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Psychopharmakotherapie und psychiatrische Begleitung in Schwangerschaft und Stillzeit

Verfasst von: Christof Schaefer, Valenka Dorsch und Anke Rohde
Die Behandlung psychisch kranker Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit ist eine eher seltene Aufgabe für Psychiater; vielleicht ist das der Grund dafür, dass Unsicherheit vonseiten des Arztes eine typische Reaktion ist. Wir haben alle aufgrund der Contergan-Affäre in den 1960er-Jahren gelernt, welch gravierende Probleme teratogene Substanzen verursachen können. Ein verantwortlicher Umgang mit Psychopharmaka in der Schwangerschaft ist die erfreuliche Konsequenz dieser Erfahrungen. Andererseits aber gibt es auch immer wieder Situationen, in denen vorschnelles Handeln – wie etwa das ungerechtfertigte Absetzen einer bewährten Medikation bei Kinderwunsch oder Feststellung einer Schwangerschaft – eine Patientin psychisch destabilisieren kann. Stattdessen ermöglicht eine qualifizierte Beratung der Patientin und ihres Partners eine informierte Entscheidung der Betroffenen. Die psychiatrische Betreuung im Falle einer Schwangerschaft sollte eine möglichst positive Erfahrung von Schwangerschaft und Entbindung zum Ziel haben. Die Prinzipien der Behandlung von psychisch kranken schwangeren Frauen und Frauen, für die die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, werden hier dargestellt, ergänzt durch Informationen zum peripartalen Management und zur Stillzeit.

Schwangerschaft/Entbindung und psychische Erkrankung

Entgegen früherer Auffassung schützt eine Schwangerschaft nicht vor dem erstmaligen bzw. erneuten Auftreten einer psychischen Störung, auch wenn diese Wahrscheinlichkeit im Vergleich zur postpartalen Zeit deutlich geringer ist (Kap. Frauenspezifische psychische Störungen in der Psychiatrie; Di Florio et al. 2013; Jones et al. 2014). Die wiederholte Beratung einer Patientin zum Thema sichere Kontrazeption sollte deshalb bei psychisch kranken Frauen im gebärfähigen Alter routinemäßig zur Behandlung gehören. Besonders gefährdet, ein schweres postpartales Rezidiv zu erleiden, sind Frauen mit bipolarer Störung in der Vorgeschichte (Viguera et al. 2007; Munk-Olsen et al. 2009; Di Florio et al. 2013; Jones et al. 2014).
Zur Vermeidung ungeplanter Schwangerschaften und einer vielleicht unnötigen bzw. ungünstigen Exposition des Embryos sollte eine suffiziente Kontrazeption regelmäßiges Thema in der psychiatrischen Behandlung sein. Eine enge Kooperation mit dem behandelnden Frauenarzt hilft bei der Umsetzung. „Sichere“ Methoden, wie etwa die Verwendung einer „Spirale“ oder einer 3-Monats-Spritze, sind anderen Methoden (v. a. der „Pille“, die ja sehr verlässlich täglich eingenommen werden muss) vorzuziehen. Eine „Kompromisslösung“ könnte die Verwendung eines Verhütungsrings sein, da an diesen nur alle 4 Wochen gedacht werden muss.
Wenn eine Frau erstmals in der Schwangerschaft oder nach der Entbindung erkrankt oder wenn sie bei vorher bestehender Störung in der Schwangerschaft bzw. nach der Entbindung ein Krankheitsrezidiv erleidet, stellt sich die Frage einer Behandlung mit Psychopharmaka. Frauen, die ihre Schwangerschaft planen, kommen mit entsprechenden Fragen zum behandelnden Psychiater. Müssen sie die Medikation absetzen, auf ein anderes Medikament umstellen, welche Risiken bestehen für das ungeborene Kind und wie hoch ist ihr Risiko, durch die Schwangerschaft erneut zu erkranken?
Vor dem Hintergrund des Contergan-Skandals Anfang der 1960er-Jahre, bei dem nach der Gabe eines vermeintlich nebenwirkungsfreien Schlafmittels in der Schwangerschaft mehrere tausend Kinder mit schweren körperlichen Fehlbildungen geboren wurden, gibt es nachvollziehbare Zurückhaltung und Ängste bezüglich einer Medikation in der Schwangerschaft. Allerdings müssen solche Befürchtungen und Sorgen um die Gesundheit der Kinder bzw. der möglichen Folgen für das Kind im Rahmen einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung sorgfältig gegenüber den möglichen Krankheitsfolgen für Mutter und Kind bei unbehandelter Erkrankung abgewogen werden. Vorschnelles Handeln (z. B. abruptes Absetzen oder Umstellen der Medikation) ist in der Regel angesichts der verfügbaren Informationen zu Arzneimitteln nicht angebracht. Auch darf der Kinderwunsch der Frau bzw. des Paares nicht einfach autoritär beiseitegeschoben werden; apodiktische Äußerungen vonseiten der Ärzte bei der Beratung von psychisch kranken Frauen und ihren Partnern („Sie dürfen mit Medikamenten nicht schwanger werden“) lösen nicht das Problem und entsprechen auch nicht dem heutigen Behandlungsleitbild der Einbeziehung autonomer Patienten in den Behandlungsprozess und dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung (s. auch Abschn. 2).
Ebenso wie andere Frauen können psychisch kranke Frauen einen starken und in der Regel auch „gesunden“ Wunsch nach Gründung einer Familie haben. Auch bei psychisch kranken Frauen kann ein unerfüllter Kinderwunsch eine erhebliche psychische Belastung mit sich bringen, vielleicht sogar bis hin zur dadurch bedingten Verschlimmerung der Grunderkrankung. Nach unserer eigenen Erfahrung haben gerade Frauen, die eine Schwangerschaft planen und sich im Vorfeld mit den möglichen Risiken beschäftigen, gegenüber dem gewünschten Kind ein hohes Verantwortungsgefühl.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich würde man sich eine Schwangerschaft ohne Medikamenteneinfluss wünschen, zumal ja letzten Endes die möglichen Auswirkungen nicht in jeder Hinsicht eingeschätzt werden können. Aber nicht immer ist dies realisierbar und nicht selten vergehen mit Absetzversuchen, Auftreten eines Rezidivs, Neueinstellung der Medikation und mehrfacher Wiederholung dieses Kreislaufs mehrere für die Patientin und ihre Familie sehr belastende Jahre, was bei der Nutzen-Risiko-Abwägung berücksichtigt werden muss. Und um es ganz deutlich zu sagen: Auch im Kontext von Kinderwunsch und Schwangerschaft dürfen die üblichen Regeln einer Behandlung bzw. Prophylaxe für rezidivierende psychische Erkrankungen nicht einfach außer Acht gelassen werden.
Auch wenn die Familienplanung noch kein Thema ist, sollte bei einer Patientin im gebärfähigen Alter bereits bei der Planung der längerfristigen Medikation die Möglichkeit einer späteren Schwangerschaft in die Überlegungen einbezogen werden, um möglichst nicht eines Tages umstellen zu müssen. Dies gilt insbesondere für bipolare Störungen, die im Kontext von Schwangerschaft und Geburt im Vergleich mit anderen psychischen Störungen ein besonders hohes Rezidivrisiko haben und bei denen es ohne wirksame Prophylaxe zu schwersten Krankheitsphasen kommen kann.
Bei den verschiedenen Konstellationen und Entscheidungshintergründen im Zusammenhang mit Kinderwunsch, Schwangerschaft und Entbindung ist nach Erfahrung der Autoren besonderes Augenmerk auf das peripartale Management zu richten. Dazu gehören beispielsweise die Vorplanung der Entbindung und die Optimierung anderer relevanter Aspekte, die zur Verhinderung eines postpartalen Krankheitsrezidivs beitragen könnten (wie etwa Stressreduktion, psychosoziale Unterstützung sowie die konkrete Vorplanung der Medikation prä-, intra- und postpartal, s. unten).
Die hier gegebenen Informationen sollen ein allgemeines Verständnis für die Betreuung einer Frau in der speziellen Situation von Schwangerschaft und Stillzeit geben, ersetzen aber nicht die weiterführende Information und die sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung in jedem Einzelfall.

Geplante Schwangerschaft bei psychischer Erkrankung

Plant eine Patientin mit psychischer Erkrankung eine Schwangerschaft, so wird sie sich wahrscheinlich bei ihrem Psychiater erkundigen, ob wegen der geplanten Schwangerschaft das Absetzen der Psychopharmaka vorübergehend möglich und sinnvoll ist. Eine solche Entscheidung bedarf immer einer individuellen Bewertung, wobei neben der allgemeinen Rezidivgefahr unbedingt die Krankheitsanamnese berücksichtigt werden muss (z. B. frühere Erfahrungen mit dem Absetzen einer Medikation, Auslösefaktoren neuer Krankheitsepisoden wie Stress, Hinweise auf Empfindlichkeit bei hormonellen Umstellungen wie etwa ein ausgeprägtes prämenstruelles Syndrom).
Auch wenn sie nur Empfehlungscharakter haben, sind die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften und insbesondere der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) für solche Entscheidungen durchaus hilfreich. In den letzten Jahren wurden die Leitlinien für fast alle Störungsbilder um konkrete Hinweise für den Umgang mit Schwangerschaft bzw. Kinderwunsch erweitert (s. Abschn. 2).
Es gibt zwei Konstellationen, bei denen eine Umstellung der Medikation auf jeden Fall sehr ernsthaft bedacht werden muss, nämlich zum einen, wenn die Patientin auf Valproinsäure eingestellt ist (s. unten) und zum anderen, wenn eine Polypharmakotherapie erfolgt. In solchen Fällen sollte sehr kritisch geprüft werden, ob in einem vorsichtigen Umstellungsprozess die Reduktion auf eine Monotherapie oder zumindest nur zwei Substanzen möglich ist. Allerdings zeigt die Lebensrealität, dass auch das nicht immer möglich ist und sich dann die Waage der Nutzen-Risiko-Abwägung (Auswirkungen eines Krankheitsrezidivs vs. eventuelle Auswirkungen der Polytherapie) klar in Richtung Fortführung der bewährten Medikation neigt. Letzen Endes muss die Patientin gemeinsam mit ihrem Partner in einem solchen Falle die Entscheidung treffen. Sie benötigt allerdings für diese Entscheidung sachgerechte und aktuelle Informationen und es liegt nach Ansicht der Autoren in der Verantwortung der behandelnden Ärzte, diese als Entscheidungsbasis zur Verfügung zu stellen.
Bei Monotherapie ist die Entscheidung in der Regel relativ einfach: Bei relevantem Rezidivrisiko ist unter Nutzen-Risiko-Abwägung die Weiterbehandlung während der Schwangerschaft eindeutig sinnvoller als das Absetzen der Medikation mit dem hohen Risiko einer erneuten Erkrankung während der Schwangerschaft mit vielfältigen negativen Auswirkungen (z. B. Notwendigkeit höherer Dosierung und/oder Polypharmakotherapie, verstärkter Nikotin- oder Alkoholkonsum, Mangelernährung, Schlafmangel, Auswirkungen produktiv-psychotischer Symptome, erheblicher Stress durch die Erkrankung).
Die niedrigstmögliche Dosis der Erhaltungstherapie („So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig“) wird in solchen Fällen folglich weit weniger schädlich für das Kind sein als die Symptome und Auswirkungen, denen es durch die psychische Erkrankung der Mutter und den dadurch resultierenden Stress ausgesetzt wäre (Davis und Sandman 2010; Rice et al. 2010). Nicht zu vernachlässigen ist auch die Belastung für die Patientin durch eine erneute Krankheitsepisode und einen dadurch vielleicht erforderlichen Aufenthalt in der Psychiatrie – in einer Zeit, die sie und ihre Familie sich ganz anders gewünscht hätten. Last but not least stellt sich die Frage, ob sich nicht durch ein möglicherweise vermeidbares Rezidiv (hätte man die Medikation nicht abgesetzt oder umgestellt) auch die Gesamtprognose der Patientin verschlechtert.
Im Einzelfall könnte es sinnvoll sein, von einem noch sehr neuen Präparat auf ein Medikament umzustellen, dass viele Jahre oder sogar Jahrzehnte im Handel ist und unter dem bereits ausreichend viele unkomplizierte Schwangerschaften dokumentiert wurden. Allerdings sollten solche Umstellungen nur mit äußerster Zurückhaltung vorgenommen werden („Never change a winning team“). Letzten Endes hat wohl jeder Psychiater schon die Erfahrung gemacht, dass ähnliche Wirkstoffe noch lange nicht die gleiche Wirkung erzielen oder ein vergleichbares Nebenwirkungsspektrum haben. Die bis heute noch geläufige Umstellung von einem atypischen Neuroleptikum auf das „klassische Haloperidol“ sollte der Vergangenheit angehören (s. auch Abschn. 2).
Schließlich sollte im psychiatrischen Gespräch der Alkohol- und Nikotinkonsum im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft thematisiert werden und die Frauen sind über entsprechende Unterstützungsangebote zu Lebensstiländerungen zu informieren (s. Abschn. 2).

Probleme bei ungeplanter Schwangerschaft und psychischer Erkrankung

Für jede Frau stellt eine ungeplante Schwangerschaft eine Herausforderung dar; dies wird noch deutlicher bei einer psychisch kranken Frau. Wie auch sonst bei ungeplanten Schwangerschaften wird sich für die Frau zunächst die Frage stellen, ob sie die Schwangerschaft überhaupt fortführen möchte oder ob ein Schwangerschaftsabbruch für sie die bessere Lösung ist (s. unten). Bei ungeplanter Schwangerschaft kommen in der Regel bei der Patientin und ihrem Umfeld Ängste auf, dass das Kind durch die eingenommenen Medikamente möglicherweise bereits geschädigt wurde. Oftmals resultiert aus der plötzlichen und unerwarteten Feststellung der Schwangerschaft der Wunsch bzw. Impuls der betroffenen Patientin, ihre Medikamente abzusetzen – weil sie ihrem Kind nicht schaden möchte. Nicht selten wird dieser Wunsch durch die Empfehlung vonseiten des behandelnden Psychiaters zur sofortigen Beendigung bzw. Umstellung der Medikation verstärkt, auch wenn diese Empfehlung sich bei besonnener Betrachtung und differenzierter Nutzen-Risiko-Abwägung, aber v. a. bei Berücksichtigung psychiatrischer Behandlungsprinzipien als nicht sinnvoll erweist. Solche Reaktionen und Entscheidungen haben im Übrigen in den meisten Fällen kaum noch Konsequenzen für die Entwicklung des ungeborenen Kindes, da eine ungeplante Schwangerschaft meist erst um die 8. Schwangerschaftswoche oder später festgestellt wird und dann wesentliche Entwicklungsschritte der Organogenese bereits abgeschlossen sind (s. Abschn. 3.1). Abgesehen davon wird in der Regel auch nicht berücksichtigt, dass für die meisten in der Psychiatrie verwendeten Medikamente (praktisch alle Antipsychotika und Antidepressiva) keine substanziellen Hinweise auf teratogene Auswirkungen vorliegen (s. Abschn. 4).
Bei Feststellung einer Schwangerschaft entspricht das unvermittelte Absetzen bzw. Umstellen der Medikation nicht mehr den geltenden Behandlungsleitlinien. Es ist nicht lege artis, die werdende Mutter dadurch der Gefahr einer Destabilisierung ihres psychischen Zustands mit evtl. schweren Auswirkungen für ihre Gesamtprognose auszusetzen.

Arzneimitteltherapie des Vaters

Es gibt derzeit wenige gezielte Untersuchungen über etwaige Auswirkungen einer medikamentösen Therapie des Vaters auf das werdende Kind. Denkbar sind Einflüsse auf die Spermatogenese oder direkt auf die Spermatozoen. Am ehesten würden diese bei der Konzeption und beim Erhalt der Schwangerschaft in den ersten Wochen zum Tragen kommen. Theoretisch denkbar sind medikamentös bedingte chromosomale oder mutagene Abweichungen. Bislang gibt es jedoch keine Fallberichte, die klinisch manifeste Störungen der Kindsentwicklung durch eine Therapie des Vaters belegen. Allerdings kann die Erkrankung des Vaters insofern von Bedeutung sein, dass für ihn die Schwangerschaft seiner Partnerin und seine bevorstehende Vaterschaft zur Destabilisierung führen können. Und wenn beide zukünftigen Eltern psychisch krank sind, führt dies zu besonderen Herausforderungen hinsichtlich psychiatrischer und psychosozialer Unterstützung in der Schwangerschaft und Postpartalzeit.

Auswirkungen der Erkrankung der Mutter auf die Entwicklung des Kindes

Die unzureichend behandelte psychische Erkrankung der Mutter kann Auswirkungen auf das (ungeborene) Kind haben. Zeskind und Stephens (2004) diskutieren in ihrer Übersichtsarbeit, dass bei Kindern depressiv erkrankter Mütter, unabhängig von einer Medikation, Geburtskomplikationen häufiger auftreten, die Reifung des fetalen Herzrhythmus verzögert erfolgt, der neonatale Kortisol- und Norepinephrinspiegel erhöht und das Schlafverhalten gestört ist. Für einen Zusammenhang zwischen pränatalem Stress und späteren psychischen Problemen bei den Kindern (vermittelt über einen erhöhten Kortisolspiegel in der Schwangerschaft) gibt es mittlerweile eine Reihe von Hinweisen (Davis und Sandman 2010; Rice et al. 2010; Howard et al. 2014).
In den frühen Lebensjahren ist eine intakte Mutter-Kind-Beziehung von besonderer Bedeutung. Aus diesem Grunde sollten lange Krankheitsphasen und stationäre Aufenthalte der Mutter wenn irgend möglich vermieden werden. Dies zeigen u. a. Untersuchungen zu den Auswirkungen einer postpartalen Depression auf die Mutter-Kind-Bindung und dadurch indirekt auf die Entwicklung des Kindes (Brockington 2004; Ramchandani et al. 2008; Figueiredeo et al. 2009; Murray et al. 2011; LeTourneau et al. 2013). Die Nutzen-Risiko-Abwägung in Bezug auf eine medikamentöse Therapie der Mutter sollte auch diesen Aspekt immer berücksichtigen.

Was sagen die Leitlinien?

Ziel medizinischer Leitlinien ist es, Entscheidungen in der medizinischen Versorgung auf eine rationale Basis zu stellen, unter Abwägung von Nutzen und Schaden das Vorgehen der Wahl zu definieren und nicht zuletzt auch die Stellung des Patienten als Partner im Entscheidungsprozess zu stärken. Anders als Richtlinien sind Leitlinien nicht rechtsverbindlich. Sie haben den Charakter von Orientierungshilfen im Sinne von Handlungs- und Entscheidungskorridoren, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss AWMF, ÄZQ (2001).
Hinweis: Die Auffassung der Autoren dieses Kapitels stimmt nicht immer mit den Angaben der Leitlinien überein, sie sehen es aber dennoch als ihre Aufgabe, diese zu zitieren.
Die Entwicklung von Leitlinien für Diagnostik und Therapie wird durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) koordiniert und elektronisch kostenfrei im Volltext publiziert (www.awmf-leitlinien.de. Zugegriffen am 01.08.2016; auch über die Fachgesellschaften, z. B. die DGPPN: www.dgppn.de. Zugegriffen am 01.08.2016). Nicht zuletzt von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) wurde kritisiert, dass Verfasser von Leitlinien aufgrund ihrer Industriekontakte beeinflussbar sein könnten. Leitlinienempfehlungen zum Einsatz bestimmter Medikamente müssen unter diesem Aspekt kritisch gelesen werden (Schott et al. 2013). Eine Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte bei den Verfassern von Leitlinien ist inzwischen obligatorisch.
Für spezielle Therapiesituationen wie die Schwangerschaft, für die randomisierte Studien u. a. aus ethischen Gründen nicht infrage kommen, werden in den aktuellen Leitlinien zu Schwangerschaft und Stillzeit in der Mehrzahl Empfehlungen nach klinischem Konsens (KKP = Klinischer Konsenspunkt, Expertenkonsens) oder Statements (bei fehlender Evidenz und/oder Forschungsbedarf) formuliert.
Alle bisher aktualisierten S3-Leitlinien zu den großen psychiatrischen Krankheitsbildern, von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften herausgegeben, beinhalten mittlerweile auch Empfehlungen zur peripartalen Therapie psychischer Erkrankungen. Neben krankheitsübergreifenden allgemeinen Prinzipien (Nutzen-Risiko-Abwägung, Monotherapie, partizipative Entscheidungsfindung, Hinweise zum Umgang mit Patientin und Partner, Dokumentation etc. siehe Box unten: „Allgemeine Prinzipien für Schwangerschaft und Stillzeit“) sind konkrete Empfehlungen zu einzelnen Medikamenten, spezifischen Psychotherapien und alternativen Strategien zur Behandlung psychischer Störungen in Schwangerschaft und Stillzeit formuliert.
Allgemeine Prinzipien für Schwangerschaft und Stillzeit
Am Beispiel der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen, die 2012 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) herausgegeben und 2014 ergänzt wurde (DGPPN und DGBS 2012), werden hier die allgemeinen Empfehlungen zu Schwangerschaft und Stillzeit dargestellt:
  • Beim Einsatz psychotroper Substanzen gilt in Schwangerschaft und Stillzeit eine besondere Vorsicht, da derzeit keine randomisierten, kontrollierten, doppelblinden Studien verfügbar sind und dies auch aller Voraussicht nach zukünftig nicht sein werden. Ethische Gründe machen die Durchführung solcher Studiendesigns unmöglich.
  • Psychotrope Substanzen sollen individuell nach Erhebung einer differenzierten Anamnese verordnet und im Verlauf der Schwangerschaft und Stillzeit immer wieder hinsichtlich einer möglichen Modifikation (der Substanzen und/oder Dosierungen) überprüft werden. In jedem Fall soll eine schriftliche Aufklärung der Patientinnen zu Risiken der Medikation (mögliches Fehlbildungsrisiko des ungeborenen Kindes, mögliche körperliche und geistige/psychische Entwicklungsstörungen des neugeborenen Kindes) erfolgen. Neben der Patientin sollte auch der Kindsvater in die Aufklärung miteinbezogen werden. (Hinweis der Autoren: Eine Möglichkeit der schriftlichen Information besteht darin, der Patientin einen aktuellen Auszug von www.embryotox.de auszuhändigen [zugegriffen am 01.08.2016].)
  • Bei einzelnen Substanzen soll deren gesicherte Teratogenität wiederholt und insistierend benannt werden.
  • Eine Verabreichung psychotroper Substanzen sollte möglichst in Monotherapie erfolgen, da über Wechselwirkungen verschiedener Substanzen, das Risiko von Teratogenität und Entwicklungsstörungen des Kindes nur wenig bekannt ist.
  • Dosierungen sollten so gering wie möglich gewählt werden, jedoch effizient genug, um möglichst eine Remission der psychischen Symptomatik zu erreichen bzw. eine Remission aufrechtzuerhalten.
  • Über die Notwendigkeit eines regelmäßigen Drug-Monitoring bei Mutter und Kind bestehen in der Literatur gegensätzliche Einschätzungen, sodass keine generelle Empfehlung zu einem speziellen Drug-Monitoring gegeben werden kann.
  • Neben den Risiken durch die Medikation sollte auch der Hinweis auf Risiken durch die unbehandelte psychische Erkrankung und deren mögliche Folgen gegeben werden (Geburtskomplikationen, mögliche körperliche und geistige/psychische Entwicklungsstörungen des neugeborenen Kindes, Isolierung des Kindes von der Mutter durch notwendigen stationären Krankenhausaufenthalt, Suizidalität, erweiterte Suizidgedanken etc.).
  • Das erhöhte Risiko der Exazerbation einer psychischen Erkrankung nach der Geburt bei ersten psychischen Symptomen in der Schwangerschaft ist wissenschaftlich belegt. Dieses Wissen soll bei der Abwägung, ob und wann ein Medikament verordnet wird, Berücksichtigung finden.
  • Generell sollen die Eltern des ungeborenen/neugeborenen Kindes die Möglichkeit bekommen, Entscheidungen zu revidieren, Sorgen zu äußern, Veränderungen der Befindlichkeit anzuzeigen und jederzeit einen kompetenten Ansprechpartner zu kontaktieren (die ärztliche Verfügbarkeit, telefonisch und/oder persönlich, muss gewährleistet sein, auch für Notfälle in der Nacht und am Wochenende).
Quelle: S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen, 2012 [2]

Spezielle Krankheitsbilder

Schizophrenie

Die S3-Behandlungsleitlinie Schizophrenie aus dem Jahr 2006 (DGPPN 2006) ist Ende 2010 abgelaufen und zur Überarbeitung neu angemeldet als Nationale Versorgungsleitlinie (AWMF-Reg.Nr.: nvl-010, geplant für 2017). Damit wird neben der unipolaren Depression eine zweite psychische Erkrankung unter den Nationalen Versorgungsleitlinien zu finden sein.

Bipolare Störung

Die S3-Leitlinie zur Bipolaren Störung von 2012 (DGPPN und DGBS 2012) konstatiert, dass eine psychopharmakologische Behandlung von Frauen mit bipolarer Störung im gebärfähigen Alter sowie in Schwangerschaft und Stillzeit bis auf Ausnahmefälle nötig ist und eine komplexe Herausforderung darstellt. Bei schwerer bipolar affektiver Erkrankung werde eine durchgehende pharmakologische Behandlung in Schwangerschaft und Stillzeit häufig notwendig, um nicht nur das Rückfallrisiko, sondern auch die Krankheitsschwere bei der Mutter zu vermindern. Oft könnten Sicherheit der Mutter und des ungeborenen Kindes sowie die Versorgung des neugeborenen Kindes durch die Mutter nach der Geburt nur mittels dauerhafter medikamentöser Intervention gewährleistet werden. Eine Nutzen-Risiko-Analyse müsse für jeden Einzelfall neu erfolgen und neben detaillierter Aufklärung der bisher bekannten Risiken auch mögliche langfristige Folgen bei der Einnahme psychotroper Substanzen in der Schwangerschaft beinhalten.
Behandlungsprinzipien in Schwangerschaft und Stillzeit (gemäß S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen, 2012)
Therapie der akuten Manie und Phasenprophylaxe
  • Haloperidol kann zur Akutbehandlung einer Manie erwogen werden; dafür keine spezifische Teratogenität bekannt; extrapyramidal-motorische Nebenwirkungssymptomatik (EPMS)/unerwünschte Nebenwirkungen müssen bedacht werden.
  • Atyische Neuroleptika als nebenwirkungsärmere Substanzen sollten erwogen werden.
  • Quetiapin: Stärkste Empfehlung bezüglich Atypika, sollte zur Akutbehandlung einer Depression oder Manie und zur Phasenprophylaxe erwogen werden.
  • Olanzapin: sollte zur Akutbehandlung einer Manie und zur Phasenprophylaxe erwogen werden.
  • Risperidon: sollte zur Akutbehandlung einer Manie erwogen werden.
  • Aripiprazol: nicht Mittel der ersten Wahl, könnte aber zur Akutbehandlung einer Manie erwogen werden (keine spezifische Teratogenität bekannt, jedoch Datenlange gering).
  • Ziprasidon: nicht Mittel der ersten Wahl, könnte aber zur Akutbehandlung einer Manie erwogen werden (keine spezifische Teratogenität bekannt, jedoch Datenlange sehr gering).
  • Clozapin sollte bei schwangeren Patientinnen nicht eingesetzt werden (Risiko für schwere unerwünschte Nebenwirkungen bei Mutter und Kind).
Therapie der bipolaren Depression
  • SSRI (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer): sollten zur Akutbehandlung einer bipolaren Depression erwogen werden.
    • Paroxetin und Fluoxetin: da teratogenes Risiko diskutiert wird, keine Neueinstellung in der Schwangerschaft; während der Schwangerschaft ggf. Umstellung auf anderen SSRI.
    • Sertralin und Citalopram: beste Datenlage; deshalb am ehesten für Akutbehandlung empfohlen
  • SSNRI (selektive Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer) wie Venlafaxin und Duloxetin können zur Akutbehandlung einer bipolaren Depression erwogen werden. Spezifische Teratogenität nicht bekannt, jedoch Datenlange gering.
  • Trizyklische Antidepressiva: können zur Akutbehandlung einer bipolaren Depression erwogen werden. Spezifische Teratogenität ist nicht bekannt. Bei Verordnung sollen unerwünschte Wirkungen für die Mutter in Betracht gezogen werden (auch Switch-Risiko bedenken). Die Möglichkeit der Verabreichung nebenwirkungsärmerer Substanzen, wie z. B. SSRI, sollte erwogen werden
  • Bupropion: kann zur Akutbehandlung einer bipolaren Depression erwogen werden. Spezifische Teratogenität ist nicht bekannt, jedoch ist die Datenlage gering.
Stimmungsstabilisierer
  • Stimmungsstabilisierer sind bei bipolaren affektiven Störungen oft nicht verzichtbar, auch nicht in der Schwangerschaft.
  • Im Falle einer ungeplanten Schwangerschaft unter einem Stimmungsstabilisierer ist die kleinstmögliche Dosis zu wählen, diese wiederum in kleine Dosen über den Tag zu verteilen, um Spiegelspitzen zu vermeiden.
  • Abruptes Absetzen soll aufgrund hoher Rückfallraten vermieden werden.
  • Lithium: sollte als Phasenprophylaxe bei Schwangeren erwogen werden. Spezifische Teratogenität besteht für das Herz- und Gefäßsystem des ungeborenen Kindes. Das Risiko ist jedoch als relativ gering anzusehen, aufgetretene Fehlbildungen sind in den meisten Fällen nach der Geburt operabel. Stillen unter Lithium kann nicht empfohlen werden (Risiko von Nebenwirkungen bzw. Intoxikation beim Kind sind zu hoch). Während der Schwangerschaft sind Veränderungen der Clearance zu beachten, deshalb sollten regelmäßige Serumspiegelkontrollen (14-tägig, ab 20. SSW wöchentlich) und ggf. Dosisanpassungen vorgenommen werden. Die Tagesdosis sollte auf 3–5 Einzeldosen eines retardierten Präparats verteilt werden, um Serumspiegelspitzen zu vermeiden. Feinultraschallkontrollen sowie fetales Echokardiogramm in der 18. und 23. SSW sollten empfohlen werden.
  • Lamotrigin sollte zur Behandlung einer bipolaren Depression und als Phasenprophylaxe erwogen werden. Es besteht spezifische Teratogenität (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte), diese wird jedoch als gering eingestuft.
Cave: Teratogene Carbamazepin und Valproat
  • Carbamazepin: cave wg. Teratogenität (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte). Kann im Einzelfall bei fehlenden Alternativen als Phasenprophylaxe erwogen werden. Die Kombination Valproat und Carbamazepin soll vermieden werden, da das Risiko der Teratogenität steigt.
  • Valproinsäure: Hiervon ist abzuraten, soll als Phasenprophylaxe nicht verabreicht werden. Spezifische Teratogenität in Form komplexer Fehlbildungen. Wissenschaftlich belegt sind Entwicklungsverzögerungen der Kinder bis zum dritten Lebensjahr. Valproat soll vor Eintritt einer Schwangerschaft abgesetzt werden. Von der Verordnung von Valproat für Frauen im gebärfähigen Alter ist generell abzuraten.
Benzodiazepine
Benzodiazepine sollten im ersten Trimenon vermieden werden. Bei Behandlung mit Benzodiazepinen im letzten Trimenon ist mit Entzugssymptomen beim Neugeborenen zu rechnen (erhöhte Irritierbarkeit, Unruhezustände, Hypertonie, Erbrechen, Durchfall, Zittrigkeit, Trinkprobleme) sowie mit einem erhöhten Risiko für das „Floppy Infant Syndrom“.
Psychotherapie
Psychotherapie soll Schwangeren und stillenden Patientinnen zur Behandlung depressiver oder manischer Episoden zusätzlich zur medikamentösen Behandlung angeboten werden, ggf. auch zum Erhalt der therapeutischen Beziehung, wenn eine Patientin trotz eingehender Aufklärung über die Notwendigkeit einer akuten oder langfristigen Pharmakotherapie diese ablehnt.
Andere Therapieverfahren
  • Elektrokrampftherapie (EKT): Sie ist trotz fehlender Evidenz bei Versagen oder Kontraindikation anderer Therapiemaßnahmen eine therapeutische Option, wobei mögliche Narkoserisiken für Mutter und Kind limitierende Faktoren sind.
  • Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS), Vagusnervstimulation, Lichttherapie oder Wachtherapie: Hier besteht keine Evidenz.

Unipolare Depression in der Schwangerschaft und postpartal

S3-Leitlinie Unipolare Depression, DGPPN 2015
Fast gleichlautende allgemeine und spezielle Empfehlungen werden in der 2015 neu herausgegeben S3-Leitlinie Unipolare Depression (DGPPN et al. 2015), gleichzeitig Nationale Versorgungsleitlinie (was bedeutet, dass dazu u. a. auch eine Patientenfassung zur Verfügung steht), formuliert.
  • Psychopharmaka sollten nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung unter Berücksichtigung der individuellen Vorgeschichte und Präferenz der betroffenen Frauen gegeben werden:
    • möglichst als Monotherapie,
    • in niedrigstmöglicher Dosierung,
    • unter Berücksichtigung evtl. fluktuierender Plasmaspiegel durch die Schwangerschaft,
    • ggf. mit Durchführung eines „Drug Monitoring“,
    • kein abruptes Absetzen der Medikation.
  • Wegen möglicher Anpassungsstörungen des Neugeborenen (zentralnervös, gastrointestinal, respiratorisch) sollte die Entbindung in einer Klinik mit angeschlossener Neonatologie stattfinden.
  • Eine Ultraschall-Feindiagnostik in der 20. SSW wird empfohlen. Mögliche Konsequenzen der Pränataldiagnostik sollten vorher mit der Patientin und ggf. ihrem Partner erörtert werden.
  • Bei Sertralin und Citalopram besteht kein erhöhtes Risiko von Fehlbildungen (Mittel der ersten Wahl).
  • Bei Paroxetin und Fluoxetin besteht ein geringfügig erhöhtes Fehlbildungsrisiko (keine Antidepressiva der ersten Wahl).
  • Lithium:
    • Bei geplanter Schwangerschaft sollte keine Neueinstellung auf Lithium vorgenommen werden. Bei der Behandlung ist auf ein möglicherweise erhöhtes Fehlbildungsrisiko und postpartale Komplikationen hinzuweisen.
    • Bei eingetretener Schwangerschaft sollte die Entscheidung über die Fortführung der Medikation mit der Patientin gemeinsam getroffen werden, unter Berücksichtigung der individuellen Vorgeschichte.
    • Mögliche Verschiebungen im Wasserhaushalt sind zu beachten, häufige Kontrollen des Lithiumspiegels durchzuführen.
    • Mehrere Einzeldosen pro Tag sollten verabreicht werden.
  • Die Möglichkeiten psychotherapeutischer und psychosozialer Interventionen sind auszunutzen.
  • Elektrokrampftherapie (EKT) kann bei schwerer behandlungsresistenter Depression angeboten werden.
  • Körperliche Maßnahmen sollten zur Reduktion depressiver Symptome empfohlen werden.

Angststörungen

In der S3-Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen 2014 (Bandelow et al. 2014) werden ähnliche Hinweise zur Aufklärung und Nutzen-Risko-Abwägung gegeben wie oben in den allgemeinen Hinweisen der S3-Leitlinie zu den bipolaren Störungen bereits referiert.
  • Es wird auf die Bedeutung der Psychotherapie hingewiesen.
  • SSRI und Trizyklika gelten als relativ sicher (Frühgeburtsrisiko, mögliche Anpassungsstörungen beim Neugeborenen, evtl. erhöhtes Fehlbildungrisiko unter Paroxetin).
  • Benzodiazepine: Unter Berücksichtigung des bestehenden Abhängigkeitspotenzials wird die Einnahme von Diazepam und Chlordiazepoxid als sicher bewertet, Alprazolam soll vermieden werden.
  • Es sei nicht gerechtfertigt, Müttern bei der Einnahme von Trizyklika (Ausnahme Doxepin) oder SSRI (Ausnahme Fluoxetin) vom Stillen abzuraten. Säuglinge sollten hinsichtlich unerwünschter Wirkungen sorgfältig überwacht werden.

Zwangsstörungen

In der S3-Leitlinie zu Zwangsstörungen 2013 (DGPPN 2013) wird explizit darauf hingewiesen, dass in Schwangerschaft und Postpartalzeit ein erhöhtes Prävalenzrisiko besteht.
  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sollte als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden, um möglichst den Einsatz von Psychopharmaka zu umgehen.
  • Bei Gaben von Psychopharmaka ist die niedrigstmögliche Dosis zu wählen, falls möglich ist ihre Anwendung im ersten Trimenon ganz zu vermeiden.
  • Eine Behandlung mit Antidepressiva ist auch in der Stillzeit möglich (Paroxetin und Sertralin werden besonders empfohlen, Fluoxetin ist zu vermeiden).
Cave: hohes Exazerbationsrisiko bei Zwangsstörungen
Bei Zwangsstörungen besteht in der klinischen Realität in der Schwangerschaft ein hohes Exazerbationsrisiko mit oft schweren Krankheitsverläufen, sodass vollständiges Absetzen der Medikation keinesfalls empfohlen werden kann und Reduktion oft nicht möglich ist. Nicht selten ist sogar der Neubeginn einer Medikation oder eine deutliche Erhöhung des Antidepressivums (in der Regel ein SSRI) erforderlich. (Anmerkung der Autoren)

Abhängigkeitserkrankungen

In der S3-Leitlinie zu Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen 2015 (DG-Sucht und DGPPN 2015a) wird wegen der zusätzlichen Gefährdung des ungeborenen Kindes empfohlen, schwangere Frauen mit alkoholbezogenen Störungen besonders zu berücksichtigen. Vorrangig seien die Vermeidung von Folgeschäden, die Motivation zur Veränderung des Konsumverhaltens und eine Anbindung an das Suchthilfesystem zur Sicherstellung erforderlicher Behandlungsmaßnahmen. Die Vermittlung in eine qualifizierte Entgiftungseinrichtung sollte baldmöglichst erfolgen. Zum akuten Alkoholentzug sind bei schwangeren Frauen bevorzugt Benzodiazepine (statt Clomethiazol) einzusetzen.
Rauchende Schwangere sind nach S3-Leitlinie zu Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums 2015 (DG-Sucht und DGPPN 2015b) als eine der bedeutsamsten Hochrisikogruppen zu betrachten, da pränatale Tabakexposition nach Studienlage einen eklatanten Vulnerabilitätsfaktor für die Gesundheit des Kindes darstellt. Rauchen in der Schwangerschaft ist mit einer deutlich erhöhten Rate von Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, Reifungsstörungen bzw. verzögerter Entwicklung, somatischen Erkrankungen in der Kindheit (und im Erwachsenenalter) und psychischen Störungen verbunden.
Psychotherapeutische Verfahren zur Entwöhnung sind in jedem Stadium der Schwangerschaft zu empfehlen. Arzneimittel zur Tabakentwöhnung sollten nicht angeboten werden, in begründeten Ausnahmefällen jedoch ggf. Nikotinersatzpräparate.
Zum Umgang mit Drogenabhängigkeit gibt es derzeit keine S3- oder DGPPN-Leitlinien.

Bewertung der Teratogenität/Fetotoxizität von Psychopharmaka

Nicht selten werden die Risiken, die exogene Faktoren – insbesondere Arzneimittel – auf die embryonale Entwicklung haben, zu hoch eingeschätzt. Prinzipiell sind die Ursachen für angeborene Fehlbildungen nur in wenigen Prozent bei exogenen Einflüssen wie Arzneimitteln oder anderen Chemikalien zu suchen (Tab. 1). Bei den meisten teratogenen Substanzen führt die Anwendung in der Frühschwangerschaft maximal zur Verdopplung des Fehlbildungsrisikos – dessen Prävalenz etwa 3 % beträgt.
Tab. 1
Ursachen angeborener Entwicklungsstörungen des Menschen in Prozent. (Nach Schaefer et al. 2015)
Erkrankung
Ursachen
Prozent
Monogenetische und chromosomale Anomalien
 
15–25
Anatomische Faktoren
Uterusanomalien
Bis 3
Zwillingsschwangerschaften
Oligohydramnion
Chemische und physikalische Ursachen
Arzneimittel
2–4
Drogen (insbesondere Alkohol)
Hyperthermie
Ionisierende Strahlung
Schadstoffe
Mütterliche Erkrankungen
Diabetes mellitus (unzureichend behandelt)
Bis 3
Endemische Hypothyreose
Cytomegalie
Lues
Ringelröteln
Varizellen
Multifaktorielle Ursachen
Kombination und Interaktion exogener und endogener Faktoren
Bis 80
- Polygenetische Ursachen
- Unbekannte Ursachen
Bei den großen Gruppen der Antidepressiva und der Neuroleptika wurden teratogene Effekte bisher nicht sicher nachgewiesen. Einige Ergebnisse zur Assoziation spezieller Fehlbildungen mit einem bestimmten SSRI (beispielsweise Paroxetin und Herzfehlbildungen; z. B. Reefhuis et al. 2015) müssen als Signale ernst genommen werden, auch wenn eine Kausalität noch nicht als erwiesen gilt.
Das teratogene Potenzial von Lithium ist weit geringer als früher angenommen. Die Ebstein-Anomalie des Herzens als teratogene Schädigung nach Therapie im 1. Trimenon betrifft etwa 1 von 1000 exponierten Feten (Giles und Bannigan 2006; Yacobi und Ornoy 2008). Die als Affektstabilisatoren verwendeten Antiepileptika Valproinsäure und Carbamazepin sind jedoch erwiesene Teratogene, die verschiedene Fehlbildungen verursachen können. Insbesondere die Valproinsäure ist mit ihrem bis zu 20-fachen Risiko für Neuralrohrdefekte gefürchtet und seit 2015 von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nicht mehr als Erstlinienpräparat für Frauen im gebärfähigen Alter zugelassen (Übersicht in Rohde et al. 2016).
Valproinsäure soll bei Frauen im gebärfähigen Alter unbedingt vermieden werden, da neben teratogenen Auswirkungen mittlerweile auch Einschränkungen der kognitiven Entwicklung bei pränatal exponierten Kindern nachgewiesen wurden. Deshalb gehört Valproat zu den wenigen Substanzen in der psychiatrischen Behandlung, die auf jeden Fall spätestens bei Erwartung einer Schwangerschaft umgestellt werden sollten, beispielsweise auf ein atypisches Neuroleptikum.

Die vulnerablen Phasen in der Schwangerschaft

Die Kenntnis des zeitlichen Verlaufs der Schwangerschaft und der damit einhergehenden spezifischen Empfindlichkeit des Embryos gegenüber toxischen Einflüssen ist für die Beurteilung von Bedeutung, wann bei einer ungeplanten Schwangerschaft eine Umstellung (überhaupt noch) sinnvoll ist.
Vor Implantation
Bei Exposition um die Implantation herum ist das Fehlbildungsrisiko offenbar gering. In den ersten 2 Wochen post conceptionem gilt das „Alles-oder-Nichts-Gesetz“. Ist der Schaden durch exogene Noxen zu groß und kann durch die zu diesem Zeitpunkt noch totipotenten Zellen der jeweilige Schaden nicht mehr ausgeglichen werden, kommt es zu einer Fehlgeburt. Nicht selten geht unbemerkt die sehr frühe Schwangerschaft von der Patientin mit der nächsten Regelblutung zu Ende; eine Weiterentwicklung mit bleibendem Schaden ist in einem so frühen Stadium sehr unwahrscheinlich. Allerdings können teratogene Medikamente mit langer Halbwertszeit, wie z. B. die in der Dermatologie verwendeten Retinoide, selbst nach Absetzen innerhalb dieser Phase auch danach noch embryotoxisch wirksame Konzentrationen aufweisen.
15–60. Tag nach der Befruchtung
Die Zeit der Organogenese ist geprägt von einer besonders hohen Sensibilität gegenüber toxischen Einwirkungen (Abb. 1).
2. und 3. Trimenon
Während der Histogenese und der anschließenden Reifung der Organe können Fehlbildungen im eigentlichen Sinne nicht mehr hervorgerufen werden. Es gibt jedoch Stoffe, auch in dieser Phase die Entwicklungsstörungen beim Fetus bewirken können. Alkohol kann zu Intelligenzdefiziten und Verhaltensauffälligkeiten führen, während Substanzen, die wie Kokain perfusionsmindernd wirken, sog. Disruptionsfehlbildungen auslösen können. Auch Störungen der Plazentadurchblutung mit Wachstumsretardierung und Frühgeburtlichkeit sind als unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Spätschwangerschaft möglich.
Die Gabe von Antidepressiva und Antipsychotika hat ebenso wie der Einsatz von Phasenprophylaktika im 2. und 3. Trimenon nicht zu gravierenden Entwicklungsstörungen geführt. Da jedoch Einflüsse auf das intrauterine Wachstum und auf Frühgeburtsbestrebungen sowie andere perinatale Komplikationen (Lund et al. 2009) nicht vollständig geklärt sind, von Auswirkungen auf die spätere Entwicklung des Kindes abgesehen, sollten Medikamente auch in dieser Zeit mit Zurückhaltung eingesetzt werden und – so weit wie möglich – als Monotherapie. Berichte über das sehr seltene Auftreten eines persistierenden pulmonalen Hypertonus beim Neugeborenen durch SSRI in der Spätschwangerschaft sind widersprüchlich, bestärken aber die Notwendigkeit einer differenzierten Indikationsstellung in allen Abschnitten der Schwangerschaft.

Arzneimittelstoffwechsel in der Schwangerschaft

Von den in der Schwangerschaft vielfach auftretenden Änderungen, wie etwa der abnehmenden Eiweißkonzentration und der gesteigerter Ausscheidungsleistung der Niere, ist auch der Arzneimittelstoffwechsel betroffen. Resorption im Magen-Darm-Trakt, Leberpassage, Verteilungsvorgänge und Ausscheidung der Mutter bestimmen maßgeblich die wirksamen Konzentrationen und Metaboliten eines Medikaments, die im embryonalen Organismus zu finden sind.
Auf der fetalen Plazentaseite finden sich bei den meisten Medikamenten 20–80 % der mütterlichen Medikamentenkonzentration. Nach Loebstein et al. (1997) sind es folgende Faktoren, die diesen Gradienten beeinflussen:
  • die Perfusion der Plazenta,
  • eine maternofetale pH-Differenz und
  • spezifische Arzneieigenschaften.
Da fast alle pharmakokinetischen Untersuchungen den reifen Fetus bzw. die Verhältnisse um die Geburt wiedergeben, gibt es kaum Erkenntnisse zur Situation in der Frühschwangerschaft.
Die Plazentapassage wird durch eine Molekularmasse unter 600–800 begünstigt. Dies trifft für die meisten Arzneimittel zu. Nur der nicht an Protein gebundene Arzneimittelanteil kann die Plazenta überwinden.
Nach der Plazentagängigkeit kommt dem fetalen Gehirn eine bedeutende Rolle als Zielorgan toxischer Medikamentenwirkungen zu. Da beim Fetus die Blut-Hirn-Schranke noch nicht entwickelt ist, sind pharmakologische Auswirkungen auf das fetale ZNS möglich (Koenen et al. 2005). Prinzipiell sind auch über die Neonatalzeit hinaus anhaltende Effekte denkbar. Relevante Entwicklungsstörungen wurden bisher jedoch nicht nachgewiesen, außer für Valproinsäure (Abschn. 3.3).
Da sich die Stoffwechselveränderungen in der Schwangerschaft und auch die Zunahme des Körpervolumens auf die verfügbaren Serumkonzentrationen auswirken, sollte insbesondere bei spiegelabhängig wirksamen Substanzen (wie etwa Lithium, Antiepileptika, hier v. a. Lamotrigin) wiederholt und häufiger als sonst der Serumspiegel bestimmt werden.

Langzeitauswirkungen von Psychopharmaka

Noch ist die Datenlage bezüglich der Langzeitauswirkungen von Arzneimitteln, Zu Valproinsäure die von der Mutter in Schwangerschaft und Stillzeit auf das Kind übergehen, leider recht unbefriedigend. Liegen Untersuchungen vor, die einen schädigenden Einfluss nachweisen konnten, z. B. auf die Entwicklung der verbalen Intelligenz (Banach et al. 2010). Naturgemäß kann gerade bei ZNS-wirksamen Medikamenten wie Psychopharmaka nicht ausgeschlossen werden, dass sie Einfluss auf das fetale und kindliche ZNS im Sinne funktioneller Beeinträchtigungen ausüben. Diese könnten sich möglicherweise erst später manifestieren in Form von Intelligenzminderung, Verhaltensauffälligkeiten etc. Für bereits länger eingeführte Präparate liegen jedoch diesbezüglich keine Hinweise auf erhebliche Störungen vor. Es ist allerdings auch sehr schwierig, derartige Zusammenhänge nachzuweisen. Die Entwicklung des Kindes ist letztlich von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängig (z. B. psychosoziale Situation, Erkrankungen, Ernährung und sonstige Umwelteinflüsse), sodass ein vorgeburtlicher Einflussfaktor nur schwer als Ursache identifiziert werden kann.

Pränataldiagnostik/Indikation zum Schwangerschaftsabbruch

Pränataldiagnostik/Ultraschall
Die Inanspruchnahme qualifizierter pränataldiagnostischer Ultraschalluntersuchungen in einem Präntalzentrum bzw. einer pränataldiagnostischen Schwerpunktpraxis sollte allen psychisch kranken Schwangeren empfohlen werden; man kann dieses Thema auch bereits im Vorfeld bei der Beratung wegen Kinderwunsch ansprechen. Wegen der Medikamenteneinnahme gehören weiterführende Ultraschalluntersuchungen wie die sog. Feindiagnostik in der 13./14. Schwangerschaftswoche (SSW) und der „Organultraschall“ in der 18–20. SSW zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Ultraschalluntersuchungen in der späteren Schwangerschaft dienen der Überwachung von Entwicklung und Wachstum des Kindes, welche bei Einnahme von Medikamenten in der Schwangerschaft, aber auch bei psychischen Störungen der Mutter per se beeinträchtigt sein können (Lee und Lin 2010; Lund et al. 2009; Toh et al. 2009).
Schwangerschaftsabbruch
Das teratogene Potenzial eines Medikaments ist per se noch keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch, solange es nicht mittels sonografischer Feindiagnostik konkrete Hinweise auf das Vorliegen einer fetalen Fehlbildung gibt. Unberührt davon bleibt der evtl. bestehende Wunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch nach Beratungsregel (oft als „soziale Indikation“ bezeichnet) oder unter Umständen die medizinisch-psychiatrische Indikation wegen einer zu erwartenden schweren psychischen Dekompensation oder einer zu erwartenden Verschlechterung des Erkrankungsverlaufs bei Austragen der Schwangerschaft.
Es darf in diesem Zusammenhang jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch für die Mehrheit der Frauen ein sehr belastendes Ereignis darstellt. Frauen mit psychischer Störung in der Anamnese sind auch nach Schwangerschaftsabbruch vulnerabel für das Auftreten eines Rezidivs.
Schwangerschaften unter psychiatrischer Medikation sind als Risikoschwangerschaften zu betrachten und entsprechend intensiv gynäkologisch und psychiatrisch zu betreuen. Insbesondere in der fortgeschrittenen Schwangerschaft sollten das zeitgerechte Wachstum des Kindes und die Plazentafunktion regelmäßig kontrolliert werden.

Spezielle Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit

Ein Problem bei der Stellungnahme zu den einzelnen Präparategruppen ist die Aktualität der Informationen, da sich durch neue Erkenntnisse die Beurteilungsgrundlage verändern kann. In den folgenden Abschnitten werden deshalb nur kursorisch die aktuellen Informationen dargestellt. Im klinischen Alltag empfiehlt sich der direkte telefonische, elektronische oder auch schriftliche Kontakt mit dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie in Berlin (www.embryotox.de. Zugegriffen am 17.12.2015), bei dem jederzeit aktuelle Berichte aus der internationalen Literatur und Erkenntnisse aus einschlägigen Datenbanken vorliegen. Diese Internetadresse ist ebenfalls für Betroffene geeignet, da es dort auch Informationen für ein Laienpublikum gibt. Eine Orientierungshilfe für Praxis und Klinikalltag mit einer Zusammenstellung aller gängigen Psychopharmaka und deren mögliche Auswirkungen in Schwangerschaft und Stillzeit, aber auch ihr Einfluss auf Menstruationszyklus und Verhütung findet sich in Rohde et al. (2016).

Phasenprophylaktika

Klassische Antiepileptika

Die klassischen Antiepileptika stellen unter den bei psychiatrischer Indikation eingesetzten Medikamenten eine Gruppe mit nachgewiesener teratogener Wirkung dar. Als besonders riskante Substanz ist in diesem Zusammenhang Valproinsäure zu nennen (Übersicht bei Schaefer et al. 2015). Neben der Verdopplung bis Verdreifachung des Fehlbildungsrisikos, einschließlich Defekten am Herzen und Skelett sowie einem 20-fach erhöhten Risiko für Spina bifida, werden bei Valproinsäure Dysmorphien des Gesichts und auch autistische Symptome beschrieben sowie negative Auswirkungen auf die Intelligenzentwicklung. Daher sollte bei Valproinsäure auch während der Schwangerschaft eine Umstellung in Erwägung gezogen werde. Organfehlbildungen und Dysmorphien werden auch für Carbamazepin beschrieben, allerdings scheint hier bei kritischer Betrachtung neuerer Studien das teratogene Risiko deutlich geringer als bei Valproinsäure zu sein (Übersicht bei Schaefer et al. 2015).
Trotz einer signifikanten Erhöhung des Fehlbildungsrisikos für beide Substanzen werden bei Monotherapie über 90 % der exponierten Kinder ohne größere Organanomalien geboren. Beim Antiepileptikum Lamotrigin (Zulassung als Phasenprophylaktikum bei bipolarer Depression) scheint kein nennenswertes teratogenes Risiko bei Anwendung in Monotherapie vorzuliegen. Verdachtshinweise auf vermehrtes Auftreten von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten (Holmes et al. 2006) und eine insgesamt erhöhte Fehlbildungsrate bei Tagesdosen über 200 mg (Morrow et al. 2006) konnten von anderen Autoren nicht bestätigt werden (z. B. Cunnington et al. 2007; Dolk et al. 2008). Bei der Gabe von Lamotrigin sind aber starke Serumspiegelschwankungen möglich.
Valproinsäure
Valproinsäure hat das höchste teratogene Risiko unter den Antiepileptika, kann schwerste Fehlbildungen wie Neuralrohrdefekte (Spina bifida) verursachen und die mentale Entwicklung pränatal exponierter Kinder beeinträchtigen. Valproinsäure soll bei Frauen im gebärfähigen Alter nicht mehr verwendet werden. Eine Ausnahme stellen nur anderweitig therapierefraktäre Epilepsien dar.
Ausführlich nahm hierzu das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Dezember 2014 Stellung in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) in einem „Rote-Hand-Brief“ an Ärzte und Apotheker (siehe Rote-Hand-Brief vom 12.12.2014).

Lithium

Vor allem in den 1970er-Jahren wurde Lithium für eine komplexe Herzfehlbildung, die sog. Ebstein-Anomalie, die mit einer Fehlanlage der Trikuspidalklappe einhergeht, verantwortlich gemacht. Neubewertungen der vorhandenen Informationen konnten allerdings nachweisen, dass das Risiko weit geringer ist als früher angenommen und nur etwa 0,1 % der lithiumexponierten Kinder von einer derartigen Herzfehlbildung betroffen sind (Giles und Bannigan 2006; Yacobi und Ornoy 2008). Im Zusammenhang mit einer Lithiumexposition bis zur Geburt wurde beim Neugeborenen das sog. Floppy-Infant-Syndrom beschrieben, das mit Trinkschwäche, Lethargie, Zyanose, Tachypnoe, Tachykardie, Muskelhypotonie und Temperaturregulationsstörungen einhergeht. Nach Frassetto et al. (2002) und Llewellyn et al. (1998) können bei exponierten Kindern zusätzlich Diabetes insipidus, Krampfanfälle und eine vorübergehend behandlungsbedürftige Hypothyreose auftreten.
Aufgrund dieser Beobachtungen sollte eine verantwortungsvolle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, auch mit der Frage, ob möglicherweise während einer Schwangerschaft prophylaktisch andere Substanzen gegeben werden könnten (z. B. ein atypisches Neuroleptikum bei bipolarer Störung). Das hätte den Vorteil, dass das atypische Neuroleptikum für die postpartale Rezidivprophylaxe in der Dosis erhöht werden könnte, was mit Lithium nicht möglich wäre.
Während der Schwangerschaft sollten regelmäßige Serumspiegelkontrollen stattfinden (Lithium-Pass nicht vergessen!); ggf. muss die Dosis angepasst werden. Bei eher unkomplizierten Krankheitsverläufen (z. B. monopolare Depression mit langer Stabilität) kann, ähnlich wie bei anderen Medikamenten, auch bei Lithium im Einzelfall die Dosis unverändert bleiben und der Abfall des Serumspiegels gegen Ende der Schwangerschaft durch die Zunahme von Körpergewicht und Verteilungsvolumen als eine Art „natürliche Reduktion“ angesichts der bevorstehenden Entbindung genutzt werden. Nach Möglichkeit sollte immer überlegt werden, ob zum Schutz des Kindes, das nach der Geburt mit seinem unreifen Stoffwechsel plötzlich selbst die Medikamente metabolisieren muss, eine vorübergehende Reduktion der Dosis möglich ist. Nach der Entbindung müssen engmaschige Lithiumserumspiegelkontrollen durchgeführt werden, insbesondere wenn während der Schwangerschaft die Dosis erhöht wurde (cave: Intoxikationsgefahr).

Antidepressiva

Trizyklische Antidepressiva

Insbesondere die Substanzen Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Imipramin und Nortriptylinhaben sich auch Jahrzehnte nach ihrer Einführung nicht als teratogen oder fetotoxisch erwiesen. Mehrere neuere Studien mit insgesamt etwa 1000 exponierten Schwangeren ergaben keine Belege für Teratogenität (Davis et al. 2007; Pearson et al. 2007), auch wenn eine schwedische, auf Gesundheitsdatenbanken beruhende Arbeit bei etwa 1600 Schwangerschaften mit überwiegender Clomipraminexposition im 1. Trimenon eine etwas erhöhte Rate an Herzseptumdefekten beschreibt (Reis und Källén 2010). Grundsätzlich können trizyklische Antidepressiva bei entsprechender Indikation bei einer schwangeren Patientin oder bei Planung einer Schwangerschaft in Erwägung gezogen werden, z. B. 10–25 mg Amitriptylin zum Schlafanstoß. Die anticholinergen Nebenwirkungen bei der Mutter stellen unter Umständen einen begrenzenden Faktor im Vergleich zu den SSRI dar. Wie andere Psychopharmaka können auch trizyklische Antidepressiva zu Anpassungsstörungen beim Neugeborenen führen.

Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI)

Der überwiegende Teil der weit über 100.000 in verschiedenen Studien oder Fallserien zum Einsatz von SSRI, v. a. Fluoxetin, Paroxetin, Citalopram, Sertralin und in geringerem Umfang Escitalopram, ausgewerteten Schwangerschaftsverläufe hat keine eindeutigen Hinweise auf eine erhöhte Gesamtfehlbildungsrate erbracht (Übersicht in Ellfolk und Malm 2010). Andererseits kann der Zusammenhang von speziellen Fehlbildungen mit einer SSRI-Einnahme im 1. Trimenon nicht ausgeschlossen werden (Reefhuis et al. 2015). Insbesondere wurde in einigen Arbeiten ein gering erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen (v. a. Septumdefekte) bei der Einnahme von Paroxetin (z. B. Källén und Otterblad Olausson 2007) und Fluoxetin (z. B. Diav-Citrin et al. 2008) diskutiert. Allerdings werden auch grundsätzliche methodische Probleme angesprochen, die eine erhöhte Fehlbildungsrate vorspiegeln können (Scialli 2010).
Bei etwa jedem 3. Neugeborenen, dessen Mutter bis zur Geburt mit SSRI behandelt wurde, muss mit zentralnervösen, gastrointestinalen und respiratorischen Anpassungsstörungen gerechnet werden, die auch als serotoninerge Überstimulation interpretiert wurden (Laine et al. 2003; Moses-Kolko et al. 2005; Zeskind und Stephens 2004). Kontrovers wurde diskutiert, ob neben diesen meist milde verlaufenden Symptomen auch der persistierende pulmonale Hochdruck beim Neugeborenen eine sehr seltene SSRI-Folge sein kann (Andrade et al. 2009; Chambers et al. 2006; Källén und Otterblad Olausson 2008).
Die sehr lange Halbwertszeit bei Fluoxetin und seinem aktiven Metaboliten (bis zu 9 Tagen) kann zu Problemen führen, wenn wegen Komplikationen ein rasches Absetzen erforderlich ist. Hier ist beispielsweise die gar nicht so seltene (Prä-)Eklampsie bzw. das lebensbedrohliche HELLP-Syndrom (Hemolysis, Elevated Liver Enzymes, Low Platelet Count) mit Bluthochdruck, Leberfunktions- und Blutgerinnungsstörungen zu nennen. Eigene Erfahrungen haben darüber hinaus gezeigt, dass die postpartalen Anpassungsschwierigkeiten für das Neugeborene nach Exposition mit Fluoxetin besonders lang und ausgeprägt sein können, insbesondere wenn es zur Frühgeburt kommt – was ja bei der Gruppe der SSRI insgesamt ein etwas erhöhtes Risiko darstellt. Daher sollte v. a. bei der Planung einer Schwangerschaft, aber auch noch bei bereits eingetretener Schwangerschaft über Alternativen zu Fluoxetin nachgedacht werden, zumal mit Fluoxetin – wiederum wegen der langen HWZ und aktiver Metaboliten in der Muttermilch – auch das Stillen nicht empfohlen werden kann.
Sertralin und Citalopram sind die SSRI der Wahl für die Schwangerschaft und Stillzeit.
In einer Untersuchung an 75 Kindern wurde festgestellt, dass ängstliches oder aggressives Verhalten im Alter von 3 Jahren mit der Stimmung der Mutter im letzten Trimenon, post partum und im Untersuchungszeitraum des Kindes sowie mit dem Serotonin-Transporter-Promoter-SLC6A4-Genotyp beim Kind korrelierte (Oberlander et al. 2010). Andere kleine Untersuchungen fanden gewisse Unterschiede in Grobmotorik und sozial-emotionalem Verhalten (z. B. Hanley et al. 2013) In weiteren Veröffentlichungen wurden SSRI im Zusammenhang mit der Entwicklung autistischer Symptome beim Kind diskutiert (Harrington et al. 2014; Hviid et al. 2013; Sørensen et al. 2013). Die Ergebnisse sind kontrovers und lassen in der Zusammenschau nicht eindeutig eine SSRI-Therapie als alleinige und unabhängige Ursache für autistische und andere Symptome erkennen.

Andere neuere Antidepressiva

Bei den Antidepressiva Venlafaxin und Mirtazapin (mit über 2000 bzw. über 1500 dokumentierten Schwangerschaften) gibt es keine Veranlassung für eine Umstellung, wenn eine Patientin stabil auf Bupropion und eine der Substanzen eingestellt ist. Das Gleiche gilt auch für Duloxetin, auch wenn es zu Duloxetin deutlich weniger dokumentierte Schwangerschaften gibt. Bei Neueinstellung gibt es gute Gründe für den Einsatz von Venlafaxin oder Mirtazapin, wenn das vorliegende Störungsbild dies rechtfertigt, z. B. wegen des breiteren Wirkungsspektrums im Vergleich zu den besser untersuchten SSRI wie Sertralin und Citalopram oder auch wegen der guten antiemetischen Wirkung von Mirtazapin (sogar in Fällen von therapieresistenter Hyperemesis gravidarum, Dorn et al. 2002; Rohde et al. 2003). Auch zum Schlafanstoß kann Mirtazapin (7,5 mg oder sogar nur 3,75 mg) gegeben werden.
Zu Reboxetin gibt es nur Einzelfallberichte. Dennoch sollte bei stabiler Einstellung nicht ohne Weiteres ein Wechsel der Medikation erfolgen. Ebenfalls nur Einzelfallberichte gibt es bisher zu Agomelatin; allerdings gilt auch hier, dass die Stabilität der psychischen Situation Vorrang hat vor Umstellungsversuchen. Bei Neueinstellungen sollten beide Mittel wegen zweifelhafter Wirksamkeit nicht mehr verwendet werden.
Entbehrlich sind in der Schwangerschaft Tetrazyklika oder reversible MAO-Hemmer (MAO = Monoaminoxidase). Auf nichtreversible MAO-Hemmer (Tranylcypromin) sollte wegen der möglichen Blutdruckkomplikationen auf jeden Fall verzichtet werden. Wenn eine Patientin unter Einnahme dieser Substanz schwanger wurde, sollte eine differenzierte Ultraschalldiagnostik erfolgen und die Schwangerschaft regelmäßig betreut werden. Ein abruptes Absetzen oder einen Schwangerschaftsabbruch rechtfertigen auch diese Substanzen nicht (Abschn. 3.4).

Antipsychotika

Weder für Haloperidol noch für Phenothiazine gibt es bisher Hinweise auf teratogene Schäden beim Embryo. Von den atypischen Neuroleptika sind Risperidon und Quetiapin aufgrund von Verträglichkeitsprofil und Umfang dokumentierter Schwangerschaften zu bevorzugen (Habermann et al. 2013). Auch zuClozapin und Olanzapin gibt es mehrere Hundert ausgewerteter Schwangerschaften, allerdings bestehen hämatologische und metabolische Einwände gegen deren Einsatz. Die anderen Substanzen wie Amisulprid, Aripiprazol und Ziprasidon lieferten bisher auch 1.8.2016 keine Hinweise auf schädigende Einflüsse beim Kind, sind aber schlechter untersucht (Übersicht in Rohde et al. 2016). Amisulpridkönnte wegen der häufigen Prolaktinerhöhung bei Kinderwunsch eher ein Schwangerschaftshemmnis darstellen, deshalb ist eine Umstellung zu erwägen. Aripiprazol muss bei stabilem Zustand nicht umgestellt werden. Es wird zunehmend häufiger bei jungen Frauen eingesetzt, weil es nur wenig sedierend wirkt.
Neuroleptika können vorübergehend zu Anpassungsstörungen beim Neugeborenen führen. Insbesondere bei den klassischen Neuroleptika muss bei Gabe bis zur Geburt auch mit extrapyramidalen Nebenwirkungen gerechnet werden.
Aus klinischer Sicht ist bei einer geplanten Schwangerschaft und einer anstehenden Neueinstellung bzw. Umstellung das atypische Neuroleptikum Quetiapin gut geeignet – insbesondere bei bipolaren Störungen –, weil durch das breite Wirkspektrum in der Regel auch beim Auftreten einer akuten Psychopathologie das Prinzip der Monotherapie durchzuhalten ist.
Die Umstellung auf eine niedrige Dosis eines atypischen Neuroleptikums, wie etwa Quetiapin oder Risperidon, kann gerade bei bipolaren Störungen eine gute Alternative zur Phasenprophylaxe mit Lithium, Lamotrigin und den Teratogenen Valproat und Carbamazapin sein, weil sowohl eine Dosisanpassung beim Auftreten akuter psychischer Symptome in der Schwangerschaft möglich ist als auch eine sofortige Dosiserhöhung nach der Entbindung im Sinne der postpartalen Prophylaxe. Die eigenen Erfahrungen haben gezeigt, dass auch Olanzapin in der Schwangerschaft in der Regel unkompliziert ist und selbst bei niedriger Basismedikation (z. B. 2,5 mg) Unruhezustände, Schlafstörungen etc. mit kleineren Dosiserhöhungen abgefangen werden können. Allerdings muss bei Olanzapin ein besonderes Augenmerk auf die diabetische Stoffwechsellage der Mutter gerichtet sein (wobei das Screening zum Gestationsdiabetes schon zur Basisschwangerenvorsorge gehört).

Bewertung für die Stillzeit

Eine Monotherapie mit Psychopharmaka und Antiepileptika ist in den meisten Fällen unproblematisch. Die oben genannten SSRI, die trizyklischen Antidepressiva sowie Phenothiazin-Neuroleptika und die länger eingeführten Atypika treten nur in geringer Konzentration in die Muttermilch über (Rohde et al. 2016). Da sich solche Informationen stets im Wandel befinden, empfiehlt sich im konkreten Beurteilungsfall die Kontaktaufnahme des Psychiaters (Laien werden zum Stillen nicht beraten) mit dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie in Berlin (www.embryotox.de. Zugegriffen am 01.08.2016).
Bei der Abwägung von Stillen unter Medikation oder Abstillen müssen auf jeden Fall auch die psychische Situation der Mutter und deren eigene Wünsche und Erwartungen berücksichtigt werden. In die Nutzen-Risiko-Abwägung ist neben den allgemeinen positiven Aspekten des Stillens auch einzubeziehen, dass Stillen für viele Frauen unkomplizierter ist als die ständige Vorbereitung von Fläschchen und dass darüber hinaus durch das Stillen auch die Mutter-Kind-Bindung gefördert werden kann. Der Gefahr, dass das Stillen zu massivem Schlafentzug der Mutter beiträgt, was ja insbesondere bei bipolaren Störungen unbedingt zu vermeiden ist, kann man entgegenwirken, indem die Mutter tagsüber stillt und der Vater oder eine andere unterstützende Person nachts Zusatznahrung füttert oder Milch, die die Mutter tagsüber abgepumpt hat. Die eigene praktische Erfahrung zeigt, dass die Frage nach Stillen oder Abstillen bereits vor der Geburt ausführlich besprochen werden kann, am besten unter Einbeziehung des werdenden Vaters, und dass die zukünftigen Eltern nach Kenntnis der oben genannten Aspekte meist eine klare Entscheidung treffen können. Manche Frauen entscheiden sich dann bewusst für, andere bewusst gegen das Stillen.
Voraussetzung für das Stillen unter Medikation ist immer die abschließende kinderärztliche Bewertung nach der Geburt, da die Ausführungen für ein gesundes Neugeborenes gelten. Allerdings ist oftmals auch für Frühgeborene unter Nutzen-Risiko-Abwägung das Stillen sinnvoll, da die Vorteile der Muttermilch überwiegen gegenüber dem Nachteil eine reventuellen Auswirkung der in die Muttermilch übergehenden Medikation. Außerdem bleiben dem Kind die Effekte des abrupten Absetzens einer Medikation erspart.
Gibt es gute Gründe für das Abstillen, dann sollte überlegt werden, ob wie sonst bei primärem Abstillen üblich, direkt nach der Entbindung eine „Abstilltablette“ (Cabergolin) gegeben wird oder ob auf klassische Weise abgestillt werden soll (homöopathische Mittel, Salbeitee, Umschläge etc.). Auch Cabergolin kann eine psychische Destabilisierung fördern, wenn auch nicht in dem Maße wie Bromocriptin (das wegen kardiovaskulärer und psychischer Nebenwirkungen schon bei gesunden Frauen auch für das sekundäre Abstillen nicht mehr empfohlen wird).

Betreuung rund um die Geburt

Bei psychisch kranken Patientinnen ist nicht nur von psychiatrischer, sondern auch von gynäkologischer Seite auf eine optimale Betreuung zu achten, da es Hinweise darauf gibt, dass psychisch kranke Patientinnen häufiger Fehl-, Tot- und Frühgeburten erleiden (Howard et al. 2003; King-Hele et al. 2009; Jones et al. 2014; Stein et al. 2014). Gründe dafür und auch für die häufiger als sonst beobachteten Wachstumsretardierungen beim Fetus könnten neben Medikamenteneinflüssen in einem möglichen Alkohol- und Nikotinkonsum in der Schwangerschaft sowie in geringerer Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen liegen (Lin et al. 2009; Stein et al. 2014).
Schon früh sind die Patientin und ihre Angehörigen darüber zu informieren, dass die Entbindung möglichst in einem Perinatalzentrum mit Intensivneonatologie stattfinden sollte, damit beim Auftreten von Entzugssymptomen oder Anpassungsproblemen des Neugeborenen eine intensive Überwachung und optimale Versorgung gewährleistet ist und keine aufwendige Verlegung in eine Kinderklinik und die damit verbundene Trennung von Mutter und Kind erforderlich wird.

Geburtsvorbereitung – peripartales Management

Eine frühzeitige Planung und Vorbereitung der Geburt bei Frauen mit einer psychischen Erkrankung sind sowohl für die Mutter als auch für das Kind von besonderer Bedeutung.
Die Zeit nach der Entbindung ist mit dem höchsten Rezidivrisiko verbunden – manische und psychotische Episoden beginnen zu 80 % in den ersten zwei Wochen post partum. Nach Studienlage war retrospektiv bei 50 % der Fälle bereits am 1–3. Tag die postpartal beginnende Symptomatik erkennbar (Heron et al. 2008; Jones et al. 2014). Deshalb sollte eine besonders intensive psychiatrische Betreuung und ggf. eine sofortige Anpassung der Medikation mit Dosiserhöhung und evtl. auch Zugabe vorher bewährter Medikamente gewährleistet sein. Gemeinsam mit der Patientin und den Angehörigen sollten anhand der Vorgeschichte zu erwartende „Warnsignale“ eruiert und ein „Notfallplan“ erstellt werden, der beim Auftreten erster Symptome der psychischen Erkrankung in Kraft tritt. In der Praxis hat es sich bewährt, einen solchen peripartalen Managementplan schriftlich zu verfassen und der Patientin mitzugeben (s. unten) (Rohde 2007; Rohde et al. 2015). Die Patientin kann dann diese Empfehlungen dem Geburtshelfer und auch der Hebamme vorlegen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Geburt ungeplant in einer Klinik stattfindet, die in die Geburtsvorbereitung nicht einbezogen war. Auch Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten (wie etwa Elternzeit des Vaters direkt nach der Entbindung, Haushaltshilfe, Familienhebamme) sollten im Vorfeld besprochen werden.
Peripartaler Managementplan
Der peripartale Managementplan („Geburtsplan“) sollte schriftlich Empfehlungen zu folgenden Punkten enthalten (ausführliche Besprechung s. Rohde et al. 2016):
  • Geburtsmodus (Spontangeburt oder Gründe für einen Kaiserschnitt aus psychiatrischer Sicht),
  • Schmerzmedikation, ggf. Wunsch nach Periduralanästhesie (PDA),
  • Bedarfsmedikation unter der Geburt (bei evtl. befürchteter Panikattacke z. B. Lorazepam 1 mg als Schmelztablette),
  • Stillen (Wunsch der Patientin; Einschätzung der Stillmöglichkeit aus psychiatrischer Sicht),
  • Abstillen: medikamentös oder nichtmedikamentös (s. oben),
  • Rezidivgefahr aus psychiatrischer Sicht, erste mögliche Krankheitssymptome (ggf. Reaktion darauf, z. B. konkrete Medikamentenempfehlung),
  • postpartale medikamentöse Prophylaxe (z. B. Erhöhung der bestehenden Medikation ab dem Tag der Entbindung in einen therapeutisch wirksamen Dosisbereich, abgeleitet aus früheren Behandlungen der Patientin; ggf. Neubeginn mit wirksamer Medikation, konkrete Dosierungsempfehlungen; Mitbringen der Medikamente durch die Patientin, ggf. Rezeptmitgabe),
  • Sicherstellung des Schlafs/Reizabschirmung (z. B. Einzelzimmer, Bedarfsmedikation bei Schlafstörungen),
  • Stressreduktion, Unterstützung bei der Anpassung an die neue Situation (z. B. Aufnahme des Partners als Begleitperson im Familienzimmer, wenig Besuch, längerer Aufenthalt),
  • psychosoziale Unterstützung (ggf. Benennung von Betreuungspersonen, bereits eingeleitete Unterstützungsmaßnahmen nach Entlassung verlängerte Hebammenbetreuung, Familienhebamme, Haushaltshilfe),
  • psychiatrische Betreuung (z. B. Ansprechpartner bei Problemen, Kontakttelefonnummern).
Insbesondere wenn die ausgesprochenen Empfehlungen im Managementplan so formuliert sind, dass sie auch außerhalb der Psychiatrie verstanden und umgesetzt werden können, tragen sie bei allen Beteiligten zur Reduktion von Ängsten und Unsicherheiten bei. Die Einbeziehung der Patientin und ihres Partners bzw. ggf. anderer Angehöriger in die Entscheidungen führt darüber hinaus im familiären/sozialen Umfeld zum verantwortungsvollen Umgang mit der Situation und nach eigenen Erfahrungen in der Regel für alle Beteiligten auch zu einer positiven Erfahrung der Geburt des Kindes..

Zeit nach der Entbindung

Schon lange ist bekannt (z. B. Kendell et al. 1987; Viguera et al. 2007), dass die Zeit nach der Geburt eines Kindes selbst für bis dahin gesunde Frauen ein erhöhtes Risiko birgt, psychisch zu erkranken. Dies trifft naturgemäß in besonderer Ausprägung für Frauen mit einer psychischen Erkrankung in der Anamnese zu. Die Geburt mit allen hormonellen, somatischen und psychischen Aspekten ist ein relevantes Lebensereignis („life event“) und es besteht bei betroffenen Frauen das bereits erwähnte Rezidivrisiko (Kap. Frauenspezifische psychische Störungen in der Psychiatrie).
Psychisch erkrankte Frauen benötigen in dieser Zeit verstärkte Unterstützung durch den Partner und andere Angehörige (beispielsweise bei der Versorgung des Kindes, damit der Mutter ausreichender Nachtschlaf zukommt) sowie psychosoziale Hilfsangebote („Frühe Hilfen“). Nach entsprechender Verordnung können die Betroffenen eine verlängerte Hausbetreuung durch die Hebamme und Unterstützung im Haushalt erhalten, die im Allgemeinen von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Werdende Väter sind in der Regel der Idee gegenüber offen, direkt nach der Entbindung die ihnen zustehenden 2 Monate Elternzeit zu nehmen, um ihre Frau zu unterstützen. Bei vorauszusehendem längerfristigen Unterstützungsbedarf sollte bereits in der Schwangerschaft eine Familienhebamme beantragt werden, deren Kosten gewöhnlich vom Jugend- oder Sozialamt oder von der Kommune getragen werden. Diese speziell ausgebildete Hebamme betreut die Familie über das gesamte erste Lebensjahr des Kindes und richtet ihr Augenmerk insbesondere auf weiteren Unterstützungsbedarf.
Nicht zu vernachlässigen ist das Risiko einer postpartalen Depression, das bei einer Frau mit psychischer Vorerkrankung nach der Entbindung besteht, zusätzlich zum Rezidivrisiko der Grunderkrankung (Kap. Frauenspezifische psychische Störungen in der Psychiatrie). Durch die zum peripartalen Management gehörende Implementierung familiärer und sozialer Unterstützungsmaßnahmen wird die Wahrscheinlichkeit einer postpartalen Depression deutlich reduziert, da bei der multifaktoriellen Genese einer postpartalen Depression die unzureichende Unterstützung ein wichtiger Auslöser ist (Rohde et al. 2016).

Meldung von Schwangerschaften

Da aus ethischen Gründen kontrollierte Medikamentenprüfungen an Schwangeren nicht durchgeführt werden, stammen maßgebliche Erkenntnisse aus klinischen Beobachtungen. Diese erfordern eine konsequente Erfassung und Auswertung durch spezialisierte Zentren.
Die zunehmende Sicherheit bei ärztlichen Kollegen hinsichtlich des empfehlenswerten Vorgehens kann in der Folge auch zu zunehmender Sicherheit bei den betroffenen Frauen führen. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, jede Schwangerschaft unter Psychopharmaka erfassen zu lassen, und zwar im Schwangerschaftsverlauf, sodass eine prospektive Dokumentation möglich ist. Ein unkomplizierter Weg der Weitergabe dieser Informationen findet sich unter www.embryotox.de. (Zugegriffen am 01.08.2016). Dabei ist es besonders wichtig, möglichst früh in der Schwangerschaft alle Schwangerschaften zu melden und nicht nur diejenigen, die zu Komplikationen geführt haben.
Es sollte jede Schwangerschaft unter Medikation zur prospektiven Dokumentation gemeldet werden, und zwar so früh wie möglich. Unter www.embryotox.de. (Zugegriffen am 01.08.2016) wird ein Meldebogen angeboten, der von der Patientin selbst online oder als Papierversion ausgefüllt werden kann.

Resümee

Weil die Behandlung von psychisch erkrankten Frauen in der Schwangerschaft und um die Zeit der Geburt mit vielen Befürchtungen und Unsicherheiten einhergeht, lassen Psychiater die Grundsätze der psychopharmakologischen Therapie und allgemeine Behandlungsleitlinien manchmal völlig außer Acht. Obwohl in der Regel Medikamente nicht abrupt abgesetzt werden dürfen, sondern das „Ausschleichen“ oder langsame Umstellen einer Medikation angezeigt wäre, wird bei Schwangeren mit psychischer Vorerkrankung allzu oft genau das Gegenteil praktiziert. Das Bedürfnis, das ungeborene Kind vor teratogenen und fetotoxischen Auswirkungen der Medikation zu schützen, steht dabei im Vordergrund, während die möglichen Auswirkungen auf die Erkrankung und die nicht selten gravierenden Folgen für die Mutter (Rezidiv, stationäre Behandlung) unberücksichtigt bleiben.
Die vorhandenen Daten und Leitlinien führen zu der Empfehlung, eine bewährte Medikation nicht ohne guten Grund abzusetzen, v. a. nicht, wenn sie die Funktion einer Rezidivprophylaxe hat.
Natürlich ist immer eine fundierte Nutzen-Risiko-Abwägung (eventuelle Folgen der Medikation vs. eventuelle Folgen der Erkrankung) vorzunehmen. Obsolet ist der Einsatz von Valproat bei Frauen im gebärfähigen Alter. Bei Polypharmazie ist die Anzahl der Substanzen möglichst zu reduzieren; oft ist in der Schwangerschaft auch eine Dosisreduktion möglich. Primat hat aber die psychische Stabilität der Schwangeren, da hierdurch die Wahrscheinlichkeit postpartaler Stabilität erhöht wird. Dies gilt insbesondere, wenn im Rahmen eines sorgfältigen peripartalen Managements die Möglichkeiten der medikamentösen Prophylaxe und psychosozialen Unterstützung ausgeschöpft werden.
Aufgrund der aktuellen Datenlage und insbesondere auch wegen der positiven Auswirkungen, die Schwangerschaft und Mutterschaft auf die einzelne Patientin haben können, scheinen Empfehlungen wie „Mit Medikamenten dürfen Sie nicht schwanger werden“ nicht mehr zeitgemäß – nicht zuletzt unter dem Aspekt der Patientinnenautonomie.
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