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Sozialpsychiatrische Aspekte psychischer Erkrankungen

Verfasst von: Wulf Rössler
Die Sozialpsychiatrie befasst sich mit den sozialen Einflussfaktoren auf die Entstehung und den Verlauf psychischer Erkrankungen (Kap. „Epidemiologie psychischer Störungen“, Kap. „Soziologische und sozialpsychologische Aspekte psychischer Erkrankungen“) sowie der langfristigen Betreuung und Behandlung chronisch oder schwerer psychischer Erkrankungen. Chronisch psychische Erkrankungen haben enorme Auswirkungen nicht nur auf die Betroffenen selbst, sondern auch auf die Angehörigen wie auch auf die Gesellschaft insgesamt. Die Betroffenen leiden zunächst einmal v. a. unter den quälenden Symptomen ihrer psychischen Erkrankung. Durch die Erkrankung wird aber auch ihr Selbstbewusstsein wesentlich beeinträchtigt, weil sie oft nicht in der Lage sind, ihre sozialen Rollen in Gesellschaft, Beruf und Familie zu erfüllen. Dies liegt aber nicht nur an der Behinderung aufgrund ihrer psychischen Erkrankung sondern auch daran, dass psychisch Kranke in unseren Gesellschaften stigmatisiert und diskriminiert werden (Rössler 2005).

Historischer Rückblick

Abgeschiedene Anstalten versus „gemeindenahe Versorgung“

Schon die Psychiatrie des 19. Jahrhunderts vermutete schädliche Einflüsse der sozialen Lebenswelt auf die Entstehung und den Verlauf seelischer Erkrankung. Menschen mit „verwirrten Sinnen“ und „entordneter Vernunft“ sollten aus dem vermeintlich pathogenen Milieu ihres Lebensfelds herausgenommen werden, um in dem idealen Milieu einer psychiatrischen Anstalt die „verlorene Ordnung ihres Lebens und ihres Geistes“ wiederzufinden. Die Isolation in der Stille und Ruhe geografisch von den städtischen Ballungsräumen abgeschiedener Anstalten schien die angemessene Behandlungsmethode, um den Kranken von möglichst allen pathogenen Einflüssen fernzuhalten. Ein völlig entgegengesetztes Grundsatzprogramm der Versorgung psychisch Kranker vertrat Wilhelm Griesinger (Rössler 1992). Er forderte sog. Stadtasyle für die kurzfristige Behandlung akut Erkrankter im Verbund mit den allgemeinen Stadtkrankenhäusern. Er wies darauf hin, dass die Beschränkung auf einen kurzen stationären Aufenthalt nur im intensiven Zusammenspiel zwischen stationärer Einrichtung und dem normalen Lebensfeld des Kranken gelingen kann. Den allergrößten Teil der stationär Behandelten hielt er für entlassfähig, wenn auch manche eines beschützten Rahmens bedürften. Die von ihm vorgeschlagenen Versorgungsmaßnahmen sind heute weltweit unter dem Begriff „gemeindenahe Versorgung“ umgesetzt worden.

Verwendung unterschiedlicher Begriffe

Obwohl also bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine intensive Debatte über soziale Einflussfaktoren auf Entstehung und Verlauf und die daraus abzuleitenden Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen in Gang gekommen war, gab es noch nicht den dazu gehörigen Begriff „soziale Psychiatrie“ oder „Sozialpsychiatrie“, unter denen wir heute diese Diskussion führen würden. Der Begriff „soziale Psychiatrie“ mit eigenständigen Inhalten entstand erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts (wir folgen hier und nachfolgend den Ausführungen von Priebe und Schmiedebach 1997).
Außerhalb des engeren Feldes der Psychiatrie gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine große Zahl von Ärzten, welche unter dem Stichwort „soziale Medizin“ die Auswirkungen von Industrialisierung und Urbanisierung auf die Gesundheit intensiv diskutierten. In der weiteren Entwicklung wurde der Begriff „soziale Medizin“ durch den Begriff „soziale Hygiene“ ersetzt. „Soziale Hygiene“ beschäftigte sich mit den Wechselwirkungen häufig vorkommender Krankheitsgruppen, wie Tuberkulose, Geschlechtskrankheiten und Krebskrankheiten, und sozialen Lebensverhältnissen als begünstigende, vermittelnde oder beeinflussende Faktoren.
Der Begriff „sozial“ erhielt zu dieser Zeit zwei auch noch heute gültige Konnotationen, und zwar einerseits im Sinne eines humanitären Ansatzes und einer ethischen Verpflichtung, andererseits im Sinne sozioökonomischer Lebensbedingungen. Es war v. a. das zweite Bedeutungsfeld, also die sozioökonomischen Lebensbedingungen, auf die sich die neu aufkommende „soziale Psychiatrie“ mit vorwiegend ambulanten, sozialpsychiatrischen Betreuungskonzepten Anfang des 20. Jahrhunderts richtete.
Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass viele Psychiater der damaligen Zeit unter dem Begriff „soziale Psychiatrie“ vorwiegend ihre rassenhygienischen Vorstellungen thematisierten. Ihre sozialpsychiatrischen Vorstellungen richteten sich auf soziale Kontrolle und Selektion der „schwer degenerierten Geisteskranken, Idioten und Epileptiker“. Die praktischen Maßnahmen, die damit verbunden waren, waren Eheverbot oder Eheerschwerung, Sterilisation, Kastration und Euthanasie. Die entsetzlichen Folgen der Rassenhygiene sind weithin bekannt. So ermordeten die Nationalsozialisten zirka 260.000 psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen, die in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht waren, und begründeten dies mit der Notwendigkeit der Rassenhygiene (Schmiedebach und Priebe 2004).
Während also in Deutschland die soziale Psychiatrie mehr und mehr unter den Einfluss der Erbbiologie und der Rassenhygiene geriet, nahm die Entwicklung der „social psychiatry“ in den USA einen anderen Weg. Vor allem war die amerikanische Entwicklung sehr viel mehr mit einer wissenschaftlichen Profilierung verknüpft, die sozialwissenschaftliche, soziologische und kulturanthropologische Konzepte miteinander zu integrieren versuchte.
Es ist offensichtlich, dass in den deutschsprachigen Ländern als Folge der Untaten der Nationalsozialisten der Begriff „soziale Psychiatrie“ nach dem 2. Weltkrieg desavouiert war. Allerdings waren aber die damit verknüpften Versorgungsvorstellungen keineswegs hinfällig. In der Nachkriegszeit standen deshalb in deutschsprachigen Ländern ersatzweise die Begriffe der Resozialisierung und Rehabilitation im Vordergrund. Erst in den 60er-Jahren mit dem Aufkommen der Bestrebungen, die veralterten psychiatrischen Versorgungsstrukturen zu reformieren, wurde der Begriff reaktiviert. Aber in Abgrenzung zu dem desavouierten Begriff „soziale Psychiatrie“ wurde vorwiegend der Begriff „Sozialpsychiatrie“ verwendet.
In den deutschsprachigen Ländern ist es im Unterschied zum angloamerikanischen Sprachraum auch in den letzten Jahrzehnten fast nicht gelungen, Sozialpsychiatrie als wissenschaftliche Disziplin zu etablieren.
Die Zahl der (wenigen) Lehrstühle für Sozialpsychiatrie im deutschsprachigen Raum ist deshalb weiterhin rückläufig, während im angloamerikanischen Sprachraum an allen Universitäten Social Psychiatry ein weithin akzeptierter Pfeiler der akademischen Psychiatrie ist.

Arbeits- und Forschungsfelder

Die Sozialpsychiatrie hat sich weltweit über die Auseinandersetzungen mit praktischen Versorgungsfragen hinaus zu einer breit gefächerten Disziplin mit vielfältigen Arbeits- und Forschungsfeldern entwickelt. Neben der klassischen Versorgungsforschung, die sich mit der Entwicklung und Bewertung von Versorgungsinstitutionen beschäftigt, ist die Ursachen- und Verlaufsforschung ebenfalls zu einem wichtigen Arbeitsgebiet der Sozialpsychiatrie geworden. Ausgangspunkt vieler sozialpsychiatrischer Forschungsfelder ist v. a. die psychiatrische Epidemiologie. Sie beschäftigt sich nicht nur damit, Art und Häufigkeit psychischer Störungen in der Allgemeinbevölkerung zu erfassen, sondern versucht, soziale Einflussfaktoren sowohl auf die Entstehung wie auf den Verlauf psychischer Störungen zu identifizieren.
Die sozialpsychiatrische Forschung ist aufgrund der Komplexität des Forschungsfeldes zwangsläufig multidisziplinär. In Analogie zur biologisch orientierten psychiatrischen Forschung, die neben Medizinern Biologen, Chemiker und Pharmakologen beschäftigt, benötigt die sozialpsychiatrische Forschung Sozialwissenschaftler, insbesondere Psychologen und Soziologen wie auch Biometriker, die die komplexen sozialen Verhältnisse mittels moderner statistischer Verfahren abbilden helfen.

Art und Umfang psychischer Störungen in Europa

Eine kürzliche Übersicht über 27 Studien, die sich mit Art und Umfang psychischer Störungen in Europa beschäftigen, hat gezeigt, dass psychische Störungen von enormer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung sind. Wir können davon ausgehen, dass in Europa im Verlauf eines Jahres rund 27 % der Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren unter einer diagnostizierbaren psychischen Störung leiden. 68 % dieser Fälle wiesen nur eine Diagnose auf, 18 % jedoch zwei und 14 % drei oder mehr psychiatrische Diagnosen. In Zahlen ausgedrückt heißt dies, dass fast 83 Mio. Menschen pro Jahr in Europa unter einer oder mehreren psychischen Störungen leiden (Wittchen und Jacobi 2005).
Die Mehrheit der analysierten Studien konnte zeigen, dass nahezu alle psychischen Störungen mit einem substanziellen Grad an Behinderung und einer erheblichen Reduktion von Lebensqualität verbunden sind sowie, dass die Behinderung resp. die reduzierte Lebensqualität bei Komorbidität mehrerer psychischer Erkrankungen zunimmt. Auch sind die meisten psychischen Störungen mit einer erheblichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit verbunden. Gemessen an den verlorenen Arbeitstagen weisen Menschen mit psychischen Störungen 3-mal mehr Abwesenheitstage als Menschen ohne psychische Störungen (aber anderen Erkrankungen) auf. Darüber hinaus werden viele Personen mit psychischen Erkrankungen frühberentet.
Unternehmen leiden unter Kosten durch Arbeitsunfähigkeit sowie durch eine verminderte Produktivität von psychisch erkrankten Arbeitnehmern. Es gibt zudem Anhaltspunkte dafür, dass psychische Störungen nicht nur häufig zu Problemen am Arbeitsplatz führen, sondern dass auch Belastungen bei der Arbeit zur Entstehung von psychischen Krankheiten beitragen können.
Das bekannteste Störungsbild stellt in diesem Zusammenhang das „Burnout-Syndrom“ dar. Burnout ist definiert als anhaltende Reaktion auf interpersonellen und emotionalen Stress bei der Arbeit. Burnout ist primär ein arbeits- und organisationspsychologisches Konzept und bezieht sich definitionsgemäß immer auf den Arbeitskontext. Ein Burnout-Syndrom wird als Mediator für klinisch relevante Depressionen betrachtet. Burnout hat immer eine niedrige Arbeitszufriedenheit zur Folge, wobei nicht jede Person, die mit ihrer Arbeit unzufrieden ist, an einem Burnout leidet.
Es wurde inzwischen eine Reihe von Ursachen für Burnout identifiziert, die sich grob in situationelle und individuelle Faktoren aufteilen lassen. Mehrheitlich sind die situationellen Faktoren ursächlich. Auf der Anforderungsseite stehen v. a. die Arbeitslast und -belastung, Zeitdruck, Schichtarbeit, viel und direkten Kontakt mit Kunden/Klienten/Patienten und andererseits die (mangelnden) Möglichkeit auf diese Anforderungen gestaltend Einfluss nehmen zu können. Dieses Modell erklärt, warum bestimmte Berufsfelder mit einem höheren Burnout-Risiko assoziiert sind als andere. Nach dem „Modell der Gratifikationskrisen“ sollten die Arbeitsanforderungen in einem Gleichgewicht mit den zu erwartenden Gratifikationen (Arbeitsplatzsicherheit, guter Lohn, Anerkennung etc.) stehen. Stehen die Anforderungen nicht im Gleichgewicht mit den Gratifikationen ist das Risiko für ein Burnout erhöht.
Nur ein Bruchteil aller von einer psychischen Störung betroffenen Menschen erhält psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung. So wissen wir aus einer Analyse von Bijl et al. (2003), dass je nach Diagnose nur zwischen 13 und 20 % aller Betroffenen mit einer psychischen Störung irgendeine Art der Behandlung während der letzten 12 Monate erhalten haben. Nicht zuletzt muss man sich die enormen Belastungen für Angehörige vergegenwärtigen. Neben dem emotionalen Stress, der zeitlichen und finanziellen Belastung, der Zurückstellung eigener Interessen, der Störungen eines „normalen“ Familienlebens sind Angehörige selbst beträchtlichen somatischen und psychischen Gesundheitsrisiken mit der Folge einer erhöhten Inanspruchnahme von Gesundheitseinrichtungen ausgesetzt (z. B. Rössler et al. 2005). Vor allem hat sich die gestörte Beziehung zwischen den Betroffenen und ihren Angehörigen als Belastungsfaktor erwiesen (Lauber et al. 2003a).

Forschungsparadigma Schizophrenie

Es gibt wohl keine andere psychische Erkrankung, die mehr Forschungsaktivitäten seit ihrer „Entdeckung“ vor mehr als 100 Jahren stimuliert hat, als die Schizophrenie. Trotzdem besteht das „Rätsel Schizophrenie“ weiter. Dies hat vermutlich damit zu tun, dass kein einzelner Faktor hinreicht, um die Krankheit auszulösen bzw. um den Verlauf der Erkrankung zu modifizieren. Die Schizophrenie ist damit zu einem Forschungsparadigma für komplexe psychische Erkrankungen geworden. Anhand dieses Krankheitsbildes soll nachfolgend der sozialwissenschaftliche bzw. sozialpsychiatrische Kenntnisstand auf die Auslösung und den Verlauf einer psychischen Erkrankung paradigmatisch dargestellt werden.

Was sagt uns die Epidemiologie?

Ein Argument, das bisher gegen einen signifikanten Einfluss von Umweltfaktoren auf die Auslösung einer Schizophrenie gesprochen hat, scheint überholt zu sein, nämlich die geringe geografische Variation im Hinblick auf das Erkrankungsrisiko der Schizophrenie. Eine Übersichtsarbeit (McGrath 2005) konnte eine beträchtliche Variationsbreite der Schizophrenieinzidenz zwischen 7,7 und 43,0 pro 100.000 Einwohner der Bevölkerung über verschiedene Studien hinweg aufzeigen. Wenngleich ein Anteil dieser Variation immer noch auf unterschiedliche Messmethoden zurückzuführen ist, bestehen kaum noch Zweifel, dass unterschiedliche Lebensbedingungen zu dieser Varianz des Erkrankungsrisikos beitragen.
McGrath bezeichnet den bisherigen epidemiologischen Wissensstand als Mythos der Schizophrenieforschung, dem 2 Glaubensgrundsätze zugrunde liegen:
  • dass die Schizophrenie eine „außergewöhnliche“ Erkrankung sei im Vergleich zu allen anderen,
  • wie auch eine „demokratische“ Erkrankung.
„Außergewöhnlich“ in dem Sinne, dass es wohl kaum eine andere (psychische oder somatische) Erkrankung gibt, die keine Variation weltweit aufzeigen würde. „Demokratisch“ in dem Sinn, dass die Schizophrenie jeden Menschen gleichermaßen treffen kann, unabhängig von irgendwelchen sozialen Einflüssen. Inzwischen ist aber klar, dass es ganz verschiedenartige soziale Einflussfaktoren für das Schizophrenierisiko gibt, die nachfolgend diskutiert werden sollen.

Kulturelle Einflüsse

Der Einfluss der Kultur auf die Schizophrenie hat schon seit jeher erhebliches Interesse auf sich gezogen. So wurde in verschiedenen Untersuchungen deutlich (Pfeiffer 1994), dass es zu kulturspezifischen Ausprägungen der Erkrankung kommt. Kulturvergleichende Untersuchungen lassen auch seit langem vermuten, dass Inzidenz und Prävalenz der Schizophrenie in Entwicklungsländern im Vergleich zu Industrieländern niedriger zu sein scheinen (Torrey 1980).

Migrationsstudien

Über Jahrhunderte hinweg sind die Grundmotive, die Menschen zur Migration veranlasst haben, unverändert geblieben. So gelten Vertreibung, Verfolgung, Flucht vor gewaltsamen Konflikten, wie auch Naturkatastrophen, schleichende Klimaveränderung, Armut und Arbeitslosigkeit als wesentliche wanderungsbestimmende „Push-Faktoren“. Zu allen Zeiten sind beträchtliche „Pull-Effekte“ vom Bedarf an Arbeitskräften, dem relativen wirtschaftlichen Wohlstand und politischer Stabilität ausgegangen. Was sich verändert über die Zeit sind hingegen der Stellenwert und die Gewichtung der die Migration bestimmenden Faktoren. Umfang und Richtung von Migrationsströmen wurden immer auch durch die jeweiligen Migrationsregime der Aufnahmeländer (wie etwa durch Aufnahmestrategien, Einbürgerungsbestimmungen, arbeitsrechtliche Regelungen) maßgeblich gesteuert (Lay und Rössler 2010).
Es ist offensichtlich, dass Europa sich in den letzten 100 Jahren von einem Auswanderungs- zu einem Einwanderungskontinent gewandelt hat. Insgesamt stieg die Zahl internationaler Migranten in Europa zwischen 1970 und 2000 von 18,7 auf 32,8 Mio., was einem Anstieg des Anteils an der Gesamtbevölkerung von 4,1 % auf 6,4 % entspricht (International Organization for Migration [IOM] 2005). Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählen zu den wichtigsten Aufnahmeländern innerhalb Europas. Zusammen haben diese Länder ca. 10 % aller internationalen Migranten aufgenommen und stehen damit im weltweiten Vergleich gemäß einer Statistik der UN für das Jahr 2000 an 3., 5. und 11. Stelle. Der Anteil der Frauen am Migrationsgeschehen ist in Europa zwischen 1970 und 2000 von 48,0 % auf 51,0 % gestiegen. Dies entspricht dem internationalen Trend, der in vielen Regionen der Welt beobachtet wird. In der internationalen Migration unterrepräsentiert sind Frauen (IOM 2005).
Migration ist in vielen Fällen mit einem erhöhten Risiko für psychische Störungen verbunden. Der Einfluss der Umwelt auf das Erkrankungsrisiko im Besonderen auf schizophrene Erkrankungen wird durch verschiedene Migrationsstudien gestützt. So weisen eine Reihe von Studien eine im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung gut dokumentierte erhöhte Inzidenzrate für schizophrene Erkrankungen von Immigranten auf, z. B. von Surinamesen in Holland (Selten et al. 1997), afrikanischen Flüchtlingen in Schweden (Johansson et al. 1998), griechischen Migranten in Belgien (Charalabaki et al. 1995), skandinavischen Migranten in Dänemark (Mortensen et al. 1997) und v. a. von Immigranten aus Trinidad und Jamaika in Großbritannien (z. B. Davies et al. 1995). Wenngleich der Einfluss solcher ungünstiger Umweltbedingungen auf das Erkrankungsrisiko plausibel erscheint, müssen andere konfundierende Faktoren in Betracht gezogen werden.
Der gewichtigste und seit vielen Jahren erhobene Einwand gegen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko in einer fremden und potenziell „feindlichen“ Umgebung ist, dass Selektionsprozesse in der Ursprungsbevölkerung die Migration steuern, d. h. dass z. B. prämorbid belastete oder psychisch auffällige Menschen eher bereit sind auszuwandern (wiederum mit einem erheblichen Krankheitsrisiko für ihre Nachfahren). Ødegaard (1932) z. B. konnte in einer klassischen Studie ein 2fach erhöhtes Erkrankungsrisiko norwegischer Emigranten belegen. Die Studien von Häfner (1980) belegen hingegen das Gegenteil, nämlich dass die Inzidenzrate von an Schizophrenie erkrankten Türken in Deutschland im Vergleich zur deutschen Bevölkerung erniedrigt ist. Dies erklärt sich vermutlich damit, dass bei der Auswahl von Gastarbeitern für Deutschland besonders strenge Kriterien an deren (auch psychische) Gesundheit angelegt wurden.
In zahlreichen neueren englischen epidemiologischen Untersuchungen (Übersicht bei Fearon und Morgan 2006) findet sich trotz erhöhtem Krankheitsrisko für Immigranten aus Trinidad und Jamaika der 2. Generation jedoch kein erhöhtes Erkrankungsrisiko in der Ursprungsbevölkerung. Die Ergebnisse sind inzwischen so robust, dass für diese Bevölkerungsgruppe in Großbritannien die Umwelt einen gesicherten Risikofaktor darstellt. Auch für andere Migrantengruppen gibt es gute Belege, dass die Umwelt ein Risikofaktor für das Erkrankungsrisiko ist. Die vorgenannte holländische Untersuchung fand für Zuwanderer nach Holland aus den ehemaligen Kolonien Surinam und den Holländischen Antillen ein 4fach erhöhtes Erkrankungsrisiko im Vergleich zur holländischen Allgemeinbevölkerung (Selten et al. 1997). Selektionsprozesse in der Ursprungsbevölkerung spielen für dieses Untersuchungsergebnis keine wesentliche Rolle, da große Teile der Ursprungsbevölkerung von der Wanderungsbewegung nach Holland erfasst worden waren.
Wenn wir uns fragen, welche ungünstigen Lebensbedingungen genau denn das Erkrankungsrisiko von Migranten erhöhen, ist die Datenlage noch nicht überwältigend. Doch gibt es vereinzelte Studien (vgl. Fearon und Morgan 2006), die darauf hinweisen, dass v. a. soziale Exklusion, Isolation, Arbeitslosigkeit sowie Stigmatisierung und Diskriminierung als Umweltfaktoren zu dem Erkrankungsrisiko beitragen können. Migranten sind diesen Risiken in erhöhtem Maße ausgesetzt.

Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung durch Migranten

Neben dem erhöhten Risiko, psychische Störungen zu entwickeln, sind Migranten auch erheblichen Benachteiligungen in der psychiatrischen Versorgung ausgesetzt. Im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung werden Migranten (insbesondere Frauen) weniger in psychiatrische Krankenhausbehandlung überwiesen, erfahren jedoch gesamthaft zwangsweise mehr Krankenhausaufenthalte selbst bei geringerer Krankheitsschwere. Letzteres gilt vor allem wiederum für Migrantinnen mit psychotischen Störungen. Während einer psychiatrischen Krankenhausbehandlung erhalten Migranten dann allerdings vergleichsweise weniger Psycho-, Ergo- und Physiotherapie, wie wir in verschiedenen Schweizer Untersuchungen aufzeigen konnten (Lay et al. 2005, 2006, 2007). Migranten, die häufig in besonderem Ausmaß seelischen und körperlichen Risiken am Arbeitsplatz ausgesetzt sind, sind auch häufig benachteiligt bei der Inanspruchnahme ambulanter Institutionen, insbesondere ambulanter psychiatrischer Institutionen. In einem „sprechenden“ Fach wie der Psychiatrie hat die Sprachbarriere besonders ungünstige Auswirkungen (Assion 2007). Nicht zuletzt ist das Hilfesuchverhalten durch kulturelle Einflüsse, durch Informationsdefizite und die häufig prekäre soziale Situation der Migranten wesentlich mitgeprägt (Lindert et al. 2008). Illegal anwesende Migranten finden sich häufig in einer besonders schwierigen Situation im Hinblick auf ihre Gesundheitsversorgung. Illegale Migranten fallen in der Krankenversorgung durch nahezu alle Maschen der Gesundheitsversorgung je nach Ausgestaltung der nationalen Gesetzgebung.

Verlaufsstudien

Verschiedene Studien der Weltgesundheitsorganisation (Sartorius et al. 1972; WHO 1974, 1975) belegen zunächst einmal, dass der Verlauf der schizophrenen Erkrankung in Entwicklungsländern im Vergleich zu Industrieländern deutlich unterschiedlich ist. Schizophreniekranke in Entwicklungsländern, die bei Erkrankungsbeginn eine ähnliche Symptomatologie wie Patienten in Industrieländern aufwiesen, zeigten einen weniger chronischen Verlauf der Erkrankung, weniger Rückfälle und eine bessere soziale Anpassung (Sartorius et al. 1987; Jablensky et al. 1992). Neben dem Einflussfaktor Entwicklungs-versus Industrieländer konnten noch weitere signifikante psychosoziale Einflussfaktoren – namentlich Familienstand und soziales Netzwerk – identifiziert werden (Sartorius et al. 1996), die Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen. Die Erklärung für diese Verlaufsunterschiede in Industrie- und Entwicklungsländern wird dabei in den überschaubareren sozialen Interaktionsmustern in weniger komplexen Gesellschaften im Vergleich zu den komplexen, konfliktträchtigen und schwer überschaubaren Anforderungen moderner Industriegesellschaften gesucht. Alternativ muss auch diskutiert werden, ob in Entwicklungsländern weniger Anforderungen an Autonomie und Konkurrenzverhalten vulnerabler Individuen gestellt werden und gleichzeitig ein Leben in kleineren, stabileren und längerfristig angelegten sozialen Netzwerken ermöglicht wird.

Sozioökonomische Einflussfaktoren

Die Diskussion um sozioökonomische Einflüsse auf Entstehung und Verlauf der Schizophrenie wurden durch die von Faris und Dunham (1939) bahnbrechenden epidemiologischen Untersuchungen über die ökologische Verteilung der Schizophrenie in Chicago im Jahr 1935 initiiert. Sie fanden die höchsten Raten ersthospitalisierter Schizophreniekranker in den Slumquartieren Chicagos. Diese Verteilungsmuster wurden in verschiedenen Städten und Ländern bestätigt, so z. B. auch von Häfner und Reimann (1970) in Mannheim. Die Mannheimer Ergebnisse erwiesen sich auch im Verlauf von 15 Jahren im Wesentlichen als stabil (Weyerer und Häfner 1989).
Die ökologische Ungleichverteilung geht einher mit Häufigkeitsunterschieden Schizophreniekranker in den verschiedenen sozialen Schichten. Zahlreiche Untersuchungen fanden Schizophreniekranke in den unteren sozialen Schichten überrepräsentiert. In einer Übersichtsarbeit von Dohrenwend und Dohrenwend (1969) zeigten 5 von 7 Untersuchungen sowie in einer Übersichtsarbeit von Eaton (1974) 15 von 17 Studien dieses Ergebnis. Die Erklärung hierfür wurde vorrangig in einer verstärkten sozialen Isolation der Betroffenen bzw. einem Mangel an sozialer Unterstützung in unteren sozialen Schichten gesucht.

Sozialer Abstieg und soziale Selektion

Während zu Zeiten der Reformbewegung in den 1960er- und 1970er-Jahren soziale Ursachen der Schizophrenie auf der Grundlage der zuletzt genannten Befunde belegt zu sein schienen, gilt diese Interpretation heute als widerlegt. Hauptsächlich diskutiert werden heute die These des sozialen Abstiegs bzw. der sozialen Selektion. Sozialer Abstieg bezieht sich auf die sozialen Konsequenzen nach Erkrankungsbeginn und soziale Selektion auf den fehlenden sozialen Aufstieg bereits vor Erkrankungsbeginn (Häfner 1992).
Sozialer Abstieg
Der soziale Abstieg Schizophreniekranker ist hinreichend belegt. Marneros et al. (1991) fanden z. B. in ihrer Langzeitstudie einen beruflichen Abstieg von 71 der von ihnen untersuchten Schizophreniekranken. Dieser war meistens verbunden mit einem Abstieg in untere soziale Schichten. Dieser Abstieg ist dann auch wiederum häufig mit einem Umzug in Wohnviertel mit vielfältigen sozialen Problemen verknüpft. Die dort häufig herrschende Anonymität kommt unter Umständen auch Schizophreniekranken mit Störungen der Kommunikation entgegen. Nicht zuletzt sollte auch bedacht werden, dass in der Regel in urbanen Quartieren mehr Versorgungsangebote bereitgehalten werden, was die Attraktivität dieser Quartiere für Betroffene erhöhen kann.
Wohlbekannt ist der sog. Leistungsknick im Vorfeld der Erkrankung. Ødegaard (1971) fand auf der Basis der norwegischen Fallregisterdaten bei erstmals stationär behandelten Schizophreniekranken niedrig qualifizierte Berufsgruppen deutlich überrepräsentiert. Goldberg und Morrison (1963) konnten in einer Kontrollgruppenuntersuchung aufzeigen, dass ersthospitalisierte Schizophreniekranke im Vergleich zu ihren Vätern in weniger qualifizierten Berufen beschäftigt waren. Hierfür bieten sich alternative Erklärungen an. Die größte deutsche epidemiologische Studie Ersterkrankter konnte zeigen, dass ca. 4,5 Jahre zwischen dem Auftreten der ersten psychotischen Symptome überhaupt und etwa 2 Jahre zwischen dem Auftreten der ersten psychotischen Symptome und ersten psychiatrischen Hospitalisation vergehen (Häfner et al. 1998). Dies legt die Interpretation nahe, dass die im Vorfeld der Erkrankung dokumentierten sozialen Auffälligkeiten bereits frühe Zeichen des sozialen Abstiegs darstellen.
Soziale Selektion
Schwieriger zu belegen ist die These der sozialen Selektion. Prämorbide Veränderungen der Persönlichkeit sind hier vermutlich von ausschlaggebender Bedeutung. Malmberg et al. (1998) konnten an einer Kohorte schwedischer Rekruten aus den Jahren 1969/70, die in den nachfolgenden 15 Jahren an einer Schizophrenie erkrankten, deutliche Defizite in der prämorbiden sozialen Anpassung aufzeigen.

Lebenswelt und Erkrankungsrisiko

Die Zusammenhänge zwischen (städtischer) Lebenswelt und Erkrankungsrisiko üben bis heute eine große Faszination aus. So analysierten Torrey et al. (1997) archivierte Zensusdaten des Jahres 1980 aus den USA. Sie fanden ein 1,6fach erhöhtes Psychoserisiko in städtischen Regionen. Marcelis et al. (1998) untersuchten mittels des nationalen psychiatrischen Fallregisters in Holland die Zusammenhänge von (städtischer) Geburt und Erkrankungsrisiko. Sie berichteten mäßige aber signifikante Zusammenhänge zwischen städtischem Geburtsort und erhöhter Inzidenzrate. Auch Mortensen et al. (1999) fanden bei der Analyse des zentralen psychiatrischen Fallregisters in Dänemark ein 2,4fach erhöhtes Risiko für in der Hauptstadt geborene Schizophreniekranke. Gleichzeitig identifizierten sie ein mehr als 9fach erhöhtes relatives Risiko für Betroffene mit familiärer Belastung.

Einflüsse der näheren sozialen Umwelt

Frühkindliche Umgebung

In der sozialwissenschaftlichen Theorienbildung der 1960er- und 1970er-Jahre spielte der mutmaßliche Einfluss der frühkindlichen Umgebung auf das Erkrankungsrisiko eine besondere Rolle. Gemäß Bateson (1972; Bateson et al. 1956) sind schizophrene Denk- und Affektstörungen das Resultat einer gestörten Eltern-Kind-Beziehung. Besondere Bekanntheit in diesem Zusammenhang erzielte die sog. Double-Bind-Theorie. Danach führen sich widersprechende Botschaften in der Kommunikation von Eltern mit ihren Kindern zwangsläufig zu schizophrenen Reaktionen der betroffenen Individuen. Nach Wynne und Singer (1966) oder Lidz (1975) führen hingegen besonders geartete Konflikte der Eltern die betroffenen Kinder in die Schizophrenie. Die Hauptschwäche dieser früheren Erklärungsansätze liegt darin, dass sie – neben einer überschießenden Theorienbildung ohne hinreichende empirische Belege – beobachtete Phänomene in den betroffenen Familien nicht nach Ursache und Folge der Erkrankung zu differenzieren vermögen.
Dies erlauben hingegen prospektive Studien. Tatsächlich hat es in den vergangenen Jahren einige Arbeiten zu dem Thema einer frühkindlichen Belastung und einem erhöhten Psychoserisiko gegeben. So identifizierten von 5 Langzeitstudien mit Risikopersonen 2 dieser Untersuchungen ungünstige Familienverhältnisse als zusätzlichen Risikofaktor, an einer Schizophrenie zu erkranken (Cornblatt und Obuchowski 1997). In der Kopenhagener Risikostudie erwiesen sich neben Geburtskomplikationen instabile frühkindliche Familienverhältnisse als besonderes Risikomerkmal (Cannon und Mednick 1993; Cannon et al. 1994). In der finnischen Adoptionsstudie erkrankten fast ausschließlich genetisch belastete Individuen, aber wiederum vorwiegend diejenigen, die in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen waren (Tienari et al. 1989, 1994).
In den letzten Jahren gibt es auch eine wachsende Literatur, die Missbrauch in Kindheit und Jugend als Risikofaktor für den Ausbruch einer schizophrenen Erkrankung gefunden haben (Janssen et al. 2004). Wenn es auch insgesamt relativ gut gesicherte Zusammenhänge zwischen Missbrauch in Kindheit und Jugend und psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter gibt, wird dieser Zusammenhang mit schizophrenen Erkrankungen noch kontrovers diskutiert (Spataro et al. 2004).
Diese Forschungsfrage hat allerdings neue Aktualität erlangt, wenn man das ganze schizophrene Spektrum betrachtet, insbesondere unter Berücksichtigung sog. subklinischer Psychosen, die unterhalb der diagnostischen Schwelle einer schizophrenen Erkrankung liegen. Hier erwiesen sich umgebungsbedingte Einflussfaktoren auf die Entstehung psychotischer Symptome als besonders relevant so auch im Hinblick auf den Zusammenhang von Missbrauch und subklinischen Psychosen (Rössler et al. 2014)
Es gibt kumulativ immer mehr Hinweise darauf, dass mit ungünstigen Lebensbedingungen und mit Traumatisierungen in Kindheit und Jugend der Einfluss auf das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken oder schizophrenieähnliche Symptome zu entwickeln, zunimmt. Je mehr dieser ungünstigen Lebensumstände zusammenkommen, desto größer wird das Risiko (Wicks et al. 2005).

Familienatmosphäre

Nahezu parallel zur vorgenannten sozialwissenschaftlichen Theorienbildung im Hinblick auf ungünstige frühkindliche Familieneinflüsse für das Erkrankungsrisiko entwickelte sich ein empirischer Forschungszweig, der sich mit den familiären Einflüssen v. a. auf den Verlauf der schizophrenen Erkrankung beschäftigte. Ausgangspunkt dieses Forschungsschwerpunktes, der unter dem Begriff „expressed emotion“ bekannt wurde, war die Beobachtung, dass aus stationärer Behandlung in die Familie entlassene Schizophreniekranke ein erhöhtes Rückfallrisiko aufwiesen (Brown 1959). In der danach von Brown et al. (1962) initiierten Studie erlitten 76 % der Betroffenen, die in einer von Kritik und Feindseligkeit geprägten Familienatmosphäre lebten, einen Rückfall. Im Vergleich dazu hatten nur 26 %, die wenig Kritik und Feindseligkeit in der Familie erlebten, einen Rückfall.
In den nachfolgenden Jahren wurden zahlreiche empirische Untersuchungen zu einer einen Rückfall begünstigenden Familienatmosphäre durchgeführt, die überwiegend die Ergebnisse der Ausgangsstudie bestätigten. Bebbington (1995) konnte in einer Metaanalyse belegen, dass eine günstige Familienatmosphäre eine stärkere rückfallpräventive Wirkung als Medikamente besitzt.
Wenngleich die Forschungsergebnisse bezüglich des Einflusses der Familienatmosphäre auf den Verlauf der schizophrenen Erkrankung relativ robust sind, darf nicht übersehen werden, dass die Familienatmosphäre auch Ausdruck des Verlaufs der Erkrankung ist. Kritik und Feindseligkeit äußern sich vorzugsweise in Familien, die mit einem ungünstigen Verlauf der Erkrankung konfrontiert sind. Wie viele der vorgenannten Forschungsergebnisse stehen damit auch diese Resultate unter dem Vorbehalt, Ursachen und Konsequenzen nicht immer eindeutig auseinanderhalten zu können.

Kritische Lebensereignisse

Der Frage, inwieweit schwierige Lebenssituationen eine Rolle für die Auslösung psychischer Störungen im Allgemeinen (Kap. Soziologische und sozialpsychologische Aspekte psychischer Erkrankungen) und im Speziellen für die Auslösung einer Schizophrenie spielen, wurde in verschiedenen Untersuchungen nachgegangen. Steinberg und Durell (1968) konnten in den der Einberufung in die Armee nachfolgenden Monaten eine signifikante Erhöhung der Erkrankung an Schizophrenie aufzeigen. Die wegweisende Studie für diesen Forschungsansatz wurde jedoch von Brown und Birley (1968) durchgeführt, die eine signifikant erhöhte Zahl kritischer Lebensereignisse vorwiegend in den 3 Wochen vor Ausbruch der Erkrankungen fanden. In den nachfolgenden Jahren analysierten eine Reihe von Studien unter unterschiedlichen kulturellen Rahmenbedingungen diese Fragestellung, jedoch ohne eindeutiges Ergebnis (Bebbington 1995). Wenn also bis heute keine sicheren Aussagen hierzu möglich sind, steht dies v. a. mit der Komplexität des Forschungsgegenstandes im Zusammenhang. Aus einer Vielzahl methodischer Schwierigkeiten seien einige wenige erwähnt:
  • Zum einen gibt es kaum eine verbindliche Definition kritischer Lebensereignisse. Kritische Lebensereignisse gewinnen nur im persönlichen Kontext an Bedeutung.
  • Zudem ist aus der Sozialpsychologie bekannt, dass bei rückblickenden Erklärungsversuchen, z. B. was die schizophrene Erkrankung ausgelöst haben könnte, möglichen psychosozialen Belastungsfaktoren subjektiv viel Platz eingeräumt wird.
  • Zuletzt ist zu erwägen, dass eine mögliche Häufung kritischer Lebensereignisse kurz vor Krankheitsbeginn bereits Folge der sich anbahnenden Erkrankung sein könnte.

Stigma psychischer Erkrankungen

Wenn wir uns mit den sozialen Einflüssen auf Entstehung und Verlauf psychischer Erkrankungen auseinandersetzen, kommen wir nicht umhin, uns auch in diesem Zusammenhang mit Stigma und Diskriminierung zu beschäftigen. Wie kaum eine andere Erkrankung unterliegen psychische Erkrankungen negativen Werturteilen einer breiteren Öffentlichkeit. Soziale Ausgrenzung und Benachteiligung sind die häufigsten Folgen für die Betroffenen.
Die Stigmatisierung psychisch Kranker hat historisch betrachtet eine lange Tradition. Bis in die vorklassische Zeit reicht die Vorstellung von psychischen Erkrankungen als eine Art der Besessenheit. Im späten Mittelalter galten Armut und psychische Erkrankung als Strafe Gottes. Logischerweise wurden die, die sich schuldig gemacht hatten, als säumige Schuldner oder als vom Teufel Besessene in gemeinsamen Zucht- und Tollhäusern verwahrt, wenn sie nicht die Teufelsaustreibung mit ihrem Leben bezahlen mussten. Das Zeitalter der Aufklärung befreite die psychisch Kranken von ihren Ketten und anerkannte, dass es sich um kranke Menschen handelt. Wenngleich die Versorgung psychisch Kranker im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele Irrungen und Wirrungen durchlief, fand die Verfolgung psychisch Kranker ihren traurigen Höhepunkt während der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft in Deutschland mit der Ermordung und Zwangssterilisierung hunderttausender Menschen (s. oben).
Das Stigma psychischer Erkrankungen ist bis heute ein brennendes Thema. In der Allgemeinbevölkerung herrscht nicht nur Unkenntnis über Art und Umfang psychischer Erkrankungen vor, sondern weit verbreitet ist auch Furcht und Angst vor psychisch Kranken – allerdings mit weniger traumatischen Folgen für die Betroffenen als im Mittelalter, aber modernen Sozialstaaten nichtsdestoweniger unwürdig. Die Diskriminierung psychisch Kranker ist allgegenwärtig, sei es in der Sozialversicherung, in der Rehabilitation, eigentlich bei allen Bemühungen, psychisch Kranken ihren Platz in Gesellschaft, Beruf und Familie zu sichern.

Psychisch krank – das Bild in der Öffentlichkeit

Die Stigmaforschung hat sich in zahlreichen Untersuchungen dem öffentlichen Bild psychisch Kranker gewidmet. Dementsprechend breit gestreut sind die Fragestellungen und Untersuchungsansätze.

Bekanntheitsgrad

Die vielleicht einfachste Fragestellung richtet sich auf den öffentlichen Bekanntheitsgrad psychischer Erkrankung. Die Ergebnisse hierzu sind nicht ganz konsistent über verschiedene Länder hinweg. So scheint in England die Schizophrenie mit 74 % die bekannteste Erkrankung zu sein (Wolff et al. 1996), während in den USA bei insgesamt niedrigem Kenntnisstand gleichermaßen affektive Störungen genannt werden (Phelan et al. 2000). In Australien erkannten 84 % eine Schizophrenie und 72 % eine Depression aufgrund einer Fallbeschreibung (Jorm et al. 1997). Für diese divergierenden Ergebnisse mögen teilweise kulturelle Unterschiede verantwortlich sein.

Aktive Benennung schwieriger

Gleichermaßen wichtig sind allerdings die Unterschiede im gewählten Untersuchungsansatz. Es macht einen Unterschied, ob die Befragten aktiv Krankheitsbilder benennen sollen, oder ob ihnen Listen oder Beschreibungen vorgelegt werden. In einer Schweizer Untersuchung wurden den Befragten jeweils ein Depressions- oder ein Schizophreniefallbeispiel vorgelegt. Nahezu 40 % erkannten die Depression und 74 % die Schizophrenie. Allerdings wurden auch von rund 60 % die Depressions-Vignette und von rund 26 % die Schizophrenie-Vignette nicht als Krankheit, sondern als Krise bezeichnet. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass diejenigen, die eine positive Haltung gegenüber Psychopharmaka haben, die Vignetten korrekter identifizierten, während diejenigen, die eine positive Haltung gegenüber der Gemeindepsychiatrie haben, die Fallbeschreibung eher als Krise bezeichneten. Letztgenannte Gruppe zeichnet sich auch durch ein größeres Interesse an Psychiatriethemen in den Medien aus (Lauber et al. 2003b).

Laienkonzepte zu den Ursachen

Laienkonzepte zu den Ursachen psychischer Erkrankung lassen sich in der Regel dichotomisieren in einerseits biologische und andererseits psychosoziale Ursachen. Insbesondere im Hinblick auf Depressionen ist sich die Öffentlichkeit international mehrheitlich darüber einig, dass die Ursachen hierfür überwiegend im psychosozialen Bereich zu suchen sind (Priest et al. 1996; Angermeyer und Matschinger 1999). Auch in der Schweiz sucht die Mehrheit die Ursachen einer Depression im psychosozialen Bereich, insbesondere werden für eine Depression Beziehungsschwierigkeiten, berufsbedingter Stress oder auch traumatische Erlebnisse verantwortlich gemacht. Nicht so eindeutig sind die Ergebnisse im Hinblick auf die Schizophrenie. Thompson et al. (2002) und Gaebel und Müller-Spahn (2002) berichten, dass im Fall von Schizophrenie am häufigsten biologische Ursachen genannt werden. Werden hingegen Fallbeschreibungen vorgegeben, dominieren psychosoziale Erklärungsversuche (Matschinger und Angermeyer 1996). Auch in der Schweizer Bevölkerungsstichprobe nannte ein gewichtiger Teil der Befragten psychosoziale Ursachen als Gründe für die Schizophrenie.

Behandlungsempfehlungen

Die Krankheitsvorstellungen wirken sich zwangsläufig auf die von der Allgemeinbevölkerung vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen aus. In der Schweizer Untersuchung ist die am häufigsten genannte Empfehlung die Inanspruchnahme eines Psychologen (68 %) gefolgt vom Hausarzt (57 %) und dem Psychiater (51 %). Je nachdem, ob das Störungsbild als Krankheit oder als Krise wahrgenommen wird, ändern sich die Präferenzen: Psychologen werden vorzugsweise im Krisenfall, Hausärzte und Psychiater vorzugsweise im Krankheitsfall zur Inanspruchnahme empfohlen (Nordt et al. 2002). Wichtig im Zusammenhang mit Behandlungsempfehlungen ist, dass persönliche Hilfen z. B. durch Ärzte, Psychologen oder andere Berufsgruppen eine ganz überragende Bedeutung für die Allgemeinbevölkerung zu haben scheinen. Deutlich weniger werden in diesem Zusammenhang Psychopharmaka empfohlen, und zwar zwischen 10 % und 20 % je nach Medikamentengruppe. Psychopharmaka gehören auch zu den Hilfeansätzen, die auf die meiste Ablehnung stoßen. Tendenziell ähnliche Ergebnisse wurden in einer Reihe internationaler Untersuchungen gefunden (z. B. Althaus et al. 2002; Angermeyer und Matschinger 1994).

Soziale Distanz

Es gibt eine Reihe von Erhebungsinstrumenten, die auf ganz unterschiedlichen Wegen und Ansätzen die öffentliche Meinung zu psychisch Kranken und in Institutionen, in denen psychisch Kranke betreut werden, erheben. Natürlich werden damit auch jeweils unterschiedliche Aspekte der Stigmatisierung erfasst. Eines der beliebtesten Maße ist die sog. „soziale Distanz“. Damit wird die Bereitschaft erfasst, mit einer bestimmten Person in eine Beziehung einzutreten. Vorgegeben werden verschiedene Beziehungssituationen, die im Grad der sozialen Nähe variieren, so z. B. die Akzeptanz einer psychisch kranken Person als Arbeitskollegen, als Untermieter, als befreundete Person, als Mitglied der eigenen Familie oder als Babysitter für die eigenen Kinder. Naturgemäß steigt die Ablehnung mit dem Ausmaß der sozialen Intimität.
Generell ein hohes Maß an Ablehnung findet sich insbesondere bei Suchterkrankungen und bei der Schizophrenie, weniger ausgeprägt ist die Ablehnung von Personen mit Depressionen oder Angsterkrankungen (Angermeyer und Matschinger 1997). Folgende Einflussfaktoren vergrößern die soziale Distanz gegenüber psychisch Kranken:
  • Diagnose Schizophrenie,
  • die Meinung, es handle sich um eine Krankheit (also nicht „nur“ um eine Krise),
  • negative Gefühle gegenüber psychisch Kranken (z. B. bedrohlich, gefährlich, unberechenbar etc.),
  • Akzeptanz von psychiatrischer Behandlung.
Eine geringere soziale Distanz oder – positiver formuliert – eine größere Bereitschaft zur sozialen Nähe findet sich generell, wenn die Befragten eine positive Einstellung gegenüber der Gemeindepsychiatrie oder gegenüber der Laienhilfe haben, bei Interesse an psychiatrischen Themen in den Medien und bei vorbestehendem Kontakt mit psychisch Kranken.
Insbesondere der Kontakt mit psychisch Kranken wirkt sich positiv auf die Akzeptanz psychisch Kranker aus, wie sich in vielen Studien immer wieder gezeigt hat.

Die Einstellung professioneller Helfer

Während sich für viele Jahre die Aufmerksamkeit der Stigmaforschung nahezu ausschließlich auf die Öffentlichkeit richtete, findet zunehmend eine andere Gruppe, nämlich die professionellen Helfer, das Interesse der Forschung. Dies ist eigentlich auch nicht verwunderlich, insofern als die Betroffenen selbst häufig diesbezügliche Vorwürfe gegenüber professionellen Helfern äußern. Sind es doch auch diese, insbesondere die Psychiater, die über Zwangsbehandlung und -einweisung zu entscheiden haben. Entgegen dem in den Medien oft vermittelten Bild ist die Öffentlichkeit im Übrigen weniger besorgt, dass psychisch kranke Menschen zu Unrecht ihrer freiheitlichen Rechte beraubt werden könnten, als vielmehr, dass psychisch Kranken ob ihrer vermuteten Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit zu viele Freiheiten eingeräumt werden könnten. In der vorgenannten Schweizer Untersuchung äußerten je nach Sprachregion zwischen 68 % und 78 %, dass sie eine Zwangseinweisung im Falle einer psychischen Erkrankung befürworten. Der Anteil der Befürworter steigt bei denen, die psychisch Kranke für gefährlich und unberechenbar halten (Lauber et al. 2002).
Entzug von Führerschein oder des Wahlrechts
Allerdings gibt es auch weniger augenfällige, für das einzelne Individuum allerdings unter Umständen nicht weniger dramatische Einschränkungen, z. B. den Entzug des Führerscheins oder des Wahlrechts, im Falle einer psychischen Erkrankung. Auch hier finden sich jeweils viele Befürworter in der Schweizer Bevölkerung unterschiedlich ausgeprägt nach den verschiedenen Sprachregionen, und zwar zwischen 59 % und 75 % im Hinblick auf den Führerscheinentzug, zwischen 18 % und 33 % in Bezug auf das Wahlrecht und zwischen 26 % und 39 % im Hinblick auf die Befürwortung einer Schwangerschaftsunterbrechung bei einer ehemals psychisch kranken Frau (Lauber et al. 2000). Die unterschiedlichen Zahlen je nach Sprachregion machen deutlich, dass kulturelle Einflüsse Art und Ausmaß der Stigmatisierung und Diskriminierung nicht unerheblich mitbestimmen.
Einstellung von niedergelassenen Psychiatern
Der Vergleich der Einstellung von niedergelassenen Psychiatern mit der Allgemeinbevölkerung zeigt zunächst einmal, dass die Psychiater nahezu einhellig (98,9 %) das Instrument der Zwangseinweisung befürworten. Anderen Restriktionen stehen sie hingegen sehr ablehnend gegenüber. Der Führerscheinentzug wird nur von 6,7 %, der Schwangerschaftsabbruch von 5,6 % und der Stimmrechtsentzug von 1,1 % befürwortet (Zogg et al. 2003). Ähnlich positiv und signifikant besser als die Allgemeinbevölkerung stehen die befragten Psychiater der Gemeindepsychiatrie gegenüber (Lauber et al. 2004). Gleichermaßen wie die Bevölkerung stimmen sie allerdings der Aussage zu, dass psychiatrische Versorgungseinrichtungen die Nachbarschaft, in der sie lokalisiert sind, abwerten. Des Weiteren irritiert, dass sich die Psychiater keineswegs im Ausmaß ihrer sozialen Distanz gegenüber psychisch Kranken von der Allgemeinbevölkerung unterscheiden. In gleichem Umfang stößt bei ihnen die Vorstellung, ehemals psychisch Kranke als Babysitter zu beschäftigen oder psychisch Kranke als Familienmitglied zu haben, auf entschiedene Ablehnung. Auch die Befragung institutionell tätiger Psychiater erbringt kein besseres Bild (Nordt et al. 2006). In Institutionen tätige Psychiater in der Schweiz zeigen eine signifikant schlechtere Einstellung gegenüber psychisch Kranken, und zwar nicht nur im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, sondern auch innerhalb der beteiligten Berufsgruppen wie z. B. Pflegepersonen oder Ergotherapeuten.

Die Sicht der Betroffenen

Alle Überlegungen zur Stigmatisierung sind letztlich nur auf ein Ziel gerichtet, nämlich die Situation der Betroffenen zu verbessern. Deswegen ist es auch unerlässlich, die Sichtweisen der psychisch Kranken und ihrer Angehörigen zu kennen. Deren Sichtweisen haben Schulze und Angermeyer (2003) in sog. Fokusgruppen ergründet. Sie ermittelten 4 Bewertungsdimensionen, nämlich:
1.
Stigmatisierung in interpersonellen Interaktionen,
 
2.
verzerrte Darstellung psychisch Kranker in der Öffentlichkeit,
 
3.
reduzierter Zugang zu sozialen Rollen und
 
4.
strukturelle Diskriminierung, z. B. in der Gesetzgebung oder in Bezug auf die Versorgungsqualität.
 
Ähnliche Erfahrungen machen Angehörige, wenn auch mit einer anderen Schwerpunktsetzung (Angermeyer et al. 2003). Nicht zuletzt ist es die befürchtete Stigmatisierung, die Angehörige gegenüber der unter professionellen Helfern befürworteten Früherkennung von Psychosen skeptisch sein lässt (Lauber et al. 2001).
Wir haben die Erfahrungen von Betroffenen bezüglich subjektiv erlebter Diskriminierung und Abwertung mit den Aussagen der Allgemeinbevölkerung verglichen im Hinblick darauf, ob psychisch Kranke ihrer Ansicht nach diskriminiert oder abgewertet werden (Graf et al. 2004). Die Ergebnisse zeigten, dass die Mehrheit der Betroffenen, wie auch die Allgemeinbevölkerung, glauben, dass psychisch Kranke in erheblichem Ausmaß Diskriminierung und Abwertung ausgesetzt sind. Betroffene erwarten diesbezüglich mehr Schwierigkeiten schon allein aufgrund ihres Status als Psychiatriepatienten und insbesondere bei der Arbeitssuche. Eine weiterführende Analyse machte deutlich, dass die von den Betroffenen geäußerten Befürchtungen im Hinblick auf Diskriminierung und Abwertung zu einer signifikanten Verschlechterung ihrer Lebensqualität führen.

Aktivitäten gegen Stigmatisierung und Diskriminierung – Ausblick

Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen: Das öffentliche Bild vom psychisch Kranken ist vor dem Hintergrund eines insgesamt niedrigen Wissensstands nach wie vor von schwerwiegenden Vorurteilen geprägt. Die Öffentlichkeit ist sich aber bewusst, dass psychisch Kranke im gesellschaftlichen Kontext vielfach abgewertet und benachteiligt werden. Bei oberflächlicher Bereitschaft, psychisch Kranke in den Alltag zu integrieren, z. B. als Arbeitskollegen, werden diese im persönlichen Umfeld weitgehend abgelehnt. Diese Ablehnung ist nicht für alle Krankheitsbilder gleichermaßen ausgeprägt; bei an Schizophrenie Erkrankten ist sie besonders groß.
In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit spielen psychosoziale Auslöser für psychische Störungen eine überragende Rolle. Die Wahrnehmung einer psychischen Störung als Krise erleichtert offensichtlich die Akzeptanz eines Störungsbildes. Umgekehrt schafft die Wahrnehmung, dass es sich bei gewissen Symptomen um eine Krankheit im engeren Sinn handelt, Distanz zu den Betroffenen. Je weniger ein Krankheitsbild als psychosoziale Krise und je mehr es als Krankheit wahrgenommen wird, desto eher wird die Behandlung bei einem Psychiater empfohlen. Psychologen und Hausärzte werden im Falle psychosozialer Krisen bevorzugt. In allen Fällen werden personale Hilfen empfohlen, während Psychopharmaka weitgehend auf Ablehnung stoßen.
Die Stigmatisierung psychisch Kranker beschränkt sich allerdings nicht auf eine „unwissende“ Allgemeinheit, sondern reicht weit hinein in das Feld der professionellen Betreuung. Psychiater sind zwar weniger restriktiv in ihrer Haltung gegenüber psychisch Kranken und befürworten verstärkt die gemeindepsychiatrische Integration im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Jedoch weisen sie überwiegend ein ähnliches Profil auf wie die Allgemeinbevölkerung, insbesondere wünschen auch sie mehrheitlich keine psychisch Kranken in ihrem persönlichen Umfeld. Möglicherweise haben Psychiater, die im klinisch-institutionellen Setting verankert sind, sogar eine signifikant schlechtere Einstellung gegenüber psychisch Kranken als ihre anderweitig engagierten Berufskollegen.
Damit wird Stigmatisierung und Diskriminierung für viele der Betroffenen zu einer Art „zweiter Krankheit“, welche sie in die Isolation treibt und die ihnen vollends die (möglicherweise schon durch die Krankheit reduzierten) Chancen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nimmt.
Fighting Stigma and Discrimination because of Schizophrenia – Open the doors
Im vergangenen Jahrzehnt wurden weltweit eine Reihe von Aktivitäten gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung psychisch Kranker gestartet. Der wichtigste Meilenstein in diesem Zusammenhang ist das 1996 von dem Weltverband für Psychiatrie lancierte Programm („Fighting Stigma and Discrimination because of Schizophrenia – Open the doors“), an dem mittlerweile weit über 20 Länder beteiligt sind, so auch Deutschland, Österreich und die Schweiz.
„Changing Minds“ und andere Programme
In vielen Ländern sind inzwischen Bevölkerungsumfragen oder Patientenbefragungen durchgeführt und einige konkrete Projekte erfolgreich gestartet worden, z. B. Kultur- und Medienprojekte (Baumann et al. 2003), Polizeiprojekte (Pinfold et al. 2003) oder Schulprojekte (Meise et al. 2000). Ein anderes wichtiges Programm ist die englische Kampagne „Changing minds“ des Royal College of Psychiatrists, das allerdings auf viele unterschiedliche psychiatrische Krankheitsbilder gerichtet ist. Viele der erzielten Ergebnisse sind ermutigend, unklar bleibt hingegen, ob die Änderungen der Haltungen, Meinungen und Urteile anhalten und ob sie bzw. wie sie handlungsrelevant werden.
In einem nächsten Schritt müssen auch die Betroffenen selbst mehr in diese Aktivitäten involviert werden, denn es wäre ein Paradoxon, die Folgen von Stigmatisierungsprozessen anzuklagen und gleichzeitig die Betroffenen in diesem Zustand zu belassen. Auch hier gilt es zunächst einmal, an unserem eigenen, ärztlichen Hilfeverständnis anzusetzen. Ein zentraler Begriff stellt hier das Empowerment der Patienten dar. Empowerment stellt die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Patienten in den Vordergrund, nicht seine Defizite und sein Nichtkönnen. Patienten wollen mitbestimmen. Verschiedene Studien (z. B. Calsyn et al. 2000) konnten zeigen, dass Patienten, die aus verschiedenen Möglichkeiten auswählen können, sich bezüglich ihrer Symptome deutlich besser entwickeln als solche, die nur eine Behandlungsmöglichkeit hatten. Eine neueres Gruppenprogramm demonstrierte die Vorteile für das Selbstbewusstsein und die Handlungsmöglichkeiten, wenn Betroffene zu ihrer psychiatrischen Diagnose stehen (Rüsch et al. 2014). Es sind die sozialen Netze, die die Lebensqualität chronisch psychisch Kranker positiv beeinflussen (Rössler et al. 1999). Und es sind die sozialen Netze, die am wirksamsten Stigmatisierung verhindern können (Müller et al. 2006).
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