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Reproduktionsmedizin
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Publiziert am: 17.11.2018

Hyperandrogenämie – Diagnostik, Differenzialdiagnostik

Verfasst von: Michael Ludwig
Das Kapitel Hyperandrogenämie beschäftigt sich mit der Quelle der Hyperandrogenämie sowie der gezielten Differenzialdiagnostik, wie sie im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung sinnvoll ist.

Grundlagen

Die in der täglichen Diagnostik und Differenzialdiagnostik relevanten Androgene sind:
DHEAS steht nicht, wie es manchmal behauptet wird, in einem direkten Gleichgewicht zu DHEA. Allerdings ist für die meisten Betrachtungen die Bestimmung des DHEAS, das weniger Tages- und Zyklusschwankungen unterworfen ist, ausreichend. Daher wird im Folgenden nur noch von DHEAS gesprochen.
Androgene werden im Ovar, in der Nebennierenrinde und – aus Vorstufen – in der Peripherie, v. a. auch im Fettgewebe produziert (Abb. 1). Während Androstendion und DHEA bzw. DHEAS nur relativ schwach potente Androgene sind, ist die Aktivität von Testosteron schon um ein Vielfaches höher. Demgegenüber wiederum ist Dihydrotestosteron mit einer nochmals vielfach höheren Potenz am Androgenrezeptor das stärkste wirksame Androgen im menschlichen Körper.
Die Abklärung der Androgene sollte immer erfolgen, wenn Zyklusstörungen vorliegen. Die Androgendiagnostik dient der Abklärung der Quelle der Hyperandrogenämie, der Differenzialdiagnostik.
Androgene sollten grundsätzlich am Zyklusanfang bzw. in der ovariellen Funktionsruhe abgeklärt werden. Abhängig vom Zyklusgeschehen schwanken die meisten Androgene mit Ausnahme von DHEA und DHEAS. Vor allem lässt sich eine Differenzialdiagnostik häufig außerhalb der Follikelphase nicht durchführen: Wenn die Androgenkonstellation auf einen adrenalen Enzymdefekt hinweist (s. unten), ist der nächste Schritt der Diagnostik die Nachbestimmung von 17-α-Hydroxyprogesteron (17-OHP). 17-OHP allerdings steigt periovulatorisch an und persistiert postovulatorisch auf hohem Niveau, da es auch vom Corpus luteum produziert wird.
Der optimale Zeitraum für die Androgendiagnostik ist die frühe Follikelphase. Bei amenorrhoischen Patientinnen sollte vor der Blutentnahme die ovarielle Funktionsruhe nachgewiesen werden. Der Nachweis der ovariellen Funktionsruhe kann schnell und unkompliziert per Sonografie des inneren Genitale vorgenommen werden: das Endometrium sollte flach sein, in den Ovarien sollten keine Leitfollikel (>10 mm) nachweisbar sein.
Damit kann auch nach 6- oder 9-monatiger Amenorrhö am Tag der Erstvorstellung bei solchen Konstellationen eine Diagnostik vorgenommen werden, ohne zunächst eine Abbruchblutung einleiten zu müssen. Ist die ovarielle Funktionsruhe nicht gegeben, so bedarf es einer Blutungsinduktion. Eine Blutung kann bei flachem Endometrium nur nach vorangehender Östrogenisierung eingeleitet werden. Ist das Endometrium bereits auf 6 mm oder mehr aufgebaut, wird eine Gestagengabe zur Transformation des Endometriums ausreichend sein. Die Differenzialdiagnostik der Hyperandrogenämie ist in Abb. 2 dargestellt.
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