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Uroonkologie
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Publiziert am: 22.01.2020

Seltene Tumoren der Harnblase

Verfasst von: Thomas Otto
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung existieren nur Erfahrungsberichte. Verbindliche Therapieempfehlungen fehlen. Dargestellt werden Erfahrungen und Bildbefunde seltener Harnblasenkarzinome aus dem eigenen Krankengut der letzten 15 Jahre. Es handelt sich hier um Kasuistiken aus einer Gesamtmenge von insgesamt 6100 Harnblasentumoroperationen.
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung existieren nur Erfahrungsberichte. Verbindliche Therapieempfehlungen fehlen. Dargestellt werden Erfahrungen und Bildbefunde seltener Harnblasenkarzinome aus dem eigenen Krankengut der letzten 15 Jahre. Es handelt sich hier um Kasuistiken aus einer Gesamtmenge von insgesamt 6100 Harnblasentumoroperationen.
Ist die Erkrankung lokal begrenzt, so stehen lokale Therapiemaßnahmen im Vordergrund. Dabei ist zwischen benignen und malignen Tumoren zu differenzieren. Bei lokal fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankungen stehen systemtherapeutische Behandlungen zur Wahl. Gab es früher nur cytostatische Behandlungsansätze, so wird momentan auch für die seltenen Tumorentitäten ein immunonkologisches Vorgehen diskutiert. Wegen der Seltenheit der Erkrankung existieren keine randomisierten Studien als wissenschaftlicher Beleg.

Benigne seltene Harnblasentumore

Glomustumor der Harnblase

Gehen von chromaffinen Paraganglien aus und zählen zur Gruppe der neuroendokrinen Tumore. Viszerale Glomustumore finden sich als seltene Manifestation in der Harnblase. Der nachstehende Befund basiert auf einer transurethralen Resektion eines Glomustumors aus der Harnblase (Abb. 1). Zu differenzieren sind Glomustumore von Phäochromocytomen. Da Phäochromocytome Hormon aktiv sein können, so muss vor, z. B. transurethraler Resektion bei vermutetem seltenen Harnblasenkarzinom eine Hormonaktivität ausgeschlossen sein.

Leiomyom der Harnblase

Sind gutartige Tumore, ausgehend von der Harnblasenmuskulatur. Die Differenzierung von Adenokarzinomen ist endoskopisch nicht sicher möglich. Die Histologie durch Excision (Blasenteilresektion, Abb. 2) oder transurethrale Resektion ist empfohlen.

Amyloidtumor der Harnblase

Der auf die Harnblase beschränkte Amyloidtumor ist eine sehr seltene Erkrankung. Die Makrohämaturie steht klinisch im Vordergrund. Eine Abgrenzung zu malignen Erkrankungen ist nur histologisch möglich (Abb. 3).

Urachuscyste

Befindet sich als Raumforderung im Blasendom. Die Unterscheidung zu einem Urachuskarzinom erfolgt histopathologisch nach Excision (Abb. 4).

Maligne seltene Harnblasentumore

Isolierte Metastase in der Harnblasenwand

Es gibt seltene Fälle von isolierten Metastasen eines Ovarialkarzinoms in der Harnblasenwand. Typisch ist hier die Lokalisation der Metastase in der Muskulatur bei intaktem bedeckendem Urothel (Abb. 5). Der Befund ist an einem transurethralen Resektionspräparat erhoben worden. Die Therapie erfolgt nach den Leitlinien für Ovarialkarzinome.

Kleinzelliges, neuroendokrines Harnblasenkarzinom

Ist ein sehr seltenes (<1:1.000.000) und hoch aggressives Karzinom. Die Systemtherapie orientiert sich an den kleinzelligen Bronchialkarzinomen. Lokalmaßnahmen sind die radikale Cystektomie nach neoadjuvanter Vorbehandlung (Abb. 6a). Die Systemtherapie orientiert sich an der Behandlung neuroendokriner Tumore des Gastrointestinaltraktes. Die histopathologischen Aufnahmen zeigen die Infiltration der Blasenwandmuskulatur durch Nester kleinzelliger Karzinomverbände (Abb. 6b). Auch finden sich Tumorzellverbände perivesikal, erkennbar an den Fettzellen (Abb. 6c).

Sarcomatoides Karzinom der Harnblase

Hier ist die Unterscheidung der spindelzelligen Tumorverbände von einem Sarkom der Harnblase zu fordern (Abb. 7). Die Unterscheidung erfolgt immunhistochemisch durch epitheliale Marker (Cytokeratine). Eine Cisplatin haltige Therapie ist neo/adjuvant empfohlen.

Adenokarzinom

Das primäre Adenokarzinom (Abb. 8) der Harnblase ist mit 0.2–2 % aller Blasentumore sehr selten und bedeutet 2 Neuerkrankungen/10 Millionen Einwohner! Im Gegensatz zu Urothelkarzinomen wachsen Adenokarzinome der Harnblase solitär, was operationstechnisch berücksichtigt werden muss (Möglichkeit der Blasenteilresektion). Ist der Tumor metastasiert, so ist die Prognose ungünstig und eine systemische Chemotherapie basierend auf Mitomycin C, 5-FU und Folinsäure möglich.

Urachuskarzinom

Von den primären Adenokarzinomen der Harnblase stellen Urachuskarzinome eine Sonderform dar. Der solide Tumor liegt Urachus bedingt stets am Blasendom (Abb. 9a). Neben der Organ erhaltenden Tumorexcision (Abb. 9b) ist bei lokal fortgeschrittenen Befunden die radikale Cystektomie Methode der Wahl (Abb. 9c). Je nach Ausdehnung des Tumors sollte auch der Nabel mit excidiert werden.

Maligne Melanome

Maligne Melanome ausgehend von der Harnblase sind extreme Raritäten. Wissenschaftliche Berichte finden sich nur in Form von Kasuistiken. Operative Konzepte und das Ausmaß der Excision richten sich nach der Tumorausdehnung. Der Empfehlungsgrad ist schwach (EBM, Grad D) und bewegt sich ausschließlich auf der Expertenmeinung (EBM, level 5). Die Therapie metastasierter Melanome der Harnblase erfolgt auf der Basis der Erfahrungen im Rahmen der Immunonkologie metastasierter Melanome der Haut. Auch wenn hier Studien zur Behandlung der seltenen Entität bei Befall der Harnblase fehlen, ist die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen durch das Urteil des Bundessozialgerichts zu fordern (Az.: 1BvR 347/98).
Kasuistik
52 jährige Patienten mit einem primären malignen Melanom der Harnblase mit konsekutiver Metastasierung in Jejunum, Colon, Pulmo und Hepar. Die Erstdiagnose erfolgte nach transurethraler Resektion (Abb. 10a, b) des Primärtumors im Jahr 2008. Es handelt sich hier um die bislang einzige endoskopische Darstellung eines malignen Melanoms der Harnblase! Histopathologisch zeigt sich ein intaktes Urothel und suburothelial befindliche Tumorkomplexe (Abb. 10c). Die Immunhistochemie mit S100 stellt die Melanomzellen (rot gefärbt) dar. Die im Tumorkomplex befindlichen Zellen entsprechen einer Infiltration durch Leukocyten (Abb. 10d). Die Patientin ist 18 Monate später Tumor bedingt verstorben. Eine damalige Systemtherapie mit DITC und Interferon war ohne jeden Effekt.
Rechtliche Voraussetzungen im Rahmen der Kostenübernahme
Die Frage der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ist vom Bundesverfassungsgericht (Az.: 1BvR 347/98) beantwortet worden. „Krankenkassen dürfen ihren Mitgliedern alternative Behandlungsmethoden nicht vorenthalten. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist, dass es keine anerkannten schulmedizinischen Behandlungsmethoden mehr gebe und dass es sich um eine lebensbedrohliche oder tödlich verlaufende Erkrankung handle“.