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Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie
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Verfasst von:
Andreas Warnke und Regina Taurines
Publiziert am: 04.05.2016

Tiefgreifende Entwicklungsstörungen

Tiefgreifende Entwicklungsstörungen beginnen meist in den ersten 5 Lebensjahren. Die Störungen betreffen nicht nur einzelne Lernbereiche, wie bei den umschriebenen Entwicklungsstörungen, sondern es besteht eine meist schwerwiegende Beeinträchtigung im Bereich der sozialen Interaktion, der Kommunikation und Interessenbildung. Die Intelligenz ist bei diesen Störungen oft erniedrigt, sie kann aber auch normal oder überdurchschnittlich sein. Autismus ist die bekannteste tiefgreifende Entwicklungsstörung.

Einleitung

Der Begriff „tiefgreifende Entwicklungsstörungen“ umfasst Störungsbilder, die durch eine Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, Kommunikation, Interessenbildung und durch stereotype Verhaltensmuster charakterisiert sind. Nahezu ausnahmslos bilden sich solche Syndrome in den ersten 5 Lebensjahren aus. Im Wesentlichen umfasst der Begriff „tiefgreifende Entwicklungsstörungen“ autistische Störungen, zusätzlich noch das Rett-Syndrom und die seltenen desintegrativen Störungen des Kindesalters.
Dem dimensionalen Charakter autistischer Störungen wurde im DSM-5 (Falkai und Wittchen 2015) Rechnung getragen und erstmals der Begriff „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) in ein Klassifikationssystem aufgenommen. Im Folgenden werden sowohl die autistischen Subgruppen nach der ICD-10 (WHO 2014) als auch die Diagnose einer Spektrum-Störung nach DSM-5 berücksichtigt.

Epidemiologie

Aufgrund des dimensionalen Konzepts autistischer Störungen sind epidemiologische Daten wesentlich von der Definition des Syndroms abhängig. Studien bis zum Anfang der 2000er-Jahre kamen zu dem Ergebnis, dass ca. 7 von 10.000 Kindern und Jugendlichen einen frühkindlichen Autismus (Synonym: Kanner-Autismus; Konfliktintervall 1,6–30,6) und 20 von 10.000 eine ASS (Konfliktintervall 4,9–82,1!) haben (Williams et al. 2006). Über die letzten Jahrzehnte ließ sich ein kontinuierlicher Trend zu höheren Prävalenzangaben für Autismus und ASS verzeichnen. Ein systematischer Review zu epidemiologischen Studien nach dem Jahr 2000 ergab einen Median der Prävalenzschätzungen von 17 von 10.000 für einen frühkindlichen Autismus und 62 von 10.000 für ASS mit erheblichen Schwankungen in den Prävalenzangaben der einzelnen Untersuchungen (Elsabbagh et al. 2012). In gut kontrollierten populationsbasierten Studien liegen die Schätzungen deutlich höher und ergeben z. B. bei Kindern ab dem Alter von etwa 4–10 Jahren eine 3- bzw. 6-Monatsprävalenz von rund 1 % für ASS (Autism and Developmental Disabilities Monitoring Network 2009; Baird et al. 2006; Fombonne et al. 2006).
Separate Studien zur Prävalenz des Asperger-Autismus wurden nur selten durchgeführt. Dieses Syndrom ist seltener als der frühkindliche Autismus, vorsichtige Schätzungen gehen von einem Verhältnis von frühkindlichen Autismus zu Asperger-Syndrom von 3–4:1 aus (Fombonne 2009). Ein Asperger-Snydrom wird zweifellos – v. a. wohl auch im Erwachsenenalter – zu selten diagnostiziert.
Bei autistischen Störungen zeigt sich über ältere und neuere Studien hinweg eine eindeutige Jungenwendigkeit; das männliche Geschlecht ist gegenüber dem weiblichen im Mittel 3- bis 4-mal häufiger betroffen (Fombonne 1999; Elsabbagh et al. 2012). Bei nur leichter Intelligenzminderung bzw. im normativen Intelligenzbereich ist das Verhältnis männlich:weiblich noch höher, bei ausgeprägter Intelligenzminderung ist es niedriger mit 2:1 (Fombonne 2002b).
Ursachen für den zuletzt zu beobachtenden Anstieg der Prävalenzangaben für autistische Störungen können in der Erweiterung des diagnostischen Konzepts auf ein „Spektrum“ sowie in der zunehmenden Sensitivität von Fachpersonal gegenüber den Störungen – besonders auch bei intellektuell besser begabten Personen – gesehen werden. Inwiefern Faktoren wie ein höheres Alter der Eltern (Croen et al. 2007; Hultman et al. 2011) oder der häufigere Einsatz von Methoden der Reproduktionsmedizin (Follikel-stimulierendes Hormon, FSH; Hvidtjorn et al. 2011) möglicherweise über epigenetische Veränderungen zu einem realen Häufigkeitsanstieg führen, kann erst zukünftig abschließend geklärt werden.
Das Rett-Syndrom ist offensichtlich viel seltener als der frühkindliche Autismus, es betrifft beim weiblichen Geschlecht in etwa 1 von 10.000 Geburten (Laurvick et al. 2006). Zunächst ging man davon aus, dass allein Mädchen betroffen sind, zunehmend werden jedoch Krankheitsverläufe männlicher Betroffener veröffentlicht (s. systematischer Review: Reichow et al. 2015).
Auch die desintegrative Störung des Kindesalters ist mit einer Häufigkeit von 1,7 von 100.000 eine der seltenen Formen tiefgreifender Entwicklungsstörungen (Fombonne 2002a).

Ätiopathogenese

Ätiologie

Jahrzehnte der Diskussion zur Ätiologie haben zu dem aktuellen Ergebnis geführt, dass autistische Störungen weitestgehend genetisch begründete neuronale Entwicklungsstörungen sind. Über 90 % der Verhaltensvarianz erscheint erblich bestimmt. Jedoch können auch biologische bzw. Umweltfaktoren den Phänotyp begründen (s. unten).
Für die erbliche Genese sprechen Familienuntersuchungen und Zwillingsstudien. Bei eineiigen Zwillingen finden sich Konkordanzraten von über 90 %, während sie bei zweieiigen Zwillingen bis zu 23 % feststellbar sind. Geschwister eines autistischen Kindes haben ein Erkrankungsrisiko, das bis zu 50fach größer ist als in der Normalbevölkerung (Rutter 2000; Poustka 1995, 2007; Lauritsen und Ewald 2001).
Ein monogenetischer Defekt ist bei 10–15 % autistischer Störungen nachzuweisen (Kielinen et al. 2004). Formen und Ursachen eines solchen „syndromalen Autismus“ sind z. B. das fragile X-Syndrom mit einem Defekt im FMR1-Gen, das Rett-Syndrom mit Mutation im Gen für Methyl-CpG-Bindungs-Protein 2 (MECP2) oder die tuberöse Sklerose mit Mutationen in den TSC-Genen auf den Chromosomen 9 und 16. Bei angeborener Stoffwechselstörung bestehen u. a. zwischen Phenylketonurie und Autismus Beziehungen (Holtmann et al. 2006; Ghaziuddin und Al-Owain 2013).
Neben monogenetischen Defekten als Ursache für Formen des Autismus werden für die Genese des sog. „idiopathischen“ Autismus sehr heterogene Vererbungsmuster, oligogenetische, polygenetische und mutifaktorielle Mechanismen angenommen (Freitag et al. 2010). Molekulargenetische Befunde aus genomweiten Kopplungsstudien verweisen insbesondere auf die Regionen 2q und 7q, Kopplungen konnten aber auch für viele andere Orte – 1p, 3p, 3q, 5q, 6q, 11p, 13q, 15q, 16p, 17q, 19p und Xq – als wahrscheinlich gemessen werden (Holtmann et al. 2006; Klauk 2009). Die insgesamt variablen Studienergebnisse sind sicherlich auch auf heterogene Patientenkollektive zurückzuführen. In den Suszeptibilitätsregionen 2q und 7q befinden sich beispielsweise das Gen für das mitochondriale Asparaginsäure/Glutaminsäure-Transportprotein, SLC25A12, für das Protein CMYA3 mit Bindungsfunktion zu zellulärem Aktin oder RELN, dessen Genprodukt Reelin während der Gehirnentwicklung die neuronale Migration beeinflusst (für nähere Details s. z. B. Klauk 2009).
Von technischen Neuerungen genomweit häufige Genvarianten, sog. Einzelnukleotid-Polymorphismen (Single Nucleotide Polymorphism, SNP), untersuchen zu können, erhoffte man sich wesentliche Erkenntnisse zu ätiologisch relevanten Genorten. Auch wenn diese genomweiten Assoziationsstudien (GWAs) keine unabhängig replizierten positiven Ergebnisse erbrachten (Devlin et al. 2011; Chaste et al. 2015), so konnten einzelne potenzielle Risikoallele mit niedrigen Effektstärken identifiziert werden, z. B. in der Region 5p14.1 zwischen CDH10 und CDH9, Genorten, die für Moleküle aus der Cadherin-Familie kodieren mit Funktion in der neuronalen Zelladhäsion (Wang et al. 2009).
Weitere technische Fortschritte ermöglichten die genomweite Untersuchung von Kopiezahlvariationen (sog. Copy Number Variants, CNVs), Variationen des Genoms, die nicht wie beim SNP nur ein Nukleotid, sondern Erbgutabschnitte von mindestens 1 kb Länge umfassen. Die Abweichungen der Kopiezahl umfassen Deletionen und Duplikationen von DNA-Abschnitten. Mittels genomweiter CNV-Studien konnte bei autistischen Patienten im Vergleich zu Gesunden eine Anreicherung an seltenen CNVs (Häufigkeit < 1 %) beobachtet werden, die zum Teil vererbt worden waren, zum Teil als de-novo-Mutation auftraten (Alsagob et al. 2015). Die Gene, die von Deletion oder Duplikation betroffen waren, spielten eine pathophysiologische Rolle bei neuronalen Entwicklungsprozessen und Signalwegen, synaptischen Funktionen sowie der Chromatin- bzw. Transkriptionsregulation (Pinto et al. 2014). CNV-Studien erbrachten auch Hinweise auf eine gemeinsame genetische Basis von ASS und weiteren neuronalen Entwicklungsstörungen wie ADHS (Martin et al. 2014), aber auch Schizophrenien und Intelligenzminderung (z. B. Guilmatre et al. 2009; Williams et al. 2010).
Neben den genannten heterogenen genetischen Einflüssen können biologische bzw. Umweltfaktoren wie Infektionskrankheiten in der Schwangerschaft (Röteln, aber auch Assoziation mit anderen schweren Virus- und bakteriellen Infektionen) einen autistischen Phänotyp begründen (Freitag 2012). Auch eine extreme Deprivation in der frühen Kindheit über einen längeren Zeitraum kann im Einzelfall bleibende autistische Verhaltensweisen verursachen. Mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von ASS geht die künstliche Befruchtung unter Einsatz von FSH einher sowie ein erhöhtes Alter der Eltern bei Zeugung. Auch starke Frühgeburtlichkeit mit niedrigem Geburtsgewicht und Hirnblutung sowie Schwangerschaftsdiabetes und Präklampsie sind assoziiert genannt worden. Das Risiko für ASS steigt auch bei Einnahme bestimmter Medikamente in der Schwangerschaft, von den Antiepileptika ist besonders Valproat in diesem Kontext zu nennen. Eine mögliche Assoziation von ASS und SSRI-Gabe in der Schwangerschaft befindet sich in Diskussion (Freitag 2012).
Die These einer primären Psychogenese des frühkindlichen Autismus kann nicht mehr vertreten werden. Psychoanalytische Erklärungsansätze zur Psychogenese (z. B. Bettelheim 1977; Mahler 1983) ließen sich empirisch nicht verifizieren. Autistische Störungen sind weitestgehend genetisch begründete neuronale Entwicklungsstörungen. Aber auch bei neurobiologischer Begründung ist die Entwicklung der Kinder von der spezifischen Verarbeitung von Lebenserfahrungen mitbestimmt, die sich aus der primären Beeinträchtigung ergeben.
Das Rett-Syndrom resultiert meist aus einer de novo-Mutation des X-chromosomalen MECP2-Gens. Es wurde bereits von mehr als 600 pathogenetisch relevanten MECP2-Mutationen berichtet, inklusive Missens-, Nonsense-, Rasterschub- und großen Deletionsmutationen (Gadalla et al. 2011). Das Rett-Syndrom tritt meist bei heterozygot von einer MECP2-Mutation betroffenen Mädchen auf. Jungen mit einer entsprechenden Mutation sind deutlich stärker von einer infantilen Enzephalopathie betroffen und überleben die Kindheit meist nicht. Das Protein MECP2 wird hauptsächlich im Zellkern gefunden und übt wesentlich Funktionen als Transkriptionsrepressor, evtl. auch als selektiver Transkriptionsaktivator aus (Gadalla et al. 2011).

Pathogenese

Für eine nahezu ausschließlich entwicklungsbiologische Begründung der ASS sprechen neben der hohen Heritabilität hirnstrukturelle und hirnfunktionelle Befunde (Lord und Rutter 1995; Poustka 2007; Remschmidt 2008b; Klicpera et al. 2002).

Neuroanatomie

Neuroanatomische und neurohistologische Befunde ergaben sich für Bereiche des Kleinhirns, des Hirnstamms, des limbischen Systems und u. a. auch des Frontalhirns. Autismusspezifische hirnstrukturelle Befunde ließen sich bislang nicht zweifelsfrei sichern. Allerdings ist der Befund einer Makrozephalie während der ersten Lebensjahre durch eine nach der Geburt einsetzende Volumenvergrößerung in Bereichen der grauen und weißen Hirnsubstanz gut repliziert (Nickl-Jockschat und Michel 2011). Immer wieder finden sich Hinweise auf Abnormitäten der genetisch determinierten Proliferation, Spezifizierung und Migration von Hirnzellen. Die zytoarchitektonischen Besonderheiten in der Hirnrinde autistischer Personen weisen auf einen Ursprung der Aufälligkeiten vor dem Ende des 6. Schwangerschaftsmonats hin (Remschmidt 2008b).

Neurobiochemie

Abweichungen im Serotoninmetabolismus (u. a. eine Hyperserotoninämie) konnten bei ASS repliziert werden (Poustka 2007; Remschmidt 2008b). Befunde am Tiermodell führten zu der Hypothese, dass eine frühe Hyperserotoninämie bei noch unvollständiger Blut-Hirn-Schranke über negatives Feedback zum Verlust serotonerger Neurone und zu ASS-assoziierten hirnanatomischen und Verhaltensbesonderheiten führt (Whitaker-Azmitia 2005).
Ergebnisse zu Modulationen im Dopamin-, Adrenalin-, Neurotrophinmetabolismus und weiteren Stoffwechselsystemen sind uneinheitlich.

Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung

Zahlreich sind die Befunde zu hirnfunktionellen Besonderheiten bei Menschen mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (Poustka 2007; Remschmidt 2008b; Blanz et al. 2006). Neurophysiologische Studien mittels EEG, insbesondere mit ereigniskorrelierten Potenzialen, verweisen auf ungewöhnliche Potenzialabläufe insbesondere bei sprachlich gebundenen Aufgabenstellungen. In neurophysiologischen Studien und mittels funktioneller Bildgebung ließen sich auch Auffälligkeiten in der visuellen Verarbeitung von Gesichtern belegen (Schultz et al. 2000; Dawson et al. 2002). Bildgebungsstudien verweisen auf Besonderheiten der Konnektivität des Gehirns. Es ergaben sich Hinweise für eine reduzierte Kohärenz über weitere Entfernungen, zum einen zwischen den beiden Hirnhälften, zum anderen aber auch bei kortiko-kortikalen Verbindungen innerhalb einer Hemisphäre, und für eine (evtl. kompensatorisch) erhöhte lokale kortiko-subkortikale Konnektivität (Rane et al. 2015). Dieser Befund könnte im Zusammenhang stehen mit der lokal orientierten Informationsverarbeitung, die Menschen mit ASS charakterisiert (Abschn. 3.2).

Neuropsychologie

Überwältigend ist die Anzahl der Befunde zu den neuropsychologischen Besonderheiten beim frühkindlichen Autismus (weiterführend: Klicpera et al. 2002; Bölte 2009). Sie werden unter dem Begriff der Informationsverarbeitung zusammengefasst. Besonderheiten ließen sich in der Wahrnehmung von Ereignisabfolgen und der zeitlichen Wahrnehmung nachweisen; es bestehen Schwierigkeiten in der Imitation und der Verarbeitung sozialer Informationen; die relative Hilflosigkeit in sozialen Interaktionen und die Bevorzugung stereotyper Umgangsweisen mit der physikalischen Umgebung wird auf die Schwäche zurückgeführt, Ereignisabfolgen vorhersagen zu können. Menschen mit ASS zeigen Schwierigkeiten in der Planung von Prozessen, der Kontrolle der Aufmerksamkeit bzw. dem zielgerichteten, problemorientierten Handeln (den sog. exekutiven Funktionen). Die Theorie einer „schwachen zentralen Kohärenz“ (oder synonym einer „lokal orientierten Informationsverarbeitung“) beschreibt, dass Menschen mit Autismus häufig einzelne, isolierte Reize und Details von Objekten besonders gut wahrnehmen; eine ganzheitliche, kontextgebundene Wahrnehmung fällt ihnen jedoch schwer.
Wahrnehmung von Gefühlen
Qualitativ verändert scheint die Wahrnehmung von Gefühlsäußerungen der Mitmenschen, die häufiger negativ wahrgenommen und auch geäußert werden. Umgekehrt lassen sich aus dem Gesichtsausdruck der Menschen mit Autismus differenzierte Gefühlsregungen oft schwer erkennen, der Ausdruck von Freude kann fehlen. Sie haben Schwierigkeiten bei der Umstellung von einer Sprecher- zur Hörerrolle. Ihnen gelingt es nicht, sich in die Situation und das Empfinden des Interaktionspartners einzufühlen; ihnen fällt es schwer, sich in die Gedanken, Gefühle und Absichten der Mitmenschen hineinzuversetzen. Für Menschen mit Autismus stellen fiktive Spiele oft eine Schwierigkeit dar. Ironische, witzige oder metaphorische Bemerkungen werden kaum verstanden (Störung der Theory of Mind; Baron-Cohen 1989; Sodian 2008; Bruning et al. 2005).

Neurobiologische Modelle

Für die Annahme einer neurobiologischen Begründung sprechen die bereits im Säuglingsalter auftretenden Störungen im biologisch determinierten Bindungsverhalten (z. B. Blickverhalten), Schlaf-Wach-Rhythmus, im Essverhalten, Schreiverhalten und der Erregungskontrolle. Bei bis zu 60 % der Kinder mit frühkindlichem Autismus zeigen sich im Schulalter neurologische Befunde und bei etwa 30 % entwickelt sich bis zum Jugendalter eine Epilepsie (Tuchman und Rapin 2002).

Psychogenetische Modelle

Die psychogenetischen Modelle, die im Rahmen psychoanalytischer Schulen entwickelt wurden, setzen voraus, dass sich bei einem primär gesunden Kind das autistische Syndrom erst infolge mehr oder weniger spezifischer Umwelteinflüsse entwickelt. Dabei spielt die Annahme einer gestörten Bindungsentwicklung zwischen Kind und Eltern eine zentrale Rolle.
Empirisch ließ sich eine „autismogene Mutter“ nicht nachweisen, die Syndromentwicklung nicht mit spezifischen Persönlichkeitszügen oder Interaktionsstilen der Eltern in Einklang bringen (DeMyer 1986 [orig. 1979]; Holtmann et al. 2006).
Auch ließen sich für autistische Kinder normale Bindungsreaktionen gegenüber Eltern nachweisen. Andererseits bleibt zu beachten, dass aufgrund der Besonderheiten der zentralnervösen Informationsverarbeitung bei Menschen mit ASS psychosoziale Einflüsse die Erlebens- und Verhaltensentwicklung der Personen aufgrund der Wechselwirkung sehr stark mitbestimmen.
Fazit
Assoziiert mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen sind häufiger Chromosomenauffälligkeiten, anamnestisch kongenitale Infektionskrankheiten und strukturelle zentral-nervöse Abweichungen. Die bisherigen Befunde zu Dysfunktionen in den Neurotransmittersystemen (z. B. Serotoninhypothese) sind nicht eindeutig. Insgesamt lassen die neurostrukturellen und hirnfunktionellen Befunde (hirnelektrisch, biochemisch, neuropsychologisch) keinen Zweifel, dass eine – weitestgehend genetisch bestimmte – Störung zentraler Informationsverarbeitung pathogenetisch ausschlaggebend für die Entwicklung der ASS ist. Ein spezifischer „biologischer Marker“ ließ sich bislang jedoch nicht nachweisen.

Symptomatologie

Es existieren aktuell unterschiedliche Klassifikationsweisen autistischer Störungen: In der ICD-10 werden tiefgreifende Störungen in den frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom, den atypischen Autismus, das Rett-Syndrom, in andere desintegrative Störungen des Kindesalters und die hyperaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien unterteilt. Im DSM-5 wurden die verschiedenen Autismus-Formen zur „Autismus-Spektrum-Störung“ zusammengefasst.
Die einzige Form der Subgruppenbildung autistischer Störungen, die sich über diese genannten Konzepte hinaus als konsensfähig erwies und sich flächendeckend durchsetzen konnte, ist die Untergliederung in hochfunktionale Formen des Autismus (High-Functioning, ohne Intelligenzminderung) und Low-Functioning-Ausprägungen (Bölte 2009). Diese Bezeichnungen geben jedoch keinen Anhalt, wie gut ein Betroffener mit den diversen Anforderungen im Alltagsleben zurechtkommt.

Frühkindlicher Autismus

Der frühkindliche Autismus (Kanner-Autismus; Leo Kanner beschrieb 1943 das Syndrom erstmalig) entwickelt sich vor dem 3. Lebensjahr und persistiert während der gesamten Lebenszeit. Das Asperger-Syndrom wie auch der atypische Autismus sind in Teilaspekten dem frühkindlichen Autismus ähnlich (Tab. 1).
Tab. 1
Symptomvergleich zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger-Autismus. (Nach Weber 1985)
Frühkindlicher Autismus
Asperger-Syndrom
Erste Auffälligkeiten
Störung ist meist angeboren, kann aber auch noch bis zu einem Alter von 30 Monaten entstehen
Störung ist angeboren
Erste Auffälligkeiten meist schon im 1. Lebensjahr: z. B. Ausbleiben der Lächelreaktion, der Antizipationshaltung
Kinder werden etwa vom 3. Lebensjahr an verhaltensauffällig; massive Anpassungsprobleme meist erst mit Schuleintritt
Sprache
Später Sprechbeginn; nicht selten sogar Ausbleiben einer Sprachentwicklung
Früher Sprechbeginn; Mehrwortsätze häufig vor freiem Laufen; selten verzögerte Sprachentwicklung, aber auch dann entsteht rasch eine in Grammatik und Wortlaut erstaunlich vollkommene Sprache
Spezifische Störung der Sprachentwicklung (anfänglich fehlt jegliche kommunikative Funktion: Echolalie) und der nichtverbalen Kommunikation
Die Sprache hat immer eine – allerdings gestörte – kommunikative Funktion („Spontanrede“)
Störungen der stimmlichen bzw. musischen Elemente der Sprache
(Vergleichende Untersuchungen fehlen)
Personale Kontaktstörung
Mitmenschen werden anfänglich nicht in ihrer personalen Existenz erfasst
Mitmenschen werden oft als störend empfunden
Kontakte gelingen leichter zu Erwachsenen
Die Ängste vor Kindern sind meist nicht so hochgradig; die Kontaktbestrebungen sind frühzeitig geprägt durch Ambivalenz
Kinder werden lange Zeit nicht beachtet oder angstvoll abgelehnt
 
Blickkontakt
Anfänglich öfter fehlend, später selten, flüchtig oder auch ausweichend (systematische Verlaufsuntersuchungen der Blickkontaktstörung vom 1. Lebensjahr an fehlen)
Mehr oder weniger selten und flüchtig, auch ausweichend; meist fehlt dem Blick das wache Interesse an der Außenwelt, dem mitmenschlichen Gegenüber
Intelligenz
Meist unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungen, selten auch durchschnittliche bis überdurchschnittliche, charakteristische Intelligenzstruktur
Meist gute bis überdurchschnittliche intellektuelle Leistungen; Intelligenzschwäche gelegentlich möglich; Frage der charakteristischen Intelligenzstruktur noch nicht geklärt
Sonderinteressen
Können bestehen und sind umso komplexer, je leichter die Behinderung ist; sie können bei den gut intelligenten Kindern durchaus Ähnlichkeiten mit den Sonderinteressen der Asperger-Autisten haben
Sind meist vorhanden; es dominiert oft die reine Wissensspeicherung, die sammlerische Tendenz, das registrierende Auswendiglernen vor der logischen Verknüpfung und Verwendung
Sensorielle Besonderheiten
Immer in bestimmten Entwicklungsphasen vorhanden
Meist nachzuweisen, aber mehr im Sinne allgemeiner Reizüberempfindlichkeit, vergleichbar derjenigen bei neuropathischen Kindern (von Asperger wird diese Deutung allerdings abgelehnt, er spricht von „psychopathischen Überempfindlichkeiten“, die aus der Psyche kommen)
Das Störungsbild ist gekennzeichnet durch:
  • Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion,
  • qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation und Sprache und durch
  • repetitive eingeschränkte und stereotype Verhaltens- und Aktivitätsmuster.

Soziale Interaktion

Die qualitativen Auffälligkeiten der sozialen Interaktion zeigen sich in:
  • Störungen der Fähigkeit, durch nichtverbales Verhalten soziale Interaktionen zu steuern: Blickkontakt wird aktiv vermieden, soziales Lächeln entwickelt sich – wenn überhaupt – sehr verspätet, differenzierte Mimik und Gestik zum Ausdruck von Gefühlen fehlt;
  • die Beziehungsaufnahme zu Mitmenschen ist gestört: ein Interesse an Mitmenschen scheint zu fehlen, es sei denn, der Mensch kann als „Gebrauchsgegenstand“, „Werkzeug“, „Mittel zum Zweck“ dienlich sein; im Spiel mit Gleichaltrigen sind Kinder mit Autismus unfähig zu Fantasiespielen, sie reagieren auf soziale Annäherung nicht oder abwehrend; sie schließen keine Freundschaft;
  • unzulänglich ist die Fähigkeit, Freude, Leid oder Aufmerksamkeit mit anderen zu teilen;
  • das emotionale wechselseitige Mitgefühl scheint zu fehlen.

Kommunikation und Sprache

Im Bereich von Kommunikation und Sprache zeigen sich folgende qualitative Auffälligkeiten:
  • Etwa 50 % der Kinder mit frühkindlichem Autismus erlernen keine Sprache;
  • die sprachlichen Defizite können auch nicht durch Mimik oder Gestik kompensiert werden; Imitation, Fantasiespiel und Symbolspiele sind nicht möglich;
  • die sprachlichen Äußerungen enthalten vielfach Besonderheiten: stereotype Wort- und Satzfolgen, Neologismen, pronominale Umkehr, Echolalie; kein kommunikativer Gebrauch der Sprache, eher Monologisieren; Störungen der Intonation und des Sprachrhythmus.

Verhaltensmuster und Interessen

Die Patienten zeigen repetitive, eingeschränkte stereotype Verhaltensmuster und Interessen. Häufig beschäftigen sie sich stereotyp und haben eng begrenzte Spezialinteressen. Typisch ist auch eine Beschäftigung mit Teilobjektiven von Gegenständen wie etwa dem Geruch, Geschmack oder dem Geräusch von Menschen oder Gegenständen.

Asperger-Syndrom

Beim Asperger-Syndrom (Asperger 1944, 1960; Attwood 2005; Remschmidt und Hebebrand 2001; Hippler und Klicpera 2005; Remschmidt und Kamp-Becker 2006) findet sich wie beim frühkindlichen Autismus eine qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, ein eingeschränktes, stereotypes Verhaltensrepertoire und eine eingeengte spezifische Interessenbildung.
Im Unterschied zum frühkindlichen Autismus fehlen per definitionem eine Entwicklungsverzögerung der Sprache und die Intelligenzminderung. Es handelt sich beim Asperger-Syndrom um die bekannteste Form von ASS mit hohem Funktionsniveau. Die meisten Personen sind motorisch ungeschickt. Beeindruckend sind die ausgeprägten Sonderinteressen, die intellektuelle Frühreife bei gleichzeitig extremer emotionaler Ausdruckslosigkeit und psychomotorischer Ungeschicklichkeit. Trotz auch überdurchschnittlicher Intelligenz können die betroffenen Personen darin scheitern, einfachste Alltagsaufgaben zu verrichten. Die Intelligenz wird in hochspezialisierte Sonderinteressen investiert.
Beispiele von Asperger-Syndrom
Ein betroffener Jugendlicher beherrscht sämtliche Abfahrtszeiten der Bus- und Straßenbahnpläne der Heimatstadt. Ein anderer jugendlicher Patient hat per Computer über 1000 Schrifttypen katalogisiert und verbringt den Tag weitestgehend mit dem exakten Signieren und Klassifizieren der Hausbibliothek, dem perfekten Herstellen von nutzlosen Formularen, während er gemäß IQ hochbegabt, jedoch unfähig ist, die Interessen der Gymnasiallehrer zu teilen und die Hausaufgaben zu erledigen. Er hat mit Unterstützung eines Schulbegleiters erfolgreich das Abitur abgelegt.

Rett-Syndrom

Das Rett-Syndrom (Kap. Intelligenzminderung) wurde initial fast ausschließlich bei Mädchen beobachtet, Berichte von männlichen Betroffenen mehren sich aber (Reichow et al. 2015). Das Störungsbild wurde erstmals 1966 vom Wiener Kinderpsychiater Andreas Rett beschrieben (Rett 1966; Working Group 1988). Nach dem Down-Syndrom ist es die häufigste Form der Intelligenzminderung beim weiblichen Geschlecht (Laccone 2006). Eindeutige Krankheitssymptome lassen sich meist nach dem 7. bis 24. Lebensmonat – nach einer scheinbar unauffälligen prä- und perinatalen Entwicklungsperiode – feststellen. Studien erbrachten jedoch in vielen Fällen bereits diskrete motorische Entwicklungsverzögerungen in den ersten 6 Lebensmonaten (Nomura und Segawa 2005). Charakteristisch ist ein teilweiser oder vollständiger Verlust von bereits erworbenen Fähigkeiten im Gebrauch der Hände und der Sprache. Die Kinder verlieren zunächst ihre Fähigkeit, Handbewegungen gezielt auszuführen, es kommt zu stereotypen, windenden Handbewegungen („Waschbewegungen“). Zumindest ein Teilverlust des Sprachvermögens ist zu beobachten, das Kopfwachstum ist verlangsamt und es resultiert eine schwere intellektuelle Beeinträchtigung. Ein soziales Interesse wird nicht erkennbar oder es geht verloren. Im Kindesalter entwickelt sich ein in den Beinen beginnender Muskelhypertonus, im weiteren Entwicklungsverlauf und der Adoleszenz folgen eine Rumpfataxie, Skoliose, eine starre Spastik und auch choreatische Bewegungsmuster. Zerebrale Anfälle entwickeln sich häufig in der frühen und mittleren Kindheit. Im späteren Kindes- oder Jugendalter werden autonome Funktionsstörungen inkl. respiratorischer Auffälligkeiten wie Hyperventilation offensichtlich. Im Unterschied zur autistischen Störung sind selbstverletzende Verhaltensweisen (s. unten) und stereotype Verhaltensgewohnheiten selten.

Andere desintegrative Störungen des Kindesalters

Bei dieser Form der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen kommt es nach einer zweifellos normalen Entwicklungsperiode meist innerhalb weniger Monate zu einem Verlust bereits erworbener Fähigkeiten in mehreren Entwicklungsbereichen, sodass gleichzeitig Störungen im sozialen, kommunikativen und psychischen Erleben und Verhalten sichtbar werden.
Das Kind wirkt zu Beginn der Erkrankungsphase unruhig, ängstlich und hyperaktiv. Anschließend wirkt es erschöpft, verliert seine Sprachfähigkeit und es kommt zu einer Desintegration des Gesamtverhaltens. Gelegentlich schreitet der funktionelle Abbau fort, häufiger kommt es nach einigen Monaten zu einem Stillstand der desintegrativen Prozesse und eine Besserung kann eintreten. Regelhaft verbleibt eine schwere Intelligenzminderung.
Nicht immer lässt sich das Störungsbild von dem frühkindlichen Autismus trennen. Die anfängliche Periode normaler Entwicklung umfasst mindestens 2 Jahre. Weiterhin kommt es zum Verlust der Darm- und Blasenkontrolle und zu einer Verschlechterung der motorischen Fähigkeiten, die häufig in motorischen Manierismen und Stereotypien einmünden. Im Unterschied zu demenziellen Prozessen des Erwachsenenalters lässt sich in der Regel keine hirnorganische Erkrankung identifizieren. Dem Verlust von Fertigkeiten kann eine gewisse Besserung folgen. Die Störung in der Sozialisation und Kommunikation ist weniger typisch für eine demenzielle Erkrankung als für eine autistische Störung (weiterführend: Volkmar 2007; Freisleder und Amorosa 2003; Blanz et al. 2006).

Hyperaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien

Die nosologische Validität dieser Störung ist ungesichert. Nach ICD-10 (F84.4) ist sie durch folgende diagnostische Leitlinien charakterisiert:
  • Die Hyperaktivität ist in der Regel nicht durch Stimulanzien beeinflussbar; die Kinder können auf Stimulanzien stark dysphorisch reagieren.
  • Im Jugendalter verändert sich die Hyperaktivität in eine Hypoaktivität.
In der Regel gehen mit dem Syndrom vielfältige Entwicklungsstörungen einher.

Autismus-Spektrum-Störung

Der Begriff ASS spiegelt den dimensionalen Charakter autistischer Symptomausprägung wieder. Diese klassifikatorische Entwicklung mit Einführung des DSM-5 (Falkai und Wittchen 2015) basiert auf Forschung zu Phänotypen und Ergebnissen genetischer Studien, die fließende Übergänge zwischen autistischen Störungen und überlappende ätiologische Faktoren annehmen lassen. Im DSM-5 werden die o. g. Symptombereiche „soziale Interaktion“ und „Kommunikation“ zusammengefasst zur „sozialen Kommunikation“. Für die Diagnose ASS müssen Kriterien aus den Domänen „soziale Kommunikation“ und „Stereotypien/Rituale“ erfüllt sein. Zusätzlich wird gefordert, dass die Symptome schon in der frühen Entwicklung auftreten und bedeutsame Funktionseinschränkungen in der alltäglichen Lebensführung mit sich bringen. Um die ASS näher zu beschreiben, werden in der DSM-5 3 Schweregrade unterschieden. Zusätzlich sollte die Störung in Bezug auf folgende Punkte spezifiziert werden: ASS mit/ohne Intelligenzminderung oder Sprachstörung; mit/ohne bekannte genetische/medizinische Erkrankung oder bekanntem Umweltfaktor; mit/ohne andere(n) neuronale(n) Entwicklungs- oder psychische(n) Störung(en); mit/ohne Katatonie. Als Neuerung im DSM-5 wird anerkannt, dass ASS und ADHS häufig komorbid auftreten; eine Doppeldiagnose ist nun zulässig. Als neue wichtige Differenzialdiagnosen zur ASS wurde die „Social (pragmatic) Communication Disorder“ benannt (Abschn. 5.2).

Diagnose und Differenzialdiagnose

Diagnose

Autistische Störungen sind vor dem 24. Lebensmonat meist nicht zu sichern, da bis dahin die Varianz der geistigen, sprachlichen und motorischen Entwicklung jeweils sehr groß ist. Eine Verdachtsdiagnose kann jedoch durchaus ab dem 18. Lebensmonat ausgesprochen werden.
Die Diagnose ergibt sich aus Anamnese, Exploration, psychopathologischem Befund und klinischer Beobachtung, ergänzt durch spezifische Interviewleitlinien und symptombezogene Skalen (vgl. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie et al. 2007). Neben der körperlichen/neurologischen Untersuchung sollte die Diagnostik im Kindes- und Jugendalter zudem ein EEG, einmalig ein cMRT, genetische und ggf. Stoffwechseluntersuchungen umfassen. Seh- und Hörstörungen müssen ausgeschlossen werden.
Als autismusspezifische diagnostische Instrumente eignen sich das „Diagnostische Interview für Autismus – Revidiert“ (ADI-R, Bölte et al. 2006) und die „Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen“ (ADOS, Bölte und Poustka 2004; Rühl et al. 2004) bzw. die ADOS-2 (Poustka et al. 2015), die die DSM-5-Kriterien berücksichtigt und zusätzlich ein Modul für Kleinkinder ab 12 Monaten enthält. Allerdings sind diese Instrumente relativ aufwendig und bedürfen einer ausführlichen Schulung. Diagnostisch hilfreich sind auch der „Fragebogen zur Sozialen Kommunikation – Autismus Screening“ (FSK, Bölte und Poustka 2006) und die „Skala zur Erfassung sozialer Reaktivität – Dimensionale Autismus-Diagnostik“ (Bölte und Poustka 2007). Auch das DISYPS-II (Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-IV für Kinder und Jugendliche II; Döpfner et al. 2008) enthält eine Checkliste und Fremdbeurteilungsskala zum Screening für tiefgreifende Entwicklungsstörungen. Liegt eine Intelligenzminderung vor, kann der VFE (Verhaltensfragebogen bei Entwicklungsstörungen, Einfeld et al. 2007) sinnvoll eingesetzt werden. Vom Bundesverband „Autismus Deutschland e. V.“ werden sehr hilfreiche „Merkmalslisten zur Erkennung autistischer Kinder“ herausgegeben, die vor allen Dingen auch für eine Beurteilung seitens der Eltern brauchbar sind (weiterführend: Bölte und Poustka 2005). Für das Asperger-Syndrom liegen Screeningverfahren vor die „Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom“ (MBAS, Kamp-Becker et al. 2005); und die dtsch. Version der „Australian Scale of Asperger’s Syndrome“ [ASAS], (Melfsen et al. 2005).
Die Psychodiagnostik umfasst neben autismusspezifischen Verfahren eine Entwicklungs- bzw. Intelligenztestung sowie die Erfassung komorbider psychiatrischer Störungen.

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch sind zunächst Störungen der Intelligenzentwicklung und Sprachentwicklung festzustellen bzw. auszuschließen. Meistens ergibt sich die Diagnose aus einer Verdachtsdiagnose. Eine große Belastung ist für die Eltern der Regelfall, dass zunächst sehr verschiedene Diagnosen gestellt werden, bevor sich eine autistische Störung diagnostisch sichern lässt.
Differenzialdiagnostisch sind bei jenen 20 %, bei denen die autistische Entwicklung erst im Alter von 2 Jahren erkennbar wird, die desintegrativen Psychosen, frühkindlichen Schizophrenien (jeweils sehr selten) und auch der elektive Mutismus abzugrenzen. Insbesondere müssen Seh- und Hörstörungen ausgeschlossen werden. Hörstumme Kinder (Audimutitas) teilen sich gestisch, mimisch und mit Gebärden mit, was sie von den autistischen Kindern unterscheidet. Desintegrative Psychosen sind durch das charakteristische Verlustsyndrom differenzialdiagnostisch zu unterscheiden.
Störung der Sprache
Gegenüber Sprachentwicklungsstörungen und Aphasien (z. B. Landau-Kleffner-Syndrom) unterscheidet sich die Sprache des Kindes mit Autismus – wenn sie sich überhaupt entwickelt – durch monotone Modulation, Störungen in der Steuerung von Lautstärke, Sprachflüssigkeit, Tonfall und Rhythmus sowie durch die Stereotypie und „Gebrauchsstörung“ der Sprache.
Hyperkinetische Störung
Bei der hyperkinetischen Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien fehlen die für den Autismus typischen Kommunikations- und Interaktionsstörungen.
Sinnesstörungen und Deprivationssyndrome
Sind es Seh- oder Hörstörungen oder Deprivationssyndrome, die differenzialdiagnostische Fragen aufwerfen, so ergeben sich unter Therapie und adäquater erzieherischer Führung bei Sinnesfunktionsstörungen bzw. Deprivationssyndromen wesentlich günstigere sprachliche und intellektuelle Entwicklungsfortschritte.
Rett-Syndrom und fragiles X-Syndrom
Das Rett-Syndrom tritt nahezu ausschließlich bei Mädchen auf und die charakteristischen psychomotorischen Entwicklungsstörungen und der progrediente Verlauf unterscheiden das Syndrom vom frühkindlichen Autismus. Das Rett-Syndrom und das fragile X-Syndrom lassen sich durch molekulargenetische Untersuchungen sichern. Eine Überlappung mit dem Rett-Syndrom ist bei etwa 2 % der Kinder mit frühkindlichem Autismus zu erwarten.
Schizophrenie
Gegenüber der frühkindlichen Schizophrenie lassen sich beim Autismus keine Wahnsymptome, Halluzinationen und auch keine kontinuierliche Verschlechterung im Verlauf beobachten (Weber 1985). Demgegenüber ist die Differenzialdiagnose zwischen dem Asperger-Syndrom und der schizoiden Persönlichkeitsstörung im Erwachsenenalter im Einzelfall sehr schwierig. Reicht die anamnestisch erhobene Symptomatik in die frühe Kindheit hinein, so ist jedoch hier eine Persönlichkeitsstörung auszuschließen.
Asperger-Syndrom
Die differenzialdiagnostische Abgrenzung zwischen frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom ist in Tab. 1 zusammengefasst (weiterführend: Gillberg 1995; Attwood 2005; Remschmidt und Kamp-Becker 2006).
Social (pragmatic) Communication Disorder
Diese Störung wird erstmalig im DSM-5 aufgeführt und umfasst anhaltende, bereits in der frühen Kindheit zu beobachtende Beeinträchtigungen der verbalen und nonverbalen Kommunikation, die zu deutlichen Einschränkungen in den Fähigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungsgestaltung führen und damit zu (drohender) sozialer und beruflicher Desintegration. Die für eine ASS-Diagnose geforderten repetitiv-stereotypen Verhaltensweisen bzw. umschriebene, restriktive Interessen und Aktivitäten fehlen. Einschränkungen der sozialen Kommunikation dürfen für die Diagnose „Social Communication Disorder“ nicht auf eine intellektuelle Beeinträchtigung, globale Entwicklungsverzögerung, eine autistische Störung oder andere psychische Störung zurückzuführen sein.

Verlauf, Prognose und Komorbidität

Verlauf und Prognose

Die Subtypen der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen haben eine unterschiedliche Prognose. Der Entwicklungsverlauf autistischer Störungen ist dabei wesentlich von der Intelligenz der betroffenen Person abhängig (Bölte 2009). Ein weiterer, wenn auch weniger konsistenter prognostischer Faktor für ASS scheint der Stand der Sprachentwicklung im Alter von 5–6 Jahren (z. B. Rutter et al. 1967) oder bereits vor dem 5. Lebensjahr (Billstedt et al. 2007) zu sein. Keine ganz eindeutigen Zusammenhänge zum Funktionsniveau im Erwachsenenalter haben sich bisher für den Ausprägungsgrad autistischer Symptomatik, das Geschlecht, das Ausbildungsniveau, den sozioökonomischen Status der Eltern und die Durchführung von Frühinterventionen darstellen lassen (Bölte 2009).
Nach neueren Verlaufsuntersuchungen sind etwas mehr als die Hälfte der autistischen Personen im jungen Erwachsenenalter bei den Eltern untergebracht, weniger als 50 % leben teilweise selbständig, nur wenige in kompletter Selbständigkeit (Eaves und Ho 2008). Bei hochfunktionalen ASS liegt – trotz guter Bildungserfolge – die Beschäftigungsrate unter 50 % (Riedel et al. 2015). Viele Erwachsene mit ASS nehmen aufgrund der assoziierten somatischen oder psychiatrischen Komorbidität eine Einfach- oder Mehrfachmedikation ein (Eaves und Ho 2008).

Frühkindlicher Autismus

Bei Kindern mit frühkindlichem Autismus fallen im Gegensatz zu leichteren Formen von ASS initial besonders eine Entwicklungsverzögerung beim Erreichen der Meilensteine (Laufen, erste Worte) sowie stereotype Verhaltensweisen und besondere sensorische Reaktionen auf. Die charakteristische Symptomatik des frühkindlichen Autismus verändert sich mit dem Älterwerden der Kinder (Weber 1970). Bei Säuglingen und Kleinkindern vermissen Eltern das Schmusebedürfnis, sie leiden unter der Gleichgültigkeit des Säuglings gegenüber elterlicher Zuwendung, dem aktiven Abwenden des Blickkontakts und der Abwehr von Körperkontakt. Die Eltern vermissen die mimischen Reaktionen und das soziale Lächeln, sodass die Kinder für taub oder blind gehalten werden. Das Bindungsverhalten kann distanzlos sein oder austauschbar erscheinen, sodass die Eltern nicht wissen, ob die Kinder sie als Eltern und engste Bezugspersonen überhaupt wahrnehmen.
Im weiteren Entwicklungsverlauf kann sich durchaus ein soziales Interesse ausbilden, wobei die Kinder relativ passiv bleiben. Nehmen sie soziale Interaktionen auf, so sind die Fragen oft ritualisiert, Antworten werden in vorgeschriebener Weise erwartet, die eigene Distanzlosigkeit wird nicht bemerkt (DeMyer et al. 1973; Weber 1985; Remschmidt 2008b).
Jugend und Erwachsenenalter
Nur etwa 1–2 % der Menschen mit frühkindlichem Autismus erscheinen im Erwachsenenalter nahezu unauffällig, bis zu 15 % haben grenzwertige psychopathologische Symptome, bis zu 25 % sind trotz der bleibenden autistischen Störung erzieherisch führbar, während aufgrund der Persistenz der Symptomatik bei bis zu 75 % die Prognose als ungünstig zu bezeichnen ist, sodass sie lebenslang auf Hilfe angewiesen bleiben. Mit den intensiven ambulanten und mobilen Hilfen leben heute Menschen mit frühkindlichem Autismus viel länger und häufiger in ihren Familien (s. z. B. Eaves und Ho 2008). Nur wenige leben im Alltag selbständig, sehr wenige in einer andauernden Partnerschaft (Cederlund et al. 2008).
Nur in Einzelfällen wurde der Übergang des frühkindlichen Autismus in eine Schizophrenie beschrieben. Allerdings ist in diesen Fallberichten nicht ganz ausgeschlossen, dass es sich um Fehldiagnosen handelte (Rumsey et al. 1985).

Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom wird insgesamt später als der frühkindliche Autismus diagnostiziert. Im Vorschulalter imponieren die motorischen Ungeschicklichkeiten, während die sozialen Besonderheiten, die bereits im Kindergarten auffallen, im schulischen Rahmen sehr deutlich werden. Im frühen Schulalter werden die extremen Sonderinteressen offensichtlich. Mit dem Älterwerden nehmen die Sonderlichkeiten in ihrer Ausprägung in Einzelfällen ab. Meist bleiben die Sonderbarkeiten im sozialen Umgang, der Mangel an Empathie sowie die motorischen Ungeschicklichkeiten, sodass die Betroffenen im Erwachsenenalter als kontaktgestörte Sonderlinge, die im Einzelfall aufgrund ihrer speziellen Begabungen beruflich durchaus erfolgreich sein können, leben. In einer Inanspruchnahmepopulation von 194 Erwachsenen mit Diagnose Asperger-Syndrom hatte die Hälfte die allgemeine Hochschulreife erreicht und mehr als 80 % eine abgeschlossene Ausbildung (Lehre oder Studium) vorzuweisen (Riedel et al. 2015). Im Anschluss waren jedoch fast 60 % nicht berufstätig, 10 % deutlich unter ihrem Ausbildungsniveau tätig und nur 45 % gingen einer Beschäftigung nach, die dem Ausbildungsniveau entsprach. Knapp 40 % lebten alleine, 1/4 mit Partner und/oder Kindern (Riedel et al. 2015).

Rett-Syndrom

Beim Rett-Syndrom sind die Verlaufscharakteristika geradezu diagnostisch wegweisend. Nach einer normal erscheinenden Entwicklung (s. oben) kommt es zu einer Verlangsamung des Kopfwachstums zwischen dem 5. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr. Der Verlust von Fertigkeiten ist progredient, Remissionen sind begrenzt. Der Krankheitsverlauf kann bislang nicht entscheidend aufgehalten werden. Die ersten beiden frühkindlichen Phasen mit zunächst relativ unauffälligem, dann demenziellen Verlauf (Sprachverlust, Dyspraxie, Ataxie) gehen über in eine pseudostationäre Phase, gekennzeichnet von Spastik, Skoliose und Epilepsie. Meist treten mit Beginn der Pubertät eine zunehmende Spastik, Bradykinese, Dystonien und Wachstumsstillstand mit Stillstand im Erwachsenenalter auf. Es gibt Hinweise, dass ein früher Beginn der Regressionsphase mit einem schwierigeren Krankheitsverlauf assoziiert ist (Nomura und Segawa 2005).

Desintegrative Störung

Bei der desintegrativen Störung ist eine normale Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren Voraussetzung. Die Störung beginnt vor dem 10. Lebensjahr. Sie kann schleichend oder akut eintreten, in der Regel kommt es zu einem Stagnieren im Verlust von Fertigkeiten, in Einzelfällen auch zu einer Besserung. In anderen Fällen ist der Verlauf progredient.

Begleitstörungen/Komorbidität

Begleitstörungen sind charakteristisch bei den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Sie sind oft ausschlaggebender für die Lebensbewältigung, die erzieherische Führbarkeit und soziale Integration als die Primärsymptomatik und entscheidend für die therapeutische Herangehensweise.
Frühkindlicher Autismus
Bei diesem liegt bei 65–88 % der Patienten eine geistige Behinderung vor. Das Intelligenzprofil ist unausgewogen (Rühl et al. 1995). Kinder mit Autismus leiden häufig unter Ängsten (Veränderungsängsten), Phobien, Schlaf- und Essstörungen und einer Hypermotorik. Aggressive und autoaggressive Reaktionstendenzen sind – insbesondere im Jugendalter – oft Anlass für eine außerfamiliäre Unterbringung. Bei schwerer Intelligenzminderung sind Selbstverletzungen auch ein schwerwiegendes therapeutisches Problem. Die Reaktionen auf sensorische Reize (Schmerz, Töne, Licht) können übermäßig sein. Gefahrenblindheit, Enuresis und Enkopresis, Pica, extreme Unruhe oder Autoaggressionen verlangen in Einzelfällen fortwährende Pflege und Beaufsichtigung. Bei bis zu 30–40 % der Betroffenen kommt es bis zum Alter von 30 Jahren zu epileptischen Anfällen (Gillberg 1995). Die Komorbidität mit anderen neurologischen Erkrankungen ist häufig (Minshew et al. 2005; Hahn und Neubauer 2005).
Asperger-Syndrom
Beim Asperger-Syndrom führen häufige Konflikterfahrungen und Misserfolgserlebnisse reaktiv zu aggressiven und auch depressiven Entwicklungen. ADHS ist häufig komorbid.
Rett-Störung
Sie ist mit einer schweren und sehr schweren geistigen Behinderung assoziiert, auch sind epileptische Anfallsleiden häufig (zu etwa 80 %).
Andere desintegrative Störungen
Bei der desintegrativen Störung entsteht ebenfalls eine schwere geistige Behinderung, ein epileptisches Anfallsleiden kann manifest werden. Wie auch beim frühkindlichen Autismus lassen sich Zusammenhänge mit organischen Erkrankungen finden (z. B. metachromatische Leukodystrophie), ohne dass bislang eine spezifische Erkrankung identifiziert ist (weiterführend: Volkmar et al. 2005).
Hyperkinetische Störung
Die hyperkinetische Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien ist häufig mit umschriebenen oder umfassenden Entwicklungsstörungen verbunden.
Autismus-Spektrum-Störung
Wurden Personen aus dem ganzen autistischen Spektrum in Studien eingeschlossen, so lag bei Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren bei 70 % mindestens eine, bei rund 40 % mindestens zwei komorbide psychische Störungen vor (Simonoff et al. 2008). Am häufigsten waren dabei die soziale Angststörung, ADHS und oppositionelle Sozialverhaltensstörungen mit jeweils annähernd 30 % zu beobachten. Auch war die Rate an anderen Angststörungen, Zwangsstörungen, Enuresis und Enkopresis erhöht. Weitere aktuelle Studien fanden bei Menschen mit ASS auch erhöhte Raten für umschriebene Entwicklungsstörungen, Schlafprobleme, selektives Essverhalten, Adipositas, Obstipation und Epilepsie (Eaves und Ho 2008; Williams et al. 2008; Ibrahim et al. 2009; Sivertsen et al. 2012).
Für das Erwachsenenalter zeichnet sich ab, dass ein stärkerer Ausprägungsgrad autistischer Symptome im Rahmen der ASS mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Begleitstörungen einhergeht (Gadke et al. 2015). Erwachsene mit ASS ohne kognitive Beeinträchtigungen waren häufig von einer unipolaren Depression, von Angst- und Zwangsstörungen, einer ADHS oder von psychotischen Erkrankungen betroffen (Strunz et al. 2014; Riedel et al. 2015).

Therapie

Eine kausale Behandlung tiefgreifender Entwicklungsstörungen ist vorläufig nicht möglich. Durch frühe therapeutische Interventionen, weitere verhaltenstherapeutische Maßnahmen, spezielle Erziehung und auch pharmakologische Behandlungen lassen sich Selbstständigkeitsentwicklung, soziale Integration und die schulischen und beruflichen Entwicklungen wesentlich verbessern (Remschmidt 2008a).

Ziele

Autismusspezifische Frühinterventionen und Therapie zielen zum einen darauf, die normalen Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes zu fördern sowie die gestörten Entwicklungen zu korrigieren. Die Fähigkeiten des Sehens, Hörens, Greifens und der Sprache sollen gefördert und exzessive Verhaltens- und Erlebensweisen wie z. B. krankhafte Ängste oder selbstverletzendes Verhalten abgebaut werden. Defizite insbesondere der Sprache und motorischen Entwicklung sollen beübt werden.
Des Weiteren zielt die Therapie auf:
  • Abbau von Stereotypien,
  • Förderung der Sprach- und allgemeinen Kommunikations- und Beziehungsfähigkeiten,
  • die Behandlung der psychopathologischen Begleitsymptome und psychiatrischen Komorbidität wie motorische Unruhe, Schlafstörungen, Enkopresis, Kotessen, aggressives und autoaggressives Verhalten,
  • die Behandlung von zusätzlichen somatischen Erkrankungen oder Behinderungen (z. B. Epilepsie),
  • die Integration in eine Gleichaltrigengruppe, in den (integrierten) Kindergarten, in die (integrierte) Schule.
Wichtig ist die frühzeitige Unterstützung der Familie, sodass sie Verständnis für die Behinderung des Kindes gewinnt, sich in der Fähigkeit der Selbsthilfe gestärkt sieht, über sozialrechtliche Hilfsangebote informiert ist und diese nutzt (Nieß und Dirlich-Wilhelm 1995; Remschmidt 2008b).
Teil der Aufgaben des Therapeuten können auch Öffentlichkeitsarbeit, Weiterbildungsangebote, Kooperation und Förderung von Selbsthilfegruppen und die Interessenvertretung in politisch relevanten Angelegenheiten sein.

Voraussetzungen

Als Voraussetzungen für die Therapie von ASS kann man sagen, dass
  • Heilung nicht möglich ist; Verfahren, die dies oder eine rasche Remission versprechen, müssen als nicht seriöse Angebote gewertet werden;
  • therapeutische Prozesse aufwändig sind und langfristig angelegt sein sollten;
  • Maßnahmen vorhersagbar und transparent sein sollten;
  • Therapie und Förderung konsistent in unterschiedlichen Zusammenhängen, an verschiedenen Orten und durch verschiedene Personen stattfinden sollten (Bölte 2009);
  • die meisten Familien ihr autistisches Kind (für möglichst lange Zeit) zu Hause behalten möchten und sie in der Regel dazu auch in der Lage sind.
Gemeinsam ist den verschiedenen Vorgehensweisen ein individuell auf das behinderte Kind und seine Familie bezogenes Anpassen der Fördermaßnahmen. Beim Kind wird das Lernen angebahnt, indem möglichst viele normale Sinneserfahrungen vermittelt und Entwicklungsschritte gemäß der Entwicklungsbereitschaft angeregt werden. Gesamtfamiliäre Voraussetzungen und Zielsetzungen werden in die Behandlungskonzeption integriert und rechtliche, finanzielle und institutionelle Hilfen den Familien verfügbar gemacht. Der individuelle integrierte Behandlungsplan koordiniert die meist verschiedenartigen therapeutischen und spezifisch-pädagogischen Hilfestellungen.

Behandlungsrichtlinien

ASS ist eine der psychiatrischen Störungen, für die zahlreiche und immer neue Behandlungsansätze verbunden mit oft großen Versprechungen angeboten werden. Es ist für die Betroffenen und deren Familien entscheidend, differenziert über angebotene Therapieformen aufgeklärt zu werden. Die Behandlungsmaßnahmen sind immer individuell auf das einzelne Kind abzustimmen, es gibt keine allgemeingültig richtige Therapie.
Die generellen Richtlinien lassen sich folgendermaßen zusammenfassen (Schopler et al. 1983; Weber und Remschmidt 1997; Bregman et al. 2005; Remschmidt 2008a, b):
  • Mit der Erkenntnis, dass die ASS keine Störung der Emotionen, sondern primär hirnorganisch begründet ist, haben sich Therapien durchgesetzt, die den Kindern entwicklungsfördernde, strukturierte Lebenssituationen sichern.
  • Die Eltern werden als die entscheidenden Bezugspersonen des Kindes von Anfang an als verantwortliche Partner in die Behandlung einbezogen, nicht weil sie für die Genese der ASS verantwortlich wären, sondern wegen ihrer besonderen erzieherischen, pflegerischen und Bindungskompetenzen. Wünschenswert wäre es, sie im Rahmen autismusspezifischer Elterntrainings und Frühinterventionen als Kotherapeuten in verhaltenstherapeutischen Prinzipien auszubilden, um ein Generalisieren von Erlerntem und entwicklungsfördernde Interaktionsangebote zu ermöglichen.
  • Wichtig sind die frühzeitige Entlastung der Familie und die Vermeidung familiärer Überforderung durch übermäßige Therapie-„Gebote“.
  • Krankengymnastik und Ergotherapie dienen ggf. der Förderung von Motorik und Wahrnehmung.
  • Bei hinreichender intellektueller Begabung können Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie (inkl. verhaltenstherapeutisch basierte soziale Kompetenztrainings) zur Erlebens- und Verhaltensschulung hilfreich sein.

Verhaltenstherapie und Heilpädagogik

Die Behandlung des autistischen Kindes wird im Wesentlichen durch 2 Ansätze bestimmt: Verhaltenstherapie und Heilpädagogik. Die Verhaltenstherapie zielt auf eine Verbesserung der sozialen Fertigkeit, um familiäre Integration und die Eingliederung in Kindergarten und Schule zu sichern. Die Therapie von Weglaufen, Selbstverletzungen, dem Essen giftiger Stoffe oder von schweren Schlafstörungen und Angstsyndromen, von Enuresis und Enkopresis sind Behandlungsbeispiele. Heilpädagogische Ansätze zielen auf die Förderung der Sprache, des emotionalen Erlebens, der Selbsthilfefähigkeiten und lebenspraktischer Fertigkeiten im Zusammenleben mit der Gruppe Gleichaltriger.

Therapieprogramme

Es existieren verschiedene Therapieprogramme zur Behandlung der ASS (Remschmidt und Kamp-Becker 2006; Bölte 2009); entscheidend ist die individuelle Anpassung an den Betroffenen und sein Umfeld. Programme, die auf der von Lovaas (1987, 2003) entwickelten „Applied Behavior Analysis“ basieren, beinhalten eine frühe (möglichst vor dem 3. Lebensjahr) und intensive verhaltenstherapeutische Behandlung des Kindes im häuslichen Rahmen. Diese Ansätze zielen auf eine Verbesserung von Sprachvorläuferfertigkeiten (Aufmerksamkeit, Imitation), sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie die Eingliederung in ein allgemeines Vorschulprogramm bzw. eine schulische Regeleinrichtung. Im TEACCH-Programm (Treatment and Education of Autistic and related Communication-handicapped Children) werden pädagogische und verhaltenstherapeutische Ansätze kombiniert, um das Kind durch adäquate Lern- und Übungsangebote in seiner Entwicklung zu fördern. Es wird auf eine möglichst individuell angepasste materielle Umgebung geachtet, auf Strukturierungshilfen und Visualisierung von Abläufen und komplexen Handlungen (mittels Plänen, Arbeitssystemen etc.). Die Effektivität der genannten Programme ist nachgewiesen im Bereich Evidenzgrad IIa (mind. eine kontrollierte Studie ohne Randomisierung; Remschmidt und Kamp-Becker 2006; Bölte 2009; Ospina et al. 2008).
„Picture Exchange Communication System“ (PECS), das aus den Grundprinzipien von ABA weiter entwickelt wurde, hat zum Ziel, Kommunikation durch den Austausch von Bildkarten zu fördern. Randomisiert-kontrollierte Studien zeigten, dass der Einsatz von PECS im Vorschulalter zu mehr sprachlich kommunikativen Lautäußerungen (Yoder und Stone 2006), im Schulalter jedoch nur noch vorübergehend zu einer häufigeren Kommunikationsinitiierung durch Karten führte, jedoch keine positive Wirkung auf das Sprachvermögen ausübte (Howlin et al. 2007). Ließ die Therapieintensität nach, hielten die Effekte nicht an (Yoder und Stone 2006). In Zusammenschau kann dieses Programm bei autistischen Vorschulkindern sinnvoll als Baustein eines umfassenderen Therapiekonzeptes Verwendung finden (Freitag et al. 2011).
Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene besonders mit hochfunktionalen ASS existieren verhaltenstherapeutisch basierte Programme zum Training sozialer Fertigkeiten. Das Frankfurter Gruppentraining KONTAKT (Herbrecht und Poustka 2007) zielt für Probanden im Alter von 8–19 Jahren darauf, soziale Fertigkeiten zur Kontaktaufnahme und wechselseitigen Kommunikation zu erlernen, soziale Regeln und Konventionen zu verstehen, kommunikative Signale zu erkennen und richtig zu interpretieren, Problemlösefertigkeiten zu erarbeiten und den Selbstwert zu steigern. Seine Effektivität wurde im Rahmen eines randomisiert-kontrollierten Multizenterprojektes überprüft (Freitag et al. 2013). KOMPASS – das „Zürcher Kompetenztraining für Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen“ (Jenny et al. 2011) kann alternativ für Jugendliche und junge Erwachsene angewandt werden.
Sinnvoll als eigenständige Intervention oder beispielsweise als Ergänzung zu Frühinterventionen sind verhaltenstherapeutisch basierte Elterntrainings, wie das „Frankfurter Autismus-Elterntraining“ (FAUT-E, Schlitt et al. 2015), welches detailliertes Wissen in Bezug auf ASS vermittelt und konkrete Hilfen für den Umgang mit den Kindern an die Hand gibt. Dabei werden auch spezifische Module für Kinder mit und ohne Intelligenzminderung angeboten. Das „Elterntraining zur Anbahnung sozialer Kommunikation bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen oder Training Autismus Sprache Kommunikation“ (TASK, Fröhlich et al. 2014) richtet sich speziell an Eltern von Kindern mit ASS im Alter zwischen 3 und 6 Jahren.

Psychopharmakotherapie

Die Psychopharmakotherapie ermöglicht bislang keine entscheidende Verbesserung der Primärsymptomatik. Sie hat ihre Bedeutung in der Behandlung der Begleitstörungen (für eine Übersicht: z. B. Freitag und Jarczok 2014).
Antipsychotika
Antipsychotika – besonders atypische – haben sich in der Behandlung von aggressiven und autoaggressiven Verhaltensweisen als hilfreich erwiesen. Der Einsatz atypischer Neuroleptika erfolgt bei autistischen Störungen meist außerhalb des indikations- und altersbezogenen Zulassungsbereiches (Mehler-Wex et al. 2009).
EbM-Info
Stereotypien, (auto)aggressives Verhalten und Irritabilität
Ist bei autistischen Kindern oder Jugendlichen aufgrund ausgeprägter stereotyper, repetitiver oder selbstverletzender Verhaltensweisen sowie Irritabilität die Indikation für eine Pharmakotherapie gegeben, so sollte Risperidon (Evidenzgrad Ia; Metaanalysen: Jesner et al. 2007; Sharma und Shaw 2012) oder Aripiprazol (Evidenzgrad Ib; randomisiert-kontrollierte Studien: Marcus et al. 2009; Owen et al. 2009) gegeben werden. Risperidon zeigte dabei noch eine höhere Effektstärke, weshalb es als Medikament der 1. Wahl zumindest bei Patienten ohne Gewichtsprobleme anzusehen ist (Freitag und Jarczok 2014).
Tic-Störungen
Bei insgesamt unzureichender Datenlage können Aripiprazol (Kim et al. 2010) und nach klinischer Erfahrung im Kindes- und Jugendalter Risperidon in Erwägung gezogen werden (Evidenzgrad V; Freitag und. Jarczok 2014).
Klassische, hochpotente Neuroleptika sind aufgrund des Risikos extrapyramidal-motorischer Nebenwirkungen für die längerfristige Therapie eher ungeeignet. Sie können jedoch notfallmäßig bei akuten Erregungszuständen und raptusartiger Aggressivität indiziert sein. Bei psychomotorischer Unruhe und aggressiver Gespanntheit können zugelassene mittel- und niedrigpotente Neuroleptika (wie Pipamperon und Chlorprothixen; Levomepromazin ab dem 16. Lebensjahr) über den Tag verteilt gegeben werden (Mehler-Wex et al. 2009).
Antidepressiva
EbM-Info Stereotypes, repetitives Verhalten
Auch wenn einige Untersuchungen positive Ergebnisse erbrachten (Hollander et al. 2005, 2012), so ist in Zusammenschau aller vorliegenden Daten keine Evidenz vorhanden, dass SSRIs, wie Citalopram und Fluoxetin, stereotype und repetitive Verhaltensweisen bei Kindern oder Jugendlichen mit ASS bessern (Evidenzgrad Ia; Übersichtsarbeit zu randomisiert-kontrollierten Studien: Williams et al. 2013). Vielmehr war deren Einsatz in dieser Altersgruppe mit einem vermehrten Auftreten von UAWs assoziiert (Williams et al. 2013). Bei erwachsenen Patienten mit ASS wurden unter SSRIs in wenigen kleinen Studien bei guter Verträglichkeit eine allgemeine Verbesserung der Symptomatik nach der Clinical Global Impression Scale und in einer Studie positive Effekte auf aggressives Verhalten beobachtet (Williams et al. 2013).
Der Einsatz trizyklischer Antidepressiva ist aufgrund der nicht nachgewiesenen Effektivität zur Reduktion ASS-assoziierter Symptomatiken wie Stereotypien und Irritabilität bei Minderjährigen und Erwachsenen (Evidenzgrad Ia; Übersichtsarbeit zu randomisiert-kontrollierten Studien: Hurwitz et al. 2012) und generell im Kindes- und Jugendlichenbereich aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht zu empfehlen.
Angst-, Zwangsstörungen und Depression
Die Datenlage zum Einsatz von SSRIs bei komorbiden Angst- und Zwangsstörungen sowie Depression im Kindes- und Jugendalter ist insgesamt unzureichend. Bei der Behandlung komorbider Angsterkrankungen im Kindes- und Jugendalter kann der Einsatz von SSRIs wie Citalopram oder Sertralin (in niedriger bis mittlerer Dosierung) aufgrund von Einzelfallberichten und offenen Studien sinnvoll sein, bei der juvenilen Depression die Gabe von Fluoxetin, jeweils wenn vorausgegangene psychotherapeutische Maßnahmen nicht ausreichend wirkten (Freitag und Jarczok 2014). Zum Einsatz von SSRIs bei komorbiden Zwangssymptomen im Kindes- und Jugendalter kann aufgrund der aktuell unzureichenden Studienlage noch keine abschließende Empfehlung gegeben werden (Freitag und Jarczok 2014).
Bei erwachsenen Patienten mit ASS wurden unter SSRIs inkonsistente Effekte, in einigen Studien eine positive Wirksamkeit auf zwanghaftes und in einer Untersuchung auf ängstliches Verhalten berichtet (Williams et al. 2013).
Es gibt erste Hinweise aus offenen Studien, dass Mirtazapin (Posey et al. 2001) und Reboxetin (Golubchik et al. 2013) bei der Behandlung der juvenilen und adulten komorbiden Depression sinnvoll eingesetzt werden können.
Stimulanzien
EbM-Info
Das Stimulanz Methylphenidat ist bei komorbiden ADHS-Symptomen in der Behandlung besonders der Hyperaktivität, weniger der Konzentrationsstörungen im Allgemeinen Medikament der 1. Wahl (Evidenzgrad Ia; systematischer Review und Methyanalyse: Reichow et al. 2015). Die Rate an UAWs bei autistischen Kindern unter Methylphenidat ist dabei höher als bei Kindern ohne ASS. Eine geringe Anzahl der autistischen Patienten, besonders jedoch diejenigen mit mittelgradiger bis schwerer Intelligenzminderung, kann paradox auf Stimulanzien reagieren. Atomoxetin zeigt eine schwächere, jedoch signifikante Wirksamkeit ebenfalls besonders auf hyperaktiv-impulsives Verhalten im Rahmen der komorbiden ADHS und ist allgemein als Medikation der 2. Wahl zu werten (Evidenzgrad Ib; randomisiert-kontrollierte Studie: Harfterkamp et al. 2012).
Atomoxetin sollte Methylphenidat vorgezogen werden, wenn zusätzlich zur komorbiden ADHS Symptome einer Depression oder Angststörung vorliegen. Stellen neben Hyperaktivität besonders Aggressivität und Irritierbarkeit ein Problem dar, ist Risperidon Medikament der Wahl (Freitag und Jarczok 2014).
Stimmungsstabilisatoren
EbM-Info
Antiepileptika zeigten in der Behandlung von Irritabilität, Agitation und weiteren ASS-assoziierten Verhaltensproblemen bei Kindern und Jugendlichen mit ASS keine signifikante Wirksamkeit (Evidenzgrad Ia; Metaanalyse: Hirota et al. 2014, Einschluss von 3 Studien zu Valproat und jeweils einer zu Lamotrigin, Levetiracetam und Topiramat).
Bei komorbider affektiver Symptomatik (besonders Manie oder gehobener Stimmung) bei autistischen Kindern kann der Einsatz von Lithium nach einer ersten retrospektiven Studie erwogen werden, jedoch ist eine erhöhte UAW-Rate zu erwarten (Siegel et al. 2014).
Antiepileptika dienen im Einzelfall der Epilepsiebehandlung (Buitelaar et al. 2000; Remschmidt 2008a, b).
Melatonin
Melatonin wurde zur Behandlung von ASS-assoziierten Schlafstörungen häufig untersucht. Es zeigten sich positive Effekte in Bezug auf Beginn und Dauer des Schlafes sowie ein selteneres nächtliches Aufwachen bei insgesamt guter Verträglichkeit (Evidenzgrad Ia; systematischer Review und Metaanalyse: Rossignol und Frye 2011). In den randomisiert-kontrollierten Studien an Kindern und Jugendlichen im Alter von 2–18 Jahren wurden ca. ½–1 h vor dem Zubettgehen Dosen in Höhe von 2,5–10 mg Melatonin verabreicht (Rossignol und Frye 2011).
Nahrungsergänzungsmittel
Bisherige Studien zum allgemeinen Einsatz von Vitaminen, Fettsäuren und Mineralstoffen bei Menschen mit ASS sind meist methodisch unzureichend, so dass keine letzten Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können (Bölte 2009; Freitag und Jarczok 2014).
In einer Übersichtsarbeit zum Einsatz von Magnesium und Vitamin-B-Präparaten zur Behandlung von Kernsymptomen und assoziierten Verhaltensproblemen der ASS kamen die Autoren aufgrund der unzureichenden Qualität der vorliegenden Studien zu dem Schluss, dass keine Empfehlung aus den Daten abgeleitet werden kann. Der Nutzen einer Vitamin-B-/Magnesium-Gabe konnte nicht nachgewiesen werden (Nye und Brice 2005).
Eine Substitution von Vitaminen oder Mineralstoffen zur Sicherstellung einer gesunden Ernährung kann im Einzelfall sinnvoll sein, wenn ein Kind mit ASS sehr selektiv isst, was häufig vorkommt.
Neue medikamentöse Entwicklungen
Zu neueren medikamentösen Entwicklungen mit Substanzen, die das glutamaterge Stoffwechselsystem modulieren (wie Amantadin, Memantin, D-Cycloserin und N-Acetylcystein) sowie weiteren Substanzen, wie Galantamin, einem Acetylcholinesterase-Hemmer und Modulator an Nikotinrezeptoren, liegen bisher nur einzelne Untersuchungen an wenigen Probanden vor. Eine Empfehlung zum Einsatz kann erst aus zukünftigen Studien abgeleitet werden (Freitag und Jarczok 2014).
Auch wenn initiale offene Studien Positives verhießen, so ergaben bisherige randomisiert-kontrollierte Untersuchungen zum Einsatz von intranasal appliziertem Oxytocin keine signifikante Wirkung auf ASS-assoziierte Symptome wie Defizite der sozialen Kognition und der Fähigkeit, Verhalten flexibel anzupassen (Anagnostou et al. 2012; Dadds et al. 2013).
Möglicherweise sind zukünftig spezifische pharmakologische Interventionen bei Trägern bestimmter Copy Number Variations oder Mutationen, die nur ein Gen betreffen (wie das fragile X-Syndrom), sinnvoll, um assoziierte Symptome, wie Aggressivität, Hyperaktivität oder pathologische Ängste zu bessern (für eine Übersicht: Freitag und Jarczok 2014). Viele dieser initialen Ergebnisse bedürfen jedoch noch weiterer Replikation und Validierung.

Weitere Maßnahmen

Beim Asperger-Syndrom können die Kinder und insbesondere Jugendlichen in chronische Konflikte mit ihrer Umgebung geraten, sodass eine Beratung von Kind und Eltern, kurzzeitige Akutinterventionen und ggf. eine längerfristige Psychotherapie indiziert sind. Kindergarten, Schule und Arbeitsstelle sind in die Verhaltensbesonderheiten einzuführen, sodass Missverständnisse vermieden werden.
Beim Rett-Syndrom und den desintegrativen Psychosen gibt es bislang keine kausalen Therapien. Für das Rett-Syndrom zeigten einzelne randomisierte, zum Teil plazebokontrollierte Studien an kleinen Patientengruppen keine signifikante klinische Wirksamkeit für L-Carnitin, Folsäure, Betain und Kreatin-Monohydrat (Ellaway et al. 1999; Glaze et al. 2009; Freilinger et al. 2011; Hagebeuk et al. 2012).
Kinder und Jugendliche mit frühkindlichem Autismus gelten in der Regel als mehrfachbehindert (seelisch und geistig), sodass bei Rehabilitationsmaßnahmen die Sozialhilfe für die Frühfördermaßnahmen und die institutionelle Betreuung zuständig ist.
Therapeutisch kontraindiziert sind psychodynamische, aufdeckende Therapieansätze zur Behandlung der Primärsymptomatik. Die Einbeziehung von Familie und Gleichaltrigengruppe in die Behandlung ist obligat.
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