Definition, Prävalenz und klinische Symptomatik
Die Adenomyose resultiert aus der Invasion des basalen Endometriums in das umgebende Myometrium (Bazot et al.
2001) und stellt damit eine Erkrankung der sog. Archimetra
dar, die aus dem Endometrium selbst sowie dem subendometrialen Endometrium (= Archimyometrium = Junktionalzone) besteht (Bazot et al.
2001; Leyendecker et al.
2002). Die Adenomyosis uteri stellt sich im MRT als hypodense verbreiterte Junktionalzone insbesondere an der Uterushinterwand dar (Kunz et al.
2007).
Unklar war, ob es eine altersabhängige
Prävalenz der Adenomyose
gibt, in welchem Lebensalter also möglicherweise „bevorzugt“ die beschriebene Invasion des Endo- in das Myometrium
auftritt. Nachdem sie ursprünglich vor allem jenseits des 50. Lebensjahres im MRT oder histologisch diagnostiziert wurde (Parazzini et al.
1997), häuften sich die Hinweise auf eine schon deutlich frühere Manifestation (Kissler et al.
2007,
2008).
Kunz et al. (
2007) konnten zeigen, dass diese Invasion – gemessen anhand der zunehmenden Verdickung der Junktionalzone
der Uterushinterwand – bei Endometriose-Patientinnen in der 3. Lebensdekade beginnt und sich während der 4. kontinuierlich fortsetzt. Frauen ohne eine
Endometriose zeigten bis zum 34. Lebensjahr keine Hinweise auf eine Adenomyose. Von diesem Alter an fand sich in beiden Gruppen aber parallel ein deutlicher Anstieg der Inzidenz.
Eine Adenomyose wurde in 36,2 % aller Hysterektomiepräparate (medianes Alter 50,3 ± 10,4 Jahre) (Yeniel et al.
2007), bei 79 % aller Endometriose-Patientinnen sowie 90 % der Endometriose-Patientinnen <36 Jahre nachgewiesen (Kunz et al.
2005). Weiss et al. (
2009) beschrieben bei 48 % von 137 perimenopausalen Patientinnen (medianes Alter 49,5 ± 3,4 Jahre) eine Adenomyose, darunter Patientinnen mit Myomen, einer
Endometriose, Unterbauchschmerzen und Blutungsstörungen, aber auch symptomlose Frauen.
Die Wahrscheinlichkeit von klinischen Symptomen wie z. B. Unterbauchschmerzen oder Blutungsstörungen bestand dabei unabhängig vom Vorhandensein einer Adenomyose. Dies führte die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass die Adenomyose in aller Regel nicht Ursache der Symptome war und daher per se keine Krankheit, sondern eine „normal variant“ darstellt.
Zeigte sich in einer umgekehrten Analyse bei 59 symptomatischen Patientinnen (32–54 Jahre, Median 42 Jahre) (z. B.
Dysmenorrhö, Menorrhagie oder Unterbauchschmerzen) im MRT eine Junktionalzonendicke >12 mm als beweisend für eine Adenomyose, so hatten in einer retrospektiven Analyse der MRT-Bilder 34 % (20/59) der Frauen auch Zeichen einer
Endometriose (Zacharia und O’Neill
2006). Bei einer länger als 11 Jahre andauernden Dysmenorrhö fand sich bei 87 % der Patientinnen eine Adenomyose (Kissler et al.
2008).
Statistisch signifikant mit einer Adenomyose assoziierte Kofaktoren
waren (Templeman et al.
2008):
Parazzini et al. (
2009) wiesen eine Adenomyose signifikant häufiger bei anamnestisch angegeben induzierten Aborten, einer
Dysmenorrhö und chronischen Unterbauchschmerzen nach.
Um in der Bildgebung die zu „großzügige“ Diagnose einer Adenomyose zu vermeiden, schlugen Tocci et al. (
2008) vor, den Zustand der unterbrochenen Einheit von Endometrium/subendometrialem Endometrium
– gekennzeichnet durch Verdickung, Infiltration oder Unterbrechung des subendometrialen Endometriums – als separate Entität von der Adenomyose abzugrenzen, da Erstere einen ausgeprägteren Einfluss auf die uterine Peristaltik und damit die Fertilität ausübt als die alleinige Verdickung der Junktionalzone.
Mit der Tiefe der Penetration adenomyotischer Herde stieg in einer anderen Untersuchung die Anzahl dieser Foci. Die Symptome korrelierten dabei nicht mit der Penetrationstiefe, aber es fand sich eine Korrelation zwischen der Ausdehnung der Adenomyose sowie Unterbauchschmerzen und
Dysmenorrhö, nicht aber mit der Menorrhagie oder einer
Dyspareunie (Sammour et al.
2002). Etwas abweichend von diesen Ergebnissen zeigten Cirpan et al. (
2008) eine Korrelation der klinischen Symptome (Dysmenorrhö,
Anämie, Meno-Metrorrhagie) mit der histologischen Infiltrationstiefe und der Ausbreitung der Herde.
Die nach operativer Sanierung einer
Endometriose weiter bestehende Beschwerdesymptomatik ist klinisch Hinweis auf eine – in Kenntnis der obigen Ausführungen auch erwartungsgemäß häufige – zusätzlich bestehende Adenomyose als Ursache dieser Problematik.
Die Wahrscheinlichkeit persistierender chronischer Unterbauchschmerzen stieg in einer Studie von Parker et al. (
2006) mit einer präoperativ gemessenen Junktionalzonendicke >11 mm im MRT.
Als mögliche klinische Beschwerden werden Blutungsstörungen und eine
Dysmenorrhö angesehen, wobei z. B. durch die Assoziation mit anderen pelvinen Pathologien die Zuordnung problematisch und ein unklarer Anteil der Patientinnen auch asymptomatisch sein kann (Peric und Fraser
2006).
Als pathophysiologisch bedeutsam wird bei unerfülltem
Kinderwunsch die im Zusammenhang mit der Adenomyose nachgewiesene uterine Hyper- und Dysperistaltik
angesehen, die zu einer Beeinträchtigung des zielgerichteten Spermientransportes in die Tuben führen kann (Kissler et al.
2007).
Die Fortsetzung des subendometrialen Endometriums in die Tuben wird als morphologische Voraussetzung der Transportmechanismen in der Physiologie der Reproduktion angesehen (Kunz et al.
2007). Es wurde nachgewiesen, dass der Spermientransport bereits gestört ist, wenn nur ein Adenomyoseherd im MRT darstellbar ist. Das Problem verstärkt sich bis zu einer Dysperistalis (dem kompletten Versagen der Transportmechanismen), wenn eine diffuse Adenomyose vorliegt (Kissler et al.
2007).
Schwangerschaftsverlauf
Ob eine Adenomyose den Schwangerschaftsverlauf
kausal beeinflussen kann, ist momentan unklar. Vorstellbar wäre ein Zusammenhang wegen vorhandener Hinweise auf ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko bei Frauen mit einer
primären Dysmenorrhö. Juang et al. (
2007a) verglichen 329 Einlings-SS mit einer
Frühgeburt oder einem vorzeitigen Blasensprung mit 329 Kontrollen. Bei einer schweren primären
Dysmenorrhö war das Risiko einer Frühgeburt 2,73-fach und damit signifikant (95 % CI 1,49–4,95; P = 0,02), das Risiko eines vorzeitigen Blasensprungs aber nicht signifikant erhöht (OR 1,51; 95 % CI 0,68–3,22; P = 0,31).
Dieselbe Arbeitsgruppe (Juang et al.
2007b) untersuchte 2138 Schwangere, davon 104 mit Fehl- bzw.
Frühgeburten (20.–37. SSW) sowie Subgruppen mit bzw. ohne vorzeitigen Blasensprung im Vergleich zu 208 Kontrollen. Dabei fanden sich im Studienkollektiv 35 Patientinnen mit einer Adenomyose (Diagnose nach sonografischen und/oder MRT-Kriterien). In Analogie zur oben zitierten Arbeit bei der
primären Dysmenorrhö zeigte sich auch bei der Adenomyose ein sinifikant erhöhtes Frühgeburtsrisiko (OR 1,84; 95 % CI 1,32–4,31; P = 0,012), aber auch eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines vorzeitigen Blasensprunges (OR 1,98; 95 % CI 1,39–3,15; P = 0,017).
In einer retrospektiven Untersuchung an 36 Frauen mit einer Adenomyose lagen – im Vergleich mit einer Kontrollgruppe – die Frühgeburtsrate (41,7 vs. 12,5 %), die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Blasensprungs (19,4 vs. 4,2 %), die SGA-Rate (33,3 vs. 10,4 %), die Rate an fetalen Fehllagen (27,8 vs. 8,3 %) sowie die Sectiorate (58,3 vs. 24,3 %) signifikant höher (Mochimaru et al.
2015).
Hier bleiben weitere Untersuchungsergebnisse abzuwarten. Hinsichtlich eines kausalen pathophysiologischen Zusammenhangs besteht ebenfalls Klärungsbedarf.