Skip to main content

Frühkindliche Bindungsstörungen

Verfasst von: Ute Ziegenhain und Jörg M. Fegert
Gemäß der ICD-10 lassen sich zwei Formen von Bindungsstörungen klassifizieren. Die reaktive Bindungsstörung im Kindesalter (F94.1) beschreibt entweder extrem furchtsames oder gehemmtes bzw. ambivalentes und widersprüchliches kindliches Verhalten. Die Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (F94.2) beschreibt enthemmtes und distanzloses Verhalten gegenüber verschiedenen Bezugspersonen.
„Beispiel“, Fallbeispiel
Die 4 Jahre alte Laura wird von ihrer Pflegemutter in Absprache mit der zuständigen Sozialarbeiterin des Jugendamtes in einer kinderpsychiatrischen Ambulanz vorgestellt.
Anlass sind zunehmende Probleme im Verhalten von Laura bzw. Schwierigkeiten der Pflegemutter mit ihr im Alltag zurechtzukommen. Die Pflegemutter berichtet von starken Stimmungsschwankungen bei Laura und von vermehrten Tobsuchtsanfällen, meist dann, wenn „etwas nicht nach ihrem Kopf ginge“. Sie sei schwer zu beruhigen und stoße die Pflegemutter von sich weg, wenn diese sie in den Arm nehmen und trösten wolle.
Andererseits „klammere“ sie sich sehr an die Pflegemutter, sie weine z. B. täglich, wenn die Pflegemutter sie in die Kindertagesstätte bringe und sich von ihr verabschiede und sitze nach deren Weggang noch lange allein in einer Ecke. Gemäß den Rückmeldungen der Erzieherin sei sie häufiger auch aggressiv gegenüber den anderen Kindern in der Gruppe und werde von diesen eher gemieden. Sie reagiere nicht oder bockig, wenn ihr Grenzen gesetzt würden, habe wenig Ausdauer beim Spielen bzw. Schwierigkeiten sich zu konzentrieren.
Besorgt äußert sich die Pflegemutter auch darüber, dass Laura gegenüber ihr unbekannten Menschen sehr „offenherzig“ sei und sie mit ihr häufig unangenehme Situationen erlebe. Die Pflegemutter schildert eine Begebenheit auf dem Sommerfest der Firma ihres Mannes: Laura sei einem seiner Kollegen auf den Schoß geklettert, habe ihn umarmt und sich heftig gewehrt, als der Pflegevater sie vom Schoß des Kollegen gezogen habe.

Einleitung

Gemäß der ICD-10 lassen sich zwei Formen von Bindungsstörungen klassifizieren. Die reaktive Bindungsstörung im Kindesalter (F94.1) beschreibt entweder extrem furchtsames oder gehemmtes bzw. ambivalentes und widersprüchliches kindliches Verhalten. Die Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (F94.2) beschreibt enthemmtes und distanzloses Verhalten gegenüber verschiedenen Bezugspersonen. Diese Klassifikationen korrespondierten in der Vergangenheit weitgehend mit denen im DSM-IV (gehemmte Form: „inhibited attachment disorder“ bzw. enthemmte Form: „disinhibited attachment disorder“). Sie unterschieden sich allerdings darin, dass sie im DSM-IV als zwei Subtypen definiert wurden und in der ICD-10 als zwei getrennte Störungsbilder. Im DSM-5 werden die beiden Formen von Bindungsstörungen nun als zwei getrennte und distinkte Störungsbilder definiert und in Abänderung zum DSM-IV unter sog. traumaindiziert Störungsbilder gruppiert („trauma- and stressor-related disorders“). Danach wird die gehemmte Form als reaktive Bindungsstörung („reactive attachment disorder“, RAD), und die enthemmte Form als Störung enthemmter sozialer Beziehungsaufnahme („disinhibited social engagement disorder“, DSED) benannt. Die Störung enthemmter sozialer Beziehungsaufnahme wird nicht mehr als Störung mit fehlendem selektivem bzw. nicht gerichtetem Bindungsverhalten definiert, sondern vielmehr als unterschiedsloses soziales Verhalten gegenüber unbekannten Erwachsenen. Diese veränderte Definition findet sich so auch in der ICD-11.

Klinische Symptomatik und diagnostische Leitlinien

Bindungsstörungen werden als Verhaltensweisen beschrieben, die in den meisten sozialen Kontexten entwicklungsunangemessen sind. Beide Störungsbilder werden als Folge eines extrem inadäquaten Beziehungskontextes begründet. Dabei werden in der ICD-10 schwere elterliche Vernachlässigung und Misshandlung und im DSM-5 extrem unzureichende Fürsorge („insufficient care“) genannt. Die letztgenannte unzureichende Fürsorge wird im DSM-5 weitergehend als Vernachlässigung, häufige Wechsel von Bezugspersonen oder Deprivation im Kontext von unzureichender Betreuung in stationären Settings spezifiziert (AACAP 2016). Letztlich sind damit Situationen umschrieben, die es Kindern erschweren, exklusive Bindungen zu nahestehenden Bezugspersonen aufzunehmen bzw. in einer hinreichend guten Bindungsbeziehung aufzuwachsen. Danach fokussieren im DSM-5 die Kriterien der reaktiven Bindungsstörung spezifischer auf fehlendem oder abweichendem Bindungsverhalten über verschiedene Settings hinweg (als auf sozialen Verhaltensweisen wie bisher im DSM-IV bzw. in der ICD-10). Damit geht zudem ein verändertes konzeptuelles Verständnis der Störung enthemmter sozialer Beziehungsaufnahme einher: Sie beschreibt im Kern sozial distanzloses Verhalten gegenüber fremden und unvertrauten Erwachsenen. Solches Verhalten, so die Argumentation, lässt sich nicht ausschließlich auf Störungen in der Bindungsbeziehung zurückführen. Vielmehr kann es bei fehlender oder bei abweichender Bindung ebenso wie in positiven Bindungsbeziehungen auftreten, etwa in Pflege- oder Adoptionsbeziehungen (vgl. Zeanah und Gleason 2015; AACAP 2016).
Als klassifikationsrelevant wird vorausgesetzt, dass die Störung vor dem 5. Lebensjahr des Kindes einsetzt. Sie sollte nicht vor dem 9. Lebensmonat gestellt werden. Sie geht häufig mit umschriebenen Entwicklungsstörungen einher. Primär organische Ursachen und/oder tief greifende Entwicklungsstörungen (F84) sind ausgeschlossen (vgl. auch Ziegenhain 2009; Ziegenhain und von Kries 2009; AWMF-Leitlinien 2012).

Reaktive Bindungsstörung im Kindesalter

Gemäß der ICD-10 sind Kriterien reaktiver Bindungsstörungen übermäßig ängstliches und wachsames Verhalten sowie widersprüchliche oder ambivalente Reaktionen auch oder insbesondere in für das Kind belastenden Situationen. Des Weiteren gehören emotionale Auffälligkeiten zum Störungsbild. Sie lassen sich in verminderter Ansprechbarkeit, Furchtsamkeit, Rückzugsverhalten sowie aggressivem Verhalten gegenüber sich selbst oder gegenüber anderen als Reaktion auf das eigene Unglücklichsein beobachten. Dennoch lassen sich in der Interaktion mit adäquat reagierenden Bezugspersonen soziale Gegenseitigkeit und Ansprechbarkeit beobachten. Die Interaktion mit Gleichaltrigen ist eingeschränkt (AWMF-Leitlinien 2012; Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie 2007).
Gemäß den Leitlinien der ICD-10 sollte die Diagnose einer reaktiven Bindungsstörung ohne Hinweise auf Vernachlässigung oder Misshandlung mit Vorsicht gestellt werden (Dilling et al. 1993). Allerdings war bisher ein vernachlässigender oder misshandelnder Beziehungskontext keine diagnostische Bedingung. Die American Academy of Child and Adolescent Psychiatry empfiehlt jedoch die Diagnose in Frage zu stellen, wenn schwerwiegende soziale Vernachlässigung nicht vorliegt (AACAP 2016). Insbesondere bei Kindern mit reaktiver Bindungsstörung ist zudem abzuklären, inwieweit (zusätzlich) eine nichtorganische Gedeihstörung sowie eventuell psychosozialer Minderwuchs vorliegt, da dies primär therapierelevant ist. Falls vorhanden, sind hier die Perzentilendaten aus den Untersuchungsheften hoch relevant. Auch ein rasches Aufholwachstum im Laufe der Behandlung, nach einer Fremdplatzierung oder einer Unterbringung in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie sollte detailliert dokumentiert werden.

Bindungsstörung mit Enthemmung

Kriterien von Bindungsstörung mit Enthemmung sind diffuse, also wenig emotional bezogene, bzw. mangelnde persönliche Bindungen. Bei Belastung wird entweder keine Nähe und Trost gesucht oder aber unterschiedslos bei Bezugspersonen wie bei unvertrauten Personen. Situationsübergreifend lassen sich wenig modulierte und distanzlose Interaktionen mit unvertrauten Personen sowie anklammerndes Verhalten oder Suche nach Aufmerksamkeit beobachten. Weiterhin kennzeichnend sind aggressives Verhalten (gegen sich selbst und gegen andere) sowie eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen und eingeschränktes soziales Spiel.
Erwähnt sei die differenzialdiagnostische Abklärung der Bindungsstörung mit Enthemmung vom Williams-Beuren-Syndrom. Bei Kindern mit dieser sehr seltenen genetischen Mutation (Deletion auf dem Chromosom 7) tritt stark distanzgemindertes Verhalten gegenüber Fremden auf, ohne dass die betroffenen Kinder aber unzureichende Fürsorge erfahren hatten (AACAP 2016).

Bindungstheoretische Grundlagen und entwicklungspsychologische Bindungsforschung

Bindung beschreibt die gleichermaßen körperliche wie psychologische Angewiesenheit von Säuglingen und Kleinkindern auf Schutz und emotionale Sicherheit innerhalb einer verlässlichen Beziehung. Das Bedürfnis nach Bindung ist tief in der Evolution verankert, um das Überleben des menschlichen Säuglings zu sichern. Vermutlich daraus lässt sich die starke Disposition von Säuglingen ableiten, sich an nahestehende Bezugspersonen zu binden, und zwar auch an diejenigen Bezugspersonen, die sie vernachlässigen oder misshandeln. Säuglinge und Kleinkinder etablieren eine oder mehrere enge Bindungen im Verlauf des 1. Lebensjahres, und zwar mit denjenigen Menschen, die sich um sie kümmern und die sie versorgen. Wenige Ausnahmen sind Kinder im klinischen Kontext, die in ihrer geistigen Entwicklung so schwer beeinträchtigt sind, dass sie das Niveau eines Entwicklungsstandes von sechs Monaten nicht überschreiten, oder Kinder mit massiven Deprivationserfahrungen, die dann gewöhnlich mit einer Bindungsstörung diagnostiziert werden.
Bindung dient insbesondere bei Belastung oder in verunsichernden Situationen dazu, Nähe und Kontakt zur Bindungsperson herzustellen. Dies geht mit innerer Erregung bzw. Angst einher, die erst im (Körper-)Kontakt wieder abklingt. Beteiligt sind alle in die Stressregulation involvierten Regulationskreisläufe, unter anderem auf der HPA-Achse und über das autonome Nervensystem. Insofern ist Bindung ein psychobiologischer Mechanismus, über den Emotionen und Stress in engen Beziehungen reguliert werden. Dieser psychobiologische Mechanismus ist unabhängig von der Qualität der jeweiligen Beziehung des Kindes mit einer Bindungsperson. Voraussetzung ist allerdings die mit einer Bindung einhergehende emotionale und psychobiologische Vertrautheit. Unvertraute bzw. fremde Menschen vermögen kleine Kinder nicht regulativ zu unterstützen.

Sichere und unsichere Bindung als normale Entwicklungsvarianten

Die Qualität von Bindung steht im engen empirischen Zusammenhang mit individuell unterschiedlichen Beziehungserfahrungen von Kleinkindern mit ihren engen Bezugspersonen, und mit deren unterschiedlichem feinfühligen, wenig feinfühligen oder gar dysfunktionalem Verhalten. Danach lassen sich die mittlerweile hinlänglich bekannten Typen sicherer bzw. unsicherer Bindung (unsicher-vermeidende und unsicher-ambivalente Bindung) als (Anpassungs-)Strategien beschreiben, wie sich normale bzw. gesunde Kleinkinder im Umgang mit Belastung und emotionaler Verunsicherung in organisierter Weise auf die Bindungsperson beziehen. Danach lässt sich die bisherige Forschung wie folgt zusammenfassen: Feinfühliges bzw. nichtfeinfühliges Verhalten von Bindungspersonen (meist die Eltern) gilt als durchweg robuster, wenn auch mäßiger Prädiktor für die Qualität von Bindung bei Kleinkindern (De Wolff und van IJzendoorn 1997; Thompson 2016). Danach steht sichere Bindung im Zusammenhang mit überwiegend feinfühligem Verhalten von Bindungspersonen, unsicher-vermeidende Bindung mit wenig(er) feinfühligem Verhalten und dabei überwiegend in einem emotional zurückweisenden Beziehungskontext, und unsicher-ambivalente Bindung mit wenig(er) feinfühligem Verhalten im Zusammenhang mit einem emotional inkonsistenten, situativ nicht vorhersagbaren Beziehungskontext.
Sichere Bindung ist ein maßgeblicher Schutzfaktor für gelingende sozial-emotionale Entwicklung, zunehmende Befunde belegen auch kognitive Entwicklungsvorteile sicher gebundener Kinder. Unsichere Bindung gilt als Risikofaktor etwa für die Entwicklung eingeschränkter sozial-emotionaler Kompetenzen oder mangelndem Selbstwert. Unsichere Bindung ist nach derzeitigem Kenntnisstand jedoch kein Risikofaktor für eine pathologische Entwicklung. Es besteht kein eindeutiger empirischer Zusammenhang zwischen unsicherer Bindungsqualität und spezifischen psychiatrischen Störungsbildern. Vielmehr sind die beiden Typen unsicherer Bindung ebenso wie sichere Bindung normale Entwicklungsvarianten. (Kap. „Bindung im Kindes- und Jugendalter“)

Hochunsichere Bindung als entwicklungspsychopathologisch interpretierbares Bindungsverhalten

Demgegenüber lassen sich die Typen der sog. hochunsicheren bzw. atypischen Bindung mit der bekanntesten Form der desorganisierten Bindung entwicklungspsychopathologisch bzw. als gestörtes Bindungsverhalten interpretieren (Main und Solomon 1990; Cassidy und Marvin 1992; Crittenden 1994). Sie beziehen sich auf beziehungsbezogene Probleme und Störungen, die sich individuell manifestieren (DeKlyen und Greenberg 2016). Zumindest in der frühen Kindheit ist eines der zentralen Merkmale desorganisierter Bindung, dass die Kinder in Situationen erhöhter Belastung und erhöhter innerer Erregung ihr Verhalten nicht mehr kohärent organisieren und nicht mehr auf eine organisierte sichere oder unsichere Verhaltensstrategie zurückgreifen. Sie zeigen bizarres Konfliktverhalten gegenüber der Bindungsperson. Dies zeigt sich in Verhaltensweisen wie starker Gehemmtheit, körperliches Erstarren über mehrere Sekunden oder Furchtreaktionen („freezing“). Bei älteren Kindern zeigt sich hochunsicheres oder atypisches Bindungsverhalten in zwar organisiertem, aber auffälligem und unangemessen kontrollierendem Verhalten. Dazu gehören übertrieben fürsorgliches Verhalten gegenüber der Bindungsperson bis hin zur Rollenumkehr oder auch bestrafendes oder beschämendes Verhalten ihr gegenüber (Cassidy und Marvin 1992; Crittenden 1994).
Kinder mit hochunsicher-desorganisierter Bindung finden sich gehäuft in Risikogruppen (vernachlässigende und/oder misshandelnde Mütter, depressive Mütter, Mütter mit Suchterkrankungen, Mütter mit Persönlichkeitsstörungen; vgl. Lyons-Ruth und Jacobwitz 2016). Studien über den Zusammenhang zwischen elterlichem Verhalten und desorganisierter Bindung beim Kind zeigten statistisch bedeutsam massiv gestörte affektive Kommunikation, feindseliges, übergriffiges elterliches Verhalten oder Übernahme der kindlichen Rolle (Meta-Analyse mit 12 Studien und 851 Mutter-Kind-Dyaden; Madigan et al. 2006). Damit sind elterliche Verhaltensweisen beschrieben, die qualitativ anders anzusiedeln sind als „nur“ fehlende Feinfühligkeit. Tatsächlich zeigte sich, dass elterliche Feinfühligkeit für sich alleine genommen, desorganisierte Bindung beim Kind nicht hinreichend aufklären konnte (Lyons-Ruth und Jacobwitz 2016).
Hochunsicher-desorganisierte Bindung ist einer der wenigen Prädiktoren, der spätere Psychopathologie aus der frühen Kindheit in normalen Populationen voraussagt (Lyons-Ruth und Jacobwitz 2016). Sie ist insbesondere mit aggressiven und externalisierenden Verhaltensproblemen bei Vorschul- und jungen Schulkindern sowie einem erhöhten Risiko für internalisierende Verhaltensprobleme während Kindheit und Jugendalter assoziiert, aber auch mit dissoziativer Symptomatik im Jugendalter (Kap. „Bindung im Kindes- und Jugendalter“).
Hochunsichere Bindung weist klinische Nähe zu Bindungsstörungen auf. Während aber die Klassifikation einer Bindungsstörung eine voll ausgebildete psychische Störung des Kindesalters beschreibt, beschreibt hochunsichere Bindung ein Kontinuum, das die Intensität und den Ausprägungsgrad von Belastungen abbildet. Danach lassen sich Hinweise desorganisierten Verhaltens bei kleinen Kindern als vorübergehendes bzw. „flüchtiges“ Phänomen genauso beobachten wie als chronisches Verhalten. Klinische Beobachtungen lassen vermuten, dass vorübergehende Symptome etwa im Kontext von sog. kritischen Lebensereignissen auftreten. Diese können z. B. den Eintritt in eine Kindertagesstätte, die Geburt eines Geschwisterkindes oder familiäre Krisen betreffen, wie sie etwa bei finanziellen Belastungen, beruflichen Problemen der Eltern, Partnerschaftsproblemen etc. auftreten können. Chronische Symptome desorganisierten Verhaltens finden sich demgegenüber überwiegend im Kontext von Familien mit vielfältigen und schwerwiegenden Belastungen, die sich addieren bzw. miteinander in Wechselwirkung stehen und in denen keine oder unzureichende protektive Faktoren vorhanden sind, die abpuffernd wirken könnten.
Im Falle der zahlenmäßig wenigen hochunsicher gebundenen Kindern aus chronisch hoch belasteten Familien dürfte es klinisch durchaus Überlappungen mit bindungsgestörten Kindern geben. Es geht dann sowohl bei hochunsicher gebundenen als auch bei bindungsgestörten Kindern, um eine massive Abweichung des beschriebenen biologisch erwartbaren Verhaltens in Situationen von Verunsicherung und Belastung Nähe und Kontakt zur Bindungsperson zu suchen. Die Kinder verfügen über keine organisierte Strategie (selbst, wenn sie unsicher ist), mit der sie ihre innere Belastung einigermaßen regulieren können.
Bei einem Kind mit einer reaktiven Bindungsstörung, welches bei Belastung deutlich gestresst ist, aber keinen Trost bei der Bindungsperson suchen kann, lässt sich von einer Hemmung des Bindungsverhaltens sprechen. Hier besteht eine phänotypische Nähe zu desorganisierter Bindung. Kinder mit desorganisierter Bindung zeigen nicht selten die gleichen Verhaltensweisen wie Kinder mit einer reaktiven Bindungsstörung.
Verhaltensweisen, die sich sowohl bei Kindern mit desorganisierter Bindung als auch bei Kindern mit reaktiven Bindungsstörung beobachten lassen, sind Furchtreaktionen wie Erstarren oder Einfrieren („freezing“ bzw. „frozen watchfulness“). Diese angstassoziierten Verhaltensweisen lassen sich als Symptome traumatisierter Kinder interpretieren. Tatsächlich wird dieser Bezug zu einer traumatischen (Beziehungs-)Vorerfahrung im DSM-5 und in der ICD-11 durch die Gruppierung der Bindungsstörungen unter traumaindiziert Störungsbildern („trauma- and stressor-related disorders“) Rechnung getragen (vgl. Zeanah und Gleason 2010).
Im Falle der Bindungsstörung mit Enthemmung lässt sich von einer Überaktivität des Bindungssystems ausgehen. Diese lässt sich im Unvermögen des Kindes beobachten, differenziertes und persönlich bezogenes Bindungsverhalten gegenüber einer Bezugsperson zu zeigen. Das Verhalten eines Kleinkindes beispielsweise, das in einer unvertrauten Situation bereitwillig und ohne soziale Rückversicherung bei der Bindungsperson mit einem fremden Menschen mitgeht, widerspricht der bindungstheoretischen Erwartung, nach der das Kind sich bei einer unterstellten Verunsicherung an die Bindungsperson wendet (Ziegenhain 2009; Ziegenhain und von Kries 2009).
Zusammenfassend kann in einzelnen Fällen eine klinische Überlappung von desorganisierter Bindung und (reaktiver) Bindungsstörung bestehen, gewöhnlich aber muss von getrennten Phänomenen ausgegangen werden. Psychopathologisch relevante Probleme bei hochunsicherer Bindung lassen sich schwer von psychologischen Belastungen im Normalbereich abgrenzen. Bei hochunsicher-desorganisierter Bindung lässt sich von einer Auftretenshäufigkeit von ca. 15–20 % in Normalstichproben ausgehen (van IJzendoorn et al. 1999). Auch dadurch wird deutlich, dass sich Hinweise auf Desorganisation nicht zwangsläufig mit Bindungsstörungen (mit einer vermuteten Prävalenz von ca. 1 %) gleichsetzen lassen.

Prävalenz von Bindungsstörungen

Bindungsstörungen sind das Störungsbild des Kindes- und Jugendalters über dessen Auftretenshäufigkeit es nach wie vor wenig empirischen Daten gibt. Klinische Erfahrung sowie Extrapolationen auf der Basis von Häufigkeiten von Misshandlung und Vernachlässigung sprechen für eine sehr geringe Auftretenshäufigkeit bzw. eine von weniger als 1 % (O’Connor 2002). Unter 300 2- bis 5-jährigen Kindern einer Inanspruchnahmepopulation pädiatrischer Ambulanzen war keines mit einer Bindungsstörung (Egger et al. 2006). In einer ebenfalls pädiatrischen Inanspruchnahmepopulation 350 rumänischer Vorschulkinder war ebenfalls keines mit einer (reaktiven) Bindungsstörung und 2 % der Kinder hatten eine Bindungsstörung mit Enthemmung (Gleason et al. 2011). Ergebnisse aus einer kinderpsychiatrischen Inanspruchnahmepopulation zeigten, dass von Kindern, die bei ihrer leiblichen Mutter aufwuchsen, unter 1 % an einer Bindungsstörung nach ICD-10 litten, während mehr als 25 % aller Kinder aus Pflegefamilien und über 10 % der im Durchschnitt älteren Heimkinder eine der beiden Diagnosen einer Bindungsstörung nach ICD-10 bekamen (Fegert 1998). In einer anderen Inanspruchnahmepopulation aus einer kinder- und jugendpsychiatrischen Spezialambulanz wurde etwa ein Drittel der überwiegend wegen Misshandlung vorgestellten Kleinkinder retrospektiv mit einer Bindungsstörung klassifiziert (Boris et al. 1998). Ergebnisse einer weiteren Untersuchung misshandelter Kleinkinder zeigen, dass bei etwa 40 % dieser Kinder eine Bindungsstörung diagnostiziert wurde (Zeanah et al. 2004). Oosterman und Schuengel (2008) fanden bei Pflegekindern sowohl Symptome von reaktiver Bindungsstörung als auch von Bindungsstörung mit Enthemmung.
Symptome von Bindungsstörungen fanden sich auch bei Kindern in Heimen, und dabei Symptome von reaktiver Bindungsstörung als auch von Bindungsstörung mit Enthemmung bei etwa drei Viertel der Kinder, die in einem großen Heim in Bukarest aufwuchsen (Smyke et al. 2002; Smyke et al. 2009). In einer anderen Untersuchungsgruppe von Kindern in Heimen hatten die meisten Kinder unvollständig etablierte Bindungen und klinisch relevante Zeichen beider Formen von Bindungsstörungen (Zeanah et al. 2005).

Ätiologie, Verlauf und Prognose

Über die Ätiologie und den Entwicklungsverlauf von Bindungsstörungen war über lange Jahre hinweg wenig bekannt. Tatsächlich gehörten sie zu denjenigen kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen mit der geringsten empirischen Absicherung. Eine einigermaßen aussagekräftige empirische Datenbasis bot die Längsschnittstudie über Kinder in Heimen von der Arbeitsgruppe um Tizard, Hodges und Rees (Hodges und Tizard 1989; Tizard und Hodges 1978; Tizard und Rees 1975). Zentraler Befund dieser Studie war, dass die überwiegende Anzahl der Kinder im stationären Setting und fehlenden spezifischen Beziehungsangeboten keine exklusive Bindung zu einer Betreuerin etablierten (n = 57 von 65) und darüber hinaus Kinder emotional zurückgezogen sowie distanzgemindert waren bzw. unterschiedslos Bindungsverhalten gegenüber vertrauten und fremden Menschen zeigten. Die Ergebnisse dieser Studie beeinflusste maßgeblich die Klassifikation von Bindungsstörungen. Erst in jüngerer Zeit wurde die schmale Datenbasis um die wachsenden Forschungsbefunde über Kinder erweitert, die in institutionalisierten Kontexten aufwuchsen. Diese begründen eine zunehmend solide empirische Basis für die Ätiologie von Bindungsstörungen. und dabei insbesondere aus der Begleitforschung über rumänische Heimkinder, die nach dem Zerfall des Ceausescu-Regimes nach England adoptiert bzw. in Einrichtungen in Rumänien unter verbesserten Bedingungen lebten (English and Romanian Adoptees [ERA] Study, Bukarest Early Intervention Project [BEIP]; Smyke et al. 2009, 2012). Hinzu kamen neuere Studien über Kinder in stationären Einrichtungen in Portugal (Oliveira et al. 2012) oder den USA (Lyons-Ruth und Jacobwitz 2016) bzw. über Kinder in Pflegefamilien (Oosterman und Schuengel 2007; vgl. Zeanah und Gleason 2015).
Danach lässt sich nun empirisch gesicherter davon ausgehen, dass Kinder mit Bindungsstörungen schwerwiegende unzureichende Fürsorge erfahren haben. Diese zeigte sich bei gravierender sozialer Vernachlässigung bzw. Deprivation, im häufigen Wechsel von engen Bezugspersonen oder im Kontext von institutioneller Betreuung mit hohen Betreuer-Kind-Schlüsseln (Gleason et al. 2011; Oosterman und Schuengel 2007; Smyke et al. 2002; Zeanah et al. 2005). Tatsächlich scheint mittlerweile gesichert, dass die Form der reaktiven Bindungsstörung nicht ohne Vernachlässigung auftritt (Zeanah et al. 2016). Gemäß einem Befund über die rumänischen Heimkinder war bei der Entwicklung einer reaktiven Bindungsstörung insbesondere das Ausmaß unzureichender Betreuungsqualität ausschlaggebend, und zwar auch dann, wenn andere Aspekte wie etwa kognitiver Entwicklungsstand oder Verhaltensprobleme bzw. -kompetenz kontrolliert wurden (Zeanah et al. 2005). Belege für gravierende unzureichende Fürsorge bei der Bindungsstörung mit Enthemmung ließen sich insbesondere aus Befunden über misshandelte Kinder bzw. über Kinder ableiten, die in institutionellen Kontexten aufwuchsen (Bruce et al. 2009; Chisholm 1998; Oosterman und Schuengel 2007; O’Connor et al. 2000; Pears et al. 2010; Oliveira et al. 2012; Rutter et al. 2007).
Bindungsstörungen haben trotz intensiver Förderung, die diese Kinder meist später von professioneller Seite, aber auch im häuslichen Milieu, z. B. durch Pflegefamilien, bekommen, eine eher ungünstige Prognose. Bei sehr vielen ursprünglich als Bindungsstörung mit Enthemmung diagnostizierten Kindern wird dann im späten Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gestellt.
Für die reaktive Bindungsstörung ließ sich empirisch untermauern, dass Symptome von emotional gehemmtem und zurückgezogenem Verhalten verschwanden, sobald die Kinder aus ihrem sozial vernachlässigenden bzw. deprivierenden Kontext herausgenommen und in Pflegefamilien betreut wurden. Ein hinreichend positiver Beziehungskontext scheint also zur Symptomreduktion bei reaktiver Bindungsstörung beizutragen (Chisholm 1998; O’Connor et al. 2003; Rutter et al. 2007; Smyke et al. 2012; Zeanah et al. 2008; Zeanah und Smyke 2009). Diese neueren Befunde über Kinder aus dem Bukarest Early Intervention Projekt bzw. über adoptierte rumänische Heimkinder bestätigten damit ältere Befunde aus der Längsschnittstudie um die Arbeitsgruppe von Tizard und Reese (Hodges und Tizard 1989). In Übereinstimmung damit ließ sich auch bestätigen, dass diese Symptomreduktion über die Zeit überwiegend stabil blieb (Monate bis Jahre nach der Adoption).
Die Prognose für bindungsgestörte Kinder ist also umso optimistischer, je früher sie eine entwicklungsanregende und dabei insbesondere, je früher sie eine exklusive und positive Bindung etablieren können. Umgekehrt bedeutet dies, dass die Dauer, die Kinder in gravierend unzureichender institutioneller Betreuung lebten, sich auf die Schwere ihrer Symptome und deren Persistenz auswirkte. Dies zeigte sich in jüngeren Befunden, die damit ältere Befunde aus der genannten Längsschnittstudie untermauerten (Hodges und Tizard 1989; Gleason et al. 2011).
Dies gilt für beide Formen von Bindungsstörungen. Allerdings lässt sich die empirische Befundlage für Kinder mit Bindungsstörung mit Enthemmung gemäß dem derzeitigen Forschungsstand nicht eindeutig interpretieren. Tatsächlich zeigten sich statistisch bedeutsame individuelle Unterschiede zwischen Kindern, die mit einer Bindungsstörung mit Enthemmung diagnostiziert wurden. Danach lassen sich gleichermaßen Kinder beobachten, deren Symptomatik sich deutlich reduziert als auch Kinder, deren Symptomatik über Jahre hinweg persistierte (vgl. AACAP 2016). In der englischen Adoptionsstudie über rumänische Heimkinder etwa konnten moderate Zeichen von Bindungsstörung mit Enthemmung noch im Alter von 11 Jahren gefunden werden (Rutter et al. 2007). Nachhaltig waren die Symptome bei denjenigen Kindern mit dem längsten Heimaufenthalt vor der Adoption. Kinder, die mit 6 Jahren Symptome von Bindungsstörung mit Enthemmung zeigten, waren zweimal so lange Deprivationserfahrungen ausgesetzt als Kinder ohne solche Symptome (22 Monate vs. 11 Monate; O’Connor et al. 2000). Auch im Bukarest-Interventions-Projekt zeigten die ehemaligen Heimkinder Symptome von Bindungsstörung mit Enthemmung noch mit 4,5 Jahren, auch wenn sie in Pflegefamilien lebten (Zeanah et al. 2008; AACAP 2016).
Hervorzuheben ist, dass sich persistierende Symptomatik und dabei distanzgemindertes Verhalten gegenüber Fremden bei Kindern zeigte, die nach Adoption eine Bindungsbeziehung zu ihren neuen Eltern etabliert hatten (vgl. AACAP 2016). Es waren im Übrigen solche Beobachtungen, die die Veränderungen im DSM-5 und auch zukünftig in der ICD-11 mitbegründeten, wonach sich Bindungsstörung mit Enthemmung nicht mehr ausschließlich auf Störungen in der Bindungsbeziehung zurückführen lässt: Wenn ein und dasselbe Kind unter Belastung zuverlässig Nähe und Trost bei einer Bindungsperson sucht, sich aber ungehemmt und distanzlos Fremden gegenüber verhält, lässt sich das letztgenannte Verhalten gegenüber Fremden nicht mehr als Verhalten im Dienste von Bindung interpretieren. Es handelt sich aber um eine Verletzung der entwicklungstypischen und biologisch bedingten Furcht bzw. Vorsicht gegenüber Fremden, eines Verhaltenssystems, das als unabhängig vom Bindungssystem diskutiert wird.
Die neueren Befunde über persistierendes distanzloses Verhalten korrespondieren mit langjähriger klinischer Erfahrung, gemäß der Kinder mit einer Bindungsstörung mit Enthemmung eher eine ungünstige Prognose haben. Bei sehr vielen ursprünglich als Bindungsstörung mit Enthemmung diagnostizierten Kindern wird dann im späten Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gestellt. Neuere Befunde unterstützen diese eher pessimistische Prognose dahingehend, dass Symptome von Bindungsstörung mit Enthemmung klinisch relevante Störungen aus dem Kleinkind- in das Vorschulalter vorhersagten (Gleason et al. 2011).
Langfristig lässt sich unter einer entwicklungspsychopathologischen Perspektive annehmen, dass sich die massiven Entwicklungsdefizite von Kindern mit Bindungsstörungen (insbesondere von Bindungsstörung mit Enthemmung) dann auf unterschiedlichen Entwicklungsaltersstufen ganz unterschiedlich auswirken und sich in alterstypischen psychopathologischen Symptomen zeigen. Eine solche entwicklungsheterotypische Verlaufssymptomatik wurde für die Entwicklung von sequenziell traumatisierten Kindern und Jugendlichen postuliert, also Kindern und Jugendlichen mit chronischen Vernachlässigungs- und Misshandlungserfahrungen und damit einer großen Überlappung mit Bindungsstörungen (Schmid et al. 2010). Neben Bindungsstörungen in der frühen Kindheit bzw. im Vorschulalter zeigt sich bei diesen Kindern, so die klinische Erfahrung, dann im Schulalter eine hyperkinetischer Störung des Sozialverhaltens oder eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen in der Adoleszenz, sowie dann eine Persönlichkeitsstörung, nicht selten in Kombination mit Substanzmissbrauch, selbstverletzendem Verhalten und affektiven Störungen (Schmid et al. 2010). In ähnlicher Weise werden solche heterotypischen Verläufe früher Bindungsprobleme und -störungen im Übrigen auch bereits in der für die Version DSM-V vorgeschlagenen „temper dysregulation disorder“ angedeutet. Diese durchaus kritisch diskutierte Klassifikation wurde vorgeschlagen, um die insbesondere in den USA überstrapazierte Diagnose der „child bipolar disorder“ zu entschärfen bzw. um die in der Folge dieser Diagnose allzu großzügige psychopharmakologische Medikation bei Kindern einzudämmen. Dabei lassen sich traumatisierte Kinder, Kinder mit Bindungsstörungen oder Kinder, auf die die Diagnose einer „temper dysregulation disorder“ zutreffen würde, gleichermaßen aufgrund grundlegender psychologischer Probleme, wie fehlende Empathie oder massive Dysregulationen in der Emotionsregulation charakterisieren.

Diagnostik

Nach wie vor liegen gleichermaßen für Diagnostik und Therapie von Bindungsstörungen keine standardisierten bzw. manualisierten Vorgehensweisen vor, die empirisch ausreichend abgesichert bzw. in der klinischen Praxis hinreichend erprobt sind.
Empfohlen wird, den allgemeinen Entwicklungsverlauf des Kindes, sein Bindungsverhalten gegenüber seinen Bezugs- und anderen Kontaktpersonen und seine Betreuungsgeschichte detailliert zu erheben. Dabei geht es darum, auch Quellen außerhalb des familiären Umfelds einzubeziehen bzw. auch Dritte zu befragen, wie z. B. Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter oder Haus- bzw. Kinderärzten. Abgeklärt werden etwaige Entwicklungsverzögerungen, das Entwicklungs- beziehungsweise Intelligenzniveau, umschriebene Entwicklungsstörungen oder körperlichen Erkrankungen. Besonders wichtig ist es abzuklären, inwieweit Erfahrungen von Kindeswohlgefährdung und Misshandlung vorliegen, sowie Kontextbedingungen, wie z. B. den Wechsel von Bezugspersonen oder die aktuelle Sorgerechtssituation zu erfassen. Weiterhin werden Abklärungen zur Komorbidität psychischer Störungen und zur Diagnostik von Begleitstörungen (Störungen des Sozialverhaltens, hyperkinetische Störungen, altersspezifische emotionale Störungen, Angststörungen, Intelligenzminderung) sowie gegebenenfalls weitergehende differenzialdiagnostische Abklärungen (zur Komorbidität einer tief greifenden Entwicklungsstörung, organisch/neurologischen Primärstörung, posttraumatischen Belastungsstörung) empfohlen sowie eine somatische Abklärung, die bei Kleinwuchs auch eine endokrinologische Untersuchung einschließt (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007; Ziegenhain 2009).
Darüber hinaus wurden im letzten Update der sog. Praxis Parameter der American Academy of Child and Adolescent Psychiatry (AACAP 2016) Empfehlungen formuliert, die den neueren Stand der Forschung einbeziehen. So lange empirisch abgesicherte Screening-Verfahren (noch) weitgehend fehlen, können die folgenden Empfehlungen die diagnostische Praxis optimieren:
Als diagnostisch relevant wird in den Praxis Parametern betont, dass Symptome von Bindungsstörungen meist rasch verschwinden bzw. sich abmildern, wenn Kinder in einen hinreichend stabilen und fürsorglichen Beziehungskontext wechseln (Chisholm 1998; O’Connor et al. 2003; Rutter et al. 2007). Allerdings zeigte sich, dass dennoch bei manchen Kindern soziale (Beziehungs-)Probleme wie distanzgemindertes Verhalten persistierten (s. o.). Dies zeigte sich sowohl in Befunden über die adoptierten rumänischen Heimkinder als auch über Kinder in Pflegefamilien (Oosterman und Schuengel 2007; Rutter et al. 2007; Smyke et al. 2012). Distanzgemindertes Verhalten stand zudem in jüngeren Studien in empirischem Zusammenhang mit kognitiven Einschränkungen, Aufmerksamkeitsproblemen, Probleme mit Impulskontrollsteuerung (inhibitorischer Kontrolle) oder EEG-Abweichungen (Bruce et al. 2009; Gleason et al. 2011; Lyons-Ruth und Jacobwitz 2016; Rutter et al. 2010; Tarullo et al. 2011). Insofern wird eine sorgfältige Diagnostik aller Funktionsbereiche beim Kind empfohlen, und zwar auch dann, wenn es in einer stabilen und fürsorglichen Umgebung lebt (AACAP 2016).
Des Weiteren wird eine routinemäßige Anamnese bei allen kleinen Kindern nach Pflegeverhältnissen oder stationärer Betreuung bzw. nach Adoption empfohlen. Bei einer Vorgeschichte von Fremdbetreuung wird zudem empfohlen sowohl nach Bindungsverhaltensweisen im bisherigen Entwicklungsverlauf zu fragen als auch aktuell Bindungsverhalten des Kindes mit der Bezugsperson zu beobachten. Dazu gehören Fragen danach, ob das Kind bei Belastung Nähe und Kontakt bei einer Bindungsperson gesucht hat, ob es sich im Kontakt mit fremden Menschen zurückhaltend und abwartend verhalten hat oder ob es bei Trennungen von der Bindungsperson protestierte (bis in die Vorschulzeit beobachtbar mit entwicklungstypischem Höhepunkt um ca. 18 Monate).
Kategorien aus den vorhergehenden Praxis Parametern zur Einschätzung von bindungsrelevanten (Fehl-)Verhaltensweisen (AACAP 2005, adaptiert nach Zeanah et al. 1993, dt. Übersetzung Ziegenhain in Ziegenhain 2009)
Für die Beobachtung aktuellen Bindungsverhaltens lassen sich Kategorien aus den vorhergehenden Praxis Parametern heranziehen, die eine globale Einschätzung von bindungsrelevanten (Fehl-)Verhaltensweisen ermöglichen (AACAP 2005). Dazu gehören:
  • Affektverhalten (eingeschränkter Affektaustausch in unterschiedlichen sozialen Situationen oder distanzloser positiver Affekt gegenüber einer relativ unvertrauten Erwachsenen)
  • Fehlende Trostsuche (wenn verletzt, ängstlich oder krank bzw. ambivalentes Verhalten wie erhöhte Verstörung, aber keine Trostsuche)
  • Suche nach Hilfe (klammert exzessiv oder unfähig, Hilfe der Bezugsperson zu suchen und zu nutzen)
  • Mangelnde Kooperation gegenüber der Bezugsperson (durchgängig ungehorsam bei Bitten oder Forderungen oder ängstlich überangepasst [„compulsive compliance“])
  • Kontrollierendes Verhalten gegenüber der Bezugsperson (übermäßig besorgt und/oder altersunangemessen fürsorglich oder extrem dominant oder bestrafend)
  • Explorationsverhalten (keine Rückversicherung bei der Bezugsperson, wenn es in unvertrauten Situationen umherstreift oder sich beinahe gänzlich weigert, sich von der Bezugsperson zu lösen, um zu erkunden)
  • Verhalten nach kurzen Trennungen von der Bezugsperson (kann keinen interaktiven Austausch (re-)etablieren, eingeschlossen aktiv ignorierendes/vermeidendes Verhalten, intensiver Ärger, offensichtlicher Mangel an positivem Affekt oder Unvermögen, Verstörung aufgrund der Trennung zu beenden. Hinweise auf desorganisiertes Bindungsverhalten)
  • Distanzlose Reaktion gegenüber fremden Menschen (engagiert sich unmittelbar ohne anfängliche Vorsicht, nimmt extensiv körperlichen Kontakt auf ohne Rückversicherung mit der Bezugsperson), ist bereit die Bezugsperson ohne Protest zu verlassen (und mit der fremden Person mitzugehen)
Um das Verhalten des Kindes gegenüber Bindungspersonen und gegenüber Fremden weitergehend vertiefend abzuklären (z. B. ob sich ein Kind vorzugsweise an vertraute Bezugspersonen wendet, wenn es Unterstützung, Trost oder Schutz braucht; ob es protestiert, wenn die Bezugsperson während der diagnostischen Abklärung den Raum verlässt; ob es ängstlich gegenüber Fremden ist etc.), enthält das jüngere Update der Praxis Parameter (AACAP 2016) eine strukturierte Adaptation der sog. Fremden Situation (Ainsworth et al. 1978; Tab. 1). Sie erlaubt eine genauere Differenzierung zwischen den beiden Formen von Bindungsstörungen. Das Verfahren ist ökonomisch durchführbar und lässt sich im klinischen Kontext global auswerten. Die Einschätzung basiert auf den beobachteten Unterschieden im Verhalten des Kindes mit vertrauten und mit fremden Menschen bzw. auf Verhalten, das von entwicklungstypischen Reaktionen abweicht.
Tab. 1
Klinische Beobachtung von Bindungsverhalten (Zeanah et al. 2016; dt. Übersetzung Ziegenhain)
Episode
Dauer
(Min.)
Durchführung
Beobachtung
1
5
„Freies Spiel“ Bindungsperson (BP) und Kind (K)
Insbesondere auf Vertrautheit, Befindlichkeit, Wärme beim Kind in der Interaktion mit Bindungsperson achten
2
3
Untersucherin (U) spricht mit K, nähert sich ihm, versucht dann mit ihm zu spielen
Die meisten kleinen Kinder verhalten sich einer Fremden gegenüber reserviert, besonders anfangs
3
3
U. nimmt K hoch, zeigt ihm Bild an der Wand oder schaut mit ihm aus Fenster
Dies erhöht den Stress beim K. Erneut, auf Befindlichkeit und Vertrautheit mit der U beim K achten
4
3
BP nimmt K hoch, zeigt ihm Bild an der Wand oder schaut mit ihm aus Fenster
Im Unterschied zum Hochgenommen-Werden durch die fremde U, sollte das Kind sich deutlich wohler fühlen
4a
1
K sitzt zwischen BP und U, ein ferngelenktes neues (z. B. unheimlich/aufregendes) Spielzeug wird eingeführt
K sollte vorzugsweise Trost bei der BP suchen. Wenn es eher interessiert als ängstlich reagiert, sollte es den positiven Affekt mit der BP teilen
5
3
U verlässt den Raum
Diese Trennung sollte keine größere Reaktion beim K auslösen, da die U ihm fremd ist
6
1
U kommt zurück
In ähnlicher Weise sollte K wenig auf die Rückkehr der fremden U reagieren
7
3
BP verlässt den Raum
K. sollte den Weggang der BP eindeutig registrieren, wenn auch nicht notwendigerweise mit deutlichem Kummer. Wenn das K bekümmert ist, sollte es durch die U wenig getröstet werden können
8
1
BP kommt zurück
Verhalten des K bei Wiedervereinig sollte kongruent mit seinem Verhalten bei der Trennung sein. Ein bekümmertes K sollte Trost suchen, nicht bekümmertes K sollte positiven Kontakt mit der BP initiieren (ihr das Spielzeug zeigen, Aktivität initiieren oder mit ihr über Trennung sprechen)
Tatsächlich stellt sich im Kontext von Bindungsstörungen immer die Frage, inwieweit Kinder überhaupt eine Bindung zu einer nahestehenden Bezugsperson entwickeln konnten. Bindungsstörung mit Enthemmung kann sowohl bei Kindern vorkommen, die keine exklusive Bindung aufbauen konnten als auch bei Kindern, die eine Bindung etabliert haben. Hinzu kommt, dass sich sogar Symptome einer Bindungsstörung mit Enthemmung und sichere Bindung, also Nähe- und Trostsuche unter Belastung bei einer Bezugsperson offenbar nicht ausschließen. Wie oben erwähnt, fanden sich in den rumänischen Adoptionsstudien Kinder, die eine sichere Bindung mit der neuen Adoptivmutter entwickelt hatten und gleichzeitig markante Symptome von Bindungsstörung mit Enthemmung zeigten. Insofern ist ein bewährtes Verfahren wie die Fremden Situation nur begrenzt brauchbar. Dies wird im Übrigen auch in den S2k-Leitlinien „Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter“ (AWMF-Leitlinien 2012) betont. Die Fremde Situation erfasst verlässlich die Qualität einer bereits etablierten Bindung mit einer engen Bezugsperson, nicht aber das Ausmaß der Intensität einer Bindung. Im Unterschied zum „klassischen“ Verfahren, wird, wie bei der Abklärung von Bindungsstörungen notwendig, das Verhalten von Kindern sowohl gegenüber vertrauten als auch gegenüber fremden Menschen eingeschätzt. Hinzu kommt, dass die Fremde Situation weniger gut validiert für Kinder ist, die älter als 20 Monate sind.
Erstmals gibt es auch gewisse empirische Belege für die Diagnostik von Bindungsstörungen bei Kindern jenseits des Kleinkindalters. Bei Verdacht auf eine Bindungsstörung bei Kindern, die älter als 5 Jahre sind, sollte eine Vorgeschichte von schwerer Deprivation vorliegen. Dabei sind die Prognosen, die sich aus der jüngeren Forschung ableiten lassen, uneinheitlich. Bei einigen Kindern verschwanden Bindungsstörungssymptome, nachdem sie stabile und positive Bindungen etabliert hatten (Gleason et al. 2011). Bei anderen Kindern persistierten insbesondere Symptome von Bindungsstörungen mit Enthemmung über Jahre (Chisholm 1998; Gleason et al. 2011; Rutter et al. 2007). Bei älteren Kindern und Jugendlichen wird empfohlen distanzgemindertes Verhalten auch im Umgang mit Peers systematisch zu erfassen (z. B. lose Bekannte, die als „enge Freunde“ bezeichnet werden).

Therapie

Die Behandlung und Therapie bei Kindern mit Bindungsstörungen sind langwierig. Die klinische Praxis zeigt, dass die Entwicklung von Kindern mit Bindungsstörungen immer wieder auch durch institutionell bedingte Beziehungsabbrüche gefährdet wird. Insofern ist es notwendig alle therapeutischen Planungen langfristig anzulegen und abzusichern.
Bisher hat sich für die Therapie und Behandlung von Kindern mit Bindungsstörungen kein therapeutisches Vorgehen als hinreichend erfolgreich erwiesen. Allerdings ist unbestritten, dass eine verlässliche, stabile und vorhersagbare Umwelt für Kinder mit Bindungsstörungen notwendig ist. Eine emotional zuverlässige und konstante Bindungsperson ist unabdingbarer Bestandteil jedes therapeutischen Vorgehens. Insofern gilt es zunächst abzuklären, inwieweit eine Bindungsbeziehung etabliert ist. Wenn dies nicht der Fall ist, ist es therapeutische Aufgabe beim Aufbau einer Bindung zu unterstützen. Ist eine Bindungsbeziehung etabliert, geht es darum deren Qualität einzuschätzen und im Falle kritischen Elternverhaltens, wie etwa massiver Unterstimulation und Vernachlässigung, massiv gestörter affektiver Kommunikation und/oder feindseligem aggressivem oder misshandelnden Verhalten, therapeutisch zu intervenieren und die Beziehungsqualität zwischen Kind und Bezugsperson zu verbessern (Smyke et al. 2009). In gravierenden Fällen kann eine therapeutische Intervention die Herausnahme des Kindes aus der Herkunftsfamilie und die Betreuung in einer Pflegefamilie einschließen (AACAP Official Action 2005; Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie et al. 2007). Optimistisch stimmen Befunde über die Entwicklung einer Bindungsbeziehung von jungen Pflegekindern an die Pflegemutter. Danach scheinen sich Kleinkinder innerhalb von wenigen Wochen zu binden (Stovall und Dozier 2000).

Förderung elterlicher Beziehungskompetenzen

Die Förderung der Eltern-Kind-Interaktion, möglichst mit standardisierten Programmen und darüber hinaus mit begleitender Elternarbeit, ist daher zentraler therapeutischer Fokus. Weitergehende psychotherapeutische Maßnahmen sollten erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn eine emotionale Stabilisierung durch die Etablierung einer stabilen Beziehung und begleitender Elternarbeit erreicht ist (Pfeiffer und Lehmkuhl 2003; Zeanah und Smyke 2009). Dazu gehören nicht selten sprachliche und kognitive Entwicklungsverzögerungen, aggressive Verhaltensweisen oder Traumafolgestörungen.
Dabei wird insbesondere bei jüngeren Kindern eine Eltern-Kind-Therapie zur Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens empfohlen (AACAP 2005, 2016). Bewährt haben sich standardisierte Therapieprogramme vor bindungstheoretischem Hintergrund. Dabei wird entweder auf der Ebene der sog. mentalen Bindungsrepräsentationen der Eltern versucht, ihnen die Erlebens-, Verarbeitungs- und Verhaltensweise des Kindes nahe zu bringen und mit der eigenen emotionalen Erfahrung zu verknüpfen, oder es wird auf der Verhaltensebene versucht, elterliche Feinfühligkeit im Umgang mit dem Kind zu unterstützen. Dies geschieht häufig durch videogestützte Interventionsansätze und durch die Betonung der Stärken und Ressourcen der Bindungsperson beziehungsweise die Hervorhebung mütterlicher und kindlicher Kompetenzen im Umgang miteinander.
Im deutschsprachigen Raum werden als spezifische Bindungsinterventionen für Familien in Hochrisikosituationen Programme wie STEEP (Steps Toward Effective and Enjoyable Parenting; Erickson und Egeland 2006; Suess et al. 2016) oder die Entwicklungspsychologische Beratung (EPB; Ziegenhain et al. 2006; Pillhofer et al. 2015) eingesetzt. Beide Ansätze werden in den S2k-Leitlinien „Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter“ (AWMF-Leitlinien 2012) als Interventions-Indikation empfohlen.
Das letztgenannte Programm wird zunehmend im klinischen Kontext bei frühkindlichen Bindungsstörungen eingesetzt. Es ist eine Kurzzeit-Intervention und verknüpft die Förderung feinfühligen elterlichen Verhaltens mit der spezifischen Vermittlung von Ausdrucks-, Belastungs- und Bewältigungsverhaltensweisen von Säuglingen und Kleinkindern. Auf der Grundlage von kurzen Videoszenen wird Verhalten primär aus der Perspektive des Kindes beschrieben und elterliches Verhalten darauf bezogen (vgl. Ziegenhain et al. 2012).
Spezifisch für Pflegefamilien mit Pflegekindern im Kleinkindalter wurde das Attachment and Biobehavioral Catch-Up Programm entwickelt (ABC; Lind et al. 2017). Es ist eine aufsuchende Kurzzeitberatung, die gut evaluiert ist und derzeit auch in Deutschland erprobt bzw. implementiert wird (Deutsches Jugendinstitut, https://www.dji.de/ueber-uns/projekte/projekte/foerderung-positiver-bindungsbeziehungen-in-pflegefamilien.html).

Begleitende Elternarbeit

Über solche gezielten Interventionen zur Förderung der Eltern-Kind-Beziehung hinaus ist begleitende Elternarbeit notwendig, um Eltern durch Gespräche und Verhaltensanleitungen zu unterstützen, das häufig befremdliche und schwer interpretierbare Verhalten des Kindes zu verstehen, adäquat darauf zu reagieren und auch die eigenen Gefühle der Bindungspersonen von Angst, Enttäuschung oder Ärger zu bearbeiten. Wenn die Bindungspersonen nicht selbst sehr belastet und hinreichend bereit und emotional in der Lage sind, die Perspektive des Kindes einzunehmen, kann dies ein Weg sein, den feinfühligen Umgang mit dem Kind zu fördern. Dies stärkt den Selbstwert der Bindungspersonen als kompetente Eltern und die Therapeutin oder der Therapeut muss sich nicht als weitere Bindungsperson zur Verfügung stellen (AACAP 2005, 2016).
Kinder mit Bindungsstörungen zeigen häufig ambivalentes Verhalten im Umgang mit emotionaler Nähe und Distanz. Sie fordern häufig körperliche oder psychische Nähe ein und überschreiten dabei sozial adäquate Grenzen. Bindungstheoretisch lässt sich solches Verhalten als Ausdruck von Angst, verlassen zu werden, interpretieren (Lieberman 2003). Andererseits zeigen sie ein ausgeprägtes Bedürfnis nach emotionaler und körperlicher Distanz. Sie reagieren unbeteiligt, abweisend oder aggressiv auf Beziehungsangebote, insbesondere dann, wenn sie gestresst sind. Versuchen Eltern Nähe zu „erzwingen“ kommt es häufig zu paradoxen Reaktionen, nämlich Rückzug und Reinszenierung der Beziehungsabbrüche aus der Vorgeschichte der Kinder.
Adäquate elterliche Verhaltenskonsequenzen sind dann klares Setzen von Grenzen, aber gleichzeitig auch verlässlich-versicherndes Verhalten. Darüber hinaus hat sich in der klinischen Praxis bewährt, beharrlich, auch bei Abwehr, immer wieder auf das Kind zuzugehen und Beziehungsangebote zu machen, diese aber in ihrer emotionalen Intensität vorsichtig zu dosieren. Wiederholte, aber vorsichtige und nichtinvasive Beziehungsangebote im Umgang mit Nähe und (Körper-)Kontakt scheinen hier am erfolgversprechendsten.
In der klinischen Praxis bewährt hat sich zudem, dass sich die Bindungsperson zwar verlässlich und (emotional) zuverlässig verhält, eigene Beziehungswünsche dem Kind gegenüber aber nicht bzw. auf emotionaler Ebene wenig intensiv äußert. Dabei lassen sich verhaltenstherapeutische Belohnungsprogramme gut im Alltag nutzen, um Beziehungen herzustellen und zu gestalten, ohne aber für das Kind emotional bedrohlich zu sein. Motiviert und belohnt werden Verhaltensweisen, die erwünscht sind und die dem, bei aller Ambivalenz vorhandenen, Bedürfnis des Kindes entsprechen, etwas für die Bindungsperson zu tun und sie zufriedenzustellen. Die Anforderung beispielsweise mit dem Geschwisterkind zu spielen, ist emotional mäßig anfordernd bzw. wenig bedrohlich und gibt dem Kind das Gefühl, etwas für die Bindungsperson zu tun.
Daneben haben sich verhaltenstherapeutische Routinen, insbesondere im Umgang mit aggressivem, impulsivem oder regelverletzendem Verhalten von Kindern mit Bindungsstörungen in der klinischen Praxis bewährt (Ziegenhain 2009; Ziegenhain und von Kries 2009).

Kooperation mit Eltern

Die Therapie bei Kindern mit Bindungsstörungen hängt in hohem Maße von der Kooperation der Eltern ab. Wenn bereits eine Vorgeschichte von Vernachlässigung und/oder Misshandlung vorliegt, bestehen häufig geringe Chancen für eine Kooperation mit den Eltern, insbesondere dann, wenn deren Einsicht in zurückliegendes eigenes Fehlverhalten nicht zu erreichen ist. Nicht selten kommt es in solchen Fällen zu einer Unterbringung in einer Pflegefamilie. Die Therapie richtet sich dann auf die Unterstützung der Pflegeeltern bei der Etablierung und Gestaltung einer tragfähigen Bindungsbeziehung mit dem Kind.
Pflegeeltern sind häufig durch das befremdliche, zurückweisende und auch aggressive Verhalten des Kindes überfordert und stark belastet. Hinzu kommen Schuldgefühle als Eltern zu versagen und Gefühle des Bedauerns, sich auf eine solcherart schwierige Beziehung eingelassen zu haben. Viele Pflegeverhältnisse scheitern, weil Pflegeltern gewöhnlich durch Kinder mit schweren Bindungsstörungen überfordert sind. Neben einer regelmäßigen fachlichen Supervision für Pflegeeltern als Mindeststandard (Pfeiffer und Lehmkuhl 2003) liegen Lösungsansätze in speziell ausgebildeten Pflegefamilien bzw. in spezialisierten Sonderpflegeverhältnissen (Reddy und Pfeiffer 1997). Bewährt haben sich zudem Spezialambulanzen für Pflegekinder und ihre Familien, wie z. B. an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (ursprünglich etabliert mit Förderung der Stiftung für das Wohl des Pflegekindes; Grasmann et al. 2005). In solchen Spezialambulanzen können Pflegeltern im Umgang mit den Kindern und leiblichen Eltern qualifiziert beraten werden, ebenso wie auch die leiblichen Eltern im Umgang mit Kindern und den Pflegeeltern. Es können sowohl kinder- und jugendpsychiatrische bzw. (Entwicklungs-)Diagnostik durchgeführt und der Förder- und Therapiebedarf von Pflegekindern festgestellt werden, als auch deren kinder- und jugendpsychiatrische sowie psychotherapeutische Behandlung übernommen bzw. zusätzliche pädagogische und therapeutische Maßnahmen koordiniert werden. In Zusammenarbeit und im Austausch mit dem zuständigen Jugendamt lassen sich eine am Wohl der psychisch auffälligen Kinder orientierte Hilfeplanung, Umgangsregelungen, Gestaltung von Übergängen etc. entwickeln. Eine neuere Ausrichtung und Weiterentwicklung der Ulmer Pflegekinderambulanz liegt in einer traumaspezifischen Diagnostik und Behandlung von Pflegekindern und dabei einer systematische Kooperation mit Spezialdiensten, Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und -psychiatern sowie der Kinder- und Jugendhilfe (mit Förderung der World Childhood Foundation; Oswald et al. 2010).
Im Falle schwebender Entscheidungen bzw. in Fällen (drohender) Kindeswohlgefährdung ist eine Therapie gewöhnlich nur in enger Kooperation mit dem Jugendamt durchzuführen und in der Regel von weiteren intensiven Jugendhilfemaßnahmen und möglichst engmaschigen, vom Jugendamt organisierten, Hilfeplankonferenzen begleitet.
Dennoch zeigt die klinische Praxis, dass die Entwicklung von Kindern mit Bindungsstörungen immer wieder durch Beziehungsabbrüche gefährdet ist. Diese können eine Verstärkung der Symptomatik bzw. eine Retraumatisierung des Kindes begünstigen. Beziehungsabbrüche sind häufig institutionell bedingt. Herkunftsfamilien ebenso wie Pflegefamilien werden nicht rechtzeitig und/oder nicht hinreichend unterstützt und versorgt oder Übergänge werden nicht hinreichend gut begleitet. Demgegenüber ist es notwendig, die therapeutischen Planungen langfristig anzulegen und abzusichern. In der derzeitigen Diskussion um sogenannte Frühe Hilfen und Kinderschutz, die auch früh misshandelte und vernachlässigte Kinder und damit sehr wahrscheinlich auch Kinder mit Bindungsstörungen betrifft, werden insbesondere fehlende Standards und systematische Verfahrensabsprachen in der Kooperation und Vernetzung zwischen Jugendhilfe und Gesundheitswesen für Defizite in der Versorgung verantwortlich gemacht (Ziegenhain et al. 2010).

Fazit

Bindungsstörungen waren über viele Jahre hinweg das Störungsbild des Kindes- und Jugendalters, dessen Ätiologie und Verlauf empirisch wenig abgesichert war. Die internationalen Forschungsbefunde über Kinder, die in institutionellen Kontexten aufwuchsen und weitgehend auch nach Adoption systematisch in ihrer weiteren Entwicklung begleitet wurden, haben die empirische Datenbasis deutlich erweitert. Sie haben durchaus zu weitreichenden qualitativen Veränderungen geführt. Diese wurden erstmalig im DSM-5 publiziert und werden nun auch in der ICD-11 berücksichtigt. Klinisch relevant ist, dass die beiden Formen von Bindungsstörungen nun unter sogenannten traumaindiziert Störungsbildern gruppiert werden („trauma- and stressor-related disorders“). Qualitativ neu ist zudem, dass die Bindungsstörung mit Enthemmung nun nicht mehr als eine ausschließlich bindungsbezogene Störung betrachtet wird. Sie wird nun vielmehr weiter gefasst und als eine Störung enthemmter sozialer Beziehungsaufnahme beschrieben. Nach wie vor gibt es allerdings Desiderate in Diagnostik und Therapie. Es fehlen standardisierte und evaluierte diagnostische Verfahren und Therapieansätze. Dabei geht es auch um die Entwicklung von therapeutischen Ansätzen, die die beiden Störungsformen spezifisch adressieren. Wegen der regelmäßig notwendigen interdisziplinären Versorgung von Kindern mit Bindungsstörungen ist insbesondere die Entwicklung von standardisierter Diagnostik auch zwingend für die Kooperation mindestens mit der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe (Jugendamt, freie Träger). Ein hoher Bedarf besteht zudem in der Entwicklung von psychoedukativen Konzepten für die Unterstützung und Begleitung von Eltern, und zwar gleichermaßen von Herkunfts- als auch von Pflegeeltern. Der Aus- und Aufbau von lokalen Netzwerkstrukturen im Kontext der Frühen Hilfen ebenso wie die Verabschiedung des Bundeskinderschutzgesetzes bieten einen Rahmen für eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit vor Ort. Dazu gehören im Übrigen auch der Rechtsanspruch auf Beratung bei Kinderschutzfällen für Angehörige des Gesundheitssystems (§ 4 Abs. 2 KKG, § 8b Abs. 1 SGB VIII) sowie damit einhergehende vielversprechende Entwicklungen wie die einer Kinderschutz-Hotline (24 Stunden, 7 Tage/Woche; http://www.kinderschutzhotline.de, Tel. 0800 19 210 00) zur kostenfreien Beratung und Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten bzw. Psychotherapeutinnen und -therapeuten im klinischen Alltag. Bei allem Entwicklungsbedarf in der Diagnostik und Therapie von Bindungsstörungen lassen diese Entwicklungen doch auf ein zunehmendes Verständnis für eine zwingend interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Behandlung von Kindern mit Bindungsstörungen schließen.
Literatur
AACAP Official Action (2005) Practice parameter for the assessment and treatment of children and adolescents with reactive attachment disorder of infancy and early childhood. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 44:1206–1219CrossRef
AACAP Official Action (2016) Practice parameter for the assessment and treatment of children and adolescents with reactive attachment disorder and disinhibited social engagement disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 55:990–1003CrossRef
Ainsworth MDS, Blehar MC, Waters E, Wall S (1978) Patterns of attachment: a psychological study of the strange situation. Erlbaum, Hillsdale
AWMF-Leitlinien zu psychischen Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter (sk2) (2012). http://​www.​awmf.​org/​leitlinien/​awmf-regelwerk.​html. Zugegriffen am 28.02.2019
Boris NW, Zeanah CH, Larrieu J, Scheeringa M, Heller S (1998) Attachment disorders in infancy and early childhood. Am J Psychiatr 155:295–297PubMedCrossRef
Bruce J, Tarullo AR, Gunnar MR (2009) Disinhibited social behavior among internationally adopted children. Dev Psychopathol 21(1):157–171PubMedPubMedCentralCrossRef
Cassidy J, Marvin RS (1992) Attachment organization in preschool children: coding guidelines. Unpublished manuscript. MacArthur Working Group on Attachment, Seattle
Chisholm K (1998) A three year follow-up of attachment and indiscriminate friendliness in children adopted from Romanian orphanages. Child Dev 69:1092–1106PubMedCrossRef
Crittenden PM (1994) Preschool assessment of attachment: coding manual. Unpublished manuscript. Family Relations Institute, Miami
DeKlyen M, Greenberg MT (2016) Attachment and Psychopathology in Childhood. In: Cassidy J, Shaver PR (Hrsg) Handbook of attachment: theory, research, and clinical applications, 3. Aufl. Guilford, New York, S 639–666
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie u. a (2007) Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter (3. überarb. Aufl.). Deutscher Ärzte, S 311–317
Dilling H, Mombour W, Schmidt H (1993) Weltgesundheitsorganisation. Internationale Klassifikation psychischer Störungen(ICD-10 Kapitel V (F)). Klinisch diagnostische Leitlinien. Huber, Bern
Egger HL, Erkanli A, Keeler G, Potts E, Walter BK, Angold A (2006) Test-retest reliability of the preschool age psychiatric assessment (PAPA). J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 45:538–549PubMedCrossRef
Erickson MF, Egeland B (2006) Die Stärkung der Eltern-Kind-Bindung. Frühe Hilfen für die Arbeit mit Eltern von der Schwangerschaft bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes durch das STEEP-Programm. Klett-Cotta, Stuttgart
Fegert JM (1998) Die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen in der Vorgeschichte von Pflegekindern. In: Stiftung „Zum Wohl des Pflegekindes“ (Hrsg) 1. Jahrbuch des Pflegekinderwesens. Schulz-Kirchner, Idstein
Grasmann D, Libal E, Goldbeck L, Fegert JM, Ziegenhain U (2005) Bindungsorientierte Diagnostik von Säuglingen in der Arbeit mit Pflegekindern und ihren Familien. Frühförderung Interdisziplinär
Gleason MM, Zamfirescu A, Egger HL, Nelson CA, Fox NA, Zeanah CH (2011) Epidemiology of psychiatric disorders in very young children in a Romanian pediatric setting. Eur Child Adolesc Psychiatry 20(10):527–535PubMedPubMedCentralCrossRef
Hodges J, Tizard B (1989) Social and family relationships of ex-institutional adolescents. J Child Psychol Psychiatry Allied Discip 30:77–97CrossRef
IJzendoorn MH Van, Schuengel C, Bakermans-Kranenburg MJ (1999) Disorganized attachment in early childhood: meta-analysis of precursors, concomitants and sequelae. Dev Psychopathol 11: 225–249
Lieberman AF (2003) The treatment of attachment disorder in infancy and early childhood: reflections from clinical intervention with later-adopted foster care children. Attach Hum Dev 5:279–282PubMedCrossRef
Lind T, Raby EB, Caron EB, Roben CKP, Dozier M (2017) Enhancing executive functioning among toddlers in foster care with an attachment-based intervention. Dev Psychopathol 29:575–586PubMedPubMedCentralCrossRef
Lyons-Ruth K, Jacobwitz D (2016) Attachment disorganization from infancy to adulthood: neurobiological correlates, parenting contexts, and pathways to disorder. In: Cassidy J, Shaver PR (Hrsg) Handbook of attactment: theory, research and clinical applications. Guilford, New York, S 667–695
Madigan S, Bakermans-Kranenburg MJ, Van Ijzendoorn MH, Moran G, Pederson DR, Benoit D (2006) Unresolved states of mind, anomalous parental behavior, and disorganized attachment: a review and meta-analysis of a transmission gap. Attach Hum Dev 8(2):89–111PubMedCrossRef
Main M, Solomon J (1990) Procedures for identifying infants as disorganized/disoriented during the Ainsworth strange situation. In: Greenberg M, Cicchetti D, Cummings EM (Hrsg) Attachment in the preschool years: theory, research, and intervention. University of Chicago Press, Chicago, S 121–160
O’Connor TG (2002) Attachment disorders in infancy and childhood. In: Rutter M, Taylor E (Hrsg) Child and adolescent psychiatry: modern approaches, 4. Aufl. Blackwell, Madden, S 776–792
O’Connor TG, Rutter M, the English and Romanian Adoptees Study Team (2000) Attachment disorder behaviour following early severe deprivation: extension and longitudinal follow-up. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 39:703–712PubMedCrossRef
O’Connor TG, Marvin RS, Rutter M, Olrick J, Britner PA, the ERA Study Team (2003) Child-parent attachment following early institutional deprivation. Dev Psychopathol 15:19–38PubMedCrossRef
Oliveira P, Soares I, Martins C, Silva JR, Marques S, Baptista J, Lyons-Ruth K (2012) Indiscriminate behavior observed in the strange situation among institutionalized toddlers: relations to caregiver report and to early family risk. Infant Mental Health J 33:187–196CrossRef
Oosterman M, Schuengel C (2007) Autonomic reactivity of children to separation and reunion with foster parents. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 46:1196–1203PubMedCrossRef
Oosterman M, Schuengel C (2008) Attachment in foster children associated with sensitivity and behavioral problems. Infant Ment Health J 29:609–623PubMedCrossRef
Oswald SH, Fegert JM, Goldbeck L (2010) Traumafolgestörungen bei Pflegekindern nach Misshandlung und Vernachlässigung. Verhaltenstherapie 20(1):37–44CrossRef
Pears KC, Bruce J, Fisher PA, Kim HK (2010) Indiscriminate friendliness in maltreated foster children. Child Maltreatment 15(1):64–75PubMedCrossRef
Pfeiffer E, Lehmkuhl U (2003) Bindungsstörungen. In: Herpetz-Dahlmann B (Hrsg) Entwicklungspsychiatrie. Schattauer, Stuttgart, S 541–547
Pillhofer M, Spangler G, Bovenschen I, Künster AK, Gabler S, Fallon B, Fegert JM, Ziegenhain U (2015) Pilot study of a program delivered within the regular service system in Germany: effect of a short-term attachment-based intervention on maternal sensitivity in mothers at risk for child abuse and neglect. Child Abuse Negl 42:163–173PubMedCrossRef
Reddy LA, Pfeiffer SI (1997) Effectiveness of treatment foster care with children and adolescents: a review of outcome studies. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 36(5):581–588PubMedCrossRef
Rutter M, Colvert E, Kreppner J, Beckett C, Castle J, Groothues C … Sonuga-Barke EJ (2007) Early adolescent outcomes for institutionally-deprived and non-deprived adoptees. I: disinhibited attachment. J Child Psychol Psychiatry 48(1):17–30
Rutter M, Sonuga-Barke E, Castle JI (2010) Investigating the impact of early institutional deprivation on development: background and research strategy of the English and Romanian Adoptees (ERA) study. Monogr Soc Res Child Dev 75:1–20PubMedCrossRef
Schmid M, Fegert JM, Petermann F (2010) Traumaentwicklungsstörung: Pro und Contra. Kindheit und Entwicklung 19(1):47–63CrossRef
Smyke AT, Dumitrescu A, Zeanah CH (2002) Disturbances of attachment in young children. I: the continuum of caretaking casualty. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 41:972–982PubMedCrossRef
Smyke AT, Zeanah CH, Fox NA, Nelson CA (2009) A new model of foster care for young children: the Bucharest early intervention project. Child and Adolescent Psychiatric Clinics 18(3):721–734CrossRef
Smyke AT, Zeanah CH, Gleason MM et al (2012) A randomized controlled trial comparing foster care and institutional care for children with signs of reactive attachment disorder. Am J Psychiatry 169:508–514PubMedPubMedCentralCrossRef
Stovall KC, Dozier M (2000) The development of attachment in new relationships: single subject analyses for ten foster infants. Dev Psychopathol 12:133–156PubMedCrossRef
Suess GJ, Bohlen U, Carlson EA, Spangler G, Frumentia Maier M (2016) Effectiveness of attachment based STEEP™ intervention in a German high-risk sample. Attach Hum Dev 18(5):443–460PubMedPubMedCentralCrossRef
Tarullo AR, Garvin MC, Gunnar MR (2011) Atypical EEG power correlates with indiscriminately friendly behavior in internationally adopted children. Dev Psychol 47(2):417–431PubMedPubMedCentralCrossRef
Thompson RA (2016) Early attachment and later development: reframing the questions. In: Cassidy J, Shaver PR (Hrsg) Handbook of attachment: theory, research, and clinical applications. The Guilford Press, New York/London, S 330–348
Tizard B, Hodges J (1978) The effect of early institutional rearing on the behavioural problems and affectional relationships of eight-year-old children. J Child Psychol Psychiatry 19:99–118PubMedCrossRef
Tizard B, Rees J (1975) The effect of early institutional rearing on the behaviour problems and affectional relationships of four-year-old children. J Child Psychol Psychiatry 16:61–73PubMedCrossRef
Wolff MS De, Van IJzendoorn MH (1997) Sensitivity and attachment: a meta-analysis on parental antecedents of infant attachment. Child Dev 68(4): 571–591
Zeanah C, Mammen O, Lieberman A (1993) Disorders of attachment. In: Zeanah C (Hrsg) Handbook of infant mental health. Guilford, New York, S 332–349
Zeanah CH, Gleason MM (2010) Reactive attachment disorder: a review for DSM-V. Report presented to the American Psychiatric Association,
Zeanah CH, Gleason MM (2015) Attachment disorders in early childhood, clinical presentation, causes, correlates, and treatment. J Child Psychol Psychiatry 56:207–222PubMedCrossRef
Zeanah CH, Smyke AT (2009) Attachment disorders. In: Zeanah CH (Hrsg) Handbook of infant mental health. Guilford, New York, S 421–434
Zeanah CH, Scheeringa MS, Boris NW, Heller SS, Smyke AT, Trapani J (2004) Reactive attachment disorder in maltreated toddlers. Child Abuse Negl 28:877–888PubMedCrossRef
Zeanah CH, Smyke AT, Koga SF, Carlson E, Bucharest Early Intervention Project Core Group (2005) Attachment in institutionalized and community children in Romania. Child Dev 76(5):1015–1028PubMedCrossRef
Zeanah CH, Smyke AT, Fox NA, Nelson CA (2008) The Bucharest early intervention project: emotional responsiveness, attachment, and inhibitory control. Paper presented at Zero to Three, Washington/DC
Zeanah CH, Chesher T, Boris NW, Walter HJ, Bukstein OG, Bellonci C … Hayek M (2016) Practice parameter for the assessment and treatment of children and adolescents with reactive attachment disorder and disinhibited social engagement disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 55(11):990–1003
Ziegenhain U (2009) Bindungsstörungen. In: Schneider S, Margraf J (Hrsg) Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Störungen im Kindes- und Jugendalter, Bd 3. Springer, Heidelberg, S 313–330
Ziegenhain U, von Kries R (2009) Seelische Entwicklung und ihre Störungen in der frühen Kindheit. In: Schlack H, Thyen U, von Kries R (Hrsg) Sozialpädiatrie. Springer, Heidelberg, S 133–155CrossRef
Ziegenhain U, Fries M, Bütow B, Derksen B (2006) Entwicklungspsychologische Beratung für junge Eltern. Ein Handlungsmodell für die Jugendhilfe. Juventa, Weinheim
Ziegenhain U, Schöllhorn A, Künster AK, Hofer A, König C, Fegert JM (2010) Modellprojekt Guter Start ins Kinderleben. Werkbuch Vernetzung. Chancen und Stolpersteine interdisziplinärer Kooperation und Vernetzung im Bereich der Frühen Hilfen und im Kinderschutz. Schriftenreihe des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen
Ziegenhain U, Fegert JM, Möhler E (2012) Infant Psychiatry – frühe Eltern-Kind-Interaktion. In: Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes-und Jugendalters. Springer, Berlin/Heidelberg, S 949–957CrossRef