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Integrative Therapie der Zwangsstörungen

Verfasst von: U. Voderholzer
Zwangsstörungen gehören in Deutschland zu den vier häufigsten psychischen Störungen (Jacobi et al. 2014) und sind über alle Bevölkerungsschichten etwa gleichhäufig verteilt. Der Einfluss dieser Erkrankung reicht in alle Lebensbereiche der Betroffenen und führt in der Folge zu massiven Beeinträchtigungen der Lebensqualität (Subramaniam et al. 2013). Zwangsstörungen verlaufen unbehandelt meist chronisch und trotz heute bekannter wirksamer Behandlungsmethoden ist die aktuelle Versorgungssituation noch als unzureichend zu bezeichnen. Gemäß den S3-Leitlinien (Hohagen et al. 2015) gilt die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition und Reaktionsverhinderung als Therapie der 1. Wahl. Eine Pharmakotherapie ist indiziert, wenn KVT keine ausreichende Besserung erbringt, wenn der Betroffene eine KVT ablehnt, diese nicht verfügbar ist oder die Erkrankung so schwer ausgeprägt ist, dass eine Psychotherapie erschwert ist.

Definition

Der französische Psychiater Esquirol war der Erste, der Zwangssymptome als Erkrankung beschrieb und seit der Veröffentlichung von „Über Zwangsvorstellungen“ von Karl Westphal im Jahre 1877 gelten Zwangsphänomene als eigenständiges diagnostisches und klinisches Syndrom. Mit der Einführung des psychoanalytischen Modells zur Zwangsneurose (Freud 1894) und der Untersuchungen von Tuke (1827–1895) zu möglichen neurobiologischen Ursachen von Zwangssymptomen erhielt die Zwangsstörung auch erste theoretische Untermauerungen. Auch wenn diese Theorien heute mit Hilfe einer Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen weiterentwickelt bzw. widerlegt wurden, sind auch in den aktuellen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5 noch ältere Ansichten erkennbar. K. Schneider definierte Zwangssymptome bereits 1967 (8. Auflage) als,
Zwang ist, wenn jemand Bewußtseinsinhalte nicht loswerden kann, obwohl er sie gleichzeitig als inhaltlich unsinnig oder wenigstens ohne Grund beherrschend und beharrend beurteilt. Will man ganz kritisch sein, so sage man, ‚von innen kommende‘ Bewußtseinsinhalte, um die Zwangserlebnisse begrifflich gegen die von außen gemachten Erlebnisse Schizophrener abzudichten. (S. 105)
Schon in dieser Definition sind einige noch heute zumindest teilweise geltende Kennzeichen von Zwangsstörungen angeführt:
  • Gefühle der Unkontrollierbarkeit und des Aufdrängens von Zwangsgedanken und -handlungen,
  • versuchter, meist erfolgloser Widerstand,
  • Einsichtsfähigkeit in die Unsinnigkeit der Zwangsinhalte.

Epidemiologie

Zwangsstörungen wurden bis Ende der 1980er-Jahre nur mit einer Lebenszeitprävalenz von 0,05 % angegeben und galten als eher seltene psychische Störung. Erst durch eine repräsentative Studie aus den USA (Epidemiologic Catchment Area Study), in die Daten von über 18.000 Personen zwischen 1980 und 1984 einflossen, wurde diese Ansicht revidiert: Es zeigten sich bei 1–2 % der Untersuchten innerhalb von 6 Monaten die Symptome einer Zwangsstörung (Karno et al. 1998), die Lebenszeitprävalenz wurde mit 1,2–2,4 % errechnet. In der National Comorbidity Survey Replikationsstudie konnte erneut eine Lebenszeitprävalenz von 2,3 % bestätigt werden (Ruscio et al. 2010). Zusätzlich zeigten in dieser Studie 25 % der Personen subklinische Zwangssymptome, die nach Angaben der Befragten zumindest teilweise als beeinträchtigend erlebt wurden, jedoch nicht das Vollbild einer Zwangsstörung erfüllten. Neuere Daten aus einer deutschen Erhebung (Jacobi et al. 2014) fanden mit einer 12-Monats-Prävalenz von 3,3 % bei Männern und 4,0 % bei Frauen sogar noch höhere Werte (Abb. 1).
Nach der jüngsten epidemiologischen Studie in Deutschland scheinen Zwangsstörungen häufiger zu sein, als man früher angenommen hatte. Das Geschlechterverhältnis liegt bei ca. 1,2 : 1 zwischen Frauen und Männern. Die Behandlungsraten sind verglichen mit anderen psychischen Störungen sehr niedrig, was zum Teil durch ausgeprägte Scham und Verheimlichungstendenzen zu erklären ist.
Diese Prävalenzraten spiegeln sich jedoch nicht in den aktuellen Behandlungsraten wider: Nach einer Erhebung von Wahl et al. (2010) mit Patienten aus nervenärztlichen Praxen erhielten knapp 30 % der Betroffenen mit Zwangsstörungen von ihren Ärzten auch wirklich diese Diagnose. Auch in psychotherapeutischen Praxen fanden sich ähnlich ernüchternde Ergebnisse: Rund 90 % der Behandler gaben in einer Befragung an, dass bei ihnen die Behandlung einer Zwangsstörung nur eine geringe oder gar keine Rolle spielt (Külz et al. 2010). Darüber hinaus ist zu sagen, dass nicht alle richtig diagnostizierten Patienten eine entsprechend den Leitlinien durchgeführte Therapie erhalten, was die allgemeine Versorgungssituation noch weiter verschlechtert.
Das Erstmanifestationsalter liegt meist zwischen 22 und 36 Jahren (Maj et al. 2002), wobei erste Symptome oft bereits im Kindesalter zu beobachten sind. Frauen und Männer sind im Erwachsenenalter in etwa gleich häufig betroffen; bei Männern liegt das Erkrankungsalter unter dem der Frauen. Daraus ergibt sich eine geschlechtsdifferenzielle bimodale Verteilung. Während vor der Pubertät eher bei den Jungen Zwangssymptome auftreten, kommt es bei den Mädchen besonders in der Pubertät zu einem Anstieg der Inzidenz. Die langen und chronischen Verläufe von Zwangsstörungen haben massive negative Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Betroffenen: Nur wenige können auf Grund der Zwangshandlungen noch einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und viele weisen Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen auf. Nach einer Studie von Hollander et al. (1996) sind die Einbußen in der Lebensqualität besonders deutlich in den folgenden Bereichen zu erkennen:
  • verringerter Selbstwert (92 %),
  • beeinträchtigte familiäre Beziehungen (73 %),
  • schlechtere berufliche Karriere (66 %),
  • weniger Freunde (62 %),
  • geringere akademische Leistungen (58 %).
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der epidemiologische Studie aus Holland (NEMESIS; de Bruijn et al. 2010): Personen mit subklinischen Zwangssymptomen zeigten dabei ähnlich hohe psychosoziale Beeinträchtigungen wie Betroffene mit einer diagnostizierten Zwangsstörung. Darüber hinaus können die Beeinträchtigungen nicht nur bei den Betroffenen selbst gravierend sein, sondern auch die unmittelbaren Angehörigen leiden häufig stark unter der Zwangserkrankung des Patienten. Auch wenn viele Betroffene zu Beginn versuchen, ihre Zwangssymptome zu verheimlichen, werden in der Folge v. a. nahe Angehörige häufig mit in das Zwangssystem involviert.

Ätiopathogenese

Die Ätiopathogenese der Zwangsstörungen ist, wie bei den meisten psychischen Störungen, durch ein Zusammenspiel aus psychologischen, neurobiologischen und sozialen Faktoren zu erklären. Je nach Anschauung steht eines dieser Modelle im Vordergrund der Betrachtung. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten ätiologischen Modelle zur Entstehung der Zwangsstörung dargestellt werden.

Psychologische Modelle

Psychodynamische Erklärungsmodelle

Erste Modelle zur Ätiopathogenese der Zwangsstörung kommen aus der Psychoanalyse: Es werden dabei triebdynamische Hypothesen von Freud und später auch Ich- und objektpsychologische Beschreibungen unterschieden. Sigmund Freud (1909) beschrieb als triebdynamische Grundlage der Zwangsstörung den sogenannten Zwangs- oder auch analen Charakter (anale Trias = Ordnungsliebe, Sparsamkeit und Eigensinn); er sah also die Ursache für Zwangsstörungen in einem zentralen Konflikt in der analen Phase. Dieser entsteht aus den einerseits vorhandenen unkontrollierbaren asozialen Triebimpulsen, andererseits aus hohen moralischen Standards der Gewissensinstanz (Über-Ich/Es-Konflikt); nicht selten auch aus im Über-Ich vorhandenen unvereinbaren Widersprüchen zwischen einer sadistisch vernichtenden und einer masochistisch selbstquälerischen Elternidentifikation. Die Zwangssymptome oder auch zwanghafte Persönlichkeitszüge stellen eine Kompromissbildung zwischen der symbolischen Trieberfüllung und der Trieb- und Angstabwehr dar. Als typische Abwehrmechanismen werden bei Zwangspatienten
  • Reaktionsbildung,
  • Affektisolierung,
  • Ungeschehenmachen,
  • Gegenbesetzung,
  • Verschiebung,
  • Rationalisierung,
  • Intellektualisierung
beobachtet. Im Gegensatz dazu sieht Shapiro (1965,1981) in der Ich- und objektpsychologischen Tradition die Zwangssymptome weniger in einer triebpsychologischen Konfliktdynamik, sondern mehr als einen Versuch, Autonomie und Selbstkontrolle herzustellen oder aufrechtzuerhalten. Vor dem Hintergrund von Rigidität und Ambiguitätsintoleranz, Vermeidung von engen emotionalen Erfahrungen und zwischenmenschlichen Kontakten versuchen Zwangspatienten nach diesem Modell mit Hilfe der Symptome Sicherheit in einer von ihnen als bedrohlich und chaotisch erlebten Welt aufrechtzuerhalten.
Psychodynamische Modelle lassen eine plausible und nachvollziehbare Argumentation erkennen; es fehlt ihnen jedoch an empirischer Evidenz, was die Interpretation schwierig macht. Ebenso verhält es sich derzeit mit der psychodynamischen Therapie bei Zwangsstörungen: Durch den Mangel an empirischer Evidenz kann diese Therapieform in der Behandlung von Zwangsgedanken und -handlungen nicht empfohlen werden.

Verhaltenstherapeutische Erklärungsmodelle

Neben psychoanalytischen Ätiologiemodellen, die von Konflikten in der analen Phase ausgehen, sieht die Verhaltenstherapie sowohl lerntheoretische als auch kognitive Modelle an der Entstehung der Zwangsstörung beteiligt, die im Folgenden näher erläutert werden. Als gesichert gilt aktuell ein Zusammenhang mit Traumata bei einem Teil der Betroffenen, insbesondere bei therapieresistenten Patienten (Gershuny et al. 2008, Übersicht bei Maier et al. 2009). Gershuny et al. (2008) fanden bei ihrer Untersuchung bei 81 % der therapieresistenten Zwangspatienten eine oder mehrere traumatische Erfahrungen in der Vorgeschichte; 39 % davon erfüllten neben der Zwangsstörung auch die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Und auch bei Therapierespondern zeigen Studien gegenüber gesunden Kontrollpersonen überdurchschnittlich häufig traumatische Erfahrungen vor Symptombeginn (u. a. Mathews et al. 2007), wobei diese Befunde auch auf andere psychische Störungen zutreffen und daher nicht für Zwangsstörungen spezifisch sind.
Das lerntheoretische Ätiologiemodell postuliert – ähnlich wie bei Angststörungen – klassische und operante Konditionierungsprozesse als verantwortlich für die Entstehung von Zwangssymptomen. Dieses zweistufige Modell entspricht der Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer und wurde bereits 1950 von Dollard und Miller auf die Entstehung von Zwangsstörungen übertragen. Das Modell lässt sich gut mit den neueren Hinweisen auf Traumatisierungen in Einklang bringen: Im ersten Schritt (klassische Konditionierung) wird ein bisher neutraler Stimulus NS (z. B. ein weißer Fleck) mit einem unkonditionierten Reiz US (z. B. ein traumatisches Ereignis) verknüpft, so dass in der Folge der neutrale Stimulus alleine die mit dem Trauma einhergehenden aversiven Gefühle (z. B. Angst, Anspannung, Ekel = konditionierte Reaktion CS) auslösen kann; der weiße Fleck wird somit zum konditionierten Reiz. Durch Reizgeneralisierung kann sich dieser auch auf andere bisher neutrale Stimuli ausbreiten und wird durch Automatisierung in seiner Häufigkeit intensiviert. Das Durchführen der Zwangsrituale wird durch die daraus resultierende Abnahme von Angst und Anspannung negativ verstärkt und damit aufrechterhalten (Abb. 2).
Werden Zwangshandlungen einmal unterbrochen oder können nicht gemäß dem Ritual durchgeführt werden, nehmen Angst und Anspannung wieder zu. Diese werden durch eine Wiederaufnahme der Zwangsrituale intermittierend negativ verstärkt, was zu einer erheblichen Löschungsresistenz des pathologischen Verhaltens führt.
Anders als bei Angststörungen, bei denen das Vermeiden von angstauslösenden Situationen zur Reduktion von Angst und Anspannung führt, wird bei Zwangsstörungen angenommen, dass erst die Durchführung von Ritualen und damit eine aktive Handlung die aversiven emotionalen Zustände verringern kann.
Aus heutiger Sicht greift das Zwei-Faktoren-Modell zu kurz, um alleine die Entstehung einer Zwangsstörung zu erklären:
  • Nicht alle Zwangspatienten erinnern sich an eine auslösende, traumatische Situation, die zur Entstehung der Zwangssymptome beigetragen hat.
  • Die Entstehung von Zwangsgedanken ist mit diesem Modell nur schwer erklärbar.
Die Erweiterung der lerntheoretischen Modelle durch kognitive Theorien versucht, diese Lücke zu schließen. Die kognitiven Theorien der Zwangsstörung basieren auf der Grundlage, dass unangenehme, aufdringliche oder unsinnige Gedanken bei 90 % der Menschen gelegentlich auftreten (Morillo et al. 2007) und dass sich diese inhaltlich nicht von Zwangsgedanken unterscheiden. Im Unterschied zu Gesunden tendieren Zwangspatienten jedoch dazu, die aufdringlichen Gedanken als inakzeptabel und bedrohlich zu bewerten. Sie reagieren auf solche Gedanken mit Angst und Schuldgefühlen und überschätzen die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Gedanken Auswirkungen auf ihr Handeln haben. Diese kognitive Verzerrung ist als Thought-action-Fusion (Gedanken-Handlungs-Fusion) bekannt und stellt einen zentralen Denkfehler innerhalb der Zwangsstörungen dar. Diese und andere kognitive Verzerrungen beeinflussen das Denken von Zwangspatienten (s. folgende Übersicht) und sagen nach der aktuellen Studienlage das Auftreten von Zwangssymptomen vorher (u. a. Gwilliam et al. 2004).
Typische kognitive Verzerrungen/Metakognitionen bei Zwangsstörungen
  • Gedanken-Handlungs-Fusion „etwas zu denken ist das Gleiche, wie etwas zu tun“
  • Überschätzung der eigenen Verantwortung
  • Überschätzung von Risiken
  • Überschätzung der eigenen Schuld
  • Perfektionismus
  • Überschätzung der Bedeutung von Gedanken
  • Intoleranz gegenüber Unsicherheit
  • Not-just-right-Gefühl
Sonderform: Pathologisches Zweifeln
Auch pathologisches Zweifeln konnte als ein zentrales kognitives Symptom bei Zwangsstörungen identifiziert werden (Legrand du Saulle 1875). Pathologisches Zweifeln ist bei Zwangsstörungen funktionell verknüpft mit rückversicherndem, kontrollierendem und wiederkehrendem Verhalten und verstärkt sich dabei immer wieder selbst. Es wird davon ausgegangen, dass Zweifeln zu einer spezifischen Hemmung des Gedächtnisses führt, wobei die Lebendigkeit der Gedächtnisinhalte einer gerade ausgeführten Handlung vermindert wird. Das bedeutet, dass durch das ständige Zweifeln der eigenen Erinnerung nicht mehr getraut wird, was ein erneutes Durchführen der Handlung notwendig macht. Als Grundlage des Zweifelns werden neurobiologische Dysfunktionen angesehen (Olley et al. 2007).
Salkovskis‘ Modell zur Entstehung von Zwangsgedanken (1998) fasst diese Überlegungen zusammen (Abb. 3).
Das metakognitive Modell von Wells und Matthews (1994; Wells 2000) stellt die Bedeutung von Einstellungen und Gedanken gegenüber kognitiven Prozessen in den Vordergrund ihrer Betrachtungen. Nach diesem Modell sind 2 zentrale Einstellungen für die Aufrechterhaltung von Zwangssymptomen verantwortlich:
  • Einstellungen über die Bedeutung und die Konsequenzen intrusiver Gedanken und Gefühle,
  • Einstellungen gegenüber der Notwendigkeit, Rituale durchzuführen und den sich aus den Ritualen ergebenden negativen Konsequenzen.
Die auf diesem Modell aufbauende metakognitive Therapie versucht in erster Linie, diese Metakognitionen zu verändern. Im Einklang mit anderen kognitiven Modellen sieht aber auch das metakognitive Modell die Thought-action-Fusion (Rachmann 1993) als wesentliche kognitive Verzerrung bei Zwangsstörungen an. Ergänzt wird diese durch die
  • Thought-event-Fusion (Gedanken-Ereignis-Fusion), z. B. „perverse Gedanken machen mich zu einem Perversen“,
  • Thought-object-Fusion (Gedanken-Objekt-Fusion), z. B. „meine negativen Gedanken können sich auf Objekte übertragen“.
Gemeinsam ist dem Zwei-Faktoren-Modell und den kognitiven Modellen der Zwangsstörung der Mechanismus der negativen Verstärkung als aufrechterhaltender Faktor für die Symptomatik. Durch das Neutralisieren kommt es zum Abfall von Angst, Anspannung oder anderen unangenehmen Gefühlen. Zwangspatienten können auf diese Weise immer wieder die durch Stimuli ausgelösten unangenehmen Gefühle kurzfristig vermindern. Diese kurzfristige (negative) Verstärkung wirkt sich in stärkerem Maße als aufrechterhaltender Faktor aus, als die langfristigen negativen Konsequenzen, die für den Betroffenen durch die Zwangshandlungen entstehen.
Neben den oben genannten psychologischen Modellen wird auch die Annahme vertreten, dass bestimmte Persönlichkeitsfaktoren Einfluss auf die Entstehung von Zwangsstörungen nehmen können. Es konnten folgende prädisponierende Faktoren von Zwangsstörungen identifiziert werden:
  • ängstlich-selbstunsichere und dependente Strukturen,
  • Zwanghaftigkeit,
  • Perfektionismus.
Zwanghafte Persönlichkeitsanteile zeigen sich nach neueren Studien, unter Beachtung der DSM-IV-Kriterien, bei 23–45 % der Zwangspatienten und sind damit häufiger als bisher angenommen wurde (u. a. Gordon et al. 2013; Coles et al. 2008). Doch nicht nur zwanghafte Persönlichkeitszüge, sondern auch selbstunsichere und dependente sowie passiv-aggressive Persönlichkeitszüge werden bei Zwangspatienten beobachtet (Steketee 1990). Nach einer neueren Studie von Torres et al. (2006) wurden die hohen Anteile an Cluster-C-Persönlichkeiten jedoch auf Grund der meist klinischen Stichproben überschätzt, sodass auch die Zuordnung der zwanghaften PS zu diesem Cluster mehr und mehr in Frage gestellt wird. Es wird heute davon ausgegangen, dass eher antisoziale und narzisstische Persönlichkeitszüge bei Zwangspatienten überdurchschnittlich häufig vertreten sind. Auswirkungen haben vorhandene komorbide Persönlichkeitsstörungen bzw. bestimmte Persönlichkeitszüge v. a. auf den Verlauf der Zwangserkrankung: Zwangspatienten mit selbstunsicheren und dependenten Zügen sprechen demnach besser auf therapeutische Interventionen an als Patienten mit passiv-aggressiven Anteilen. Es ist möglich, dass die Zwangssymptome innerhalb von Persönlichkeitsstörungen entweder eine kontrollierende (z. B. bei impulsiven und aggressiven Persönlichkeitszügen) oder eine schützende (z. B. bei ängstlichen und dependenten Persönlichkeitszügen) Funktion übernehmen.

Neurobiologische Modelle

Neben den psychologischen Ätiologiemodellen gibt es auch eine Vielzahl an Hinweisen auf einen Einfluss der Neurobiologie auf die Entstehung von Zwangsstörungen:
  • genetische Faktoren,
  • Einfluss der Basalganglien,
  • Einfluss von fronto-striato-thalamischen Regelkreisen,
  • Dysbalance auf Neurotransmitterebene (Serotonin, Dopamin, Glutamat),
  • immunologische Faktoren.
Verschiedene Familien- und Zwillingsstudien sprechen sehr eindeutig für eine genetische Komponente bei der Entstehung von Zwangsstörungen, auch wenn bisher noch keine einzelnen Gene sicher mit dieser Erkrankung in Zusammenhang gebracht werden konnten. Wahrscheinlicher als ein einzelnes Gen ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Genen sowie Gen-Umwelt-Interaktionen, die die Vulnerabilität für Zwangserkrankungen erhöhen. Darüber hinaus besteht auch die Annahme, dass eher eine Vulnerabilität für zwanghafte Persönlichkeitszüge und hohe Werte auf der Neurotizismusskala vererbt sein könnten, die in der Folge die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Zwangsstörungen erhöht (Samuels 2009). Nach den Ergebnissen der GENOS-Studie aus Deutschland hatten Erstgradangehörige von Zwangspatienten ein 6,2fach erhöhtes Risiko für eine diagnostizierbare Zwangsstörung und ein 2,2fach erhöhtes Risiko für eine subklinische Form, verglichen mit Verwandten einer Kontrollgruppe (Grabe et al. 2006). Andere Autoren sehen sogar ein bis zu 13fach erhöhtes Risiko, wobei der genetische Einfluss von Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen (ca. 45–65 %) höher ist als bei erwachsenen Zwangspatienten (27–47 %; Übersicht van Groothest et al. 2005). Dies zeigt sich auch in einer Replikationsstudie und Metaanalyse von Walitza et al. (2014), die eine mäßige Assoziation zwischen einer früh beginnenden Zwangsstörung und dem LA-Allel des Serotonintransporters bestätigen konnten.
Gut belegt ist neben einem genetischen Einfluss auch ein Zusammenhang mit verschiedenen Basalganglienerkrankungen (Tab. 1), bei denen gehäuft auch Zwangsstörungen zu beobachten sind. Diese überdurchschnittlichen Komorbiditäten mit neurologischen Erkrankungen geben Hinweise auf einen Einfluss der Basalganglien an der Entstehung von Zwangsstörungen.
Tab. 1
Übersicht über Basalganglienerkrankungen mit Zwangssymptomen
Basalganglienerkrankung
Kennzeichen
Tourette-Syndrom
Auftreten von vokalen und motorischen Tics
Bei 50–70 % der Tourette-Patienten (vorwiegend bei männlichen) treten Zwangssymptome auf (Impulse, Gegenstände zu berühren; Kontroll- und Symmetriezwänge)
PANDAS (Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders Associated with Streptococcal Infections)
Autoimmunreaktion der Hirnsubstanz nach Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken im Kindesalter
Bis zu 70 % der Betroffenen leiden mindestens zeitweilig an Zwangssymptomena
Encephalitis lethargica
Neben parkinsonoiden Symptomen werden auch immer wieder Zwangssymptome beobachtet
Degenerative Erkrankung
Zwangssymptome werden beobachtetb
Degenerative Erkrankung
Zwangssymptome werden beobachtetc
Autoimmunerkrankung
Prävalenzrate von 32 % für eine manifeste Zwangsstörung; 10 % für subklinische Formend
Sowie Epilepsien, Schädel-Hirn-Traumata, Hirntumore, toxische ZNS-Schädigungen im Bereich der Basalganglien etc.
aSwedo et al. 1989; bMiller et al. 1995; cKumawat et al. 2007; dSlatterly et al. 2004
Auf kortikaler Ebene weisen Untersuchungen mit der Positronenemissionstomographie (PET) auf Veränderungen in fronto-striato-thalamischen Bereichen bei Zwangspatienten hin. Besonders die folgenden Areale kennzeichnen sich durch einen erhöhten Metabolismus bei Zwangsstörungen (Übersicht bei Karch und Pogarell 2011):
  • orbitofrontaler Kortex,
  • Nucleus caudatus,
  • Thalamus,
  • anteriorer zingulärer Kortex.
Diese Bereiche werden beim Menschen mit dem Erlernen neuer Gewohnheiten, der Ausführung von Handlungsroutinen und den exekutiven Funktionen assoziiert. Bei Zwangsstörungen konnte eine Dysbalance gefunden werden, die die Aktivität der direkten exzitatorischen Regelschleife gegenüber der indirekten inhibitorischen Regelschleife erhöht, was in der Folge zu einer verminderten Filterfunktion der Basalganglien gegenüber kortikalen Informationen führt. Dies bewirkt in der Folge sowohl eine Verringerung der Flexibilität im Denken und Handeln als auch das Auftreten automatisierter und stereotyper Verhaltensweisen, wie sie bei Zwangsstörungen typisch sind (Abb. 4).
Eine tierexperimentelle Untersuchung von Ahmari et al. (2013) unterstützt diese Befunde: Die gefundene erhöhte Aktivität der exzitatorischen Regelschleifen beim Menschen wurde dabei durch eine optogenetische Stimulationsmethode bei Mäusen simuliert. Es konnte gezeigt werden, dass eine mehrtägige Stimulation zu einem Anstieg von Putz- und Reinigungsverhalten („grooming“) führte, die auch noch 2 Wochen nach Beendigung der Stimulation zu beobachten war. Das zwangsähnliche Verhalten konnte durch die Gabe von Fluoxetin verringert werden, was auch Annahmen zu therapeutischen Interventionen unterstützt. Zusätzliche Unterstützung erhält die Theorie durch die bei Zwangsstörungen gefundenen mäßigen neuropsychologischen Defizite, die v. a. mit diesen Hirnarealen in Zusammenhang stehen und vorwiegend bei den folgenden exekutiven Funktionen beobachtet werden können:
  • Inhibition,
  • kognitive Flexibilität/Set-Shifting,
  • visuell-räumliches und verbales Gedächtnis.
Informationen zu neuropsychologischen Defiziten bei Zwangsstörungen
Neuropsychologische Untersuchungen bei Patienten mit Zwangsstörungen weisen darauf hin, dass diese im Gegensatz zu gesunden Personen Defizite bei Aufgaben haben, die fronto-striatalen Bereichen zugeordnet werden können. Besonders Defizite in der Inhibition von kognitiven und Verhaltensprozessen und Defizite in der Kontrolle und Überwachung von Aufgaben und Verhalten (Chamberlain et al. 2005; Greisberg und McKay 2003; Melloni et al. 2012) konnten beobachtet werden und stehen in Einklang mit der Zwangssymptomatik. Zusätzlich zeigen Zwangspatienten in Verhaltensexperimenten Probleme, ihren Aufmerksamkeitsfokus zu verschieben (Set-Shifting) und einmal begonnene Handlungsmuster zu unterbrechen, was zu stereotypen und repetitiven Verhaltensweisen beitragen kann (Übersichten bei Chamberlain et al. 2005; Greisberg und McKay 2003; Külz et al. 2003). Darüber hinaus haben Zwangspatienten Schwierigkeiten im Organisieren und Strukturieren von Stimuli und es fällt ihnen schwerer als gesunden Personen, ihre kognitiven Ressourcen effektiv zu nutzen (Kashyap et al. 2013), was auch auf eine Dysfunktion im dorsolateralen und superioren medialen präfrontalen Kortex hinweist. Millet et al. (2013) unterstützen diese Annahme durch die in ihrer Studie gefundenen unterdurchschnittlichen Leistungen von Zwangspatienten in Tests zur verbalen Flüssigkeit, dem Stroop-Test und dem Tower of London. Auffälligkeiten wurden bei Zwangspatienten auch in Tests zum visuell-räumlichen und verbalen Gedächtnis (Rey-Osterrieth-Figur, verbale Listen) gefunden: Verschiedene Studien zeigen, dass Defizite besonders dann auftreten, wenn organisatorische oder semantische Fertigkeiten erforderlich sind, um das dargebotene Material zu enkodieren und wieder zu erinnern (Deckersbach et al. 2004; Moritz et al. 2002). Der Abruf von unzureichend organisierten Informationen könnte auch das Zweifeln erklären, das bei Betroffenen mit Zwangsstörungen häufig zu beobachten ist. Zusammen mit einer generell langsameren Verarbeitungsgeschwindigkeit und einer eher detailorientierten und weniger ganzheitlichen Verarbeitung wird dieses Verhaltensmuster weiter verstärkt.
Eine Metaanalyse von Leopold und Backenstrass (2015) zeigt zudem Unterschiede zwischen Patienten mit Wasch- und Reinigungszwängen („washer“) und Patienten mit Kontrollzwängen („checker“). Washer schneiden demnach bei 8 von 10 neuropsychologischen Tests besser ab als Checker. Besonders deutlich zeigen sich diese Unterschiede in den exekutiven Dysfunktionen in den Bereichen Planung/Problemlösen und Inhibition, mäßig auch im Bereich Set-Shifting. Diese neuen Erkenntnisse unterstützen die klinische Erfahrung, dass Washer tendenziell besser auf eine Therapie mit kognitiver Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsverhinderung ansprechen als Checker und dass diese Unterschiede zum Teil durch Unterschiede auf neuronaler Ebene zu erklären sind.
Auf Neurotransmitterebene wird in der Literatur besonders die Serotoninhypothese diskutiert, nach der Zwangsstörungen durch eine Dysfunktion der serotonergen Neurotransmission entstehen. Für diese Hypothese spricht das selektive Ansprechen von Zwangspatienten auf Serotoninwiederaufnahmehemmer (SRI) im Gegensatz zu noradrenergen Antidepressiva (Piccinelli et al. 1995). Dagegen spricht jedoch die Tatsache, dass ein kurzzeitiger Serotoninmangel nicht zu einer Erhöhung der Zwangssymptome führt (Külz et al. 2007). Auch wenn die Serotoninhypothese damit nicht als alleinige Ursache für eine Zwangserkrankung in Frage kommt, scheint die Verfügbarkeit von Serotonin in orbitofrontalen-subkortikalen Regelschleifen einen Einfluss auf das Auftreten von Zwangsstörungen zu haben. Das häufige gemeinsame Auftreten von Zwangsstörungen und neurologischen Erkrankungen weist auch auf einen Einfluss des dopaminergen Systems bei Zwangssymptomen hin. Studien zeigen eine dopaminerge Hypoaktivität im präfrontalen Kortex bei Zwangspatienten, die ebenfalls mit der Hyperaktivität der fronto-striato-thalamischen Regelschleifen in Verbindung steht. Auch Glutamat scheint eine Bedeutung bei Zwangserkrankungen zu haben. Pittenger et al. (2011) untersuchten den Einfluss von Glutamat und fanden Hinweise für eine Dysregulation in fronto-striato-thalamischen Regelschleifen, in denen sie als exzitatorische Neurotransmitter wirken. Eine andere Studie zeigte auch eine erhöhte Konzentration von Glutamat im Nucleus caudatus und anterioren zingulären Kortex, die ebenfalls mit dem Auftreten von Zwangsstörungen assoziiert werden (Wu et al. 2012). Neben der psychopharmakologischen Behandlung mit SRIs gibt es aufgrund der neuen Ergebnisse auch Versuche, glutamatmodulierende Substanzen in der Therapie der Zwangsstörungen einzusetzen.
Weniger Aufmerksamkeit gilt immunologischen Faktoren in der Ätiologie der Zwangsstörungen, auch wenn schon länger ein möglicher Einfluss der Anti-Basalganglien-Antikörper (AGBA) als Auslöser von Zwangsstörungen diskutiert wird. Eine Metaanalyse von Pearlman et al. (2014) fasste die bisherigen Ergebnisse zusammen. Sie fanden eine 5fach erhöhte Odds-Ratio bei AGBA-Seropositivität von Zwangspatienten. Zwar liegt die Wahrscheinlichkeit für AGBA-Seropositivität damit nicht höher als bei anderen Störungen, bei denen ebenfalls bereits ein Zusammenhang gefunden wurde (Tourette-Syndrom, ADHS, PANDAS), trotzdem ist es ein Hinweis, dass immunologische Faktoren zumindest bei einem Teil der Betroffenen eine ursächliche Rolle spielen.
Auf neurobiologischer Ebene scheinen neben genetischen und immunologischen Faktoren auch Fehlregulationen von Neurotransmittersystemen einen Einfluss auf die Entstehung von Zwangsstörungen zu haben. Ein besonderes Augenmerk gilt zudem den fronto-striato-thalamischen Regelschleifen. Bei Zwangsstörungen gibt es Hinweise für eine Dysbalance in diesem Bereich mit Überaktivität exzitatorischer Regelschleifen und Hinweisen für eine Normalisierung nach Therapie.

Symptomatologie

Zwangsstörungen können als wiederkehrende Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen, meist als eine Kombination aus beiden, auftreten. Unter Zwangsgedanken („obsessions“) werden Ideen, Vorstellungen oder Impulse verstanden, die sich den Betroffenen gegen ihren Willen aufdrängen und meist belastende Inhalte haben. Zu den häufigsten Inhalten von Zwangsgedanken zählen aggressive Impulse, sowie die Angst, versehentlich ein Unglück verursacht oder sich sozial unangemessen verhalten zu haben, bzw. auch magisches Denken (Tab. 2). Die Betroffenen erleben die Zwangsgedanken als sinnlos oder quälend und sie versuchen immer wieder erfolglos, Widerstand zu leisten oder die Gedanken zu unterdrücken. Die Zwangsgedanken lösen bei den Betroffenen Gefühle der Angst, Unsicherheit und des Zweifelns aus und es werden sowohl gedankliche Neutralisierungen (z. B. bis 10 zählen) oder auch Neutralisierungshandlungen (= Zwangshandlungen) durchgeführt, um Angst und Anspannung zu reduzieren.
Tab. 2
Inhalte von Zwangsgedanken und Beispiele. (Nach Abramowitz und Jacoby 2015)
Verantwortung für Unfälle und Schäden
„Beim Autofahren habe ich jemanden überfahren“
Verschmutzung
„Wenn ich die Türklinke anfasse, bekomme ich AIDS“
Sexuelle und moralische Inhalte
„Ich werde allen Frauen an den Busen greifen“
Religion
„Gott ist ein Sünder“
„Wenn ich mit meinem Kind alleine bin, werde ich es ersticken“
Ordnung und Symmetrie
„Alle Stifte müssen parallel ausgerichtet sein“
Magisches Denken
„6 ist die Zahl des Teufels und bringt Unglück“
Man unterscheidet auch autogene und reaktive Zwangsgedanken (u. a. Lee und Telch 2005). Während sich autogene Zwangsgedanken ohne erkennbaren Auslöser aufdrängen und Stimuluscharakter haben, entstehen reaktive Zwangsgedanken als Reaktion auf bestimmte Situationen oder Stimuli und gehen vielfach mit bestimmtem Neutralisierungsverhalten einher.
Unter Zwangshandlungen („compulsions“) werden stereotype, ritualisierte Verhaltensweisen verstanden, die gegen den Willen der Betroffenen immer wieder wiederholt werden müssen. Ursprünglich handelt es sich bei Zwangshandlungen um zielgerichtetes Verhalten (z. B. Reinigen, Kontrollieren, Ordnen), das durch die hohen zeitlichen Ressourcen und die ritualisierte Durchführung seine Sinnhaftigkeit verliert. Teilweise erreichen die Betroffenen durch die Zwangshandlungen sogar genau das Gegenteil von dem Gewünschten: Häufiges und ausgiebiges Händewaschen und Nutzen von Desinfektionsmitteln zur Vorbeugung von schweren Krankheiten nach dem Berühren einer Türklinke kann die Haut rissig und trocken und damit anfällig für Keime und Bakterien machen.
Zwangshandlungen werden primär mit dem Ziel ausgeführt, Angst und Anspannung zu reduzieren. Im Verlauf setzen die Betroffenen die Zwangshandlungen auch häufig präventiv ein, also auch in Situationen, in denen noch keine unangenehmen Gefühle vorhanden sind. Die Betroffenen erleben die Durchführung der Zwangshandlungen als unangenehm und belastend und versuchen meist erfolglos, Widerstand zu leisten. Werden die Zwangshandlungen nicht oder nicht gemäß dem Ritual ausgeführt, steigt bei den Betroffenen die Anspannung an. Ca. 1/5 der Betroffenen zeigen wenig oder keine Einsicht in die Unsinnigkeit ihrer Zwangsinhalte, was eine Abgrenzung zu psychotischen Symptomen erschwert. Besonders häufig werden diese überwertigen Zwangsideen bei Patienten mit komorbider Depression beobachtet (Foa und Kozak 1995; Veale 2002). Zu den häufigsten Zwangssymptomen zählen Kontrollzwänge sowie Wasch- und Putzzwänge. Darüber hinaus werden Sammelzwänge, Symmetrie- und Ordnungszwänge und zwanghaftes Fragen unterschieden (Tab. 3; Abb. 5).
Tab. 3
Typische Zwangshandlungen
Dekontamination
Ritualisiertes Händewaschen nach jeder Berührung der Türklinke oder anderen Stimuli
Kontrolle
mehrmalige Kontrolle des Herdes vor dem Verlassen der Wohnung
Wiederholung von Routinehandlungen
Wiederholtes An- und Ausschalten des Smartphones
Ordnen
Ordnen der Kleidung nach Farbe und Größe
Mentale Rituale
Ein Gedicht immer wieder gedanklich wiederholen
Bei Zwangsstörungen werden Zwangshandlungen und Zwangsgedanken unterschieden. Die Mehrheit der Betroffenen leidet jedoch an einer Kombination aus beidem. Die Inhalte sowohl der Zwangsgedanken als auch der Zwangshandlungen stehen meist in direkter Verbindung zu einer als bedroht erlebten persönlichen, sozialen und/oder moralischen Werteordnung. Dies legt nahe, dass die Zwangsinhalte auch mit sozialen und kulturellen Einflüssen in Zusammenhang stehen.
Fallbeispiel
Eine 50-jährige verheiratete Frau leidet unter häufigen Zwangsgedanken, sie könne ihre Nachbarin gesehen haben (über das Fenster zweier benachbarter Einfamilienhäuser) und sie nicht gegrüßt haben. Diese Zwangsgedanken treten fast den gesamten Tag über auf, gehen mit ängstlich-gedrückter Stimmung, Schuldgefühlen und starkem Leidensdruck einher und führten dazu, dass die Betroffene die Jalousien ihres Einfamilienhauses auch tagsüber geschlossen hielt, das Haus kaum mehr verlieβ, was ihr eine gewisse Sicherheit gab, dass sie die Nachbarin nicht gesehen und damit auch nicht versehentlich nicht gegrüßt hatte.
In Gefolge der schweren Zwangsgedanken kam es zu einer sekundären schweren Depression und Klinikeinweisung.
Zwangshandlungen (Zwangsrituale) können sowohl gedanklich als auch als Handlung ausgeführt werden und haben das Ziel, Angst und Anspannung zu reduzieren. Im Gegensatz dazu lösen Zwangsgedanken diese unangenehmen Gefühle aus und sollen durch Zwangshandlungen neutralisiert werden.

Abgrenzung zu zwanghafter Persönlichkeitsstörung

Während Zwangsgedanken und -handlungen innerhalb einer Zwangsstörung von den Betroffenen meist als ich-dyston, unsinnig und quälend erlebt werden, stellen zwanghafte Persönlichkeitsanteile überdauernde Eigenschaften einer Person dar, die von dieser als ich-synton erlebt werden und nicht mit einer Krankheitsepisode in Zusammenhang stehen. Zeichnen sich diese Eigenschaften durch ein großes Ausmaß an Rigidität aus und führen sie zu einem unflexiblen und schwer modifizierbaren Verhalten in einer Vielzahl an unterschiedlichen Lebensbereichen, so spricht man von einer anankastischen (zwanghaften) Persönlichkeitsstörung. Hauptmerkmale dieser Cluster C Persönlichkeitsstörung sind (ICD-10, F60.5):
  • Gefühle von starkem Zweifel und übermäßiger Vorsicht,
  • ständige Beschäftigung mit Details, Regeln, Listen, Ordnung, Organisation und Plänen,
  • Perfektionismus, der die Fertigstellung von Aufgaben behindert,
  • übermäßige Gewissenhaftigkeit und Skrupelhaftigkeit,
  • unverhältnismäßige Leistungsbezogenheit unter Vernachlässigung bis zum Verzicht auf Vergnügen und zwischenmenschliche Beziehungen,
  • übertriebene Pedanterie und Befolgung sozialer Konventionen,
  • Rigidität und Eigensinn,
  • unbegründetes Bestehen darauf, dass andere sich exakt den eigenen Gewohnheiten unterordnen, oder unbegründete Abneigung dagegen, andere etwas machen zu lassen.
Trotz der diagnostischen Abgrenzung zwischen zwanghafter Persönlichkeitsstörung und Zwangsstörungen sind diese beiden psychischen Erkrankungen in der Praxis nicht immer eindeutig voneinander zu unterscheiden, bzw. treten bei 23–45 % der Betroffenen auch komorbid auf (u. a. Gordon et al. 2013). Einige Autoren vertreten darüber hinaus die Ansicht, dass die gleichzeitige Diagnose Auswirkungen auf den Verlauf einer Zwangsstörung hat und sehen Zwangspatienten mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung als Subtypus dieser Erkrankung an (u. a. Coles et al. 2008).
Während Zwangshandlungen im Bereich von Kontaminationsängsten und zwanghafter Sauberkeit überwiegend bei Zwangsstörungen auftreten, zeichnet sich die zwanghafte Persönlichkeitsstörung durch Rigidität und exzessive Selbstkontrolle aus. Bei beiden Störungsbildern werden jedoch gleichermaßen symmetrie- und ordnungsbezogene Symptome sowie Zwangsgedanken beobachtet (u. a. Pinto et al. 2014; Diedrich und Voderholzer 2015).

Verlauf und Prognose

Schwartz et al. (2013) fassten in ihrem Review über 12 Studien die aktuelle Versorgungssituation bei Zwangsstörungen zusammen und untersuchten dabei einerseits das Hilfesuchverhalten von Betroffenen und andererseits die Häufigkeit einer nach den gültigen Leitlinien (kognitive Verhaltenstherapie oder Verhaltenstherapie) durchgeführten Therapie. Dabei zeigte sich zusammenfassend ein Hilfesuchverhalten zwischen 0 % und 41 % der Betroffenen (nur die Studie von Adam et al. (2012) ergab Werte bis 68,1 %). Nach Regier et al. (1993) erhielten zudem nur ca. 41 % der Betroffenen irgendeine Form von Hilfe, woraus folgt, dass über 50 % der Personen mit Zwangsstörungen unbehandelt bleiben. Als Gründe für das geringe Hilfesuchverhalten der Betroffenen werden v. a. Schamgefühle und Verheimlichungstendenzen der Betroffenen vermutet.
Zwangspatienten leiden häufig unter Schamgefühlen in Bezug auf ihre Symptomatik und versuchen, diese sogar vor den nahen Angehörigen zu verheimlichen. Es ist daher wichtig, möglichst empathisch, aber auch explizit und gezielt, nach dem Vorliegen von Zwangssymptomen zu fragen. Viele Betroffene suchen häufig andere medizinische Disziplinen (z. B. innere Medizin, Dermatologie) innerhalb des Versorgungssystems auf und zeigen dort ein sehr ausgeprägtes Inanspruchnahmeverhalten. Auch in diesen Fällen bleiben die eigentlichen psychiatrischen und psychologischen Symptome noch zu oft unerkannt (Torres et al. 2006).
Problematisch sind diese niedrigen Behandlungsraten v. a. in Bezug auf den Verlauf von Zwangsstörungen. Die Erkrankung verläuft anfänglich vielfach episodisch mit wechselnder Intensität, kann jedoch ohne Behandlung chronisch werden, wobei Spontanremissionen eher selten sind. Nach Mataix-Cols et al. (2002) und Rufer et al. (2005) zeigt sich im Verlauf trotz der Fluktuationen eine hohe Stabilität der Symptommuster. Unbehandelt verbessern sich bei vielen Betroffenen nach einer langen Krankheitsdauer zwar die Symptome, es bleibt aber bei den meisten eine klinische oder subklinische Residualsymptomatik (Abb. 6). Zu beachten sind im Langzeitverlauf auch die hohen Komorbiditätsraten besonders mit affektiven Störungen und Angststörungen, sodass in diesem Zusammenhang auch ein relevant erhöhtes Suizidrisiko bei Zwangsstörungen zu beachten ist (Kamath et al. 2007).

Diagnostik und Differentialdiagnose

Diagnose nach ICD-10 und DSM-5

Die Grundlage zur Diagnose einer Zwangsstörung stellt in Deutschland die Klassifikation nach ICD-10 (s. nachfolgende Übersicht) dar.
Im ICD-10 (Dilling et al. 2015) werden Zwangsstörungen unter der Kategorie F4 (neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen) klassifiziert, wobei zwischen Zwangsstörungen mit vorwiegenden Zwangsgedanken oder Grübelzwang (ICD-10: F42.0) und Zwangsstörungen mit vorwiegenden Zwangshandlungen (ICD-10: F42.1) unterschieden wird. Zudem gibt es die Kategorie Zwangsgedanken und -handlungen gemischt (ICD 10: F42.2), die bei 80 % der Betroffenen vorliegt.
Diagnostische Kriterien der Zwangsstörung nach ICD-10 (Zusammenfassung)
  • Zwangsgedanken und/oder -handlungen treten an den meisten Tagen über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen auf und zeigen die folgenden Kennzeichen:
    • Sie werden vom Patienten als eigene Gedanken und Handlungen erkannt
    • Sie wiederholen sich ständig
    • Mindestens einer der Gedanken und/oder eine der Handlungen wird als unsinnig und/oder übertrieben erkannt
    • Mindestens einem Gedanken und/oder einer Handlung wird, wenn auch teilweise erfolglos, Widerstand geleistet
    • Die Ausführung der Gedanken und/oder Handlungen wird von den Betroffenen nicht als angenehm empfunden
  • Die Patienten leiden unter ihren Zwangsgedanken und/oder -handlungen oder es liegt eine Beeinträchtigung der Leistung vor
  • Die Zwangsstörung wird nicht besser erklärt durch eine andere psychische Störung, z. B. Depression oder Schizophrenie
Im Gegensatz dazu bildet die Zwangsstörung im 2014 erschienen DSM-5 neuerdings gemeinsam mit verwandten Störungsbildern (Zwangsspektrumsstörungen) eine eigene Kategorie (s. nachfolgende Übersicht). Zu den Zwangsspektrumsstörungen zählen:
  • körperdysmorphe Störung,
  • pathologisches Horten,
  • Dermatillomanie (Skin Picking Disorder, Excoriation Disorder),
  • Substanz-/medikationsinduzierte Zwangsstörung oder Zwangsspektrumsstörung.
Grundlage für die Zusammenfassung dieser Störungen zu einer Oberkategorie ist die Annahme, dass sich alle durch stereotype und ritualisierte Handlungen auszeichnen. Zudem zeigen Studien Gemeinsamkeiten in Bezug auf das Erstmanifestationsalter, die Ätiologie, die komorbiden Störungen und die therapeutische Vorgehensweise (Hollander 2005). Neben der neuen Zuordnung der Zwangsstörung bringt die neueste Version des DSM auch inhaltliche Veränderungen mit sich:
  • Deskriptive Änderungen:
    • Statt von Zwangsimpulsen wird in der neuen Version von Drang („urge“) gesprochen, um eine bessere Abgrenzung zu den Impulskontrollstörungen zu erreichen,
    • statt von unangemessenen Zwangsgedanken wird nun von ungewollten Zwangsgedanken gesprochen.
  • Unterteilung der Einsichtsfähigkeit in die Überwertigkeit der Zwänge in „gut/angemessen“, „eingeschränkt“ und „fehlend“.
  • Einführung einer neuen Subkategorie: Zwangsstörung mit vorliegender Tic-Störung.
Diagnosekriterien der Zwangsstörung nach DSM-5
A.
Zwangshandlungen werden definiert als
  • wiederholte beobachtbare Verhaltensweisen oder mentale Handlungen, zu denen sich die Person als Reaktion auf einen Zwangsgedanken oder aufgrund von streng zu befolgenden Regeln gezwungen fühlt
  • die Verhaltensweisen oder mentalen Handlungen dienen dazu, Angst oder Unwohlsein zu verhindern oder zu reduzieren oder gefürchteten Ereignissen oder Situationen vorzubeugen; diese Verhaltensweisen oder mentalen Handlungen stehen jedoch in keinem realistischen Bezug zu dem, was sie zu neutralisieren oder zu verhindern versuchen, oder sie sind deutlich übertrieben
 
B.
Zwangshandlungen oder Zwangsgedanken sind zeitaufwändig (beanspruchen z. B. mehr als eine Stunde am Tag) oder verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
 
C.
Die Symptome der Zwangsstörung sind nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Alkohol, Medikamente) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors
 
D.
Die Symptome werden nicht besser durch das Vorliegen einer anderen psychischen Störung erklärt (z. B. exzessive Sorgen bei der Generalisierten Angststörung; exzessives Grübeln bei der Major Depression)
 
Bestimme ob:
  • Mit guter oder angemessener Einsicht: Die Person erkennt, dass die zwangsbezogenen Überzeugungen definitiv nicht, wahrscheinlich nicht oder möglicherweise nicht zutreffen.
  • Mit wenig Einsicht: Die Person denkt, dass die zwangsbezogenen Überzeugungen wahrscheinlich zutreffen.
  • Mit fehlender Einsicht/wahnhafte Überzeugung: Die Person ist absolut davon überzeugt, dass die zwangsbezogenen Überzeugungen zutreffen.
Bestimme ob:
  • Tic-bezogen: Die Person weist gegenwärtig oder in der Vorgeschichte eine Tic-Störung auf.
Zur Abfrage der Symptome werden gemäß den S3-Leitlinien in Anlehnung an Zohar-Finebergs Obsessive-Compulsive Screen (ZF-OCS, Fineberg und Roberts 2001) verschiedene Screeningfragen empfohlen, die einen ersten Hinweis auf das Vorliegen von Zwangssymptomen geben können:
  • Waschen und putzen Sie sehr viel?
  • Kontrollieren Sie sehr viel?
  • Haben Sie quälende Gedanken, die Sie loswerden wollen, aber nicht können?
  • Brauchen Sie für Alltagstätigkeiten sehr lange?
  • Machen Sie sich Gedanken um Ordnung und Symmetrie?
Als positives Screeningergebnis werden mindestens eine „Ja“-Antwort und eine subjektiv erlebte Beeinträchtigung gewertet. Die Anwendung der Screeningfragen sollte als erste diagnostische Information oder auch als Einstieg in ein tiefergehendes Gespräch genutzt werden. Liegt der Verdacht auf eine Zwangsstörung vor, bieten sich neben einem ausführlichen Anamnesegespräch und einer direkten Verhaltensbeobachtung zur genaueren Diagnostik und/oder zur Verlaufsbeobachtung andere standardisierte diagnostische Instrumente an (s. nachfolgende Übersicht).
Diagnostische Instrumente bei Zwangsstörungen
Allgemeine diagnostische Verfahren:
  • Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS, Schneider und Margraf 2006)
  • Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV (SKID I, Wittchen et al. 1997)
  • ICD-10-Checklisten (ICDL für ICD-10, Hiller et al. 1995)
  • Composite International Diagnostic Interview (CIDI, Wittchen und Semler 1990)
Zwangsspezifische diagnostische Verfahren:
  • Yale-Brown Obsessive-Compulsive Scale (Y-BOCS, Goodman et al. 1989)
  • Brief Obsessive-Compulsive Scale (BOCS, Bejerot et al. 2014)
  • AMDP Modul zu Erfassung von Zwangssymptomen (Grabe et al. 2002)
  • Hamburger Zwangsinventar als Selbstratinginstrument in Kurz-oder Langform (HZI, Zaworka et al. 1983; HZI-K, Klepsch et al. 1992)
  • Obsessive-Compulsive Inventory-Revised (OCI-R, Foa et al. 2002; dt. Version von Gönner et al. 2009)
  • Maudsley Obsessive-Compulsive Inventory (MOCI, Hodgson und Rachmann 1977)
  • Leyton Obsessional Inventory (LOI, Cooper 1970)
  • Padua Inventory: Washington State University Revision (PI-WSUR, Burns et al. 1996)
  • Zohar-Fineberg Obsessive-Compulsive Screen (Fineberg und Roberts 2001)
Besondere Relevanz erlangte in den letzten Jahren auch auf internationaler Ebene die Y-BOCS, die ursprünglich zur Überprüfung der Wirksamkeit pharmakologischer Interventionen entwickelt wurde. Dieses Verfahren wurde bereits in 25 Sprachen übersetzt und liegt heute neben dem klassischen Interview auch als Selbstratinginstrument vor (Wu et al. 2007). Das Interview ermöglicht eine genaue Erfassung sowohl der qualitativen (Art der Zwangshandlungen und -gedanken) als auch der quantitativen Zwangssymptome (Dauer, Beeinträchtigung, Widerstand) und eignet sich sehr gut, um eine differenzierte Einzelfallanalyse durchzuführen. Die Werte in der Y-BOCS liegen vor einer psychiatrischen Behandlung meist zwischen 20 und 35 Punkten, maximal können 40 Punkte erreicht werden. Eine Reduktion von bereits 25 % wird in klinischen Studien als partielle Response betrachtet; bei einer Reduktion um 35 % ist davon auszugehen, dass auch die Betroffenen eine deutliche Verbesserung der eigenen Symptomatik wahrnehmen. Werte < 15 bzw. < 12 werden in der Literatur als Hinweis auf eine Remission der Zwangserkrankung angesehen. Seit Neuestem liegt zudem mit der Kurzversion der Y-BOCS (BOCS, Bejerot et al. 2014) ein weiteres Selbstratingverfahren vor. Mit einer 15 Items umfassenden Symptomcheckliste und weiteren 6 Items zur Erfassung des Schweregrades der Zwangssymptomatik ist diese Version alltagstauglich und erfüllt mit einer Reliabilität von Cronbachs α = 0,81–0,94 auch die testtheoretischen Gütekriterien. Eine weitere Ergänzung zur Y-BOCS bietet das valide und reliable OCI-R (Foa et al. 2002), das als einziges Instrument die Erfassung des mentalen Neutralisierens ermöglicht. Zudem erfasst es die Zwangsstörung unabhängig von Depression, Angst, Perfektionismus und zwanghafter Persönlichkeitsstörung.
Neben den standardisierten und halbstandardisierten Befragungsmethoden ist es auch wichtig, die daraus und aus Selbstberichten des Patienten gewonnenen Informationen bezüglich der Zwangssymptomatik durch Verhaltensbeobachtungen zu ergänzen (Reinecker 2005). Diese finden wenn möglich in der gewohnten Umgebung des Patienten, also in seinem heimischen Umfeld, statt. Zudem ist es sinnvoll, den Patienten zu Selbstbeobachtungen anzuhalten und diese schriftlich erfassen zu lassen. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der therapeutischen Interventionen empfiehlt die WHO darüber hinaus regelmäßige, d. h. gerade zu Beginn wöchentliche Verlaufsdiagnostik. Dazu eignet sich neben der Y-BOCS auch das AMDP-Modul zur Erfassung der Zwangssymptome. Instrumente zur Erfassung der Auswirkungen der Erkrankung auf die Aktivität und Teilhabe (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF, DIMDI 2005) oder auf die Lebensqualität (z. B. WHOQOL-100 oder WHOQOL-Brief, Angermeyer et al. 2000) werden zudem ergänzend für die Verlaufsdiagnostik empfohlen.

Somatische Abklärung beim Vorliegen von Zwangssymptomen

Bei Patienten, die erstmals wegen Zwangssymptomen vorstellig werden, sollte immer eine neurologische Abklärung erfolgen, um somatische Ursachen für Zwangsgedanken und -handlungen auszuschließen, die in seltenen Fällen beobachtet werden konnten (Schädel-Hirn-Traumata, Pallidumnekrosen etc.). Bei Patienten über 50 Jahren empfehlen die S3-Leitlinien zudem die Durchführung einer neuropsychologischen Screeninguntersuchung und eines bildgebenden Verfahrens (z. B. Computertomographie oder Magnetresonanztomographie), um mögliche hirnorganische Abbauprozesse zu erkennen, die für die Zwangsstörung verantwortlich sein können. Als Verfahren für die neuropsychologische Untersuchung eignen sich:
  • Wortschatztest (WST, Schmidt und Metzler 1992),
  • verbaler Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT, Helmstaedter et al. 2001),
  • Zahlenverbindungstest (ZVT, Oswald und Roth 1987).
Zusätzlich sollten Testverfahren im Bereich Intelligenz, Aufmerksamkeit/Geschwindigkeit, visuell-figurales Gedächtnis, räumliches Arbeitsgedächtnis, kognitive Kontrolle und flexibles Konzeptlernen eingesetzt werden, um ein vollständiges Bild der vorhandenen Fähigkeiten und Defizite zu bekommen (Hohagen et al. 2015).
Zur Diagnose einer Zwangsstörung empfehlen die S3-Leitlinien folgendes stufenweises Vorgehen (KKP)
  • Einsatz von Screeningfragen
  • Prüfung der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 (z. B. mittels Diagnosecheckliste) und Abklärung möglicher komorbider Störungen
  • Somatische und neurologische Untersuchung
  • Regelmäßige Verlaufsdiagnostik (z. B. Y-BOCS)
  • Erfassung der Auswirkungen der Erkrankung auf die Aktivität und Teilhabe, auf die Lebensqualität und auf die interpersonellen Beziehungen
  • Einbezug der Angehörigen in die Erfassung der störungsrelevanten Informationen

Differentialdiagnostik

Komorbidität

Zwangsstörungen treten häufig zusammen mit anderen Achse-I- und Achse-II-Störungen auf. Nestadt et al. (2001) sowie Denys et al. (2004) gehen von einer Lebenszeitprävalenz von 50–60 % bei den Achse-I-Störungen aus, d. h. dass über die Hälfte der Zwangspatienten komorbid noch mindestens eine weitere psychische Störung aufweisen. Als häufigste psychische Komorbidität treten affektive Störungen gefolgt von Angststörungen auf. Zudem werden Alkoholabusus oder -abhängigkeit gehäuft als Folge schwerer Zwangsstörungen beobachtet. Bei einer Reihe weiterer Störungen, wie bei Anorexia nervosa (bei ca. 10 %), Schizophrenie (bei 10–15 %), Tic-Störungen sowie bei Tourette-Syndrom (>50 %) und hochfunktionalem Autismus treten ebenfalls deutlich gehäuft Zwangsstörungen auf (Tab. 4).
Tab. 4
Lebenszeitprävalenz komorbider Störungen bei Zwangsstörungen (Nach Hofmeijer-Sevink et al. 2013; Pinto et al. 2006)
Komorbide Störung
Lebenszeitprävalenz (%)a
Punktprävalenz (%)a
Affektive Störungen
63,9–74,1
16,4–36,3
Major Depression
56,5–67,2
15,0–18,3
Bipolare Störung
2,7–3,4
0,7–1,0
Dysthymie
5,5–7,8
0,0–5,5
Angststörungen
46,1–52,6
36,6–38,0
18,4–9,1
7,2–9,2
Agoraphobie ohne Panikstörung
1,4–2,6
1,3–1,4
24,1–27,6
18,8–19,1
7,5–9,2
7,5–9,2
Spezifische Phobie
10,5–18,1
8,2–14,7
PTBS
4,7–6,5
3,1–3,4
ADHD
10,2
2,7
Substanzabhängigkeit
13,6–25,6
5,2–5,8
Psychotische Störung
2,7–4,7
2,0–2,6
Essstörungen
10,2–10,7
1,7–5,0
Impulskontrollstörungen
15,0
11,3
Somatoforme Störungen
5,8–7,5
5,8–6,1
aJeweils höchste und niedrigste Werte
Zwangsstörung und Depression
Depressive Störungen treten oft sekundär zu einer Zwangserkrankung auf und sind häufig eine Folge von Erschöpfung, Isolation, chronischen Ängsten und anderen belastenden Gefühlen sowie erlebter Hilflosigkeit und Schlafmangel, die aufgrund der Zwänge auftreten. Zwangssymptome können aber auch als Symptom einer depressiven Episode auftreten und remittieren dann häufig mit dem Abklingen dieser. Die meisten Betroffenen können angeben, ob zuerst die Depression oder zuerst die Zwangsstörung aufgetreten ist. Von einer komorbiden Zwangsstörung wird in diesem Fall nur dann gesprochen, wenn die Zwangssymptome auch nach Abklingen der depressiven Episode noch weiter bestehen. Das komorbide Vorliegen von affektiven Störungen bei Zwangserkrankungen hat nach aktueller Studienlage keine Auswirkungen auf den Therapieerfolg (Overbeek et al. 2002); es besteht aber eine erhöhte Rückfallgefahr.
Betroffene mit Zwangsstörungen leiden zudem überdurchschnittlich häufig an Persönlichkeitsstörungen: Eine besondere Häufung im Sinne einer Prädisposition für Zwangsstörungen weisen Menschen mit selbstunsicherer, ängstlich-vermeidender und/oder dependenter Persönlichkeit sowie mit Trennungsängsten auf. Zwangshandlungen erfüllen dabei die Funktion, kurzfristig ein Gefühl von mehr Sicherheit und Kontrolle zu geben und die eigene Unsicherheit zu kompensieren.

Zwangsspektrumsstörungen

Zu den Zwangsspektrumserkrankungen (Tab. 5) zählen nach der aktuellen Auflage des DSM-5 neben den Zwangsstörungen auch 5 weitere psychische Störungen, die auf Grund ihrer Symptomatik, Ätiologie sowie der neurologischen Komponente und der Therapieresponse mit der Zwangserkrankung Gemeinsamkeiten aufweisen. Auf neurobiologischer Ebene wird bei allen Störungen eine Dysregulation im Serotoninsystem angenommen. Unterstützt wird diese Hypothese durch das selektive Ansprechen auf Serotoninwiederaufnahmehemmer (SRI), während sich andere Antidepressiva als nicht wirksam herausgestellt haben. Die Symptomatik äußert sich bei allen durch sich aufdrängende Gedanken, Befürchtungen oder Impulse, die als unangenehm empfunden werden, sowie durch ritualisierte Verhaltensweisen, die zur Neutralisation dieser Zustände eingesetzt werden. Zwangsstörungen und Zwangsspektrumsstörungen treten gehäuft gemeinsam auf, sodass beim Vorliegen einer dieser Diagnosen auch Screeningverfahren für die anderen psychischen Störungen eingesetzt werden sollen. Neben den Gemeinsamkeiten gibt es jedoch auch einen zentralen Unterschied zwischen den Störungsbildern: Während die Zwangsstörung und die körperdysmorphe Störung große Ähnlichkeit mit Angststörungen aufweisen, zeigen die Trichotillomanie und die Dermatillomanie („skin picking disorder“, „excoriation disorder“, DSM-5) mehr Gemeinsamkeiten mit den Impulskontrollstörungen. Abramowitz und Jacoby (2015) kritisieren daher in ihrer Übersicht den Zusammenschluss dieser Störungen zu einer gemeinsamen Kategorie im DSM-5. Während Zwangshandlungen und -gedanken von den Betroffenen als unangenehm, störend und quälend erlebt werden, empfinden Betroffene einer Trichotillomanie/Dermatillomanie teilweise sogar angenehme und lustvolle Gefühle beim Durchführen der Handlungen. Zudem führen die Autoren an, dass die maßgeblichen Gemeinsamkeiten nicht spezifisch bei diesen Störungen auftreten sowie auch die therapeutischen Interventionen bedeutende Unterschiede aufweisen. So sprechen Zwangsstörungen nach der aktuellen Studienlage am besten auf Exposition mit Reaktionsmanagement an, wohingegen bei Trichotillomanie und Dermatillomanie das Habit Revearsal Training als Therapie der 1. Wahl gilt. Nach den Autoren gebe es daher keine Rechtfertigung, die Zwangsstörung nicht mehr unter die Gruppe der Angststörungen zu subsumieren, da zwischen diesen beiden Störungsbildern deutlichere Übereinstimmungen zu finden sind.
Tab. 5
Übersicht zu Zwangsspektrumsstörungen
Diagnose
Empfohlenes therapeutisches Vorgehen
Körperdysmorphe Störung
1,7–2,4
Exposition mit Reaktionsverhinderung
Horten
2–5
Exposition mit Reaktionsverhinderung
Trichotillomanie
0,5–2,5a
Habit Reversal Training
Dermatillomanie
2–5,4b
Habit Reversal Training
Substanzinduzierte Zwangsstörung/Zwangsspektrumsstörung
Unbekannt
Entgiftung und Absetzen der Substanz
aBohne 2009, bGrant und Odlaug 2009
Die körperdysmorphe Störung (ICD-10: F45.2; DSM-5: 300.7) zeichnet sich aus durch Befürchtungen und Ängste in Bezug auf einen oder mehrere Makel des eigenen Körpers, häufig Haare, Nase oder Haut, die übermäßig stark ausgeprägt sind und die von anderen nicht als solche wahrgenommen oder als nicht so schlimm erachtet werden. Diese Befürchtungen und die daraus folgende Abneigung gegenüber den Körperteilen führen bei einem Teil der Betroffenen zu einer ständigen und wiederholten Kontrolle im Spiegel bzw. Rückversicherungsverhalten, bei anderen dagegen zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten. Übertriebene Körperhygiene, starkes Schminken oder Verdecken des Makels durch die Kleidung sind ebenfalls häufige Verhaltensweisen. Die körperdysmorphe Störung geht meist einher mit großem Leiden und sozialem Rückzugsverhalten. Im Gegensatz zur Zwangsstörung treten bei der körperdysmorphen Störung keine Intrusionen auf und die Gedanken sind thematisch immer bezogen auf das Aussehen.
Unter Horten („hoarding disorder“, ICD-10: F42, DSM-5: 300.3) versteht man die Unfähigkeit, sich von unnütz gewordenen Gegenständen zu trennen (durch wegwerfen, weggeben, recyceln etc.). Bei besonders schweren Fällen ist es den Betroffenen auch nicht mehr möglich, ihren Müll zu entsorgen, was massive Einschränkungen in der Nutzung der eigenen Wohnung nach sich zieht. Zu unterscheiden ist, ob sich das Horten nur auf bereits vorhandene Gegenstände bezieht oder ob auch extra Gegenstände gekauft werden, ohne diese zu brauchen und zu verwenden. Gründe für das Horten sind u. a. Verlustängste oder der subjektiv wahrgenommene Nutzen der Gegenstände. Das Horten wurde bisher unter der Zwangsstörung bzw. der zwanghaften Persönlichkeitsstörung subsumiert. Im DSM-5 ist Hoarding Disorder als eigenständige Diagnose aufgeführt. Vor dem Hintergrund, dass ein Großteil der Patienten mit Hort- und Sammelzwängen keine Zwänge in anderen Bereichen aufweist, erscheint dies aus heutiger Sicht auch als plausibel.
Die Trichotillomanie (ICD-10: F63.3, DSM-5: 312.39) geht einher mit dem wiederkehrenden Drang, sich die eigenen Körperhaare auszureißen, was mit einem deutlich sichtbaren Haarverlust einhergeht. Bei der Anamnese ist es wichtig, die genauen Rituale des Haareausreißens zu eruieren: So kann das Ausreißen der Haare von einer genauen Auswahl der Haare, dem Begutachten der Haare, dem Durchziehen durch die Zähne oder dem Essen der Haare (Trichophagie) begleitet werden. Das Haareausreißen wird meist durch verschiedene aversive emotionale Reaktionen wie Langeweile, Ärger oder Anspannung ausgelöst und setzt Gefühle der Entspannung und Erleichterung frei. Patienten beschreiben einen intensiven Drang, dieses Verhalten auszuführen, so dass diese Störung Ähnlichkeiten mit den Impulskontrollstörungen aufweist.
Die Dermatillomanie („skin picking disorder“, „excoriation disorder“, ICD-10: F63.8/L98.1, DSM-5: 698.4) zeigt viele Gemeinsamkeiten mit der Trichotillomanie: Bei dieser psychischen Störung verspüren die Betroffenen einen intensiven Drang, an der eigenen Haut aufzukratzen, zu knibbeln, zu zupfen, zu ziehen und zu kneifen, was zu Verletzungen, Entzündungen der betroffenen Hautstellen und nach außen sichtbaren Verunstaltungen führen kann. Als Auslöser konnten auch hier verschiedene aversive emotionale Zustände wie Stress oder Langeweile identifiziert werden.
Auch verschiedene Substanzen, v. a. solche, die das dopaminerge System beeinflussen (z. B. Amphetamine), können Zwänge oder zwangsähnliche Symptome auslösen. Zwangsstörungen oder Zwangsspektrumsstörungen aufgrund von Amphetaminen oder anderen Stimulanzien werden unter F15 im ICD-10 klassifiziert. Wenn die Symptome auf den Konsum von Kokain zurückgehen, wird dies unter F14 verschlüsselt. Ist die ursächliche Substanz eine andere oder unbekannt, kodiert man F19.
Einige andere Störungsbilder zeigen ebenfalls Gemeinsamkeiten zu einer Zwangsstörung, werden aber im DSM-5 nicht unter derselben Kategorie subsumiert, was durchaus zu Kritik in Fachkreisen führt (Abramowitz und Jacoby 2015). Tab. 6 gibt einen Überblick über diese Störungsbilder sowie die jeweiligen Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die insbesondere zur Differentialdiagnose wichtig sind.
Tab. 6
Zwangsstörungen und andere psychische Störungen: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Störungsbild
Gemeinsamkeiten
Unterschiede
Zwanghafte PS
Beschäftigung mit Sauberkeit, Ordnung und Genauigkeit
Ich-Syntonie, fehlende Intrusionen, stabiles Muster, fehlender Widerstand
Depression
Grübeln, Schuldgefühle, Angst
Keine neutralisierenden Rituale, Grübeln richtet sich eher auf Vergangenheit, keine Intrusionen, kein Widerstand
GAS
Grübeln, Sorgen, Angst, Rückversicherungsverhalten
Chronische Sorgen mit alltäglichen Inhalten, fehlende Rituale, fehlender intrusiver Charakter der Sorgen
Soziale und spezifische Phobie
Vermeidung, Angst, sozialer Rückzug
Keine aktive Neutralisierung, Angst in sozialen Situationen oder bei Vorhandensein des gefürchteten Stimulus
Angst, Rückversicherungen
Erleben körperlicher Missempfindungen, fehlende Rituale, Überzeugung, an einer schweren Krankheit zu leiden
Bizarr wirkende Ideen, magisches Denken, sozialer Rückzug
Fehlende Einsicht in die Unsinnigkeit der Zwänge, parathymer Affekt, Gefühl der Beeinflussung und des Gemachten
Tic-Störung/Gilles-de-la-Tourette-Syndrom
Ritualisiertes stereotypes Verhalten
Fehlende Intentionalität des Verhaltens
Zwangsstörung nach Hirnverletzung
Zwangsbefürchtungen und -rituale
Nachgewiesene Hirnpathologie, stärkere kognitive Beeinträchtigung
PANDAS
Motorische Symptome, Zwangsbefürchtungen und -rituale
Nachweis antineuronaler Autoantikörper, abrupter Beginn, episodischer Verlauf, Beginn in der Kindheit
Subjektives Dranggefühl, Erleichterung nach Handlungsausführung
Handlungen per se zum Teil lustvoll und befriedigend, vorausgehende Gedanken selten aversiv/intrusiv
Überwertige Ideen, rigides Kontrollieren, Rituale
Ideen und Rituale auf Essverhalten, Körpergewicht und Körperbild beschränkt
Autismus
Zwanghafte und stereotype Verhaltensmuster
Kommunikationsstörungen, mehr ich-synton
GAS generalisierte Angststörung; PANDAS Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders Associated with Streptococcal Infections

Zwangsstörungen bei Psychosen

Obwohl seit Langem bekannt ist, dass Zwangsstörungen und Schizophrenie gehäuft gemeinsam auftreten, war bisher wenig über den klinischen und ätiologischen Zusammenhang der beiden Störungen bekannt. Meier et al. (2014) erhoben im Rahmen einer dänischen Studie die Daten einer Bevölkerungsstichprobe von mehr als 3 Mio. Einwohnern der Geburtsjahrgänge 1955–2006. Die Daten ergaben, dass eine vorherige Diagnose einer Zwangsstörung mit einem erhöhten Risiko, später eine Schizophrenie oder eine Schizophreniespektrumstörung zu entwickeln, verbunden war. Die Inzidenzrate betrug für Schizophrenie 6,9, für Schizophreniespektrumstörungen 5,77 und sie liegen damit deutlich über der normalen Inzidenz. Zudem zeigte sich, dass auch Nachkommen von Eltern mit der Diagnose einer Zwangsstörung ein erhöhtes Risiko für eine Schizophrenie (IRR 4,31) und für eine Schizophreniespektrumstörung (IRR 3,10) aufweisen. Die Ergebnisse blieben auch signifikant, wenn eine Familienanamnese für psychiatrische Erkrankungen und die psychiatrische Anamnese der Patienten berücksichtigt wurde, was eine gemeinsame Ätiologie unterstützt. Zwangssymptome werden nicht nur komorbid bei ca. 12–25 % der schizophrenen Patienten beobachtet (Poyurovsky et al. 2004), sondern können auch innerhalb dieser Erkrankung vor oder nach einem psychotischen Schub auftreten. Dieser Aspekt ist besonders in der Behandlung einer Schizophrenie zu beachten: Die S3-Leitlinien weisen darauf hin, dass Zwangssymptome unter der Einnahme der Antipsychotika Aripiprazol und Amisulprid eher günstig beeinflusst werden, während sie nach der Einnahme von Olanzapin und Clozapin zunehmen können. Das Vorhandensein von Zwangssymptomen bei einer Schizophrenie äußert sich durch eine erhöhte Positiv- und Negativsymptomatik (Cunill et al. 2009) sowie durch schwerere depressive Symptome und hat somit negative Auswirkungen auf den Verlauf. Auch die Behandelbarkeit der Zwangsstörung ist bei Vorliegen einer Schizophrenie deutlich erschwert. Zum einen sind die Zwangsinhalte oft unstrukturierter und bizarrer, zum anderen wird eine Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie und Exposition mit Reaktionsverhinderung dadurch schwieriger. Da bei einigen Patienten die Zwangssymptome als Schutz vor einer psychischen Dekompensation dienen, können sich während oder nach einer Exposition die Symptome deutlich verschlechtern.
Beim Vorliegen von floriden psychotischen Symptomen steht die Behandlung mit antipsychotischer Medikation im Vordergrund. Erst nach einer deutlichen Stabilisierung und beim Vorliegen klar abgrenzbarer Zwangssymptome kann eine kognitive Verhaltenstherapie mit graduierten Expositionen in eher kleineren Schritten eingesetzt werden. Neben der Exposition empfiehlt sich aber eine leitlinienorientierte Medikation mit Antipsychotika sowie ein engmaschiges Monitoring der Patienten.
Eine Differentialdiagnose kann erschwert werden, wenn der Zwangspatient nur wenig oder keine Einsicht in die Überwertigkeit der Zwangsinhalte hat, was nach den Diagnosekriterien des DSM-5 abzufragen und zu klassifizieren ist und bei ca. 20 % der Patienten, insbesondere bei schwerer Ausprägung, zu erwarten ist. In solchen Fällen sollte das Augenmerk v. a. auf das Vorhandensein von Positiv- und/oder Negativsymptomatik gelegt werden. Treten Zwangssymptome bereits in der Prodromalphase der Schizophrenie auf, sind besonders formale Denkstörungen, ein plötzlicher Leistungsknick oder nicht mit dem Zwang in Zusammenhang stehende Rückzugstendenzen sowie kurze psychotische Episoden zu beachten. Bei einer Schizophrenie werden die Inhalte zudem mehr und mehr zur Lebensrealität der Betroffenen, so dass einer genauen Anamnese eine Schlüsselrolle zukommt (Tab. 7; Abb. 7).
Tab. 7
Differentialdiagnose Zwangsstörung und Schizophrenie
Zwangsstörung
Schizophrenie
Ich-Dystonie
Ich-Syntonie
Gedanken und Handlungen entstehen im Inneren
Gedanken und Handlungen werden von außen eingegeben
Meist gute Einsicht und Distanzierungsfähigkeit von den Zwangsinhalten
Wahninhalte werden als Realität wahrgenommen
Widerstand vorhanden
Kaum/kein Widerstand vorhanden

Therapie

Psychotherapie

Früher galten Zwangsstörungen als schwer behandelbar. Die ersten Erfahrungen mit psychoanalytischen Methoden zeigten trotz langdauernder Therapien meist nur wenig Erfolg und die Symptome erwiesen sich sehr häufig als beständig und therapieresistent. Es gibt bis heute keine Studien, die die Wirksamkeit psychodynamischer Verfahren bei Zwangsstörungen belegt haben. Dabei muss betont werden, dass psychodynamische und kognitiv-verhaltenstherapeutische Erklärungsmodelle der Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwängen durchaus viele Ähnlichkeiten aufweisen, wenngleich andere Begrifflichkeiten verwendet werden. Mit Entwicklung der KVT und Exposition mit Reaktionsmanagement konnte die Therapie von Zwangssymptomen deutlich verbessert werden. Meyer (1966) war der Erste, der in 2 Fallstudien Interventionen zur Realitätsprüfung und Modifikation von Erwartungen einsetzte, die als Vorläufer der heutigen Expositionstherapie gesehen werden können. Heute bestätigen eine Vielzahl an Metaanalysen (u. a. Öst et al. 2015) sowie alle internationalen Leitlinien die Wirksamkeit dieses Verfahrens. Psychotherapie gilt in der Behandlung von Zwangsstörungen demnach als Therapie der 1. Wahl. Neben der KVT werden in der Praxis auch tiefenpsychologische Verfahren, Gesprächspsychotherapie und systemische Ansätze sowie Verfahren der dritten Welle der KVT (u. a. Achtsamkeitstherapie, metakognitive Therapie) eingesetzt, die bisher jedoch nur wenig oder keine Evidenz aus wissenschaftlichen Studien vorweisen können. Eine Ausnahme stellt die Akzeptanz- und Commitmenttherapie dar, deren Wirksamkeit ebenfalls in einer randomisierten kontrollierten Studie nachgewiesen wurde (Twohig et al. 2010).
Inhaltlich zielt die Therapie v. a. auf den Abbau der Zwangsrituale und den Aufbau von gesunden und flexiblen Handlungen ab. Es wird dabei in der Behandlung von Zwangsstörungen einem störungsorientierten Vorgehen besondere Beachtung geschenkt. Dabei spielt die aktive Auseinandersetzung mit den Zwangssymptomen und den dabei entstehenden negativen emotionalen Zuständen eine große Rolle. Zudem muss die zugrundeliegende Funktionalität der Zwangssymptome und damit die dahinterliegenden Probleme und Konflikte im therapeutischen Prozess berücksichtigt werden, um eine langfristige Besserung der Symptomatik zu erzielen.
Funktionalität der Zwangsstörung
Neben der unmittelbaren Angstreduktion erfüllen Zwangssymptome auch andere wichtige intrapsychische und interpersonelle Funktionen im Leben der Betroffenen: So werden z. B. Einsamkeitsgefühle oder Trennungsängste mit der Durchführung der Zwangsrituale vermieden oder die Zwangssymptome nehmen eine wichtige stabilisierende Funktion in einer zwischenmenschlichen Beziehung ein. Diese Funktionalitäten müssen in der Therapie berücksichtigt werden: Oftmals offenbaren sich die Funktionen der Zwangserkrankung erst während intensiver Expositionen, wenn die Patienten mit ihren eigentlichen Gefühlen konfrontiert werden. Zur Funktionsanalyse steht durch den Fragebogen von Kulla et al. (2015) seit Neuestem eine Möglichkeit der systematischen Erfassung der Funktionalitäten zur Verfügung (Fragebogen zu Funktionalitäten, FFZ). Darin werden 5 Hauptbereiche abgefragt:
1.
Zwang als Bestätigung
 
2.
Emotionsregulation
 
3.
Schutz vor Verantwortungsübernahme
 
4.
Interpersonelle Regulation
 
5.
Zwang als Beschäftigung
 
Diese Bereiche werden mit Hilfe einer Skala von 1 (stimmt gar nicht) bis 5 (stimmt genau) abgefragt und erlauben eine erste Einschätzung der Funktionen des Zwangs.
Der häufig chronische Verlauf von Zwangsstörungen erfordert oft eine langfristige psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung. Die Therapie sollte, wenn möglich ambulant erfolgen, eine stationäre Therapie ist nach der S3-Leitlinie indiziert:
  • bei Gefahr für das Leben,
  • bei schwerwiegender Verwahrlosung oder Vernachlässigung (auch von Dritten, z. B. der eigenen Kinder),
  • wenn das Zwangs- und Vermeidungsverhalten entweder so schwerwiegend ist oder so gewohnheitsmäßig durchgeführt wird, dass ein normaler Tagesablauf oder das Wahrnehmen einer ambulanten Therapie nicht mehr möglich ist,
  • bei starkem Leidensdruck oder starker Beeinträchtigung der psychosozialen Funktionsfähigkeit,
  • bei Versagen leitliniengerechter störungsspezifischer ambulanter Therapie,
  • bei Vorliegen psychischer oder somatischer Komorbiditäten, die eine ambulante Therapie erheblich erschweren,
  • bei Fehlen leitliniengerechter störungsspezifischer ambulanter Therapiemöglichkeiten.
Trotz wirksamer Therapiemöglichkeiten sprechen ca. 20–30 % der Betroffenen nicht oder nur wenig auf eine leitliniengerechte störungsspezifische Therapie an.
Miguel et al. (2005) fassen einige klinische Prädiktoren zusammen, die sich ungünstig auf einen Therapieerfolg auswirken:
  • Vorliegen von Tics,
  • sehr früher Erkrankungsbeginn,
  • hoher Score auf der Dimension sexueller oder religiöser sowie körperlicher Zwangsvorstellungen,
  • mangelhafte Einsicht in die Unsinnigkeit der Zwangsinhalte,
  • hoher Schweregrad der Zwangssymptome,
  • Vorliegen einer schizotypischen, Boderline- oder paranoiden Persönlichkeitsstörung,
  • Fehlen einer Partnerschaft,
  • fehlende Familienanamnese für Zwangsstörungen,
  • Vorliegen von überwertigen Ideen,
  • Vorliegen einer komorbiden PTBS.

Kognitive Verhaltenstherapie

Nach den S3-Leitlinien gilt die KVT mit Exposition und Reaktionsmanagement als wirksamste Methode in der Behandlung der Zwangsstörung.
Diese Aussage basiert auf den Ergebnissen einer Vielzahl an kontrollierten Studien und Metaanalysen, in denen die Interventionen der KVT Effektstärken zwischen 1,18 und 1,84 (mittel bis hoch) erreichen (u. a. Gava et al. 2007; Jónsson und Hougaard 2009; Öst et al. 2015). Nach den Ergebnissen der aktuellen Metaanalyse von Öst et al. (2015) werden bei KVT im Vergleich zu Wartelistenkontrollgruppen (1,31) und zu Placebobedingungen (1,33) hohe Effektstärken erreicht. Die KVT stellt damit die am besten evaluierte und effektivste Behandlung bei Zwangsstörungen dar und gilt als Standardtherapie. Ein Vergleich der mittleren prozentualen Besserung, die in großen Therapiestudien erreicht wurde, zeigt bei KVT mit Exposition eine stärkere Symptomreduktion als bei Clomipramin und bei SSRI in der jeweils höchsten zugelassenen Dosierung. Die Metaanalyse von Hofmann und Smits (2008) ergab ebenfalls mittlere Effektstärken von 1,37, was als sehr gut anzusehen ist. Auch gegenüber anderen therapeutischen Verfahren (u. a. Entspannungsverfahren, medikamentöse Therapie) zeigte sich die Exposition in der Behandlung von Zwangsstörungen als überlegen. Signifikante Verbesserungen wurden dabei sowohl in den Zwangssymptomen (gemessen an den Werten der Y-BOCS), als auch in den Depressionswerten und dem globalen Funktionsniveau der Betroffenen nachgewiesen. Zwischen 60 % und 70 % (Belloch et al. 2008) der Zwangspatienten sprechen kurzfristig auf eine alleinige Behandlung mit Expositionstraining und Reaktionsmanagement an (im Langzeitverlauf ca. 50 %; McKay et al. 2015), wobei eine Reduktion der Zwangssymptomatik im Durchschnitt von etwa 50 % erreicht werden kann. Eine Follow-up-Studie über 7 Jahre konnte zudem zeigen, dass diese Verbesserungen auch langfristig aufrechterhalten werden können (Rufer et al. 2005): In dieser placebokontrollierten Multizenterstudie mit kognitiver Verhaltenstherapie und Fluvoxamin lagen die Responderraten (Responsekriterium von 35 % Reduktion des Y-BOCS-Scores nach Abschluss der Therapie) bei 67 % und nach 7 Jahren bei 60 %. Immerhin 27 % der Patienten erreichten eine Vollremission (Y-BOCS-Score < 7 bzw. Nichterfüllen der diagnostischen Kriterien). Ähnliche Ergebnisse zeigte auch eine über 5 Jahre dauernde Follow-up-Studie von van Oppen et al. (2005). In diesen Studien konnten die Therapieerfolge gleichermaßen beibehalten werden, unabhängig davon, ob die Behandlung mit kognitiver Therapie, mit Expositionstraining oder einer Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie und Fluoxetin erfolgte. Zur Aufrechterhaltung der Symptomreduktionen sind in einigen Fällen Boostersitzungen zu empfehlen.
Auch wenn die vorliegenden Daten für diese Methode sprechen, gibt es dennoch immer noch viele Patienten, die nicht oder nur teilweise von dieser Therapie profitieren.
Darüber hinaus lehnen 5–25 % der Betroffenen eine Behandlung mit Exposition und Reaktionsmanagement von vornehinein ab; ca. 10 % werden als Therapieabbrecher erfasst.
Vergleich zwischen kognitiver Therapie, Verhaltenstherapie und kognitiver Verhaltenstherapie
Während die kognitive Therapie ihren Schwerpunkt auf kognitive Techniken wie kognitives Umstrukturieren legt, stellen Konfrontationsverfahren in der Verhaltenstherapie die Intervention der Wahl in der Behandlung von Zwangssymptomen dar. Die kognitive Verhaltenstherapie verbindet diese beiden Ansätze miteinander und versucht, während und nach der Exposition mittels kognitiver Techniken die aufrechterhaltenden Denkfehler und dysfunktionalen Bewertungen bei Zwangsstörungen zu hinterfragen und zu verändern. Eine Übersicht über kognitive Methoden in der Behandlung der Zwangsstörungen findet sich in Tab. 10. Gemäß den S3-Leitlinien (Hohagen et al. 2015) gibt es zwischen diesen 3 Verfahren keine signifikanten Wirksamkeitsunterschiede (u. a. Rosa-Alcázar et al. 2008; Anholt 2008), sodass alle 3 Verfahren gleich empfohlen werden. McKay und Kollegen (2015) zeigten in ihrer Studie, dass Exposition mit Reaktionsverhinderung gegenüber einer rein kognitiven Therapie überlegen ist. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch Hinweise, dass nach einer kognitiven Therapie oder einer KVT eine höhere Remissionsrate erreicht werden kann sowie dass diese Therapien stärkere Effekte bei komorbiden Depressionen erzielen als eine alleinige Verhaltenstherapie (Fisher und Wells 2005). Insgesamt muss derzeit noch einschränkend gesagt werden, dass die vorhandenen Vergleichsstudien vielfach methodische Mängel aufweisen (z. B. geringe Fallzahlen, keine leitliniengerechten Expositionen), so dass diese Ergebnisse nur mit Vorsicht zu interpretieren sind. Es ist daher zu empfehlen, sich am klinischen Konsens zu orientieren und sowohl kognitive Techniken als auch Exposition mit Reaktionsmanagement einzusetzen.
Ablauf einer kognitiven Verhaltenstherapie (nach Voderholzer und Hohagen 2015)
1.
Beziehungsaufbau
 
2.
Motivationsanalyse
 
3.
Verhaltensanalyse: Lerngeschichte, Symptomebene (Zwangsprotokolle führen), Funktionsanalyse (intrapsychische und interpersonelle Funktionalität)
 
4.
Zielanalyse
 
5.
Psychoedukation, Erarbeiten eines plausiblen Ätiologiemodells, Vermittlung des Therapierationals, Hierarchisierung der zwangsauslösenden Situationen
 
6.
Graduierte Exposition mit Reaktionsmanagement (mindestens 3 Therapeuten-begleitete Expositionssitzungen von mehreren Stunden Dauer außerhalb der Praxis); Bearbeitung der dadurch ausgelösten Emotionen, kognitive Techniken, Bearbeitung der Funktionalität
 
7.
Exposition im häuslichen Umfeld, ggf. videobegleitete häusliche Sitzungen; verstärkte Expositionen in Eigenregie
 
8.
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Therapieeffekts:
  • Nach stationärer Behandlung weiter ambulante Psychotherapie
  • Achtsamkeitsbasierte Psychotherapie
  • Selbsthilfegruppen
 
Ggf. „Boostersitzungen“
Die diagnostische Phase stellt in der Behandlung der Zwangsstörung eine wichtige Vorbereitung auf die Phase der psychotherapeutischen Interventionen dar. Zum einen lernt der Patient in dieser Phase seine Erkrankung kennen, um sie in einen Zusammenhang zu seinem Leben zu stellen, und er erhält Motivation, sich den unangenehmen Gefühlen in einer Exposition zu stellen. Zum anderen geschieht in dieser Phase ein wichtiger Teil der Beziehungsarbeit, die sich in der Therapie mit Zwangspatienten häufig schwierig gestaltet. Auf Grund der Verheimlichungstendenzen und Schamgefühle sowie häufig negativer Vorerfahrungen im therapeutischen Bereich reagieren viele Betroffene zu Beginn mit Kritik und Ablehnung gegenüber dem Therapeuten. Dem sollte der Therapeut von Beginn an eine sehr wertschätzende und verständnisvolle Grundhaltung entgegensetzen, sich in die Erlebniswelt des Patienten einfühlen und sich den wichtigsten Beziehungszielen des Patienten gegenüber komplementär verhalten. Patienten mit Zwangsstörungen zeichnen sich häufig entweder durch ein hohes Bedürfnis nach Kontrolle aus oder durch übermäßige Angepasstheit und Fügsamkeit. Bei beiden Verhaltensweisen ist es wichtig, den Therapieprozess klar und strukturiert zu gestalten und den Patienten in alle Entscheidungen mit einzubeziehen. Auch mögliche soziale und emotionale Defizite sind zu berücksichtigen. Der Therapeut sollte von Beginn an auch die Ambivalenz des Patienten wertschätzen. Das Zwangssystem, das häufig bereits viele Jahre das Leben des Patienten bestimmt, ist vertraut und bietet trotz der hohen Belastung Sicherheit, die nicht so schnell aufgegeben werden kann. Der Patient sollte daher immer selbstständig, unter Anleitung und Motivation des Therapeuten, über das weitere Vorgehen entscheiden. Vorsicht ist auch geboten, wenn Patienten versuchen, den Therapeuten mit in ihr Zwangssystem einzubinden oder Verantwortung an diesen zu delegieren. Diese Prozesse sollten auf der Metaebene angesprochen und nach möglichen Alternativen überprüft werden. Erst nach Abschluss dieser Phase wird der Beginn der Konfrontationsübungen empfohlen. Neben dem konkreten Ablauf einer Exposition (Tab. 8) sind weitere Kriterien bei der Durchführung von Expositionen zu beachten:
Tab. 8
Ablauf einer Exposition mit Reaktionsmanagement. (Nach Voderholzer und Hohagen 2015)
Beginn der Exposition
Vorbesprechung der konkreten Übung anhand der individuellen Angsthierarchie
Erfragen des genauen Zwangsrituals und Festlegung der zwangsfreien Verhaltensnormen
Der Therapeut ermutigt den Patienten und weist ihn auf evtl. Vermeidungsverhalten hin, die Entscheidung für eine Exposition muss der Patient selbst treffen (niemals den Patienten zu etwas zwingen); der Therapeut gibt keine Rückversicherungen und übernimmt keine Kontrolle
Einschätzung der subjektiv empfundenen Belastung durch den Patienten
Verlauf der Exposition
Aufsuchen der konkreten Übungssituation ohne Durchführung der Zwangshandlungen und/oder neutralisierender Gedanken
Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die auftretenden Gefühle und Gedanken
Unterlassung von Sicherheits- und Vermeidungsverhalten
Abschluss der Exposition
Die Übungssituation kann dann verlassen werden, wenn
– das Erregungsniveau deutlich abgenommen hat oder
– die Übung ohne Zwangshandlungen ausgeführt wurde und der Patient intensive Gefühle erlebt
  • Für Expositionen bei Zwangsstörungen sollte ein graduiertes Vorgehen mit einem mittleren Schwierigkeitsgrad gewählt werden.
  • Für die erste Exposition sollte mindestens eine Dauer von 2 h anberaumt werden.
  • Die Konfrontationsübungen werden wenn möglich in vivo durchgeführt; In-sensu-Konfrontationen erfolgen nur, wenn die gefürchteten Konsequenzen der unterlassenen Zwangshandlungen erst nach einem längeren Zeitraum zu erkennen sind, zum Beispiel bei der Angst, sich mit einer schweren Krankheit zu infizieren.
  • Hohe Therapieintensität (>30 h) ist einer niedrigen und mittleren Therapieintensität vorzuziehen.
  • Die ersten Übungen werden von einem erfahrenen Therapeuten begleitet und angeleitet; ab der 4. Exposition sind Übungen im Selbstmanagement anzudenken.
  • Die Expositionen werden wenn möglich auch im heimischen Umfeld bzw. unter möglichst alltäglichen und realen Bedingungen durchgeführt.
  • Stichtagsvereinbarungen: nach der Durchführung einer Exposition darf der Patient diese Zwangshandlungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ausführen.
  • Jede Exposition sollte gemeinsam mit dem Patienten nachbesprochen und reflektiert werden.
  • Auch nahe Angehörige sollten mit in den Prozess einbezogen werden, wenn diese eine wichtige Rolle im Zwangssystem einnehmen.
Der Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung stellt in der Behandlung der Zwangsstörungen eine Voraussetzung für das erfolgreiche Durchführen einer Exposition dar. Der Therapeut muss darauf achten, sich nicht in das Zwangssystem einbinden zu lassen und die hohe emotionale Anspannung des Patienten aushalten können (= Gegenübertragung beachten!).
Bei Expositionen von Zwangsgedanken oder -handlungen kann auch ein massiertes Vorgehen („Flooding“) mit den am meisten angstauslösenden Situationen gewählt werden. Die Gefahr beim Flooding ist jedoch, dass der Patient aufgrund der hohen emotionalen Reaktion die Konfrontation kognitiv vermeidet und dadurch keine neuen Lernerfahrungen möglich sind.
Bei Expositionen in der Behandlung von Zwangsstörungen muss das Erregungsniveau des Patienten nicht schon während der Übungen abnehmen, da die Befürchtungen oftmals auf die Zukunft gerichtet sind und durch die Erfahrungen während der Exposition nicht widerlegt werden können. Die Zeit nach der Konfrontation nimmt daher einen großen Stellenwert ein und es muss dem Patienten verdeutlicht werden, dass auch nach den Übungen auf neutralisierende Gedanken oder Handlungen verzichtet werden muss. Im besten Fall ist es möglich, den Patienten ca. 2 h nach Abschluss der Exposition noch einmal zu sehen, um bei einer evtl. Destabilisierung Unterstützung anbieten zu können.
Vorgehen bei Zwangsgedanken
Zwangsgedanken werden u. a. durch eine verzerrte und fehlerhafte Beurteilung der Intrusionen aufrechterhalten. Ziel der Expositionen bei Zwangsgedanken ist es daher, eine Neubewertung dieser Intrusionen als normal zu erreichen und zu lernen, Zwangsgedanken als solche zu identifizieren und zu erkennen, ohne die neutralisierenden Handlungen auszuführen. Der Ablauf einer Therapie reiner Zwangsgedanken verläuft in ähnlichen Phasen wie die Therapie bei Zwangshandlungen (Tab. 9).
Tab. 9
Ablauf einer Therapie bei Zwangshandlungen
Psychoedukation
Normalisieren der Intrusionen
Identifikation der Zwangsgedanken, der damit einhergehenden emotionalen Zustände und des repetitiven Charakters der Intrusionen
Gedanken-Handlungs-Defusion (Auflösung der Gedanken-Handlungs-Fusion durch Deutlichmachen der dysfunktionalen Annahmen über die Beziehung zwischen Kognitionen und Verhalten)
Exposition
In vivo: Aufsuchen von Situationen, die Zwangsgedanken auslösen
Gedanken laut aussprechen oder aufschreiben
Tonbandexposition: Zwangsgedanken werden aufgenommen (z. B. auf dem Smartphone) und solange angehört, bis eine Habituation eintritt
Expositionen sind bei Zwangsgedanken häufig nicht ganz so wirksam wie bei Zwangshandlungen. Studien weisen darauf hin, dass durch eine ergänzende medikamentöse Therapie mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) die Wirksamkeit von Konfrontation bei Zwangsgedanken gesteigert werden kann (Hohagen et al. 1998).
Eine Übersicht über kognitive Methoden in der Behandlung der Zwangsstörungen findet sich in Tab. 10.
Tab. 10
Kognitive Methoden in der Behandlung von Zwangsstörungen
Katastrophisieren mit Realitätskontrolle
Patient wird angeleitet, sich die schlimmsten Befürchtungen auszumalen, die mit einer Nichtdurchführung der Zwangshandlung verbunden ist
Im nächsten Schritt schätzt der Patient das Risiko auf einer Skala zwischen 0–100, sammelt Argumente für und gegen seine Befürchtungen und schätzt dann erneut das Risiko ein
Technik des emotionalen Distanzierens
Patient lernt seine Symptome als Fehlregulationen zentralnervöser Prozesse zu verstehen und sich von ihnen emotional zu distanzieren
Top-down-Analyse
„Was würde es für Sie bedeuten, wenn..?“: Sokratischer Dialog mit dem Patienten über mögliche Folgen, Konsequenzen seines Verhaltens/Nichtverhaltens
Realistische Einschätzung der eigenen Schuld
Pie-Chart-Technik: Patient wird aufgefordert, alle Einflussfaktoren auf ein Ereignis aufzuzählen und diesen in einem Kreisdiagramm Prozente zuzuweisen

Andere psychotherapeutische Verfahren

Neben der KVT kommen in der Praxis auch andere psychotherapeutische Verfahren, v. a. aus der dritten Welle der Verhaltenstherapie zur Anwendung. Allerdings gibt es bisher keine überzeugenden Belege für die Wirksamkeit anderer psychotherapeutischer Verfahren als KVT mit Exposition, sodass diese Therapie nach wie vor die erste Wahl darstellt (Külz et al. 2016). Eine Studie mit Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT; Twohig et al. 2010; Öst 2014), die als Weiterentwicklung der KVT zu sehen ist und die auch auf Exposition und den Abbau von Vermeidungsverhalten abzielt, zeigte signifikante Effekte im Vergleich mit einer Kontrollbedingung bei einer eher mäßig schwer betroffenen ambulanten Stichprobe. Das Fehlen sonstiger wissenschaftlicher Studien muss nicht bedeuten, dass andere Verfahren nicht wirksam sind – es gibt dafür aber bisher keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise, so dass auch die S3-Leitlinien nur die KVT als Psychotherapie der Wahl empfehlen können. Doch wie im Abschn. Kognitive Verhaltenstherapie bereits angemerkt wurde, zeigen auch Behandlungen mit KVT nur bei ca. 60–70 % der Betroffenen Symptomverbesserungen, sodass Weiterentwicklungen der vorhandenen therapeutischen Verfahren notwendig sind. Solche Weiterentwicklungen sind v. a. weitere Verfahren der sog. dritten Welle (Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT), metakognitive Therapie, Interference Based Therapy), die kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden ergänzen und in einzelnen Studien erste Hinweise auf Wirksamkeit zeigen (u. a. O’Connor et al. 2005; Külz und Rose 2013; Külz et al. 2016).
Bei den psychodynamischen Verfahren gibt es bislang einen RCT von Maina et al. (2010), in dem die Wirksamkeit einer Kombination aus psychodynamischer Kurzzeittherapie (über 1 Jahr) und Medikation (SSRI) mit Medikation alleine über einen Zeitraum von 12 Monaten bei Zwangspatienten mit komorbider Depression verglichen wurde. Es zeigten sich dabei keine Unterschiede in den beiden Gruppen, weder in Bezug auf die Y-BOCS-Werte noch die Werte der Hamilton Rating Scale of Depression.
Einen Überblick über die bei Zwangsstörungen wirksamen Psychotherapieverfahren und ihre Evidenz gibt Tab. 11.
Tab. 11
Wirksame psychotherapeutische Verfahren bei Zwangsstörungen. (Nach Hohagen et al. 2015)
Therapieform
EbM-Evidenzgrad
Kommentar
Ia
Kombination aus Exposition mit Reaktionsmanagement und kognitiven Techniken
Ia
Exposition mit Reaktionsmanagement
Kognitive Therapie
Ia
Kognitive Techniken
Medienbasierte kognitive Verhaltenstherapie
IIa
Computer- oder telefonbasierte KVT bei leichten Schweregraden
Akzeptanz und Commitmenttherapie
IIa
KVT in Kombination mit achtsamkeitsbasierten Methoden
Ia = wenigstens eine Metaanalyse auf der Basis methodisch hochwertiger, randomisierter kontrollierter Studien; IIa = wenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierung
Psychotherapie bei Hoarding Disorder (pathologisches Sammeln und Horten)
Sammelzwänge sind eine Unterform der Zwangsstörung und werden zu den Zwangsspektrumsstörungen gezählt. Die meisten Patienten mit Hoarding Disorder weisen neben dem Sammeln und Horten von Gegenständen keine anderen klinisch bedeutsamen Zwangssymptome auf (Mataix-Cols et al. 2010), was eine Unterscheidung der beiden Störungsbilder möglich macht. Zudem ist sowohl die Einsicht bei der Hoarding Disorder (Brakoulias und Milicevic 2015) als auch das Hilfesuchverhalten (Mataix-Cols et al. 2010) meist geringer ausgeprägt als bei der Zwangsstörung. Die Symptomatik ist dagegen in noch stärkerem Ausmaß als bei der Zwangsstörung chronisch stabil und neigt zur Verschlechterung. Während es bei der Zwangsstörung ausreichend Evidenz über neuronale Auffälligkeiten und die Behandlung (KVT und SRI) gibt, ist die wissenschaftliche Evidenz in Bezug auf die Therapie bei Hoarding Disorder derzeit noch limitiert.
Wie auch bei Zwangsstörungen ist die kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsmanagement Therapie der 1. Wahl (Metaanalyse, 10 Studien, N = 232; Tolin et al. 2015). Dabei ist von großer Bedeutung, dass begleitete Expositionsübungen mit Aussortieren und Wegwerfen von Gegenständen erfolgen und die Übungen auch das persönliche Umfeld mit einbeziehen. Insgesamt ist das Ansprechen auf Exposition mit Reaktionsmanagement geringer als bei typischen Wasch-, Reinigungs- und/oder Kontrollzwängen. Als Gründe für die schlechtere Responserate wurden u. a. die geringere Einsicht, d. h. die geringere Ich-Dystonie genannt. Die Pharmakotherapie der 1. Wahl ist ebenfalls wie bei anderen Formen von Zwängen die Gabe eines Serotoninwiederaufnahmehemmers, allerdings zeigen die Ergebnisse aus Studien und die klinischen Erfahrungen ein eher schlechteres Ansprechen im Vergleich mit anderen Zwängen. Die Responderraten liegen laut einer aktuellen Metaanalyse (7 Studien, N = 92; Brakoulias et al. 2015) bei etwa 50 %.

Psychopharmakotherapie

Lange Zeit galt die Zwangsstörung auch medikamentös als schwer behandelbar. Erst durch Studien mit Clomipramin und mit der Entwicklung der selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) konnten Zwangsstörungen effektiv behandelt werden; aktuell weisen diese eine breite Evidenz auf, auch wenn diese nicht an die Wirksamkeit von KVT mit Exposition heranreichen kann. Es konnte eine hohe Pharmakoselektivität der Zwangsstörung nachgewiesen werden, d. h. dass diese Erkrankung selektiv auf serotonerge Antidepressiva anspricht. Die pharmakologische Behandlung bei Zwangsstörungen stellt nach den S3-Leitlinien, von Ausnahmen abgesehen, nur die Therapie der zweiten Wahl dar. In der Akutbehandlung und mehr noch in der längerfristigen Behandlung zeigt sich aber die Psychotherapie bei Zwangsstörungen einer Therapie mit Psychopharmaka als überlegen (Hohagen et al. 2015; Öst et al. 2015), sodass eine medikamentöse Behandlung als primäre Therapie nur bei den unten genannten Situationen anzuraten ist.
Gründe für eine medikamentöse Monotherapie bei Zwangsstörungen nach den S3-Leitlinien sind:
  • KVT wird vom Patienten abgelehnt oder kann wegen der Schwere der Symptomatik nicht eingesetzt werden.
  • KVT steht wegen langer Wartezeiten oder mangelnden Ressourcen nicht zur Verfügung.
  • Durch die Gabe eines Medikamentes zeigt der Patient eine höhere Bereitschaft, sich auf psychotherapeutische Maßnahmen einzulassen.
Dabei muss betont werden, dass in der Versorgungsrealität ein auf Zwangsstörungen spezialisierter Verhaltenstherapeut oft schwer zu finden ist und die ambulante Therapie oft recht aufwändig und schwer organisierbar ist. Zwangsstörungen können die berufliche und soziale Situation schwer beeinträchtigen, sodass in der Praxis häufig eine Pharmakotherapie zur Anwendung kommt, mit der innerhalb von 2–3 Monaten eine Linderung der Zwangssymptomatik zu erwarten ist. Wann immer möglich, sollte jedoch eine kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition empfohlen werden, insbesondere auch dann, wenn durch Pharmakotherapie schon eine Teilbesserung erreicht wurde, um bessere und nachhaltigere Therapieeffekte zu erzielen.
Nach dem derzeit geltenden Wissensstand zählen selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) in hohen Dosierungen und Clomipramin zu den einzigen Medikamenten in der Behandlung einer Zwangsstörung, deren Wirksamkeit bisher in RCTs im Placebovergleich nachgewiesen werden konnte (u. a. Soomro et al. 2008; Hohagen et al. 2015). SSRIs sind auf Grund des besseren Nebenwirkungsprofils und den daraus resultierenden niedrigeren Abbruchraten Clomipramin vorzuziehen. Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass ein bestimmter SSRI eine bessere Wirkung erzielt als ein anderer SSRI, sodass die Wahl des Medikamentes individuell getroffen werden kann. Als gesichert gilt, dass SSRIs in der Behandlung von Zwangsstörungen besonders in hohen Dosierungen (Tab. 12) wirksam sind. Die Medikamente zeigen ihre symptomspezifischen Wirkungen frühestens nach 4 Wochen; erste positive Auswirkungen auf komorbide depressive Symptome sind evtl. bereits nach 2 Wochen zu erkennen. Das Wirkungsmaximum wird meist zwischen der 6. und 8. Behandlungswoche erreicht; nach 2–3 Monaten kann eine Symptomreduktion um 20–40 %, in Einzelfällen auch höher, erwartet werden. Auf Grund dieser langen Latenz bis zum Einsetzen der Wirkung sollte vor der 10.–12. Woche keine Änderung der therapeutischen Strategie erwogen werden. Treten in der Folge die gewünschten Effekte nicht oder nur sehr gering ein, muss die Strategie angepasst werden, was bei ca. 1/4 bis 1/3 der Patienten vorkommt. Bei erfolgreicher Pharmakotherapie sollte diese mit der gleichen Dosierung für 1–2 Jahre fortgesetzt werden, bevor sie langsam ausgeschlichen werden kann. Trotz eines Erfolgs sind die Rückfallraten nach dem Absetzen der Medikamente mit 80–90 % als sehr hoch angegeben. Durch eine vorherige oder begleitende KVT mit Exposition und Reaktionsmanagement kann diese Rate deutlich gesenkt werden (Kordon et al. 2005).
Tab. 12
Psychopharmakologische Behandlung von Zwangsstörungen. (Nach Voderholzer und Hohagen 2015)
Substanz
Substanzklasse
Max. Tagesdosis (mg/Tag)
Kommentar
1. Wahl a
Fluvoxamina
SSRI
300 (450b)
Zahlreiche pharmakokinetische Interaktionen mit anderen Substanzen
Paroxetina
SSRI
60 (100b)
Im Vergleich mit anderen SSRI stärker sedierend, häufiger Gewichtszunahme
Fluoxetina
SSRI
80 (120b)
Pharmakokinetische Interaktionen, z. B. mit TZA
Sertralina
SSRI
200 (400b)
Höhere Dosierungen (400 mg) zeigen noch bessere Wirksamkeit (Ninan 2006)
Citalopram
SSRI
40
Geringes Interaktionspotential
Escitalopram a
SSRI
20
Geringes Interaktionspotential
2. Wahl
Clomipramina
TZA
225
Höhere Drop-out-Raten, mehr Nebenwirkungen
aFür die Indikation Zwangsstörung in Deutschland zugelassen
bIn Einzelfällen, z. B. bei Patienten mit niedrigen Plasmaspiegeln oder bei ungenügendem Ansprechen bei guter Verträglichkeit wurden höhere Dosierungen als die üblichen Maximaldosierungen eingesetzt (Koran et al. 2007)
SSRI selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer; TZA trizyklische Antidepressiva
Nur SSRIs und Clomipramin haben sich bisher in der psychopharmakologischen Behandlung von Zwangsstörungen als wirksam erweisen. Gemäß den S3-Leitlinien kann somit kein anderer Wirkstoff empfohlen werden.
Wirkung und Nebenwirkungen von SSRI
In tierexperimentellen Studien zum Wirkmechanismus von SSRIs von Bergqvist et al. (1999) konnte durch die SSRI-Gabe ein Anstieg des Serotoninturnovers in Hirnregionen (z. B. orbitofrontaler Kortex, Nucleus caudatus) nachgewiesen werden, die in verschiedenen bildgebenden Studien bei Patienten mit Zwangsstörungen einen gestörten Metabolismus aufweisen. Zusätzlich zeigte eine Studie eine Normalisierung des erhöhten Glukosemetabolismus in diesen Hirnarealen (Übersicht bei Rauch 2003).
Zu den häufigen Nebenwirkungen in den ersten Wochen der medikamentösen Therapie zählen Unruhe, Appetitreduktion, Übelkeit und Schlafstörungen. Weitere häufige Nebenwirkungen sind:
  • sexuelle Störungen (Ejakulationsverzögerung, Libidominderung bei ca. 30–70 % der Patienten),
  • vermehrtes, v. a. nächtliches Schwitzen,
  • Müdigkeit,
  • Gewichtszunahme.
Weniger häufig werden ein Restless-Legs-Syndrom, erhöhte Blutungsneigung sowie extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen und Hyponatriämie (v. a. bei älteren Patienten) sowie selten QT-Zeit-Verlängerungen berichtet. In Kombination mit anderen serotonergen Substanzen (z. B. Trazodon oder Lithium) kann ein Serotoninsyndrom auftreten, das sich besonders durch autonome und neuromotorische sowie kognitive und Verhaltensänderungen zeigt. Darüber hinaus ist, insbesondere nach längerdauernder Gabe, am häufigsten bei Paroxetin mit Absetzeffekten zu rechnen (Fava et al. 2015).
Neue Entwicklungen in der Pharmakotherapie von Zwangsstörungen sind zum einen Versuche mit dem D-Cycloserin, zum anderen wurden Substanzen getestet, die das Glutamatsystem beeinflussen. D-Cycloserin, ein in der Tuberkulosebehandlung verwendetes Antibiotikum, beschleunigt Extinktionslernen in Tierversuchen und wurde auch beim Menschen im Rahmen von Expositionsbehandlungen getestet. Es wird vermutet, dass die Wirkung über NMDA-Rezeptoren in der Amygdala vermittelt wird, die bei Angst eine große Rolle spielt. Bei Glutamat handelt es sich dagegen um einen exzitatorischen Neurotransmitter, der auch in den fronto-striato-thalamischen Regelschleifen die Informationsweitergabe unterstützt. Nach einer Metaanalyse von Rodrigues et al. (2014), in der die Wirksamkeit von D-Cycloserin zur Augmentation von KVT bei Angst- und Zwangsstörungen berichtet wurde, stellt die Substanz dann eine wirksame Ergänzung dar, wenn 1. das Medikament zeitnah zur Exposition, 2. in einer geringen Dosis und 3. nur wenige Male gegeben wird. Andersson et al. (2015) ergänzen in ihrer Studie Wechselwirkungen zwischen D-Cycloserin und Antidepressiva. Demnach profitieren nur nichtmedizierte Zwangspatienten von einer Gabe von D-Cycloserin vor einer Expositionsbehandlung, während Zwangspatienten mit einer zusätzlichen antidepressiven Medikation keine über die Exposition hinausgehenden Wirkungen haben. Zu einem anderen Schluss kommt dagegen die aktuelle Cochrane-Metaanalyse von Ori et al. (2015). Die Autoren fanden in 21 Studien (6 davon mit Zwangsstörungen) keine über Placebo hinausgehenden Effekte des D-Cycloserin. Einschränkend sehen die Autoren jedoch die Uneinheitlichkeit der Studien sowie die kleinen Stichprobengrößen, sodass weitere Studien notwendig sind. Auf Grund der bei Zwangsstörungen nachgewiesenen Dysbalance zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Regelschleifen zugunsten der exzitatorischen liegt es nahe, auch andere antiglutamaterg wirkenden Substanzen, wie z. B. Memantin oder Riluzol auf ihre Wirksamkeit bei Zwangsstörungen zu untersuchen. Trotz der neurobiologischen Grundlage gibt es bisher außer einzelnen Fallberichten und kleineren Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen jedoch keine RCTs, die eine Wirksamkeit bei Zwangsstörungen belegen können (Pallanti et al. 2014). Zusammengefasst hat in der Praxis der Einsatz von D-Cycloserin oder anderen, das Glutamatsystem-modulierenden Substanzen derzeit keine Bedeutung, bzw. bislang nur im Rahmen von Studien.
Der Einsatz von Psychopharmaka in der Behandlung von Zwangsstörungen sollte v. a. bei Jugendlichen mit Vorsicht gesehen werden. So gibt es zum einen Hinweise, dass die Gabe von SSRI bei jungen Patienten, insbesondere in der Anfangszeit der Therapie zu einer leichten Erhöhung der Suizidgedanken und -tendenzen führt (Hammad et al. 2006); zum anderen zeigen Studien verschiedene Adaptationsprozesse im ZNS, die aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Entwicklung zu langfristigen Folgen führen könnten. So konnte gezeigt werden, dass bei jugendlichen Primaten, die in ihrer Entwicklungsphase über 12 Monate Fluoxetin erhielten, 1 Jahr nach Absetzen des Medikaments die Serotonintransporterbindung im ZNS erhöht war (Shrestha et al. 2014). Da SSRIs ihre Wirkung über eine Hemmung der Serotoninwiederaufnahme, d. h. eine Hemmung des Serotonintransportes in die Nervenzelle entfalten, ist die Erhöhung des Serotonintransporters 1 Jahr nach Ende der Fluoxetingabe ein Hinweis auf gegenregulatorische Prozesse im ZNS. Sollten ähnliche Prozesse auch beim Menschen stattfinden, wäre dies ein möglicher Hinweis für ungünstige Langzeitwirkungen einer Antidepressivagabe.
Nachteile einer medikamentösen Behandlung von Zwangsstörungen sind:
  • niedrige Compliance der Betroffenen aufgrund von unerwünschten Nebenwirkungen und spätem Wirkungseintritt,
  • Attribution des Behandlungserfolgs extern (Psychopharmaka) anstatt intern (Selbstwirksamkeitserfahrungen durch Exposition),
  • unbekannte langfristige Auswirkungen auf das menschliche Gehirn,
  • Entzugssymptome nach Absetzen (Fava et al. 2015).
Gerade in der Phase der Exposition ist daher abzuwägen, ob und in welchem Umfang eine medikamentöse Therapie begonnen oder weitergeführt wird. Die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten mit der Durchführung einer Konfrontation macht es für den Patienten schwierig zu erkennen, ob er selbst zu der Symptomverbesserung beigetragen hat oder ob diese alleine durch die Einnahme der Psychopharmaka entstanden ist. Diese fehlende Selbstwirksamkeitserfahrung kann langfristig zu einem Rückfall führen, wenn die Medikamente ausgeschlichen werden und der Patient nicht in der Lage ist, selbstständig durch Konfrontationen einer Symptomverschlechterung vorzubeugen.
In Tab. 13 findet sich eine Übersicht über wirksame Psychopharmaka bei Zwangsstörungen und ihre Evidenz.
Tab. 13
Wirksame psychopharmakologische Verfahren bei Zwangsstörungen (Hohagen et al. 2015)
Substanzklasse
EbM-Evidenzgrad
Kommentar
SSRI
Ia
Mittel der 1. Wahl
TZA (nur Clomipramin)
Ia
Als alleiniges Mittel 2. Wahl auf Grund des Nebenwirkungsprofils; auch in Kombination mit SSRI bei Nichtansprechen möglich
D-Cycloserin
Ib
Augmentation einer Expositionstherapie
Augmentation mit Antipsychotika
IIa
Wenn möglich atypische Antipsychotika wegen besserem Nebenwirkungsprofil
Ia = wenigstens eine Metaanalyse auf der Basis methodisch hochwertiger randomisierter, kontrollierter Studien; Ib = wenigstens ein ausreichend großer, methodisch hochwertiger RCT; IIa = wenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierung
SSRI selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer; TZA trizyklische Antidepressiva

Kombinationstherapie

Auf Grund der positiven Wirksamkeitsnachweise sowohl der psychotherapeutischen als auch der psychopharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten stellt sich die Frage, inwieweit eine Kombination aus beiden Vorteile mit sich bringt. Da sich in der heutigen Praxis die Therapie bei Zwangsstörungen häufig nach den aufgesuchten Behandlern und leider noch zu wenig an einem leitliniengerechten Vorgehen richtet, findet sehr oft eine Kombinationstherapie statt, die jedoch wenig koordiniert und spezialisiert abläuft (Külz et al. 2010).
Nach den Vorgaben der S3-Leitlinien sollte eine medikamentöse Behandlung von Zwangsstörungen immer in Kombination mit einer Psychotherapie, im besten Fall zusammen mit einer KVT mit Exposition und Reaktionsmanagement, zum Einsatz kommen. Eine Studie von Foa et al. (2005) verglich die Wirksamkeit von Clomipramin alleine mit Clomipramin in Verbindung mit KVT inkl. Exposition und Reaktionsmanagement. Während sich nach 12-wöchiger Therapie 42 % der Patienten mit Clomipramin verbesserten, sprachen 70 % auf eine Kombinationstherapie an, was für die Überlegenheit einer Kombinationstherapie gegenüber eine medikamentösen Monotherapie (nicht aber gegenüber alleiniger KVT mit Exposition) spricht. Simpson et al. (2006) ergänzten die Daten von Foa et al. und zeigten, dass bei strengen Remissionskriterien 8 % der Patienten aus der Clomipramin-Gruppe und 35 % der Patienten aus der Kombinationsgruppe vollständig remittierten. Im Unterschied dazu zeigte ein Vergleich zwischen KVT alleine und KVT mit Clomipramin keine signifikanten Unterschiede. In der KVT-Gruppe erreichten 62 % der Patienten eine deutliche Verbesserung, in der Gruppe mit Kombinationstherapie 70 %. Eine Kombinationsbehandlung konnte sich in einer einzigen Studie gegenüber einer alleinigen Psychotherapie beim Vorliegen von Zwangsgedanken bzw. bei komorbiden depressiven Symptomen als überlegen erweisen (Hohagen et al. 1998). Darüber hinaus bestehen nur Hinweise darauf, dass eine Kombinationsbehandlung möglicherweise zu einer schnelleren Symptomreduktion führt und somit in der Akutbehandlung bessere Effekte zeigt; nach einigen Monaten zeigen sich jedoch keine Unterschiede im Vergleich zu alleiniger Psychotherapie (Hohagen et al. 2015).
Antidepressiva (SSRI und Clomipramin) sind in der Behandlung von Zwangsstörungen zwar wirksam, aber weniger wirksam als KVT mit Exposition. Eine Psychopharmakotherapie sollte daher nur in Ausnahmefällen als 2. Schritt einer Behandlung erfolgen.
Abb. 8 gibt einen orientierenden Überblick über die durchschnittlich zu erwartenden Therapieerfolge, gemessen als Reduktion der Symptome auf der Y-BOCS.

Neurochirurgische Methoden

Die Anwendung von neurochirurgischen (stereotaktischen) Verfahren hat in der Behandlung von Zwangsstörungen eine lange Tradition, besonders aufgrund der Tatsache, dass Zwangsstörungen oft sehr schwer ausgeprägt und lange Zeit auch als schwer behandelbar galten. Auch heute noch werden beim Vorliegen von Therapieresistenz teilweise stereotaktische neurochirurgische (auch irreversible) Interventionen durchgeführt, auch wenn kontrollierte Therapiestudien bisher fehlen. Ergebnisse aus Einzelfallserien und offenen Studien zeigen Besserungsraten zwischen 40–50 %, wobei diese Zahlen mit Vorsicht zu interpretieren sind. Aufgrund dessen kann die Behandlung mit medizinischen Verfahren gemäß den S3-Leitlinien nicht oder nur begrenzt empfohlen werden (Tab. 14).
Tab. 14
Neurochirurgische Verfahren in der Behandlung von Zwangsstörungen
Verfahren
Vorgehen bei Zwangsstörungen
Evidenz
Nicht invasive Stimulationsmethoden
TMS
Meist Stimulation des dorsolateralen Präfrontalkortex (5 RCTs; Zusammenfassung im Cochrane-Review Rodriguez-Martin et al. 2009)
Keine Wirksamkeit bei Therapieresistenz
EKT
Meist bilaterale frontotemporale Stimulation. Es fehlen RCTs, Einzelfallstudien und offene Studien zeigen heterogene Ergebnisse (u. a. Khanna et al. 1988)
EKT soll bei Therapieresistenz nicht angewandt werden
Neurochirurgische Verfahren
THS
Meist Stimulation der vorderen Schenkel der inneren Kapsel (Capsula interna) bilateral, des Nucleus accumbens (uni- oder bilateral) oder des Nucleus subthalamicus. (u. a Greenberg et al. 2010)
Schwache Evidenz für Wirksamkeit bei Therapieresistenz. Einsatz nur nach kritischer Nutzen/Risikoabwägung
Ablative Verfahren
Irreversibel!
Meist bilaterale Zingulotomie, bilaterale vordere Kapsulotomie oder Leukotomie. Langzeitstudien zeigen heterogene Ergebnisse und bestätigen das Auftreten zahlreicher unerwünschter Nebenwirkungen (u. a. Rück et al. 2008)
Ablative Verfahren sollen auf Grund der Nebenwirkungen und Risiken nicht bei Therapieresistenz angewandt werden
VNS
Nur eine Studie mit geringer Fallzahl (n = 3) und großer Heterogenität/Komorbidität der Stichprobe (George et al. 2008)
Fehlende Wirksamkeitsnachweise
Mit der tiefen Hirnstimulation (THS) steht derzeit ein reversibles neurochirurgisches Verfahren zur Verfügung, dass nach aktueller Studienlage bei therapierefraktären Patienten nach dem Einsatz aller anderen therapeutischen Möglichkeiten und mit einer kritischen Nutzen/Risikoabwägung in spezialisierten Zentren angewendet werden kann. Die Elektroden werden stereotaktisch uni- oder bilateral entweder im Bereich der Capsula interna, dem Nucleus accumbens oder dem Nucleus subthalamicus implantiert. Bei 2/3 der Patienten wurden nach einer bilateralen Implantation (Capsula interna und ventrales Striatum) klinisch relevante Symptomverbesserungen nachgewiesen (Greenberg et al. 2008; Nangunoori et al. 2013). Greenberg et al. (2010) verfolgten die Ergebnisse von 3 Studien (N = 26) über einen Zeitraum von 4 Jahren. Bei 60 % der Zwangspatienten zeigte sich nach diesem Zeitraum eine klinisch signifikante Response (>35 % Reduktion des Y-BOCS-Gesamtwertes), 38 % erreichten sogar einen Y-BOCS Gesamtwert < 16. Als unerwünschte Nebenwirkungen wurden kleine Blutungen (n = 2), Irritabilität (n = 1), Hypomanie (n = 1), eine Verschlechterung der Zwangssymptome (n = 2) oder das Wiederauftreten von Depressivität/Suizidalität (n = 2) beobachtet. Kontrollierte Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit der THS in der Behandlung von Zwangsstörungen eindeutig belegen zu können.
Vor der Durchführung eines neurochirurgischen Verfahrens in der Behandlung von Zwangsstörungen muss eine sorgfältige, nach klinischen und ethischen Richtlinien ausgeführte Analyse des bisherigen Krankheitsverlaufs und der daraus möglichen Konsequenzen erfolgen.

Vorgehen bei Therapieresistenz

Unter Therapieresistenz verstehen Pallanti et al. (2002) „keine Verbesserung oder Verschlechterung trotz aller zur Verfügung stehenden Therapien“; doch auch ein „geringer Therapieerfolg“ (Reduktion des Y-BOCS Wertes < 25 %) kann für den Betroffenen nicht als zufriedenstellend angesehen werden. Als therapieresistent oder therapierefraktär werden bei Zwangsstörungen ca. 40–50 % der Patienten gesehen, d. h. dass fast die Hälfte der Betroffenen nicht oder nicht genügend auf die herkömmlichen Therapieformen anspricht. Als herkömmliche Therapieformen zählen nach den S3-Leitlinien eine störungsspezifische KVT mit Exposition und Reaktionsmanagement und/oder die Behandlung mit einem SSRI oder Clomipramin in der vorgegebenen Dosierung und Dauer. Bei einem Nichtansprechen auf eine dieser Therapieformen sollte daher immer in erster Linie überprüft werden, ob die Vorgaben der Leitlinien zur Durchführung der Therapie eingehalten wurden. Wenn dies der Fall ist, kann nach Abwägung weiterer möglicher ungünstiger Faktoren (Abschn. 7.1) folgendes Vorgehen angedacht werden:
  • Bei erfolgter Monotherapie: Kombinationstherapie aus KVT (mit Exposition und Reaktionsmanagement) und einem SSRI,
  • Dosiserhöhung des SSRI (auch über die Maximaldosis hinaus; Koran et al. 2007) oder Kombination mit Clomipramin,
  • Augmentation des SSRI mit einem Antipsychotikum (Aripiprazol, Haloperidol, Risperidon; Dold et al. 2013),
  • in Ausnahmefällen: beidseitige tiefe Hirnstimulation (THS).
Ein Wechsel auf ein anderes SSRI ist in der Regel nicht erfolgversprechend, zumal keine Wirksamkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Substanzen nachgewiesen werden konnten. Atypische Antipsychotika sind bei Therapieresistenz besonders dann zu empfehlen, wenn entweder ausgeprägte magische Befürchtungen oder Tics vorliegen. Schirmbeck et al. (2015) weisen jedoch nach Einzelfallanalysen daraufhin, dass atypische Antipsychotika, insbesondere Clozapin, Zwangssymptome auch neu induzieren oder eine bereits vorhandene Zwangssymptomatik verschlechtern können. Dies wurde v. a. bei Patienten mit Psychosen oder bipolaren Störungen beobachtet. Nach einer Metaanalyse von Veale et al. (2014), die im Gesamten ein uneinheitliches Bild ergab, wird folgendes Vorgehen empfohlen: Bei Therapieresistenz mit SSRI sollte ein Versuch entweder mit Aripiprazol (Kurzzeitwirksamkeit in 2 Studien bestätigt) oder mit Risperidon (geringe Effektstärke) über einen Zeitraum von 6 Wochen erfolgen. Stellt sich in dieser Zeit keine Verbesserung ein, wird das Absetzen der Substanz empfohlen. Für Olanzapin und für Quetiapin dagegen zeigt sich insgesamt keine Evidenz für eine Wirksamkeit, sodass diese Substanzen nicht mehr zu empfehlen sind. Interessant und in der Metaanalyse noch nicht berücksichtigt sind neuere Daten zu Amisulprid, welches in einer, allerdings offenen Studie, bei immerhin 6 von 10 Patienten zu einer sehr guten Besserung der Zwangssymptomatik geführt hat. Amisulprid weist im Gegensatz zu anderen atypischen Antipsychotika wie Olanzapin, Quetiapin oder Clozapin eine geringere antiserotonerge Wirkung auf.

Resümee

In Tab. 15 sind einige Fakten zu Zwangsstörungen prägnant zusammengestellt.
Tab. 15
Übersicht zu Zwangsstörungen
Lebenszeitprävalenz: 1,5–3,6 %
Punktprävalenz: 1–2 %
Geschlechterverteilungb
m : w = 1 : 1,2
Erstmanifestationsalter
Im Mittel zwischen 22 und 25 Jahren (Häufigkeitsgipfel)
Erste Symptome häufig vor dem 18. Lbj.c
Häufige Komorbiditäten
Depression im Verlauf bei > 50 % der Patienten
Häufig: soziale Phobie, selbstunsichere und dependente Persönlichkeitsstörungen, Anorexia nervosa, Panikstörung, sekundärer Alkoholabusus, Psychosen u. Tic-Störungend
Verlauf
Zu Beginn fluktuierend; unbehandelt chronischer, meist lebenslanger Verlauf4
Spontanremissionen eher selten
Leitlinien
National Institute of Clinical Excellence (NICE)e; Practice Guidelines American Psychiatric Associationf; S3-Leitlinie Zwangsstörungen DGPPN 2015g; Guidelines Pharmacotherapy der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP)h; Kinder und Jugendliche: S1-Leitlinieni
aKessler et al. 1994; bVoderholzer und Hohagen 2015; cRasmussen und Eisen 1992; dSkoog und Skoog 1999, eNICE 2005; fKoran et al. 2007; gHohagen et al. 2015; hBandelow et al. 2012; iDGKJP 2007
  • Bei Zwangsstörungen können als Hauptsymptom Zwangshandlungen, Zwangsgedanken oder eine Kombination von beiden auftreten. Es handelt sich dabei um sich aufdrängende Handlungen oder Gedanken, die von den Betroffenen als unsinnig und bedrohlich bewertet werden und denen, meist erfolglos, Widerstand geleistet wird. Ziel der Zwangshandlungen ist der kurzfristige Abbau von Angst und Anspannung.
  • Zwangsstörungen gehören zu den 4 häufigsten psychischen Störungen in Deutschland und gelten auf Grund des meist chronischen lebenslangen Verlaufs und den damit verbundenen massiven psychosozialen Folgeproblemen als stark beeinträchtigend.
  • Zur korrekten Diagnose dieser psychischen Erkrankung stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung. Zudem ist es gerade bei dieser Störung wichtig, direkt und empathisch nach Zwangssymptomen zu fragen, da Scham- und Verheimlichungstendenzen die Betroffenen häufig davon abhalten, sich Hilfe zu holen.
  • Ätiologische Grundlage der Zwangserkrankung ist nach dem heutigen Verständnis eine Kombination aus psychischen, sozialen und biologischen Faktoren.
  • Zwangsstörungen sprechen entgegen früheren Annahmen gut auf eine psychotherapeutische Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie und Exposition und Reaktionsmanagement an (EbM-Evidenzgrad Ia). Die Therapie basiert auf einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung und beinhaltet folgende Stufen:
    • Motivationsklärung und -förderung,
    • Problem- und Verhaltensanalyse,
    • Zielanalyse,
    • Behandlungsplanung und Psychoedukation,
    • Durchführung graduierter therapeutenbegleiteter Expositionen mit Reaktionsverhinderung,
    • Expositionen im Selbstmanagement,
    • weitere therapeutische Interventionen,
    • Stabilisierungsphase.
  • Andere psychotherapeutische Verfahren haben bisher keine wissenschaftliche Evidenz und können daher nicht in der Behandlung von Zwangsstörungen empfohlen werden. Achtsamkeitsbasierte Verfahren zeigen jedoch in ersten RCTs ihre Wirksamkeit und können ergänzend eingesetzt werden (EbM-Evidenzgrad Ib).
  • Als Medikamente konnten sich bisher SSRIs und Clomipramin als wirksam erweisen (EbM-Evidenzgrad Ia). Der Einsatz von Psychopharmaka sollte immer in Kombination mit einer Psychotherapie erfolgen. Die Kombination mit Medikamenten hat sich besonders beim Vorliegen einer komorbiden Depression und bei dominierenden Zwangsgedanken als wirksam erwiesen.
  • Bei Therapieresistenz wird nach einer leitliniengerechten Therapie (auch Durchführung einer Kombinationstherapie) eine Augmentation des SSRIs entweder mit Clomipramin oder mit Antipsychotika empfohlen.
  • Bei den neurochirurgischen Verfahren kann eine tiefe Hirnstimulation beim Vorliegen von schweren therapieresistenten Zwangsstörungen nach kritischer Nutzen/Risikoabwägung erfolgen.
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