jahre diese Erfahrungen vorübergehend nicht bewusst gewesen seien. Die bei Wiedererinnerung auftretenden heftigen Affekte sprechen gegen die Hypothese eines bloßen passageren Vergessens und favorisieren eher die Annahme aktiver dynamischer Abwehrvorgänge (Brewin 2011, 2012). Allerdings belegen unter starken Emotionen berichtete traumatische Erinnerungen nicht notwendigerweise auch deren Korrektheit (Laney und Loftus 2005; McNally 2005; 2007).
Erinnerungsmodalität
Der Erinnerungsprozess ist nicht allein auf die Ebene der verbalisierbaren Berichte zu beziehen, sondern muss auch andere Modalitäten wie ikonisch-visuelle Rekollektionen oder sensomotorische Verhaltensinszenierungen berücksichtigen. Speziell die Einwirkung von Traumaerfahrungen auf die Gedächtnisorganisation legt solche unterschiedlichen Erinnerungsmodalitäten nahe (van der Kolk 1996). Auch auf einer neuroanatomischen und neurochemischen Ebene können Belege angeführt werden, dass traumatisch bedingte Veränderungen des Gedächtnissystems mit einer verzögerten, d. h. vorübergehend suspendierten Erinnerungsfähigkeit, einhergehen können. Allerdings muss diese vorrangig klinisch geführte Diskussion dringend die mittlerweile differenzierten Befunde der experimentellen Gedächtnisforschung berücksichtigen, um das Risiko von Erinnerungsverzerrungen oder falschen Erinnerungen zu minimieren (Watson und Berntsen 2015).
„Historische“ vs. „narrative“ Wahrheit
Innerhalb eines Therapieprozesses auftretende Erinnerungen können durch eine Reihe von Abwehrprozessen, aber auch infolge zahlreicher biografisch notwendiger kognitiv-affektiver Transformationen verzerrt sein. Die Entscheidung zwischen „historischer“ und „narrativer Wahrheit“ ist innerhalb einer Therapie selten mit genügender Zuverlässigkeit zu treffen. Sie wird auch nicht über eine dramatische Symptomremission nach Annahme einer bestimmten Deutung validiert. Diese „Unsicherheit“ ist andererseits aber nicht mit einer vermeintlichen Beliebigkeit in den therapeutisch vermittelten Bedeutungen gleichzusetzen (Spence 1984; Wolff 1988; Mollon 1998, 2002).
„Wiedererinnerung“ bei unprofessionellem Vorgehen
Ein starkes Misstrauen gegenüber erstmals in Psychotherapien entdeckten Missbrauchserfahrungen ist dann angezeigt, wenn der „Wiedererinnerungskontext“ stark suggestive und manipulative Einflüsse verrät, offenkundig die Standards eines ernsthaften psychotherapeutischen Vorgehens aufgegeben worden sind bzw. von Anfang an wie bei einigen betont ideologisch ausgerichteten Selbsterfahrungsgruppen oder Selbsthilfeorganisationen nicht vorlagen (Merskey 1998; Brewin 2009).
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