Skip to main content

Schulvermeidung bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Daniel Walter und Manfred Döpfner
Schulvermeidung ist keine psychische Störungskategorie, aber ein häufiges Problem: Zwischen 5 und 10 % der Schüler bleiben regelmäßig dem Unterricht fern. Schulvermeidung bedeutet eine erhebliche Entwicklungsgefährdung der betroffenen Kinder und Jugendlichen, die mit einem hohen Chronifizierungsrisiko verbunden ist. Auch koexistierende psychische Störungen sind häufig, insbesondere Angst-, depressive und Sozialverhaltensstörungen. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen Merkmale des Patienten, der Eltern, der Schule und der Gesellschaft. Zur Behandlung von Schulvermeidung gelten kognitiv-behaviorale Interventionen als Methode der Wahl, die in der Regel zunächst ambulant eingesetzt werden können. Schwere Formen von Schulvermeidung oder ein Nichtansprechen auf eine zeitlich begrenzte ambulante Therapie können eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Bei ausgeprägten komorbiden Angst- und depressiven Störungen können zusätzlich selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt werden.
„Der Montagmorgen fand Tom Sawyer in trübseliger Stimmung. Das war eigentlich an jedem Montagmorgen der Fall, denn es begann eine neue Woche langen Leidens in der Schule. […] Plötzlich kam ihm die Idee: wenn er nun krank wäre, dann brauchte er doch nicht zur Schule. Er untersuchte sein Körpersystem. Nirgends ein Leiden zu finden, also prüfte er von Neuem. Diesmal glaubte er, Anzeichen für Leibschmerzen zu verspüren, und versuchte recht hoffnungsvoll, sie zu ermutigen. Doch sie verschwanden bald wieder. Plötzlich entdeckte er etwas. Einer seiner oberen Zähne wackelte bedenklich. So ein Glück! Er war schon drauf und dran zu stöhnen, sozusagen ‚zur Einleitung‘, da fiel ihm ein, wenn er mit diesem Beweis vor Gericht käme, würde ihm seine Tante den Zahn ziehen, und das tat weh! So beschloss er, den Zahn vorerst noch in Reserve zu behalten und weiterzusuchen …“
Mark Twain 1876

Definition und Klassifikation

Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht, regelmäßig die Schule zu besuchen. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede in Bezug auf das Ausmaß des Fernbleibens und auch auf die zugrunde liegenden Ursachen. Die Abwesenheitsdauer reicht von einzelnen Fehlstunden bis hin zu vielen Monaten oder gar Jahren. Somit stellt das Fernbleiben von der Schule ein Kontinuum dar. An dessen einem Ende steht eine sehr leichte Ausprägung mit nur vereinzelten Fehlstunden, die eher als Normvariante aufzufassen ist. Am anderen Ende findet sich eine stark ausgeprägte, chronische Schulvermeidung mit erheblichen Fehlzeiten, die mit deutlichen Funktionseinschränkungen und Entwicklungsgefährdungen einhergeht. Prinzipiell sollte Schulvermeidung zunächst einmal als ein ernst zu nehmendes Problem wahrgenommen werden, das weiter abgeklärt werden muss, wenn es einem Kind oder Jugendlichen nicht mehr gelingt, basale Entwicklungsaufgaben wie den Schulbesuch regelmäßig wahrzunehmen.
Trotz intensiver, jahrzehntelanger Forschung existiert bis heute keine einheitliche Konzeption des Fernbleibens von der Schule. Schulabsentes Verhalten wird zwar in den diagnostischen Klassifikationssystemen wie ICD-10 oder DSM-V thematisiert, stellt allerdings keine eigene Kategorie im Sinne einer eigenen psychischen Störung dar. In der Literatur existiert eine Vielzahl von Begrifflichkeiten und Definitionen, die in der Regel unverbunden nebeneinanderstehen. Begriffe wie „Schulangst“, „Schulmüdigkeit“, „Schulphobie“, „Schuleschwänzen“, „Schulverweigerung“ oder „Schulabsentismus“ versuchen, diese Problematik zu beschreiben. Diese unterschiedlichen, sich überlappenden Konzeptionen erschweren allerdings die Vergleichbarkeit und Integration von Studienergebnissen und auch die Entwicklung geeigneter Therapieansätze. Daher soll im Folgenden zunächst eine einheitliche Konzeption schulabwesenden Verhaltens vorgeschlagen werden (Walter und Döpfner 2020).
In der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachliteratur (z. B. Steinhausen 2016) wurde traditionell eine Dreiteilung vorgenommen: Während Patienten mit „Schulphobie“ der Schule primär wegen ihrer Trennungsangststörung fernbleiben, ist das „Schuleschwänzen“ häufiger mit einer Störung des Sozialverhaltens assoziiert – die Betroffenen bleiben dem Unterricht fern, weil sie die Schulzeit lieber mit etwas Angenehmerem verbringen, also beispielsweise Computer spielen. Der „schulängstliche“ Typus schließlich ist häufiger mit einer anderen Angststörung assoziiert – schulängstlichen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht, die Schule zu besuchen, da sie vielfältige Sorgen und Ängste in Bezug auf den Schulort oder auch den Schulweg im engeren Sinne haben, also beispielsweise Ausgrenzungen durch Mitschüler oder Lehrer befürchten. Diese traditionelle Dreiteilung ist auf der einen Seite hilfreich, denn sie integriert wesentliche Untergruppen. Auf der anderen Seite ist sie allerdings nicht in der Lage, alle Formen schulabwesenden Verhaltens zu berücksichtigen. Zudem schließen sich diese Dimensionen keinesfalls aus, im Gegenteil – phänomenologische Überschneidungen sind häufig, also beispielsweise eine Mischung aus ängstlichen und dissozialen Symptomen als Ursache der Schulabwesenheit (z. B. Egger et al. 2003).
Andere Autoren stellen „Schule schwänzen“ und „Schulverweigerung“ einander gegenüber (z. B. Goodman und Scott 2012; Hella und Bernstein 2012). Während Kinder und Jugendliche mit Schuleschwänzen der Schule ohne Wissen der Eltern fernbleiben und in der Zeit angenehmeren Tätigkeiten nachgehen (z. B. Computer spielen zu Hause, an Spielkonsolen in Elektrofachmärkten spielen), lassen sich Patienten mit Schulverweigerung durch folgende Merkmale identifizieren: (1) sie zeigen einen starken Widerstand oder eine völlige Verweigerung, die Schule zu besuchen; (2) die Schulzeit wird zu Hause verbracht, in der Regel mit Wissen der Eltern; (3) es findet sich ein deutlicher emotionaler Stress in Zusammenhang mit Schulbesuch; (4) das Kind oder der Jugendliche zeigt keine weiteren externalisierenden Symptome und (5) auf der Ebene der Eltern gibt es Versuche, den Schüler der Schule zuzuführen. Diese Konzeption erscheint sinnvoll, allerdings sind Überlappungen beider Gruppen häufig. So wurden in verschiedenen epidemiologischen Untersuchungen an Schülern mit Fehlzeiten in der Schule zwischen 5 und 10 % der untersuchten Kinder gefunden, die sowohl Merkmale von Schuleschwänzen als auch von Schulverweigerung aufwiesen (beispielsweise Egger et al. 2003). Offenbar ist diese Mischform in klinischen Stichproben noch höher – so fanden Walter et al. (2010a) bei 147 Patienten mit Schulvermeidung und psychischen Störungen, die stationär behandelt wurden, einen Anteil von 33,3 %, die beide Merkmale zugleich aufwiesen.
Neuere Arbeiten nehmen eine deskriptive Sicht ein – der Begriff „Schulabsentismus“ impliziert einzig, dass das Kind oder der Jugendliche der Schule fernbleibt, ohne Annahmen über zugrundeliegende Ursachen zu machen (beispielsweise Kearney und Ross 2014; Walter und Döpfner 2009a). Eine wesentliche Stärke dieses Konzepts liegt darin, dass damit alle Formen von Schulfernbleiben integriert werden können. Ein Nachteil ist auf der anderen Seite darin zu sehen, dass neben psychischen Ursachen auch rein körperlich bedingtes Schulfernbleiben ebenfalls eingeschlossen wird (z. B. aufgrund einer chronischen körperlichen Erkrankung) – hier wird der Schulbesuch meist durch Ärzte oder Lehrer limitiert und psychische Faktoren spielen in der Regel eine untergeordnete Rolle.
Aus diesem Grund erscheint uns der Begriff „Schulvermeidung“ am besten geeignet, denn er subsumiert, dass es letzten Endes eine Entscheidung des Kindes bzw. Jugendlichen ist, die Schule zu besuchen oder nicht (und nicht beispielsweise ausschließlich durch eine körperliche Erkrankung bedingt ist) (Walter und Döpfner 2020). Damit werden alle Formen von Schulabwesenheit eingeschlossen, bei denen psychische bzw. psychosoziale Ursachen eine Rolle spielen, während die Schulabwesenheit aufgrund von primär anderen Faktoren wie körperlichen Erkrankungen oder Vorgaben von Bezugspersonen (z. B. Ausschluss aus der Schule, Schulverbot durch Eltern, um sich um ein krankes Familienmitglied zu kümmern) ausgeschlossen wird.
Nicht alle Formen von Schulabwesenheit sind klinisch als problematisch aufzufassen. Geringe Fehlzeiten bei gutem allgemeinen Funktionsniveau sind in der Regel unproblematisch, gerade im Jugendalter. Allerdings besteht rechtlich gesehen Schulpflicht, d. h., Schulvermeidung hat auch immer einen rechtlichen Rahmen, den es zu beachten gilt (Übersicht). Kearney (2008a) schlägt auf der Basis von empirischen Befunden vor, von klinisch relevanter Schulvermeidung zu sprechen, wenn (1) innerhalb der letzten zwei Wochen mindestens 25 % oder in den letzten 15 Wochen mindestens 15 % der Unterrichtszeit ferngeblieben wurde und (2) der Schüler in diesem Zeitraum erhebliche Schwierigkeiten hatte, am Unterricht teilzunehmen und dies den Tagesablauf des Kindes/des Jugendlichen bzw. der Familie deutlich gestört hat.
Schulvermeidung impliziert das häufige Fernbleiben von der Schule aufgrund von psychischen Faktoren, das mit einer erheblichen Funktionsbeeinträchtigung und Entwicklungsgefährdung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen einhergeht.
Im Zusammenhang mit schulischen Fehlzeiten sollten folgende Kriterien geprüft werden, um eine klinisch relevante Schulvermeidung abzuklären (Übersicht):
  • Vorliegen von erheblichen schulischen Fehlzeiten, d. h. mindestens 25 % der Unterrichtszeit innerhalb der letzten 14 Tage (entspricht 2,5 ganzen Tagen) oder innerhalb der letzten 15 Wochen mindestens 15 % Fehlzeiten (entspricht etwa 11 ganzen Schultagen). Die Validierung sollte durch die Schule erfolgen, da die Validität von Angaben des Patienten bzw. seiner Eltern häufig deutlich eingeschränkt ist.
  • Erheblicher Widerstand in Zusammenhang mit Schulbesuch, d. h., es findet sich eine deutlich emotionale Symptomatik, beispielsweise starke Angst, Depressivität, Unmut, Verzweiflung, Wut oder Ablehnung.
  • Die schulischen Fehlzeiten führen zu einer deutlichen Funktionsbeeinträchtigung im Alltag, d. h., es werden beispielsweise wichtige schulische Inhalte verpasst, es kommt zu einem deutlichen schulischen Leistungsabfall, ausgeprägtem sozialen Rückzug oder auch zunehmenden psychischen Symptomen, wie depressiver Stimmung, aggressiv-dissozialem Verhalten oder Ängstlichkeit.
  • Die schulischen Fehlzeiten können nicht ausschließlich auf körperliche Erkrankungen zurückgeführt werden. Allerdings sind Somatisierungstendenzen wie Bauch- oder Kopfschmerzen vor bzw. an Schultagen häufig und müssen ärztlicherseits abgeklärt werden – allerdings ist nach Ausschluss organischer Ursachen eine wiederholte ärztliche Vorstellung nicht sinnvoll. Darüber hinaus sind die Fehlzeiten nicht direkte Folge externer Vorgaben (z. B. nach Klassenkonferenz Schulausschluss; Verbot von Eltern, die Schule zu besuchen).
Kriterien von Schulvermeidung
1.
Erhebliche Fehlzeiten: mindestens 25 % innerhalb der letzten 14 Tage bzw. mindestens 15 % innerhalb der letzten 15 Schulwochen.
 
2.
Starker Widerstand oder eine völlige Verweigerung, die Schule zu besuchen.
 
3.
Die Fehlzeiten führen zu einer deutlichen Funktionsbeeinträchtigung des Patienten bzw. der Familie.
 
4.
Die Schulvermeidung kann nicht auf körperliche Ursachen zurückgeführt werden und ist auch nicht alleinige Folge von Vorgaben von Bezugspersonen.
 
Schulpflicht in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Jedes Kind ist in Deutschland grundsätzlich schulpflichtig. Dies ist in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt, die dies hoheitlich festlegen. Je nach Bundesland liegt die Schulpflicht bei 9 oder 10 Schuljahren, d. h., Schüler in Deutschland sind dazu verpflichtet, 9 oder 10 Jahre eine Schule zu besuchen. Im Anschluss daran besteht in den meisten Bundesländern eine Berufsschulpflicht, die ebenfalls in der Hoheit der Bundesländer liegt. In der Regel endet diese mit Abschluss einer Berufsausbildung oder dem Ablauf des 12. Schulbesuchsjahres. Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer sind dazu verpflichtet, auf die Einhaltung der Schulpflicht zu achten. Kommt ein Schüler dieser nicht nach und gelingt es den Beteiligten nicht, den Schüler der Schule zuzuführen, können Schule oder Schulamt je nach Bundesland das Ordnungsamt ersuchen, den Schüler zwangsweise der Schule zuzuführen oder auch Bußgelder verhängen. In besonders schweren Fällen kann auch das Familiengericht eingeschaltet werden, um zu prüfen, inwieweit Eltern dazu in der Lage sind, ihrer elterlichen Sorge nachzukommen und ggf. das Sorgerecht teilweise (z. B. Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten, Gesundheitsfürsorge) einem Vormund zu übertragen.
Auch in Österreich besteht nach Schulpflichtgesetz eine Unterrichtspflicht von neun Schuljahren. Mit Beginn einer Ausbildung beginnt die Berufsschulpflicht, die bis zum Ende des Lehr-/Ausbildungsverhältnisses andauert.
In der Schweiz besteht eine Bildungs- bzw. Unterrichtspflicht von insgesamt 11 Jahren (Schulobligatorium), wovon die ersten Jahre in Form eines zweijährigen Kindergartens oder einer Eingangsstufe absolviert werden können.

Schulvermeidung und psychische Störungen

Psychische Störungen sind eng mit Schulvermeidung assoziiert, sie können sowohl Ursachen, aber auch Folgen von Schulvermeidung sein (Abschn. 4). Allerdings leiden nicht alle Kinder und Jugendlichen mit Fehlzeiten in der Schule unter einer voll ausgeprägten psychischen Störung, wobei die Prävalenz jedoch hoch ist und ein positiver Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Fehlzeiten und dem Vorliegen einer psychischen Störung belegt ist. In einer großen epidemiologischen Studie in den USA, der Great Smokey Mountains Study (Egger et al. 2003) wiesen – je nach untersuchter Subgruppe – zwischen 24,5 % und 88,2 % aller schulabsenten Schüler mindestens eine psychische Störung auf. Während bei den schulvermeidenden Kindern und Jugendlichen mit Angstsymptomen bzw. Dissozialität diese Prävalenzraten geringer waren (24,5 % bzw. 25,4 %), lagen sie bei denjenigen Schülern mit einer Mischung aus ängstlicher und dissozialer Symptomatik besonders hoch (88,2 %). Unter den psychischen Störungen dominierten verschiedene Angststörungen (v. a. Leistungs-, soziale und Trennungsängste), depressive Störungen und Störungen des Sozialverhaltens. Im Jugendalter fand sich zusätzlich Substanzmissbrauch. Demgegenüber lag die Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit regelmäßigem Schulbesuch gerade mal bei 6,8 % (Egger et al. 2003). Untersuchungen an klinischen Inanspruchnahmepopulationen von Patienten mit Schulvermeidung fanden Prävalenzraten für eine psychische Störung von 67 % (Kearney und Albano 2004) bzw. 55 %, die mindestens zwei psychische Störungen hatten (dieser Anteil war insbesondere in der Gruppe der stationär behandelten Schulvermeider hoch) (McShane et al. 2001). Auch in diesen klinischen Stichproben lag die Prävalenz von Angst- und depressiven Störungen sowie von Störungen des Sozialverhaltens besonders hoch.
Die Rate von psychischen Störungen ist bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung hoch. Je höher die schulischen Fehlzeiten sind, umso höher liegt die Prävalenz psychischer Störungen. Angst-, depressive und Störungen des Sozialverhaltens sind am häufigsten mit Schulvermeidung assoziiert.
Im Folgenden werden die häufigsten psychischen Störungen bei Patienten mit Schulvermeidung aufgeführt, die klinisch geprüft werden sollten (Abb. 1). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass auch mehrere psychische Störungen vorliegen können und dass die genannten psychischen Störungen sowohl Ursache als auch Folge von Schulvermeidung sein können. Häufig entwickelt sich ein Teufelskreis, in dem sich Schulvermeidung und psychische Störung gegenseitig verstärken aus (Walter und Döpfner 2020).
  • Soziale Angststörung: Bei diesen Patienten wird der Schulbesuch vermieden, da die Betroffenen Angst davor haben, im Zentrum der Aufmerksamkeit anderer Mitmenschen zu stehen – Patienten mit sozialer Phobie meiden im schulischen Kontext häufig Situationen mit sozialem Bezug. Dies kann den Schulweg (z. B. Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln), den Schulhof (z. B. vor der Schule, Pausen), aber auch den Unterricht selbst betreffen. Diese Ängste vor negativer sozialer Bewertung können dazu führen, dass die Patienten sich beispielsweise im Unterricht überhaupt nicht mehr mündlich beteiligen, obwohl sie fachlich dazu in der Lage wären.
  • Leistungsangst (entweder als spezifische Phobie oder als eine Komponente einer sozialen Angststörung): Diesen Kindern und Jugendlichen fällt es schwer, die Schule zu besuchen, da sie Angst haben zu versagen, beispielsweise Antworten nicht zu wissen oder falsch zu antworten. Bei diesen Kindern und Jugendlichen spielen soziale Ängste keine Rolle. Im schulischen Kontext können diese Leistungsängste gerade in Bezug auf schriftliche Leistungsüberprüfungen besonders stark sein, mitunter betreffen sie aber auch mündliche Leistungen. Überschneidungen mit sozialen Ängsten sind häufig.
  • Trennungsangst: Diese Kinder (und seltener Jugendliche) schaffen es nicht, die Schule zu besuchen, da sie die Sorge haben, von wichtigen Bezugspersonen (in der Regel die Eltern) getrennt zu werden und diesen bzw. ihnen selbst könne etwas Schlimmes zustoßen. Für diese Patienten stellen also Trennungssituationen von den Eltern ein besonderes Problem dar. Dies bedeutet für den schulischen Bereich, dass sich häufig erhebliche Schwierigkeiten finden beim morgendlichen Verlassen der eigenen Wohnung/des eigenen Hauses, oder, falls die Kinder von den Eltern zur Schule begleitet werden, in der Verabschiedungssituation an der Schule selbst. Ein nicht unbedeutender Anteil der betroffenen Eltern zeigt ängstlich-protektives Erziehungsverhalten. Gar nicht so selten wurden Todesfälle oder einschneidende Erkrankungen und andere Verluste in der Familie erlebt.
  • Generalisierte Angststörung: Es dominieren übermäßige Ängste und Sorgen vor vielfältigen Ereignissen, die die Schüler davon abhalten, in die Schule zu gehen, die Ängste beziehen sich also nicht auf bestimmte Situationen oder Objekte, sondern sind frei flottierend. Viele dieser Patienten äußern das Bedürfnis nach fortwährender Beruhigung durch die Eltern, zudem sind Somatisierungstendenzen (insbesondere an Schultagen) in dieser Gruppe von Angstpatienten besonders häufig.
  • Agoraphobie: Die Betroffenen vermeiden unterschiedliche Situationen (z. B. öffentliche Verkehrsmittel, offene Plätze, Menschenansammlungen, einschließlich Klassenzimmer), weil eine Flucht schwierig sein könnte oder weil bei panikartigen oder peinlichen Symptomen Hilfe nicht erreichbar sein könnte.
  • Depression: Diesen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht, die Schule zu besuchen, da sie unter allgemeiner Antriebslosigkeit, Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit leiden. Nicht selten finden sich zirkadiane Schwankungen der Symptomatik, Morgentiefs kommen häufig vor, die den Schulbesuch erschweren können. Gerade bei mittelgradig und schweren depressiven Episoden kommt es gehäuft zu Fehlzeiten in der Schule. Viele der Beteiligten haben erhebliche Schwierigkeiten, noch einen normalen Schlaf-Wach-Rhythmus aufrechtzuerhalten und am Morgen aufzustehen, nicht selten wird tagsüber über mehrere Stunden geschlafen. Häufig findet sich ein ausgeprägter sozialer Rückzug.
  • Störung des Sozialverhaltens: Schule schwänzen stellt eins der Diagnosekriterien der Störung des Sozialverhaltens dar. Diese Patienten vermeiden den Schulbesuch, weil die Schule sehr unlustbesetzt ist und sie lieber attraktivere Orte während der Schulzeit aufzusuchen, sich beispielsweise mit anderen Gleichaltrigen treffen oder an Spielkonsolen in Kaufhäusern spielen. Gerade im Jugendalter sind weitere dissoziale Symptome häufig.
  • Stoffgebundener und -ungebundener Missbrauch und Abhängigkeit: Gerade im Jugendalter kann Schulvermeidung assoziiert sein mit schädlichem Gebrauch oder Abhängigkeit von psychotropen Substanzen. Dies betrifft unter den illegalen Substanzen vor allem Cannabinoide, unter den legalen Substanzen v. a. Störungen durch Alkohol. Durch den fortgesetzten, übermäßigen Substanzkonsum, teilweise schon vor oder während der Schulzeit, gelingt es den Patienten immer weniger, die Schule zu besuchen. Ein zunehmendes Problem, das auch häufig mit Schulvermeidung assoziiert ist, stellt der Missbrauch oder die Abhängigkeit von digitalen Medien dar. Dies betrifft den übermäßigen Konsum aller Arten von digitalen Medien (z. B. soziale Medien wie Facebook oder Online-Multiplayerspiele, Videos im Internet). Die Betroffenen verbringen viele Stunden täglich, teilweise bis tief in die Nacht mit dem Konsum digitaler Medien, wodurch sich der gesamte Schlaf-Wach-Rhythmus verschieben kann und es zu Fehlzeiten in der Schule kommt.
  • Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung: Bei diesen Patienten tragen ausgeprägte Aufmerksamkeitsprobleme, motorische Unruhe und Störungen der Impulskontrolle dazu bei, dass es ihnen schwerfällt, schulischen Anforderungen gerecht zu werden. Gerade die Aufmerksamkeitsstörung hat eine hohe Persistenz häufig bis ins Erwachsenenalter und ist mit schulischem Misserfolg assoziiert. Die Patienten haben in der Regel schon über einen langen Zeitraum erhebliche Leistungsprobleme in Form von schlechten Schulleistungen, die schließlich schulvermeidendes Verhalten begünstigen.
  • Anpassungsstörung: In diesen Fällen wird der Schulbesuch vermieden aufgrund von veränderten Lebensbedingungen (beispielsweise Trennung der Eltern, Streit mit bestem Freund, Mobbing). Die betroffenen Kinder und Jugendlichen sind durch dieses für sie subjektiv bedeutsame, belastende Lebensereignis nachhaltig beeinträchtigt. Dabei können depressive, ängstliche, aber auch expansive Folgesymptome allein oder in Kombination auftreten.
  • Posttraumatische Belastungsstörung: Aufgrund traumatischer Erfahrungen treten Symptome des Wiedererlebens, der Vermeidung von Reizen, die mit dem traumatischen Ereignis verbunden sind, negative Veränderungen von Kognitionen oder der Stimmung und Veränderungen des Erregungsniveaus auf, die einen regelmäßigen Schulbesuch nicht möglich machen können.

Epidemiologie

Schulvermeidung ist ein häufiges Phänomen. Es liegen internationale und auch deutsche Studien zu schulischen Fehlzeiten vor, die eine Schätzung erlauben. Repräsentative Zahlen finden sich allerdings kaum, zudem müssen einige methodische Unterschiede bei der Interpretation der Zahlen bedacht werden, beispielsweise die unterschiedliche Operationalisierung der Fehlzeiten (Ausmaß und untersuchter Zeitraum), die untersuchte Population, die eingesetzte Erhebungsmethode oder auch die Informationsquelle (Lehrer vs. Eltern-/Selbsturteil).
Kearney (2008a) analysierte Daten von Viert- und Achtklässlern des „National Center for Education Statistics“. Demnach waren im Jahre 2005 7 % der Schüler innerhalb der letzten vier Wochen mindestens 7 Tage der Schule ferngeblieben – dem Autor zufolge sind in den USA diese Häufigkeiten seit 1994 stabil. In der „Great Smokey Mountains Study“ waren 8,2 % der Schüler während der letzten drei Monate mindestens einen Tag der Schule ferngeblieben (Egger et al. 2003). Nach Havik und Mitarbeitern (2015) berichten rund 4 % der Schüler der 6.–10. Klasse in Norwegen von Schulvermeidung innerhalb der letzten drei Monate.
Eine Untersuchung an deutschen Schülern zeigt, dass im Jahr 2002 rund eine halbe Million Schüler regelmäßig dem Unterricht fernblieben – dies entspricht einem Anteil von etwa 5 % (Buhse und Fileccia 2003). Baier und MItarbeiter (2009) untersuchten eine repräsentative Stichprobe von 60.000 Neuntklässlern in Deutschland. Mehr als 40 % waren im letzten Schulhalbjahr maximal 4 Tage der Schule ferngeblieben, 13 % der Jungen und gut 11 % der Mädchen hatten Fehlzeiten von 5 Tagen und mehr. Während Schüler an Gesamtschulen am häufigsten sporadisch der Schule fernblieben, fanden sich ausgeprägte Schulabwesenheitszeiten am häufigsten an Haupt- und Förderschulen. Wagner und Mitarbeiter (2004) untersuchten 1800 Kölner Schüler zwischen 12 und 18 Jahren und konnten wie andere Forscher auch diesen Schultyptrend bestätigen. Zudem fanden sie einen deutlichen Anstieg an Fehlzeiten mit zunehmendem Lebensalter. Lenzen und Kollegen (2013) befragten per Fragebogen fast 2700 Schüler in Deutschland im Alter zwischen 11 und 19 Jahren. 4,1 % der Schüler berichteten, im vergangenen Schuljahr an mehr als vier Tagen pro Monat unentschuldigt der Schule ferngeblieben zu sein.
Tendenziell lassen diese Zahlen und auch Ergebnisse aus anderen Studien, die an dieser Stelle nicht dargestellt werden, den Schluss zu, dass sowohl in Deutschland als auch international zwischen 5 und 10 % der Schüler regelmäßig dem Unterricht fernbleiben. Wie hoch der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Schulvermeidung ist, kann aus diesen Zahlen jedoch nicht abgeleitet werden, allerdings ist davon auszugehen, dass in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit unregelmäßigem Schulbesuch ein nicht unerheblicher Anteil von Schülern mit Fehlzeiten aufgrund von körperlichen Erkrankungen zu finden ist (Kearney 2008b; Walter und Döpfner 2020).
Schulvermeidung ist ein häufiges Phänomen. Etwa 5 bis 10 % der Schüler in Deutschland bleiben regelmäßig dem Unterricht fern, bei vielen der Betroffenen spielen psychische oder psychosoziale Faktoren eine erhebliche Rolle.

Ätiopathogenese

Schulvermeidung hat sehr vielfältige Ursachen, die sich gegenseitig beeinflussen können. In der gängigen Forschungsliteratur finden sich etliche Studien, die sich mit der Genese von Schulvermeidung beschäftigen. Leider stehen diese Befunde unverbunden nebeneinander und bis heute existiert keine einheitliche Theorie zur Ätiopathogenese von Schulvermeidung. Die vorliegenden Befunde wurden zudem mehrheitlich querschnittlich erhoben und stellen daher nur korrelative Zusammenhänge dar. Somit kann aus diesen Ergebnissen letztendlich nicht abgeleitet werden, ob die untersuchten Faktoren Ursachen oder Folgen von Schulvermeidung darstellen.
Frühere Befunde untersuchen in erster Linie amerikanische, englische, kanadische und auch australische Kohorten, neuere Arbeiten stammen auch aus dem europäischen Raum. Mehrheitlich stützen diese Arbeiten die Ergebnisse früherer Studien und sprechen somit für eine gewisse Stabilität in Bezug auf Ursachen über Ländergrenzen hinweg.
Walter und Döpfner (2020) präsentieren in Anlehnung an Carr (1999) und Ihle und Mitarbeiter (2003) ein Modell zur Erklärung von Schulvermeidung, das einen heuristischen Rahmen bietet, um wesentliche Befunde zu integrieren (Abb. 2). Die Autoren unterscheiden vier Gruppen von Variablen, die im Folgenden aufgeführt und deren empirische Befunde zusammenfassend dargestellt werden. Weitere Übersichten finden sich beispielsweise bei Kearney (2008b), Lenzen und MItarbeitern (2016) sowie Walter und Döpfner (2009a).
  • Merkmale des Patienten: Neben Patienten mit voll ausgeprägten psychischen Störungen (Abschn. 2) weist die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit Schulvermeidung eine Reihe subklinischer psychischer Auffälligkeiten auf, welche die Wahrscheinlichkeit von Fehlzeiten erhöhen (Egger et al. 2003; Kearney und Albano 2004; McShane et al. 2001). Symptome wie Selbstwertprobleme, Anstrengungsvermeidung, starke Misserfolgsorientierung, Somatisierungstendenzen, Versagensängste, aber auch Affektlabilität, geringe Frustrationstoleranz oder Kränkbarkeit kommen häufig vor. Zudem finden sich gehäuft Beziehungsprobleme und Konflikte sowie Mobbing unter Gleichaltrigen (Egger et al. 2003). Dabei sind schulvermeidende Kinder und Jugendliche häufiger schlechter sozial integriert und weisen geringere soziale Fertigkeiten auf. Ein wesentlicher Bereich betrifft Schulleistungsprobleme und -störungen. Schüler mit Schulvermeidung zeigen eine erhöhte Rate von Störungen schulischer Fertigkeiten (z. B. Lese-/Rechtschreibstörung), aber auch von Störungen im Arbeits- und Leistungsverhalten (z. B. McCluskey et al. 2004). So gelingt es den Betroffenen häufig nicht, schulbezogene Tätigkeiten angemessen zu organisieren, sich beispielsweise einen Arbeitsplatz einzurichten, Hausaufgaben regelmäßig und vollständig zu erledigen oder sich rechtzeitig, hinreichend und effektiv auf Klassenarbeiten und Tests vorzubereiten. Auch eine intellektuelle Überforderung, d. h. eine Fehlbeschulung auf einer Schule, die das Kind intellektuell überfordert, kommt häufig vor. So spielte in einer Untersuchung von Walter et al. (2010a), die eine Inanspruchnahmepopulation von n = 147 stationär behandelten Jugendlichen mit Schulvermeidung untersuchten, in jedem dritten Fall eine intellektuelle Überforderung eine wesentliche Rolle in der Genese schulvermeidenden Verhaltens.
  • Merkmale der Familie: Insgesamt zeigen die Ergebnisse auf, dass schulvermeidende Kinder und Jugendliche gehäuft aus belasteten Familien stammen, wobei diese Belastungen sehr unterschiedlich und vielfältig sind (Berg et al. 1993; Martin et al. 1999; McShane et al. 2001). Etliche Befunde verweisen auf eine erhöhte Rate von psychischen Störungen bei den Eltern. Besonders häufig waren verschiedene Formen von Angsterkrankungen, aber auch depressive Störungen. Auch eine erhöhte Rate von elterlichen körperlichen Erkrankungen wurde mehrfach repliziert. Viele der untersuchten Kinder und Jugendlichen mit Schulvermeidung stammten zudem aus Familien, deren Eltern selbst früher die Schule ohne Schulabschluss abgebrochen hatten und entstammen daher aus Familien mit geringerem Bildungsniveau (z. B. Heyne 2006). Auch familiäre Armut war signifikant häufiger mit Schulvermeidung assoziiert. Änderungen innerhalb des Familiensystems (beispielsweise Trennung der Eltern, Erkrankungen) wurden gehäuft gefunden, zudem war die Rate von alleinerziehenden Eltern höher (z. B. Suveg et al. 2005). Verschiedene Forschergruppen untersuchen die Rolle von Erziehungsverhalten und fanden gehäuft ungünstige Erziehungsstrategien, meist überprotektives, aber auch inkonsistentes, nachgiebiges und auf Entlastung ausgerichtetes oder gar vernachlässigendes Erziehungsverhalten (z. B. Heyne 2006; Thambirajah et al. 2007). Eltern von schulvermeidenden Kindern und Jugendlichen kümmerten sich weniger um schulische Angelegenheiten ihrer Kinder und hatten weniger elterliche Kontrolle im Vergleich zu regelmäßigen Schulbesuchern. Dabei fanden sich insgesamt mehr belastete und auch distanzierte Beziehungen und mehr intrafamiliäre Streitigkeiten. Ein wichtiger Befund betrifft ungünstige Verstärkerprozesse, die mit schulvermeidendem Verhalten assoziiert waren (z. B. Kearney und Albano 2004). So wurde schulvermeidendes Verhalten häufiger mit elterlicher Entlastung und Zuwendung belohnt (beispielsweise elterlichem Verständnis, Abwertung schulischer Bedingungen, während der Schulzeit Medienkonsum, trotz Fehlzeiten gewohnten Freizeitaktivitäten nachgehen), während Bewältigungsverhalten, also regulärer Schulbesuch nicht oder nur unzureichend belohnt wurde. Insgesamt verweisen die aufgeführten Befunde auf eine erhöhte Rate elterlicher Überforderung.
  • Merkmale der Schule: Verschiedene Studien zeigen, dass schulische Bedingungen schulvermeidendes Verhalten begünstigen, auslösen oder auch verstärken können (beispielsweise Brookmeyer et al. 2006; Glew et al. 2005; Green et al. 2012; Lee und Burkham 2003). Ein erster Befund betrifft die Schul- und Klassengröße: In größeren Schulen und auch größeren Schulklassen war die Rate von Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung höher als in kleineren Schulen und Schulklassen. Auch das jeweilige Schulklima hatte einen wesentlichen Einfluss auf schulische Fehlzeiten – so war die Schulanwesenheit höher, wenn die betreffenden Schüler sich innerhalb der Schulgemeinschaft sicher, akzeptiert, wertgeschätzt und respektiert fühlten. Ein negatives Klassen- oder Schulklima sowie eine erhöhte Rate an Mobbing erhöhte schulische Fehlzeiten gerade bei den Mobbingopfern erheblich. Auf Lehrerebene konnte ein Zusammenhang zwischen der Qualität des Unterrichts und schulischen Fehlzeiten aufgezeigt werden. Ein als langweilig empfundener Unterricht sowie ein einseitiger, wenig variationsreicher Unterrichts- und Lehrstil, aber auch viel Unterrichtsausfall korrelierte signifikant mit schulvermeidendem Verhalten. Auch belastete Lehrer-Schüler-Beziehungen standen in Zusammenhang mit höheren Fehlzeiten. Schließlich erhöhten auch Klassen-/oder Schulwechsel das Risiko für Schulvermeidung, aber auch nach Wochenenden oder Schulferien sowie nach körperlichen Erkrankungen war das Risiko für schulische Fehlzeiten erhöht.
  • Merkmale der Gesellschaft: Auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden. Die in westlichen Gesellschaften stark ausgeprägte Leistungsorientierung mit daraus resultierendem hohen Leistungsdruck stellt für viele Kinder und Jugendliche, aber auch deren Eltern eine hohe Herausforderung dar. Ein beträchtlicher Anteil der Schüler versucht, sich diesem Druck zu entziehen. Ein verstärkender Faktor stellt der Umstand dar, dass viele schulvermeidende Kinder und Jugendliche und ihre Familien gar keine oder nicht die geeignete Unterstützung erhalten. Auch konnte wiederholt gezeigt werden, dass Schulvermeidung mit einer unzureichenden Abstimmung und Kommunikation zwischen Schule, Schülern und Elternhaus assoziiert war. So fand je nach Studie in 51–75 % der Fälle überhaupt kein Austausch über schulische Fehlzeiten statt (Davies und Lee 2006; Guare und Cooper 2003).

Verlauf und Prognose

Obwohl Schulvermeidung im engeren Sinne ja erst ab dem Schulalter vorliegen kann, so finden sich bei vielen Kindern und Jugendlichen bereits vor dem Schuleintritt Hinweise, welche die Wahrscheinlichkeit schulvermeidenden Verhaltens erhöhen können. Zu den kindlichen Risikofaktoren vor Schuleinritt zählen in erster Linie frühe psychische Auffälligkeiten (v. a. Trennungs- und soziale Ängste, starke Selbstunsicherheit, hohes Dominanzstreben), aber auch ausgeprägte Entwicklungsverzögerungen oder Anfälligkeiten für körperliche Erkrankungen mit frühen Somatisierungstendenzen. Auf familiärer Ebene können insbesondere elterliche körperliche oder psychische Erkrankungen sowie ein insgesamt belastetes familiäres Familiensystem das Risiko für spätere Schulvermeidung erhöhen.
Viele Kinder und Jugendliche mit Schulvermeidung nehmen unbehandelt einen ungünstigen Verlauf (Heyne und Sauter 2013; Kearney 2008b). Hierzu gibt es jahrzehntelange Forschung und Längsschnittstudien, die die Betroffenen mehrfach nachuntersuchen (z. B. Berg et al. 1976; Berg und Jackson 1985; Buitelaar et al. 1994). Allerdings darf bei der Interpretation der Ergebnisse nicht außer Acht gelassen werden, dass viele der Studien bereits älter sind und die Mehrheit der Untersuchungen an amerikanischen Kohorten durchgeführt wurden. Daher stellt sich die Frage der Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den deutschsprachigen Raum. Die Befunde können wir folgt zusammengefasst werden: Auf familiärer Ebene führt Schulvermeidung zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auslösen oder Verstärken bereits vorhandener intrafamiliärer Konflikte, die vielfach um das Thema Schulbesuch kreisen (z. B. Bernstein und Borchardt 1996). Nicht selten stellt gerade die Morgensituation eine erhebliche Herausforderung dar, Konflikte zwischen Kind/Jugendlichem und Eltern um den Schulbesuch sind die Regel, bis viele Eltern irgendwann resignieren und aufgeben. Auch auf der Ebene der Lehrer führt Schulvermeidung zu einem erhöhten Stresserleben (McAnanly 1986). Auf der Ebene der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind die Folgen vielfältig. Logischerweise führen lange Fehlzeiten zu erheblichen Einbußen im Lern- und Arbeitsverhalten, und es konnte vielfach gezeigt werden, dass Schulvermeidung zu einer erheblichen Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für Schulabbrüche führt (z. B. Alexander et al. 2001; Byrnes und Reyna 2012). Zudem ist auch die Wahrscheinlichkeit für (weitere) psychische Störungen im Jugend- und Erwachsenenalter erhöht (v. a. Delinquenz, Dissozialität, Drogenabusus, aber auch Angst- und depressive Störungen) (z. B. Buitelaar et al. 1994; McCune und Hynes 2005). Insgesamt steigert Schulvermeidung die Wahrscheinlichkeit für ein schlechtes psychosoziales Funktionsniveau sowie eine schlechtere soziale Eingliederung bis ins Erwachsenenalter. Im Erwachsenenalter schließlich fanden sich höhere Raten von Arbeitslosigkeit, von sozialen und Partnerschaftsschwierigkeiten, ein geringeres Bildungsniveau, weniger Einkünfte und damit einhergehend eine höhere Rate von Sozialleistungen (z. B. Fremont 2003; Kogan et al. 2005; Richtman 2007).
Insgesamt konnte somit gezeigt werden, dass Schulvermeidung ein deutliches Entwicklungsrisiko darstellt, die Wahrscheinlichkeit für Spontanremissionen gering ist und die Prognose unbehandelt ungünstig ist.
Schulvermeidung nimmt unbehandelt häufig einen chronischen und ungünstigen Verlauf. Die negativen Konsequenzen sind vielfältig und reichen bis ins Erwachsenenalter.
Verschiedene Forschergruppen haben sich mit der Frage beschäftigt, ob und ggf. welche Faktoren für die Prognose von Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung relevant sind. Die dazu vorliegenden Studien wurden mehrheitlich an kleineren Fallzahlen durchgeführt, daher müssen diese Ergebnisse zurückhaltend interpretiert werden (zusammenfassend z. B. Heyne et al. 2015). Insgesamt zeigen die Ergebnisse und auch klinische Erfahrungen, dass die Prognose bei Kindern/Jugendlichen mit Schulvermeidung umso ungünstiger ist,
  • je länger und stärker die Symptomatik besteht (z. B. kein Schulbesuch seit einem halben Jahr);
  • je mehr komorbide psychische Symptomatik vorhanden ist, insbesondere je stärker Trennungsprobleme und Ängste auch bei wichtigen Bezugspersonen (z. B. der Mutter) sind;
  • je sozial isolierter das Kind/der Jugendliche ist;
  • je stärker das Umfeld eher auf Entlastung orientiert ist und
  • je dominanter der Patient in der Familie ist.
Die Prognose bei Patienten mit Schulvermeidung ist umso ungünstiger, je ausgeprägter die schulischen Fehlzeiten, je mehr psychische Auffälligkeiten, je stärker die soziale Isolation, je stärker das Umfeld auf Entlastung ausgerichtet und je dominanter der Patient in der Familie ist.

Diagnostik

Bei Patienten mit Schulvermeidung ist eine umfassende Diagnostik essenziell. Das diagnostische Vorgehen wird ausführlich im Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie im Kapitel zu Schulvermeidung dargestellt (Walter und Döpfner 2020). Zudem finden sich auch bei Reissner und Mitarbeitern (2015a) weitere Hilfen. Im Zentrum steht die ausführliche Exploration des Patienten sowie seiner Eltern und eines Lehrers. Zudem sollte der Patient umfassend somatisch untersucht werden, um häufig vorhandene Somatisierungstendenzen abzuklären. Darüber hinaus sollten standardisierte Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente eingesetzt werden, auch eine ausführliche Leistungs- und Teilleistungsdiagnostik ist unumgänglich. In der Übersicht sind die Bereiche, die mit den Beteiligten exploriert werden sollten, aufgelistet.
Übersicht über abzuklärende Bereiche im Zuge der Diagnostik
  • Exploration der aktuellen Schulvermeidungssymptomatik
  • Erfassung der psychischen Symptomatik
  • Exploration von Stärken und Kompetenzen der Beteiligten
  • Exploration der Schulanamnese und der aktuellen schulischen Leistungen
  • Exploration der Entwicklungsgeschichte der Schulvermeidung
  • Exploration des familiären und sozialen Hintergrunds
  • Exploration der Einstellungen zur Therapie
Der Explorationsprozess sollte je nach Thema und auch spezifischen Merkmalen der Familie (beispielsweise Familienkohäsion, Art der intrafamiliären Beziehungen, Ausmaß von Konflikten) mit den Beteiligten sowohl getrennt als auch gemeinsam erfolgen. Die Exploration mündet in eine psychopathologische Beurteilung, in die auch die Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation einfließt. Bei Bedarf können auch Verhaltensbeoachtungen in natürlichen Situationen durchgeführt werden (z. B. Bewältigung von Bahnfahrten, offene Plätze, Kontaktaufnahme zu Gleichaltrigen). In der Regel sollte die Exploration mit Eltern und Patient gemeinsam begonnen werden. Neben Vorstellungsanlass und bisherigen Bewältigungsversuchen, subjektiven Störungskonzepten und Interventionserwartungen sollten auch Stärken des Kindes/Jugendlichen, aber auch seiner Eltern und der Familie herausgearbeitet werden. Ziel zu Beginn dieses diagnostischen Prozesses ist es, sich einen ersten Überblick über die Symptomatik und den Grad der Beeinträchtigung zu verschaffen. Zum anderen sollte darauf geachtet werden, eine tragfähige Beziehung zu allen Beteiligten aufzubauen und für einen konstruktiven Austausch zu sorgen. Schließlich lassen sich in einem solchen gemeinsamen Gespräch wertvolle Hinweise über die Qualität der Beziehung der Beteiligten untereinander gewinnen.
Bei Patienten mit Schulvermeidung ist auch die Exploration eines Lehrers sehr wichtig. Hierbei sollte ein Lehrer ausgewählt werden, der den Schüler möglichst lange kennt und für eine Kooperation zur Verfügung steht. Die Exploration des Lehrers kann fernmündlich, aber auch persönlich erfolgen. Gerade im Grundschulalter kann auch ein Schulbesuch hilfreich sein.
Die Exploration der Schulvermeidungssymptomatik ist häufig schambesetzt, daher neigen viele Patienten dazu, das Ausmaß zu bagatellisieren. Eltern auf der anderen Seite sind nicht immer vollumfänglich über die Fehlzeiten informiert. Daher ist es wichtig, Informationen zu schulischen Fehlzeiten auch direkt über die Schule einzuholen (s. u.). Es ist sehr sinnvoll, von Anfang an mit der Schule einen regelmäßigen Austausch zu aktuellen Fehlzeiten zu vereinbaren.
In Bezug auf die Schulvermeidung ist es essenziell, das genaue Ausmaß der Symptomatik abzuklären, etwa wie viele Tage der Patient der Schule in der letzten Zeit ferngeblieben ist oder ob sich die Fehlzeiten auch auf einzelne Schulstunden beziehen. Zudem sollte in Erfahrung gebracht werden, ob es ein bestimmtes Fehlzeitenmuster gibt, beispielsweise bestimmte Tage, bestimmte Fächer, vor Klassenarbeiten usw. Darüber hinaus sollte man sich zum einen einen genauen Überblick über den aktuellen Leistungsstand in der Schule verschaffen, zum anderen aber auch soziale Beziehungen in der Schule explorieren. Die Exploration sozialer Beziehungen umfasst sowohl die soziale Einbindung des Patienten in den Klassen- oder Stufenverband, als auch die Beziehung zu den Lehrern. Ferner sollte die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Lehrer exploriert werden. Da zunehmend mehr Kinder die Ganztagsbetreuung besuchen, ist es sinnvoll, auch die dortigen Betreuer mit einzubeziehen und durch deren Exploration zusätzliche Hinweise zu Leistungs- und Sozialverhalten zu erhalten.
Im Zuge des diagnostischen Prozesses sollte man sich einen umfassenden Überblick über die Morgensituation an Schultagen verschaffen. So ist es hilfreich, in Erfahrung zu bringen, ob der Patient sich überhaupt noch vornimmt, die Schule zu besuchen, ob es ihm gelingt, rechtzeitig aufzustehen und zur Schule aufzubrechen. Auch das Verhalten der Bezugspersonen sollte genau exploriert werden. Häufig ist es sinnvoll, mit dem Patienten mögliche Erwartungsängste herauszuarbeiten, etwa welche konkrete Situation im schulischen Kontext dem Patienten am schwersten fällt (z. B. das Aufstehen, das Verlassen der Wohnung oder das Betreten des Schulgebäudes) und was in dieser Situation schlimmstenfalls passieren könnte (z. B. den Eltern könnte etwas Schlimmes zustoßen, Mitschüler könnten über einen reden). Ein weiteres wichtiges Thema betrifft alternative Tätigkeiten des Patienten während der Schulzeit. So verbringen viele Kinder und Jugendliche die Schulzeit mit attraktiven Tätigkeiten, beispielsweise Hörspiele hören, Computerspiele spielen, schlafen oder auch Videos schauen. Derartige Bedingungen tragen zur Aufrechterhaltung der Schulvermeidung bei.
Darüber hinaus sollte exploriert werden, ob der Patient nach der Schule seinen normalen Freizeitaktivitäten nachgeht und sozial gut eingebunden ist. Da viele der Betroffenen sich vor Mitschülern schämen, wird aus Angst vor einem möglichen Zusammentreffen der Schulbesuch zunehmend vermieden und auch außerschulische Sozialkontakte werden zunehmend eingeschränkt.
Auch bisherige eigene Bewältigungsversuche oder professionelle Hilfe sollte genau exploriert werden. Mitunter werden zwischen Schule und Familie besondere Vereinbarungen getroffen, etwa Einzel- oder Hausbeschulung oder Nacharbeiten des Schulstoffes zu Hause. Solche Maßnahmen sind häufig gut gemeint, tragen allerdings in der Regel zur Chronifizierung und Ausweitung der Schulvermeidung bei, gerade wenn sie über einen längeren Zeitraum laufen. Auch etwaige Krankschreibungen durch ärztliche oder psychotherapeutische Kollegen sollten abgeklärt werden. Wenn Patienten über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben werden, kann es sinnvoll sein, Kontakt zum krankschreibenden Kollegen aufzunehmen, da auch solche Maßnahmen ebenfalls die Symptomatik verstärken können. Schließlich sollte geklärt werden, ob seitens der Schule bereits juristische Schritte eingeleitet worden sind.
Die Erfassung der begleitenden psychischen Symptomatik stellt einen weiteren wichtigen Bereich innerhalb der Diagnostik dar. Hierbei sollten v. a. die häufigsten begleitenden psychischen Störungen abgeklärt werden (Abb. 1). Prinzipiell sollte eine breit angelegte Diagnostik psychischer Störungen im Rahmen einer multimodalen Verhaltens- und Psychodiagnostik erfolgen (vgl. Döpfner und Petermann 2012; Walter und Döpfner 2020), bei der neben der Exploration der Beteiligten auch standardisierte Fragebögen, eine Verhaltensbeobachtung und eine psychopathologische Beurteilung zum Einsatz kommen. Eine Übersicht über mögliche Explorationshilfen und standardisierte Fragebögen zeigt Tab. 1. Neben der Exploration sollten nach Möglichkeit auch standardisierte Fragebögen im Eltern- und Lehrerurteil und je nach Verfahren ab etwa 8 Jahren auch im Selbsturteil eingesetzt werden. Neben einer normorientierten Auswertung haben diese Verfahren den Vorteil, dass auch möglicherweise schambesetzte Themen in Fragebögen leichter erfasst werden können als in der persönlichen Exploration. Im Allgemeinen empfiehlt sich der Einsatz von Breitbandverfahren, die eine große Spanne möglicher psychischer Auffälligkeiten erfassen. Hierdurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit vermindern, bestimmte Störungsbereiche zu übersehen. Zusätzliche störungsspezifische Instrumente, die je nach Verdachtsdiagnosen ausgewählt werden können (Döpfner und Petermann 2012), erlauben eine umfassendere Fokussierung spezifischer psychischer Auffälligkeiten. Zur abschließenden klinischen Prüfung von Diagnosekriterien können störungsspezifische Fragebogen und Diagnose-Checklisten aus dem Diagnostiksystem psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen (DISYPS-III; Döpfner und Görtz-Dorten 2017) eingesetzt werden, die in zeitökonomischer Weise die Prüfung kategorialer Diagnosen sowie dimensionale Einschätzungen erlauben. Alternativ können umfassende klinische Interviews eingesetzt werden, beispielsweise die Interviewleitfäden aus dem DISYPS-III (ILF-Screen; Görtz-Dorten und Döpfner 2019). Zusätzlich können auch familiendiagnostische Verfahren, beispielsweise der Family Relations Test (FRT-KJ; Schürmann und Döpfner 2018) oder die Familienbögen (Cierpka und Frevert 1994) wertvolle diagnostische Hinweise liefern.
Tab. 1
Überblick über Instrumente zur Diagnostik von Schulvermeidung und koexistierenden psychischen Auffälligkeiten
Bereich
Materialien
Autoren
Klinische Exploration
Exploration
Explorationsschema für Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen (EPSKI)
Explorationsschema für Jugendliche und Eltern (SELBST-EX)
Störungsübergreifende und störungsspezifische Interviewleitfäden und Diagnose-Checklisten aus dem DISYPS-III (ILF-Screen, DCL-Screen)
VT 01 – Erstgespräch
Psychopathologisches Befundsystem für Kinder und Jugendliche
(Döpfner und Petermann 2012)
(Walter et al. 2007)
(Döpfner und Görtz-Dorten 2017)
(Reissner et al. 2015a)
(Döpfner et al. 2019a)
Standardisierte Diagnostik
Elternurteil
Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (CBCL/6-18 R)
Störungsspezifische Fragebögen aus dem DISYPS-III (z. B. FBB-ANG, FBB-DES)
(Döpfner et al. 2014)
(Döpfner und Görtz-Dorten 2017)
Lehrerurteil
Lehrerfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (TRF/6-18R)
Störungsspezifische Fragebögen aus dem DISYPS-III (z. B. FBB-ANG, FBB-DES)
(Döpfner et al. 2014)
(Döpfner und Görtz-Dorten 2017)
Selbsturteil
Deutschsprachige Fassung der School Refusal Assessment Scale (SRAS-R)
Fragebogen für Jugendliche (YSR/11-18R)
Störungsspezifische Fragebögen aus dem DISYPS-III (z. B. SBB-ANG, SBB-DES)
Phobiefragebogen für Kinder und Jugendliche (PHOKI)
Differenzielles Angstinventar (DAI)
Sozialphobie und -angstinventar für Kinder (SPAIK)
Angstfragebogen für Schüler (AFS)
Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ)
Depressionstest für Kinder (DTK-II)
Beck Depressionsinventar (BDI-II)
(Walter und Döpfner 2020)
(Döpfner et al. 2014)
(Döpfner und Görtz-Dorten 2017)
(Döpfner et al. 2019b)
(Rost und Schermer 2007)
(Melfsen et al. 2001)
(Wieczerkowski et al. 2016)
(Stiensmeier-Pelster et al. 2014)
(Rossmann 2014)
(Hautzinger et al. 2009)
Leistungs- und Teilleistungsdiagnostik
Intelligenz
z. B.
 
Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC-2)
Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC-V)
(Kaufman und Kaufman 2015)
(Wechsler 2017)
Schulische Fertigkeiten
z. B.
 
Hamburger Schreib-Probe 1-10
Lese- und Rechtschreibtest (SLRT-II)
Testverfahren zur Dyskalkulie (ZAREKI-R)
Deutscher Mathematiktest für fünfte Klassen (DEMAT 5+)
(May 2012)
(Moll und Landerl 2014)
(von Aster et al. 2005)
(Götz et al. 2013)
Neben der Diagnostik von Schulvermeidung und psychischer Symptomatik sollten auch Stärken und Kompetenzen des Kindes oder Jugendlichen sowie seiner Eltern und Lehrer erhoben werden. Zum einen lässt sich hierdurch die therapeutische Beziehung zu den Beteiligten stärken, zum anderen lassen sich mit einer ausführlichen Ressourcenanalyse mögliche therapeutische Ansatzpunkte herausarbeiten. Schließlich können auch Kompetenzvertrauen und das Selbstwertgefühl des Patienten und seiner Eltern gestärkt werden. Mit dem Kind können dabei Spielvorlieben und Interessen, spezielle Talente, aber auch andere Eigenschaften und Kompetenzen wie hohe Empathiefähigkeit oder Gerechtigkeitssinn exploriert werden. Mit den Eltern sollten persönliche Stärken und Eigenschaften, aber auch gemeinsame Interessen erörtert werden. Darüber hinaus sollte die Art und Intensität der Eltern-Kind-Beziehung, aber auch die zeitliche Verfügbarkeit im Alltag thematisiert werden. In einem Gespräch mit dem kooperierenden Lehrer können dann die Art und Intensität der Lehrer-Schüler- und Lehrer-Eltern-Beziehung sowie mögliche zeitliche und persönliche Ressourcen innerhalb der Schule, um in schulbezogene Interventionen eingebunden zu werden, exploriert werden.
Um die Entwicklung des schulvermeidenden Verhaltens zu verstehen sollte eine ausführliche Exploration der bisherigen Schulkarriere und der Schulvermeidung erfolgen und ein guter Überblick über die aktuellen Schulleistungen gewonnen werden. Dabei steht die Exploration der Eltern im Vordergrund, besonders bei der Exploration der Grundschulzeit. Zudem ist es sinnvoll, auch Schulzeugnisse zu berücksichtigen, die den Verlauf der Schulleistungen, evtl. früh begonnene Schwierigkeiten (Zeugnisse der ersten und zweiten Klasse) und den Verlauf der Fehlzeiten zeigen. Mit den Beteiligten sollten auch besondere Anforderungen und deren Bewältigung thematisiert werden, beispielsweise Einschulung, Start in das neue Schuljahr, Klassen- oder Schulwechsel. Zudem sollte man das aktuelle Schulleistungsverhalten analysieren, beispielsweise Anstrengungsbereitschaft, Lernorganisation und Lernstrategien oder mündliche Mitarbeit. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, einen Verhaltenstest in Form einer Leistungsprobe zu durchzuführen, also gemeinsam mit dem Kind bzw. dem Jugendlichen einmal Hausaufgaben zu machen und sich dabei einen Überblick über Lernorganisation und -strategien zu verschaffen sowie Faktoren wie Impulskontrolle, Daueraufmerksamkeit, Misserfolgsorientierung, Leistungsängste oder Ähnliches zu beobachten. Auch die Eingebundenheit in den Klassenverband sollte thematisiert werden. Die Exploration der Entwicklungsgeschichte der Schulvermeidung kann in der Regel mit den Beteiligten gemeinsam erfolgen. Dabei sollte auch die vorschulische Entwicklung berücksichtigt werden (z. B. frühkindliche Entwicklung, Kindergartenzeit), um mögliche frühe Schwierigkeiten bzw. psychische Auffälligkeiten beim Kind oder auch familiäre Belastungen zu explorieren. Auch die Anamnese der sozialen Fertigkeiten des Kindes (beispielsweise Kontaktaufnahme, überdauernde Gleichaltrigenbeziehungen, Dominanzstreben, Konfliktlösekompetenz) über den gesamten Entwicklungsverlauf kann wichtige Hinweise auf die Genese der Schulvermeidung geben. Schließlich sollte der genaue Beginn und Verlauf der Schulvermeidung erörtert werden. Dabei sollte in Erfahrung gebracht werden, ob es spezifische Auslöser gab (beispielsweise Wechsel im Klassenverband, Fehlzeit aufgrund einer körperlichen Erkrankung, Schulferien, Mobbing oder Bullying bzw. Cyber-Bullying in der Schule), wie Bezugspersonen reagiert haben und der Verlauf der Fehlzeiten thematisiert werden.
Aufgrund häufiger, vielfältiger familiärer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung sollte auch der familiäre und soziale Hintergrund umfassend beleuchtet werden. Je nach Alter kann der Patient dabei zunehmend einbezogen werden, gerade bei jüngeren Kindern sollten aber vornehmlich die Eltern exploriert werden. In diesem Zusammenhang sollte zunächst die Familie im engeren Sinne exploriert werden, d. h., man sollte sich einen Überblick über die einzelnen Familienmitglieder verschaffen (inklusive der erweiterten Familie, beispielsweise Großeltern), über die Qualität der Beziehungen unter den Familienmitgliedern, über familiäre Regeln und die Aufgabenverteilung innerhalb der Familie, die vorherrschende Stimmung, über Problemlöse- und Kommunikationsstile innerhalb der Familie, aber auch den ethnischen, kulturellen Hintergrund und mögliche finanzielle Belastungen. Auch die Eltern sollten bezüglich ihres vorherrschenden Erziehungsstils, schulbezogenem Erziehungsverhalten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Eltern sowie besondere Belastungen (beispielsweise körperliche Erkrankungen, Arbeitslosigkeit oder Paarprobleme) exploriert werden. Zudem sollte man sich einen Überblick verschaffen über psychische Störungen bei weiteren Familienmitgliedern. Auch das familiäre Wohnumfeld, die soziale Eingebundenheit der Familienmitglieder, aber auch familiäre Wertvorstellungen sollten dabei thematisiert werden.
Schließlich sollten auch Einstellungen zur Therapie angesprochen werden. Hierbei sollte in Erfahrung gebracht werden, welche Lösungsversuche die Beteiligten bislang selbst unternommen haben, um die Schulvermeidung zu reduzieren. Darüber hinaus sollte man sich auch einen Überblick über bisherige Vorbehandlungen und ihr Ergebnis verschaffen. Da individuelle Ursachenzuschreibungen in hohem Maße deren Interventionserwartungen beeinflussen, sollten diese ebenfalls herausgearbeitet werden. Auch sollten die Behandlungsziele des Patienten und seiner Bezugspersonen exploriert werden.

Therapie

Die Erforschung der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung hat eine lange Tradition. Dabei wurden sehr unterschiedliche Behandlungsansätze erprobt – tiefenpsychologische, familientherapeutische, spieltherapeutische, behaviorale, kognitiv-behaviorale und auch pharmakologische Interventionen wurden untersucht. Die genaue Analyse dieser Publikationen zeigt, dass die Mehrheit der Arbeiten nur kleine Fallzahlen untersucht, zudem wurden vielfach Einzelfallanalysen und Fallvignetten publiziert. So existieren weit über 40 Einzelfallstudien die aufgrund ihrer methodischen Schwächen jedoch mit Zurückhaltung interpretiert werden müssen. Darüber hinaus finden sich einige Studien mit größeren Fallzahlen, mehrheitlich ohne Kontrollbedingung, sodass etwaige Veränderungen während der Therapie nicht auf die Behandlung selbst zurückgeführt werden können. Es wurden aber auch einige kontrollierte Arbeiten publiziert. Bedauerlicherweise wurden mehrheitlich überhaupt keine oder nur sehr kurze Follow-up-Zeiträume von maximal einem Jahr untersucht, nur in einer Arbeit findet sich ein 5-Jahres-Follow-up (King et al. 1998).
Inzwischen liegen verschiedene Übersichtsarbeiten zu psychotherapeutischen (Elliott und Place 2017; Lenzen et al. 2016; Maynard et al. 2015a; Pina et al. 2009; Walter und Döpfner 2009a) und pharmakologischen Interventionen (Tobon et al. 2018) und auch eine erste Metaanalyse (Maynard et al. 2015b) vor, die die Ergebnisse der Therapiestudien zusammenfassen. Dabei zeichnet sich eine deutliche Überlegenheit kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) gegenüber anderen psychotherapeutischen Interventionen ab.
Bislang wurden insgesamt 7 Gruppenstudien publiziert, welche die Wirksamkeit verschiedener pädagogisch-therapeutischer Interventionen untersuchen (Tab. 2). Diese mehrheitlich schon älteren Studien wurden hauptsächlich an Angstpatienten mit geringeren Fehlzeiten in der Schule durchgeführt – Kinder und Jugendliche mit Störungen des Sozialverhaltens wurden grundsätzlich ausgeschlossen. Somit lassen die Ergebnisse Rückschlüsse nur auf eine Teilgruppe der Patienten mit Schulvermeidung zu, nämlich Kinder und Jugendliche mit Schulvermeidung und Angststörungen. Diese Gruppenstudien, die mehrheitlich die Wirksamkeit von KVT im ambulanten Setting analysieren, sprechen insgesamt für die Wirksamkeit von ambulanter kognitiv-behavioraler Therapie bei Patienten mit Schulvermeidung und Angststörungen. Alle Studien zeigen eine deutliche Reduktion von Fehlzeiten und begleitenden psychischen Störungen, die über die Katamnese-Zeiträume stabil blieben.
Tab. 2
Kontrollierte Gruppenstudien zur Wirksamkeit von KVT bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung
Autoren
Behandlung
Ergebnisse zu Therapieende
Follow-up
Berg und Fielding (1978)
n = 32 (16 Mädchen) durchschnittlich 13 Jahre alt, Schulphobie, keine expansive Störung
Randomisierung in 2 Gruppen: 3- vs. 6-monatige stationäre, supportive Psychotherapie, soziales Fertigkeitentraining, Beschäftigungs- und Familientherapie
Kein Unterschied, in beiden Gruppen Verbesserungen um 50 % im klinischen Urteil
Verbesserungen über 6, 12, 18 und 24 Monate im klinischen Urteil stabil
Blagg und Yule (1984)
n = 66 (33 Mädchen), Alter 11–16 Jahre, Schulphobie, keine expansive Störung
3 Gruppen (nicht randomisiert):
n = 30 ambulante behaviorale Therapie (ABT: M = 2,5 Wochen); n = 16 stationäre Therapie (ST: M = 45,3 Wochen); n = 20 Hausbeschulung und Psychotherapie (HBPT: M = 72,1 Wochen)
Nur für ABT und ST berichtet: beide Gruppen verbessert, keine Unterschiede
12 Monats-Follow-up vollständiger Schulbesuch:
ABT: 93,3 %
ST: 37,5 %
HBPT: 10 %
Last et al. (1998)
n = 56 (28 Mädchen), 6–17 Jahre, Angststörung, Schulvermeidung, keine Depression, keine expansive Störung
Randomisierung in 2 Gruppen (jeweils 12 Termine): n = 32 kognitiv-behaviorale Therapie (KVT) vs. n = 24 Erziehungsberatung
Deutliche Verminderung Fehlzeiten und psychischer Auffälligkeiten, keine Gruppenunterschiede
4-Wochen-Follow-up: Veränderungen stabil, keine Gruppenunterschiede
Kearney und Silverman (1999)
n = 8 (3 Mädchen), durchschnittlich 11,2 Jahre alt, Schulvermeidung
2 Gruppen (nicht randomisiert)
KVT (5-7 Sitzungen) vs. KVT, die an funktionalen Bedingungen ansetzt (PKVT) 3-10 Sitzungen)
In beiden Gruppen Verminderung Fehlzeiten und psychische Auffälligkeiten, PKVT stärkere Verminderungen
6-Monats-Follow-up: Veränderungen stabil
King et al. (1998)
n = 34 (16 Mädchen), 5–15 Jahre, Schulvermeidung, Angststörung, keine expansive Störung
Randomisierung in 2 Gruppen: KVT (6 Sitzungen) unter Einbezug von Eltern und Lehrern vs. Warteliste
Unter KVT deutliche Verminderung von Fehlzeiten und psychischen Auffälligkeiten
3-Monats-, 3- und 5-Jahres-Follow-up: Verminderungen von Fehlzeiten stabil
Heyne et al. (2002)
n = 65 (28 Mädchen), 7–14 Jahre, Schulvermeidung, Angststörung, keine expansive Störung
Randomisierung in 3 Gruppen (jeweils 8 Sitzungen): patientenzentrierte KVT (P-KVT) vs. Eltern-/Lehrertraining (EL-KVT) vs. Kombination (K-KVT)
Verbesserungen psychischer Auffälligkeiten in allen Gruppen; Reduktion von Fehlzeiten in EL-KVT und K-KVT stärker
2-Wochen-Follow-up: Veränderungen stabil, keine Gruppenunterschiede mehr
Reissner et al. (2015b)
n = 112 (38 Mädchen), 8–19 Jahre, Schulvermeidung, gemischte psychische Störungen
Randomisierung in 2 Gruppen: niederfrequente Therapie (durchsch. 21 Sitzungen, davon 14 KVT) vs. Routineberatung (durchschn. 4 Termine), teils Pharmakotherapie in beiden Gruppen, n = 21 Patienten im Verlauf stationäre Therapie
Verminderung von Fehlzeiten in beiden Gruppen, kein Gruppenunterschied
Kein Follow-up
Weitere Ergebnisse der in Tab. 2 aufgeführten Gruppenstudien lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine sehr frühe Arbeit verglich die Wirksamkeit von drei verschiedenen Behandlungsmodalitäten (Blagg und Yule 1984). Dabei erwies sich eine sehr kurze ambulante KVT unmittelbar nach Behandlungsende ebenso wirkungsvoll wie eine fast einjährige stationäre (nicht KVT-) Therapie. Ein Jahr nach Therapieende war diese in Bezug auf Fehlzeiten deutlich wirkungsvoller (93,3 % vollständiger Schulbesuch) als die stationäre Therapie (37,5 %) oder Hausbeschulung plus ambulante (nicht KVT-) Therapie. Diese schon ältere Studie ist die einzige, die ambulante KVT mit anderen Behandlungssettings unmittelbar vergleicht. Auch wenn die Gruppen nicht randomisiert wurden, so geben die Ergebnisse doch Hinweise darauf, dass eine ambulante KVT effektiver sein kann als eine stationäre Standardtherapie (und dabei finanziell deutlich günstiger). Zudem sprechen die Ergebnisse gegen eine Hausbeschulung – gerade mal 10 % der hausbeschulten Kinder und Jugendlichen mit Schulvermeidung, die zusätzlich eine nicht näher beschriebene ambulante Therapie erhielten, besuchten 12 Monate nach Ende dieser Maßnahmen regelmäßig eine Schule.
Eine weitere frühe Arbeit zeigt, dass offenbar auch eine längere stationäre Verweildauer nicht die Effektivität einer stationären Standardtherapie erhöht (Berg und Fielding 1978). Bei der Frage der Effektivität von stationärer Therapie sind die Arbeiten um die Kölner Arbeitsgruppe von Walter und Kollegen interessant (Walter et al. 2010a, b, 2011, 2014). Die Autoren untersuchten die Effektivität von stationärer Intensiv-KVT an einer großen klinischen Stichprobe von n = 147 Jugendlichen mit ausgeprägter Schulvermeidung und Angst- oder depressiven Störungen. Komorbide Störung des Sozialverhaltens wurden nicht ausgeschlossen. 12 % der Patienten erhielten eine zusätzliche Pharmakotherapie. 82 % der Stichprobe zeigten eine sehr schwere Symptomatik – sie hatten den Schulbesuch seit durchschnittlich 19 Wochen komplett eingestellt. Die restlichen Patienten besuchten seit mindestens 14 Tagen die Schule nicht mehr. Bei Entlassung, die durchschnittlich nach knapp 8 Wochen stattfand, besuchten 82 % wieder regelmäßig eine Schule (davon ein beträchtlicher Teil weiterhin eine Förder-/Klinikschule), auch begleitende psychische Auffälligkeiten konnten deutlich vermindert werden. Diese Verbesserungen waren stärker als Veränderungen während einer vorgeschalteten Wartezeit von durchschnittlich 17 Tagen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Veränderungen auf die Therapie selbst zurückgeführt werden können. Zum 2-Monats-Katamnesezeitpunkt besuchten immer noch mehr als 60 % regelmäßig eine Schule, während die übrigen Patienten mehrheitlich nur wenige Fehlstunden aufwiesen. N = 90 Patienten, die sich nicht von der übrigen Ursprungsstichprobe unterschieden, wurden 9 Monate nach Entlassung nachuntersucht. 70 % von ihnen besuchten auch weiterhin regelmäßig eine Schule, wobei der Anteil der Förderschüler deutlich zurückgegangen war – die meisten Patienten besuchten wieder eine Regelschule. Die Ergebnisse dieser großen Kölner Studie zeigen, dass die Wirksamkeit stationärer Therapie von stark beeinträchtigten Jugendlichen mit Schulvermeidung durch einen KVT-Schwerpunkt deutlich erhöht werden kann.
Heyne und Mitarbeiter (2002) gingen der Frage nach, ob der Einbezug von Eltern und Lehrern bei der Behandlung relevant ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, auch Eltern und Lehrer in die Behandlung zu integrieren, um die Effektivität zumindest kurzfristig zu erhöhen.
Die Arbeit von King und MiItarbeitern (1998) verglich KVT unter Einbezug von Eltern und Lehrern mit einer Wartelistenkontrollgruppe. Es zeigte sich eine deutliche Verminderung von Fehlzeiten und psychischen Auffälligkeiten, diese Veränderungen blieben über einen Zeitraum von 5 Jahren stabil. Diese Arbeit ist zum einen sehr interessant, denn sie belegt die Wirksamkeit von ambulanter, multimodaler KVT bei Kindern und Jugendlichen. Zudem ist dies die Gruppenstudie mit dem längsten Katamnesezeitraum und belegt die Nachhaltigkeit der Effekte von KVT.
Die Überlegenheit von KVT gegenüber einer Kontrollbedingung wird aber nicht in allen Studien belegt; so fanden Last und Mitarbeiter (1998) keine Überlegenheit von ambulanter KVT gegenüber einer ähnlich intensiven Erziehungsberatung. Diese Arbeit wirft die Frage der Spezifität der Behandlungskomponenten auf, die bislang nicht untersucht sind. Sie zeigt, dass auch eine hochfrequente Erziehungsberatung, die eine tägliche Selbstbeobachtung umfasst, gute Effekte haben kann.
Die Ergebnisse von Kearney und Silverman (1999) an einer sehr kleinen Stichprobe geben Hinweise darauf, dass sich die Wirksamkeit von ambulanter KVT noch deutlich steigern lässt, wenn die Therapie an den zugrunde liegenden, funktionalen Bedingungen ansetzt.
Die jüngste Kontrollgruppenstudie wurde von Reissner und Mitarbeitern (2015b) publiziert. Die Autoren verglichen die Wirksamkeit einer niederfrequenten ambulanten multimodalen Therapie (durchschnittlich 21 Termine über 12 Monate), die auch KVT-Elemente enthielt, mit einer niederfrequenten sozialpsychiatrischen Beratung von durchschnittlich 4 Terminen in 12 Monaten in einer Stichprobe von n = 112 Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung. Patienten in beiden Gruppen konnten innerhalb von 12 Monaten ihre Fehlzeiten reduzieren, wobei sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen zeigten (in beiden Gruppen gut 60 % Schulanwesenheit bei Behandlungsende). Diese Ergebnisse, die an deutschen Kindern und Jugendlichen erhoben wurden, überraschen zunächst einmal, da sie den Schluss nahelegen, dass eine sehr niederfrequente Beratung von einem Termin pro Quartal ähnliche Ergebnisse erbringt wie eine ambulante, etwa 14-tägig stattfindende Therapie. Eine nähere Betrachtung der Ergebnisse zeigt jedoch, dass für fast 50 % der Patienten nur unvollständige Verlaufsdaten vorliegen, da diese nicht mehr erreichbar waren. Zudem mussten im Behandlungszeitraum 21 Patienten stationär behandelt werden, und einige Patienten erhielten auch zusätzlich eine psychopharmakologische Therapie. Diese Zahlen zeigen, dass aufgrund der hohen Dropouts Verzerrungen der Ergebnisse nicht ausgeschlossen werden können, zumal sich eine Vermischung von Interventionsmodulen und auch -settings findet. Damit müssen diese Ergebnisse sicherlich zurückhaltend interpretiert werden.
Insgesamt lassen diese Ergebnisse den Schluss zu, dass zum aktuellen Zeitpunkt kognitiv-behaviorale Therapie die Methode der Wahl darstellt, während es bislang keine gut abgesicherte Evidenz für andere therapeutisch-pädagogische Interventionen gibt (Walter und Döpfner 2020). Die Frage der Spezifität der einzelnen Therapiekomponenten und auch von unspezifischen Faktoren wie Erwartungshaltung oder therapeutischer Beziehung auf den Behandlungserfolg ist dabei bislang unerforscht.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung stellt nach derzeitigem Kenntnisstand kognitiv-behaviorale Therapie die Methode der Wahl dar. Allerdings wurde diese Behandlungsform mehrheitlich im ambulanten Setting an Patienten mit Angststörungen erprobt, während Kinder und Jugendliche mit einer Störung des Sozialverhaltens meist ausgeschlossen wurden. Gerade bei hartnäckigen und langfristig bestehenden Problemen kann oft nicht auf eine stationäre oder mindestens teilstationäre Behandlung verzichtet werden.
Neben psychotherapeutischen Interventionen wurden pharmakotherapeutische Ansätze erprobt, eine Übersicht und Metaanalyse findet sich bei Tobon et al. (2018). 7 Gruppenstudien untersuchten an mehr als 300 Patienten die Wirksamkeit von Antidepressiva (Trizyklika und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer [SSRI]) und Benzodiazepinen, die zusätzlich zu psychotherapeutischen Interventionen eingesetzt wurden. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: In allen Studien fand sich unter zusätzlicher medikamentöser Therapie eine Verminderung von Schulfehlzeiten sowie von depressiven und ängstlichen Symptomen. Allerdings zeigte sich keine Überlegenheit gegenüber einem Medikamentenplacebo. Dies ist möglicherweise zum einen auf eine mangelnde statistische Power zurückzuführen, d. h., dass die untersuchten Gruppen zu geringe Fallzahlen aufwiesen, um auch geringe bis mittlere Unterschiede zu detektieren. Zum anderen handelt es sich bis auf zwei Publikationen um ältere Studien (mehrheitlich aus den 1970er- und 1990er-Jahren), die vor der Entwicklung neuerer Antidepressiva, etwa selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI, z. B. Fluoxetin), die inzwischen häufig eingesetzt werden, publiziert wurden. Nur Wu und Kollegen (2013) und Melvin und Mitarbeiter (2017), die Störungen des Sozialverhaltens ausschlossen, erprobten SSRI (Fluoxetin) zusätzlich zu KVT bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung und emotionalen Störungen. Beide Studien fanden beim Intergruppenvergleich eine kleine Effektstärke bei der Verminderung von psychischen Auffälligkeiten und schulischen Fehlzeiten zugunsten der Gruppe, die eine zusätzliche Medikation erhielt, allerdings sind diese Unterschiede statistisch nicht signifikant. Insofern ist die Wirksamkeit von ergänzender Pharmakotherapie bei der Verminderung der Schulvermeidung anhand der vorliegenden Studien bislang nicht klar belegt. Somit lässt sich aus den bislang vorliegenden Studien zu medikamentöser Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung der Schluss ziehen, dass bei Patienten mit Schulvermeidung, die zusätzlich eine Angst- bzw. depressive Störung aufweisen, zusätzlich zu KVT eine Medikation mit SSRI wirkungsvoll sein kann, wobei dies durch zukünftige, methodisch hochwertige Studien mit höherer statistischer Power repliziert werden muss. Allerdings erwies sich bei Kindern und Jugendlichen mit schweren Angst- und depressiven Störungen eine zusätzliche medikamentöse Therapie mit SSRI (Fluoxetin, Sertralin) einer Mono-Psychotherapie bei der Verminderung von psychischen Auffälligkeiten als überlegen (z. B. Cipriani et al. 2016; Taylor et al. 2017). Daher kann vermutet werden, dass eine medikamentöse Therapie bei Patienten mit koexistierenden Angst- oder depressiven Störungen durchaus unterstützende Effekte auch auf die Verminderung der Schulvermeidung haben kann. Für Kinder und Jugendliche mit Schulvermeidung und anderen komorbiden psychischen Störungen liegen bislang keine Ergebnisse vor, sodass auf Empfehlungen zu der jeweiligen psychischen Störung zurückgegriffen werden sollte.
Abschließend lässt sich aus den oben dargestellten Studien zur Behandlung bei Kindern und Jugendlichen die Empfehlung ableiten, dass bei Patienten mit Schulvermeidung in der Regel zunächst ein Behandlungsversuch mit ambulanter KVT erfolgen sollte. Bei Patienten mit zusätzlicher Angst- oder depressiver Störung kann zudem eine Kombination mit SSRI erwogen werden. Bei stark ausgeprägter und chronifizierter Schulvermeidung mit hohen Fehlzeiten über einen langen Zeitraum (z. B. mehrere Monate) ist in der Regel eine stationäre Therapie indiziert. Diese Empfehlungen müssen aufgrund der geschilderten methodischen Schwächen der vorliegenden Wirksamkeitsstudien allerdings empirisch noch weiter untermauert werden.
Im Folgenden soll die kognitiv-behaviorale Behandlung von Kindern und Jugendlichen kurz skizziert werden. Eine ausführliche Anleitung findet sich im Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie zu Schulvermeidung (Walter und Döpfner 2020) und auch bei Reissner und Mitarbeitern (2015a). Kognitiv-behaviorale Interventionen der koexistierenden psychischen Störungen können in Abhängigkeit der vorliegenden psychischen Störung aus den entsprechenden störungsspezifischen Therapiemanualen entnommen werden.
Zunächst muss entschieden werden, ob das Kind/der Jugendliche ambulant behandelt werden kann oder direkt ein intensiveres Behandlungssetting wie tages- oder vollstationäre Therapie erforderlich ist. In der Regel kann zunächst ein umschriebener ambulanter Behandlungsversuch erfolgen, dessen vorrangiges Ziel es ist, die schulischen Fehlzeiten zu vermindern. In der Regel ist damit auch eine Verminderung von psychischen Auffälligkeiten verbunden, beispielsweise bei einem Patienten mit einer depressiven Störung die Steigerung des Antriebsniveaus. Bei der Entscheidung über das Behandlungssetting sollten mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Eine teil-/vollstationäre Therapie sollte dann in Erwägung gezogen werden, wenn (1) die Schulvermeidung stark ausgeprägt und chronifiziert ist, d. h., wenn sich schon über mehrere Monate hohe Fehlzeiten finden oder der Schulbesuch gar vollständig eingestellt wurde; (2) bei besonders stark ausgeprägter psychischer Symptomatik, etwa einer starken depressiven Störung, die dazu führt, dass es dem Kind bzw. Jugendlichen nicht gelingt, morgens aufzustehen; (3) bei geringen familiären Ressourcen (z. B. beide Elternteile sind durch ihre berufliche Situation bei der Morgensituation außer Haus oder bei starker psychischer Beeinträchtigung eines Elternteils) oder (4) nach erfolglosem ambulanten Therapieversuch.
Meist kann mit einem umschriebenen ambulanten Therapieversuch begonnen werden, der darauf abzielt, die Fehlzeiten innerhalb von wenigen Wochen deutlich zu reduzieren. Hierzu ist es sinnvoll, die genauen Bedingungen, die erfüllt werden müssen (also v. a. die konkrete Anwesenheit in der Schule pro Woche), sowie konkrete Unterstützungen (beispielsweise durch Eltern) in einem Therapievertrag zu formulieren und festzulegen, in welchen Fällen die Grenzen der ambulanten Therapie thematisiert und eine Intensivierung der Therapie in Erwägung gezogen werden muss. Dabei sollte die Schule intensiv mit einbezogen werden, und die Informationen über Fehlzeiten in der Schule sollten anhand des Lehrerurteils validiert werden. Sollte sich abzeichnen, dass der ambulante Behandlungsversuch keinen Erfolg hat, sollte die Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie mit den Beteiligten angesprochen werden. In der Regel ist aufgrund der häufig vorhandenen besonderen Problematik der Morgensituation zunächst eine vollstationäre Therapie einer tagesklinischen Behandlung vorzuziehen. Der Wechsel in eine stationäre Therapie kann für die Beteiligten eine besondere Herausforderung darstellen. Daher sollte in diesem Stadium die Stärkung der Motivation der Beteiligten im Fokus stehen, und es sollten Widerstände, Befürchtungen und Erwartungen herausgearbeitet und ggf. korrigiert werden. Eine sehr schwere Symptomatik mit mangelnder Störungseinsicht oder akuter Eigen-/Fremdgefährdung kann eine vorübergehende Behandlung in einem geschützten Setting erforderlich machen. Oberstes Ziel der stationären Therapie ist die Stabilisierung des Patienten, um möglichst rasch eine ambulante Therapie anzuschließen. Dazu sollte der Patient von Station aus die Schule wieder weitgehend regelmäßig besuchen. Beim Übergang vom stationären in das ambulante Behandlungssetting kann es hilfreich sein, ein kurzes tagesklinisches Behandlungsintervall zwischenzuschalten, um zu prüfen, ob es dem Patienten auch von zu Hause gelingt, die Schule zu besuchen. Sollten sich die Beteiligten nachhaltig gegen jedwede Form der Therapie aussprechen, sollte dies der Schule zurückgemeldet werden, damit diese weitere Maßnahmen wie Ordnungsmaßnahmen einleiten kann. Sollten die Patienten über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben werden, ist es sinnvoll, Kontakt zum krankschreibenden Arzt/Psychotherapeuten aufzunehmen. Zudem kann die Schule eine amtsärztliche Untersuchung veranlassen.
Eine stationäre, kognitiv-behavioral ausgerichtete Therapie ist bei ausgeprägter und chronifizierter Schulvermeidung in der Regel indiziert. Bei allen anderen Patienten sollte zunächst ein ambulanter Behandlungsversuch mit KVT erfolgen. Falls unter der ambulanten Therapie innerhalb weniger Monate keine deutliche Verminderung der Schulvermeidung zu erzielen ist, sollte ebenfalls stationäre Therapie in Erwägung gezogen werden. Bei Patienten mit ausgeprägten Angst- oder depressiven Störungen kann zudem eine Kombination mit SSRI erwogen werden.
Neben der Graduierung der Behandlungsintensität ist häufig auch die Graduierung der Beschulung sinnvoll. Diese kann sich auf die schrittweise Anhebung der Schulanwesenheitszeiten beziehen. Bei tagesklinischer bzw. vollstationärer Therapie ist es häufig aber auch möglich, zunächst einen geschützten schulischen Rahmen wie die Beschulung auf einer Klinikschule zu realisieren, bevor anschließend der Wechsel auf eine Regelschule stattfindet. Dies ist gerade dann hilfreich, wenn der Schulbesuch über einen längeren Zeitraum vollständig eingestellt wurde. Für Jugendliche mit langer Historie von Schulvermeidung am Ende der Pflichtschulzeit werden je nach Region auch „Schulmüdenprojekte“ oder „Schulabsentismusprojekte“ angeboten, die eine sinnvolle Alternative darstellen können, wenn es nicht gelingt, die Patienten in das Regelschulsystem zu reintegrieren.
Die multimodale, kognitiv-behaviorale Therapie von Schulvermeidung umfasst patienten-, eltern- und schulzentrierte Interventionen. Die Art, Abfolge und Kombination der unterschiedlichen Therapiebausteine richtet sich nach der Art der Symptomatik sowie der störungsauslösenden und -aufrechterhaltenden Bedingungen.
Bei der multimodalen ambulanten oder stationären Therapie von Schulvermeidung lassen sich patienten-, eltern- und schulzentrierte Interventionen unterscheiden. Abb. 3 zeigt eine Übersicht der verschiedenen Therapiebausteine, aus denen ausgewählt werden kann. Die Art, Abfolge und Kombination dieser verschiedenen kognitiv-behavioralen Interventionen richtet sich nach den psychischen Auffälligkeiten und den störungsauslösenden und -aufrechterhaltenden Faktoren der Schulvermeidung. Auf der Basis der Diagnostik wird zunächst eine gemeinsame Problemdefinition erarbeitet, bei der die zu verändernden Schwierigkeiten möglichst verhaltensnah und hierarchisiert formuliert werden. Auf dieser Basis werden dann ein gemeinsames Störungsmodell erarbeitet und Therapieziele festgelegt. Mit zunehmendem Alter des Patienten sollte dieser immer intensiver in diesen Prozess einbezogen werden. Ein gemeinsames Störungsmodell ist sehr wichtig, denn zum einen steuern Ursachenzuschreibungen in hohem Maße das Verhalten der Beteiligten, zum anderen korrelieren sie hoch mit deren Interventionserwartungen. Hierbei können auf Mikroebene problemauslösende und -aufrechterhaltende Bedingungen voneinander unterschieden werden, die in Verhaltensanalysen mit den Beteiligten erarbeitet werden können. Zudem können mit einer Makroanalyse weitere Faktoren identifiziert werden, die zu der Problematik beitragen (beispielsweise zusätzliche familiäre Belastungen, Gesundheitsprobleme oder Partnerschaftskonflikte der Eltern). Aus dem gemeinsamen Störungsmodell werden dann die verschiedenen Behandlungskomponenten einer individualisierten, multimodalen Verhaltenstherapie abgeleitet.
Sollte die Schulvermeidung des Kindes/des Jugendlichen auch auf eine intellektuelle Überforderung oder sehr ungünstige schulische Bedingungen (z. B. chronische Sündenbockrolle in der Klasse, stark negativ veränderte Lehrer-Schüler- bzw. Lehrer-Elternbeziehungen) zurückzuführen sein, so sollte zunächst eine der Leistungsfähigkeit des Patienten angepasste Beschulung eingeleitet werden.
Dominiert beim Patienten eine stark ausgeprägte ängstliche oder depressive Symptomatik mit starker psychosozialer Beeinträchtigung, so sollte ärztlicherseits früh im therapeutischen Prozess die Indikation einer antidepressiven Medikation mit SSRI geprüft werden.
Bei starker Antriebsminderung, depressiver Stimmung bzw. stark verschobenem Schlaf-Wach-Rhythmus sollten zunächst Interventionen installiert werden, die darauf abzielen, das Aktivitätsniveau zu erhöhen und den Schlaf-Wach-Rhythmus zu normalisieren. Hierzu ist es sinnvoll, ein Stimmungstagebuch einzuführen und in einem Wochenplan feste positive Aktivitäten einzuplanen. Nicht selten ist es hilfreich, auch die Eltern bei der Umsetzung mit einzuplanen. Gerade die Morgensituation (vom Aufstehen bis zum Verlassen der Wohnung) sollte differenziert geplant werden, mögliche Schwierigkeiten sollten antizipiert und Lösungen entwickelt werden. Nicht selten ist der Schlaf-Wach-Rhythmus auch durch exzessiven Medienkonsum beeinträchtigt. Solche aufrechterhaltenden Bedingungen sollten möglichst früh bearbeitet werden, wozu in der Regel der Einbezug der Eltern unerlässlich ist.
Häufig tragen auch dysfunktionale Grundannahmen bzw. eine verzerrte Wahrnehmung von sozialen Situationen zum schulvermeidenden Verhalten bei. Derartige Kognitionen sollten in Verhaltensanalysen mit dem Kind/dem Jugendlichen/den Eltern herausgearbeitet, nachfolgend vorsichtig hinterfragt und korrigiert werden. Bei kognitiven Interventionen ist es wichtig, diese gut auf die kognitive Differenziertheit der Beteiligten abzustimmen, um keine Überforderungssituation herzustellen.
Gerade bei Patienten mit jahrelanger schlechter sozialer Integration liegt häufig ein Mangel an sozialen Problemlösungs- und sozialen Fertigkeiten vor. Die Betroffenen wissen dann beispielsweise nicht, wie man Kontakte initiiert, diese intensiviert, Konflikte angemessen löst oder eigene Interessen adäquat durchsetzt. Zudem fehlen vielfach auf der Performanzebene adäquate Verhaltensstrategien. Im Rahmen eines Problemlösetrainings sollten diese verschiedenen Schritte zur Bewältigung sozialer Herausforderungen zunächst entwickelt und in einem Training sozialer Fertigkeiten anschließend in Rollenspielen (nach Möglichkeit in einem Gruppensetting mit gleichaltrigen Mitpatienten) eingeübt und im Alltag erprobt werden.
Bei Patienten mit Angststörungen zeigen sich in der Regel ausgeprägte situative oder objektbezogene Ängste, die zu starkem Vermeidungsverhalten führen können. Je nach Angststörung können die Qualität der Ängste und auch das Ausmaß der Vermeidung dabei sehr unterschiedlich sein. Bei diesen Patienten sind Reizkonfrontationsverfahren indiziert, die in der Regel als graduierte Expositionen in vivo mit Reaktionsverhinderung durchgeführt werden. Dabei wird der Patient schrittweise mit dem angstauslösenden Stimulus konfrontiert. Durch Habituationserfahrungen kann das Vermeidungsverhalten schrittweise reduziert werden. Bei der Planung sollte sichergestellt werden, dass das Kind/der Jugendliche alle erforderlichen Fertigkeiten besitzt, diese aufgrund der hohen Angstintensität aber nicht ausgeführt werden können (z. B. sollte ein Kind mit sozialer Angststörung Gleichaltrige ansprechen können [soziale Fertigkeiten]). Anderenfalls müssen zunächst entsprechende Fertigkeiten eingeübt werden.
In Familien von Kindern und Jugendlichen mit Schulvermeidung finden sich gehäuft ungünstige Erziehungsbedingungen bzw. erzieherische Überforderungen der Eltern. Liegen solche nachteiligen Erziehungsbedingungen vor (beispielsweise inkonsistentes Erziehungsverhalten, ein vorwiegend auf Entlastung ausgerichteter Erziehungsstil) oder sind Eltern mit der Erziehung ihres Kindes/Jugendlichen deutlich überfordert (beispielsweise bei besonders dominanten Kindern und Jugendlichen), so sind elternzentrierte Interventionen in Form eines Elterntrainings angezeigt. Im Rahmen eines Elterntrainings, in dem in der Regel über mehrere Sitzungen mit den Eltern intensiv daran gearbeitet wird, Veränderungen des Erziehungsverhaltens im Alltag zu realisieren, werden die Eltern dabei unterstützt, effektive Aufforderungen und Regeln aufzustellen und diese mit angemessenen positiven bzw. negativen Konsequenzen zu versehen. Häufig werden in diesem Zusammenhang auch Belohnungssysteme (Token-Systeme) installiert. Bei unzureichendem Erfolg dieser Interventionen oder sehr starker erzieherischer Beeinträchtigung sollten darüber hinaus auch Jugendhilfemaßnahmen installiert werden, um die erzieherischen Fertigkeiten zu stärken. Diese reichen in Deutschland von sehr niederschwelligen Beratungsangeboten über aufsuchende Familienhilfen bis hin zu teil- bzw. vollstationären Maßnahmen im Sinne von Tages-, 5-Tages- oder 7-Tagesgruppen.
Vielfach tragen auch ungünstige Verstärkungsprozesse zur Schulvermeidung bei. Beispielsweise verbringen die betroffenen Kinder und Jugendlichen die Schulzeit mit angenehmen Aktivitäten (beispielsweise Medienkonsum) oder sie erhalten positive Zuwendung und Aufmerksamkeit eines Elternteils, wodurch das schulbezogene Vermeidungsverhalten ebenfalls belohnt wird. Demgegenüber wird Bewältigungsverhalten häufig nicht belohnt, beispielsweise wird der Patient nicht dafür gelobt, wenn er trotz Schwierigkeiten den Schultag gemeistert hat. Mittels von Kontingenzmanagement werden diese ungünstigen Verstärkungsbedingungen unter Einbezug der Eltern dann modifiziert, d. h., Bewältigungsverhalten sollte systematisch verstärkt werden, während Vermeidungsverhalten nicht belohnt werden sollte.
Sollte eine starke soziale Isolation vorliegen oder das Kind/der Jugendliche mehrheitlich Aktivitäten nachgehen, die einen geringen sozialen Bezug haben, so sollten Interventionen implementiert werden, die darauf abzielen, dass der Patient seine früheren sozialen Aktivitäten wieder aufnimmt oder auch neue Aktivitäten initiiert. Häufig ist hierzu ein kleinschrittiges Vorgehen erforderlich, in das auch die Eltern einbezogen werden sollten, und es sollte geprüft werden, ob die erforderlichen sozialen Fertigkeiten vorliegen, die anderenfalls zunächst aufgebaut werden müssen. Gerade wenn Kinder und Jugendliche viele Stunden täglich digitale Medien konsumieren (z. B. Computerspiele, Online-Videos, soziale Medien) sollte eine Reduktion von Medienzeiten angestrebt werden.
Viele Patienten mit Schulvermeidung haben darüber hinaus erhebliche Defizite im Bereich Lernorganisation und der Lerntechniken. Zudem kommen fachbezogene Wissenslücken gerade bei längeren Fehlzeiten in der Schule häufig vor. In der Therapie sollten funktionale Strategien mit den Patienten an schulischem Material eingeübt und anschließend in den Alltag umgesetzt werden. Zudem sollte in Zusammenarbeit mit der Schule ein Lernplan zur Verminderung der Wissenslücken entwickelt und umgesetzt werden. Hierbei können die Eltern mit einbezogen werden, auch eine Kombination mit Kontingenzmanagement ist häufig sinnvoll.
Gerade bei Jugendlichen tragen nicht selten auch begrenzte Selbststeuerungsfertigkeiten und ein schlechtes Zeitmanagement zur Schulvermeidung bei. Den Beteiligten gelingt es nicht, Aufgaben adäquat in den Alltag einzuplanen (beispielsweise Aufstehen morgens, schulbezogene Tätigkeiten, Bewerbungen) und diese dann umzusetzen (z. B. da sie zu spät beginnen, es nicht schaffen sich aufzuraffen). Bei diesen Patienten können Selbstmanagementstrategien sehr wirkungsvoll sein, die darauf abziehen, die Selbststeuerungsfähigkeiten zu verbessern und die Autonomie zu erhöhen. Die Jugendlichen lernen, sich realistische Ziele zu setzen, diese in überschaubare Zwischenziele zu unterteilen, sich selbst zu beobachten und für die Erreichung eines Zwischenziels zu belohnen. Hierzu liegen spezifische Behandlungsprogramme vor (Walter und Döpfner 2009b; Walter et al. 2007).

Fazit

Schulvermeidung bei Kindern und Jugendlichen stellt ein ernsthaftes Problem in unserer Gesellschaft dar, da es häufig vorkommt und eine erhebliche Gefährdung der weiteren Entwicklung der Betroffenen nach sich zieht. Zunächst sollte eine umfassende, mehrdimensionale Diagnostik durchgeführt werden, welche die Exploration des Patienten, seiner Eltern und auch die Schule umfasst. Zentral ist die Identifikation der spezifischen störungsaufrechterhaltenden Bedingungen der Schulvermeidung, wie z. B. Trennungsängste, soziale Ängste, Leistungsängste, depressive oder auch dissoziale Symptomatik, schulische Faktoren und der familiären Faktoren. Auf der Basis der Symptomatik und den auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen erfolgt eine Auswahl geeigneter Interventionen. In der Regel kann zunächst ein umschriebener ambulanter Behandlungsversuch erfolgen, bei dem zu Beginn die genauen Bedingungen für eine ambulante Therapie festgelegt werden sollten. Ziel sollte es sein, die schulischen Fehlzeiten innerhalb von wenigen Wochen deutlich zu reduzieren. Schwere Formen von Schulvermeidung erfordern allerdings häufig eine stationäre Behandlung. Die multimodale kognitive Verhaltenstherapie ist die Methode der Wahl und besteht aus patienten-, eltern- und lehrerzentrierten Interventionen. Bei ausgeprägter ängstlich-depressiver Symptomatik können zusätzlich auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer indiziert sein.
Literatur
Alexander KL, Entwisle DR, Kabbani NS (2001) The dropout process in life course perspective: early risk factors at home and school. Teach Coll Rec 103:760–822CrossRef
Aster M von, Zulauf M, Horn R (2005) Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern (ZAREKI-R). Pearson, London
Baier D, Pfeiffer C, Simonson J, Rabold S (2009) Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, Hannover
Berg I, Fielding D (1978) An evaluation of hospital in-patient treatment in adolescent school phobia. Br J Psychiatry 132:500–505PubMedCrossRef
Berg I, Jackson A (1985) Teenage school refusers grow up: a follow-up study of 168 subjects, ten years on average after in-patient treatment. Br J Psychiatry 147:366–370PubMedCrossRef
Berg I, Butler A, Hall G (1976) The outcome of adolescent school phobia. Br J Psychiatry 128:80–85PubMedCrossRef
Berg I, Butler A, Franklin J, Hayes H, Lucas C, Sims R (1993) DSM-III-R disorders, social factors and management of school attendance problems in the normal population. J Child Psychol Psychiatry 34:1187–1203PubMedCrossRef
Bernstein GA, Borchardt CM (1996) School refusal: family constellation and family functioning. J Anxiety Disord 10:1–19CrossRef
Blagg NR, Yule W (1984) The behavioural treatment of school refusal – a comparative study. Behav Res Ther 22(2):119–127. https://​doi.​org/​10.​1016/​0005-7967(84)90100-1 [pii]
Brookmeyer KA, Fanti KA, Henrich GC (2006) Schools, parents, and youth violence: a multilevel, ecological analysis. J Clin Child Adolesc Psychol 35:504–514PubMedCrossRef
Buhse H, Fileccia M (2003) Nix wie weg, Risikofaktor Schwänzen. Forum Schule 10. www.​forum-schule.​de/​archiv/​10/​fs10/​magztp.​html. Zugegriffen am 12.01.2007
Buitelaar JK, van Andel H, Duyx JH, van Strien DC (1994) Depressive and anxiety disorders in adolescence: a follow-up study of adolescents with school refusal. Acta Paedopsychiatr 56:249–253PubMed
Byrnes V, Reyna R (2012) Summary of state level analysis of early warning indicators. Everyone Graduates Center, Baltimore
Carr A (1999) The handbook of child and adolescent psychology. A contextual approach. Routledge, London
Cierpka M, Frevert G (1994) Die Familienbögen. Hogrefe, Göttingen
Cipriani A, Zhou X, Del Giovane C, Hetrick S, Qin B, Whittington C, Xie P (2016) Comparative efficacy and tolerability of antidepressants for major depressive disorder in children and adolescents: a network meta-analysis. Lancet 388:881–890PubMedCrossRef
Davies JD, Lee J (2006) To attend or not to attend? Why some students chose school and other reject it. Support Learn 21:204–209CrossRef
Döpfner M, Görtz-Dorten A (2017) DISYPS-III. Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-V für Kinder und Jugendliche – III. Hogrefe, Göttingen
Döpfner M, Petermann F (2012) Diagnostik psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter, Bd 2, 3., überarb. Aufl. Hogrefe, Göttingen
Döpfner M, Plück J, Kinnen C, Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist (2014) Deutsche Schulalter-Formen der Child Behavior Checklist von Thomas M. Achenbach. Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen, (CBCL/6-18R), Lehrerfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (TRF/6-18R), Fragebogen für Jugendliche (YSR/11-18R). Hogrefe, Göttingen
Döpfner M, Flechtner H, Lehmkuhl G, Steinhausen HC (2019a) Psychopathologisches Befund-System für Kinder und Jugendliche: Befundbogen, Glossar und Explorationsleitfaden, 2. Aufl. Hogrefe, Göttingen
Döpfner M, Schnabel M, Goletz H, Breuer D, Ollendick TH (2019b) Phobiefragebogen für Kinder und Jugendliche (PHOKI), 2. Aufl. Hogrefe, Göttingen
Egger HL, Costello EJ, Angold A (2003) School refusal and psychiatric disorders: a community study. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 42(7):797–807. https://​doi.​org/​10.​1097/​01.​CHI.​0000046865.​56865.​79CrossRefPubMed
Elliott J, Place M (2017) Pracitioner Review: school refusal: developments in conceptualisation and treatment since 2000. J Child Psychol Psychiatry. https://​doi.​org/​10.​1111/​jcpp.​12848
Fremont W (2003) School refusal in children and adolescents. Am Fam Physician 68:1555–1560PubMed
Glew GM, Fan M-Y, Katon W, Rivara FP, Kernic MA (2005) Bullying, psychosocial adjustment, and academic performance in elementary school. Arch Pediatr Adolesc Med 159:1026–1031PubMedCrossRef
Goodman R, Scott S (2012) Child and adolescent psychiatry, 3. Aufl. Wiley-Blackwell, ChichesterCrossRef
Görtz-Dorten A, Döpfner M (2019) Interviewleitfäden zum Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-5 für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-III-ILF). Hogrefe, Bern
Götz L, Lingel K, Schneider W (2013) Deutscher Mathematiktest für fünfte Klassen (DEMAT 5+). Hogrefe, Göttingen
Green J, Liem GA, Martin AJ, Colmar S, Marsh HW, McInerney D (2012) Academic motivation, self-concept, engagement, and performance in high school: key processes from a longitudinal perspective. J Adolesc 35:1111–1122PubMedCrossRef
Guare RE, Cooper BS (2003) Truancy revisited: students as school consumers. Scarecrow, Lanham
Hautzinger M, Keller F, Kühner C (2009) BDI-II Beck Depressions-Inventar Revision, 2. Aufl. Harcourt, Heilbronn
Havik T, Bru E, Ertesvag S (2015) School factors asociated with school refusal- and truancy-related reasons for school non-attendance. Soc Psychol Educ 18:221–240CrossRef
Hella B, Bernstein GA (2012) Panic disorder and school refusal. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am 21:593–606PubMedCrossRef
Heyne D (2006) School refusal. In: Fisher JE, O'Donohue WT (Hrsg) Practitioner’s guide to evidence-based psychotherapy. Springer, New York, S 599–618
Heyne D, Sauter F (2013) School refusal. In: Essau C, Ollendick T (Hrsg) The Wiley-Blackwell handbook of the treatment of childhood and adolescent anxiety. Wiley, Chichester, S 471–517
Heyne D, King NJ, Tonge BJ, Rollings S, Young D, Pritchard M, Ollendick TH (2002) Evaluation of child therapy and caregiver training in the treatment of school refusal. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 41(6):687–705PubMedCrossRef
Heyne D, Sauter F, Maynard B (2015) Moderators and mediators of treatments for youth with school refusal or truancy. In: Maric M, Prins P, Ollendick T (Hrsg) Moderators and mediators of youth treatment outcomes. Oxford University Press, Oxford
Ihle W, Jahnke D, Esser G (2003) Kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungsansätze nicht dissozialer Schulverweigerung: Schulphobie und Schulangst [Cognitive behavior therapy treatment approaches in non-dyssocial school refusal: school phobia and school anxiety]. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 52(6):409–424PubMed
Kaufman A, Kaufman N (2015) K-ABC-II: Kaufman Assessment Battery for Children – 2 (deutsche Bearbeitung von P. Melchers & M. Melchers). Pearson, Frankfurt
Kearney CA (2008a) An interdisciplinary model of school absenteeism in youth to inform professional practice and public policy. Educ Psychol Rev 20:257–282CrossRef
Kearney CA (2008b) School absenteeism and school refusal behavior in youth: a contemporary review. Clin Psychol Rev 28(3):451–471. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​cpr.​2007.​07.​012
Kearney CA, Albano AM (2004) The functional profiles of school refusal behavior. Diagnostic aspects. Behav Modif 28(1):147–161. https://​doi.​org/​10.​1177/​0145445503259263​CrossRefPubMed
Kearney CA, Ross E (2014) Problematic school absenteeism. In: Alfano C, Beidel D (Hrsg) Comprehensive evidence based interventions for children and adolescents. Wiley, Hoboken, S 275–286
Kearney CA, Silverman WK (1999) Functionally based prescriptive and nonprescriptive treatment for children and adolescents with school refusal behavior. Behav Ther 30:673–705CrossRef
King NJ, Tonge BJ, Heyne D, Pritchard M, Rollings S, Young D, Ollendick TH (1998) Cognitive-behavioral treatment of school-refusing children: a controlled evaluation. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 37(4):395–403PubMedCrossRef
Kogan SM, Luo Z, Brody GH, Murry VM (2005) The influence of high school dropout on substance use among African American youth. J Ethn Subst Abus 4:35–51CrossRef
Last CG, Hansen C, Franco N (1998) Cognitive-behavioral treatment of school phobia. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 37(4):404–411PubMedCrossRef
Lee VE, Burkham DT (2003) Dropping out of high school: the role of school organization and structure. Am Educ Res J 40:353–393CrossRef
Lenzen C, Fischer G, Jentzsch A, Kaess M, Parzer P, Carli V, Brunner R (2013) Schulabsentismus in Deutschland - die Prävalenz von entschuldigten und unentschuldigten Fehlzeiten und ihre Korrelation mit emotionalen und Verhaltensauffälligkeiten. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 62:570–582PubMedCrossRef
Lenzen C, Brunner R, Resch F (2016) Schulabsentismus: Entwicklungen und fortbestehende Herausforderungen. Z Kinder Jugendpsychiatr Psychother 44:101–111PubMedCrossRef
Martin C, Cabrol S, Bouvard MP, Lipine JP, Mouren-Simeoni MC (1999) Anxiety and depressive disorders in fathers and mothers of anxious school-refusing children. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 38:916–922PubMedCrossRef
May P (2012) Hamburger Schreib-Probe 1-10. VPM, Stuttgart
Maynard B, Brendel K, Bulanda J, Heyne D, Thompson A, Pigott T (2015a) Psychosocial interventions for school refusal with primary and secondary school students: a systematic review. Campbell Syst Rev 12:6–76. https://​doi.​org/​10.​4073/​csr.​2015.​12CrossRef
Maynard B, Heyne D, Brendel K, Bulanda J, Thompson A, Pigott T (2015b) Treatment for school refusal among children and adolesents: a systematic review and meta-analysis. Res Soc Work Pract. https://​doi.​org/​10.​1177/​1049731515598619​
McAnanly E (1986) School phobia: the importance of promt intervention. J Sch Health 56:433–436PubMedCrossRef
McCluskey CP, Bynum TS, Patchin JW (2004) Reducing chronic absenteeism: an assessment of early truancy initiative. Crime Delinq 50:214–234CrossRef
McCune N, Hynes J (2005) Ten year follow-up of children with school refusal. Ir J Psychol Med 22:56–58CrossRef
McShane G, Walter G, Rey JM (2001) Characteristics of adolescents with school refusal. Aust N Z J Psychiatry 35(6):822–826PubMedCrossRef
Melfsen S, Florin I, Warnke A (2001) Sozialphobie und -angstinventar für Kinder (SPAIK. Hogrefe, Göttingen
Melvin G, Dudley A, Gordon M, Klimkeit E, Gullone E, Taffe J, Tonge B (2017) Augmenting cognitive behavior therapy for school refusal with fluoxetine: a randomized controlled trial. Child Psychiatry Hum Dev 48:485–497PubMedCrossRef
Moll K, Landerl K (2014) Salzburger Lese- und Rechtschreibtest (SLRT-II). hogrefe, Göttingen
Pina A, Zerr A, Gonzales N, Ortiz C (2009) Psychosocial interventions for school refusal behavior in children and adolescents. Child Dev Perspect 3(1):11–20PubMedPubMedCentralCrossRef
Reissner V, Hebebrand J, Knollmann M (2015a) Beratung und Therapie bei schulvermeidendem Verhalten. Kohlhammer, Stuttgart
Reissner V, Jost D, Krahn U, Knollmann M, Weschenfelder A-K, Neumann A, Hebebrand J (2015b) Therapie von Schulvermeidern mit psychiatrischen Erkrankungen. Dtsch Ärztebl 112:655–662
Richtman KS (2007) The truancy intervention program of the Ramsey County attorney’s office: a collaborative approach to school access. Fam Court Rev 45:421–437CrossRef
Rossmann P (2014) Depressionstest für Kinder – II (DTK-II). Huber, Bern
Rost D, Schermer F (2007) Differentielles Leistungsangst Inventar (DAI), 2. Aufl. Pearson, London
Schürmann S, Döpfner M (2018) Family Relations Test (FRT-KJ), deutschsprachige Adaptation für Kinder und Jugendliche des Family Relations Test: Children’s Version (FRT-C) von Eva Bene und James Anthony. Hogrefe, Göttingen
Steinhausen HC (2016) Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Lehrbuch der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, 8. Aufl. Urban & Fischer, München
Stiensmeier-Pelster J, Braune-Krickau M, Schürmann M, Duda K (2014) Depressions-Inventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ), 3. Aufl. Hogrefe, Göttingen
Suveg C, Aschenbrand S, Kendall P (2005) Separation anxiety disorder, panic disorder, and school refusal. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am 14:773–795PubMedCrossRef
Twain M (1876) The adventures of Tom Sawyer. American Publishing Company, Hartford
Taylor J, Lebowitz E, Jakubovski E, Coughlin C, Silverman WK, Bloch M (2017) Monotherapy insufficient in severe anxiety? Predictors and moderators in the child/adolescent anxiety multimodal study. J Clin Child Adolesc Psychol 53:1–16
Thambirajah MS, Grandison KJ, De-Hayes L (2007) Understanding school refusal: a handbook for professionals in education, health and social care. Jessica Kingsley, London
Tobon A, Reed M, Taylor J, Bloch M (2018) A systematic review of pharmacologic treatments for school refusal behavior. J Child Adolesc Psychopharmacol. https://​doi.​org/​10.​1089/​cap.​2017.​0160
Wagner M, Dunkake I, Weiß B (2004) Schulverweigerung. Empirische Analysen zum abweichenden Verhalten von Schülern. Köln Z Soziol Sozialpysychol 56:457–489CrossRef
Walter D, Döpfner M (2009a) Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Schulabsentismus - Konzept und Behandlungsempfehlungen. Verhaltenstherapie 19:153–160CrossRef
Walter D, Döpfner M (2009b) Leistungsprobleme im Jugendalter. Therapieprogramm für Jugendliche mit Selbstwert-, Leistungs- und Beziehungsstörungen (SELBST), Bd 2. Hogrefe, Göttingen
Walter D, Döpfner M (2020) Schulvermeidung, Bd 27. Hogrefe, GöttingenCrossRef
Walter D, Rademacher C, Schürmann S, Döpfner M (2007) Grundlagen der Selbstmanagementtherapie mit Jugendlichen. Therapieprogramm für Jugendliche mit Selbstwert-, Leistungs- und Beziehungsstörungen (SELBST), Bd 1. Hogrefe, Göttingen
Walter D, Hautmann C, Rizk S, Petermann M, Minkus J, Sinzig J, Doepfner M (2010a) Short term effects of inpatient cognitive behavioral treatment of adolescents with anxious-depressed school absenteeism – an observational study. Eur Child Adolesc Psychiatry 19:835–844PubMedCrossRef
Walter D, Hautmann C, Ziegert I, Glaser A, Lehmkuhl G, Doepfner M (2010b) Stationäre Verhaltenstherapie bei Jugendlichen mit emotional bedingtem Schulabsentismus: eine Verlaufsanalyse. Kindheit und Entwicklung 19:184–191CrossRef
Walter D, Hautmann C, Lehmkuhl G, Döpfner M (2011) Stationäre Verhaltenstherapie bei Jugendlichen mit ängstlich-depressivem Schulabsentismus: Veränderungen während der Therapie und Stabilität. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 60:677–683PubMedCrossRef
Walter D, Hautmann C, Rizk S, Lehmkuhl G, Doepfner M (2014) Short- and long-term effects of inpatient cognitive-behavioral treatment of adolescents with anxious-depressed school absenteeism: a within-subject comparison of changes. Child Family Behav Ther 36:171–190CrossRef
Wechsler D (2017) Wechsler Intelligence Scale for Children, 5. Aufl. Pearson, London
Wieczerkowski W, Nickel H, Jankowski A, Fittkau B, Rauer W, Petermann F (2016) Angstfragebogen für Schüler AFS, 7. Aufl. Hogrefe, Göttingen
Wu X, Liu F, Cai H, Huang L, Li Y, Mo Z, Lin J (2013) Cognitive behavior therapy combined fluoxetine treatment superior to cognitive behaviour therapy alone for school refusal. Int J Pharmacol 9:197–203CrossRef