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Komplementär-alternativmedizinische Therapieverfahren bei psychischen Erkrankungen

Verfasst von: Michael Frass, Angela Montenegro, Nikolaus Hock, Thomas Ots, Jürgen Mücher und Lothar Krenner
Unter dem Sammelbegriff komplementäre und alternative Medizin (CAM) wird eine Vielzahlunterschiedlicher Theorie- und Therapieansätze zusammengefasst, die auf die natürlichen Heil- und Abwehrkräfte der Natur aufbauen und nicht zur konventionellen, wissenschaftlich etablierten Medizin gerechnet werden. Viele Aspekte der CAM erfüllen das Bedürfnis der Patienten ganzheitlich in allen Facetten der Persönlichkeit wahrgenommen und behandelt zu werden. Zu den allgemein anerkannten Naturheilverfahren zählen Lichttherapie, Hydro- und Balneotherapie, Körper- und Bewegungstherapien sowie Entspannungsverfahren. Im Folgenden werden nach einer Übersicht über komplexe außereuropäische und europäische Systeme sowie die Phytotherapie mit Einzelsubstanzen und als einzelne Verfahren ob ihrer Bedeutung die Homöopathie, die Akupunktur, die traditionelle chinesische Medizin (TCM) und Ayurveda näher dargestellt

Alternative Behandlungsverfahren in der Psychiatrie – Übersicht

Als komplementäre und alternative Medizin (CAM) werden Therapieverfahren bezeichnet, die auf die natürlichen Heil- und Abwehrkräfte der Natur aufbauen und nur vereinzelt nach heutigen wissenschaftlichen Kriterien mit randomisierten, kontrollierten Studien auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden (Tab. 1). Methoden wie der chinesischen, tibetischen oder Ayurveda-Medizin liegt eine viele tausend Jahre alte Erfahrung mit plausiblen Hypothesen zur Wirkungsweise zugrunde. Hierzu gibt es offene Therapiestudien in den Ursprungsländern, die auch teilweise in englischer Sprache veröffentlicht wurden. Zum anderen werden Methoden beschrieben, die von eher kleinen Therapeutengruppen ausgeübt werden. Bei der CAM handelt es sich um therapeutische Alternativen wie sie z. B. ebenfalls in der klassischen Schulmedizin als Eskalationstherapie mit einer Kombination verschiedener geprüfter Standardtherapien angewendet werden.
Tab. 1
Übersicht über die gebräuchlichsten alternativen Therapiemethoden in der Psychiatrie
1. Substanztherapien
• Komplexe Rezepturen
• Einzelsubstanzen
• Homöopathie
• Essenztherapie
2. Körperbezogene Therapien
• Massage
• Osteopathie
• Körperarbeit
• Atemtherapie (außer „rebirthing“)
• Hydrotherapie
• Balneotherapie
• Yoga
• Tai Chi
• Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
4. Psychotherapeutische Verfahren
• Psychokinesiologie
• Silva-Mind-Methode
• SHP-Methode
• Reinkarnationspsychotherapie
• Prana-Psychotherapie
• Schamanische Seelenrückholung
• (Atemtherapie)
• Familienaufstellung
5. Diätetische Maßnahmen
z. B. kohlenhydratfreie Diät
6. Energetische Verfahren
• Akupunktur
• Reiki
• Stilles Qi Gong
• Tanztherapie
• Aktives Qi Gong
8. Umstimmungstherapie
• Farbtherapie
• Klangtherapie
• Edelsteintherapie
• Aromatherapie
SHP Selbstheilungsprozess
Überlappungen der Wirkungsweise findet man bei verschiedenen Behandlungen, so sind die Essenz- und homöopathische Behandlung immer auch eine Umstimmungstherapie, genauso wie die energetischen Verfahren.
Viele Aspekte der CAM erfüllen das Bedürfnis der Patienten ganzheitlich in allen Facetten der Persönlichkeit wahrgenommen und behandelt zu werden, was mit der modernen Pharmakotherapie, aber auch mit der klassischen Psychotherapie, nicht in diesem Umfang geleistet werden kann. Insbesondere spielt die Gewichtung der emotionellen Komponente an der Ausgestaltung der Krankheit eine erhebliche Rolle. So wie früher die Heilkräfte der Buß- und Pilgerfahrten die Selbstheilung initiierten, werden bei einigen Außenseitermethoden gezielt auch Suggestivverfahren inklusive Autosuggestion, Hypnose und Autohypnose eingesetzt (Abb. 1).
Die Auflistung der alternativen Behandlungsmethoden könnte noch deutlich länger sein und umfasst nur die geläufigsten. Auf einige allgemein anerkannte Naturheilverfahren wie die Lichttherapie, Entspannungsverfahren, Bewegungstherapie, Ernährungs-, Hydro- und Balneotherapie sowie Schlafentzug wird in Kap. Entspannungsverfahren in der Psychiatrie und in Kap. Ergotherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie, Körper- und Sporttherapie in der Psychiatrie näher eingegangen.
Zu den Details insbesondere der komplexen Systeme wird auf die umfangreichen einschlägigen Lehrbücher verwiesen, spezifische Fachliteratur gibt es nur zu wenigen Methoden (Andrews 2006; Bothe et al. 2000).
Eine retrospektive Studie (Kessler et al. 2001) zeigte, dass mehr als 1/3 der Bevölkerung in den USA zum Zeitpunkt der Befragung 1997 eine der CAM-Therapien anwandte, 67,6 % der Bevölkerung irgendwann einmal in ihrem Leben. Patienten mit Panikerkrankungen und Major Depression lassen sich offenbar besonders häufig mittels alternativer Heilverfahren behandeln (Unützer et al. 2000; Elkins et al. 2005; Freeman 2009). Wu et al. (2007) kamen in ihrer Erhebung bei depressiven Patientinnen auf einen Prozentsatz von 45 %. In deutschen Umfragen wünscht sich die Mehrzahl der Patienten eine aus „Schul“- und Komplementärmedizin integrierte Versorgung (Dobos et al. 2006).
Die Bedeutung der CAM lässt sich auch daraus ableiten, dass die American PsychiatricAssociation 2009 eine Task Force für CAM (zzt. zum Themenkreis Major Depression) eingerichtet und jüngst einen Report vorgelegt hat (Freeman et al. 2010) und die Komplementärmedizin ins 7.EU-Forschungsrahmenprogramm aufgenommen wurde (Witt 2009).
Jüngst ergab eine Repräsentativbefragung des Allensbacher Instituts für Demoskopie (2010), dass 57 % der Deutschen schon einmal homöopathische Medikamente eingenommen haben – 1970 waren es nur 24 %.
Da Patienten zu der konventionellen Behandlung entweder zusätzlich oder auch anstelle dieser eine „Alternativbehandlung“ wünschen, sollte sich jeder Psychiater und Psychotherapeut ein Bild über verschiedene Methoden der CAM machen, um den Patienten vernünftig beraten zu können.
Ein großes Problem stellt dar, dass die Ausbildung in der Alternativen Medizin in der Regel nicht standardisiert und Qualitätsrichtlinien unterworfen ist. In den weit verbreiteten Heilverfahren wie der TCM, der Ayurveda-Therapie oder der Homöopathie gibt es aber durch die in Deutschland vertretenen Gesellschaften Richtlinien und häufig auch Weiterbildungsvorschriften ähnlich wie in der westlichen Medizin. Hierzu kann man dem Patienten nur empfehlen, sich nach der Aus- und Weiterbildung des Therapeuten zu erkundigen.

Komplexe Systeme

Außereuropäische Heilsysteme

Chinesische Medizin
Die chinesische Medizin ist eine mehrere tausend Jahre alte Heilmethode, die erstmals vor mehr als 2000 Jahren schriftlich in dem Buch Neijing festgehalten wurde. Dieses Werk des „gelben Kaisers Klassiker der Medizin“ besteht aus 2 Abhandlungen, dem „Suwen“, d. h. „einfache Fragen“ und dem „Lingshu“, einem technischen Werk über Akupunktur und Moxibustion. Die chinesische Medizin beruht auf genauesten Beobachtungen der Natur und des Menschen und berücksichtigt äußere Einwirkungen wie klimatische, jahreszeitliche und sogar Gestirnskonstellationen genauso wie die inneren Faktoren, zu denen die Emotionen gehören und unsere Art und Weise, auf äußere und innere Faktoren zu reagieren. Körper, Geist und Seele werden als eine Einheit gesehen.
Die Natur und der Mensch in der Natur sind einem stetigen Wandel und Kreislauf unterworfen, was sich wieder findet in einer Reihenfolge der 5 Elemente sowie in den energetischen Prinzipien von Yin und Yang sowie den Substanzen Qi, der Lebensenergie, Blut, Essenz, unserer ererbten Reserveenergie und Flüssigkeiten. Der körperliche und der seelische Aspekt sind eng miteinander verwoben (Abb. 2).
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) ist unter Abschn. 4, die Akupunktur unter Abschn. 3 im Einzelnen dargestellt.
Qi Gong
Im Gebiet der Psychiatrie und Psychosomatik kommt auch Qi Gong zum Einsatz: Qi Gong wird traditionell seit etwa dem 6. Jh. v. Chr. zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten ausgeübt, wobei diese Übungen Körper und Geist schulen sollen. Es wird als eine Methode angesehen mit der jeder seine Energie selbst positiv beeinflussen kann. Es beruht auf den Prinzipien Atmung, Haltung und Meditation. Über verschiedene Atemtechniken lässt sich der Energiefluss in verschiedene Körperbereiche lenken. Die Art der Haltung wird u. a. bestimmt von der Art der Erkrankung. Grundlagen der Qi-Gong-Meditation sind „sich bewusst sammeln“, wo man die geistige Aktivität auf eine bestimmte Körperstelle lenkt, z. B. diesen Punkt warm werden lässt. Danach wird der Zustand des „Sich-Versenkens“ erreicht mit dem Ziel einer geistigen Leere. Grundlage ist die Philosophie, dass Gesundheit nur bei einem gesunden Herz erreicht werden kann.
Therapeutisch angewendet werden das „Nei Gong“, das „innere Qi-Gong“, das in Ruhe ausgeführt wird, um zur Ruhe zu kommen sowie das „Wai-Gong“, das „äußere Qi-Gong“, in denen verschiedene Bewegungen in Verbindung mit Meditation ausgeführt werden, wie z. B. die 8 Brokatübungen, um in Verbindung mit geistiger Ruhe die Leiblichkeit wiederzugewinnen.
Zur chinesischen Medizin gehören noch Taijiquan, eine alte chinesische Bewegungskunst, sowie die Tuina-Therapie, eine spezielle medizinische Massagetechnik.
Ayurveda-Medizin
Der Begriff Ayurveda kommt aus dem indischen Sanskrit und heißt übersetzt „die Überlieferungen des Lebens“, das Alter wird auf mindestens 5000 Jahre geschätzt. Die immer noch als Standardwerke angesehenen Schriften CharakaSamhita, SushrutaSamhita und VaghbhataSamhita entstanden in der Zeit zwischen dem 2. Jh. n. Chr. bis 625 n. Chr., später kamen neue Texte hinzu (Svoboda und Arnie 2002).
Der Natur werden die folgenden 3 Attribute zugeschrieben:
  • Sattva (Ausgeglichenheit, Subjektivität, die die Materie wahrnimmt),
  • Rajas (Aktivität, Bewegung) und
  • Tamas (Trägheit, Materie).
Sattva enthält den Verstand, die 5 wahrnehmenden- und die Handlungssinne. Diese entsprechen Kommunikation, Manipulation, Fortbewegung, Fortpflanzung und Ausscheidung mit den jeweiligen körperlichen Entsprechungen. Tamas entwickelt sich zu den 5 kognitiven Sinnen, die der Reihe nach die 5 Elemente Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde erzeugen. Von diesen 5 Elementen wird die Materie gebildet, auch der physische Körper. Wie in der chinesischen Medizin entspricht der Mikrokosmos dem Makrokosmos und umgekehrt.
Nach der Ayurveda-Lehre gibt es 3 Arten von Erkrankungen: endogene, exogene und mentale. Bei der Art und Entwicklung der Krankheit spielen der Zeitfaktor und die Konstitution eine wesentliche Rolle. Einzelheiten der Therapie finden sich unter Abschn. 5.
Tibetische Medizin
Nach Khenrab Gyamtso entstand in vorbuddhistischer Zeit aus der Beobachtung der Ureinwohner von Tieren die Bcad-byor-Methode zur Zubereitung medizinischer Substanzen, die heute noch verwendet wird. In der Zeit von König LhaThotori Nyentsen 254–274 breitete sich das indische Diagnose- und Behandlungssystem parallel zum Buddhismus in Tibet aus. Zahlreiche medizinische Abhandlungen von Yuthok Yonten Gonpo dem Älteren (708–833 n. Chr.), u. a. die Vier Medizinischen Tantras, waren für tibetische Ärzte wichtige Studiengrundlagen. Dem tibetischen Gelehrten Desi Sangye Gyatso (1653–1705) ist zu verdanken dass die tibetische Medizin für jedermann zugänglich wurde. Seine Werke liefern die Grundlagen des heutigen Men-Tsee-Khang. Er verfasste u. a. den Blauen Beryll, der die 4 Tantras weiter erläuterte, die „Anweisungen über Heilbehandlungen“.
Der 1883 geborene Leibarzt des 13. Dalai Lama KhenrabNorbu kombinierte die Praxis von Medizin und Astrologie, insbesondere legte er großen Wert auf gute Kenntnisse in der Pflanzenheilkunde. Nach der Invasion der chinesischen Volksbefreiungsarmee ab 1949 wurden die Zentren der Überlieferung traditionellen tibetischen Wissens wie viele Klöster, Bibliotheken und Druckereien zerstört. Mit Hilfe des 14. Dalai Lama wurde der Men-Tsee-Khang 1961 in Dharamsala neu gegründet, um das Erbe des tibetischen Medizin- und Astrologiesystems zu erhalten.
Nach der buddhistischen Lehre (Gyamtso und Kölliker 2007) ist Unwissenheit die primäre Ursache aller Krankheiten. Aus dieser entstehen die 3 grundlegenden Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung. Diese materialisieren sich weiter zu rLung-Krankheiten („Wind“, Gier), zu mKhris-Pa-Krankheiten („Galle“, Hass) und Bad-Kan-Krankheiten („Schleim“, Verblendung). Hieraus entstehen die 404 Krankheiten mit ihren 1616 Untertypen. Mögliche Ursachen für eine Störung der elementaren Prozesse sind z. B. unangebrachte Verhaltensweisen, unangemessene Ernährung oder karmische Ursachen aus früheren Leben. Geist und Körper treffen sich in den subtilen Kanälen (rTsa), Winden (rLung) und Tropfen (Thigle), was in etwa den Blutgefäßen, dem Nerven- und hormonellen System entspricht. Die Prozesse von Bewegung und Transport, von Abbau und Aufbau sind elementar und finden sich im gesamten Kosmos als die 5 Elemente wieder. Das Verständnis von Körper und Geist baut auf dem Höchsten Yogatantra auf.

Europäische Systeme

Homöopathie
Im Rahmen seines Medizinstudiums kam Samuel Hahnemann (1755–1843) u. a. nach Wien, wo er bei Dr. Quarin, dem Leibarzt von Kaiser Joseph II. und Gründer des Alten Allgemeinen Krankenhauses, im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder studieren durfte.
Die Medizin im 18. Jahrhundert war geprägt durch Verfahren, die wissenschaftlich nicht fundiert waren, wie Aderlässe, Klistiere, Blutegel etc. Hahnemann gab daher die Ausübung des medizinischen Berufs auf, da er von dieser Art von Medizin enttäuscht war. Er kam bei der Übersetzung eines Werkes von Cullen zu einer Stelle, an der die Wirkung der Chinarinde besprochen wird. Nach einem Selbstversuch kam ihm eine der Grundlagen der Homöopathie in den Sinn, nämlich „similiasimilibuscurentur“. In der Folge untersuchte Hahnemann verschiedene pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen und schrieb die Symptome genau auf. Dabei entstanden die sog. Arzneimittelbilder nach der Prüfung am Gesunden. Da die Zahl der Symptome sehr groß war, entstanden später Repertorien, das sind Register, mit deren Hilfe die Arzneimittel leichter auffindbar sind.
Hahnemanns wesentliche Werke sind: das Organon, 6. Ausgabe, das die Grundlagen der Homöopathie in knapp 300 Paragraphen zusammenfasst, darunter § 1:
Des Arztes höchster und einziger Beruf ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man Heilen nennt (S. 63).
und den § 153, der die Wichtigkeit der auffallenden und sonderlichen Symptome für die Anamnese und Mittelfindung besonders betont. Die ReineArzneimittellehre beschreibt sämtliche bei der Prüfung aufgetretenen Symptome, DieChronischen Krankheiten sind Hahnemanns Meisterwerk, das er erst im hohen Alter abschloss.
Nach Aufschreiben aller Symptome versucht der Arzt das passende Arzneimittel zu finden, das bei der Prüfung bei Gesunden ähnliche Symptome hervorzurufen imstande ist. Die Einnahme erfolgt zumeist oral in Form von Globuli (Kügelchen), die aus Rohrzucker bestehen und mit einem Arzneimittel getränkt sind. Es gibt verschiedene Stärken (= Potenzen): C-Potenzen, D-Potenzen, LM-Potenzen (= Q-Potenzen), die einen unterschiedlichen Verdünnungsgrad angeben. Warum hat Hahnemann nun die Potenzen eingeführt? Er testete zunächst die Arzneimittel in unverdünntem Zustand.
Da bei der Prüfung von Veratrumalbum eine seiner Töchter beinahe gestorben wäre (manche Pflanzen sind ja im Urzustand sehr giftig), dachte er über eine andere Form der Zubereitung nach. So entwickelte Hahnemann die „Potenzen“: Potenz bedeutet Verdünnung und Verschüttelung des Arzneimittels. Die Verschüttelung führt zum Übergang der Wirkung eines Arzneimittels auf das Lösungsmittel. Die Grenze für Naturwissenschaftler ist die Loschmidt-Zahl: 6 × 1023 (= Zahl der Moleküle in einem Mol eines Stoffes), die daher Potenzen maximal bis zu einer D23 oder C11 verschreiben. Hahnemann machte allerdings viele Untersuchungen mit einer C30. Diese sog. Hochpotenzen zeichnen sich nach Erfahrung der Homöopathen durch ihre besonders tiefgehende Wirkung aus. Die Potenzierung ist aber nicht eine unabdingbare Voraussetzung zur Anwendung der Homöopathie, allerdings treten viele Qualitäten der Arzneimittel erst bei der Potenzierung hervor. Zudem können mit der Potenzierung die toxischen (= giftigen) Effekte mancher Arzneimittel umgangen werden.
Nähere Ausführungen finden sich unter Abschn. 2.
Anthroposophische Medizin
Die Wurzeln der Anthroposophie liegen im abendländischen Geistesleben. Rudolf Steiner, der 1861 in Österreich geboren wurde, sieht nach Fontaine den physischen Leib des Menschen als ein mineralisches Gefüge, das mit Wasser durchtränkt ist und den vegetativen oder ätherischen Leib trägt. Dieser niedere Teil übernimmt die Bewegung und Verdauung, während der höhere Teil aus Seele, auch Astralleib genannt, und Ich zusammengesetzt ist. Der Mensch besteht aus 3 Teilen, dem
  • oberen Pol, dem Kopf,
  • unteren Pol, der der Sitz des Stoffwechsels, der Dynamik und des Willens ist, sowie
  • mittleren Pol, der dem Brustkorb entspricht und mit Herz und Lunge den Rhythmus bestimmt.
Pflanzliche und tierische Produkte werden benutzt – entsprechend ihrer Verwandtschaft mit dem erkrankten Organ. Bei dem Sammeln und der Zubereitung der Pflanzen werden auch astrologische Prinzipien mit einbezogen.
Ernährung und Tanzen, die Eurhythmie, sind wichtige therapeutische Maßnahmen der anthroposophischen Medizin. Steiner (1986) entwickelte ein System mit 12 Zeichen eines spirituellen Tierkreises, den die Seele durchläuft und in denen die Welt für das Individuum ein jeweils unterschiedliches Gesicht zeigt. Jedes System kann 7 verschiedene Schattierungen annehmen, die für 7 Tendenzen stehen, wobei jede durch einen Planeten repräsentiert wird, der die 12 Zeichen des spirituellen Tierkreises durchläuft und beeinflusst. Dazu werden die 12 Systeme um 3 allgemeine Tonarten erweitert, die Steiner die Sonne mit dem Theismus, dem Mond, der Intuition, und der Erde, dem Naturalismus, zuordnet.

Phytotherapie

Essenztherapien

Als Essenzen werden Blütensubstanzen bezeichnet, die als Sud abgekocht und als gefilterte Urtinktur mit Alkohol versetzt werden. Die Information der jeweiligen Blüte ist auch in stärkster Verdünnung noch nachweisbar. Die Vorstellung des Wirkansatzes besteht darin, dass die Substanz als Materie aus Teilchen besteht, die nach dem Heisenberg-Gesetz gleichzeitig Schwingungen sind. Der Organismus besteht aus Teilchen und somit auch aus Schwingungen, die auf die zugeführten Informationen reagieren, jedoch nur, wenn sie mit ihr zum Zeitpunkt der Gabe in Resonanz gehen. Resonanz bedeutet die Wechselwirkung zweier schwingungsfähiger Systeme aufgrund der Übereinstimmung der Wellenlänge ihrer Frequenzen.
Bestimmte Glaubenssätze wie „ich bin nichts wert“, „ich kann das nicht“ oder innere Haltungen führen zu einer veränderten Schwingung im Organismus, die mit der zugeführten Schwingung reagieren. Ob allerdings gerade zu diesem Zeitpunkt auch genau die Essenz mit der zugehörigen Information auf den Patienten reagiert, wird mit verschiedenen Testverfahren untersucht, auf die aber im Detail nicht eingegangen werden soll. Aus diesem Grund sind kontrollierte Doppelblindstudien zu der Frage der Wirksamkeit einer Blüte, z. B. als Hilfe in einer Prüfungssituation, nicht möglich und können nur zu einem Ergebnis führen, das die Unwirksamkeit dieser Therapie konstatiert (Ernst 2000). Die Essenztherapie wird bei Störungen eingesetzt, bei denen Einstellungen, Glaubenssätze, Gedanken und innere Haltungen (= mentale Ebene) korrigiert werden sollen. Besprochen werden hier nur die geläufigsten Blütenessenzen.
Bachblüten
Bachblüten sind in Deutschland die bekanntesten Blütenessenzen. Der englische Arzt Edvard Bach, der 1936 starb, ordnete 38 verschiedenen Blüten entsprechenden seelischen Zuständen zu. Übersichtsarbeiten kommen zu dem Ergebnis, dass in den wenigen kontrollierten Studien kein Beleg für eine Placeboüberlegenheit erbracht werden konnte (Ernst 2002; Thaler et al. 2009). Als besonders wirksam wird die sog. Rescue-Mischung aus 5 Blüten propagiert, die als Notfalltherapie bei akuten Zuständen wie Panik o. ä. eingenommen wird (Bach 2000). Auch für diese Bachblütentherapie wurde jüngst in einer kontrollierten Studie bei „negativen Gemütszuständen“ hinsichtlich postulierter Anti-Stress-Effekte kein signifikanter Unterschied zu Placebo (Wasser) gefunden.
Kalifornische Blütenessenzen
Diese werden nach dem gleichen Prinzip verwendet wie die Bachblüten, konzentrieren sich aber mehr auf Einzelgefühle und Gefühlsthemen. In Deutschland verfügbar sind 35 verschieden Essenzen.
Australische Buschblüten
Hierfür werden Mentalanwendungen beschrieben mit Schlüsselworten zu positiven Eigenschaften und negativen Problembereichen, auch unterstützend zu bestimmten körperlichen Symptomen. Sie werden auch zur Unterstützung bestimmter Wirkungen von Akupunkturpunkten benutzt. Beschrieben sind 88 verschiedene Sorten (Barnao und Barnao 1998).
Spagyrische Essenzen
Diese werden gegärt und destilliert, anschließend verascht und als Tinktur aufbereitet. Hierdurch bleiben alle Mineralsalze der Pflanze in dem Destillat. Es gibt sowohl Einzel- als auch Komplexmittel. Die Indikationen sind in den Indikationsverzeichnissen der Hersteller enthalten (z. B. Staufen-Pharma) und meist organbezogen.

Einzelsubstanzen

Zu diesen zählen v. a.
  • Hypericum/Johanniskraut (Kap. Psychopharmakotherapie – Pharmakologische Grundlagen und Kap. Depression)
  • Kava-Kava
  • Omega-3-Fettsäuen (Kap. Psychopharmakotherapie – Pharmakologische Grundlagen und Kap. Depression)
  • Ginkgo biloba (Kap. Psychopharmakotherapie – Pharmakologische Grundlagen und Kap. Demenz)
  • Lavendelöl.
Es gibt weitere diverse Einzelpflanzen, denen eine psychotrope Wirkung zugeschrieben wird. Die antidepressive Therapie mit der Christrose, auch Nieswurz genannt, basiert auf der antiken Säftelehre, die psychische Erkrankungen durch einen Überschuss an schwarzer, bitterer Galle erklärt. Helleborin und Helleborein, die Inhaltsstoffe der Christrose, sind biochemisch gut beschrieben. Beide wirken in zu hoher Dosis stark giftig ähnlich wie Herzglykoside der Gattung Fingerhut. Angeblich wurde Herakles durch diese Pflanze von einem Wahnsinnsanfall geheilt.
Gewürzen wie Borretsch, bei dem man Saft aus Blättern und Blüten kocht, Gewürznelken, Portulak, Sege und Blam aus der Gruppe der Melisse, Thymian und Basilikum wird eine stimmungsaufhellende Wirkung zugeschrieben. Hildegard von Bingen gebrauchte Iriswurzelmischpulver, Aronstabwurzelwein und Balsam- und Fenchelkraut als Antimelancholica (Strehlow 2004). Wie die Heilpflanzen zubereitet werden ist in spezieller Fachliteratur beschrieben (z. B. Simonis 2001).
Eine andere Verwendung von Einzelsubstanzen findet sich im Gebrauch von sog. Entheogenen, psychoaktiven Substanzen, die in einem spirituellen oder schamanischen Ritual gebraucht werden. Sie sollen eine tief greifende seelische und körperliche Reinigung hervorrufen (Kuby 2006) oder helfen, aus der gewöhnlichen Realität mit den kulturbedingten Denkmustern auszusteigen (Villoldo 1986). Die bekanntesten sind Peyote, eine Kaktusart aus Mexiko und dem amerikanischen Südwesten mit dem Inhaltsstoff Mescalin, und Ayahuasca, eine in der Amazonasregion heimische Pflanze, die Psilocybin und das auf das Serotoninsystem wirkende 3,4-Methyldioxymetamphetamin (MDMA) enthält. Als Nebenwirkung von Psilocybin können Schwindel, Übelkeit und Erbrechen auftreten, hingegen sind schwere organische Schäden nicht bekannt.

Sonstige Verfahren

Aromatherapie

Die Aromatherapie ist eine sehr alte Heilweise, bei der für bestimmte Indikationen angegebene Öle in die Haut einmassiert werden, entweder auf dem Krankheitspunkt selbst oder auf dem zugehörigen Chakra (Energiezentrum). Bereits Hildegard von Bingen gebrauchte Brennnesselöl zum Einreiben auf Brust und Schläfen gegen Vergesslichkeit. So werden Grapefruchtöl und Zitronengras eingesetzt, um wieder Mut zu finden, „sich auf das Leben einzulassen“, die Immortelle und alle Kieferöle bei zu starker Gedankenaktivität. Zur Reinigung dienen Aromaöle wie z. B. Eukalyptus. Neben der dem einzelnen Öl zugeordneten Aktivität erfolgt eine Umstimmungstherapie, da Emotionen und Geruch eng miteinander verknüpft sind.

Edelsteintherapie

Edelsteinen wird aufgrund ihrer eigenen Gitterschwingung ein starker Einfluss auf das vegetative Nervensystem zugeschrieben, das mit der gleichen Stromstärke ihre Impulse zu den Organen sendet. Seit Hildegard von Bingen werden als Antimelancholica 9 Edelsteine beschrieben, mittlerweile stehen einige Bücher zur Verfügung, in denen bestimmten Steinen eine spezifische Wirkung zugeschrieben wird (Strehlow 2004). Bereits im Medizinrad der alten indianischen Kultur wird das Tragen mineralischer Totems, denen spezifische Eigenschaften zugeschrieben werden, empfohlen, um die feinstoffliche Energie zu unterstützen (Meadows 2006, 2009).

Farbtherapie

Der Ausgleich energetischer Schwächen durch Farbe ist eine Behandlung, die ebenfalls viele tausend Jahre alt ist und sich sowohl bei den Indern, in Griechenland, in Persien, China und Tibet wieder findet. Farben werden spezifische Wirkungen zugeschrieben, die therapeutisch eingesetzt werden. So soll z. B. die Farbe Rosa Zorn besänftigen, Gelb Lernbereitschaft und Gedächtnisleistung verbessern, Grün seelische Anspannung lösen. Hierzu wurden von Klinghardt spezielle Farbbrillen entwickelt, auch ein Farbtherapiegerät, das mittlerweile weiterentwickelt wurde zum „Photon Wave“ (Obendorfer 2005). Ähnlich wie bei der in der Psychiatrie angewendeten Lichttherapie schaut der Patient direkt in den Farbstrahl, wobei vorher untersucht wird, welche Farbe der Patient benötigt.

Klangtherapie

Sie bezeichnet eine Therapie wobei Klänge in unterschiedlicher Höhe und Frequenz eingesetzt werden, um die körpereigenen Schwingungen zu beeinflussen und Ruhe und Entspannung herbeizuführen. Insbesondere archaische Klanginstrumente wie Trommeln oder Rasseln, die in allen alten Kulturen bereits zur Heilung eingesetzt wurden, führen in einen sog. veränderten Wachbewusstseinszustand, der Erinnerungen an weit zurückliegende Ereignisse wecken kann. Auch traumatische Erfahrungen, die auf eine andere Art und Weise nicht mehr zugänglich waren, tauchen als Kopplung zwischen Klang und Emotion wieder auf und werden so einer Bearbeitung zugänglich gemacht. Die Vibration beeinflusst Herzschlag, Atmung und verlangsamt die Gehirntätigkeit. Eingesetzt werden Trommeln, Rasseln, Glockentöne, Gesänge, Gebete, Mantren und Klangschalen.
Die Klangtherapie wird auch teilweise in Verbindung mit körperlicher Bewegung eingesetzt, die Wirkung erfolgt dann über eine vermehrte Endorphinausschüttung.

Psychotherapeutische Verfahren

Mentale Techniken

Nach dem schon oben erwähnten Heisenberg-Gesetz besteht der Organismus aus Teilchen und somit auch aus Schwingungen, der mit anderen Schwingungen reagiert. Auch Gedanken können eine Änderung der Schwingung verursachen. Die Wirkung des Placeboeffekts ist Folge einer mental verursachten Beeinflussung des Organismus. So wie der Placeboeffekt die Macht der positiven Überzeugungen ausdrückt, verursacht der „Noceboeffekt“ das Gleiche mit umgekehrtem Vorzeichen. Worte und Haltung des Therapeuten können im Patienten Hoffnungslosigkeit auslösen und einen ungünstigen Ausgang einer Erkrankung provozieren.
Die mentalen Techniken arbeiten mit dem Bewusstsein, das auch das Unbewusste mit beeinflussen kann durch den Einsatz positiver Gedanken. Umgekehrt ist das Unbewusste ein Speicher instinktiver und erlernter Verhaltensweisen, die durch entsprechende Reize abgerufen werden und danach erst ins Bewusstsein gelangen können.

Psychokinesiologie

Kinesiologie ist die Lehre von der Bewegung und bezeichnet ein Informationssystem, das innere Vorgänge nach außen in Muskelbewegungen umsetzt. Wie oben erläutert, reagiert der Organismus auf Gedanken, was als entsprechende Muskelreaktion abrufbar wird.
Die Psychokinesiologie beruht auf folgenden Grundannahmen (Klinghardt 2005): Im Menschen gibt es viele ungelöste Konflikte, die potenziell auch körperliche Erkrankungen auslösen und im Unbewussten gespeichert sind. Der Konfliktinhalt bestimmt später den Ort und die Art der Erkrankung, während die Schwere des Traumas und sein Zeitpunkt im Leben die Schwere der Erkrankung bedingen. Heilung wird erreicht, wenn sich der Patient an den Konfliktinhalt erinnert, der ins Unbewusste verdrängt wurde. Dadurch wird der Konflikt von dem Neuronensystem entkoppelt. Die Arbeit mit dem Unbewussten, die unabdingbar ist für den Heilungserfolg, führt dazu, dass die zur Zeit des Ursprungstraumas verinnerlichten einschränkenden Glaubenssätze ausgelöscht werden.
Variationen der Psychokinesiologie sind die Biofeedback-Psychotherapie und EMDR (Eye Movement Desensitiation and Reprocessing; Obendorfer 2005). Das limbisch-hypothalamische System spielt eine wichtige Rolle bei allen Emotionen, die als elektrische Energie im Gehirn starten und sich von dort über den ganzen Körper ausbreiten mit entsprechender Veränderung des Vegetativums, der Muskelspannung u. a. Kinesiologisch wird untersucht auf welche unbewussten Konflikte eine veränderte Muskelspannung durch den Patienten erzeugt wird. Hierdurch wird dieser Konflikt zunächst bewusst gemacht. Um den Konflikt von dem vegetativen Nervensystem zu entkoppeln, wird die Klopfakupressurtechnik verwendet, in der sog. dekonditionierende Glaubenssätze bewusst wiederholt werden, während bestimmte Akupunkturpunkte mit rhythmischen Bewegungen massiert werden. Gleichzeitig wird versucht, sich so präzise wie möglich an die Begleitumstände des Konflikterlebnisses zu erinnern.
Die Psychokinesiologie wird als eigenständige Therapieform angesehen, die die klassische Psychotherapie nicht ersetzt.

Reinkarnationspsychotherapie

Diese Form der Psychotherapie geht davon aus, dass man alle Verhaltensmuster und „Lebensprogramme“ auf allen Ebenen wieder findet (Mehringer-Sell 1997). Psychisch blockierende und hemmende Postulate, die mit bestimmten Bildern aus dem Unbewussten einhergehen, lassen sich oft nicht erklären und entsprechen neuronalen Fehlschaltungen mit Konditionierung und Aktivierung bestimmter Prozesse im limbischen System. Diese nicht erklärbaren Engramme werden in dieser Form der Psychotherapie auf Erfahrungen und Fehlkonditionierungen aus früheren Leben zurückgeführt.
Im Rahmen ihrer therapeutischen Arbeit mit dem Unbewussten stießen verschiedene Ärzte und Psychologen wie Thorwald Detlevsen, Denys Kelsey u. a. – die meisten aus den Schulen von Adler und Jung – bei ihrer therapeutischen Arbeit mit dem Unbewussten auf Bilder, die sie auf Themen aus früheren Zeiten zurückführten. Aus dem Bemühen, verschiedene Schulen zusammenzuführen und ein einheitliches Behandlungskonzept zu entwickeln, schlossen sich verschiedene Wissenschaftler in den USA in der „Association for Past-Life Research and Therapies“ zusammen. In Europa entwickelte sich das größte Trainingsinstitut der Stiftung für die Entwicklung der Reinkarnationspsychotherapie in den Niederlanden (Mehringer-Sell 1997).
Man versucht mit Hilfe spezieller Fragetechniken und Bildermalen die blockierenden und hemmenden Postulate aufzuspüren, sie bewusst zu machen, sie auf der mentalen, emotionalen und somatischen Ebene wieder erleben zu lassen, sie durchzuarbeiten und aufzulösen oder kreativ zu nutzen und zu integrieren. Insbesondere Kinder sollen dieser Form der Behandlung sehr zugänglich sein, da Erwachsene es schwerer haben, an Gedanken und Bilder aus dem Unbewussten zu glauben. Die Ausbildung ist nicht geschützt, zu ihr haben auch Nichtpsychotherapeuten Zugang weshalb die Qualifikation des Behandlers kritisch hinterfragt und auch die psychotherapeutische Weiterbetreuung gewährleistet sein sollte, bis sich die relevanten Konflikte gelöst haben.

Silva-Mind-Methode

1966 stellte Jose Silva seine Methode erstmals in den USA vor, in Deutschland werden seit 1976 Seminare angeboten. Das Prinzip ist es, zunächst mit Hilfe bestimmter Zähl- und Atemtechniken einen Entspannungszustand im α-Bereich der EEG-Wellen zu erzeugen – wobei die Entspannung sehr schnell später auch ohne diese Techniken herbeigeführt werden kann – und ein Wohlgefühl zu erreichen. In diesem Zustand wird die sog. Dreifingermethode benutzt um bestimmte gewünschte Vorstellungen zu visualisieren, diese werden in das Unbewusste „einprogrammiert“, um alte Fehlprogrammierungen auszulöschen (Silva und Goldman 1988). Insbesondere wird das Bewusstsein geschärft, wie positive Gedanken heilen und negative zerstören können. In den Seminaren werden ebenfalls Übungen durchgeführt u. a. zur Schmerzkontrolle und zur Lernkontrolle über das Training ungewohnter neuronaler Verschaltungen. Es werden Anleitungen mitgegeben, mit denen der Seminarteilnehmer in der Lage ist, die gelernten Übungen weiterzuführen und zu intensivieren, was insbesondere bei der Lösung von Suchtproblemen sinnvoll ist.

Selbstheilungsprozesse

Seit 2005 gibt es in Deutschland die von Clemens Kuby gegründete Europäische Akademie für Selbstheilungsprozesse (SHP). Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Selbstheilungsprozesse nichtmedizinischer Heilmethoden zum Zwecke von Forschung, Bildung und Anwendung zu dokumentieren und publizieren. Man geht davon aus, dass der Mensch ein rein geistiges Wesen ist mit der Fähigkeit, sich grundsätzlich selbst zu heilen. Der Glauben an sich selbst und Selbstvertrauen wie auch die Selbstverantwortung werden in den Vordergrund gestellt. Die Akademie arbeitet mit Hilfe verschiedener Techniken wie dem Singen von Mantren, insbesondere auch dem „Seelenschreiben“, wo unbewusste problembeladene Inhalte über ein „nichtbewusstes“ Schreiben bewusst gemacht und über ein „Geschichte umschreiben“ transformiert werden. Der bekannte Dokumentarfilmer Clemens Kuby, dessen Werke mehrfach ausgezeichnet wurden, hat diese Methode entwickelt, nachdem er selbst nach einem Unfall querschnittsgelähmt war und mit Hilfe mentaler Techniken wieder laufen lernte (Kuby 2006). Wie populär das Thema „Selbstheilung“ ist, zeigen mehr als 100.000 seiner verkauften Bücher allein bis 2008.

Rebirthing und andere Atemtherapien

Die Methode des Rebirthing wurde vor ca. 30 Jahren durch Leonard Orr entwickelt und ist mittlerweile sehr weit verbreitet. Sie basiert auf der Erfahrung, dass bewusstes, kontrolliertes Atmen eingesetzt werden kann, um die geistigen und körperlichen Kräfte zu stärken (Orr und Halbig 1996). Die Hypothese bei dieser Behandlung ist, dass ein kreisförmiges Atmen (Ein- und Ausatmen ohne Pause) in vollkommener Entspannung blockierten Erinnerungen ermöglicht, wieder an die Oberfläche zu kommen. Diese Blockaden sollen dann mit dem Bewusstsein verarbeitet und anschließend integriert werden. Die Behandlung eignet sich in erster Linie für „relativ gesunde“ Menschen, die ihre Vergangenheit klären wollen. Problematisch ist, dass es keine einheitliche Ausbildung für Rebirther-Therapeuten und keine staatlich anerkannte Bezeichnung gibt. Es ist umstritten, ob tatsächlich alte Traumata wieder erlebt werden oder ob es durch die Hyperventilation induzierte Halluzinationen sind. Oft fehlende psychologische Kenntnisse der Therapeuten ermöglichen nicht eine ausreichende Beurteilung einer relativen Stabilität der Klienten vor der Therapie, auch nicht eine suffiziente psychotherapeutische Begleitung bei der Verarbeitung unbewältigter Traumata.
Die Rebirther-Therapie ist nicht zu verwechseln mit der Therapie des „erfahrbaren Atems“, bei der bewusst geatmet wird in Verbindung mit Bewegung, Druckpunktearbeit und der Ausbildung von Vokalen (Bothe et al. 2000). Bei dieser Therapie geht es eher um das Erleben einer anderen körperlichen Befindlichkeit unter dem Einfluss bewussten Atems.
Nach Obendorfer gibt es eine Reihe anderer Atemtherapien z. B. die von JeruKabbal, die Atemmeditation des „Quantum Light Breath“, die Yoga-Atmung, die Atemtherapie nach Prof. Ilse Middendorf u. a. Grundlage ist die Annahme, dass mit dem Atmen das eigene Energiefeld erweitert wird. Unterdrückte Gefühle bedingen eine flache Atmung. Im Yoga wird der Atem bewusst unter Kontrolle gebracht und mit Konzentration in bestimmte Körperteile geleitet. Da das Atmen immer im Hier und Jetzt geschieht, verbindet bewusstes Atmen mit der Gegenwart. Durch das tiefe und volle Atmen sollen unterdrückte Gefühle und Erinnerungen aus dem Unbewussten freigesetzt werden, wobei der Patient mit therapeutischer Unterstützung diese Gefühle loslassen und sich von alten Belastungen lösen kann.

Familienaufstellung

Seit 10 Jahren zunehmend in Mode gekommen ist die Familienaufstellung nach Hellinger. Hier handelt es sich um ein systemisches familientherapeutisch anmutendes Verfahren, das in einer Gruppe durchgeführt wird. Der Einzelne wird verstanden als ein familiengeprägtes Wesen, dessen Entwicklungs- und Handlungsgeschichten durch die Familiengeschichte auch der früheren Generationen mitbestimmt werden. Aus der Gruppe wählt der Klient aus den Anwesenden Stellvertreter für sich und seine Familienangehörigen und stellt diese so im Raum auf, wie die Familienstrukturen nach seinem Empfinden beschaffen sind. Die Stellvertreter der einzelnen Familienmitglieder werden z. B. nach ihren Gefühlen befragt, z. B. was ihnen Angst macht. Hellinger geht davon aus, dass das Unbewusste jeder Person Zugang hat zu dem sog. wissenden Feld, weshalb die „Stellvertreter“ der Familie in der Art und Weise in der Gruppe reagieren, und diese Reaktion wird als wahr angenommen (Obendorfer 2005).
Bei Familienaufstellungen handelt es sich oft um Großveranstaltungen, in denen gruppendynamische Mechanismen wie das Resonanzphänomen, Rollenerwartungen und Spannungssituationen auftreten, die vom Aufsteller auch zu Suggestionen genutzt werden. In Schnellseminaren werden häufig nicht qualifizierte „Therapeuten“ in die Methode eingeführt, die die Klienten nach solchen Sitzungen nicht betreuen können. Da die Methode deshalb potenziell destruktiv ist, beurteilt die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) diese in ihrer Stellungnahme vom 7.12.2005 als „ethisch nicht vertretbar“ und „gefährlich für die Betroffenen“.

Homöopathie

„Kann Homöopathie nicht wirken, weil in den Tropfen und Kügelchen nichts drin ist“ – so wie der Einfluss der Eltern auf die Psyche ihrer Kinder verschwindet, wenn sie nicht mehr anwesend sind?
Wie kann es sein, dass Verdünnungen weit jenseits der Loschschmidt-Konstante (10−23), wie sie in der Homöopathie Verwendung finden, eine medikamentöse Wirkung haben bei so gravierenden Erkrankungen wie Depressionen, Psychosen oder Angst-Zwangs-Erkrankungen? Welches Prinzip steckt hinter dieser Wirkung?

Homöopathisches Prinzip

Die homöopathische Heilmethode beruht auf dem Ähnlichkeitsprinzip (griech. „homoiospathos“ = ähnliches Leiden), dessen theoretische und praktische Aspekte im Folgenden erläutert werden (Übersicht: Appell 1993).
Die homöopathische Heilmethode wurde von dem deutschen Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann systematisch erforscht und entwickelt. Hahnemann wurde 1755 in Meißen geboren und starb 1843 in Paris. Er war ein Zeitgenosse Kants, Hegels und Goethes und erlebte die Deutsche Klassik sowie die Französische Revolution.
Hahnemann studierte zunächst Medizin und Pharmazie. Der Ursprung der Homöopathie wird bis heute in Hahnemanns berühmtem Chinarinden-Versuch aus dem Jahr 1790 gesehen. Zu dieser Zeit war in der Medizin noch völlig unklar, warum bestimmte Arzneimittel einen heilenden Einfluss auf bestimmte Erkrankungen haben. Anlässlich der Übersetzung der MateriaMedica des schottischen Arztes William Cullen (Atreatise of the Materiamedica 1789) wurde Hahnemann auf dessen Erklärung zum Wirkmechanismus der Chinarinde bei Malaria aufmerksam. Cullen postulierte, dass die adstringierende (bittere) Wirkung der Chinarinde für deren Heilwirkung verantwortlich sei. Hahnemann hatte Zweifel an dieser Aussage und nahm selbst einige Gran (1 Gran entspricht ca. 60 mg) Chinarinde zu sich. Schon nach wenigen Stunden bekam er drückende Kopfschmerzen, Fieberschübe, Schüttelfrost mit ausgeprägtem Schwitzen, eine deutliche Erschöpfung und Schwäche. Die Symptomatik des Wechselfiebers (= Malaria) ließ sich durch jede weitere Einnahme der Chinarinde erneut provozieren.
Aus dieser Beobachtung folgerte Hahnemann, dass die Wirksamkeit von Chinarinde (Chinin) bei Malaria nicht in den Bitterstoffen der Rinde begründet ist, sondern in der Fähigkeit der Chinarinde, malariaähnliche Symptome beim Gesunden zu provozieren.
Hahnemann führte jahrelang ausführliche Prüfungen von Arzneisubstanzen an Gesunden und therapeutische Versuche bei Kranken durch, bevor er 1796 das fundamentale homöopathische Prinzip formulierte: „Similiasimilibuscurentur“ – Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden.
Hahnemann postulierte, dass die Symptome, die in der homöopathischen Arzneimittelprüfung (Prüfung eines potenzierten Arzneimittels am Gesunden) auftreten, gleichzeitig die Indikation für dieses Medikament beim Kranken darstellen: Wenn also der Kranke unter ähnlichen individuellen Symptomen leidet, wie sie bei der Arzneimittelprüfung am Gesunden aufgetreten sind, wird ihn dieses Arzneimittel heilen.
Das homöopathische Prinzip ist durch Anwendung am gesunden Menschen durch genaueste Beobachtung und Darlegung der bei den Arzneimittelprüfungen beobachteten Zeichen gekennzeichnet. Dieses Ähnlichkeitsprinzip zwischen Zeichen und den Symptomen des Patienten ermöglicht einen wissenschaftlichen Vergleich und damit die Verabreichung des für den Patienten geeigneten und diagnosebestimmenden Arzneimittels.
Hahnemann entwickelte außerdem eine neue Interpretation des Krankheitsbegriffs. Krankheit sah er als eine individuelle, den ganzen Körper betreffende Störung (Verstimmung) der Lebenskraft an – im Gegensatz zum schulmedizinischen Verständnis von Krankheit als medizinische Diagnose. Die Diagnose selbst ist auch für den homöopathischen Arzt wichtig, insbesondere zur Verständigung zwischen einzelnen Fachkollegen und zur Einschätzung der Prognose, nicht aber zur Bestimmung des individuellen Heilmittels.
Die Krankheit im homöopathischen Sinn ist nach Hahnemann für den Arzt nicht direkt erfassbar und durch keine noch so komplizierte medizinische Theorie erklärbar. Sie zeigt sich ausschließlich – in moderner Terminologie – „phänomenologisch“ (Heidegger 1979) in den individuellen Symptomen (Zufällen), die die Verstimmung der Lebenskraft repräsentieren.
Anders formuliert: Die realen Krankheitssymptome des Patienten sind sowohl ein symbolischer Hinweis auf die Verstimmung der postulierten (imaginären) Lebenskraft als auch ein Hinweis auf das reale Heilmittel (vgl. die Unterteilung Lacans aus der Psychoanalyse in real, symbolisch und imaginär; Fink 2009).
Da sich verschiedene Patienten mit der jeweils gleichen Diagnose in ihrer individuellen Symptomatik unterscheiden und auch die verschiedenen, geprüften homöopathischen Arzneimittel (Ausgangssubstanzen: Mineralien, Tiergifte, Pflanzen, Schwermetalle, Krankheitserreger) unterschiedliche Symptombilder haben, verabreicht der seriös arbeitende Homöopath seinem Patienten jeweils nur ein einziges homöopathisches Heilmittel in jeweils nur einer definierten Potenzstufe (D12, Q1, C200, LM etc.; Geißler und Quak 2009).
Mischungen homöopathischer Arzneimittel (sog. Komplexmittel) werden bzw. sollten in der klassischen Homöopathie nie verschrieben werden, da Komplexmittel in ihrer Wirkung beim Gesunden nicht geprüft sind und deshalb auch keine sichere Indikation im Rahmen der homöopathischen Krankheitsbehandlung haben können.

Studienlage

Naturwissenschaftlich-kritische Untersuchungen über die Wirksamkeit von Homöopathie waren bisher nicht immer erfolgreich. Davenas et al. konnten 1988 eine Wirkung von hochverdünntem Antiserum auf menschliche Blutzellen nachweisen. Louis Rey (2003) zeigte biophysikochemische Auswirkungen von homöopathisch hergestellten Hochpotenzen im Thermoluminiszenzverfahren. Beide Studien werden kontrovers diskutiert. Die Reproduzierbarkeit der Homöopathie wurde von Reilly et al. (1994) in Frage gestellt. Den Untersuchungen ist gemeinsam, dass zwar die Wirkung bzw. der Einfluss von homöopathischen Hochpotenzen demonstriert werden konnte, nicht aber die Wirksamkeit von homöopathischen Medikamenten am einzelnen Patienten. Studien bzw. Übersichtsarbeiten (Homöopathie bei Depressionen und Angststörungen, Pilkington et al. 2005, 2006; Bonne et al. 2003) beschreiben zwar deutlich signifikant positive Effekte homöopathischer Arzneien bei bestimmten Symptomen, die Ergebnisse der homöopathischen Behandlung unterscheiden sich jedoch nicht signifikant von denen der Placebokontrollgruppen (Shang et al. 2005).
Macias-Cortès et al. (2015) fanden eine signifikante Besserung durch eine homöopathische Behandlung und Fluoxetin im Vergleich zu Placebo bei peri- und postmenopausalen Depressionen. Die homöopathische Behandlung besserte sogar im Gegensatz zu Fluoxetin signifikant im Green Climacteric Scale. Peckham et al. (2013) beschrieben ebenfalls eine Besserung durch eine homöopathische Behandlung bei Colon irritabile im Vergleich zu Placebo, allerdings nicht signifikant. Sowohl Davidson et al. (2011) als auch die sehr ausführliche Metaanalyse von Mathie et al. (2014) konnten zwar eine kleine spezifische Wirkung einer individuellen homöopathischen Behandlung nicht ausschließen, allerdings wurde wie so häufig die Qualität der untersuchten Studien in Frage gestellt.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die homöopathische Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen im Sinne der evidenzbasierten Medizin fragwürdig ist. Aber da bei jedem einzelnen Patienten das individuelle Heilmittel nach dem Ähnlichkeitsprinzip gefunden werden muss und da die Homöopathie über ca. 1500 verschiedene geprüfte Arzneimittel verfügt, von denen jedes potenziell bei jedem Krankheitsbild als Heilmittel infrage kommt, wird bei Doppelblindstudien eher die Qualität des einzelnen Homöopathen als die potenzielle Wirksamkeit der Homöopathie auf die Probe gestellt. Individuelle Fallverläufe bzw. plausible Kasuistiken, deren Darstellung den Rahmen dieses Beitrags allerdings übersteigen, wären die geeignete Methode, um eine positive Wirkung homöopathischer Medikamente auf psychiatrische Krankheitsbilder zu zeigen. Dies würde dem phänomenologischen Ansatz der Homöopathie besser entsprechen (vgl. z. B. Büttner 1990, 1991).
Nach Meinung des Autors sind in erster Linie chaostheoretische Überlegungen hilfreich, um eine mögliche Wirksamkeit von homöopathischen Hochpotenzen mathematisch zu erklären (Hock und Garner 1992). Überlegungen dieser Art waren in den 1980er- und 1990er-Jahren sehr aktuell und viel diskutiert (z. B. Peitgen und Richter 1986; Bolz 1992), werden jedoch in der aktuellen Naturwissenschaft bzw. Medizin viel zu wenig berücksichtigt, obwohl die Unvorhersehbarkeit biologischer Vorgänge bei den meisten Krankheitsbildern evident ist und dem Modell einer EbM mehr entsprechen würde als der positivistische Ansatz.

Homöopathie und Psychiatrie

Hahnemann (1842, 20036) schreibt zum Thema „Geistes und Gemütskrankheiten“ in seinem Hauptwerk Organon der Heilkunst (§ 210):
Die Geistes- und Gemütskrankheiten sind keine von den übrigen scharf getrennte Klasse [d. h. keine außergewöhnliche Art, Anmerkung des Autors] von Krankheiten. Auch bei jeder der übrigen sog. Körperkrankheiten ist die Gemüts- und Geistesverfassung immer verändert. Der Gemütszustand des Kranken ist in allen zu heilenden Krankheitsfällen als eines der wichtigsten Symptome mit in den Inbegriff der Symptome aufzunehmen, wenn man ein treues Bild der Krankheit zeichnen will, um sie hiernach mit Erfolg homöopathisch zu heilen (S. 162).
In § 215 führt er weiter aus:
Fast alle sogenannten Geistes- und Gemütskrankheiten sind Körperkrankheiten, bei denen sich unter Verminderung der Körpersymptome das Symptom der Geistes- und Gemütsverstimmung […] erhöht und sich endlich bis zur auffallendsten Einseitigkeit, fast wie ein Lokalübel, in die unsichtbar feinen Geistes- oder Gemütsorgane versetzt (S. 164).
Hahnemann beschreibt also ein eher biologisches Modell der psychiatrischen Erkrankungen. Sie sind für ihn in erster Linie Körperkrankheiten mit Sitz im Gehirn, die sich in ihrer Behandlungsweise nicht wesentlich von anderen Körperkrankheiten unterscheiden. Dabei geht er davon aus, dass die eigentliche Ursache, ganz im Sinne des phänomenologischen Krankheitsbegriffs der Homöopathie (Abschn. 2.1), nicht gefunden werden kann.
Die Krankheit, welche die Verstimmung der Lebenskraft repräsentiert (Abschn. 2.1), zeigt sich in ihren individuellen Symptomen. Die Diagnose spielt bei der Findung des Heilmittels eine untergeordnete Rolle. Geistes- und Gemütskrankheiten sind jedoch nach homöopathischem Verständnis sehr schwere Krankheiten mit unsicherer Prognose und oft chronischem Verlauf. Die klügste Ausarbeitung sowohl der psychiatrischen Theorie als auch der homöopathischen Therapie der Geisteskrankheiten findet sich immer noch bei Jahr (1854, 1986).

Wahl des homöopathischen Arzneimittels bei psychiatrischen Erkrankungen

Das Auffinden des richtigen homöopathischen Heilmittels wird dadurch erleichtert, dass die Symptome, die am Patienten zu beobachten sind, in 3 Gruppen eingeteilt werden. Vorrangig zu berücksichtigen sind stets die besonders auffälligen, sonderlichen, charakteristischen und „eigenheitlichen“ Symptome (Organon der Heilkunst, § 153), die den Patienten von anderen Kranken mit derselben Diagnose unterscheiden.
Pathognomonische Symptome
Zu den pathognomonischen Symptomen bei Depressionen zählen z. B. Schlafstörungen, Ängste, Antriebsmangel und Freudlosigkeit. Es wird weiter differenziert, indem z. B. eruiert wird, ob ein Patient schon um 2 Uhr oder erst um 4 Uhr wach wird, ob er eher Angst vor dem Alleinsein hat oder sich vollständig von der Welt zurückzieht, ob er mehr Angst vor dem Tod, vor Verarmung oder einer drohenden Krankheit hat. Bei Psychosen wird unterschieden, ob sich der Patient verfolgt fühlt, ob er sich für den Teufel oder den Erlöser hält, ob er submutistisch und kataton im Bett liegt oder antriebsgesteigert, ruhelos und sprunghaft unsinnige Handlungen durchführt.
Geistes- und Gemütssymptome
Für die Arzneifindung ist es außerdem wichtig zu wissen, inwieweit sich durchgängige Charakterzüge des Patienten im Rahmen der psychiatrischen Erkrankung erhalten haben. Dabei handelt es sich um sonstige Geistes- und Gemütssymptome wie schon zuvor bestehende Ängste (z. B. Höhenangst oder Dunkelangst, ein eher aufbrausender oder milder Charakter), also um Symptome, die häufig durch eine ausführliche Fremdanamnese (vgl. Organon der Heilkunst, § 220) exploriert werden müssen.
Allgemeinsymptome
Eine wichtige Rolle bei der Arzneimittelwahl spielen schließlich die Allgemein- bzw. Körpersymptome wie z. B. Vorlieben und Abneigungen in Bezug auf bestimmte Speisen, Hitze- oder Kälteunverträglichkeit sowiefrühere Körperkrankheiten wie Hauterkrankungen, Magen-Darm-Störungen oder Infektneigungen (z. B. Sinusitiden, Tonsillitiden, Urogenitalerkrankungen).
Auch familiäre Prädispositionen können bei der Arzneiwahl eine wichtige Rolle spielen. Dazu zählen v. a. Krebserkrankungen, Tuberkulose, Suchterkrankungen und psychiatrische Erkrankungen.
Naturwissenschaftliche Ursachen als kausal verantwortliche Auslöser psychiatrischer Erkrankungen im Sinne biochemischer Veränderungen auf der Neurotransmitterebene haben ohne Zweifel pathogenetische Bedeutung, sind in der homöopathischen Fallanalyse aber nicht relevant. Allerdings werden häufig belastende Lebensereignisse (Life Events) aus der Anamnese zur Wahl des homöopathischen Heilmittels herangezogen, z. B. der Tod eines nahen Angehörigen, gescheiterte Partnerbeziehungen oder berufliche Überforderung. Mithilfe homöopathischer Symptomenverzeichnisse, sog. Repertorien in Buchform oder als Computerprogramm, wird das passende Arzneimittel herausgesucht (z. B. Zandvoort 1996). Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen wird ein homöopathisches Heilmittel bestimmt, das möglichst alle Aspekte des vorliegenden Krankheitsbildes in seinem Arzneimittelbild symbolisch repräsentiert. Dieses Arzneimittel wird dem Patienten dann in Form von homöopathisch potenzierten Globuli (Arzneikügelchen) oder als Dilution verabreicht.
Gerade bei psychiatrischen Erkrankungen mit häufig wenigen, dafür aber sehr gravierenden Symptomen gestaltet sich die homöopathische Arzneiwahl oft schwierig. Deshalb sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche homöopathische Behandlung psychiatrischer Krankheitsbilder eine psychiatrische Ausbildung und ausreichend praktische Erfahrung im Umgang mit psychiatrisch erkrankten Patienten.

Dosierung homöopathischer Medikamente bei psychisch kranken Patienten

Gemäß den Dosierungsrichtlinien der klassischen Homöopathie finden auch bei der Behandlung von psychisch erkrankten Patienten hauptsächlich homöopathische Hochpotenzen (Verdünnungsverhältnis 1/100 = C-Potenzen, Verdünnungsverhältnis 1/50.000 = Q- bzw. LM-Potenzen) Verwendung. Die C-Potenzen werden dabei als Einzelgaben verabreicht, meist C200, C1000 oder C10.000. Nach der Verabreichung wird den C-Potenzen je nach medizinischer Sachlage eine entsprechende Wirkzeit gewährt (meist Tage bis Wochen). Sie werden üblicherweise nicht routinemäßig wiederholt. Im Gegensatz dazu können die Arzneimittelgaben – in der Regel als Dilution, Q-bzw. LM-Potenzen – regelmäßig (z. B. 1-mal bis mehrmals täglich) in ansteigenden Potenzreihen (Q3, Q5, Q7 usw. oder LM12, LM16, LM18 usw.) über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. Niedrige C-oder D-Potenzen (z. B. D6, D12, C12) können ergänzend zu den Hochpotenzen eingesetzt werden, wirken jedoch häufig nicht tief, sodass bei alleiniger Therapie mit niedrigen Potenzen nicht mit einer substanziellen Heilwirkung zu rechnen ist.

Homöopathie und Psychopharmaka

Bei der homöopathischen Behandlung von psychiatrischen Krankheitsbildern ist eine ausreichende Erfahrung des Arztes im Umgang mit Psychopharmaka unverzichtbar. Es ist nicht geboten bzw. sogar unsinnig, auf die notwendige Gabe von Psychopharmaka zu verzichten. Es erscheint im Gegenteil wesentlich sinnvoller, die verschiedenen Behandlungskonzepte zum größtmöglichen Nutzen des Patienten zu verbinden.
Die 20-jährige praktische Erfahrung des Autors in der homöopathischen Behandlung von Geistes- und Gemütskrankheiten hat gezeigt, dass Psychopharmaka eine sinnvolle Ergänzung der homöopathischen Behandlung sind und die homöopathische Mittelwirkung selten bis nie beeinträchtigen oder gar blockieren. Die Wirkung sowohl von Psychopharmaka als auch von homöopathischen Arzneimitteln ist beim einzelnen Patienten nicht vorhersehbar (mögliche Gründe: Nichtansprechen des Patienten auf den Wirkstoff, gravierende Nebenwirkungen von Psychopharmaka oder Wahl des falschen homöopathischen Heilmittels). Es empfiehlt sich, mit der zusätzlichen Medikation von Psychopharmaka nicht zu lange zu warten, um dem Patienten unnötiges Leiden zu ersparen.
Bei richtiger Wahl des homöopathischen Heilmittels und guter Mittelwirkung kann mittelfristig auf die zusätzliche Gabe von Antidepressiva und Anxiolytika allerdings meist verzichtet werden, während das vollständige Absetzen von Neuroleptika häufig wesentlich gefährlicher bzw. unmöglich ist.
Selbstverständlich ist bei schweren Verläufen eine stationäre Therapie sinnvoll bzw. notwendig, was auch schon Hahnemann (1842, 20036) befürwortete und damit seiner Zeit weit voraus war:
Die Heilung Wahnsinniger, Wütender und Melancholischer lässt sich nur in einer eigens dazu eingerichteten Anstalt bewerkstelligen. Nicht im Kreise der Familie des Kranken (§ 229, S. 169).

Homöopathie und Psychotherapie

Unabhängig vom Krankheitskonzept (Neurotransmitterstörung vs. Verstimmung der Lebenskraft) besteht bei der homöopathischen Behandlung von „Geistes- und Gemütskrankheiten“ häufig die Indikation für eine begleitende psychotherapeutische Behandlung. Für die psychotherapeutische Intervention gelten die gleichen Kriterien wie für die allopathische Therapie psychiatrischer Erkrankungen (s. dazu die entsprechenden Kapitel). Viele psychisch Kranke benötigen eine zusätzliche psychotherapeutische Intervention als fundierte Hilfestellung, da sie andernfalls mit den Auswirkungen der Erkrankung auf ihr Lebenskonzept alleingelassen werden. Die Einsamkeit ist bekanntlich eine der häufigsten Sekundärerscheinungen bei psychiatrischen Erkrankungen. Heilungshindernisse wie ungesunde Lebensführung, schwierige Partnerschafts- oder Familienkonstellationen, Überforderung im Beruf etc. müssen analytisch aufdeckend oder begleitend psychotherapeutisch angegangen werden, auch wenn die Bearbeitung oder sogar Lösung dieser Umstände die Krankheit häufig nicht heilt.
In der Praxis hat sich die Zusammenarbeit zwischen Psychiatern, Homöopathen und Psychotherapeuten als sinnvoll erwiesen, da der gegenseitige, offene Austausch zu Synergieeffekten zum Wohle des Patienten führt.

Möglichkeiten der homöopathischen Heilmethode

Notwendige Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche homöopathische Behandlung von psychiatrisch erkrankten Patienten ist die ausreichende Fachkenntnis des behandelnden Arztes. Außerdem ist von Seiten des Patienten eine gewisse Krankheitseinsicht im symptomenfreien Intervall bzw. in der postremissiven Phase erforderlich. Bei der Therapie akut psychotischer Patienten spielt – ebenso wie bei Patienten ohne akut psychotische Symptome – darüber hinaus die Unterstützung bzw. Toleranz der nächsten Angehörigen eine entscheidende Rolle für den Therapieerfolg.
Erfahrungsgemäß können alle psychiatrischen Erkrankungen, die im ICD-10 beschrieben sind, entweder ausschließlich oder begleitend homöopathisch behandelt werden. Es gibt kein diagnostisches Ausschlusskriterium. Die detaillierte Schilderung der homöopathischen Behandlung spezifischer psychiatrischer Krankheitsbilder ist im Rahmen dieses Beitrags jedoch nicht möglich.
Die Praxis zeigt, dass mit der homöopathischen Heilmethode vielen Patienten grundlegend geholfen werden kann, die sich gegenüber den üblichen psychopharmakologischen Medikamenten als therapieresistent erwiesen haben.

Akupunktur in Psychosomatik und Psychiatrie

Beispiel
Eine Patientin wacht nachts mit Herzrasen, Hitze im Brustkorb und einem Globusgefühl im Verbund mit unfokussierter Angst auf. Am selben Morgen konsultiert sie ihren Hausarzt. Nach der üblichen internistischen Abklärung, in der sich keine pathologischen Organparameter zeigen, diagnostiziert er eine Panikstörung. Auf die Frage der Patientin, was er ihr gegen die Angst verschreiben könne, antwortet er: „Ich werde ihnen keine Medikamente geben, ich werde Sie akupunktieren. Mit angstlösenden Medikamenten würde es Ihnen schnell besser gehen, dafür hält die Störung aber länger an. Wenn Sie sich auf meinen Therapievorschlag einlassen, werden die nächsten Wochen für Sie nicht einfach sein. Vielleicht haben Sie gar das Gefühl, dass Sie durch die Hölle gehen. Falls Sie der Verzweiflung nahe sind, rufen Sie mich bitte an. Sie können dann herkommen, ich werde Sie akupunktieren, und Sie können im Therapieraum so lange liegen, bis Sie angstfrei nach Hause gehen können. Bald werden Sie spüren, dass die körperlichen Zeichen Ihnen weniger oder gar keine Angst mehr einflößen. Dann geht es Ihnen Schritt für Schritt besser.“
Der Hausarzt akupunktiert die Patientin1- bis 2-mal pro Woche. Darüberhinaus verweist er sie zu einem nahegelegenen psychosozialen Zentrum, das ebenfalls 2 Mal pro Woche NADA-Akupunktur anbietet. Durch wiederholte Nadelungen von Loki auf dem Schädel (LG 20, Ex-KH 1), der Herz- und Perikardleitbahn (He 7, Pe 6) sowie dem zentralen Ort des Engegefühls auf dem Sternum (KG 17), auch in Kombination mit der in Frankreich in den 1950er-Jahren entwickelten Ohrakupunktur (Nogier 1957) kommt es graduell zu einem Abklingen dieser somatischen und vegetativen Zeichen. Als wegweisender Effekt stellt sich nach ca. 3 Wochen eine Entkoppelung der somatischen und vegetativen Zeichen mit ihrem emotionellen Inhalt ein: Die Patientin erlebt z. B. eine Tachykardie mit Palpitationen, ohne dass hieraus eine Angst- oder Paniksituation entsteht. Dies stellt den wichtigen Beginn der Entängstigung dar, die „Angst vor der Angst“ schwindet. Eine begleitende Gesprächstherapie beschleunigt den Gesundungsprozess. Die Attacken nehmen konsekutiv in Schwere und Häufigkeit ab. Nach insgesamt 3 Monaten schaut die Patientin auf eine abgeschlossene Krankheitsepisode zurück: „Herr Doktor, ich hatte gehofft, dass Sie recht haben, glauben konnte ich es Ihnen damals nicht so richtig.“

Geschichte der Akupunktur

Die Akupunktur – das Einstechen von Nadeln an Körperpunkten mit dem Ziel einer therapeutischen Wirkung – ist seit ca. 2000 Jahren durch das älteste Grundlagenlehrbuch der Chinesischen Medizin dokumentiert: das HuangdiNeijing (Unschuld 2015). War das Krankheitsgeschehen zuvor entsprechend der vorherrschenden Denkweisen u. a. in dämonologischen Kontexten erklärt worden, z. B. durch das Austreiben übler (= dämonologischer) Einflüsse (Unschuld 1980), so spiegelte dieses Buch einen Paradigmenwechsel wider: Gesundheit und Krankheit sowie die Behandlung mittels Substanzen und Akupunktur erhielten proto-naturwissenschaftliche Erklärungsmodelle.
Das uns unbekannte Drehbuch zur Entwicklung der Akupunktur dürfte in der Phänomenologie der Wahrnehmung liegen: Druck – später der Stich – auf bestimmte schmerzende Stellen führte zu einer Erleichterung von Schmerzen.
In den letzten 2 Jahrtausenden entwickelten sich verschiedene Traditionen und Schulen der Akupunktur nebeneinander her. In den 1950er-Jahren begann in der VR China der systematische Versuch, die Akupunktur zu vereinheitlichen und von „abergläubischen“ Inhalten zu säubern. Seit 1975 werden seitens der VR China englischsprachige Grundlagenwerke herausgegeben, die den autorisierten wissenschaftlichen Stand in Theorie und Praxis repräsentieren.
Im Zentrum der Akupunktur stand die Schmerzstillung bzw. der Abbau von Spannungen/Stagnationen/Blockaden. Die Behandlung psychischer Krankheiten mittels Akupunktur ist jüngeren Datums und v. a. mit der erst vor 30 Jahren entwickelten NADA-Ohrakupunktur verbunden.

Wirkmechanismen

Die empirischen Erfahrungen der chinesischen Medizingeschichte wurden – wie bei anderen Medizinformen – im Rahmen der jeweils gültigen soziokulturellen Erklärungsmodelle interpretiert. Viele dieser Modelle dürften heute nur noch metaphorischen Charakter haben. Neuere Erklärungsmodelle sind weitestgehend im Westen entwickelt worden und haben zu einem vermehrten naturwissenschaftlichen Verständnis der Akupunktur geführt.
Kutiviszeraler Reflexbogen
Die Beschreibung der metameren Struktur des Körpers und des über die Spinalnerven sowie das vegetative Nervensystem (N. parasympathicus und N. sympathicus) stattfindenden Informationsaustausches zwischen bestimmten Hirnstrukturen einerseits und Dermatom, Myotom, Viszerotom und Sklerotom durch Head (1898) und Mackenzie (1917) und deren Nachfolger erklärt, wieso die Reizung der Haut oder darunterliegender Strukturen zu einer Beeinflussung innerer Organe führen kann.
Übertragungsschmerz
Unter übertragenem Schmerz („referred pain“) versteht man eine Fehlinterpretation von Eingeweideschmerzen durch das Gehirn. Dabei werden viszerale Schmerzen nicht an ihrem Entstehungsort, sondern in davon entfernten Hautarealen (z. B. Head-Zonen) wahrgenommen. Ein typisches Beispiel ist die Übertragung von Schmerzen in den linken Arm bei Angina pectoris oder Herzinfarkt. Druck oder Nadelung in diese Zonen beeinflusst die Homöostase innerer Organe (Wancura-Kampik 2009).
Triggerpunkte
Die Beschreibung des „referred pain“ wurde von Simon und Travell empirisch zu einem System von Triggerpunkten ausgebaut. Es zeigte sich, dass Triggerpunkte und Akupunkturpunkte zu einem großen Teil identische Lokalitäten bezeichnen (Dorsher und Fleckenstein 2008).
Grundsystem
Pischinger beschrieb 1953 den Informationsaustausch über die interstitiellen Körperflüssigkeiten. Dieses System ist u. a. auch die Grundlage für die myofasziale Ausbreitung von Reizen (Pischinger 1953).
Myofasziale Funktionsketten
Ausbreitung von Informationen im Körper findet auch über zusammenhängende Ketten von Muskeln und Faszien statt (Myers 2004). Beispiel: Ein Nadelreiz an der Ferse breitet sich quer zur segmentalen Ordnung über den gesamten Musculuserectortrunci bis zum Kopf aus.
Beeinflussung kortikaler und subkortikaler Strukturen
Durch Akupunktur konnte mittels fMRI und PET nachgewiesen werden. Es ergeben sich Hinweise v. a. für eine Modulation der Aktivierung limbischer Strukturen, welches gut mit den zu beobachtenden affektiven Wirkungen der Akupunktur korreliert (Cho et al. 2002; Lewith et al. 2005).
Vegetative Modulation
Die Reaktion auf den Nadelreiz hängt sowohl von der Stärke der Nadelstimulation als auch vom funktionellen Zustand des stimulierten Individuums ab. Während Patienten mit niedrigem Vagotonus unter der Nadelung kaum vegetative Reaktionen aufweisen, zeigen Migränepatienten mit hohem Vagotonus einen deutlichen Abfall der parasympathischen Aktivität. Diese vegetativen Effekte, welche durch eine initiale sympathikotone Reaktion während der Akupunktur und eine schon nach Minuten einsetzende Sympathikolyse gekennzeichnet sind, spiegeln tendenziell den Ablauf einer Stressreaktion des Organismus wider (Bäcker und Dobos 2006; Hammes 2010; Hui et al. 2000).
Fazit
Eine einheitliche Theorie der anatomisch-physiologischen Wirkung der Akupunktur liegt noch nicht vor. Obwohl eine Reihe klassisch-chinesischer Theoriemodelle ins Wanken geraten sind, hat dies die Praxis der Akupunktur nur wenig verändert: Die relevanten Handlungsanweisungen in der Körper-Akupunktur beruhen – trotz mancher überholter Theoriemodelle – auf wahrnehmbarer Phänomenologie. Beispiel: Die Nadelung der Scheitelkuppe wirkt sympathikolytisch/beruhigend/sedierend. Die TCM-Theorie konstruierte hier einen inneren Ast zum Leber-Meridian, da in früherer Zeit die Beruhigung aufwallenden Zorns bei dieser Nadelung im Vordergrund stand. Aus heutiger Sicht genügt die empirische Erfahrung, dass Streicheln über diese Stelle ein weinendes Kind beruhigt. Nicht von ungefähr wird diese Region in vielen Kulturen mit einer Kappe/einem Hut bedeckt – man fühlt sich „behütet“.

Psychosomatik

Symptomspezifität – Diagnostik

Die Chinesische Medizin baut – im Gegensatz zur vorherrschenden Strömung der westlichen Psychosomatik – auf einer weitgehenden Symptomspezifität auf (Ots 1999). Es gibt einzelne Symptome, die einer bestimmten Emotion zugeordnet werden können. Am sichersten ist die Diagnose, wenn mehrere Symptome eines bestimmten Syndroms gemeinsam oder in einer bestimmten chronologischen Beziehung zueinander auftreten. Dieses Syndrom kann auch als emotiosomatischer Komplex beschrieben werden (Tab. 2). Diese Komplexe stehen in bestimmten Beziehungen zueinander, die meist eine Zeitachse beinhalten. Die bekannteste ist die zwischen Leber und Milz, die auch schon der hippokratischen Medizin bekannt war („chole“, „melanchole“).
Tab. 2
Wichtige emotiosomatische Beziehungen der Akupunktur
Name des Funktionskreises nach TCM
Leber
Herz
Milz
Lunge
Niere
Extrovertierte Anteile eines Funktionskreises
Zorn/Wut
Hektik, „Manie“, Erregtheit, Angst, Panik
  
Furcht, Schreck
Intorvertierte Anteile eines Funktionskreises
Ärger
Gereiztheit, Typ-A, Feindseligkeit
Beunruhigung, Trauer, Wehmut, Sorgen, Gram
Grübeln, Sorgen, Kummer, Depressivität
Trauer, Kummer
Lebensangst
Symptome
• Hypertonus
• Bitterer Mundgeschmack,Globusgefühl
• Genervtes Seufzen
• (Saures) Aufstoßen
• Thorakales, epigastrischesVöllegefühl bzw. Schmerzen (von innen nach außen)
• Blähungen
• Schmerzen über dem Gallenpol, dem Hypochondrium, den Flanken
• Roemheld-Symptomatik
• Ulcus duodeni
• Verstopfung
Dysmenorrhö, PMS, Oligo-/Amenorrhoe
• Einschlafstörungen (in Kombination mit Gedankenkreisen)
• Palpitationen, Tachykardie
• Vielträumerei
• Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit,schnelles Sprechen
Neurasthenie,Unsicherheit
• Thorakales Engegefühl/Beklemmung (von außen nach innen)
• Isolierte Nackenschmerzen
• Abgeschlagenheit, Spontanschweiß, leichte Atemnot
• Appetitverlust
• Geschmacksverlust
• Durchschlafstörungen
• Frigophobie
• Parästhesien der Extremitäten
• Schweregefühl
• Gastrische Beschwerden, Aufstoßen
• Ulcus ventriculi
• Weicher Stuhl bisDiarrhoe
• Lumbago
• Atembeschwerden
• Asthma, (insbes. bei Kindern)
• Bronchitis
• NNH-Affektionen, allergische Rhinitis
• Nachtschweiß
• Nachmittagsfieber
• „5 warme Herzen“ (palmae, plantae, sternal)
• Zystitis,Miktionsbeschwerden, „nervöse Blase“
Tinnitus, Hörverschlechterung
• Imperativer morgendlicher Stuhldrang
• Frigophobie
• Ziehen/Schmerzen in der Lendenregion, Rückenschmerzen
• Schwächegefühl oder Schmerzen in den Knien
• Samenverlust
• Menopausale Gereiztheit (unten kalt – oben heiß)
• Amenorrhoe,Sterilität
• Chronische Abgeschlagenheit, schweres Krankheitsgefühl (Wear-Out)
• Oligo-/Amenorrhoe
NNH Nasennebenhöhle; PMS prämenstruelles Syndrom
Es bestehen Überschneidungen, aber auch inhaltliche Differenzen zwischen dem chinesischen Konzept und den uns bekannten somatoformen Störungen (ICD-10 F45). Aus Sicht der chinesischen Medizin werden bestimmte somatoforme Störungen (F45, F48) als psychosomatische, nicht als psychiatrische Störungen verstanden.
Symptomspezifität – der emotiosomatische Komplex der Akupunktur.
Limbischen Strukturen
Die Grundlage der Symptomspezifität ist in den Umschaltungen innerhalb der limbischen Strukturen zu sehen: Äußere Impulse werden in basale lebenserhaltende Antworten umgeformt (Notfallreaktion, Abwehrreaktion; „affectiveneuroscience“; Davidson und Sutton 1995). Diese Antworten sind auf der physiologischen Ebene u. a. durch ATP-Bereitstellung und Ausschüttung von Neurotransmittern und Hormonen (z. B. Endorphinen, Oxytocin und Serotonin) zielgerichtet, etwa im Bereitstellungshypertonus (Herrmann 1996). Sie gehen einher mit einer emotionellen Erfahrung (Bedeutungskoppelung) und münden in spezifische physiologische Muster. Krankheitswert erhalten diese Muster u. a. durch die kontinuierliche Hemmung ihrer Ausführung („prevailingstatemodel“ nach Manuck und Krantz 1984; Folkowsches Modell der „strukturellen Autoregulation“, Herrmann et al. 1996).
Fünf basale emotionelle Strukturen
Die chinesische Medizin hat 5 basale emotionelle Muster identifiziert: Freude, Aggression, Depressivität, Trauer, Angst. Pathognomonisch werden diese Emotionen in ihrer Ausprägung als Überaktivität oder Hemmung. Hieraus ergeben sich spezifische Symptommuster. Der Arzt der chinesischen Medizin kann aus dem vorliegenden Symptommuster auf die der Störung zugrunde liegende Emotion schließen. Dies eröffnet weiterhin spezifische psychotherapeutische Ansätze.
Therapeutischer = somatopsychischer Ansatz
Die Therapie der Akupunktur kann als somatopsychischer Ansatz definiert werden. Der Therapeut zielt mit der Nadelung primär auf die Beseitigung somatischer Symptome. Da diese Symptome über die beschriebene Bedeutungskoppelung für die Störung eine Triggerfunktion haben, geht mit der Minimierung der körperlichen Symptome eine Verbesserung der emotionellen Situation einher.
Ein Vorteil der Akupunkturtherapie bei psychosomatischen Störungen ist auch darin zu sehen, dass der Patient vermeintlich einen „Somatiker“ aufsucht.
Beispiel
Aus Sicht der chinesischen Medizin handelt es sich bei der Colitis ulcerosa um eine Krankheit als Ausdruck einer Aggressionshemmung, nicht so bei M. Crohn. Insofern ist die häufige Zusammenfassung beider Krankheiten als chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) irreführend. Für die Differentialdiagnostik beider Störungen gibt es ein abgestuftes Arsenal von Fragen, das auf das Maß der Aggressionshemmung abzielt.
  • Welche Farbe mögen Sie nicht?
  • Welche Farbe mögen Sie?
  • Welche Farben mögen Sie nicht?
  • Welche Farben mögen Sie?
Die ersten Fragen werden bei der Colitis zumeist ausweichend beantwortet („Dass ich eine Farbe nicht mag oder einer anderen vorziehe, könnte ich nicht sagen“), erst die letzte Frage eröffnet eine nichtkontroversiale ausgleichende Antwort, z. B. „rot, aber auch grün“. Dieselbe Frageprozedur kann mit der Kategorie Geschmack wiederholt werden.
Patienten mit M. Crohn zeigen hier in der Regel keine festen Muster.
Die therapeutische Konsequenz besteht darin, dass die Colitis ulcerosa mit Akupunktur und einer begleitenden Psychotherapie (Ziel: überwinden der Aggressionshemmung, lernen „Nein“ zu sagen) behandelt wird, während ein psychotherapeutisches Vorgehen bei M. Crohn nicht per se als notwendig erscheint.

Indikationsspektrum

Das mögliche Spektrum mit Akupunktur behandelbarer und für psychosomatische Störungen wichtiger Symptome ergibt sich aus Tab. 2. Die Therapieergebnisse werden als gut bezeichnet (Hammes 2005). Die Störungen der folgenden Aufzählung zeigen gemäß chinesischer Diagnostik eine hohe Rate an emotiosomatischer Koppelung und können gut mit einer integrativen Therapie von Akupunktur und begleitender Psychotherapie behandelt werden:

Psychiatrie

Psychiatrische Krankheiten können dann komplementär mit Akupunktur behandelt werden, wenn sie mit körperlichen Symptomen einhergehen, die einer Behandlung durch Akupunktur zugänglich sind. Dies betrifft v. a. die Lösung von Spannungen, Blockaden, Ängsten und Erregungszuständen. Gemäß ICD-10 betrifft dies v. a. affektive Störungen (F3), neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (F4) sowie das Burn-out-Syndrom, das zumeist der chinesischen Diagnose von „Leere-Feuer“ entspricht.
Beispiele für mit Akupunktur behandelbare Krankheiten sind:
  • Angststörung:
    • Anxiolyse: LG 20 (zusätzl. EX-KH 1), He 7, Bl 15, Pe 6, Le 3, KG 17; Ohrakupunktur: Herz (100), Veg. I, (Sympathikus) Shenmen (55);
  • Depression:
    • Energetisierung: Ma 36, Mi 6, KG 6;
    • Lösung muskulärer Blockade: LG 20, Le 3, GB 20, Bl 10, Triggerpunkt der Schulter (M. trapezius);
    • Aufrichtung der überdehnten Rückenachse: Dü 3, Bl 62;
  • Borderline-Syndrom und Schizophrenie:
    • Lösung von Spannungs- bzw. Erregtheitszuständen: LG 20, Ex-KH 1, He 7, Le 3; Ohrakupunktur: PT 1, Veg I.
Beispiel
Eine Patientin mit Major Depression ist durch psychopharmakologische Therapie in einem befriedigenden psychischen Zustand. Nach wie vor ist sie jedoch zu sportlicher Aktivität und Alltagsroutine unfähig, ihre Muskulatur zeigt die typische Kontraktur der ventralen und Überdehnung der dorsalen Muskulatur. Durch die Akupunkturtherapie im Verbund mit Dehnungsübungen gelingt es ihr, ihr Körpergefühl wiederzugewinnen und sich für sportliche und alltägliche Aktivitäten zu mobilisieren.
Eine psychiatrische/psychotherapeutische Therapie kann mittels Akupunktur optimiert werden, da hierdurch die sonst negierten somatischen Beschwerden einer Behandlung zugeführt werden.

Formen der Akupunktur

Ohrakupunktur

Die wichtigste Form weiterer Mikroakupunktursysteme ist die Ohrakupunktur, die seit den 1950er-Jahren weitgehend in Frankreich entwickelt wurde (Nogier 1957). Das Ohr stellt ein Somatotop dar: Abbildung des gesamten Körpers auf einem Teil von sich selbst. Definierte Stellen entsprechen Körperorganen, -arealen bzw. bestimmten Funktionen. Nach Detektion dieser bei Störungen empfindlichen Stellen (z. B. durch Drucktastung oder mit einem Hautwiderstandsmessgerät) hat die Nadelung eine Wirkung auf die entsprechende Homöostase. Die Ohrakupunktur ist eine leicht erlernbare und schnell applizierbare Form der Akupunktur. Allerdings existieren hier Schulen (China, Frankreich) mit im Detail beträchtlichen Unterschieden in der Beschreibung der Loki. Die Existenz psychotroper Punkte wird debattiert (Rubach 2009).

NADA-Ohr-Akupunktur in Sucht, Psyche und Trauma

Die positive Wirkung der Ohrakupunktur bei Abhängigkeitserkrankungen wurde erstmals von zwei Neurochirurgen (Wen, Cheung 1973) in Hongkong beschrieben. Sie erkannten bei Patienten, bei denen unter der Operation eine Anästhesie mittels Ohrakupunktur (elektrische Stimulation des Lungenareals in der Concha inferior) durchgeführt worden war, dass sich postoperativ das Suchtverlangen sowie die vegetative Entzugssymptomatik verringerten hatten. In den 1980er-Jahren wurde am staatlichen Lincoln Hospital, New York City, diese Erfahrung durch den Psychiater Dr. Michael Smith zu einer erfolgreichen Form der Suchtakupunktur weiterentwickelt: NADA steht für National Acupuncture Detoxification Association. Im Zentrum des an 2 Wochenenden erlernbaren NADA-Protokolls steht die Nadelung von 5 Ohr-Loki im Kontext eines niederschwelligen, wertschätzenden, nonverbalen Zugangs, verabreicht im Rahmen einer Gruppensitzung (ca. 30- bis 40-minütiges Sitzen unter Nadeln; Abb. 3). Es werden neben dem Areal Lunge folgende Ohrpunkte gestochen: Niere und Leber (Entgiftung), Vegetativum (im englischen Sprachraum: „sympathetic“) sowie Punkt 55 (Shenmen; Wirkung auf geistige Klarheit, Kognition).
NADA führt zur Stärkung des Patienten: Sowohl entspannt als auch wach.
Zunehmend häufiger als in der Therapie von Abhängigkeitserkrankungen wird das NADA-Protokoll in den letzten Jahren in der Therapie allgemein-psychiatrischer und traumatisierter Patienten als komplementäre Therapieform eingesetzt. Über die direkte Beeinflussung der inneren Organe wie Leber, Lunge und Niere hinaus hilft das NADA-Protokoll Patienten darin, Selbstvertrauen und innere Festigkeit zu erlangen bzw. überhaupt fähig und willens zu sein, sich auf einen psychotherapeutischen Prozess einzulassen. Grundlage dieses Prozesses ist eine durch die Nadelung angestoßene eigenleibliche Selbsterfahrung des Sich-wieder-Spürens, der „Wiederbeleibung“ (Milz 2002). Diese für viele Patienten neue Erfahrung kann weiter in ein neues Selbstvertrauen, ein Empowerment führen, und letztlich hierüber hinaus und hinein in eine Welt der Beziehungen: „Ich bin wer, ich kann was, lass es mich anpacken“ ist nur ein Zwischenschritt. NADA-Akupunktur ermöglicht: „Ich bin wer, ich kann was, lasst es uns anpacken!“ (Ots 2013).
Die Arbeit mit der NADA-Akupunktur hat sich in der westlichen Welt zu einer außerordentlich beliebten komplementären Therapie – stationär wie ambulant – bei abhängigen und psychiatrischen Patienten – auch ADHS und PTBS – mit vielen nationalen Gesellschaften entwickelt (nada-akupunktur.de;nada-akupunktur.at;nada-acupuncture.ch;acudetox.com). Ihre besondere Effizienz liegt in der Einfachheit sowohl des Erlernens wie auch der Anwendung: Während die klassische Akupunktur eine individualbezogene Diagnostik erfordert, ist die NADA-Akupunktur Diagnose- und Suchtstoff-unspezifisch. Weltweit wird das NADA-Protokoll zunehmend mehr in der Traumaarbeit in politischen und ökologischen Krisengebieten angewandt, z. B. in Pakistan, Äthiopien, Kenia, Philippinen, Haiti (NADA 2010; Raben 2004). Da traumatisierte Patienten oft unfähig oder unwillig sind, sich verbal zu öffnen, stellt der nonverbale, niederschwellige Ansatz der NADA-Akupunktur bzw. Akupressur eine willkommene komplementäre Therapieoption dar.

Studienlage

Die Studienlage zur Akupunktur allgemein muss – v. a. nach den deutschen Modellvorhaben (GERAC, ART) zwischen 2000 und 2006 mit ihren mehr als 3 Mio. durchgeführten Behandlungen – als gut bezeichnet werden: Akupunktur erwies sich in den RCT-Armen der Modellvorhaben (3 getestete Indikationen) bei Lumbago und Gonalgien der leitlinienkontrollierten Standardmedizin als hochsignifikant, bei Kopfschmerzen leicht überlegen.
Auch widersprechen die Studienzahlen dem immer wieder von den Gegnern/Skeptikern der Akupunktur geäußerten Vorwurf, dass es kaum Studien gäbe (Tab. 3).
Tab. 3
PubMed-Recherche von Juli 2015
Suchbefehl
Nennungen
„acupuncture“
22.768
„acupuncturerandomized“
5107
„acupuncture + meta-analysis“
529
„acupuncture + depression“
732
„acupuncture + depressionrandomized“
304
„acupuncture + depression + meta-analysis“
27
„auricularacupuncturesubstance“
65
Die Studienlage auf dem Gebiet der Psychiatrie ist – v. a. wegen der Schwierigkeit, Akupunktur als Placebo (nur die inaktivierte Laserakupunktur ohne Hautkontakt gilt als Placeboakupunktur) anzuwenden, eingeschränkt.
Eine von den NIH geförderte Studie zur Major Depression kam zu guten Ergebnissen (Schnyer und Allen 2007), allerdings waren hier die Patienten über die Presse rekrutiert worden. Statt der Nadeltechnik kann auch eine Laserakupunktur eingesetzt werden, deren positiver Effekt zur Depressionsbehandlung in einer randomisierten, kontrollierten Studie nachgewiesen wurde (Quah-Smith et al. 2005). Van der Watt et al. (2008) beschrieben in einem Review eine steigende Evidenz für die Akupunkturtherapie bei Angststörungen und Depressionen. Von Psychiatern der Stanford University wurde eine positive randomisierte, kontrollierte Studie (vs. Massage und nichtdepressionsspezifische Akupunktur) bei 150 Schwangeren (p < 0,05, Cohen’s d = 0,39) vorgestellt (Manber et al. 2010). In einer Untersuchung gaben 22 österreichische Akupunkturexperten sehr gute Werte für die Akupunkturtherapie von Burn-out-Syndrom, Schlafstörungen und Fibromyalgie an, mittlere Werte für Depression und Angst- und Panikstörungen (s. auch Eich et al. 2000) und schlechte Werte für die – allerdings selten therapierte – Schizophrenie (Ots 2010). Die Studienlage zur Akupunkturtherapie in der Psychiatrie verbessert sich zusehends. Während einige ältere Reviews zu einer positiven Einschätzung kamen, aber dennoch mit dem bekannten Schlusssatz endeten, dass weitere Studien notwendig sind (Kim 2005; Samuels et al. 2008; Huang 2009; Wu et al. 2012), zeigte eine 2015 veröffentlichte systematische Review und Metaanalyse ein deutlich positiveres Bild (Chan et al.). Akupunktur in Kombination mit einer antidepressiven Medikation erwiessich einer rein medikamentösen Therapie mit SSRI statistisch signifikant überlegen. Diese Kombination wurde als schnell ansprechend, sicher und wohl toleriert beschrieben. Allerdings lag hier nur ein Beobachtungszeitraum von 6 Wochen vor, so dass auch diese Studie mit dem Satz endet, dass weitere Langzeitbeobachtungen notwendig seien.
Untersuchungen zur NADA-Ohrakupunktur sind neueren Datums und wegen der Schwierigkeit der Kontrollgruppe in der Regel beschreibender Natur. Diesen fehlenden „harten Fakten“ steht eine große Begeisterung sowohl seitens der Patienten wie auch der Therapeuten gegenüber. Die NADA-Ohrakupunktur ist die schnellst wachsende komplementäre Therapiemethode auf dem Gebiet von Sucht, Psyche und Trauma. Eines ihrer herausstechenden Merkmale ist die hohe Halterate (Stuyt 2014).

Traditionelle chinesische Medizin (TCM)

Beispiel
Frau Z., eine 28-jährige, aufreizend gekleidete und geschminkte Patientin, leidet seit 1 Jahr unter bis zu 1 h anhaltenden Episoden von starker Unruhe, Benommenheit, Leeregefühl im Kopf und Druck auf der Brust. Sie erlebt dann emotionale Ausbrüche, insbesondere anhaltende Weinkrämpfe, über die sie nach eigenen Aussagen keinerlei Kontrolle hat. Ansonsten bestehen bei ihr ausgeprägte Schlafstörungen mit Nachtschweiß, eine depressive Verstimmung mit häufigem Seufzen und allgemeinem Schwächegefühl, Palpitationen und ein hochfrequenter Tinnitus. Ihre Schilderungen wirken dramatisiert und übertrieben emotional. Die Symptomatik begann mit dem Ende einer jahrelangen, extrem leidenschaftlichen, durch gemeinsamen Gebrauch stimulierender Drogen noch zusätzlich „angeheizten“ sexuellen Beziehung, die sie als „eine einzige Achterbahnfahrt“ beschreibt. Sie ist seit 1/2 Jahr wegen einer histrionischen Persönlichkeitsstörung in einer kognitiven Gruppenpsychotherapie, die ihr auch schon geholfen hat. Eine Therapie mit Psychopharmaka lehnt sie mit Hinweis auf ihre Drogenerfahrungen ab. Sie wolle ihre Psyche nicht mehr mit „Chemie“ beeinflussen. Stattdessen sucht sie einen Arzt auf, der mit chinesischer Medizin arbeitet, um sich neben der Psychotherapie „mit natürlichen Mitteln“ behandeln zu lassen.

HistorischeBetrachtung

Ein Heilkundiger im China des 2. Jahrtausends v. Chr. hätte die Beschwerden der Patientin wahrscheinlich auf eine Verfluchung durch ihre Ahnen oder später auf die Besessenheit durch böse Geister („gui“) zurückgeführt (Unschuld 1980). Erst ab der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. erfolgte die Behandlung kranker Menschen auf der Grundlage einer rationalen Naturerkenntnis. Diese war allerdings weniger auf die Entdeckung von Kausalitäten ausgerichtet als auf das Erkennen von Synchronizitäten im Auftreten von Krankheitszeichen und -symptomen und deren Entsprechungen zu natürlichen Phänomenen der Umwelt. So wurde der ständige Wandel zwischen Tag und Nacht, Hitze und Kälte oder Aktivität und Ruhe bzw. Struktur verallgemeinert im Konzept der polaren Phänomene Yang und Yin. Außerdem wurde der ständige Wandel der Jahreszeiten kategorisiert in der Lehre von den sog. 5 Wandlungsphasen. Die für die chinesische Medizin relevanten Grundlagen dieser Naturphilosophie sind niedergelegt im ersten und historisch wichtigsten Quellentext der chinesischen Medizin, dem „Inneren Klassiker des Gelben Kaisers“ („huang di neijing“). In diesem etwa um die Zeitenwende kompilierten Werk wird postuliert, dass die Kräfte, die Tag und Nacht sowie die Jahreszeiten regieren, auch Teil der Natur des Menschen sind und sein inneres Milieu sowie seine Beziehungen zur Außenwelt regulieren.
Die Instanzen, die die 5 universellen Wirkprinzipien der Wandlungsphasen im Menschen realisieren, wurden als die 5 Zang (Speicherorgane) bezeichnet und dem Yin zugeordnet. Als ihre Yang-Partner wurden die 6 Fu (Palast- oder Durchgangsorgane) eingeführt. Die Beschreibung dieser „Organe“ erfolgte weniger aufgrund ihrer anatomischen Struktur als aufgrund der ihnen durch Innenschau und Naturbeobachtung zugeschriebenen Funktionen im Sinne von „Regungsherden“. Deshalb werden sie im deutschen Sprachraum auch als „Funktionskreise“ bezeichnet und so von den Organen im westlich-anatomischen Sinne abgegrenzt (für Details zu diesem Konzept Abschn. 3). Das Besondere am Modell der 5 Zang ist, dass sie neben Körpersubstanzen wie Blut oder essenziellen Nährstoffen auch die sog. 5 Geisteskräfte („wushen“) speichern und damit einheitliche Fokuspunkte psychophysischen Erlebens und Funktionierens sind.
Würde der Leibarzt des Gelben Kaisers Frau Z. untersuchen, so würde er zu dem Schluss kommen, dass bei ihr die Zang, also die Speicherorgane, in Aufruhr geraten sind. Genauer beschrieben hat diesen Zustand im 3. Jahrhundert n. Chr. Zhang Zhong-Jing, der Verfasser der Abhandlung über schädigende Kälte und verschiedenartige Krankheiten („shanghanzabinglun“), des ersten klinischen Handbuchs der TCM. In diesem Werk finden sich auch genaue Beschreibungen psychiatrischer und psychosomatischer Erkrankungen wie Psychosen, Panikstörungen, Verhaltensstörungen und somatoforme Störungen. Zhang nannte das Krankheitsbild, unter dem Frau Z. leidet, „Organerregung“ („zangzao“).
Für ihn und die meisten der ihm folgenden Generationen chinesischer Ärzte war allerdings eine solche Krankheitsdiagnose nur der Ausgangspunkt weiterführender Überlegungen, die als Diagnostik von Manifestationsmustern („Syndromen“; „bianzheng“) heutzutage ein wesentliches Charakteristikum der TCM-Methodik ist.

Erstellung einer TCM-Manifestationsmuster-Diagnose

Das Ziel der weiteren Differenzierung eines Krankheitsbildes wie z. B. der „Organerregung“ ist eine möglichst individualisierte Behandlung, wie sie ja auch von vielen anderen naturheilkundlichen Ansätzen in anderen Kulturen angestrebt wird. Zu diesem Zweck wird die Gesamtheit der von der Patientin angegebenen Symptome sowie auch vom Therapeuten erfragten körperlichen und psychischen Zeichen ohne Krankheitswert zusammen mit den Befunden einer gründlichen Inspektion und Palpation erhoben und bewertet. Daraus ergibt sich dann die „Gestalt“, unter der sich das Krankheitsbild der „Organerregung“ bei Frau Z. aufgrund der vorliegenden konstitutionellen und situativen Gegebenheiten in spezifischer Form manifestiert. Dieses sog. Manifestationsmuster oder „Syndrom“ („zheng“) unterscheidet die Patientin von anderen Menschen mit derselben Krankheitsdiagnose, aber mit unterschiedlichen Begleiterscheinungen. Es stellt aber auch eine Beziehung her zu den übrigen, gleichzeitig bestehenden Krankheitszuständen der Patientin, auch wenn diese im naturwissenschaftlich-kausalen Sinn nicht miteinander verknüpft sind. Auf diese Weise kann die Gesamtsymptomatik von Frau Z. nach dem gleichen Behandlungsprinzip behandelt werden und sie fühlt sich mit der Gesamtheit ihrer Beschwerdeäußerungen wahrgenommen.
TCM-Manifestationsmuster
Ein Manifestationsmuster („Syndrom“) ist eine Gruppe von Zeichen (psychophysische Erscheinungen ohne Krankheitswert) und Symptomen, die in gleicher oder ähnlicher Gestalt in Erscheinung treten als
  • konstitutionell gegebene (z. B. hyper- oder hypoerge) Reaktionsbereitschaft eines Patienten
  • seine zu bestimmten Krankheitsäußerungen prädisponierenden habituellen Funktionsschwächen
  • krankheitsübergreifende, oft stadienspezifische Symptomcluster (z. B. entsprechend der Alarm-, Resistenz- bzw. Erschöpfungsphase der Stressreaktion)

TCM-Muster-Diagnostik in Psychiatrie und Psychosomatik

Folgende Krankheitsmechanismen spielen bei der Musterdiagnose psychischer und psychosomatischer Krankheiten eine besondere Rolle (s. auch Flaws und Lake 2001; Mücher 1996, 1998):
  • Behinderungen und Einschränkungen psychophysischer Funktionen, die von der TCM als Stagnation des freien Flusses immaterieller Lebenskräfte („qi“) oder körpereigener Substanzen (Blut und andere physiologische Flüssigkeiten) gedeutet werden. Sie äußern sich v. a. als gedrückte Stimmung mit Unterdrückung von emotionalem Ausdruck, Druck auf der Brust, Schmerzen in den Flanken und unter dem Rippenbogen, häufiges Seufzen und Appetitlosigkeit.
  • Durch psychoemotionale Überstimulation hervorgerufene Agitiertheit, ein Szenario, das von der TCM beschrieben wird als Umwandlung der sog. 7 Leidenschaften („qiqing“), in „Feuer“. Dieses Bild entspricht einer durch extreme Emotionen erzeugten Überaktivität körperlicher und seelischer Funktionen mit Symptomen wie Ruhelosigkeit und Erregung, Jähzorn, Schwindel, Schlaflosigkeit, bitterem Mundgeschmack, Schmerzen im seitlichen Brustkorb, Keuchen und/oder Husten.
  • Konstitutionelle oder durch Überlastung erworbene Leere („xu“) bzw. Schwäche der Geisteskräfte („shen“) und anderer organismischer Funktionen. Derartige Mangelsituationen führen zu einem subjektiven Gefühl von Leere in der Herzgegend, Beklommenheit, Ängstlichkeit, Anfälligkeit für Furcht und Schreck, Grübeln, Neigung zum Weinen, Kraftlosigkeit, geistiger Ermüdung, Vergesslichkeit, Schlafstörungen, sowie evtl. nervöser Ruhelosigkeit und Herzklopfen.
Bei der Musterdiagnose werden diese Zustände in der Regel durch Zuordnung zu den Instanzen der inneren Regulation, also den Zang und Fu, weiter differenziert. Bei der „Organ-Erregung“ sind die betroffenen „Organe“ im Sinne der TCM in der Regel die Gebärmutter (ähnlich dem klassischen Hysteriekonzept) und das Herz, das in der chinesischen Medizin ähnlich wie in der vorwissenschaftlichen westlichen Denkweise neben seiner Funktion für den Blutkreislauf als zentrale Instanz für die Regulation geistig-seelischer Prozesse angesehen wird. Auch die Leber, die nach den Theorien der TCM als leiblicher Regungsherd für den emotionalen Ausdruck verantwortlich ist, spielt bei diesem Krankheitsbild eine wichtige Rolle.

Manifestationsmusterdiagnostik am Fallbeispiel

Das ursprüngliche Krankheitsszenario von Frau Z. entspricht dem Muster eines durch emotionale Überstimulation verursachten „Herz-Feuers“. Allerdings ist der aktuelle Zustand auch geprägt von einer nervösen Erschöpfung, die in der TCM als typische Folge einer länger anhaltenden Feuer-Pathologie gilt, die die beruhigenden und kühlenden Kräfte des Organismus schädigt. Diese Kräfte werden von der TCM als Yin qualifiziert und sollten mit den aktiven Yang-Kräften in einem dynamischen Gleichgewicht stehen. Eine Leere des Yin äußert sich durch Symptome, die denen der Erschöpfungsphase einer Stressreaktion nach Selye sehr ähnlich sein können. Die vollständige Musterdiagnose für die Patientin würde also „Herz-Yin-Leere mit Leere-Feuer“ lauten.

Therapieplanung in der TCM

Nach Erstellung der Musterdiagnose werden in der Regel als nächster Schritt die Behandlungsprinzipien formuliert, die den Abweichungen im Regulationssystem der Patientin vom Zustand der Homöostase entgegenwirken sollen. Im Fall von Frau Z. lauten diese Handlungsanweisungen „das Herz-Yin nähren und Leere-Hitze klären“.
Als Therapiemethoden werden von der TCM v. a. Übungen, die unter der Bezeichnung Qi Gong zusammengefasst werden, Akupunktur und Arzneimittel eingesetzt. Zur Anwendung von Qi Gong in Psychiatrie und Psychosomatik siehe z. B. Chen (2003). Die Akupunktur wird in Abschn. 3dargestellt. Sie ist besonders dann indiziert, wenn das Symptombild der zu behandelnden Person von Schmerzen und Stagnationszeichen bestimmt ist bzw. wenn ihr leibliches Erspüren von kutiviszeralen Reaktionen gefördert und genutzt werden soll. Demgegenüber liegt der Schwerpunkt der chinesischen Arzneitherapie in der Behandlung von Leere- und Schwächezuständen, entzündlichen Veränderungen und komplexen, chronischen Störungen der inneren Regulation.
Die chinesische Arzneitherapie kann in geeigneten Fällen als alleinige Behandlungsmethode eingesetzt werden. Sie eignet sich aber auch sehr gut als Ergänzung zu Akupunktur, Psychotherapie und auch westlicher Pharmakotherapie, v. a. dann, wenn diese durch ihre Eindimensionalität nicht den ganzen Menschen mit seinem komplexen Beschwerdebild ansprechen kann oder unerwünschte Wirkungen hervorruft.

Traditionelle chinesische Arzneitherapie

Die chinesische Arzneitherapie benutzt eine Vielzahl pflanzlicher, tierischer und mineralischer Arzneimittel, von denen die wichtigsten schon in der „Arzneimittellehre des Göttlichen Landmanns“ („shennongbencao“) beschrieben sind, die aus derselben Epoche stammt wie der „Innere Klassiker des Gelben Kaisers“. Die Beschreibung chinesischer Arzneimittel erfolgt seither konsistent nach den gleichen Kriterien, nämlich Geschmacks- und Temperaturqualitäten, Wirkrichtung sowie Organ- bzw. Leitbahnbezug (O'Connor und Bensky 1981). Um die sich aus einer Musterdiagnose ergebenden, teilweise sehr komplexen therapeutischen Strategien umzusetzen und der individuellen Verfassung der behandelten Person gerecht zu werden, benutzt die chinesische Arzneitherapie eine gut abgestimmte Kombination verschiedener Arzneimittel, die in einer Rezeptur zusammengefasst werden (Bensky und Barolet 1996).
Die Arzneimittel einer Rezeptur werden in der Regel zerkleinert oder pulverisiert und dann vom Patienten oder seiner Apotheke 20 min oder länger abgekocht. Dieser Vorgang wird heutzutage auch von pharmazeutischen Firmen übernommen, die dann das Ergebnis der Dekoktierung als sprühgetrocknetes Granulat vertreiben.

Traditionelle chinesische Arzneitherapie am Fallbeispiel

Die klassische Rezeptur zur Behandlung der „Organ-Erregung“ ist die „Glycyrrhiza-Triticum-Jujuba-Abkochung“ („ganmai da zaotang“) aus der „Abhandlung über schädigende Kälte und verschiedenartige Krankheiten“ (s. oben). Sie besteht aus Glycyrrhizae Radix, TriticiFructuslevis und Jujubae Fructus. Diese gut verträgliche Arzneimittelkombination nährt das Herz, beruhigt den Geist und harmonisiert die Mitte (d. h. das Verdauungssystem). Sie wird in China wie im Westen mit gutem Erfolg bei verschiedensten psychischen und psychosomatischen Störungen eingesetzt, die unter dem Muster einer Herz-Yin-Leere auftreten.
Im Falle von Frau Z. wird die oben genannte Basisrezeptur noch durch Ergänzung weiterer Arzneimittel an ihre individuelle Symptomatik angepasst und verstärkt. Lilii Bulbus und Platycladi Semen beruhigen die Patientin über eine Stärkung des Yin. Außerdem dämpft Ostreae Concha die agitierte Überaktivität. Die Rezeptur wird über einen Zeitraum von 2 Monaten als Granulat verschrieben und führt bei Frau Z. zusammen mit der weiter durchgeführten Psychotherapie zu einem allmählichen Verschwinden der Anfälle und zu einer zunehmenden körperlichen und psychischen Stabilisierung.

Indikationen der chinesischen Arzneitherapie in Psychiatrie und Psychosomatik mit Angaben zur Studienlage

Psychovegetative Störungen

Hier hat sich die chinesische Arzneitherapie – auch in Kombination mit anderen therapeutischen Ansätzen – bei der Behandlung einer Vielzahl von Beschwerden als wirksam erwiesen, für die in der westlichen Medizin z. T. keine evidenzgestützten Therapiestandards existieren. Dazu gehören:
Auch psychoemotionale und kognitive Störungen wie Reizbarkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie Demenz sprechen auf chinesische Arzneitherapie an.
Angaben zur Musterdiagnose und Differenzialtherapie dieser Beschwerden finden sich z. B. bei Bäcker und Mücher (2005); Flaws und Lake (2001); Hammes und Mücher (2005) sowie Mücher(2009).
Zur chinesischen Arzneitherapie der meisten oben angegebenen Indikationen gibt es klinische Studien, z. B. zu Schlaflosigkeit (Mo 1993), zu funktioneller Dyspepsie (Oikawa 2007) oder Colon irritabile (Shi 2008).

Psychiatrische Störungen

Die Behandlung von Schizophrenie, Angststörungen sowie somatoformen und affektiven Störungen mit chinesischer Arzneitherapie allein oder in Kombination mit verbalen Interventionen („yiliao“ – „Vorstellungstherapie“) ist seit über 2000 Jahren überliefert. Heutzutage werden chinesische Arzneimittel – von leichten Fällen abgesehen – in der Regel mit anderen Therapieverfahren kombiniert, wobei sich dabei deutliche additive Effekte ergeben können (Rathbone et al. 2007). Im Falle von Angststörungen und Depressionen zeigt auch eine reine TCM-Behandlung z. T. gute Ergebnisse (z. B. Shen et al. 2007; Xu und Wang 2003), wobei oft die chinesische Arzneitherapie in Kombination mit Akupunktur effektiver zu sein scheint als in Form einer Monotherapie.
Einschätzung der Evidenz
Viele der vorhandenen Studien stammen aus der Volksrepublik China. Sie sind oft nicht randomisiert oder verblindet und sind auch aufgrund untypisch hoher Effektivitätsraten nur sehr begrenzt als Grundlage für eine Auflistung gesicherter Indikationen geeignet. Leider steckt die westliche Forschung zu diesem Thema – anders als zur Akupunktur – noch in ihren Anfängen. Allerdings sind chinesische Arzneimittel neuerdings zunehmend in den Fokus westlicher phytopharmakologischer Forschung gerückt. Zum Beispiel konnte für einige von ihnen (Corydalis Rhizoma, Scutellariae Radix, CamelliaesinensisHerba und Borneolum) ein modulierender Einfluss auf GABA-Rezeptoren im ZNS nachgewiesen und damit auch eine Wirkung auf Angststörungen, kognitive Störungen und Schlafstörungen wahrscheinlich gemacht werden (Johnston 2009).

Ayurveda

Einleitung

Maharishi Vedische Medizin – „Die Wissenschaft vom Leben“

Über die Entstehung der Ayurveda-Medizin wird berichtet, dass vor vielen tausend Jahren eine Gruppe von vedischen Gelehrten, sog. vedischen Sehern (Rishis und Maharishis) über die zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung besorgt war. Sie beriefen eine Konferenz ein und bestimmten Maharishi Bharadwaja, das grundlegende Wissen über Gesundheit zusammenzufassen. Dies wird i. A. als die Geburtsstunde der Ayurveda-Medizin beschrieben.
Über die langen zeitlichen Zyklen kam es zu Spezialisierungen und Teile dieses Wissen gerieten in Vergessenheit. Immer waren es Maharishis (Große Seher), die eine Neubelebung der vedischen Wissenschaft initiiert haben (z. B. Charaka, Sushruta, Vagbhatt, Madhav Nidan, Sharngadhar, Bhava-Prakash, u. a.), in dem sie die abstrakten vedischen Intelligenzstrukturen im eigenen Bewusstsein geschaut haben. In unserer Zeit war es Maharishi Mahesh Yogi der die vedische Wissenschaft und damit die grundlegenden Prinzipien des Ayurveda in seiner Ganzheitlichkeit wiederbelebt hat.
Vedische Medizin zählt zu den ältesten Gesundheitssystemen der Welt und hat ihren Ursprung in Indien – dem Land des Veda. „Veda“ heißt „Wissen“; es ist die Weisheit/Intelligenz der Natur, die dem Leben innewohnt und das gesamte Universum „verwaltet“.
Veda ist auf der transzendenten Ebene des Organismus gespeichert und kann von dort aus aktiviert werden. Daher ist einer der ayurvedischen Begriffe für Gesundheit „Swastha“, das heißt „gegründet im Selbst“. Der Organismus wird als gesund bezeichnet, wenn er in Einklang mit seiner Natur („Prakriti“) steht – wenn die Verbindung zu dieser inneren Intelligenz auf der transzendenten Ebene des Bewusstseins lebendig ist, d. h. der Mensch im Selbst gegründet ist.

Schulen der Ayurveda-Medizin

Es werden verschiedene Ansätze, Richtungen und Schulen der Ayurveda-Medizin unterschieden:
  • Wellness-Ayurveda: beschränkt sich i. a. auf „Ölmassagen“ und „Ölanwendungen“, wie z. B. „Stirnguss“, Duftöle, Blütenbäder, etc. Üblicherweise wird Wellness-Ayurveda in Wellness-Abteilungen verschiedener Hotels und „Massage-Instituten“ angeboten.
  • Ayurveda innerhalb von Familientraditionen: Seit Jahrtausenden wird das Erfahrungswissen dieser Heilkunde innerhalb von Familientraditionen weitergegeben. Dadurch entsteht eine große Vielfalt an Experten bestimmter Therapieformen und spezieller Heilkräuterrezepturen.
  • Universitärer Ayurveda: Ayurvedische Medizin wird parallel zu westlicher Medizin an universitären Lehr- und Forschungseinrichtungen gelehrt (akademischer Abschluss mit Master- oder Doktor-Diplom).
  • Maharishi Ayurveda: Ganzheitliche Form des Ayurveda – Rückführung auf die jahrtausendealten Wurzeln der Ayurveda-Medizin, Wirkungsnachweis durch umfangreiches Studienmaterial und Integration moderner, westlicher, medizinischer Standards. Im Rahmen der inzwischen unübersichtlich gewordenen ayurvedischen Therapieangebote hat sich Maharishi Ayurveda und Maharishi Vedische Medizin als Markenname etabliert.

Vedische Wissenschaft

Das theoretische Fundament der vedischen Medizin und des Ayurveda ist die Wissenschaft des Bewusstseins – der Bewusstseinsentwicklung und der Bewusstseinsforschung.
Veda ist das grundlegende Bewusstseins-, bzw. Intelligenzfeld des Lebens. Man versteht darunter die ganzheitliche Intelligenz der Natur – die Gesamtheit aller Naturgesetze, die das manifeste Universum von einem unmanifesten einheitlichen Feld aus verwaltet (Hagelin1987). Bewusstsein in seiner individuellen und kollektiven Form wird als der alles entscheidende Faktor für die Entstehung und Erhaltung von Gesundheit angesehen.
In diesem umfassenderen Verständnis besitzt Bewusstsein nicht nur jene uns vertraute Oberflächendimension, in der die veränderliche Welt des Denkens und Fühlens angesiedelt ist, sondern es umfasst auch einen abstrakten, ganzheitlichen und unveränderlichen Basisbereich, der als transzendentes Feld reiner kreativer Intelligenz beschrieben wird. Dieser Bereich ist definitionsgemäß noch jenseits des von Freuds Tiefenpsychologie erfassten „Unbewussten“ und bildet die vollkommen harmonische „transpersonale“ Quelle aller Gedanken und Gefühle, sowie aller Kreativität und allen Verhaltens.
Bewusstsein und das in seiner Tiefendimension enthaltene kreative Potenzial des Naturgesetzes ist somit die Bedingungsebene für unsere individuelle und kollektive Gesundheit.
Der menschliche Körper als Ausdruck des Veda und der vedischen Literatur (Nader 2000, Abb. 4):
In Zusammenarbeit mit dem vedischen Gelehrten Maharishi Mahesh Yogi hat der Neurophysiologe T. Nader in seinen Arbeiten nachgewiesen, dass die Gesetzmäßigkeiten, die den menschlichen Geist und Körper strukturieren, dieselben sind, die den Silben, Versen, Strophen, Hymnen, Mandalas der 4 Haupt-Veden und den Büchern der vedischen Literatur Struktur verleihen.
Alle Komponenten, Organe und Organsysteme des menschlichen Körpers, einschließlich der verschiedenen Teile des Nervensystems, stimmen – entsprechend ihrer Spezialisierung – sowohl in Struktur als auch in Funktion, eins zu eins mit den 40 Bereichen des Veda und der vedischen Literatur überein.
Damit ergeben sich auch für die Therapie neue und sehr effiziente Anwendungsgebiete. Wenn Störungen in bestimmten Teilen des Nervensystems und anderer Organsysteme auftreten, kann gezielt durch die Anwendung spezifischer vedischer Urklangtherapien derjenige Intelligenzaspekt des Organismus angeregt werden, der die Basis für diesen spezifischen Bereich darstellt.
Die 40 Disziplinen der vedischen Wissenschaft
Um die innerste, transzendente Bewusstseinsebene zu erfahren und zu beleben beinhaltet die vedische Wissenschaft entsprechend den 40 Qualitäten des transzendentalen Bewusstseins, 40 Disziplinen mit den entsprechenden Bewusstseinstechnologien (Abb. 5). Unter dem Überbegriff „Vedische Medizin“ werden die Disziplinen des Yoga (transzendentale Meditation und Hatha-Yoga), der vedischen Astrologie (Jyotish und Yagya), der vedischen Architektur (Sthapatya-Veda) und v. a. Ayurveda zusammengefasst.
Die Disziplin des Yoga enthält neben den Körpertechniken (Hatha-Yoga) die traditionelle Technik der transzendentalen Meditation. Sie zählt zu den am besten wissenschaftlich überprüften und in ihren Auswirkungen abgesicherten geistig-spirituellen Methoden der Bewusstseinsentwicklung (Charaka Samhita 2001).

Definitionen einiger Begriffe

Konstitutionslehre der Ayurveda-Medizin

Einen wesentlichen Teil im Bereich ayurvedischer Diagnose und Therapie bildet ihre Konstitutionslehre.
Alle Lebensvorgänge werden als ein Zusammenspiel dreier Grundprozesse(3 Doshas) definiert:
  • Bewegung – Vata (Muskelbewegung, Stofftransport, Informationsweiterleitung und Informationsverarbeitung im Nervensystem, das Fließen von Gedanken),
  • Transformation – Pitta (Umwandlung, Verdauung mit der dabei entstehenden Wärme und Energie, Emotionen) und
  • Stabilität – Kapha (Formgebung, Zusammenhalt, Schleimbildung).
Diese 3 Doshas leiten sich von den 5 Elementen ab (Panchamahabutas):
  • Vata setzt sich zusammen aus dem Raum- (Akasha) und Luftelement (Vayu),
  • Pitta aus dem Feuer- (Tejas/Agni) und Wasserelement (Apas/Jal) und
  • Kapha aus dem Wasser- (Apas/Jal) und Erdelement (Prithvi).
Aus der individuellen Kombination der 3 Doshas leitet die Ayurveda-Medizin ihre Konstitutionslehre ab:
  • Prakriti – Geburtskonstitution (die bei der Geburt vorhandene individuelle Mischung von Vata, Pitta und Kapha in der Physiologie),
  • Vikriti – derzeitiges Ungleichgewicht (Schrott und Schachinger 2004),
  • Dehaprakriti – dauerhaftes Ungleichgewicht, das als Konstitution erscheint, und
  • Wiederherstellung der Geburtskonstitution – Prakritisthapan.

Verdauung und Ernährung

Die Transformation, die Umwandlung im Sinne einer Aufspaltung bzw. Verfeinerung und eines anschließenden Aufbaus, bzw. Zusammenfügens ist der Grundprozess eines Verdauungsvorganges.
Die Nahrung wird laut Ayurveda von dem Verdauungsfeuer (Agni – Pitta – Transformationsprinzip) aufgespaltet und in körpereigenes Gewebe (die 7 Dhatus) umgewandelt. Dabei entstehen neben diesen 7 Gewebearten, die 3 Ausscheidungsprodukte (Malas: Stuhl, Harn und Schweiß; Abb. 6).
Wenn die Wachheit des Veda in der Physiologie nicht vollständig vorhanden ist, wenn nicht das gesamte Potenzial der Intelligenz der Natur zur Verfügung steht, wird jede Art von Verdauungsaktivität, Umwandlung, oder Transformation unvollständig sein.
Es entsteht Ama – „Schlackenstoffe“, Toxine, „Unverdautes“, das sich an Schwachstellen des Organismus ablagert und zu Krankheitssymptomen führt.
Ama kann auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene entstehen durch
  • unverdaute Nahrung,
  • unverdaute Sinneseindrücke,
  • unverarbeitete Gefühle und/oder
  • seelische Prozesse.
Bestehendes Ama wird in der Ayurveda-Medizin durch folgende Maßnahmen reduziert, bzw. abgebaut:
  • Diät (leicht verdauliche Nahrungsmittel, spezielle Gewürze, warme, frisch gekochte Speisen),
  • Heilkräutermischungen zur Stärkung von Agni (dipana) und Ausleitung von Ama (pachana),
  • Reinigungsbehandlungen (Panchakarma-Kuren),
  • Technik der transzendentalen Meditation zum Aufbau von Ojas und zum Abbau von Ama auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene.
Bei vollständiger Transformation produziert das Verdauungssystem als feinstes, subtilstes Stoffwechselprodukt Ojas, auch als die Stärke des Organismus definiert (Bala). Ojas wird am Übergangsbereich zwischen Bewusstsein und Physiologie lokalisiert, d. h. eine „Seite der Medaille“ ist unmanifest, die andere manifest. Ojas ist ein Maß für die Aktivierung der inneren Intelligenz des Organismus – Veda. Ojas ist daher ein zentraler Parameter für den Gesundheitszustand und wird auch als ein Maß für die Selbstheilungskraft des Organismus bezeichnet. Das Ojas-Niveau kann im Puls gemessen werden.
Die Ernährung laut Ayurveda-Medizin muss angepasst sein an die individuelle Konstitution (Prakriti), an das gegenwärtige Ungleichgewicht (Vikriti), an die Stärke von Agni (Verdauungskraft), an das Ausmaß der Ama-Belastung und an das Ojas-Niveau (Selbstheilungs-, bzw. Regenerationskraft des Organismus) sowie an Faktoren wie Tageszeit, Jahreszeit, Arbeitssituation, Alter, Stressbelastung, etc.

Diagnostik

Den ersten Schritt bildet auch in der Ayurveda-Medizin die Erhebung einer ausführlichen ayurvedischen und schulmedizinischen Anamnese.
Als zentrales Diagnosemittel dient im Maharishi Ayurveda – neben den konventionellen schulmedizinischen Diagnosemitteln – die Pulsdiagnose. Außerdem werden je nach Situation verwendet: Zungendiagnose, Augendiagnose, Handdiagnose, Antlitzdiagnose, Harn- und Stuhldiagnose, sowie die Beurteilung der Sprache, des Verhaltens, des Ganges und des Gesamteindruckes des Patienten. Auch das Horoskop der vedischen Astrologie liefert zusätzliche diagnostische Informationen. Zusammen mit den Ergebnissen der schulmedizinischen Diagnostik leitet daraus der Ayurveda-Arzt die entsprechende individuell auf die Gesundheitssituation des Patienten abgestimmte Therapie ab.

Therapieansätze des Ayurveda

Die Maharishi-Ayurveda-Therapien (Abb. 7) beinhalten neben Yoga, transzendentaler Meditation, dem Wissen der vedischen Astrologie (Jyotish) und der vedischen Architektur (Sthapatya-Veda), v. a. Ernährungsempfehlungen – abgestimmt auf Vikriti, bzw. Prakriti, sowie Kräuterrezepturen, Tees, Kräuteröle, Aromatherapie, Musiktherapie, vedische Urklangtherapie, vedische Vibrationstechniken und Reinigungsbehandlungen (Panchakarma).
Das Ziel der ayurvedischen Therapie ist die Belebung des Veda in der Physiologie – der inneren Intelligenz des Organismus. Dies wird erreicht durch
  • die direkte Erfahrung der transzendenten „Veda-Ebene“ des Bewusstseins (Meditation, Yoga),
  • durch die Belebung der „Veda-Ebene“ des Bewusstseins, z. B. mit Hilfe der vedischen Urklangtherapie, der vedischen Vibrationstechnik, der ayurvedischen Heilkräuter (spezielle Zu- und Aufbereitungsprozesse um die innere Intelligenz der Heilpflanze zu aktivieren),
  • durch ausgleichende und harmonisierende ayurvedische Therapieansätze, wie z. B. Musiktherapie (Gandharva-Veda) und Aromatherapie und
  • durch reinigende und entschlackende Maßnahmen, in erster Linie Panchakarma-Kurbehandlungen.
Diese vedischen Therapieansätze werden individuell auf die Grundkonstitution und den gegenwärtigen Zustand des Organismus abgestimmt (Prakriti, Vikriti, Agni, Ama, Ojas) und entsprechend der Lebenssituation und dem Schweregrad der Erkrankung dem Patienten empfohlen.

Psychotherapeutische Ansätze des Maharishi Ayurveda

In der Ayurveda-Medizin gibt es seit Jahrtausenden ganzheitliche psychotherapeutische Ansätze, die über unsere modernen Formen der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik hinausgehen.
Die ayurvedische Disziplin, die sich mit geistiger Gesundheit beschäftigt, wird als Satvavajayah bezeichnet. Generell werden 4 Ebenen der Gesundheit beschrieben:
1.
Umwelt,
a.
nähere Umwelt: private, soziale und Arbeitsumgebung, Wohn- und Arbeitssituation, gesellschaftliches Umfeld,
 
b.
entferntes Umfeld bis hin zu globalen und kosmischen Einflüssen,
 
 
2.
Körper,
 
3.
Geist,
 
4.
transzendente Ebene (Atma/Selbst).
 
Die ayurvedischen Therapien setzen daher auf den 3 relativen Lebensebenen der Umwelt (exogen), des Körpers (endogen) und des Geistes (psychisch) an. Das Ziel jeder Therapieform der vedischen Medizin ist das „Durchgängig-Machen“ der einzelnen Ebenen der Persönlichkeit und die Rückverbindung mit der innersten transzendenten Lebensebene, dem Selbst (Atma). Der Schlüsselprozess ist Transzendieren, das Überschreiten aller relativen Prozesse und die Erfahrung ruhevoller Wachheit – ein 4. Hauptbewusstseinszustand (neben Wachen, Träumen und Schlafen), der einhergeht mit der Erfahrung eines maximal erweiterten Bewusstseins bei gleichzeitiger Gedankenfreiheit und innerer Wachheit (Abb. 8).
Der einfachste und direkteste Weg diesen Grundzustand des Bewusstseins zu erfahren ist die jahrtausendealte vedische Bewusstseinstechnik der transzendentalen Meditation (TM). Während der Ausübung der TM-Technik kommt es neben dem Vorgang des Transzendierens auch zum Abbau von „Altlasten“ im System (unverdaute Lebenserfahrungen und Überbelastungen). Dadurch werden unbewusste, bzw. unterbewusste Persönlichkeitsstrukturen mehr und mehr bewusst. Ein Mensch ist gesund im Sinne der Maharishi-Ayurveda-Medizin, wenn er voll bewusst ist, wenn alle inneren Blockaden und unverarbeiteten Erfahrungen abgebaut wurden und die transzendente Ebene (Atma) in die Relativität des Lebens integriert ist. Dies wird in der vedischen Wissenschaft als Zustand der Erleuchtung definiert (kosmisches Bewusstsein, Einheitsbewusstsein).
Die eigentliche Ursache für die Entstehung von Krankheiten wird als Pragyaparadha bezeichnet, der „Fehler des Intellekts“; die Verbindung mit der transzendenten, absoluten Bewusstseinsebene des Lebens ist nicht ausreichend lebendig. Alle vedischen Therapieansätze (Abschn. 5.6) haben das Ziel, diese Verbindung wieder bewusst zu machen und den Menschen ihre kosmische Dimension zurückzugeben. Dies ermöglicht ein Leben frei von Krankheiten und Leiden und bildet damit die Voraussetzung dafür, das Ziel der vedischen Medizin zu erreichen – die Schaffung einer krankheitsfreien Gesellschaft.
Fazit
„Ayurveda“ ist „Veda“ von „Ayu“– das „Wissen vom Leben“. „Veda“ sind die Grundstrukturen der inneren Intelligenz des Organismus, der grundlegenden, transzendenten Bewusstseinsebene. Ein ayurvedisches Lehrsystem das kein vollständiges theoretisches Wissen über den „Veda“ vermittelt und das keine Möglichkeit bietet diese transzendente Bewusstseinsebene zu erfahren und zu beleben, bleibt oberflächlich und fragmentiert – es ist nicht „Ayur-Veda“.
Chinne mule naiva shakha na patram(vedische Literatur).
Es existieren keine Blätter und keine Zweige in der Abwesenheit der Wurzeln (dt. Übersetzung).
Maharishi Vedische Medizin hat ihren Arbeitsschwerpunkt in den Bereichen Prävention, Befindlichkeitsstörungen, Psychosomatik, Stressfolgekrankheiten und chronische Erkrankungen. Sie bietet als Komplementärmedizin eine Erweiterung des schulmedizinischen Therapiespektrums an und damit eine Verbesserung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Maharishi Vedische Medizin lässt sich einfach in jedes bestehende Gesundheitssystem integrieren.
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